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Full text of "Jahrbuch der Kais. Kön. Geologischen Reichs-Anstalt"

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JAHRBUCH 


DER 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


EÜLDGISCHEN REICHSANSTALI 


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XLIX. BAND 1899. 


Mit 17 Tafeln und einem Bildnis. 


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Wien, 1500. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


in Commission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, 
I., Graben 31. 


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ür den Inhalt ihrer Mitthei 


Inhalt. 


Personalstand der k. k. geologischen Reichsanstalt (1. April En) 
Correspondenten der K. k. geologischen Reichsanstalt h ; 


Heft 1. 


Geologische Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien, 
Von Dr. K. A. Redlich. Mit 2 lithographirten Tafeln (Nr. I und II) 
und 7 Zinkotypien im Text 


Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. Von Franz Kretschmer, 


Bergingenieur in Sternberg Near Mit 2 Tafeln (Nr. III und IV) 
und 3 Zinkotypien im Text : 

Die Fauna der unterpontischen Bildungen um Londjica in ‚ Slavonien. ‘Von 
Prof. Dr. Karl Gorjanovidc-Kramberger. Mit einer litho- 
graphirten Tafel (Nr. V) RE Ei en 21 AODR Pr 

Beiträge zur Parallelisirung der Miocänbildungen des piemontesischen 
Tertiärs mit denen des Wiener Beckens. II. (Nach Studien, aus- 
geführt im Herbste 1898.) Von Franz Schaffer. Mit 2 Profilen 
im Text . 


Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. Von Karl Oestreich. Mit einer 


Kartenbeilage (Tafel Nr. VI) und 3 Zinkotypien im Text. 


Heft 2. 


Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des‘ Stramberger Tithon. Von 
MUDr. Maurice Remes. Mit 2 Tafely (Nr. VIL und VIII) und 
6 Figuren im Text . 

Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje "und Vizanovee in 
Kroatien. Von Prof. Dr. Karl Gorj anovid-Kra Deaber: Mit 
einer lithographirten Tafel (Nr. IX) . er 

Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. Von C. v. John. A 

Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. Von 
Franz Kossmat. Mit 2 Tafeln a X und XI) und 7 Zinkotypien 
im Text . 


Das Salzburger Vorland. Von Eberhard F ugger. Mit 2 Tafeln (Nr. XII und 


. XIII) und 30 Zinkotypien im Text. 


Heft ®. 
Geologische Studien in den nordmoldauisch“® Tarpathen. Von Dr. Sava 
Athanasiu. Mit 15 Zinkotypien im Text. 


‘Geologische Studien in den tertiären und jünger?n Bildungen des Wiener 


"Beckens. Von Felix Karrer. Mit eineö lithographirten Tafel 
(Nr. XIV) und einer Zinkotypie im Text... 
Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. Von W. LaskÜrew 
Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Prelou& in ÖOst- 
böhmen, Von J. V. Zelizko 


Seite 
V 
VIII 


Seite 


125 


135 
165 


Seite 


213 


235 
247 
259 
287 


Seite 
429 
493 
517 


529 


IV \ 


Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken des Berchtesgadener Versuchs- 
stollens. Von Lukas Waagen. . 

Ueber Gesteine von Poöoritta und Holbak. Von 5% v. "John E 

Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten in der west- 
böhmischen Kreideformation. Von ©. Zahälka h { 


a. te won) Fa, Hal uriher ds 


Heft 4. 


Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. Mit einer 
geologischen Karte in Farbendruck on Nr. XV) und 20 Zinkotypien 
im Text. Von Carl Gäbert... 

Versuch einer Gliederung der Dilwvialgebilde im nordböhmischen Elbthale. 
Von J. E.Hibsch. 

Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg Ungarn). "Von 
Dr. Franz Schaffer. Mit einer lithographirten Tafel (Nr. XV]). 

Die Fauna des glaukonitischen Mergels vom Monte Brione bei Riva am 
Gardasee. Von Franz Schaffer. Mit einer lithographirten Tafel 
ee 

Die Kreide des Görtschitz- und Gnrkthales. Von Dr. Karl A. Redlich in 
Leoben. Mit 9 Zinkotypien im Text Ä 

Franz von Hauer. Sein Lebensgang und seine wissenschaftliche Thätig- 
keit. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichischen Geologie. Von 
Dr. E. Tietze. Mit einem Bildnis ie hal Se A 


An Verzeichnis der Tafeln: 
I—-H zu: Dr. K. A. Redlich. Geologische Studien im Gebiete des 
Olt- und Oltetzthales in Rumänien . 


III—IV zu: Franz Kretschmer. Die Bisonerzlageratätten nn a 
schen Devon . 


V zu: Dr.K. Gorjanovic:- ae Die ana der une 


pontischen Bildungen um Londjica in Slavonien 


VI zu: 


VII—-VII zu: 


Karl Oestreich.' Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit . 


Dr. Maurice Remes. Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden 
des Stramberger Tithon 


Dr. K. Gorjanovi6- eomberven SD Fauna der ober- 


IX zu: 
pontischen Bildungen von Podgradje und Vizanovec in 
Kroatien . 
X—XI zu: 


XlI—-XII zu: 


Franz Kossmat. Ueber Te an Vorkiltniene de 
Bergbaugebietes von Idria i 


Eberhard Fugger. Das Salzburger Merland.. 


XIV zu: Felix Karrer. Geologische Studien in den tertiären and 
jüngeren Bildungen des Wiener Beckens 5 
XV zu: Carl Gäbert. Die geologische Umgebung von Er im 
böhmischen Erzgebirge . .. ..... 
XVI zu: Dr. Franz Schaffer.. Die Fauna des Dacheehoer von 
Mariathal : 
XVII zu: Dr. Franz Schals . Die Pänna NE ae ren a 


Ein Bildnis zu: 


vom Mt. Brione . 


Dr. E. Tietz’e. Franz v. Hauer. Sein Lebensgang und 
seine wissenschaftliche Thätigkeit . ee ER 


Seite 


581 
641 
649 


659 
663 


679 


Seite 


Personalstand 


der 


k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Director: 


Stache Guido, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der eisernen Krone 
III. Cl., Besitzer des Comthurkreuzes II. Cl. des königl. säch- 
sischen Albrechtsordens, Commandeur d. tunes. Niscian-Iftkhar- 
Ordens, Phil. Dr., k. k. Hofrath, Adjunet der kais. Leop. Carol. 
Deutschen Akademie der Naturforscher in Halle, Ehrenmitglied 
der ung. geolog. Gesellschaft in Budapest, des Museumsvereines 
Franeisco-Carolinum in Linz, der Societa adriatica di scienze 
naturali in Triest, der naturforsch. Gesellsch. „Isis“ in Dresden 
und des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- 
burg etc., III., Oetzeltgasse Nr. 10. 


Vice-Director: 


Mojsisovies Edler von Mojsvär Edmund, Ritter des österr. 
kaiserl. Ordens der eisernen Krone HI. Cl., Commandeur des 
montenegrinischen Danilo-Ordens, Officier des k. italienischen 
St. Mauritius- und Lazarus-Ordens, sowie des Ordens der Krone 
von Italien, Ehrenbürger von Hallstatt, Jur. U. Dr., k. k. Ober- 
bergrath, wirkl. Mitglied der kaiserl. Akad. der Wissenschaften 
in Wien, Foreign Member der geologischen Gesellschaft in 
London, Ehrenmitglied der Societe „des Natural. de St. Peters- 
bourg, der Soc. Belge de Ge&ologie, de Paleontologie et d’Hydro- 
logie in Brüssel, der Soc. geol. de Belgique in Lüttich, des 
Alpine Club in London und der Soc. : degli Alpinisti Tridentini, 
corresp. Mitglied der kaiserl. Akad. der Wissenschaften zu 
St. Petersburg, der R. Academia V .darnese del Poggio in Monte 
varechi, des R. Istituto Lomb. di Scienze, lettere ed arti in 
Mailand, der Acad. of Natur. Seiences in Philadelphia, der 
British Association for the Advancement of science in London etc., 
III., Strohgasse Nr. 26. 


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VI. 


Chefgeologen: | 
Tietze Emil, Ritter des österr. kaiserl. Ordens der eisernen Krone 
II. Cl., Besitzer des kais. russischen Set. Stanislaus - Ordens } 
I. Cl, Ritter des k. portugiesischen Set. Jacobs- Ordens und des RE 
montenegrinischen Danilo-Ordens, Phil. Dr., k. k. Oberbergr: Sa 
Mitglied der kais. Leop. Car. Deutschen Akad. der Naturf.. san Re 
Halle, Vicepräsident der k. k. geogr. Gesellschaft in Wien, 
Ehrenmitglied der königl. serbischen Akad. d. Wissensch. _ in 
Belgrad und der uralischen Gesellschaft von Freunden der Natur- 
wissenschaften in Jekaterinenburg, corresp. Mitglied der geogr. J 
Gesellschaften in Berlin und Leipzig, der schlesischen Gesellschaft 
für vaterländische Cultur in Breslau und der Societe seulbgume 
de Belgique in Lüttich ete., III., Hauptstrasse Nr. 90. 
Vacek Michael, II., Enlber erlande Nr. 4. 
Bittner Alexander, Phil. Dr., IH., Thongasse Nr. 11. 
Teller Friedrich, k. k. Bergrath, III., Kollergasse Nr. 6. 


"Vorstand des chemischen Laboratoriums: i 
John von Johnesberg Conrad, k. k. Regierungsrath, IL., Paffrath- 2 n 
gasse Nr. 6. 
Geologen: 
Geyer Georg, 1Il., Kübeckgasse Nr. 9. 
Bukowski Gejza v., III., Marxergasse Nr. 27. 


Adjuneten: 
Rosiwal August, Docent an der k. k. technischen Hochschule, 
II., Untere Augartenstrasse Nr. 37. 
Dreger Julius, Phil. Dr., Ill., Ungargasse Nr. 63 
Eichleiter Friedrich, III, Thongasse Nr. 4. 


Bibliothekar: 
Matosch Anton, Phil. Dr., III.. Hauptstrasse Nr. 33. 


Assistenten: 
Kerner von Marilaun Fritz, Med. U. Dr., III.; Ungargasse Nr. 6. 
Suess Franz Eduard, Phil. Dr., Privat@dcent an der k. k. Univer- 
sität, II., a Ri N 
Kossmat Franz, Phil. Dr., v0 ‘ Willemanngasse Nr. 4. 


F rz en. 


Abel Othewio, Phil. Dr., I., Christinengasse Nr. 4. 
Hinterlehner Karl, Phil. Dr., II., Geologengasse Nr. 1. 


Für die Kartensammlung: 
Zeichner: 
Jahn Eduard, Besitzer des goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone. 
IlI., Messenhausergasse Nr, 8. 
Skala Guido, II, Hauptstrasse 'Nr.; 81. 
Lauf Oscar, VII, Kaiserstrasse Nr. 8. 


Für die Kanzlei: 
Girardi Ernst, k. k. Rechnungsrath, II., Marxergasse Nr. 23. 


Hilfsbeamte: | 
Wlassics Johannes, k. k. Ingenieur i. R., IIl., Mohsgasse Nr. 13. 
Zelizko Johann, II., Blattgasse Nr. 8. En 


Diener: 
Erster Amtsdiener: Schreiner Rudolf. 
Besitzer des silbernen Verdienstkreuzes mit 
der Krone 
Laborant: Kalunder en 
Zweiter Amtsdiener: Palme Franz 
Dritter Amtsdiener: Ulbing Johann 
Amtsdienergehilfe für das Laboratorium: 
Felix Johann 
Amtsdienergehilfen für das Museum: 
Spatny Franz 
Kreyca Alois 
Heizer: Rausch Josef - 
Portier: 
Erjauz Anton, Real-Invaliden-Corporal#8II., Hauptstrasse Nr. 1. 


Ill., Rasumoffsky- 
gasse Nr. 23 u. 25. 


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Correspondenten 


der 
k.k. seologischen Reichsanstalt 
1899. 


P. Luigi Don Baroldi in Pranzo bei Riva. 

Dr. August Böhm von Böhmersheim, Privatdocent an der 
k. k. technischen Hochschule in Wien. 

Heinrich Fessl, Bergverwalter in Jauerburg. 

Johann Grimmer, Berghauptmann in Sarajevo. 

Dr. Jarosl. J. Jahn, a. ö. Professor der Minera'ogie und Geologie 
an der böhm. technischen Hochschule in Brünn. 

Ernst Kittl, Custos der geologisch-palaeontologischen Abtheilung 
des k. k. naturhistorischen Museums in Wien. 

P. Desiderius Laczk6, Gymnasialprofessor in Veszprim, Ungarn. 

Simon Rieger, Bergingenieur und Betriebsdirector des Quecksilber- 
bergwerkes St. Anna am Loibl in Krain. 

Joseph Schmid, k. k. Oberbergrath und Director des k. k. Montan- 
werkes Idria. 

Dr. Franz Wähner, Docent für Geologie an der Wiener Universität. 


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Ausgegeben am 31. Mai 1899. 


JAHRBUCH 


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JAHRGANG 1899. LIE. BAND. 
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Mit Tafel I-VL- 


. Wien, 1899. 
Verlag der = k. ‚Geologischen Reichsanstalt. 


ı Commission Bi R "Lechner (Wilh. Müller), k. u. k. Hotbuchhandlung, 
1 Nun a ae at in et I, ‚Graben 31. 


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Geologische Studien im Gebiete des Olt- 
und Oltetzthales in Rumänien. 
Von Dr. K. A. Redlich. 


Mit 2 lithographirten Tafeln (Nr. I und II) und 7 Zinkotypien im Text. 


I. Die Kreide und das Eocän im Oltthal (Rumänien). 


Der von Hermannstadt über den Rothenthurmpass Reisende 
gelangt bald, nachdem er die Grenze passirt hat, zu eretacischen und 
eocänen Sedimentgesteinen, welche ihn, theils auf archäischem, theils 
auf palaeozoischem Gestein lagernd, weit über den Badeort Calimanesti 
hinaus begleiten. Das umstehend beigefügte Kärtchen (Fig. 1) zeigt 
die Verbreitung der hier liegenden Schichtserie. Schon im Jahre 1895 
hatte ich bei einem zweistündigen Aufenthalte in Brezoiu im Lotru- 
thale Gelegenheit, einzelne Fossilien aufzusammeln, welche in Folge 
ihres indifferenten Aussehens leicht zu dem Irrthum führten, dass 
hier oligoeäne Schichten !) zur Ablagerung gelangt seien. Im darauf- 
folgenden Jahre wurde dieser Fehler so weit behoben, dass auf Grund 
der gesammelten Fossilien leicht das ceretacische Alter der weissen 
Kalke von Brezoiu bestimmt werden konnte. Da weiter westlich zwischen 
Perisani und Pripora sich Eocänfossilien fanden, stellte ich die ganzen 
über jene Kalke scheinbar discordanten Complexe zum Eocän, was 
auch in meinem vorläufigen Berichte im Jahre 1896?) zum Ausdruck 
kommt. Erst das gründliche Studium der letzten Jahre hat es mir 
erlaubt, eine genaue Ausscheidung der Schichten in diesem Gebiete 
auszuführen. 

Der von mir studirte Theil erstreckt sich im Oltthal von Chineni 
an bis Calimanesti, östlich bis zum Topologthal, westlich bis in’s 
Stanthal, einem Seitenthal des Lotru. 

Die archäische Unterlage bestelit grösstentheils aus Biotit-Horn- 
blendegneissen mit pegmatitischen und aplitischen Einlagerungen. Ein 
Eingehen in die petrographischen Verhältnisse scheint mir deshalb 
nicht am Platze zu sein, da Herr Munteanu Murgoci, Assistent des 
petrographischen Institutes in Bukarest, diesbezüglich arbeitet und 


') Verhandlungen d k. k. geol. Reichsanstalt 1896, pag. 82. 
°) Verhandlungen d. k. k. genl. Reichsanstalt 1896, pag. 492. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 1. Hft. (Dr. K. A. Redlich.) 1 


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[3] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und ÖOltetzthales in Rumänien. 3 


in einem vorläufigen Bericht im Verein mit Professor Mrazek die 
wichtigsten Ergebnisse dieser Studien niedergelegt hat!). 

Viel wichtiger als das Archäische erscheinen mir die von Munteanu 
Murgoci und Mrazek zum erstenmal constatirten Schichten von 
Brezoiu, welche zum grössten Theil die Unterlage der von uns studirten 
Sedimentärschollen bilden. Es sind dies Breecien und Conglomerate, 
welche oft sehr leicht mit Gneissen verwechselt werden können, nament- 
lich dort, wo sie nicht grobkörnig erscheinen. „Sie bestehen aus grossen 
Stücken von Glimmerschiefer, Amphiboliten, Graniten, Quarz und Feld- 
spath ete,, einem Materiale also, welches aus der sogenannten unteren 
Gruppe der krystallinen Gesteine ?) stammt. Ihre sedimentäre Natur ist 
leicht zu eonstatiren, wie z. B. südlich und nördlich von Calinesti in dem 
gegen das Dorf zu gelegenen Kamm, auf der Spitze des Mt. Sida etc. 
‚An anderen Stellen dagegen sind die Schichten namentlich im Liegenden 
so compact, dass sie schwer von der archäischen Unterlage unter- 
schieden werden können. Dies ist z. B. nördlich von Calinesti der 
Fall. Der Gebirgszug von Olanesti, die Berge Naurutui, Mt. Sida, 
Mt. lui Popoviei bestehen aus dieser Breccie.* Ich selbst habe beim 
Studium der östlichen Partie des Gebietes diese Breceie zwischen 
Perisani und Pripora gegen den Mt. Sate nachweisen können, ebenso 
gegen den Mt. Cozia zu. Eine genaue Ausscheidung auf der Karte 
bleibt den Specialaufnahmen vorbehalten. Ueber das Alter dieser 
Schichten lässt sich, wie schon Munteanu Murgoci hervorhebt, gar 
nichts Näheres sagen, da sie keine Fossilien führen und in der ganzen 
Umgebung keine ähnlichen Gesteine getroffen werden. Sicher ist, dass 
sie Jünger als das Archäische und älter als jurassische Schichten sind ; 
mir möchte es scheinen, als ob ein Vergleich mit den verrucanoähn- 
lichen Conglomeraten, die man so häufig in den Alpen und Karpathen 
findet, hier am Platze wäre. In dem von uns beigegebenen Profile 
zwischen Calinesti und Cozia bilden diese Breccien und Conglomerate 
eine Antiklinale. Sie lagern discordant auf den ebenfalls antiklinal 
gebogenen Gmeissen (vergl. Profil IV auf Seite 18). Die Kreide und das 
Eocän sind die Jüngsten Formationsglieder dieser Gegend. Sie bedecken 
ein weites Areal, bilden im Norden die zwei Lappen von Brezoiu und 
Titesti, während sie im Süden eine zusammenhängende Masse dar- 
stellen, welche von dem nördlichen Theil durch die Gebirgsgruppe 
von Olanesti und dem Mt. Cozia getrennt ist. Das Ganze wurde bis 
jetzt kurzweg mit dem Namen Flysch bezeichnet). 

Das tiefste Glied dieser Schichtserie ist die obere Kreide, welche 
fossilführend das Bassin von Brezoiu bildet. Dasselbe wird im Westen 
begrenzt durch das Stanthal am rechten und durch das Visilatului- 
thal am linken Ufer des Lotruflusses. Im Norden reicht es bis zu den 


!, Mrazek und Murgoci: Dare de seamä asupra cercetarilor geologice 
din vara 1897. III Muntii Lotrului. — Raport inaintat D-Jui Ministru al Agri- 
eulturei etc. Bucuresci 1898. 

°) Mrazek: Essai d’une classification des roches cristallines de la zone 
centrale des Carpathes roumaines. Archives des sciences phys. et nat., 4©. ser. 
t. III. Geneve 1897. 

?) Sabba Stefanescu: Etuile sur les terrains tertiaires de Roumanie. Con- 
tributions & l’Etude stratigraphice. Lille 1897, pag. 69. 

1* 


N: Dr. K. A. Redlich. [#] 


Abhängen des Mt. lui Popovici, im Süden bis zu den niedrigen -Ge- 
hängen, auf denen Brezoiu steht. Ueber den Olt herüber reicht eine 
schmale Zunge, welche vielleicht mit der im Osten sich weiter aus- 
dehnenden Masse des Mt. Clocotita zusammenhängt. Diese Kreide- 
scholle besteht aus Conglomeraten mit mergeligen Zwischenlagen, 
weissem Kalkstein und grauem bis braunem Sandstein ebenfalls mit 


mergeligen und thonigen Zwischenlagen. Alle diese Schichten zeigen 


in dem ganzen Bassin ein südliches Verflächen (10--11", X 25—30°). 
Am rechten Ufer des Lotru, dort, wo Brezoiu steht, bleibt dieses 
Verflächen erhalten. 

Die Kreideschichten stossen direct an die Breccie von Brezoiu 
an, die hier ein Verflächen von 3" zeigt. (Die im Profil IV, pag. 18 
weissgelassenen Schichten mit entgegengesetztem Fallen, an welche 
jene Kreideschichten im Lotruthale anschliessen, gehören nicht der 
Kreide an, wie man dies nach der Legende glauben sollte, der Zeichner 
hat vielmehr die Kreuze einzusetzen vergessen, welche als Bezeich- 
nung für die palaeozoische Breecie angenommen wurden.) Ob wir hier 
eine blosse Discordanz der Kreideconglomerate auf der Breccie von 
Brezoiu, oder, was das wahrscheinlichere ist, eine Verwerfung 
segenüber der älteren Unterlage vor uns haben, liess sich nicht 
mit Sicherheit entscheiden. Weiter nach Westen, gegen das Stan- 
thal zu, ist ein Verflächen nach Osten wahrzunehmen. In den 
tieferen Partien sind die CGonglomerate gröber und bestehen zum 
grössten Theil aus archäischem Gestein. Nach oben zu nehmen sie 
weisse bis graue Kalkbrocken auf, welche in den unteren Partien 
ganz fehlen. Diese Kalkblöcke erreichen oft eine Höhe von S—10 m 
und bergen eine rein senone Fauna. Sie sind bald rein kalkig, 
dann weiss, bald mehr sandig, dann braun, oft sind auch Brocken 
von Gneiss in. ihnen eingeschlossen. Sie enthalten zahlreiche Fora- 
miniferen, namentlich Orbitoiden, Korallen, Echiniden und Muschel- 
reste, an einzelnen Stellen, zum Beispiel beim Zusammenfluss des 
Lotru und Olt, auch Lithothamnien. An anderen Orten kann man direct 
von Korallenkalken sprechen. Trotz ihres Reichthumes an Fossilien 
sind diese nur mit grosser Mühe zu erhalten, da sie sich aus dem 
dichten Kalk nur schwer herauslösen. Die Fossilien, welche ich aus 
den Blöcken am. linken Ufer des Lotru, namentlich gegenüber der 
zweiten Brettsäge gesammelt habe, sind folgende: 


Lithothamnium cf. turonicum Rothpletz 
Orbitoides gensacica Leym. 

h secans Leym. 
IThamnastraea cf. agarieites Goldf. 
Centrastraea cf. eistella Defr. 
Uladocera cf. tenuis Reuss. 
Trochosmilia didyma Goldf. 
Orthopsis cf. miliaris Ootteau. 
Cidaris subvesicularis d’Orb. 
Eschara sp. 

Terebratula biplicata Brocc. 

5 carnea Dom. 


[5] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 5 


Terebratella Mvazeki n. sp. 

Waldheimia Pascuensis n. sp. 

Terebratulina striatula Mant. 
Iehynchonella plicatilis Som. vor, pisum (rein. 
Peeten cf. subgranulatus Miünst. 

„ Dujardini A. lönmer. 

Pecten (Amusium) inversum Nilsonn 
Lima tecta d’Orb. 
„ divaricata Dujard. 
Lima ornata d'Orb. 
„  aspera Mant. 
Spondylus cf. striatus Lam. 
Janira quinqueplicata Lam. 

e aff. striatocostata Goldf. 
Ostraea ungulata Schloth. 
Gryphaea vesicularis Goldf. 
Exogyra sp. 

Hippurites colliciatus Woodiw. var. Romanica m. v. 
5 Lapeirousei Goldf. 
Radiolites sp. (Steinkern). 
Dentalium sp. 
Pleurotomaria sp. 
Trochus sp. 
Natica cf. Hörnesi Favre. 
a rugosa Hoeningh. 
Oxyrrhina Mantelli Ag. 


Die meisten von diesen Fossilien kommen im Turon und Senon 
vor, doch sind einzelne für das Senon so charakteristisch. dass wohl 
kein Zweifel über die Zutheilung der Schichten in diese Altersstufe 
aufkommen kann. Vor Allem ist es die Anwesenheit von Hippuwrites 
Lapeirousei und der Orbitoiden (Orbitoides gensaciecaı und Orbitoides 
secans), welche diese Kalke als dem oberen GCampanien zuge- 
hörend charakterisiren. Infolge der Lagerungsverhältnisse (es folgen 
nach oben, wie gleich gezeigt werden wird, Sandsteine und Mergel 
mit Baculites anceps und Jnoceramus Cripsi) und aus der Anwesenheit 
von Hippurites collieiatus var. Romanica zu schliessen, ist es wahr- 
scheinlich, dass diese Fossilien auch in die tieferen Theile des UGam- 
panien herabsteigen und hier dem dritten senonen Hippuritenhorizont 
der Gosau entsprechen würden, wie ihn Douville in seinen Etudes 
sur les Rudistes, l. ec. pag. 195 charakterisiert. Diese Ansicht könnte 
ja auch in dem Umstande eine Stütze finden, als eine Variation von 
Lapeirousei (var. crassa Douville) allenthalben aus dem mittleren Cam- 
panien der Gosauschichten bekannt ist!) und auch einzelne Bruchstücke 
in unseren Ablagerungen dieser Species angehören dürften. Festgestellt 
erscheint somit, dass diese Kalke dem Senon angehören und zwischen 
dem mittleren und oberen Campanien zu stehen kommen. 


1) Donville: Etude sur les Rudistes. Memoires de la soc. geol. de France, 
Paleontologie, Tom. VII, fase III, pag. 222. Paris 1897. 


6 Dr. K. A. Redlich. ' [6] 


Ueber diesen Kalken folgen scheinbar discordant Sandsteine, 
welche im Puria Stupenita, dem nächsten: Bachlauf vom Stanthal, in 
einem Steinbruch aufgeschlossen sind. Grosse Inoceramen bis zu 
530 — 40 cm Durchmesser und zahlreiche Landpflanzenreste sind 
namentlich in den mergelig - sandigen Zwischenlagen eingeschlossen. 
Der sehr charakteristische /noceramus Cripsi lässt es sofort erkennen, 
dass wir es abermals mit dem oberen Senon zu thun haben. Die 
Sandsteine werden nach oben zu immer dünnbankiger, die grauen 
Mergel und Tegelzwischenlagen dagegen mächtiger. In diesen han- 
oenden Sandsteinschichten fand ich gegenüber der Kirche von Brezoiu 
gleich über der Brücke folgende Fauna: 


Orbitoides Faujasi Bronn. 
= secans Leymerie 
Astrocoenia sp. 
Aetinacis Hauweri Rs. 
Serpula fliformis Soır. 
Pecten (Amusium) inversum Nilsonn 
Avellana sp. 
Anisoceras cf subcompressum Forbes. 
Lytoceras sp. aus der Gruppe des Timoteanum Major. 
Baeulites anceps Lam. 


Die mergeligen Zwischenlager sind voll von Orbitoiden, von 
denen ich Orbitoides Faujasi Bronn. und 0. secans nennen möchte. 
Ein nummulitenähnlicher Durchschnitt fand sich auch hier. Da jedoch 
keine weiteren Exemplare gefunden wurden, kann ich nur sagen, dass 
jenes Individuum spiralig sich deckende Umgänge mit grossen Kam- 
mern zeigt. Schliesslich finden sich am rechten Ufer des Lotru vor der 
Umbiegung in das Stanthal, Sandsteine, die zahlreiche Brachiopoden- 
reste führen. Da sich aus diesem groben Sandsteine keine Schalen- 
exemplare herauslösen liessen, so kann man diese Brachiopoden nur 
als Ahynchonella aus der Gruppe der plicatilis Sow. bestimmen. 

Alle Fossilien, von den Schichten mit Jnoceramus Cripsi an, 
sehören dem oberen Senon an. Wie ist nun die scheinbare Discordanz 
der Kalke mit den fast gleichalterigen Sandsteinen, Mergeln und 
Conglomeraten zu erklären? Die ganze Stellung dieser Kalke innerhalb 
der Conglomerate ist eime höchst eigenthümliche. Anfangs glaubte 
ich auch wirklich an eine thatsächliche Discordanz, solange ich die 
über diesen Kalken, folgenden Sandsteine für Eocän!!) hielt. Wir sehen 
am Eingang des Lotruthales aus dem Oltthal die senonen Kalke mit 
einem Verflächen nach Nordost und einem Winkel von 60—700, 
darüber folgen die Conelomerate und Sandsteine mit südlichem Ver- 
flächen, von welchen ich ebenfalls gezeigt habe, dass sie senonen 
Alters sind (siehe die nachstehende Fig. 2). 

(rehen wir am linken Ufer des Lotruflusses aufwärts, so treffen wir 
an zahlreichen Stellen dieselben Kalke mit der gleichen Fossilführung. 


') Geologische Studien in Rumänien, II. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1896, 
pag. 493. 


=] 


17 Geol. Studien im Gebiete des Olt- und“Oltetzthales in Rumänien. 


Es sind Blöcke, von denen einzelne eine Höhe von mehreren Metern 
erreichen. Ueberall kann man leicht die Blocknatur nachweisen. An 
einer einzigen Stelle ist das nieht möglich, d. i. im Oltthal, oberhalb 
Golotreni. Hier fussen die Kalke so tief, dass man ihr Liegendes 
nicht sehen kann. Aber auch sonst überall, wo ich diese Kalke wahr- 
nahm, waren immer nur Blöcke, freilich oft von ausserordentlicher 
Grösse, so am Wege von Pripora nach Poiana, am Wege von Gausani 
nach Griblesti und an vielen anderen Stellen mehr. Diese Blöcke 


Fig. 2. 


Die Kreideschichten am Zusammenfluss des Lotru und Olt. 


a — Senone Hippuritenkalke. 


d = Conglomerate, Sandsteine und mergelige Zwischenlagen mit Baeulites 
anceps Lam. 


sind nichts anderes als ein Zerstörungsproduct einer 
innerhalb des Conglomerates gebildeten Kalkbank 
mit Hippuriten, so dass in den tieferen Partien der Conglomerate 
die Kalke fehlen und erst nach oben zu überhand nehmen. 

Da in der ganzen Masse von Brezoiu das Verflächen ein süd- 
liches bleibt, so geht daraus hervor, dass die Liegendpartien nicht 
jünger als Senon sein können, somit der ganze Complex der oberen 
Kreide angehört. Die beiden Schollen im Stanthal sind gleichfalls der 
oberen Kreide zuzurechnen, wie dies aus dem Fund eines Actäonellen- 
durehnittes daselbst hervorgeht. 


jo 0] 


Dr. K. A. Redlich. Rinne) [8] 


Wenden wir uns nun weiter ostwärts an das andere Ufer des 
Olt in das Thal von Baiesti, so kommen wir zu einem Gneissrücken. 
der das Bassin von Brezoiu von dem von Titesti trennt. Im Thale 
von Baiesti treffen wir nach einstündiger Wanderung auf Conelo- 
merate mit einem Verflächen von 5—4". In: ihnen kommen noch 
jene senonen Kalkblöcke vor. Dieses Verflächen bleibt auf dem Wege 
nach Perisani und Pripora dasselbe. Wir steigen also in das Hangende, 
das wir oberhalb Perisani, auf der Bezirksstrasse bei der neuen Brücke, 
fossilführend erreichen. Zahlreiche Nummuliten und Alveolinen be- 
decken hier den Boden. Diese gehören folgenden Species an: 


Alveolina longa Cz. 
Nummnlites contortus Desh. 
perforatus Orb, 
= lkamondi Defr. 
Orbitoides sp. 


„ 


Das nordöstliche Verflächen bleibt nun dasselbe bis oberhalb 
Titesti. Im Walde nördlich von Titesti konnte ieh mehrmals dasselbe 
abnehmen. Bei einer Quelle fand ich abermals einzelne Nummuliten, 
Den Fundort näher zu präcisieren fällt mir sehr schwer, da er mitten 
im Walde in einer Bachrinne liegt, ohne dass in der Nähe irgend 
ein Weg und Steg sich befänden. Der einzige Anhaltspunkt wäre der, 
dass jenes Wässerchen in den Riu Barbului fliesst, der seine Richtung 
gegen Titesti nimmt. 

Das Verflächen ändert sich, sobald wir von Titesti nach Norden 
wandern, u. zw. oberhalb Bumbuesti 8", auf der Strasse von Voisoara 
nach Griblesti 9". Die zahlreichen Nummuliten, die ich sowohl bei 
Perisani als auch oberhalb Titesti gesammelt habe, beweisen zur 
Genüge, dass wir es hier mit Eocän zu thun haben. Dieses bildet 
die Form einer breiten Synklinale, was auch Sabba Stefaneseu in 
seiner Arbeit über die Stratigraphie des Tertiärs hervorhebt!). Wenn 
es nun zweifellos ist, dass wir über Titesti hinaus Eocän vor uns 
haben, so glaube ich trotzdem nicht fehlzugehen, wenn ieh die nörd- 
liche Partie des Beckens von Titesti der Kreide zuzähle. Vor Allem 
sehen wir ja thatsächlich in das Liegende, wie das Verflächen von 
S" und 9" beweist, was aber noch auffallender ist, das ist wieder 
das Ueberhandnehmen jener grossen senonen Kreideblöcke, sowie 
der gleiche petrographische Charakter der Kreidescholle von Brezoiu. 

Der ganze südliche Theil, der bei dem Orte Baiesti und Pripora 
beginnt, von hier sich immer mehr verbreitert und bis an die Südgrenze 
unseres Kartenblattes zu verfolgen ist, wurde dem Eocän zugezählt, 
obwohl es auch hier möglich ist, dass die Liegendpartien der oberen 
Kreide angehören. Fossilführende Punkte wurden nur auf dem Wege 
von Pripora nach Poiana und in dem Bachbette gegen den Mt. Clo- 
eotita gefunden. Ueberall trifft man hier auf Nummuliten, die ganze 
Bänke von Nummulitenkalk bilden; in ihnen finden sich neben dem 
Nummnulites contortus Desh., Spondylus cf. asiaticus d’Arch und zahl- 


!) Sabba Stefanesceu: Etude sur les terrains tertiaires de Roumanie, |]. e. 


[9] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Öltetzthales in Rumänien. 9) 


reiche Peetenabdrücke. Da von hier aus das Verflächen ein süd-süd- 
östliches verbleibt, gegen Üozia zu sogar ein rein südliches wird 
und da überdies weiter im Osten anschliessend an unser Gebiet 
Sabba Stefanescu!) im Topologthal ebenfalls Nummuliten des 
mittleren Eocän gefunden hat, so habe ich die ganze Partie als Eocän 
ausgeschieden. Petrographisch besteht der ganze Complex zu unterst 
aus erauem Sandstein mit mergeligen Zwischenlagen, wie sie auf der 
Strasse im Oltthal oberhalb Cozia aufgeschlossen sind, im Hangenden 
aus Conglomeraten ebenfalls oft mit sandigen und mergeligen Zwischen- 
lagen. Die Schichtfolge ist also umgekehrt, wie in der oberen Kreide 
von Brezoiu, wo gerade (die Liegendschichten aus Conglomeraten, die 
Hangendschichten dagegen aus Sandstein mit mergeligen Zwischen- 
lagen bestehen. Das Ganze hat den echten Flyschcharakter, überall 
treffen wir Hieroglyphen, sowohl in der Kreide als auch im Eoeän. 
Es ist daher eine Trennung dieser beiden Schichtstufen auf Grund 
petrographischer Merkmale kaum möglich, wenn nicht Fossilfunde die 
Präcisirung des Alters erlauben. 

Eine auffallende Erscheinung jenes Gebietes will ich nicht un- 
erwähnt lassen. Es sind die schwefelwasserstoffführenden Quellen, die 
allenthalben den Flyschgesteinen entströmen. Neben denen von Cali- 
manesti sind es schwächere Quellen in der Umgebung von Brezoiu, 
welche unsere Aufmerksamkeit erregen. Namentlich ist es eine im 
Thale Doabrei, einem Seitenthale des Lotru an seinem linken Ufer. 
gegenüber der Kirche von Brezoiu, die sich dadurch auszeichnet, dass 
mehrere Meter ober ihr eine zweite Schichtquelle entspringt, die 
süsses Wasser führt. 

Zum Scehlusse möchte ich noch unser Kreide- und Kocän- 
vorkommen mit den bis jetzt studierten nächstgelegenen Partien ver- 
oeleichen und da werden wir durch die ausserordentlich werthvolle 
Arbeit von Popovici-Hatzeg?) auf die Umgebung von OGampulung 
und Sinaia gewiesen. Conglomerate und Mergel bilden hier die Kreide. 
Die ersteren enthalten eine cenomane Fauna, während die darüber 
liegenden Mergel senonen Alters sind. Das Eocän folgt theilweise 
als Nummulitenkalk mit darüber lagernden Conglomeraten, theilweise 
als Flysch, das sind Conglomerate und Sandsteine mit mergeligen 
Zwischenlagen. 

Aus dem oberen Oltthal auf ungarischer Seite erwähnt Herbich?) 
Conglomerate, aus welchen er an einer Stelle bei Uermös #) Fossilien 
der ganzen oberen Kreide gesammelt hat. Es scheint daher, als ob 
die petrographische Ausbildung der Kreidesedimente von Üenoman 
aufwärts in den südlichen Karpathen dieselbe geblieben sei. Anders 
steht es mit der palaeontologischen Entwicklung. Während wir an 


!) Ibidem pag. 72. 

?) Popovici: Etude geologique des environs de Campulung et de Sinaia. 
These presentee a la fac. des sciences de Paris, pag. 121, Paris, Georges Carre 
et C. Naud. Editeurs. 1898. 

3) Herbich: Das S$zeklerland mit Berücksichtigung der angrenzenden 
Landestheile. Mitth. d. Jahrb. der kön. ung. geol. Ges. 1878, pag. 243. 

+) Herbich: Ueber Kreidebildungen dar siebenbürgischen Ostkarpathen, 
Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 368. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 1. Hft. (Dr. K. A. Redlich.) 2 


10 Dr. K. A. Redlich. 110] 


vielen Stellen in Siebenbürgen und auch an unserem Fundorte zahl- 
reiche Hippuriten finden, so dass man direet von Hippuritenkalken 
sprechen kann, fehlen diese an anderen Punkten vollständig und sind 
durch eine reiche Ammonitenfauna ersetzt, wie z. B. an dem von 
Herbich beschriebenen oben eitirten Fundort von Uermös. 
Schliesslich möge nochmals darauf hingewiesen werden, dass bis 
jetzt ähnliche senone Blockkalke in dem südlichen Karpathenzug noch 
nicht gefunden wurden. Auch das Eoeän ist überall gleich entwickelt. 


II. Die Gegend zwischen Cernadia und Polowratsch. 


Zwischen Cernadia und Polowratsch erheben sich weithin sichtbar 
weisse Kalke, welche dieser Gegend das charakteristische Gepräge 
verleihen. Sowohl die Karte des geologischen Bureaus') als auch jene 
von Draghicenu?) verzeichnen an dieser Stelle oberjurassische 
Kalke, ohne dass das Hangende und Liegende einem besonderen 
Studium unterworfen worden wäre. In den von mir in den Verhand- 
lungen der geologischen Reichsanstalt 1895, pag. 330 und 1896, pag. 82 
gegebenen Reiseberichten, habe ich in Bezug auf die Schichtenfolge 
in dem hier zu besprechenden Gebiete Ansichten ausgesprochen, 
welche ich heute nach dem Abschlusse meiner Studien auf Grund 
wiederholter Begehungen, bei denen ich neue bessere Aufschlüsse zu 
finden so glücklich war, nicht mehr aufrecht erhalten kann. 

Die Unterlage besteht grösstentheils aus Gneissen mit granitischen 
Zwischenlagen. Nördlich von Cernadia bis gegen das Thal des Galbin 
sind es Biotitgneisse. Diese sind deutlich geschichtet mit einem süd- 
lichen Verflächen bei steiler Schiehtstellung und biotitreich. Unter 
ddem Mikroskope sieht man ein Aggregat von farblosen, wasserhellen 
(Juarzkörnern, durch Muscovitschuppen und getrübte Feldspathkrystalle, 
deren Elemente meist zähnig ineinander greifen, unterbrochen. Die 
(Juarzkörner zeigen in der Regel stark undulöse Auslöschung, zuweilen 
erscheinen sie auch zwischen gekreuzten Nicols zwillingsartig gestreift. 
An den Feldspathen beobachtet man nicht allzu selten mikroklinartige 
Zeichnung, was wohl als Wirkung des Gebirgsdruckes aufzufassen ist?). 
Reichliche Mengen eines dunkelbraunen Biotits zum Theil in Chlorit 
verwandelt, spärliche Nadeln von Apatit und Körner von Zirkon ver- 
vollständigen das Bild. 

Die oben erwähnten granitischen Partien in den Gmneissen 
gestatten folgende Beobachtung: Sie bilden ein feinkörniges bis mitt- 
leres Aggregat ohne Andeutung einer Parallelstructur. Der Feldspath 
ist wohl seiner Hauptsache nach Orthoklas, doch kommen einzelne 
Körner von Mikroklin und Plagioklas vor. Von Glimmer finden sich 


') 1888: Harta geologica generala a Romaniei Iucratä de membri bioranlai 
geologie sub direetionea Dlui G. Stefanescu. 

°) 1890, Draghicenn. Geologische Uebersichtskarte des Königreiches 
Rumänien, 1:800.000. Jahrb. d.k k. geol. Reichsanstalt, Band XL. 
") Brauns. Die optischen Anomalien der Krystalle, pag. 135. Leipzig 1891. 


[11] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 11 


sowohl Biotit als auch Muscovit, doch beide in verhältnissmässig 
geringen Mengen !?). 

Nach den Angaben von Munteanu Murgoci aus dem benachbarten 
Paringugebirge ?), wären diese Gmeisse nichts anderes, als palaeo- 
zoische Gesteine, die ihr krystallinisches Aussehen einer metamorphen 
Umwandlung durch die in der Nähe befindlichen Granit- und Granulit- 
massen verdanken, und sich in ununterbrochener Linie von Baia di 
Arama bis hierher verfolgen lassen. 

Diese Gneisse mit granitischen Partien bleiben als Unterlage 
der sedimentären Massen bis in die Gegend des Galbinthales, wo 
Granite die Gneisse durchbrechen. Weiter gegen Osten bei Polowratsch 
ist das Archäische durch Gneisse vertreten. Hier kann man wohl mit 
Recht von Muscovitgneissen sprechen, da der Biotit gegenüber dem 
Museovit weit zurücktritt. Der Feldspath zeigt auch hier eine stellen- 
weise recht deutliche Mikroklinstruetur. 

Ueber diesen Schichten folgt ein lichtes, einem Aplite makros- 
kopisch nicht unähnliches Gestein. Die Betrachtung der Dünnschliffe 
lehrt jedoch, dass es aus Quarzfragmenten, sehr spärlichen Resten 
von polysynthetisch verzwillingten, stark zersetzten Feldspathen und 
kleinen Musecovitschuppen besteht. Die beiden erstgenannten Ge- 
mengetheile, insbesonders aber der Quarz, zeigen eine stark undu- 
löse Auslöschung. Das Gestein ist ein Sandstein, welcher wahr- 
scheinlich dem durch Druck wieder verfestigten Granitgrus seinen 
Ursprung verdankt und kann mit dem Brongniart’schen Namen 
Arkose bezeichnet werden. Diese Arkose kennt Mrazek?°) bereits 
aus dem Vulkangebirge und hat sie bis in das Thal des Ghilorcelu 
verfolgt. Dies ist jenes Thal, bei welchem im Westen unser Kalk- 
massiv beginnt. Von hier aus ziehen die Arkosen weiter bis gegen 
das Galbinthal, wo sie auskeilen. Mrazek hält sie auf Grund von 
Vergleichen mit Arkosen des Banates für liasisch. Fossilien liessen 
sich darinnen nicht finden. 

Eine auffallende Erscheinung zeigt diese Arkose im Thale beim 
zweiten Kalkofen am Wege von Novaci nach Cernadia (im Folgenden 
werde ich das Querthal, das bei diesem Kalkofen endigt, kurzweg 
das der Pleasa nennen). Dringt man in jenes Thal vor, so trifft man 
auf graue Gesteine, welche mir im Felde als metamorphe Linsen 
innerhalb dieser Arkose erschienen, so dass ich ihre Lagerung nicht 
weiter verfolste. 

Unter dem Mikroskope stellt sich nun heraus, dass wir es mit 
einem Fibrolithgneiss zu thun haben. Das feinkörnige, ziemlich biotit- 
arme Gestein zeigt im Dünnschliff unter dem Miskroskope folgendes 
Bild. (Siehe die Fig. 5.) Das aus reichlichen Mengen von Quarz und 


!) Die Stücke, welche dieser Beschreibung zu Grunde liegen, sind im Thale 
des Ghilorcelu und in dem der Pleasa gesammelt. Herr M. Murgoci, der sie in 
meinen Aufsammlungen sah, erkannte dieselben sofort als Gesteine, die jenen 
Metamorphosen des Paringgebirges gleichen. 

?) M. Murgoci: Dare de reama cercetarilor geologica din Vara 1897 
II Manioul Paringu. Bucaresci 1898. 

°, L. Mrazek: Dare de seama asupra cercetarilor geologice din Vara 
1897. 1. Partea de E. A. Muntilor Vulcan, pag. 15. Raport inaintat D-Jui Ministru 
Agıiculturei. Bucuresei 1898. 

9% 


- 


12 Dr. K. A. Redlich. [12] 


spärlichem Feldspath bestehende Aggregat bildet etwa ?/, der ganzen 
Gesteinsmasse. In diesem Aggregat gleichsam eingebettet finden sich 
Biotitlamellen und spärliche Muscovitschuppen. Einzelne isotrope 
Körner mit auffallend starkem Relief sind Granat. Ab und zu er- 
scheinen in dem Gesteine grössere Partien von Quarz, welche ganz 
durchspiekt sind von äusserst dünnen (0-001—0°003 mm), langen 
Nadeln, genau so wie in dem von Becke untersuchten Fibrolith- 
eneiss!) von Fuglau im niederösterreichischen Waldviertel, den ich 


Fibrolithgneiss aus dem Thale der Pleasa bei Cernadia in Rumänien. 


Die Sillimanitnadeln sind durchschnittlich dünner als in dem Gneisse von Fuglau. 
Die dunkleren Stellen enthalten Biotitlamellen und trübe Zersetzungsproducte des 
Feldspaths. 


des Vergleiches wegen in Fig. 4 abgebildet habe. Die geringen Dimen- 
sionen der Nadeln verhindern die optische Prüfung, doch ist die Aehn- 
lichkeit der Gesteine überhaupt eine so grosse, dass an der Richtig- 
keit der obigen Bestimmung nicht gezweifelt werden kann. Diese 
Laboratoriumsbeobachtung würde eher dafür sprechen, dass die Arkose 
auf dem Fibrolithgneiss ruht, dass wir es daher vielleicht nur mit 
einem aus nächster Nähe herbeigerollten Block von jenem Gneiss zu 
thun haben. Da es nun natürlich nicht mehr möglich ist, jene Stellen 


!) Becke. Die (neisformation des niederösterreichischen Waldviertels. 
Tschermak’s mineral.-petr. Mittheilungen, IV. Bd., pag 213. — Die Dicke der 
Sillimanitnadeln beträgt nach meinen Messungen (0001—0'01 mm). 


[15] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien 13 


zu besuchen, so muss ich die Stellung dieser Fibrolithgneisse inner- 
halb des Schichtsystems offen lassen. 

Ueber diesen Sandsteinen folgen die weissen oberjurassischen 
Kalke. An ihrer Basis sind dieselben oft geschiefert mit thonigem 
Zwischenmittel, wie z. B. beim Kloster Polowratsch. Sie haben bald 
graue, bald weisse Farbe. Einzelne unbestimmbare Nerineen und 
Korallen sind die ganze palaeontologische Ausbeute. Diese wurden in 
losen Blöcken im Galbinthal gefunden. Diese Kalke bilden bei Gernadia 


Fibrolithgueiss von Fuglau, Nied.-Oest., Waldviertel, 


Sillimanitnadeln zu Bündeln vereinigt, mit Quarz verwachsen. Lappen von Biotit 
und grosse Körner von Granat. 


zwei Antiklinalen, zwischen welche der Flysch synklinal eingefaltet ist 
(s. Profil I auf Seite 18). Die südlichere verliert sich gegen Osten 
unter den Flysch, während die nördliche sich nach Osten fortsetzt, 
im Thale der Pleasa von einer Antiklinale des Arkosensandsteines 
unterbrochen wird, an welcher Stelle eine Schlucht am linken Ufer 
des Baches sichtbar ist (s. Profil II auf Seite 18). Soweit sich hier in 
dem fast ungeschichteten, von Clivage durchsetzten Kalkstein ein Ver- 
flächen abnehmen lässt, scheinen sich diese Kalke noch einmal nach 
Norden synklinal einzubiegen. Wie schon Mrazek!) hervorhebt, weisen 


!) Mrazek: Dare de seama asupra cercetarilor geol din vara 1597. I. Partea 
de E A. Muntilor Vulcan, l. c. pag. 20. 


14 Dr. K. A. Redlich. HdR [14] 


alle diese Kalksteine das Karstphänomen auf. „Ueberall, wo wir ent- 
waldete T'häler finden, bedecken grosse Trümmermassen den Boden. 
Unzählig sind die Grotten, die tief eingerissenen Thäler, die Spalten, 
Löcher und die unterirdischen Quellen.“ So finden wir Thäler, wie die 
des Oltetz und der Cernea, die tief eingerissene Canons darstellen, 
solange sie in den Kalken ihr Bett eingegraben haben). Zahlreiche 
Grotten. wie die von Polowratsch, von denen die grösste an der Ost- 
seite des Oltetzthales liegt, während drei kleinere am entgegengesetzten 
Ufer in schwindelnder Höhe sich befinden, säumen das Thal ein. Im 
letzteren findet sich Salpeter, den Einwohnern schon lange bekannt 
und zur eigenen Pulvererzeugung verwendet. Bei Baia di fer, an 
der Einmündung des Galbin, finden wir eine Höhle mit Guano, aus 
der Munteanu Murgoci den Zahn eimes Ursus spelaeus erwähnt ?). 
Auch bei Cernadia ist eine Höhle, von der der letztgenannte Ver- 
fasser glaubt, dass sie mit der von Baia di fer zusammenhänge. Oft 
kommen auch aus dem Kalkstein unvermittelt Quellen hervor, wie 
z. B. bei Cernadia. Diese Kalke sind Reste einer zusammenhängenden 
Kalkmasse, die den ganzen Südrand der Karpathen eingesäumt haben. 
Sie finden sich bald in grösserer, bald in kleinerer Ausdehnung so- 
wohl östlich und westlich, als auch nördlich von unserem hier zu be- 
schreibenden Gebiete. Ueberall sind sie leicht an ihrer grauen Farbe 
zu erkennen. Was ihr Alter anbelangt, so können wir sie mittelst 
Analogie dem oberen Jura zuweisen. Ob die Kalkschiefer an ihrer 
Basis ebenfalls dem oberen Jura zuzuzählen sind vder dem Dogger 
angehören, lässt sich in dieser fossilarmen Gegend nicht bestimmen. 
Als jüngeres Glied folgt über diesen Kalken der Fiysch,. Der Flysch ist 
in Form von Sandstein, rothen und grünen Schiefern und gebankten 
Kalken mit thonigem und sandigem Zwischenmittel ausgebildet. Eine 
Störung trennt ihn im Süden von den Kalken, er scheint am ganzen 
Südrande auf dem jurassischen Kalke hinabgesunken zu sein, was 
namentlich beim Kloster Polowratsch deutlich siehtbar wird. Dass das 
weiche Material der gebirgsbildenden Kraft wenig Widerstand ent- 
gegengesetzt hat, zeigt sich deutlich in der synklinalen Einfaltung des 
Elysch nördlieh von Cernadia. Das genaue Alter dieser Flyschpartie 
zu bestimmen, ist wiederum in Folge der Fossilarmuth dieser Schichten 
unmöglich. Der einzige Anhaltspunkt wäre ein Vergleich ähnlicher 
Schichten in den Alpen, wo die rothen und grünen Schiefer innerhalb 
des Flysches als der unteren Kreide angehörig betrachtet werden. 
Jüngeres Tertiär reicht discordant über den Flysch hinauf bis 
an die Jurakalke. Von Cernadia lässt es sich am Südrand bis gegen 
Polowratsch verfolgen. Es besteht aus Leithakalken und darunter aus 
lichtgrünem Tegel. In dieser Ausbildung legt sich eine Partie des 
Tertiär mit südlichem Verflächen direct an die Jurakalke. Von dieser 
durch. den.Elysch getrennt, kann man eine zweite südliche Ablage- 
rung ebenfalls mit südlichem Einfallen betrachten, auf welcher Cer- 
nadia steht. In den an den Jurakalken gelegenen höheren Partien 


') Mrazek: Quelques remarques sur le cours des rivieres en Vallachie. 
Annuaire du Musee geol. de Bucarest 1896, pag. 19. 

°) Munteanu Murgoci: Calcare si fenomene de Erosione in Carpatii meri- 
dionali. Buletinul societatii de seiinte. An. VII, Nr. 1. 1598, pag. 14. 


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Geo], Studien im Gebiete des Olt- und Öltetzthales in Rum 


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15] 


16 Dr. K. A. Redlich. [16] 


hatte ich Gelegenheit, zahlreiche Fossilien zu sammeln, namentlich 
in einer am linken Ufer des Pleasathales gelegenen Wasserrinne. Die 
Leithakalke sind gelbweiss bis grau, enthalten dort, wo sie an die 
Jurakalke stossen, zahlreiche Brocken derselben und sind an einzelnen 
Stellen, so namentlich gegen den Ghilorcelu Rinku reich an Litho- 
thamnium vamosissimum-Knollen. Neben diesen konnte ich in ihnen 
noch folgende Fossilien sammeln: 


Uypraea sp. 

Cerithium cf. rubiginosum Eich. 
Bulla sp. 

Trochus sy. 

Monodonta angulata Eich. 
Peetuneulus pilosus Linn. 

Arca Noae Linn. 

Cardium af. hispidum Eich. 
Chama sp. 

Lima cf. sgamosa Polli. 


Ausserdem enthält das Gestein noch zahlreiche Foraminiferen, 
welche Durchschnitte von Quinqueloeulinen und Triloculinen darstellen, 
(die jedoch in diesem Zustand nicht bestimmbar sind. 

Vor Allem herrscht jedoch Alveolina melo d’Orb. vor, welehe an 
manchen Stellen geradezu gesteinsbildend auftritt. 

Es ist also kein Zweifel, dass wir marine Kalke der Uferzone 
vor uns haben, welche mit den Leithakalken des Wiener Beckens 
vollständig übereinstimmen. Die darunter liegenden Tegel, weiche 
oft von harten Conglomeratbänken unterbrochen werden, enthalten 
neben zahlreichen Polystomellen, Sphäroidinen und Truneatulinen 
folgende Fossilien: 


Ringieula buceinea Desh. 
Mitra recticostata Bell. 

„ striatula Broce. 
Pleurotoma n. sp. (verwandt mit Pl. striatula). 
Turritella bicarinata Eich, 
turrıs Dast. 

E cf. terebralis Lam. 

Trochus sp. 
Odontostoma cf. plicata Mont. 
Natica helicina Broce. 
Rissoa Lachesis Bast. 
Dentalium incureum Jen. 
Corbula gibba Olivi. 
Nuceula nucleus Linnce. 

„. Mayeri Hörn. 
Venus sp. 
Pecten cf. Reussi Hörn. 
Ostraea cochlear Polli. 
Echinidenstachel. 
Lamna elegans Ag. 


” 


[17] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 17 


Diese Tegel sind daher nach ihrer Fauna eine Facies des oberen 
Theiles der zweiten Mediterranstufe und könnten am besten mit den 
Ablagerungen von Gainfahrn und Steinabrunn verglichen werden. 
Wie schon erwähnt, zieht sich das Miocän gegen Osten weiter und 
wird in einer Entfernung von zwei Stunden im Oltetzthal in Form 
von groben Conglomeraten und schwarzen Kalken wieder aufgedeckt 
angetroffen. Es legt sich hier an den Flysch und ist nur in dem tief 
eingerissenen Thal sichtbar, da jüngere Schottermassen das Ganze 
überdecken. 

Die schwarzen Kalke enthalten zahlreiche Litothamnien und 
Foraminiferen, von denen auch hier Alveolina melo d’Orb. vorherrscht. 
Ueberdies konnte ich aus ihnen noch folgende Fossilien heraus- 
präpariren und bestimmen: 


Conus ventricosus Bronn. 
Uypraea sp. 

Cerithium scabrum Olivi. 
kissoina pusilla Broce. 

Rissoa sp. 

Lithodomus awitensis Mayer. 
Hinnites sp. 

Modiola sp. 

Gastrochaena dubia Renn, 
Serpula sp. 

Vermetus intortus Lam. 
Oidaris cf. Schwabenaui Laube. 
Heliastraea Reusseana M. Edıw. et H. 


Gegen Süden schliesst sich an das Miocän concordant das Sar- 
matische an. Im Oltetzthal beginnt es mit einem kleinen Faltenzug 
(Profil II und zeigt dann ein Verflächen gegen Süden. Es besteht 
theils aus Conglomeraten, theils aus zwischenlagernden Sandbänken. 
Die Bindemittel der ersteren enthalten eine ausserordentliche Menge 
von Fossilien und sind an manchen Stellen direet durch Muschel- 
breecien ersetzt, wie wir sie ähnlich bei Nexing in Niederösterreich 
antreffen. Trotz der ausserordentlich grossen Individuenzahl konnte 
ich nur wenige Species auffinden. Es sind dies: 


Mactra podolica Eichw. 
Ervilia podolica Eichw. 
Cerithium disjunetum Sow. 


Die Gasteropoden treten gegenüber den Lamellibranchiaten ausser- 
ordentlich zurück. Das jüngere Tertiär hat in Rumänien eine weite 
Verbreitung!) und keilt schliesslich gegen Osten?) im Baragan aus. 

!) Ueber die Ausdehnung der Tertiärschichten in Rumänien gibt uns die 
Arbeit von Sabba Stefanesceu: „Etude sur les terrains tertiaires de Ronmanie. 
Lille, Imperimerie Bigot Freres, 1897“ Aufschluss. Be 

>) C. Alimanestianu: Communicare asupra sondagului din Baragan. 
Estras din buletinul soc. politecnice Nr. 3, 1895, Anul XI. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 1. Hft. (Dr. K. A. Redlich) 3 


118] 


Dr. K. A. Redlich. 


18 


.NNO SSW 


GILORCELU RINKU 


PROFIL I 


° QUELLE 


GNEISSE mır GRAN!TISCHEN 
EINLAGERUNGEN 


ERSTER KALKOFEN am 
NACH CERNADIA 


ARKOSE 


JURASSISCHE 
KALKSCHIEFER 


OB.- JURASSISCHE 
KALKE 


FLYSCH 


7 ZWEITER KALKOFEN am 
WEGE von NEVACI NACH 


LEITHAKALK. 


MIOCANER TEGEL 
PROFIL I. S 


K- POLOWRATSCH 
! SARMATISCHE SCHICHTEN 


SOSE JÜNGERE SCHOTTER : 


OLTETZ-THAL 


S 


N THAL BEI CALINESTI EROFIL T. 
; Koster Kozıa 


LOTRU THAL 


i  BREZOIU 
H } 


IV) Y WEI: 
N xx/X LEER 
NAxK GR: LEN 


SENONE KALKBLOCKE 


Zr) BRECCIE u, CONGLOMERAT 
"von BREZOIU “ 


KREIDE GONGLOMERATE- 
SANDSTEINE une 
MERGELIGE ZWISCHENLAGEN- III ScHiCHTEN mit BAOULITES ANGEPS- 


SCHICHTEN mit INOCERAMUS CRIPSI 


[19] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 19 


Die von mir auf vorstehender Seite gegebenen Profile I, II, III 
beziehen sich auf diese Studie. Profil I beginnt bei den ersten Kalk- 
öfen am Wege von Novaci nach Canadia und zieht sich nach Nord- 
nordost, so dass das Thal von Ghilorcelu östlich liegen bleibt. Die 
ältesten Gesteine sind Gneisse mit granitischen Einlagerungen, darüber 
folgt die Arkose. Die jurassischen Kalke sind in zwei Antiklinalen 
getheilt, zwischen welche der Flysch synklinal eingefaltet ist. Das 
Miocän liegt in zwei getrennten Partien auf dem Ganzen, am Abhang 
des Ghiloreolu Rinku in Form von Leithakalk mit Lithothamnium 
ramosissimum und grünem Tegel, welch’ letzterer am Fusse der Berge 
gegen das Dorf Cernadia sich fortsetzt. Beide Theile haben südliches 
Verflächen. 

Im Osten schliesst sich Profil II an, welches die Verbesserung 
jenes im Jahre 1895 in den Verhandlungen der k. k. geologischen 
Reichsanstalt, pag. 331, gegebenen Profils enthält. Wir sehen die 
südliche Antiklinale der oberjurassischen Kalke bereits nicht mehr, 
da dieselbe unter dem Flysch getaucht ist; die nördliche Antiklinale 
wird durch eine Schlucht unterbrochen, in welcher der’ Arkosen- 
sandstein zum Vorschein kommt. Das obere Kalkmassiv scheint syn- 
klinal eingebogen zu sein, obwohl dies nur eine Vermuthung ist, da 
sich ein Verflächen nirgends abnehmen liess. Der Arkosensandstein 
liegt auch hier auf Biotitgneissen. 

Schliesslich wäre das östlichste Profil zu betrachten. Die juras- 
sischen Kalke ruhen auf Muscovitgneiss (Profil III), daran legt sich 
der Flysch, welcher durch eine Störung von den Kalken getrennt 
ist; im Thale des Oltetz trifft man die Leithakalke, auf diesen con- 
cordant das Sarmatische. Schotter bedecken theilweise den Flysch 
und das jüngere Tertiär. Auf ihnen steht das Kloster Polowratsch. 


Palaeontologische Beschreibung der Kreidefossilien des 
Oltetzthales. 


Lithothamnium cf. turonicum Rothpletz. 
(Siehe umstehend Fig. 6.) 


1591. Rothpletz: Fossile Kalkalgen aus den Familien der Codia- 
ceen und der Corallineen. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1891, 
pag. 313, Taf. XVI, Fie. 9, T2: 


Längliche, strauchartig sich verzweigende Kalkröhrehen durch- 
setzen das Gestein. Sie haben einen Durchmesser von 1—1!/, mm. 
Der ganze Strauch hat eine beiläufige Höhe von 5—4cm. Die Zellen 
sind 6—10 ». breit und 10—12 ». im Hypothallium bis 31 ». lang. 
Gestalt und Zellengrösse stimmen recht gut mit Lithothamnium turo- 
nicum überein, nur der Durchmesser der Kalkröhrchen ist geringer. 
Da von der Fructifikation nichts zu sehen ist, so ist eine vollständig 

Ba 


20 Dr. K. A. Redlich. Jo ao] 


sichere Identifieirung mit L. twronicum nicht möglich. Herr Professor 
Rothpletz in München war so liebenswürdig, die Stücke mit seinen 
Originalen zu vergleichen, und meint, dass die geringe Dicke aus 
der Sterilität der Aststücke zu erklären sei, da die fertilen Stöcke 
stets ein kräftigeres Rindenmaterial zeigen. Eine habituelle Aehnlich- 
keit mit der recenten Species L. byssoides Lam. haben mich bewogen, 


Fig. 6. 
. Lithothamnium ‚cf. turonicum Rothpletz. 


Se Ame Zu: 


a) Längsbruch, den Verlauf der Aeste zeigend (nat. Gr.). — b) Querbruch (nat. Gr.). 
— c) Längsschnitt bei eirca 200facher Vergrösserung, 


Messungen der Zellgrösse vorzunehmen. Die bedeutende Breite der- 
selben (17—19 u) ‚schliessen jedoch jede Identificirung aus. 

Herr Professor Rothpletz theilt mir auch mit, dass das von 
ihm beschriebene ZLithothamnium turonicum aus Beausset nicht aus 
dem Turon stamme, wie Coquand fälschlich jenen Fundort bezeich- 
nete, dass vielmehr jene Schichten dem Senon angehören, wovon sich 
genannter Herr durch Autopsie überzeugen konnte.: 


[21] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien, >| 


Orbitoides secans Leymerie. 
(Taf. 1, Fig. 7 a—d.) 

1851. Leymerie: Memoire sur un nouveau type Pyreneen. Memoires 
de la soc, geol. de France, 11 serie, vol. IV, pag. 191, Taf, IX, 
Fig. 4a und b. 

Die obere Schale ist convex gebogen und besitzt oft einen 
deutlichen Kuopf, die untere ist flacher. Vom Mittelpunkt gehen 
Tuberkeln aus, welche ihrer Anordnung nach oft unterbrochen sind, 
sich kreuzenden Streifen entsprechen und gegen die Umrandung hin 
ausstrahlen. Sie sind bereits mit freiem Auge ersichtlich und geben 
dem Ganzen ein chagrenirtes Aussehen. Die Grösse der Thiere 
schwankt zwischen 6 und 8 mm, die Dicke zwischen 1!/, und 3 mm. 
Ein grosser Theil hat die Form, wie sie Leymerie für diese 
Species abbildet (Fig. 7d). Andere Exemplare erreichen wiederum 
eine beträchtliche Dicke (Fig. Ta, b, c), die obere Schale schwillt 
an und erhebt sich dann knopfförmig. Diese Formen nähern sich 
sehr den von Noetling beschriebenen und abgebildeten Orbitoides 
socialis Leym.!) aus Baluchistan, sowohl in der Form als auch in 
der stärkeren Ornamentirung. Ein Trennen der Exemplare ist jedoch 
bei den vielen Uebergängen ganz unmöglich. Orbitoides secans fand 
sich sowohl in den Kalken als auch in dem darüberlagernden 
Bakulitensandstein. 


Orbitoides gensacica Leymerie. 
(Taf. II, Fig. 6@ und b.) 

1851. Leymerie: Memoire sur un nouveau type Pyreneen. Mem. 
de la soc. geol. de France, ser. II, tom. IV, pag. 190, pl. IX, 
Fig. 2 und 3. 

Kreisrunde Scheiben bis zu einem Durchmesser von 30 min, 
meistens jedoch 18—20 mm nicht überschreitend, bei einer Dicke 
von 2—5 nm. Die obere Schale ist leicht gewölbt, mit einer schwachen 
Anschwellung in der Mitte, die untere Schale ist entweder ganz 
flach oder schwach convex gebogen. Die Oberfläche ist mit feinen 
Tuberkeln besetzt, welche gegen die Mitte zu derartig gedrängt 
sind, dass es den Anschein erhält, als würden sie von Radialstrahlen 
abgelöst werden. Man gewinnt jedoch bei einem Vergleich der 
Exemplare die Ueberzeugung, dass diese radialartige Anordnung der 
Tuberkeln nur auf individuellen Eigenthümlichkeiten beruht. 

Orbitoides Faujasi d’Orb. 
(Taf. I, Fig. 8 a—d.) 

1862. Reuss: Palaeontologische Beiträge. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. 
Wissensch. in Wien, 1862, pag. 309, Taf. IV, Fig.9; Taf. V, Fig. 1—5. 

Diese in unseren Bakulitenschichten sehr häufige Form hat 
einen Durchmesser von 3—4 mm, ist dünn, scheibenförmig, unten 


-1) Noetling. Fauna of Baluchistan. Mem of the geol. Survey of India, 
1897, vol. I, Part 3, pag. S, Tab. I, Fig. 1—4. 


22 Dr. K A. Redlich. [22] 
etwas weniger gewölbt als oben, mit zugeschärftem Rande. Die Ober- 
Häche ist mit Tuberkeln besetzt, welche oft ineinander fliessen 
und der Schale ein runzeliges Aussehen geben. Die von mir gesam- 
melten Exemplare stimmen vollständig mit denen von Maestricht 
überein, wo sie zu den gemeinsten Foraminiferen gehören. 


Anthozoa. 


So zahlreich sich auch die Korallen in unseren Ablagerungen 
finden, so eignen sich dech die wenigsten zur specifischen Bestim- 
nung, was mir auch von Professor Felix in Leipzig, dem ich die 
Stücke gesandt hatte, durch seine Bestimmungen bestätigt wurde. 


Terebratula carnea Sow. 
(Taf. I, Fig 5 a und 5b.) 
1847. d’Orbigny: Terrains cretaces— Brachiopodes — Paleontologie 
francaise. Tome IV, pag. 103, pl. 513, Fig 5—8. 
Diese so häufige Senonform wurde nur abgebildet, um die volle 


Uebereinstimmung mit den bis jetzt an anderen Orten gefundenen 
Exemplaren zu zeigen. Der Beschreibung ist nichts hinzuzufügen. 


Terebratella Mrazeki n. sp.') 
(Taf. I, Fig. 1 ae) 


Laueer’. on 2. 29 am 276 mm 30 Dim 
TREE ga METER LUFT, BETNEDIENE IUT) 250 Ban 0% 
Dieke? .”, RR] Zelt a 28 A 


Länge der kleinen Klappe . 2 „ 19 20 ET 


Die Gestalt der Schale ist oval, quer verlängert. Aus den oben 
angeführten Zahlenwerthen ist ersichtlich, dass die Dicke ausser- 
ordentlich schwankt, während die übrigen Grössenverhältnisse sich 
ziemlich gleich bleiben. Die Schalenoberfläche ist mit zahlreichen 
hohen aber abgestumpften Rippen verziert. Von den Wirbeln in 
geringer Zahl ausgehend (grosse Klappe 8, kleine Klappe 7), ver- 
mehren sie sich rasch durch Theilung, so dass man am Stirnrand 20 
und mehr zählen kann. Concentrische Anwachsstreifen verleihen der 
Oberfläche, wenn die Schale noch erhalten ist, ein welliges Aus- 
sehen. Die grosse Klappe ist stark gewölbt und biegt in ihrem unteren 
Drittel gegen den Stirnrand zu unter einem stumpfen Winkel ab. 
Sie ist in der Mitte eingesenkt und zeigt eine tiefe Bucht an der 
Stirne, ferner besitzt sie einen gekrümmten, sich allmälig zuspitzenden 
Schnabel, der leider bei allen mir vorliegenden Exemplaren an seiner 
Spitze abgebrochen ist. Die Area ist breit und wird zum grössten 
Theile von einem zweitheiligen Deltidium eingenommen. Der Schloss- 
rand ist schwach gebogen. 


” ” 


') Ich benenne diese Species nach Dr. Mrazek, Professor der Mineralogie 
an der Universität in Bukarest. 


[23] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetztliales in Rumänien. 23 


Die kleine Klappe hat einen durch tiefe Furchen abgegrenzten 
Mittelwulst. Dieser ist gebildet von einer vom Schlossrand aus- 
gehenden Rippe, welche sich bald spaltet und durch Einschübe gegen 
den Stirnrand vermehrt. Die Abbildung zeigt die strahlenförmige Ab- 
scheidung von einer Grundrippe zu wenig. Die Oberfläche beider 
Klappen ist mit einer feinen und dichten Punktirung bedeckt, welche 
jedoch erst unter der Loupe sichtbar wird. 

Die inneren Merkmale blieben vollständig unbekannt. Durch 
die hohe, dreieckige Area nähert sich unsere Species der Gattung 
Lyra und Trigonosemus. Von ersterer entfernt sie sich durch den 
gekrümmten Schnabel. Von letzterer ist dagegen die Abtrennung 
in Folge Fehlens des Foramens und des inneren Gerüstes äusserst 
schwierig. Ich stelle unsere Form zur Gattung Terebratella, da mir 
nach dem Schnabelbau das Foramen gross gewesen zu sein scheint. 

Am besten lässt sich Terebratella Menardi d’Orb, mit ihr ver- 
gleichen, von der sie jedoch leicht durch die spitzige Gestalt, durch 
die höhere Area und durch die Dicke unterschieden wird. 


Waldheimia Pascuensis n. sp.') 
(Taf. I, Fig. 2 a—e.) 


Schale länglich oval, fast eben so hoch als breit. Die grosse 
Klappe hat einen hohen und breiten Wirbel mit einem scheinbar 
grossen Foramen. Sie ist in der Mitte durch zwei Rinnen flach ein- 
gesenkt und bildet eine schmale Bucht. Ein mittlerer Einschnitt lässt 
den Anschein erwecken, als wäre ein Septum vorhanden, da er sich 
jedoch nicht in das Innere fortsetzt, so fällt diese Vermuthung weg 
und wir haben es nur mit einem Eindruck in der Schale zu thun. 
Der Schlossrand ist stumpfwinkelig. Die kleine Klappe ist hoch 
gewölbt und erreicht unterhalb des Wirbels die grösste Dieke. In 
der Mitte liegt ein breiter Mittelwulst. Ein aus einem Stück beste- 
hendes nach innen zugeschärftes Septum durchzieht zwei Drittel der 
Schale. Die Commissur greift nach rückwärts, um erst dort, wo 
Mittelwulst und Bucht zusammentreffen, sich nach vorne zu biegen. 
Die Ornamentirung der Schale besteht aus einer feinen, dicht ge- 
reihten Punktirung, welche jedoch erst unter der Loupe sichtbar 
wird ; gegen den Stirnrand stellen sich an der unteren Hälfte sehr 
feine Längsstreifen ein. 

Wiederum ist es leider nur ein Exemplar, das zur Beschreibung 
dieser Species benützt werden konnte. Dasselbe ist noch dazu zum 
grössten Theil Steinkern, so dass man die Längsstreifen, welche den 
Unterrand umsäumen, nur als feine Eindrücke sehen kann, die sich 
nicht einmal auf der Zeichnung ausdrücken liessen. 

Ich habe das Exemplar nach mehreren Seiten durchschnitten, 
Jedoch nur das tiefe Septum auf der kleinen Schale wahrnehmen 
können, während von dem sonstigen Armgerüst nichts erhalten ist. 


!) Diese Species wurde zu Ehren des Ingenieurs Pasen, Chef des Minen 
dienst im Domänenministerium, benannt. 


94 Dr. K. A. Redlich. [24] 
In Folge des langen Mittelseptums der kleinen Klappe ist die Ein- 
reibung zu Waldheimia wohl gesichert. 

Am nächsten steht unserer Species der Waldheimia tamarindus 
Som. var. mayna Walker aus dem Neocom. Sie ist jedoch von ihr 
durch den stärkeren Bau der gressen Klappe, wodurch die Commissur 
eine nach rückwärts geschwungene Linie annimmt, leicht zu unter- 
scheiden. 


Lima divaricata Dujard. 
(Taf. I, Fig 4.) 


188S—1889. Holzapfel: Mollusken der Aachener Kreide. Palaeonto- 
sraphica. Bd. XXXV, Taf. 27, Fig. 7, pag. 241. 

Unter den zahlreichen Individuen dieser Gattung, welche ich 
an unserem Fundorte sammeln konnte, ist Lima divaricata die häufigste. 
Ihre Gestalt ist bald ganz oval, wie sie Holzapfel aus der Kreide 
von Aachen abbildet, bald etwas schief oval, den Exemplaren des 
Elbethalgebirges gleichend. Sie ist leicht zu erkennen an den fein- 
gekörnten Radialrippen, welche von der Mittellinie aus gegen beide 
Seiten divergiren und durch Spaltung sich vermehren. Als indi- 
viduelle Eigenthümlichkeit wäre für unsere Exemplare zu bemerken, 
dass der Winkel, unter dem die Radialrippen gegen die Mitte zu- 
sammentreffen, ein spitzerer ist, als die sonst beschriebenen Exemplare 
ihn zeigen. 


Amusium inversum Nilsonn. 


1889. Griepenkerl: Versteinerungen senoner Kreide von Königs- 
lutter. Palaeont. Abh. IV, pag. 45. 


Kleine, 5—7 mm lange und fast ebenso hohe Exemplare finden 
sich sowohl in den Hippuritenkalken, als auch in dem Bakulitensand- 
stein. Die Schale ist aussen mit feinen Anwachstreifen ornamentirt, 
im Innern befinden sich 10 Rippen. welche durch die dünne Schale 
nach aussen durchscheinen. Dasselbe gilt von den Zwischenrippen, 
welche bis gegen die Mitte der Schale reichen und an 2 Exemplaren 
zu sehen sind. Die hinteren Ohren sind rechtwinkelig, von den vor- 
(deren ist nichts zu sehen. 


Janira af. striatocostata Goldf. 
(Taf. II, Fig. 3 a.) 
1862. Goldfuss: Petrefacta Germania, pag. 52, Tab. XCII, Fig. 2a —g. 
Neben der Janira quinguecostata fand sich ein Bruchstück mit 
vier hervortretenden Rippen, dessen Ornamentirung in feinen Längs- 
riffen sowohl in den Zwischenräumen, als auch auf den Rippen 
besteht. In Folge dieser Ornamentirung stelle ich dieses Stück in 


') Davidson: British fossil Brachiopoda vol. IV, suppl. Cretaceous Brach. 
pl. VI, Fig. 16—19, pl. VIT, Fig. 5 -9, pag. 49. — Palaeontographical soc. Lon- 
don 1374—1882, 


[25] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 95 


die Nähe der striatocostata«, wenn auch einzelne Merkmale nicht voll- 
ständig mit dieser Species übereinstimmen. Die Hauptrippen treten 
nur wenig hervor und die concentrischen Streifen fehlen, obwohl 
wir es mit einem jugendlichen Exemplare zu thun haben. 


Gryphaea vesicularis Lamk. 
(Taf. I, Fig. 6.) 


18435. d’Orbigny: Paleontologie francaise. Terrains cretaces. Tome III, 
pag. 742, Taf. 487. 


Diese in allen Senonablagerungen der Erde so häufige Form ist 
auch an unserem Fundort vertreten. 

Die Oberschale ist concav aufgebaucht, am Wirbel abgeplattet, 
an der Seite flügelartig verlängert und mit Anwachsstreifen ornamentirt, 
welche ihr ein geblättertes Aussehen verleihen. 


Hippurtites colliciatus Woodward var. Romanica m. v. 


1596. Hippurites radiosus Desmoulins inRedlich: Geologische Studien 
in Rumänien, II, Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1896, pag. 82. 


Ein grösseres Material von aufgesammelten Stücken lässt es 
unzweifelhaft erscheinen, dass uns nicht rppurites radiosus Desm. 
vorliegt, sondern eine dem Hippurites colliciatus Woodward sehr nahe 
stehende Form, welche sich von dieser nur durch die Berippung 
unterscheidet. 

Die untere Schale ist kegelförmig, bedeckt mit schwach abge- 
rundeten Rippen, welche durch gleich breite und tiefe Zwischenräume 
voneinander getrennt sind. Die Schlossfalte (Z) ist nur durch eine 
stumpfwinkelige Einbiegung angezeigt, die beiden Säulchen sind fast 
gleich hoch, von der Schlossfalte weit entfernt. Das vordere Säulchen 
(5) ist an der Basis verbreitet, nach oben zu abgerundet, das rück- 
wärtige (%) dagegen ist an der Basis ein wenig eingeschnürt. Von 
den Muskeleindrücken und Zahnlöchern ist wenig zu sehen. Die obere 
Schale ist nicht erhalten. 

Die inneren Charaktere stimmen vollständig mit dem von Dou- 
ville!) abgebildeten Exemplar überein, der einzige Unterschied diesem 
gegenüber ist die schwache Berippung. Da diese äussere ÖOrna- 
mentirung an allen Exemplaren eine constante bleibt, so scheide ich 
unsere Species gegenüber der echten Douville’schen Art als var. 
Romanica aus. 

Hippurites colliciatus wurde bis jetzt im Campanien in Klein- 
asien bei Hakim Khan und im Waggraben bei Hieflau in den gleich- 
alterigen Schichten gefunden. 


) Douville: Etudes sur les Rudistes. Mem. de la soc. geol. de France 
Paleontologie. 1890—1897, Nr. 6, pag. 221, Taf. XXXII, Fig. 8 u. 9. 


Jahrbuch d. k, k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 1. Hit, (Dr. K. A. Redlich.) 4 


96 Dr. K. A. Redlich. [26] 


Hippurites Lapeirousei Goldf. 
(Taf. II, Fig. 2 a—d.) 


1890-1897. Douville: Etudes sur les Rudistes Mem. ge la soc. 
geol. de France Pal&eontologie 1890—1897, Nr. 6, pag. 164, Taf. 
XXIV, Fig. 8 und 9. 


Das einzige, gut erhaltene Exemplar zeigt so sehr die charakte- 
ristischen Eigenschaften dieser Species, dass ein Zweifel der Identi- 
fieirung nicht aufkommen kann. Die Schale ist dünn, die untere 
Klappe ist schwach kegelförmig und nähert sich mehr dem Cylinder. 
Die Rippen sind geschärft, durch gleich breite Rinnen getrennt. Die 
obere Klappe ist bedeckt von einer Zellschichte, ‘welche nach aussen 
hin in abgerundete, schwach verlängerte Poren endet, darunter liegt 
ein Canalsystem, das von der Mitte ausgehend, sich gegen den Aussen- 
rand zu öfters gabelt. 

Die Schlossfalte ist nur durch einen leichten Eindruck in der 
Schale gekennzeichnet. Die Säulchen ragen nur wenig in die Schale 
herein, sind breit und abgerundet, der schmale Leistenzahn hat die 
Form eines x, zu seinen Seiten liegt die vordere und die hintere 
Zahngrube. 

Der hintere Muskeleindruck ist gerundet, seine rückwärtige 
Wand ist an dem vorderen Säulchen befestigt und reicht von hier aus 
gegen den Rand der hinteren Zahngrube, mit der er sich vereinigt. 

Hippurites Lapeirousei findet sich namentlich im oberen Cam- 
panien der Pyrenäen und in Mästricht und charakterisirt hier das 
Dordonien, die Varietät crassa!) dagegen, kennt man zugleich mit colli- 
ciatus Im mittleren Campanien der Gosau, ferner aus Bulgarien, von 
wo sie unter dem Namen A. bulgaricus von Toula?) beschrieben wurde. 

Einzelne Bruchstücke mit dickerer Schale und gröberer Orna- 
mentirung liessen sich zu dieser Variation stellen. 


Fleurotomaria sp. 
Marz Rie. 502.5, .:c.) 


Leider ist auch diese Species nur in zwei nicht vollständig er- 
haltenen Exemplaren vertreten. Da sie neu zu sein scheint, will ich 
ihr in Folge ihrer Unvollständigkeit keinen Speciesnamen geben und 
begnüge mich mit der palaeontologischen Beschreibung. Die Schale 
ist fach kegelförmig, eng genabelt, mit fünf Windungen von fast 
rhombischem Querschnitt. Die Ornamentirung besteht aus Radial- 
streifen, über welche feine, kaum sichtbare Zuwachsstreifen setzen. 
Der Mundrand ist auf der Oberseite des letzten Umganges erhalten, 
während die Basis nur als Steinkern vorliegt. Schalenreste mit Mund- 
randspuren lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass dieser gegen 
in a der letzten Windung einen einspringenden Winkel ge- 
ildet hat 


) Den ville: Etudes sur les Rudistes, 1. c. pag. 222. 
°) Toula: Untersuchungen im centralen Balkan, Denkschr. d. k. Akad. der 
Wiss. LV. Bd., II. Partie, pag. 101, pl. III, Fig. 24. 


[27] Geol. Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. 27 


Lytoceras aus der Gruppe des Timotheanum Mayor. 


1895. Kossmat: Untersuchungen über die südindische Kreide- 
formation. Beiträge zur Palaeontologie und Geologie Oesterreich- 
Ungarns und des Orient. IX. Bd., pag. 133, Taf. XVII, Fig. 11, 13a, b. 


DEDmessbEinas et, 1: er 
Höhe der letzten Windung . . 4 mm 
GrossteiDücke;.... "82... ars. a0 mm, 


Schon aus diesen Zahlenwerthen geht hervor, dass wir es mit 
einem Jugendexemplar zu thun haben. Die Umgänge wachsen rasch 
an, so dass die Form tief’ genabelt erscheint. Sechs gegen den Rücken 
sattelförmig ausgebogene Einschnürungen zieren die sonst glatte Schale. 
Der Querschnitt der einzelnen Windungen erscheint fast viereckig mit 
breiter Basis und Rücken. Von der Lobenlinie ist nur wenig zu sehen. 


Anisoceras cf. subcompressum Forbes. 
(Taf. I, Fig. 3, b.) 


1895. Kossmat: Untersuchungen über die südindische Kreide- 
formation, 1. c. pag. 145, Taf. XIX, Fig. 10a,b, 11a,b, 12. 


Diese Art ist durch ein einzelnes Bruchstück vertreten. Es ist 
ausgezeichnet durch einen länglich ovalen Querschnitt und besitzt als 
ÖOrnamentirung zugeschärfte Rippen. Von der Lobenlinie ist nur der 
Aussenlobus, Aussensattel und der erste Seitenlobus sichtbar. Diese 
stimmen vollständig mit der von Kossmat gegebenen Abbildung 
der indischen Exemplare überein. 


Baculites anceps Lamk. 
(Tat, I, Be. 40,2.) 


1840. d’Orbigny: Paleontologie francaise. Terrains ceretaces, pag. 565, 
Taf. CXXXIX, Fig. 1—7. 


Zahlreiche Fragmente von Bakuliten mit eiförmigem, an der 
Siphonalseite zugeschärftem, an der Antisiphonalseite abgerundetem 
Durchschnitt, lassen sich in ihrer Ornamentirung und Lobenlinie leicht 
mit dem von d’Orbigny abgebildeten Baculites anceps identificiren. 
Die Schale ist mit halbmondförmigen Rippen versehen, welche auf der 
Siphonalseite beginnen, gegen den Rücken stark aufbiegen, ohne ihn 
zu erreichen. Die Lobenlinie ist ein vollständiges Abbild des von 
d’Orbigny gegebenen Bildes. 


Von der langen Reihe der in den Kreideschichten des Oltetz- 
gebietes gesammelten Fossilien habe ich nur jene zur palaeontologischen 
Beschreibung ausgewählt, welche erstens neu waren, zweitens durch 
individuelle Abweichungen gegenüber - den Originalbeschreibungen 
Ergänzungen bedurften, und schliesslich solche, die in der Literatur 
bis jetzt noch selten beschrieben sind. 

4* 


98 Dr. K. A. Redlich. [28] 


Ich kann diese Arbeit nicht schliessen, ohne allen denen, die 
mir mit Rath und That behilflich zur Seite standen, wärmstens zu 
danken. Vor Allem gilt dies von dem Chef des Minendienstes im 
Domänenministerium in Bukarest, Ingenieur Alimanestianu und 
Ingenieur Pascu, Herrn Professor Mrazek in Bukarest, von Pro- 
fessor Grossouvre in Bourges, von Professor Felix in Leipzig, 
Director Fuchs in Wien, Professor Höfer in Leoben, Professor 
Rothpletz in München und schliesslich von meinem Freunde und 
Lehrer Dr. Anton Pelikan, der mir bei der petrographischen Be- 
schreibung und Abbildung helfend die Hand reichte. 


Die Eisenerzlagerstätten des mährischen 
Devon. 


Von Franz Kretschmer, Bergingenieur in Sternberg (Mähren). 


Mit 2 Tafeln (Nr. III [1] und IV [2]) und 3 Zinkotypien im Text. 


Einleitung. 


Die Schwierigkeit, die nöthigen Eisenerze herbeizuschaffen, ist 
für viele Hochöfen der allein maßgebende Grund, dass dieselben 
ihre Production restringiren, oder durch den gänzlichen Verhau der 
leichter gewinnbaren, zuweilen fast sämmtlicher Eisenerzlager, worauf 
sie basirt, niedergeblasen und anderwärts übertragen werden müssen. 

. Die abgebauten Erzlager bedeuten einen unersetzlichen Substanz- 
verlust, und in dem Maße als die grossen Eisenerzvorkommen in 
unserem Vaterlande (Eisenerz, Nutschitz, Bindt, Gyalar) durch fort- 
währende Steigerung der Production täglich stärker in Anspruch 
genommen werden, ihre leichter. gewinnbaren Erzmittel successive 
abnehmen, verschärft sich die Situation des Erzbezuges und die 
kleineren Erzvorkommen gewinnen an Bedeutung; sie schieben sich 
gleichsam näher dem Vordergrunde und gelangen täglich mehr zur 
Geltung. 

Von diesem Gesichtspunkte aus mag es nicht ungerechtfertigt 
erscheinen, durch nachstehende Studien neuerdings die Aufmerksamkeit 
auf eine Reihe technisch wichtiger Eisenerzlagerstätten der mährisch- 
schlesischen Devonformation zu lenken, welche schon im Mittelalter 
und in diesem Jahrhundert als Grundlage dem wichtigeren Theile 
der mährisch -schlesischen Roheisen-Industrie dienten, gegenwärtig 
aber wegen des Schwindens der Entfernungen und der dadurch be- 
günstigten Massenproduction auf den von der Natur grossartig ver- 
anlagten Erzvorkommen zum grössten Theile ausser Betrieb stehen. 

Aber nicht nur in bergmännisch-technischer, auch in geologischer 
Hinsicht knüpft sich besonderes Interesse an diese Erzlager, welche 
insbesondere durch den neuzeitigen Bergbau näher bekannt geworden 
sind und auch in weiteren Fachkreisen bekannt zu werden verdienen. 
Der Verfasser hatte als Bergbaubetriebsleiter Gelegenheit, diese Erz- 
lager und die darauf umgehenden Bergbaue genau kennen zu lernen 
und übergibt hiemit seine in langjähriger Praxis erworbenen Er- 

Jahrbuch d.&K.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. lleft. (Fr. Kretschmer.) 


30 Franz Kretschmer. [2] 


fahrungen und Beobachtungen der Oeffentlichkeit, in der Hoffnung 
und Zuversicht, dass dies dem vaterländischen Bergbau zum Nutzen 
gereichen möge. 


I. Geologischer Theil. 


DernordöstlichdesMarchthalesverbreitete Devon 
Mährens und des angrenzenden Schlesien beherbergt ausser einigen 
vereinzelten untergeordneten Vorkommen drei grössere, deutlich 
ausgeprägte Eisenerzlagerzüge, und zwar vom Liegenden 
zum Hangenden fortschreitend: 

1. Die in bergmännisch - technischer Hinsicht wichtigste Erzab- 
lagerung in der Umgebung von Mährisch-Aussee, welche bei 
Meedl, Storzendorf, Dörfel und Treublitz einsetzt, dagegen 
im Hellbusch bei Trübenz, bei Pürkau, Janowitz erzarm 
ist und erst am Urlichberge bei Klein-Mohrau ihre reiche 
Fortsetzung findet. Dieser Erzlagerzug gehört — wie später nachge- 
wiesen wird — dem Unterdevon an. 

2. Ebenfalls noch im Unterdevon, aber dicht an der Grenze 
gegen das Mitteldevon taucht der zweite Erzlagerzug am 
Pinker Berge nächst Mährisch-Neustadt aus der umgebenden 
March-Oskawa-Niederung empor und streicht in einem im geognosti- 
schen Sinne ununterbrochenen Zuge über Schönwald, Pinkaute, 
D.-Eisenberg, Hangenstein, Bittenwald bei Römerstadt, 
Klein-Mohrau nach Neu-Vogelseifen und Morgenland. 

3. Nahe der Formationsgrenze gegen die Culm- 
schichten folgt der von mir -bereits früher beschriebene Zug der 
Diabasgesteine !), in deren Begleitung Eisenerze auftreten, welche den 
dritten Erzlagerzug bilden; dieselben setzen bei Sternberg 
im SSW ein und streichen über D.-Lodenitz, Bärn, Rauden- 
berg, Bennisch bis Lichten im NNO. 

Das Hauptstreichen dieser Erzlagerzüge verlauft conform 
mit den übrigen Gliedern der Devonformation nach 2h 7gd; dem- 
selben allgemeinen Streichen folgen die unterteufenden archäischen 
und die auflagernden Culmschichten. 

Betrachtet man die orographischen Verhältnisse des 
Hohen Gesenk&s in unserem Gebiete, so findet man, dass die 
hervorragenden Kuppen der südwestlichen Ausläufer: Hohe Raute 
bei Sternberg (658 m ü. M.), Karler Berg (623 m), Kreuzberg bei 
D.-Eisenberg (590 m), Hoher Viebich (540 m) sehr angenähert, im 
Kreuzstreichen 20h 13gd liegen; nahezu parallel läuft die 
Hauptkette des Hohen Gesenkes: Altvater (1490 m ü. M.), Rother- 
berg (1355 m), Kepernik (1424 m), Fichtlich (1109 m) längs einer 
Linie nach 21h 3gd. 

Fast in senkrechter Richtung darauf erscheint die Bergkette: 
Hoher Viebich (549 m ü. M.), Habichtsberg (850 m), Weisserstein 


!) Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, XLII. Jahrg., pag. 168 u. ft. 


7 


[3] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 3 


(947 m), Verlornerstein (1155 m), Backofen (1355 m), Schieferhaide 
(1355 m), Maiberg (1381 m), Hohehaide (1440 m), längs der Linie 
2h Ted angeordnet, also parallel mit dem allgemeinen 
Streichen der Gesteinsschichten. Es liegt somit die Rich- 
tung der primären Hebung und des generellen Schich- 
tenstreichens senkrecht auf der Hauptkammrichtung 
des Hohen Gesenkes, wie wir dies auch beispielsweise am 
Harze und in einem Theile des Thüringer Waldes wiederfinden. 

Aus Taf. III [1], welche das Querprofil der Devonformation in 
dem hier in Betracht kommenden Terrain zwischen Mährisch- 
Aussee und Sternberg darstellt, ist die Stratification der einzelnen 
Formationsglieder zu entnehmen. Nach dem Vorgange Römer’s!) 
wird die Gliederung in drei Gruppen auch für den in Rede stehenden 
Theil der Formation beibehalten, 


A. Unterdevon. 


Das unterste Formationsglied wird durch den Quarzitzug 
vom Bradlwald repräsentirt, der jedoch widersinnig nach NW 
fällt, so dass die archäischen Schichten, bestehend aus Chloritgneissen, 
aufgelagert erscheinen. 

Die Quarzite unterteufend, folgt eine mächtige Zone grüner 
Schiefer mit Kalksteinlagern, welche ebenfalls NW fallen 
und wahrscheinlich einen centralen Kern repräsentiren. 

Daran stosst der Ausseer Quarzitzug vom Grossen und 
Kleinen Taubenbusch jedoch mit SO-Fallen, welcher wegen 
seiner petrographischen Aehnlichkeit möglicherweise die südöst- 
liche Flanke einesLuftsattels darstellt, den die Bradler 
Quarzite hier bilden. 

Weiter südöstlich lagern sich abermals Grünschiefer mit 
SO-Fallen ein, die aber zum Theile modificirt erscheinen und die 
Eisenerzlagerstätten des ersten Zuges mitführen; in einer 
Mulde der letzteren Gesteinszone liegen als jüngste Bildung die 
Quarzsandsteine mit ihren typischen Vertretern am Meedler 
Steinberg, worauf dann abermals NO-fallende, theilweise veränderte 
Grünschiefer mit dem zweiten Erzlagerzuge folgen, welche 
ich als den complementären Gegenflügel der Meedl—Pinker Grün- 
schiefermulde auffasse, wie in dem Profil Taf. III [1], gezeichnet. 

Für diese Züge von Quarzit, sowie die Grünschieferzonen, bis 
dorthin, wo diese bei Mähr.-Neustadt, Bergstadt. Klein-Mohrau an 
die halbkrystallinischen bis klastischen Grauwacken und Thon- 
schiefer anstossen, ergibt sich nach Maßgabe der palaeontologischen 
Einschlüsse und der Stratification deren Zugehörigkeit zum Unter- 
devon. Chloritgneiss nordwestlich des Bradler Quarzit- 
zuges einerseits und mitteldevonischeGrauwacken am 
Hangenden kalkreicher Grünschiefer mit dem zweiten 


‘, Ferd. Römer: (seologie von Oberschlesien 1870. 


39 Franz Kretschmer. [4] 


Erzlagerzug andererseits, bilden die Grenzen des 
Unterdevon. 

Merkwürdig ist die Consequenz, mit welcher die einzelnen 
Formationsglieder, sowohl was die Aehnlichkeit ihrer Structur betrifft, 
als auch in Bezug auf ihr stratigraphisches Verhalten, ohne nennens- 
werte Störungen auf grosse Entfernungen ruhig abgelagert erscheinen, 
so dass man, auf demselben Streichen vorkommend, Gesteine gleichen 
Alters findet, während in der darauf senkrechten Richtung gegen 
Südost stets jüngere Glieder auftreten. 


Petrographisches Verhalten. 


Die Quarzite des untersten oder Hauptzuges bestehen vor- 
wiegend aus dichtem bis grobkörnigem, weissem bis grauem Quarz 
mit wenigem Glimmer von weisser, durch Verwitterung hochrother, 
soldgelber Färbung bald schimmernd, bald matt. Durch Aufnehmen 
von mehr Glimmer wird der Quarzit häufig schiefrig und bei Ueber- 
handnehmen der Glimmer finden seltene Uebergänge in Glimmer- 
schiefer statt. 

Während der nordöstliche Theil dieses Quarzitzuges zumeist 
aus feinkörnigem @Quarzit besteht, welcher selten Reste ehemals 
klastischer Structur erkennen lässt, sind die Quarzite desBradl- 
waldes als Conglomerate ausgebildet, über deren klastische Natur 
kein Zweifel obwalten kann; sie bestehen aus fein- bis grobkörnigem, 
weissem bis glasigem Quarz, jedoch mit einem zart gefältelten 
chloritischen Glimmer als Bindemittel. Sehr häufig erreichen 
jedoch die wohlgerundeten Quarzkörner Wallnuss- bis Hühnereigrösse, 
seltener sind sie bis kindskopfgross, während sich der chloritische 
Glimmer mit horizontaler Fältelung in charakteristischer Weise um 
die einzelnen @Quarzkörner herumlegt. Diese Bestandtheile* sind 
vorherrschend miteinander zu einem Ganzen verflösst und erst auf 
den Verwitterungsflächen treten die eigentlichen Structurverhältnisse 
deutlicher hervor. 

Die Ausseer Quarzite (zweiter Zug) tragen im wesentlichen 
denselben petrographischen Charakter an sich, wie die Bradler, sie 
sind gleich diesen, überwiegend fein- bis grobkörnige Quarzite, worin 
die Quarzkörner dicht verflösst erscheinen, mit Uebergängen theils 
in grobe Conglomerate und feinkörnige, dünnschiefrige, vielfach 
gequetschte Quarzitschiefer, worin auf mächtigen Nestern und 
Klüften Partien weissen und glasigen Quarzes eingeschlossen 
sind. Diese Quarzite enthalten ebenfalls ein. chloritisch-glimmeriges 
Bindemittel, welches in parallelen Lagen dem Quarzit eingeschaltet 
ist; in den oberen Gesteinspartien verwittert und gebleicht, bis zu 
losem Sand zerfallend, erscheint dasselbe nach der Teufe frisch 
erhalten, fest und durch beigemengte organische Substanz blaugrau 
gefärbt. Die Conglomerate sind auch hier aus bis hühnereigrossen 
Rollstücken weissen Quarzes zu einem Ganzen verflösst. 

Auf der Markersdorfer Horka führen die nämlichen Quar- 
zite und Conglomerate sehr viel von chloritisch-glimmerigem Binde- 
mittel, das durch Graphit dunkelgrau gefärbt erscheint ; dieselben 


. AR .. .r . « 
[5] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 33 


enthalten ferner Lagen und Trümmer von weissem Quarz, graphi- 
tischem Phyllit mit Kalkstein in linsenförmigen Concretionen 
verwachsen. 

Eine weitere Modification dieser Quarzite findet sich am Grossen 
und Kleinen Brabletzberge, wo sie seltener als Conglomerate 
ausgebildet und durch ein kalkiges, von Eisenoxyd und Graphit 
gefärbtes Bindemittel verbunden sind; das Gestein ist ausserdem von 
Caleit in Körnern bis Wallnussgrösse durchschwärmt. Zufolge Ueber- 
wiegen des Bindemittels vollziehen sich Uebergänge in Kalkstein; 
ferner schliesst fast jede Schicht des Quarzits mit einem phyllitischen 
Gesteinsblatt ab, oder der Phyllit ist in grösseren Bestandmassen 
intercalirt. Häufig erscheint das Brabletzgestein vom Kopfe der 
Schichten her auf Klüften und Spalten seines Bindemittels beraubt, 
so dass aussen ein poröses, schwammartiges, durch Eisenoxyd rostig 
sefärbtes Gestein übrig bleibt, während im Innern und nach der 
Teufe der ursprüngliche Gesteinscharakter unversehrt blieb; bei 
weitergreifender Verwitterung zerfällt das Gestein leicht zu Grus 
und Sand. 

Die Ausseer Quarzite enthalten öfter auf Klüften und Spalten 
sangartig secundären Quarz mit Bergkrystall-Drusen, theils 
frisch erhalten, theils wieder zerfressen, ferner Caleit und Pseudo- 
morphosen von Quarz nach Calecit, Zellen nach Pyriten etec., 
zuweilen ebenfalls pseudomorph mit Quarz ausgefüllt. 

Sandsteine. Diese sind überwiegend aus groben Körnern 
slasigen bis weissen Quarzes nur theilweise verflösst oder blos zu 
zelligen, porösen Massen zusammengesintert, so zwar, dass ihre kla- 
stische Beschaffenheit im Gegensatz zu den älteren Quarziten sofort 
in die Augen fällt, theils sind sie durch ein modifieirtes thonig- 
talkiges Bindemittel verkittet oder es ist das letztere in parallel 
zur Schichtung eingelagerten mächtigen Partien selbständig ausge- 
schieden. Durch Verwitterung- erscheinen einzelne Straten ihres 
Bindemittels beraubt, weniger fest, brüchig, bröckelig vder ganz zu 
losem Sand zerfallen, während das Bindemittel zu einer weissen 
bolartigen milden Masse, den sogenannten „faulen“ Adern der 
Steinbrecher, umgewandelt wurde. Nur einzelne Partikeln von grünlich 
glänzenden unzersetzten Chlorittalk finden sich hie und da im 
festen Gestein, den ursprünglichen Zustand des Bindemittels ver- 
rathend. Eigenthümlich sind die durch Eisen- und Manganlösungen 
gefärbten sphärischen Sandsteinzonen, deren Centrum strohgelb bis 
weiss, während die Peripherie zuweilen im wiederholten Farbenwechsel 
ockergelbe und dunkelrothe Ringe mit schwarzen Rändern zeigt. 

Nimmt man die Sandsteine vom Meedler Steinberg als 
Prototyp, so erscheint in jenen vom Silberberg bei D.-Losen der 
Glimmer mehr verändert, der Chlorit gelbroth ohne Glanz; bei Treiblitz 
nimmt das milde bolartige Mineral an Menge erheblich zu, während 
in der Schönwälder Horka grosse Quarzblöcke einzeln in ver- 
witterten glimmerigen Massen eingebettet erscheinen. 

Diese Sandsteine, welche unter dem Ausdruck Meedler Sand- 
steine zusammengefasst werden sollen, sind offenbar der Detritus der 
Bradler und Ausseer Quarzite. 

Jahrb. d. k. k. geol. Reichsaustalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 5 


34 Franz Kretschmer. _ [6] 


Die dem Unterdevon in drei Zügen eingeschalteten Grün- 
schiefer sind dichte, schwer bestimmbare Gesteine von sehr wech- 
selnder Beschaffenheit, deren Gemengtheile nur unter dem Mikroskop 
erkennbar werden; sie haben demzufolge seither eine sehr ver- 
schiedene Deutung erfahren. Auf den älteren, vom geologischen 
Werner-Verein zur Durchforschung Mährens und Schlesiens, sowie der 
von der österr. k. k. geologischen Reichsanstalt herausgegebenen 
Karten!) hat man dieselben entweder als Talkschiefer oder gar 
nicht ausgeschieden und bei dem „Urthonschiefer-Phyllit* belassen. 
E. Daubrava?) nennt sie Ohlorittalkschiefer, F. Römer?) be- 
schreibt aus der Gegend von Klein-Mohrau, Wiedergrün, Engelsberg 
und Würbenthal auf demselben Zuge liegende Gesteine als Diorite, 
Dioritschiefer und diesen engverbundene „Grünschiefer“, während 
F.Becket) dieselben als Uralitdiabas, Uralitdiabasschiefer 
und schiefrigen Uralitdiabasporphyrit erkannt hat. Selten ist 
das Gestein so grobkörnig und so erhalten, dass die wesentlichen 
Gemengtheile Uralit und Oligoklas mit freiem Auge deutlich 
erkennbar sind. Nachdem nicht festgestellt ist, ob der Augit überall 
in Form von Uralit erhalten ist, soll in folgender Darstellung der 
allgemeinen Bezeichnung Diabasschiefer der Vorzug gegeben 
werden. 

Diese Diabasschiefer verleugnen ihre eruptive Abkunft, es 
sind mikrokrystallinisch gemengte Gesteine, u. zw. vorwaltend lauch- 
grüne, chloritreiche, aphanitische Diabase, beziehungsweise deren 
Tuffe, während andere Varietäten daneben nur eine beschränkte 
Verbreitung erlangen; im erhaltenen Zustand matt, bis stark glänzend, 
indem ein seeundärer lichter Glimmer die Strueturflächen überzieht; 
sie sind von durchwegs ausgezeichneter Schiefer- und Parallelstruetur, 
bald dünnschiefrig, bald dickschiefrig, selten plattig, in 0°5 bis 10 
dicken Bänken wohl geschichtet, ferner erscheinen dieselben an zahl- 
reichen Punkten ihres weiten Verbreitungsgebietes in auffallender 
Weise durch dynamische Vorgänge verändert,  gequetscht, sowie 
gefältelt, und zwar sind sowohl die einzelnen Schieferlagen und Gesteins- 
bänke, als auch ganze Schichtencomplexe vielfach gebogen, gerunzelt, 
wellig gewunden, im Ziekzack geknickt, sowie zu mehrfachen Mulden, 
Sätteln und Falten zusammengeschoben. 

In öfters wiederkehrenden Zonen besitzen diese Diabas- 
schiefer eine auffallend parallele Wechsellagerung feinster bis 
mehrere Millimeter starker Lagen von dunkellauchgrüner, chlorit- 
reicher und hellgrüner chloritarmer felsitischer Gesteinsmasse, wodurch 
eine bemerkenswerte zonare, schalige und streifige Anordnung nach 
Art des Festungsachates hervorgerufen wird. Unter dem Mikroskop 
hat man gefunden, dass der lagenförmige, streifige Diabasschiefer 


!) Geologische Karte von Mähren und Schlesien, aufgenommen von L. Hohen- 
egger, bearbeitet von F. Fötterle, Wien 1866. 

°) Die geognostischen Verhältnisse von M.-Neustadt. Jahrb. der k. k. geol. 
R.-A., 13. Bd., 4. Heft, Jahrgang 1863. 

®) Geologie von Oberschlesien von F, Römer, 1870. 

*) Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften in Wien, Bd. I, 
Abthg. I, 1892, pag. 286 u. ft. 


[7] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 35 


wesentlich aus gleichviel Plagioklas und Quarz, reichlichem, dem 
Klinochlor nahestehendem, deutlich pleochroitischem Chlorit, unterge- 
ordnet Epidot, Rutil in herzförmigen Zwillingen, Turmalinsäulchen und 
Masnetitoktaödern besteht, während Kalk fehlt, also die Entstehung 
dieses Diabastuffes aus Diabas schwer nachweisbar erscheint. 

Ausser den aphanitischen Diabasschiefern und den lagenförmig- 
streifigen Diabastuffen lassen sich noch folgende Varietäten unter- 
scheiden: 

Quarzdiabasschiefer, zumeist stark glänzend, auf den 
Schieferungsflächen breitet sich ein talkähnlicher Glimmer in ganzen 
Häuten aus, mit glasigem, bis röthlichem Quarz in schwachen Lagen 
interponirt, oft in feinster Wechseilagerung von Quarz und Diabas. 
Häufig erscheint der weisse Quarz in selbständigen Massen dem 
Diabasschiefer in Knollen, mächtigen Blöcken und in untergeordneten 
Lagern eingeschaltet. 

Diabasmandelstein und Kalkaphanitschiefer, lauch- 
grün, glanzlos bis matt; zu den oben angeführten wesentlichen Gemeng- 
theilen gesellt sich weisser, rosenroth bis violett gefärbter Caleit in 
rundlichen Körnern mehr oder weniger dicht eingestreut oder in 
zarten Lamellen bis zu stärkeren Lagen der chloritreichen Diabas- 
Srundmasse intercalirt; zuweilen tritt der Caleit in selbständigen 
Bestandmassen in grösseren Nestern und Adern oder untergeordneten 
Lagern auf. 

Ferner Diabastuffe mit beigemischtem Kalk- oder Thonschiefer- 
sediment, in welchem das Diabasmaterial zurücktritt, während Kalk 
entschieden überwiegt, oder aber es kam neben der übrigen Gesteins- 
masse Thonschiefersediment in grösserer oder geringerer Menge zum 
Absatz. 

Durch Anhäufung des Chlorits werden örtlich einestheils Chlorit- 
schiefer ausgebildet, während anderntheils aus der Umsetzung 
Talk hervorgeht, und durch successive Uebergänge verknüpft, Talk- 
chloritschiefer und reine Talkschiefer entstehen. 

Auch eine porphyrische Form dieser Diabasgesteine ist den 
verschiedenen Varietäten untergeordnet, und zwar zeigt sich die 
dunkellauchgrüne, im wesentlichen chloritreiche, schiefrige Gesteins- 
masse von sehr vielen weissen oder röthlich angehauchten Schmitzen 
durchzogen, welche zumeist aus noch unzersetztem Plagioklas, neben 
reichlichem Caleit besteht und einen gequetschten Diabasporphyrit 
vorstellt. 

Anfängliche Verwitterung, namentlich der Diabasmandelsteine 
und Kalkaphanitschiefer, äussert sich durch Auslaugung der Kalk- 
spathsecretionen, so dass das Gestein seinen Kalkgehalt gänzlich 
verliert und ganze Schichten und Zonen davon durchaus porös und 
schwammartig durchlöchert erscheinen. Durch weitergreifende Ein- 
flüsse der Verwitterung wird der Chlorit zunächst angegriffen, während 
die übrigen Gemengtheile noch stabiler bleiben ; das Gestein erscheint 
von ockriger Substanz, dem Zersetzungsproduct des an Eisenoxyd 
sehr reichen Chlorits erfüllt, weiterschreitend wird es matt, röthlich- 
gelb bis ockergelb, schliesslich büsst dasselbe seine Cohärenz ein und 
wird zu milden, talkthonigen Schiefern umgewandelt. 


36 Franz Kretschmer. [8] 


Auffallend ist es, dass in dem hier in Betracht kommenden 
Terrain neben den weitverbreiteten Diabasschiefern dichte und 
körnige Diabase von massiger Structur so selten sind; ich 
fand sie blos auf dem nordwestlichen Sattelflügel im Hangenden der 
3jradler Quarzite, und zwar am Scheitel des Steinhübel bei 
Nebes, wo ein fester plattiger Grünstein in nackten Felsen zu Tage 
ansteht. Ein ähnliches Gestein wird auf der Vogelhaide bei Steine 
für den Strassenbau gewonnen, wo es in kahlen Felsklippen zu Tage 
tritt; hier ist dasselbe jedoch grobkörnig, nicht massig, sondern 
seschichtet, sehr langklüftig, plattig, lagerhaft und liefert deshalb 
vorzügliche Ueberlegsteine für Hochbauzwecke; das Streichen ist 
2—-3h, Fallen 20—21h X 75—80°. Körniger Diabas steht ferner in 
der obenerwähnten centralen Zone der Diabasschiefer oder im Lie- 
genden des Bradler Quarzitzuges auf der Höhe Oberkrug (344 m 
ü. M.) bei Poleitz in einer nackten Felspartie zu Tage an u. s. w. 

Die Diabasschiefer stehen im Zusammenhange mit den andern 
Formationsgliedern, insbesondere mit dunkelgeflammten bis blau- 
schwarzen kohligen und hellgrünlichgrauen Phylliten, sowie lichten 
Quarz-Chloritoidschiefern. Die Phyllite sind sehr fein ge- 
fältelt, von ausgezeichneter Parallelstructur, auf Schieferungsflächen 
stark seidenglänzend. 

Dadurch, dass der Feldspath (Orthoklas, selten Plagioklas), welcher 
in den Phylliten zuweilen accessorisch in hirsekorn- und erbsengrossen 
Körnern beigemenget ist, local überhand nimmt, werden grobkörnige 
und andere Schiefergneisse ausgebildet, welche mit den Phylliten 
wechsellagern. 

Die zwischen den Bradler und Ausseer Quarziten verbreiteten 
Diabasschiefer, welche das tiefste Niveau einnehmen, bilden, wie 
bereits oben angeführt, wahrscheinlich einen centralen Kern, 
beziehungsweise einschiefliegendesSchichtengewölbe 
wie dies im Profil auf Taf. III [1], dargestellt erscheint. Diese Schiefer 
sollen folgend kurz als Ausseer Diabasschiefer benannt werden. 

Die im Hangenden der Ausseer Quarzite folgenden jüngeren 
Diabasschiefer und Tuffe von Meedl und Pinke bieten 
wohl in petrographischer Hinsicht dieselben Merkmale und ähnliche 
Varietäten dar, wie oben eingehend erörtert, jedoch sind dieselben 
hier weniger glimmerglänzend, sie scheinen zuweilen mehr matt, um- 
gewandelt bis thonschieferähnlich. 

Auch in der Meedler und Pinker Diabasgesteinszone treten 
Diabasporphyrite als untergeordnete Intercalirungen auf. — 
Neben den normalen und Quarz-Diabasschiefern erlangen 
dagegen mit Kalkcarbonaten infiltrirte Diabasschiefer, 
und zwar Diabasmandelstein- und Kalkaphanitschiefer 
eine grössere Verbreitung, welche durch ihren Reichthum an Caleit 
und Chlorit, häufig auch an Talk ausgezeichnet sind und mit den 
Eisenerzlagerstätten der eingangs erwähnten Lagerzüge im Contact 
stehen. 

Charakteristisch erscheinen gewisse in der Nähe der Eisenerz- 
lagerstätten sowohl am Hangenden als auch im Liegenden stehende 
olivengrün matte Diabasschiefer, worin zahlreiche bis dicht eingestreute 


3 


[9] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 37 


wohlgebildete millimeter- bis centimetergrosse Göthit - Hexaöder )), 
metasomatische Pseudomorphosen nach Eisenkies eingewachsen sind 
und die ich kurz Pyritschiefer nenne. Die Umwandlung der Eisen- 
kieskrystalle ging bisweilen fortschreitend weiter in ockriges Braun- 
eisenerz vor sich, bis auch dieses durch Erosion weggeführt wurde 
und ähnlich wie bei den Mandelsteinen ein schwammartig durch- 
löcherter Schiefer zurückblieb. 


Die Meedler und Pinker Diabasschiefer und deren Tuffe führen 
ebenfalls Quarz und Caleit in selbständigen Bestandmassen, in 
Knollen, grösseren Blöcken und in Lagen; sie zeigen den gleichen 
parallel lagenförmigen, achatähnlichen Aufbau und die dadurch bedingte 
Streifung und Bänderung, dasselbe ausgezeichnet schiefrige Gefüge, 
ähnliche complieirte, oft wunderliche Runzelungen, Windungen, 
Biegungen. Faltungen und Knickungen der Schichten wie die älteren 
Diabasschiefer. Auch transversale Schieferung wurde stellenweise 
beobachtet; so z. B. zeigen die‘ in Begleitung der Eisenerzlager- 
stätten am Storzendorfer Erzberg auftretenden Diabasschiefer deutlich 
diese Erscheinung u. S. w. 


Umsetzung der Diabasschiefer einestheils in Chloritschiefer, 
anderentheils in Talkschiefer kommen auch hier nicht selten 
vor. Namentlich als Nebengestein und taube Mittel in den Eisenerz- 
lagern kommt eine Modification der Diabasschiefer vor, die fast als 
reiner Talkschiefer erscheint; letzterer ist weiss bis grünlich, mild 
sehr fettig anzufühlen, mit. Fettglanz, zartester paralleler Fältelung 
und Knickung; accessorisch ist Chlorit in gras- bis lauchgrünen 
Partikeln eingestreut. 


Beginnende Verwitterung dieser Mandelsteine äussert sich 
ebenfalls in Kalkwegfuhr, wodurch das zumeist matte Gestein entweder 
einzelne erodirte rundliche Löcher zeigt, oder in schmalen Streifen 
und Lagen ausgehöhlt ist und weitergehend durchaus porös und 
schwammartig erscheint. Bei weiter fortschreitender Zersetzung 
wird der Diabasschiefer seiner lebhaft lauchgrünen Farbe verlustig, 
indem das Eisen und Mangan des Chlorits zu Oxyd, Oxyduloxyd oder 
Oxydhydrat umgewandelt wurde, dadurch dem Gestein die verschieden- 
artigsten, rasch wechselnden Farbennuancen, schwarz, braunroth, rosen- 
roth, rothgelb, ockergelb verleihend; gleichzeitig büsst das Gestein 
auch seine Cohärenz ein, wird bei theilweisem Verlust seines Eisen- 
und Kieselerdegehaltes, schliesslich seiner sehiefrigen Structur ver- 
lustig und zu gelbbraunen bis dunkelrothen oder hellfarbigen weissen 
letten- oderbolartigen Massen decomponirt. Mit demGrund- 
wasser in Berührung lösen sich diese letzteren vollends zu brei- 
artigen, dem schwimmenden Gebirge ähnlichen Massen 
auf, die in der Nähe der Eisenerzlagerstätten unregel- 
mässige ausgedehnte Zonen bilden, von den Bergleuten 
„Wassersäcke“ genannt. 


!) v. Kobell hat gezeigt. dass das durch Metasomatosis des Kisenkieses 
entstandene Brauneisenerz, gewöhnlich die chemische Zusammensetzung des 
Göthits besitzt. 


38 Franz Kretschmer. 1% [10] 


In den eben erwähnten zersetzten Meedler Schichten, und zwar 
in der unmittelbaren Nähe der Eisenerzlagerstätten und als taube 
Bergmittel auf diesen letzteren selbst, sind zahlreiche feste völlig 
intakte Rippen, viele Kubikmeter grosse Gesteins- 
blöcke und Schollen, sowie ganze Lager von Diabas- 
mandelstein und Kalkaphanitschiefer beim Grubenbetrieb 
angetroffen worden, deren Inneres von der ringsum statt- 
gehabten Zersetzung verschont geblieben ist.: Diese 
stoffliche Metamorphose äussert sich derart, dass die unversehrt ge- 
bliebene Masse durch verschiedene Stadien in den zersetzten Zustand 
übergeht, und zwar so, dass das Gestein von aussen und den Structur- 
flächen her zu fettig anzufühlenden, lettigen bis breiartigen Massen 
zersetzt erscheint, sodann eine schwache äussere Hülle, porös und 
schwammartig durchlöchert, mit Roth- und Gelbockernestchen die 
Gesteinsschollen rings umgibt, während der Kern noch völlig unver- 
sehrten festen, glänzenden, grünlichen, chlorit- und talkreichen 
Diabasmandelstein und Kalkaphanitschiefer oder deren 
Tuffe mit Kalksediment birgt. 

Eine untergeordnete Stellung nehmen die Kalksteine des 
hier in Frage kommenden Gebietes ein, sie sind vorherrschend blau- 
grau in bald helleren, bald dunkleren Nuancen und von körniger 
Beschaffenheit, seltener sind reine Kalksteine, in der Regel über- 
wiegen dolomitische mit einem Gehalt an Bittererdecarbonat bis zu 
16°/,, oder auch durch Kieselerde verunreinigt. Häufig besteht das 
Gestein aus abwechselnd papierdünnen bis wenige Millimeter starken 
Lagen von graublauem, dolomitischem und weissem reinem Kalk- 
stein, oder der erstere wechselt mit ebensolchen Lagen von grün- 
lichgrauem Diabasmaterial, wodurch das Gestein eine achat- 
ähnliche Streifung und Bänderung zeigt, und zwar mit vielfacher 
bogenförmig oder im Ziekzack hinlaufender Biegung, Faltung, bezie- 
hungsweise Knickung der Schieferlagen und durch mehr oder weniger 
mächtige Schichten gehend. Bei Verwitterung werden die Lagen 
reinen Kalksteins und die Diabasmasse zuerst weggeführt, während 
der schwer verwitteıbare dolomitische und kieselige Kalkstein als 
Gerippe stehen bleibt, wodurch das Gestein auf den Zerklüftunes- 
flächen tief durchfurcht erscheint. Der Kalkstein ist demzufolge zu- 
meist unrein, sehr fest und findet nur für die Zwecke des Strassen- 
baues Verwendung. 

Dagegen sind gewisse, in Begleitung der Eisenerze auf- 
tretende Kalksteine (wie weiter unten folgende Analyse nach- 
weist) sehr rein und reich an wirksamen Kalkcarbonat; ihre Färbung 
ist vorherrschend weiss bis hellgrau, deren Structur zuckerkörnig, 
überwiegend massig oder dick geschichtet. 

Ein besonderes Interesse knüpft sich an den granitähn- 
lichen Gneiss, welcher dem Unterdevon intrusiv eingeschaltet, sich 
hier als ein krystallinisch grobkörniges Aggregat von glasigem bis 
weissem Quarz mit kleinen Bergkrystall-Druschen, weissem, gelblichem 
bis röthlichem, perlmutterglänzendem Orthoklas, seltener graulich- 
weissem Oligoklas darstellt, worin der Glimmer dureh den lauch- 
grünen talkchloritischen Glimmer unserer Gegend vertreten 


ı 


1 1] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 39 


ist, welch letzterer nicht völlig regellos eingestreut ist, sondern eine 
Tendenz nach paralleler Anordnung zeigt. Durch Verwitterung erscheint 
der Feldspath häufig caolinisirt, der talkchloritische Glimmer zu roth- 
ockeriger Substanz zersetzt. 

Der granitähnliche Gneiss ist allem Anscheine nach ein In- 
trusivgestein von massiger Structur, regellos von zahlreichen 
Klüften durchsetzt, er scheint dem Protögyn der Schweizer Gentral- 
alpen am nächsten verwandt und nimmt an Stellen, wo er besonders 
stark tektonischen Druckwirkungen ausgesetzt war, einen gewissen 
Flasergneissen ähnlichen Habitus an. 

Der Phyllit, welcher den granitähnlichen Gneiss mantelförmig 
umschliesst, verliert durch Contactmetamorphose seinen petrographi- 
schen Charakter, wird äusserlich matt schwarzgrau, ist variolitisch 
von glasigem Quarz durchzogen und zeigt an Stelle des schiefrigen ein 
stark plattiges Gefüge; bisweilen geht auch dieses verloren und das 
Gestein wird hornfelsartig, massig, höchst fest. 


Verbreitung und Gliederung. 


Die tiefsten Quarzite der mährisch-schlesischen Devon- 
formation bilden einen scharf charakterisirten Horizont und erheben 
sich aus dem Diluvium des Marchthales im Wäldchen südlich 
der Bezirksstrasse von Poleitz nach Dubitzko, ferner bei dem 
Wirtschaftshofe des Jambor auf dem kleinen Polankaberge 
(346 m ü. M.), wo sie jedenfalls nahe zu Tage treten, wie nach den 
im Löss herumliegenden Blöcken von Quarzit und Conglomerat ge- 
schlossen werden darf; ausserdem wurde im Hausbrunnen des Land- 
wirtes Jambor Quarzit durchteuft. Nun erscheint der Quarzitzug 
westlich Poleitz auf eine längere Distanz durch Berglöss verdeckt 
und erst auf der Besdieger Horka itritt der Quarzit in einer 
isolirten, auffallend höckerigen, felsigen Bergkuppe zu Tage. In nord- 
östlicher Richtung fortschreitend, stösst man schon im Dorfe Wele- 
borsch auf die Quarzite des Bradlwaldes, welche auf der Wele- 
borscher Skalka (460 m), am Katzenstein (570 m), am Bradl- 
stein (601 m) und endlich am Dreistein (567 ın) hoch aufgethürmte, 
vielfach zerrissene, nackte und weithin sichtbare Felsmassen bilden, 
auf den Gehängen von ausgebreiteten Moränen, den Resten einstiger 
Vergletscherung umgeben sind und speciell am Bradlstein die grösste 
Mächtigkeit von schätzungsweise 200 m erreichen. Das Streichen der 
Bradler Quarzite verläuft in einer sanften Curve von Dh bis 53h, das 
Fallen ist 23—21h unter X 60—75°, 

Nach Maßgabe des allgemeinen Streichens finden die Bradler 
Quarzite ihre, blos durch die Auswaschung der D.-Liebauer 
Thalmulde unterbrochene Fortsetzung auf den Gehängen des 
Stückenwaldes (554m ü. M) und des Mühlberges (H77ın), 
wo sie infolge Durchbrechung des Seifenbaches in querschlägiger 
Richtung vorzüglich aufgeschlossen sind, in grossartigen kahlen Klippen 
zu Tage anstehen; sie bilden hier auf den Seifenlehnen und im 
Hofwaid nördlich D.-Liebau mehrere parallele Quarzitlager von 
bedeutender Mächtigkeit, welche mit stark glänzendem Diabasschiefer 


40 Franz Kretschmer. [12] 


und Phylliten wechseln, was auf wiederholte Schichtenfaltung hinzu- 
weisen scheint. Massige, fast dichte, sehr feinkörnige, krystallinische 
Quarzite wechseln mit groben Conelomeraten, worin die wohlgerundeten 
Knollen weissen Quarzes bis Faustgrösse erreichen. Dass von diesen 
(Gesteinen eingenommene Gebiet besitzt, normal auf das Streichen 
gemessen, ungefähr 2 km Breite. 

} Am Mühlberg selbst und in der Fortsetzung am Hutberg 
(596 m) bei Bladensdorf nimmt die Mächtigkeit ‘der Quarzite 
wieder ab und beträgt am letzteren Fundort ungefähr 120 m; hier 
stehen sie am Scheitel des Berges zu Tage, woselbst plattige, gut 
spaltende, lagerhafte und körnige Quarzitschiefer in einem Bruche 
gewonnen werden. 

Auf dem östlichen Gehänge des Prisenberges (705 m) bei 
Bladensdorf verschwindet das schwache Quarzitlager abermals unter 
Löss. Im allgemeinen Streichen 2h verbleibend, lässt sich der 
Quarzitzug zunächst durch Moränen, sodann insbesondere durch zu 
Tage anstehende. die Kämme und Scheitel der Berge bildende, nackte 
Felsmassen weiter nordnordöstlich verfolgen, über den Habichtberg 
(850 m), wo die Quarzite abermals zumeist als Conglomerate vertreten 
sind, nach dem Haidstein, dem Weissen- und Schwarzenstein 
und Fichtling, weiterhin am Verlorenenstein, Hörndlstein, 
Backofenstein, Schieferhaide, Maiberg, Hohe Haide, 
Oppafall, Mooslehne, Würbenthaler Hohenberg, Lud- 
wigsthaler Schlossberg, Rauhbeerstein, Einsiedler 
Dürrenberg, Mothseifenkamm, Hackelstein und Kahlen- 
berg, letzterer in der Berggruppe des mächtigen Querberges. 
Es ist dies somit ein grossartiger, im geognostischen Sinne zu- 
sammenhängender Gesteinszug von rund co Kilometer Länge, der in 
orographischer Hinsicht dadurch ausgezeichnet ist, dass derselbe in 
der Regel die höchsten Bergrücken zum Theil über 1300m ü.M. 
bildet und auf den Kämmen und Scheiteln derselben in senkrecht 
abfallenden, bis 10 m hohen, vielfach zerissenen, nackten Klippen zu 
Tage tritt. 

Während die vorwaltend gut geschichten Quarzite im nord- 
östlichen Theile bis zum Backofenstein gegen SO fallen und die Auf- 
lagerungsfläche derselben gegen die NW allenden, älteren Chlorit- 
gneisse keine durchwegs normale, sondern durch Länesbrüche hervor- 
gerufen sein dürfte, ist das F allen vom Hörndlstein bis zum Fichtling 
concordant, sehr flach gegen NW, von da ab bis zum Habichtsberg 
widersinnieg, um vom Bladensdorfer Hutberg beginnend, gegen SW 
nochmals paralle >] mit dem Chloritgneiss nach NW einzufallen. 

Die reinen, feinkörnigen Quarzite werden örtlich zur Chamott- 
erzeugung und als Zustellsteine für hüttenmännische Feuerungsanlagen 
benützt. 

Am Dürrenberg bei Einsiedel führt der geschilderte 
(Juarzitzug eine reichh altige fossile Fauna!) derzufolge der 
Dürrenberger Quarzit unzweifelhaft der unteren Abtheilung 
der Devonformation oder nach der Gliederung von Römer 


') Römer: Zeitschrift der D. geol. Gesellschaft. Jahrgang 1865, 8. 579. 


| 


[13] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 41 


dem Unterdevon angehört. Eine zweite Fundstelle gleicher Ver- 
steinerungen wurde in jüngster Zeit am Schlossberge bei Lud- 
wigsthal entdeckt, wo es mir gelungen ist, beim Steinbruchsbetriebe 
gute Exemplare von Grammysia Hamiltonensis E. de Vernewil, Spirifer 
macropterus Goldf., Naticopsis (?) sp., Serpulites sp. ete. zu gewinnen. 
Die Serpulites-Bank ist eirca 0'75 m mächtig. 

Wenn auch die weiter südwestlich auftretenden Quarzite, 
namentlich jene des Bradlwaldes, bisher keine organischen Ein- 
schlüsse ergeben haben, so ist es doch unzweifelhaft, dass diese 
letzteren Quarzite, wie oben nachgewiesen wurde, in der südwest- 
lichen Fortsetzung der demselben Zuge angehörigen Dürrberger und 
Schlossberger Quarzite liegen und mit diesen ein, wenn auch nicht 
überall zusammenhängendes, dessenungeachtet gleichzeitig abge- 
lagertes Ganzes bilden. Zufolge dieser Lagerungsverhältnisse 
ergibt. sich die Zugehörigkeit der Bradler. Quarzite 
sleichwie für die Dürrenberger und Schlossberger zum 
Unterdevon, desgleichen gehören dahin die mit den- 
selben zusammen vorkommendenDiabasschiefer, sowie 
die eingeschalteten Kalksteine und aufgelagerten 
Quarzsandsteine. 

Im nordöstlichen Theile des geschilderten Quarzitzuges, speciell 
am Dürrenberg liegt der Quarzit unmittelbar auf Chloritgneiss als 
Liegendem, einem sehr charakteristischen Gestein, das durch vielen 
Albit, geringe Menge Orthoklas, seinen Reichthum an Muscovit 
ausgezeichnet ist und ein schiefriges, grobkörniges Gefüge besitzt; 
seine Farbe ist vorherrschend dunkelolivengrün, verursacht durch 
eingeschaltete Ohloritschuppen und Flasern, die sich auf den 
Schieferungsflächen ausbreiten und häufig neben Muscovit überwiegen ; 
der letztere erscheint an zahlreichen Fundstellen in bis zollgrossen 
Tafeln, was dem Gestein ein auffälliges Aussehen verleiht. Solche 
Chloritgneisse halten mit ihren auffälligen petrographischen Merkmalen 
in merkwürdiger Consequenz auf grosse Entfernung unter dem grossen 
Quarzitzuge an, ich fand dieselben ausser am Dürrenberge, weiter 
südwestlich, unterhalb Karlsbrunn, am Hin- und Wiederstein, am 
Kamm des Haidenzuges (Peterstein), am Prisenberg, auf der 
Höhe nordöstlich Bladensdorf (wo sie nicht so glimmerreich), bei 
der Bladensdorfer Stärkefabrik, am linksseitigen Thalgehänge 
des Seifengrundes; hier übergehen sie am Hangenden in Mus- 
covitgneisse von dünnschieferiger bis grobklotziger und massiger 
Structur, welche gegen die Quarzite quarzreicher werden. An den 
südwestlichen Abdachungen des Stückenwaldes bei D.-Liebau 
findet man zwischen losen Blöcken von Quarz-Conglomerat 
grosse Trümmer eines ähnlichen Chloritgneisses, der aber insofern 
modifieirt erscheint, als darin bis wallnussgrosse Ausscheidungen 
glasigen bis weissen Quarzes einen wesentlichen Gemengtheil bilden. 
Allem Anscheine nach dürfte das Gestein in der Nähe der hier 
durchgehenden Quarzite anstehen. 

Anders liegen diese Verhältnisse noch weiter südwestlich, wo 
am Steinhübel bei Liebesdorf am südlichen Ausgange dieses 
Ortes, in einem verlassenen Steinbruche, dunkle, kohlige, glimmer- 

Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 6 


49 Franz Kretschmer, [14] 


reiche Phyllite von zarter Fältelung auf den Schieferflächen und 
transversaler Schieferung an die Bradler Quarzite treten; erst weiter 
im Thale aufwärts finden sich in einem verlassenen Steinbruche am 
linken Gehänge grüne, zartgefaltete, chloritische Schiefer, 
ebenfalls mit falscher Schieferung ; dadurch bemerkenswert, dass sich 
auf den stark glimmerigen Structurflächen Tafeln von Muscovit ein- 
stellen und durch Feldspathaufnahme Uebergänge in Chloritgneiss 
entstehen. (Streichen 3h, Fallen 21h X 75%.) 

Diabasschiefer werden in dem Steinbruche am Zusammen- 
flusse des Steiner-undRohlerbachesgewonnen, woselbst sie auch 
weiter thalabwärts an mehreren Stellen in nackten Felsen zu Tage 
treten. Das Gestein führt rundliche Quarzeinschlüsse, ist sehr fest, 
zähe, vielfach gefaltet und geknickt und wird durch Verwitterung 
schmutziggelb bis rothbraun. 

Ebenso treten bei Unter-Bezdieg dunkelgeflammte kohlige 
Thonschiefer an die Quarzite und erst bei Ober-Bezdieg lagert 
ein dünnschieferiger Chloritgneiss. (Streichen 4h, Fallen 22h X 60°.) 

Diese an die unterdevonischen Bradler Quarzite gegen NW 
angelagerten krystallinischen dunkeln und kohligen Phyllite, sowie die 
grünen Diabasschiefer scheinen hier zwischen die archäischen Chlorit- 
gneisse eingeschoben und es ist nicht unmöglich, dass die bei 
Nebes, Steine und Rohle entwickelten Diabasgesteine 
den nordwestlichenSattelschenkelderMeedlerDiabas- 
schiefer, beziehungsweise ihrer Tuffe darstellen, wie dies die 
Ergänzungsceurven des Profils auf Taf. III [1], andeuten. 

Nachdem nun solcher Art ein fester Ausgangspunkt für die 
Altersbestimmungen gewonnen ist, müssen nach dem Vorgange Römer’s 
die Ausseer Quarzite, dann die Meedler Sandsteine, sowie 
die AusseerälterenundjüngerenDiabasschiefer, welche 
letztere die Eisenerzlager von Meedl|l bei M.-Aussee 
und Pinke nächst M.-Neustadt umschliessen, bis dort, wo 
sie am Galgenberge bei letzterer Stadt an die Grau- 
wacken anstossen, in richtiger Consequenz dem Unterdevon 
zugewiesen werden. 

Die Ausseer Quarzite verlaufen in einem zum allgemeinen 
Streichen der Bradler Quarzite (3h 2gd) parallelen Zug; ihr oro- 
sraphisches Verhalten ist dadurch bemerkenswert, dass auch sie die 
Scheitel und Rücken jenes Höhenzuges einnehmen, welcher am Durch- 
bruche der March steil einsetzt, über den Grossen Brabletz 
(342m ü. M.), den Kleinen Brabletz (327m), St. Rochus 
(320 m), Barbara. Kirchl, Kleinen Taubenbusch (370 m), 
Grossen Taubenbusch (374m), Treiblitzer Horka (369 m) 
fortstreicht; durch die Erosionsmulde bei Treiblitz und Markersdorf 
unterbrochen, finden wir ihre Fortsetzung in dem Wollmann’schen 
Bruche auf der Höhe Hinter-Zahon südlich Böhmisch-Liebau 
und im Schmidt’schen Bruche, sowie am Wachber & nördlich 
Deutsch-Liebau wieder. 

Das allgemeine Streichen der Ausseer Quarzite ist Ah und mit 
dem Streichen des erwähnten Gebirgsrücken conform, das Fallen ist 
deutlich ausgesprochen 10h unter X 60— 70°; sie sind am Tauben- 


u 


[15] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 43 


busch von grossen, theilweise offenen Klüften nach verschiedenen 
Richtungen durchzogen, dieselben werden wegen leichterer Arbeit 
von den Steinbrechern bei der Gewinnung verfolgt, insbesondere im 
Winter, wo die überlagernde Decke gefriert und darunter ohne 
Zimmerung gefahrlos gearbeitet werden kann. 

Die Ausseer Quarzite stehen jenen vom Bradlwalde an Mächtigkeit 
nach; erstere werden durch die beiderseitigen Diabasschieferzonen 
in ihrer Verbreitung eingeengt. Grössere Mächtigkeit erreichen die- 
selben auf der Treiblitzer Horka, wo sie früher in mehreren Brüchen 
entblösst waren und einerseits beim Bahn-Wächterhause Nr. 19 zu 
Tage treten, andererseits bei Pissendorf an die Ausseer Diabasschiefer 
stossen. Die festesten Quarzite, insbesondere der weisse Quarz, finden 
geschlägelt zum Strassenbau Verwendung, die weniger festen Bruch- 
steine werden für Hochbauzwecke ausgehalten. 

Einen ähnlichen Parallelzug bilden die nun weiter im Hangenden 
folgenden Meedler Sandsteine, welche am Meedler Stein- 
berg (2837 m ü. M.) in mehreren grossen Steinbrüchen eirca 300 m 
im Streichen, 50 m in der Mächtigkeit aufgeschlossen sind und hier 
nach 3h streichen, 9h und 21h unter X 80 bis 85° einfallen, also 
eine steil aufgerichtete, zusammengeschobene Schichtenstellung ein- 
nehmen. Allem Anscheine nach sind diese Sandsteine Concor- 
dant der Meedl-Pinker Grünschiefer-Synklinale auf- 
gelagert. 

Vom Steinberg südwestlich verschwinden die Quarzsandsteine 
unter Löss und Lehm und erst nach Ueberschreitung der Niederung 
des Adelmannbaches finden wir sie im stark verwitterten Zu- 
stande in dem Bruche am Scheitel des Steinhübels südwestlich 
Hlivitz, ferner am Rothenberg (269 m), bei Königlosen 
dürfte nach den zahlreichen der Ackererde inneliegenden Stufen von 
Meedler Quarzsandstein und weissem Quarz auf die Anwesenheit in 
geringer Teufe geschlossen werden. 

Vom Steinberg gegen NO begegnen wir den Quarzsandsteinen 
wieder auf dem Scheitel der Höhe rechts der Strasse Meedl- 
Treiblitz, wo sie früher in einem nun eingeebneten Bruche beim 
Bahnbau ausgebeutet wurden; weiter am Rücken des Deutsch- 
Losener Silberberges (291 m ü. M.), dann auf der Dlauha 
hora (264 m) nordöstlich Treiblitz und erst nach der durch das 
Oskawa- und Markowathal bedingten Unterbrechung treten sie auf 
der Schönwälder kleinen Horka und in dem Erbrichter- 
Walde nördlich Trübenz wieder zu Tage. 

In örographischer Beziehung ist noch zu erwähnen, dass die 
Meedler Sandsteine ebenfalls den Scheitel und Rücken des sedachten 
Höhenzuges einnehmen, dessen Richtung dem allgemeinen Streichen 
der Sandsteinschichten conform ist. Die Meedler Quarzsandsteine 
werden als Bruchsteine und Sand, theils zum Hochbau, theils zum 
Strassenbau, auch für Chamotterzeugung und als Form- und Schweiss- 
sand für hüttenmännische Zwecke verwendet. 


im Gegensatze zu den Quarziten, welche als das widerstands- 
fähigere Gesteinsmateriale die Höhen dominiren, treten in dem hier 
6* 


44 Franz Kretschmer. [16] 


in Betracht kommenden Gebiet die Diabasschiefer und deren Tuffe 
als leichter verwitterbar, zumeist auf den Gehängen und in den 
Niederungen, Thälern und Gräben auf. Den drei Quarzitzügen ent- 
sprechen drei Diabasschieferzonen, und zwar ist die älteste oder 
tiefste, jene der sogenannten Ausseer Diabasschiefer am 
besten aufgeschlossen, auf den westlichen Abfällen des Ausseer 
Kreuzberges und des Schlossberges, dann im Polleitzer 
Graben bis Unter-Bezdieg, in dem Graben gegen Lepinke 
und dem Katzenstein, sowie auf letzterem selbst, wo sie theils 
in kahlen 10—20 m hochragenden Felspartien zu Tage anstehen oder 
in zahlreichen Steinbrüchen entblösst sind; ferner sind diese Gesteine 
mit mehreren Einschnitten der mährischen Grenzbahn zwischen den 
Stationen Markersdorf und Deutsch-Liebau durchbrochen. 
Jenseits der Liebauer Terrainmulde erscheinen sie auf der Seifen- 
lehne im Hofwald und am Ameisenhübel in Wechsellagerung 
mit mächtigen Quarziten. Ihre weitere Erstreckung gegen NO bildet 
das dem Haidenzuge Fichtling—Hohe Haide vorgelagerte Berg- 
land, wo aber die lebhaft grünen chloritreichen Diabasschiefer in 
ihrer Verbreitung gegen kohlige Phyllite zurücktreten, bis diese 
letzteren weiterhin vorherrschend werden. 

Der nun folgende Schichtencomplex der Meedler Diabas- 
schiefer ist in unserem Gebiet grösstentheils zu milden Massen 
zersetzt, denen kaum die Schieferstructur erhalten blieb, welche daher 
mehr weniger tief weggewaschen sind und unter Lössbedeckung ver- 
schwinden ; ihre Verbreitung und sonstigen Verhältnisse sind erst durch 
den darin umgehenden Eisenerzbergbau näher erkannt worden. Die 
Zahl obertägiger Aufschlüsse ist demzufolge beschränkt. Am südöst- 
lichen Gehänge des Ausseer Quarzitkammes zeigt sich der Löss 
tief in das Innere der zersetzten Diabasschiefer von zahlreichen 5 bis 
10 m tiefen Gräben durchfurcht, wo die letzteren in dem ihnen eigen- 
thümlichen modifieirten Zustande als rothe, gelbe, weisse, theils milde 
thonschiefrige, theils als lettige und bolartige Massen entblösst 
erscheinen. Guten Aufschluss gewährt der Pingenrand beim fürstlich 
Liechtenstein’schen Zechenhaus des Bergbaues Meedl. 
Charakteristisch Diabas-Mandelsteine stehen zu Tage an in 
dem Steinbruche, wo die Fahrwege von Hlivitz und Königlosen 
nach M.- Aussee unterhalb der. St. Rochus-Capelle zusammen- 
treffen. Den erwähnten gleiche, zersetzte Gebirgsschichten sind 
mit dem ersten, nördlich des Treublitzer Bahnhofes in einer 
Curve gelegenen Eisenbahn-Einschnitt blossgelegt worden. Das Haupt- 
streichen dieser Schichten verläuft, von nebensächlichen Störungen 
abgesehen, parallel zu den Quarzitzügen 35h mit wechselndem Fallen 
nach 9h und 21h; dieselben umschliessen bei Meedl und Storzen- 
dorf die hochwichtigen Erzlagerstätten des obenerwähnten ersten 
Erzlagerzuges. 

Jenseits der Liebauer Terrainmulde erleiden diese (Gesteine 
jedoch im nordöstlichen Fortstreichen eine wesentliche Störung, 
durch nach 10h quer vorgelagerte, in Kuppen empor- 
ragende, protogynähnliche Gneisse, welche auf dem 
Rücken des Höhenkammes: zwischen Wachberg und 


[17] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 45 


Büschelberg theils in nackten Felsblöcken anstehen, theils in 
mehreren Steinbrüchen gute Aufschlüsse gewähren ; die Schiefer er- 
scheinen mantelförmig aufgelagert und durch Oontactwirkung modi- 
fieirt, was am besten in dem grossen Steinbruche am südöstlichen 
Ende des Wachbergkammes zu beobachten ist, wo der glimmer- 
schieferähnlich veränderte Schiefer 9h streicht, 15h unter X 30 — 40° 
fällt, sehr fest wird und in Quadratmeter grossen Platten bricht. 
Am Büschelberg selbst lagert weisser Quarz in mächtigen Blöcken, 
von verwittertem gelbockerigen Schiefer umhüllt. 

Der Spitzhübel bei Moskele, auffällig durch seine isolirt 
dastehende Kegelform, ist vorherrschend aus grobkörnigem Chlorit- 
gneiss zusammengefügt, der stellenweise in Wechsellagerung mit 
Grünschiefer auftritt und wieder normales Streichen 2h und Fallen 
20h aufweist. — In der Schönwälder grossen Horka, deren dom- 
ähnliche Form sofort auffällt, findet sich in mantelförmiger Auflagerung 
ein mattes, dichtes, dunkelgraues, chloritfreies, zumeist schiefriges 
Gestein mit ausgezeichneter Parallelstructur, vielfach wellig gebogen, 
gefaltet, sowie mit Lamellen glasigen Quarzes interponirt; jedenfalls 
ein durch die Nähe eruptiver Gesteinsmassen modifieirter Phyllit, 
der aber an der Westseite des Berges in normale Diabasschiefer, 
beziehungsweise deren Tuffe verlauft. 

Der nordöstlichen Fortsetzung der Meedler Diabas- 
schiefer begegnen wir bei Pürkau, Janowitz, am Kalks- und 
Urlichberge bei Kleinmohrau, am Mittelstein und Holz- 
bergbei Carlsbrunn. Aufder Tuchlahn bei Neudorf enthalten 
die Diabasschiefer drei Gänge silberhaltigen Bleiglanzes, 
auf denen ausserdem Siderit, braune Zinkblende und Eisen- 
kies nebst Kupferkies in derben körnigen Aggregaten, selten in 
Krystallen einbrechen. Cerussit erscheint sehr untergeordnet. Auf 
diesen Gängen geht ein alter, mit sehr wechselndem Glück betriebener 
Bergbau um, der gegenwärtig durch die vereinigte Königs- und Laura- 
hütte (preuss. Oberschlesien) betrieben wird. — Derselben speciell hier 
aus Uralit-Diabas, schiefrigem Uralitporhyrit und deren Tuften bestehen- 
den Gesteinszone scheinen auch die goldhaltigen Quarzgänge 
bei Dürrseifen anzugehören, jedoch verlaufen hier die Diabas- 
schiefer in theilweise.chloritische Phyllite,.diemit kohligen 
Thonschiefern wechsellagern. Die Gänge bestehen hauptsächlich 
aus göldischen Eisenkiesen und deren Verwitterungsproduct 
Brauneisenerz, gold- und silberführendem Bleiglanz und 
freigoldhaltigem, eisenschüssigem, gelbem undbraunem 
Quarz; wntergeordnet brechen auf den Gängen ein: Siderit, 
Magnetit, Fahlerz, Kupferkies, Zinkblende, Arsenkies 
und Antimonit. Wahrscheinlich stehen auch hier die Durchbrüche 
von Uralit-Diabas nebst seinen Varietäten mit der Vererzung im 
Zusammenhange. 

Gleichgeartet ist die (dritte) Zone der Pinker Diabas- 
schiefer, welche, soweit sie auf der March-Niederung verbreitet 
erscheinen, ebenfalls unter jüngeren Gebilden, namentlich Löss, ver- 
deckt sind und sich gleich den Meedler Diabasschiefern in einem weit 
vorgeschrittenen Zersetzungszustand befinden. Nur am Pinkerberge 


46 Franz Kretschmer. - 8] 


und am Hofberg bei Schönwald treten diese Schichten näher 
zu Tage und bilden insbesondere am ersteren Orte im Verein mit 
Kalkstein, Kieseleisenstein und Rotheisenerz einen 
isolirten Bergkegel, dessen geologische Verhältnisse erst durch den 
dort umgehenden Bergbau erschlossen worden sind. 

Weiter im nordwestlichen Fortstreichen, dort wo sich bei 
Trübenz und Pinkaute die Ausläufer des Hohen Gesenkes aus 
der Ebene erheben, treten uns diese Schichten zunächst in zwei Stein- 
brüchen rechts des Verbindungsweges von Schönwald nach Trübenz, 
dann in der Waldstrecke „Obere Schachten“ nördlich Pinkaute, 
am Kreuzberg und Vogelfels bei Deutsch-Eisenberg in 
ihrer ursprünglichen Structur und Farbe als normale Diabasschiefer, 
insbesondere aber als chloritreiche Diabas-Mandelsteine entgegen 
und streichen in merkwürdiger Regelmässigkeit conform mit den anderen 
Formationsmitgliedern nach 53h, während das allgemeine Fallen bis 
hierher nach 21h gerichtet ist. Die Fortsetzung derselben Schichten, 
welche von da ab nach SO fallen, lässt sich vom Resehner Wasser- 
fall über Haugenstein, Bittenwald, Bräunlstein, Klein- 
Mohrau, Morgenland und Neu-Vogelseifen, an der Grenze 
gegen das folgende Mittel-Devon weiter nordostwärts verfolgen, auf 
welchem Wege sie überall in Begleitung von Rotheisenerz- und 
Magneteisenerz-Lagern nebst Kieseleisensteinen des oben 
erwähnten zweiten Lagerzuges auftreten. 

Da in unserem Gebiete die Meedler Diabasschiefer süd- 
östlich 9h und die Pinker NW 21h, also gegeneinander 
einfallen, so ist wohl mit Rücksicht auf dieses stratographische 
Verhalten und die Aehnlichkeit der petrographischen 
Charaktere beider Diabasschiefergebiete die Schlussfolgerung 
zulässig, dass dieselben in einer Mulde abgelagert sind, 
wie dies im Profil auf Tafel III [1] angedeutet erscheint. 

Die im Unterdevon vorkommenden Kalksteine haben nur 
eine geringe Verbreitung, sie bilden darin stockförmige, den Diabas- 
schiefern untergeordnete Massen. Speciell sind hervorzuheben die der 
Ausseer Diabasschieferzone parallel eingeschalteten Kalkstein-Stöcke 
im Riede „Karnik* bei Pissendorf, wo sie: vielfach gebogen, ge- 
faltet, geknickt, am Kopf stehend oder überstürzt auftreten und in 
mehreren Steinbrüchen für die Zwecke der Erzeugung von Strassen- 
schotter abgebaut werden. 

Mit dem benachbarten Einschnitte der mährischen Grenzbahn 
bei Markersdorf wurde ein ähnlicher Kalkstein durchbrochen, 
dessen Schichten ebenfalls mannigfache Biegungen und Faltungen auf- 
weisen; dieselben streichen 4h, fallen unter X 30% nach 10h und 
22h, und bilden solcher Art ein flaches Schichtengewölbe, 
wie dies bei dem undulirten Schichtenbau unserer Gegend 
häufig vorkommt. 

Auch die beiden Erzlagerzüge der Meedler und Pinker 
Diabasschiefer mit ihrer Fortsetzung nach NO werden theils von 
sehr kalkreichen Diabasschiefern, theils von mehr oder weniger 
verunreinigten Kalksteinlagern begleitet. Speeiell am Pinker- 
berge in den dortigen Eisenerzgruben ist man auf dem 


[19] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. A 


Maschinschachte in der Teufe von 48m aufkrystalli- 
nisch körnigen, hellgrauen bis weissen massigen Kalk- 
stein gestossen, der nach der Teufe bedeutend an Mächtigkeit ge- 
winnt, daselbst von ansehnlichen, weitverzweigten Höhlen durch- 
zogen ist, die theilweise von mulmigem Rotheisenerz ausgefüllt 
sind. Bei näherer Betrachtung zeigtsich, dass die Haupt- 
masse dieses Kalksteins aus Säulengliedern von Cri- 
noiden besteht, welche insbesondere auf den angewitterten Structur- 
flächen und an den abgenagten Höhlenwänden in zahllosen bis finger- 
langen Säulenstücken erkennbar werden. Es ist zumeist Crinoidearum 
senus? mit einfachem Nahrungscanal durchbohrt, wie solche A. Halfar 
früher in dem Alscher’schen Schieferbruche am unteren Dorfende 
von Dittersdorf bei Engelsberg gesammelt hat!); ausserdem fanden 
sich nicht näher bestimmbare Brachiopoden. Der Pinker Crinoiden 
Kalkstein ist sehr rein, wie die chemische Analyse nachweist, welche 
folgende procentische Zusammensetzung ergab: 


Procent 

Dallzsnilche er ee a 
Keelerge ee 72 N er 2 
2 Ne Doll Be. A 
ISEROREI TER. un Nein En Ole 
Zusammen .....1.,.99:.95 


B) Mitteldevon. 


Darunter wird ein mächtiges, über einen grossen Flächenraum 
ausgedehntes Schichtensystem begriffen, das aus Grauwacken 
und Thonschiefern zusammengesetzt ist, Jedoch auf der March- 
niederung nur in wenigen sanften Erhebungen aus dem Löss und dem 
Alluvium emportaucht, dagegen im nordöstlichen Theile zwischen 
Langendorf und Bladowitz die Breite von 9m besitzt, im 
Westen durch das Diabasschiefergebiet Pinke—-Deutsch-Eisenberg 
und im Osten durch die Diabas-Mandelsteinzone bei Sternberg be- 
grenzt wird. 


Petrographisches Verhalten. 


Vorherrschend sind feinkörnige Grauwacken-Sandsteine, 
deren Gemengtheile mit einander theilweise verflösst erscheinen, was 
dem Gestein ein halbkrystallinisches Gefüge verleiht Weisse Körner, 
zumeist Quarz, selten Feldspath, erscheinen durch ein chloritisch- 
thoniges Bindemittel dem Derivat der Diabasschiefer verkittet, örtlich 
wird das Bindemittel kalkspäthig. Dem Gestein kommt vorwaltend 
ein diekschiefriges Gefüge zu, welches in mächtigen Bänken abge- 
lagert ist. Grauwacken-Conglomerate sind selten. 

Die Thonschiefer sind grau, schwärzlichgrau geflammt bis 
schwarz, bei Verwitterung wird die Färbung schmutziggelb. Parallele 


!) F. Römer, Geologie von Oberschlesien 1870, pag. 21, 


48 Franz Kretschmer. [20] 


Fältelung der Schieferungsflächen ist allgemein, desgleichen ist die 
falsche Schieferung häufig und infolge davon griffelförmig prismatische 
Zerklüftung. Die untersten Schichten des Systems enthalten noch viel 
von den talkchloritischen Resten der Diabasschiefer als sogenannte 
„faule Adern“ eingeschlossen und successive vollziehen sich die Ueber- 
gänge von den Pinker Diabasschiefern zu den feinsandigen Thon- 
schiefern. 

DerKalkstein ist gewöhnlich krystallinisch, dicht bis feinkörnig, 
hellgrau bis tiefschwarzgrau, mit Caleit durchädert, zumeist von 
massiger Structur, stark zerklüftet, die Kluftflächen mit gelbbraunen 
Letten überzogen, doch ist stellenweise auch Schichtung, bestehend 
aus 2—4n mächtigen Bänken, zu beobachten. Die tief dAunkelgraue 
Varietät ist mehr oder weniger rein und wird im beschränkten Maße 
als Baukalk verwendet; die hellgrauen Varietäten sind theils 
dolomitische Kalksteine, deren Gehalt an Bitterde-Carbonat 
bis zu 220/, steigt, theils sind es feste Kieselkalksteine, welehe für 
die Zwecke der Strassenbeschotterung gute Verwendung finden. 


Lagerungsverhältnisse und Gliederung. 


Zwischen den Grauwacken und Thonschiefern findet regelloser 
Wechsel statt, jedoch so, dass die Grauwacken vorherrschen. Der 
ganze Schichtencomplex ist, wie die angrenzenden Zonen, in eine 
Reihe paralleler — von örtlichen Störungen abgesehen — von Süd- 
west nach Nordost streichender Mulden und Sättel gefaltet, daher die 
3estimmung der Mächtigkeit nicht möglich ist. 

In der Marchniederung sinken diese Schichten grösstentheils 
unter Löss und Alluvium; spärliche Aufschlüsse gewähren die Stein- 
brüche am Wolfs- und Galgenberge bei Mähr.-Neustadt, 
die Bahneinschnitte zwischen den Haltestellen Aujezd und Blado- 
witz; besseren Einblick bieten häufige natürliche Aufschlüsse und 
zahlreiche Steinbrüche bei Bladowitz und in den Ausläufern des 
Hohen Gesenkes. Die Grauwacken liefern einen vorzüglichen lager- 
haften Baustein. 

Die Kalksteine bei Langendorf bilden in den um- 
schliessenden Grauwackengesteinen zwei mächtige Eimlagerungen 
zwischen der Eulenberger Strasse einerseits und dem Dorfe 
Karle andererseits, welche am Fusse des Vogelfels einsetzen, 
über diesen hinweg nach Eulen berg, dem Uhustein gegen NO 
fortstreichen und nordöstlich Zechan endigen. Das allgemeine 
Streichen dieser Kalklager ist 3—4 h, das Fallen 9—10h unter 
L 40 — 50°. 

Nachdem der in Rede stehende Schichtencomplex zwischen den 
unzweifelhaft unterdevonischen Quarziten und Diabasschiefern einer- 
seits, sowie den einem höheren Niveau der Devonformation ange- 
hörigen Sternberger Schichten andererseits lagert, so ergibt sich für 
denselben nach Maßgabe seiner Stratigraphischen Stellung zwischen 
diesen beiden Altersstufen ein mitteldevonisches Alter. 


[21] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 49 


C) Oberdevon 


Dasselbe umfasst in der Gegend bei Sternberg ein System 
von Grauwacken-Sandsteinen, Thonschiefer, sowie 
mächtige Diabas-Mandelsteine mit körnigen als auch dichten 
Diabasen und Diabas-Porphyriten nebst Kalksteinen. In 
Begleitung der Mandelsteine treten die Eisenerzlagerstätten des Ein- 
gangs erwähnten dritten Eisenerzlagerzuges auf. 


Petrographisches Verhalten. 


Die Grauwacken-Sandsteine lassen sich kaum von den 
oben geschilderten mitteldevonischen unterscheiden, sie sind nur 
deutlicher körnig, die Gemengtheile weniger verflösst als bei den 
letztgenannten. Das Bindemittel ist zumeist kalkhaltig, daher Brausen 
mit Säuren beständig zu beobachten. Häufig ist das Gestein sehr 
srobkörnig, doch nicht in dem Maße, dass es als Conglomerat 
bezeichnet werden könnte. Durch Verwitterung wird das Gestein 
schmutziggelb. Local sind die im Hangenden der Eisenerzlagerstätten 
in grösserer Mächtigkeit auftretenden Sandsteine ihres kalkhaltigen 
Bindemittels beraubt und zu gelblichen bis weissen Sanden ver- 
wittert, welche, mit Wasser wie ein Schwamm durchtränkt, Schwimm- 
sand ähnliche Massen bilden, die beim Schachtabteufen Schwierig- 
keiten entgegensetzen. 

Die Thonschiefer zeigen viel mehr als die mitteldevonischen 
das Aussehen mechanisch gebildeter Sedimente, das glimmerschiefer- 
ähnliche Gefüge, sowie die parallele Fältelung fehlt. Die Thon- 
schiefer übergehen durch sandige Thonschiefer in Grauwacken-Sand- 
steine, zwischen welchen Gesteinen eine wiederholte Wechsellagerung 
stattfindet. 

Aehnlich, aber doch anders erscheinen die Thonschiefer, 
welche die Diabas-Mandelsteine local in ansehnlicher Mächtigkeit, 
gleich einer mantelförmigen Hülle, umgeben oder zwischen 
denselben eingeschlossen sind. Dieselben erscheinen hellgrünlichgrau 
bis bläulichgrau, schwarzgefleckt, durch Verwitterung gelbfleckig; ein 
vorzügliches schieferiges Gefüge und eine ebensolche Spaltbarkeit 
ist ihnen durchwegs eigenthümlich, daher sie früher häufig zur 
Dachschiefer-Gewinnung Anlass geboten haben. An zahlreichen 
Punkten zeigen diese Schiefer ausgezeichnete Parallelstructur und 
Fältelung, sowie sehr häufig die Erscheinung transversaler Schieferung, 
beispielsweise im Ottilienstollen bei Gobitschau, auf der 
alten Deutsch-Hauser Strasse zwischen Wächtersdorf und 
Gobitschau, am Waldwege am oberen Ende von Lippein und 
zahlreichen anderen Orten. Häufig ist der Schiefer insbesondere in 
der Nähe der Eisenerzlagerstätten kalkhaltig oder derselbe um- 
schliesst Kalkstein in Lagen und Knollen oder letzterer wechsel- 
lagert in dünnen Bänken mit dein ersteren; ferner enthält derselbe 
Schiefer bisweilen Trümmer und mächtige Blöcke von Grauwacken- 
Sandstein eingeschoben. 


Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr, Kretschmer.) 7 


50 Franz Rretschmer:r7 = umia Ben [22] 


Das Vorkommen von Kalkstein ist auch hier nur ein unter- 
geordnetes; derselbe ist von dunkelgrauer bis hellgrauer Farbe und 
bildet in der oberwähnten Schieferhülle der Diabas-Mandelsteine 
geringmächtige, linsenförmige Lager. Im Kalkgraben bei Rietsch 
treten im mittleren und hinteren Theile desselben an den Gehängen 
1-5—3°0 m und mehr, mächtige Kalklager in der gedachten Schiefer- 


hülle auf, welehe in mehreren Steinbrüchen ausgebeutet wurden. Der 


Kalkstein, welcher wohlgeschichtet ein dickschieferiges Gefüge 
besitzt, 2-3 h streicht, S-9h unter X 45° einfällt, liefert nach dem 
Brennen einen reinen, sandfreien Speckkalk, der für Bauzwecke 
der nächsten Umgebung Verwendung findet. — Andere, ebenfalls 
nur geringmächtige Kalksteinlager, finden sich auf Kaminka süd- 


westlich Wächtersdorf, im Walde Poppenried nordöstlich Go- 


bitschau in Begleitung von Kieseleisenerz, Diabas-Mandel- 
stein und Schalstein. 

Die Diabasgesteine gleichen durchaus denjeiid@e in üön 
Umgebungen von Dillenburg (Nassau), Bennisch (Schlesien !) und am 
anderen Orten: es sind folgende Varietäten hervorzuheben : 

Körniger Diabas tritt innerhalb der gedachten Gexteihsannl 
nur sporadisch auf, als ein Krystallinisches Gemenge von normaler 
Zusammensetzung und dunkellauchgrüner Farbe, ein echtes Massen- 
sestein mit poly&drischer Zerklüftung. Herr Prof. H. Höfer (Leoben) 
hatte die Güte, den Diabas aus dem Steinbruche links am Wege 
Rietsch nach dem Kuhgraben u. d. M. zu untersuchen und: lautete 
der Befund: „Normaler Diabas, bestehend aus Plagioklas, Augit, 
Chlorit, Magnetit, Titanit und wenig Apatit, stark ver- 
wittert, daher im Schliffe nieht durchsichtig, dennoch manche Plagio- 


klase ziemlich frisch.“ — Herr Dr. A. Pelikan (Wien) fand in 
demselben Gestein: Augit rothbraun, Titaneisen mit Titanit- 
rand, Plagioklas, Chlorit, und erklärte dasselbe für einen in 


Zersetzung ee Diabas. 

Granitische Diabasgemenge sind selten, dagegen häufiger Di abas- 
porphyrite. In einer lauchgrünen, erünlichgrauen, zuweilen ge- 
bleichten hellgrauen Diabas-Grundmasse liegen zahlreiche, selten 
frisch erhaltene, zumeist mehr oder weniger stark alterirte bis centi- 
metergrosse, weisse bis gelblichgraue Krystalle von Plagioklas 
(Oligoklas?), während Aueit- Einsprenglinge gänzlich fehlen. Auch 
dieses Gestein erscheint von zumeist massiger, vielfach zerklüfteter 
Struetur, häufig ist dasselbe jedoch durch (sebirgsdruck schiefrig 
geworden. jesonderes Interesse knüpft sich an die im Ottilien- 
stollen bei der Klunkermühle vorkommenden Diabasporphyrite, 
ein lebhaft grasgrünes Gestein, dieht durchsehwärmt von weissen 
Schmitzen, letztere bestehend aus Calcit, mit einem Reste unzer- 
setzten, sehr basischen Plagioklases. Viele von den weissen 
Partikeln zeigen deutliche Krystallumrisse. Diese Deformation von 
Krystallen dürfte dem Gebiresdrue k zuzuschreiben sein und hat man 
es also hier mit einem gequetschten Diabasporphyrit zu thun. In 


!) Die Eisenerzbergbaue bei Bennisch (Schlesien) von Franz Kretsch mer. 
Oesterr. Zeitschr. f. B. u H. ne XEIN, S. 167. 


a 


123] Die Eisenerzlagerstätten des. mährischen Devon. 51 


einem Steinbruche und einzelnen am Tage herumliegenden. Stuffen 
fand ich bei Krokersdorf einen reichlich makroskopischen Titanit 
führenden Diabasporphyrit. Speciell auf dem Westgehänge der 
Feigerlkoppe, östlich Niedergrund, am Waldwege von der 
Reichsstrasse zur Kukuksbaude, treten Diabasporphyrite auf, 
welche stellenweise faust- bis kopfgrosse Bruchstücke von Diabas- 
Mandelstein umschliessen ; diese interessanten Breccien sind innig 
verflösst, so dass deren Besen erst durch Verwitterung besser 
hervortreten. 

Im . Gegensatze zu. den vorigen Varietäten erscheinen die 
Diabas-Mandelsteine wohlgeschichtet und von lagerartigem 
Charakter; es kommt denselben fast ‚durchwegs ein ‘zumeist dick- 
schieferiges, plattiges und langklüftiges Gefüge zu. In der gewöhnlich 
lauchgrünen dichten Grundmasse liegen inohnkorn- bis hanfkorngrosse, 
weisse, seltener gelbe, rothe oder violette Körner von Kalks ‚path. 
In ganz frischem Zustande ist die Farbe des Gesteins grünlichschwarz, 
bei beginnender Verwitterung jedoch erscheint häufig die Grundmasse 
hellgrün gebleicht, erünlichgrau bis hellgrau, was auch durch ursprünglich 
chloritreiche und chloritarme Abänderungen bewirkt wird. 

‚,. Hieran schliessen sich noch folgende Varietäten: Diabas- 
aphanit (Diabasschiefer), worin. die Kalkspathkörner gänzlich ver- 
schwunden sind und die in der Regel chloritreiche Diabasgrundmasse 
ausschliesslich vorherrscht, also eine Art Grünschiefer ausgebildet wird. 
ä Kalkaphanit; in der aphanitischen, beziehungsweise chlori- 
tischen Diabasgrundmasse erscheinen die Kalkspathkügelehen immer 
häufiger und schliesslich so dicht gedrängt, dass Leisten und Lagen 
von Kalk entstehen, welcher endlich derart vorherrschend wird, dass 
die Diabasgrundmasse bis auf wenige Membranen verschwunden ist. 

Herr Professor H Höfer hatte die Güte, die Diabas-Mandel- 
steine ebenfalls zu untersuchen, und fand u. d. M.: 1. Diabas- 
Mandelstein aus dem Steinbruche im Liegenden der Eisenerz- 
zeche „Paul“ in der Oberau bei Sternberg, frisch erhalten, 
grünlichschwarz, mit sehr vielen Kalkspathkügelchen durchsetzt. 
„Normaler Diabas-Mandelstein, sehr reich an Erzen, Plagioklas 
noch zum Theil erhalten, Augit völlig chloritisirt, Kalkspath- 
kügelchen häufig durch Caleitmasse verbunden.“ 

2. Diabasaphanit, mit dem Öttilienstollen bei Gobit- 
schau in 175m Entfernung vom Mundloch durchbrochen: „Grüner 
Schiefer, kalkreich, in welchem die Entstehung aus Diabas kaum 
mehr nachzuweisen ist, Kalkspath und Chlorit vorherrschend. 
Feldspath völlig in Kaolin .und Quarz zersetzt, von Siderit 
begleitet Sonst Mangel an Erzen, auffallenderweise auch ohne 
Limonitbildung, daher weniger verändert.“ | 

' ‚3. Diabas-Mandelstein modifieirt, gebleicht, hellgrau, aus 
dem Gobitschauer Erbstollen, bei :200 m vom Mundloch 
anstehend: „Erinnert au gewisse Variolite, ist aber kalkreich, viel 
umgewandelte Tuffmasse, die nicht durchsichtig wird und deren 
Zusammensetzung daher problematisch bleibt.“ 

Auch Ilerr: Dr.:-A.. Pelikan, hatte .die  Güte,; die : erwähnten 
Diabasgesteine aus demselben Stollen u. d. M.! zu untersuchen und 


-%* 
4 


92 Franz Kretschmer. 124] 
hat die Ergebnisse dieser Forschungen in seiner, nach Vollendung 
vorliegender Arbeit erschienenen Abhandlung: „Ueber die mährisch- 
schlesiche Schalsteinformation von A. Pelikan“ (Sitzungsber. der 
kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, Juni 1898, Bd. CVJ, Abth. 1) 
veröffentlicht. Eine systematische Sammlung der mit dem gedachten 
Stollen durehfahrenen Gesteinsreihe, sowie Proben der körnigen Dia- 
base und Diabasporphyrite obiger Fundorte, welche ich an Professor 
F. Becke eingesendet. gelangten bei dieser Arbeit in Verwendung. 
Pelikan hat einen Theil der Diabasgesteine aus der Umgebung von 
Sternberg als Spilit-Mandelstein, beziehungsweise Spilittuff 
erkannt. 

Durch Verwitterung und Auslaugung werden die Kalk- 
spathmandeln und -Körner des Diabas-Mandelsteins weggeführt, und 
es erübrigt ein poröses, löchriges und schwammartiges Gestein, das 
sich bei fortschreitender Verwitterung zunächst graubraun färbt, 
dann zu milden, verschieden braungelb bis weiss gefärbten Thon- 
scehiefern zersetzt erscheint, um schliesslich in gelbbraune, letten- 
artige Massen aufzugehen. 

Schalstein, feinerdige Grundmasse von Diabas mit Kalk- 
und Thonschiefersediment vermischt, umschliesst Bruchstücke 
von Thonschiefer, Feldspath, Kalkspath und erhält dadurch 
das deutliche Aussehen eines mechanischen Sediments; örtlich finden 
sich Schalstein-Conglomerate und Breccien, sowie loser 
Schalsteinschutt. Eine nicht unbedeutende Rolle spielen 
breccienartige Gesteine, bestehend aus Mandelstein- 
Bruchstücken mit Kalkbindemittel. Solche Breceien finden 
sich beispielsweise am Weinberg bei Sternberg und beim Gobit- 
schauer Kreuz, links der alten Deutsch-Hauser Strasse ete. Alle diese 
oben angeführten Varietäten der Diabasgesteine sind durch zahlreiche 
Uebergänge miteinander und den obgedachten Thonschiefern ver- 
knüpft. 

Wirft man einen Rückblick über die oben geschilderte Gesammt- 
reihe der dem mährisch-schlesischen Devon eingeschalteten Diabas- 
gesteine, so finden wir dieselben durch folgende petrographische 
Unterschiede scharf charakterisirt: Während in den Diabaszügen 
des Unterdevons die aphanitischen Diabasschiefer und deren Tuffe 
die Hauptmasse der betreffenden Gesteinszonen bilden und andere 
Varietäten dagegen fast ganz zurücktreten, sind in dem ober- 
devonischen Diabaszuge die Mandelsteine und Schalsteine weitaus 
vorherrschend. Auffällig ist es, dass neben den ausgezeichnet schief- 
rigen und geschichteten Diabasgesteinen, welche grössere Mächtigkeiten 
und weite Verbreitung erreichen, massige Diabase sowohl in den 
unter-, sowie auch oberdevonischen Diabaszonen so vereinzelt auf- 
treten. Die Diabaseruptionen haben während der ganzen 
Devonzeit wiederholt, und zwar submarin, State 
gefunden mit nachfolgender Zerstäubung und Sedimentation des 
Diabasmaterials, welches gleichzeitig mit‘ Kalk- und Thonschiefer- 
sediment zum Absatz gelangte. Am nachhaltiesten und stärksten 
wirkten diese Vorgänge im Unterdevon, wo die Diabasgesteine ihre 
grösste Entwicklung erlangen, während in den oberen Horizonten des 


[25] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 53 


Oberdevons sich diese Erscheinungen wesentlich abschwächten, so dass 
nur die schmale Diabaszone Sternberg—Bennisch zur Ausbildung kam. 
Eine auffällige Thatsache ist es, dass in dem oberdevonischen 
Diabaszuge Sternberg — Bennisch UOontactgesteine, ähnlich den 
Harzer Spilositen und Desmositen gänzlich fehlen; dagegen werden 
die unterdevonischen Diabasgebiete, wie aus obigen Ausführungen 
hervorgeht, von Thonschiefern begleitet, welche zu Phylliten meta- 
morphosirt erscheinen; letztere sind ausserdem local hornschiefer- 
artig und dickplattig abgesondert. DER; 


Verbreitung und Gliederung. 


Das Schichtensystem bei Sternberg und Umgebung gehört 
einer 42 /m langen und durchschnittlich 1 Am breiten Gesteinszone 
an, welche ich bereits früher beschrieben !); dieselbe taucht bei Stern- 
berg im SW aus der Marehniederung empor und streicht über 
Deutsch --Lodnitz, Bärn, 'Christaorf, "Bennisceh'“bis 
Lichten im NO; bei Sternberg nimmt dieselbe die grösste 
Breite, ca. 25 km ein, wo sie von Bladowitz im W bis an die 
aus Sandsteinen und kohligen Thonschiefern bestehenden Culm- 
sehiehten dicht bei der Stadt, ausgedehnt ist. 

Speciell die Diabasgesteine bilden in orographischer Be- 
ziehung zahlreiche, theils auffällige Rücken, theils domförmige 
Kuppen, denen 5—10 m hohe felsige Höcker, insbesondere am 
Scheitel derselben, aufgesetzt erscheinen; sie sind bei Sternberg 
petrographisch am vollständigsten entwickelt und erreichen mit den 
ihnen untergeordneten Thonschiefern daselbst die grösste Ver- 
breitung auf dem gedachten Zuge. Die Kenntnis ihrer Lagerungs- 
verhältnisse ist insbesondere durch den Eisenerzberebau gefördert 
worden. 

Die Hauptmasse der Diabasgesteine mit den eingeschalteten 
und umschliessenden Thonschiefern lagert dem Kreuzstreichen nach 
zwischen den Gemeinden Rietsch und Wächtersdorf: dagegen 
reichen sie im Streichen vom Strachow bis in den Kalkgraben 
und von Babitz bis in den Popenried nordöstlich Gobitschau. 
Eine Einlagerung von weit geringerer Ausdehnung findet sich im 
Liegenden der Hauptzone am Altarstein nordöstlich Rietsch. 
Eine dritte Zone von Diabasgesteinen setzt oberhalb dem Stern- 
berger Schlossberg ein und streicht zu beiden Seiten der neuen 
und alten Reichsstrasse bis dicht an Lippein heran über: die Tlöhe 
Ectetehomo bis in die „Mastichen“ nächst Neudoif. : 

Das normale Hauptstreichen der Diabas- Mahdelstöihlnger 
ist. conform den Grauwackengesieinen zwischen 24h schwankend, 
das Fallen durchwegs 810 h unter X 30 bis 45%. Nur auf den 
„Grossen Bergen“ in der Oberau und am Weinberg westlich 
Steruberg ändern die Diabassteine ihr normales Streichen, welches 
daselbst einen Haken bildet, sich fast in das normale Kreuzstreichen 
8—10h vorlegt, in welcher Lage dieselben an den Gehängen des 


t) Oesterr. Zeitschrift für Berg- u. Hüttenwesen, Jalırg. 1894, XLII, pag. 167. 


54 Franz Kretschmer. es ar {26] 


Weinberges bei der Langengasse zu Tage ausstreichen. = Die. Graur 
wackengesteine erscheinen parallel dieser hakenförmigen; Einbuchtung 
der Diabas-Mandelsteine gelagert. 

Die theilweise kalkhaltigen, dachkchiofene Thon- 
schiefer wechsellagern häufig, in bald sehr ansehnlicher, bald ge 
ringfügiger Mächtigkeit mit den Diabasgesteinen; ‚fast alle -Diabas- 
sesteinslager erscheinen an ‘den Grenzen gegen die Grauwacken- 
sandsteine von einer local sehr mächtigen Hülle sölcher Thonschiefer 
umschlossen. welche insbesondere am: Wege von’ Rietsceh zum 
Altarstein, im Kalkgraben, an der alten und neuen Deutsch- 
hauser Bezirksstrasse, sowie den Gehängen des Schäfer- 
bachthales nördlich Gobitschau zu änsehnlicher Mächtigkeit 
gelangt sind und in früherer. Zeit in zahlreichen ‚Brüchen. für die 
‚Zwecke der Dachschiefer-Erzeugung .ausgebeutet wurden. Diese 
Schieferbrüche sind jedoch seitlier. ‚alle wieder zum Erliegen ge- 
kommen, weil der Schiefer, theils zu sehr gebräch, .eine-zu geringe 
Ausbeute lieferte, und doch wieder zäh:und pelzig war, theils dessen 
‚Farbe unansehnlich erschien und sich demzufolge die Gewinnung 
nicht lohnte. > 
Merkwürdigerweise in: dem tief einzeschnittenen Detilde 
des Schäferbaches selbst. nirgends Diabasgesteine constatirt worden; 
derselbe hat sein Bett ‚durchwegs ‚in den. Grauwacken gegraben, 
‚während die Diabasgesteine zu beiden Seiten die Höhen beherrschen. 

Körnige Diabase sind nur auf wenige Aufschlusspunkte ‚be- 
schränkt, und. zwar: In dem bereits erwähnten Steinbruche links des 
Fusssteiges von Rietsch nach. dem Kuhgraben, lagern solche 
im, weiteren Liegenden der Kuhgrabener Eisenerzlagerstätte;; im 
Steinbruche auf dem nordwestlichen Gehänge des Klobens (Reh- 
koppe) und auf dem letzteren selbst als nackte Felsmassen: zu Tage 
anstehend; ferner an den Abhängen des Weinberges gegen die 
Langegasse bei Sternberg in Begleitung eisenschüssiger, dunkler 
Diabas-Mandelsteine ete. 2 

Diabasporphyrite sind insbesondere sehr a 
auf der Feiger!koppe südlich der Kukukskoppe zu Tage an- 
stehend ; dieselben wurden ferner in dem Steinbruche im sogenannten 
Popp enried nördlich Gobitschau als Strassenschotter gewonnen; 
ein ähnlicher Porphyrit konmt auf der Höhe Peinitz östlich der 
Colonie Levin, in der Waldstrecke Raaba östlich Rietsch „und 
an zahlreichen anderen Punkten vor. KR, 

Schöne Aufschlüsse über die Gesteinsreihe der Diabasgesteine 
werden insbesondere im Eisenbahneinschnitte Strahow zwischen 
Krockersdorf und Bladowitz dargeboten; hier ist vorwaltend 
ein aphanitischer Diabasschiefer mit spärlichen Kalkeinschlüssen ver- 
‚treten. — Ein lehrreiches Beispiel über die Lagerungsverhältnisse 
der gedachten Gesteine, bietet ferner der bei der. sogenannten 
Klunkermühle angeschlagene Ottilienstollen der Zöptauer 
und Stefanauer Bergbau und Eisenhütten-Gewerkschaft, welcher fast 
im Kreuzstreichen gegen :die 'Eisenerzlager im „‚Kreuzried“ bei 
Gobitschau aufgefahren wird und von seinem Mundloch weg, vom 
Hangenden zum Liegenden folgende. Gesteinsreihe durchbrochen hat: 


[27] Die Fisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 55 


Meter 
T h ONSE hieffer, dünnschiefrig, brüchig, mit zarter Fältelung 
auf den Strueturflächen und transversaler Schieferung, um- 
schliesst Trümmer von Grauwacken-Sandstein . . 80 
Diabas-Mandelstein, hellgrau, untergeordnet Einlage- 
rungen von chloritreichem Diabasaphanit, weissem . 
Tg EL CE. WULeh, Au) Bere aeg IE 50 TEE Ba 1 7.77 PETER STT NEE 2 2, 


Masneteisbnerzrreichii 2 a. manga re 
Diabas-Mandelstein, chloritarm, grau, untergeordnet: 
RS alte ein: u aha a I nlish men en 
Diabas-Mandelstein, chloritreich, grün, untergeordnet et 
Diabasaphanit ei, Sa VRR RE ROT EBS LEN 66 105) 
Diabasporphyrit, gras- bis lauchgrün, gequetscht.”. ... .r. 90 


Diabasporphyrit, wie vorher, zum Theil Diabas-Mandel- 
stein mit Erzschnürchen, zu unterst Kalkschalstein 850 

Zertrümmertes Erzlager, unbauwürdig, bestehend. aus 

Magnet- und Brauneisenerz, weissem Caleit und 


Quarz, nebst tauber Lager ausfüllung LE HERREN IVO 
Thonschiefer, wie oben, mit Ausscheidungen weissen 
ii Our zasui. an ee 
Kalkschalstein, untergeordnet Man delstein EIER: 68:5 
Diabas, dicht, schwärzlichgrün, massig, wechsellagernd mit 

schiefrigem; Diabasporphyritii.äu 2 ‚weslosre! zria ‚300 

Zusammen . . 4040 


‘Diese Schichten streichen im Stollen allgemein 3 h, fallen 9h 
zwischen *£ 30 bis 40% schwankend ; dieselben. sind von sehr zahl- 
reichen Parallel- und’ Kreuzklüften durchsetzt, ‘welche, :von 
glattem, lettigem Gesteinsblatt beginnend, bis zu 1m Mächtigkeit 
und darüber erreichen. Die mächtigen Klüfte sind mit Zermal- 
mungsschutt ausgefüllt, zeigen an den beiderseitigen Saalbändern 
gestreifte und spiegelige Rutschflächen und tragen somit den 
Charakter von Dislocationsspalten ansich. Von dem schwachen 
Magneteisenerzlager abgesehen, das im Diabas- Mandelstein 
eingeschlossen erscheint, ist blos auf der Gesteinsscheide der ersten 
Diabaszone und dem folgenden zweiten Thonschieferlager ein zer- 
trümmertes Eisenerzlager zur Ausscheidung gelangt, während 
die übrigen Gesteinsscheiden im Stollen, soweit die heutigen Auf- 
schlüsse: reichen, leer geblieben sind. 

Im Zuge der Diabasgesteine nördlich Lippein und bei Eece- 
homo treten häufig porphyritartige Diabase und Diabas- 
porphyrite auf, mit scharfkantigen, theilweise caolinisirten 
Plagioklas-Einsprenglingen. Daselbst findet sich auch Kalkschal- 
stein äm linken Thalgehänge nördlich Lippein, unterhalb Eece- 
homo in einer eirca 10 m hohen zerklüfteten, grossblockigen Felspartie 
zu Tage anstehend. 19 

Der Schichteneomplex der Diabasgesteine und 'Thonschieferlager 
bei Sternberg überhaupt ; ist,. wie oben angedeutet, durch ah 
reiche Brüche gestört und bieten in dieser Richtung ein be- 
sonderes Interesse: die. mit dem Ottilienstollen bei: der Klunker- 


6 Franz Kretschmer. - [28] 


[D) | 


mühle durchbrochene Schichtenreihe und die Staffelbrüche auf 
der Mathildezeche bei Wächtersdorf, von welch’ letzteren 
noch weiter unten ausführlicher die Rede sein wird (siehe Fig. 3). 
Neben diesen Erscheinungen im Grossen machten sich auch solche 
im Kleinen geltend und führten sehr häufig an solchen Stellen der 
gedachten Gesteinsreihe, welche starkem seitlichem Drucke ausgesetzt 
waren, zur Runzelung, Faltung, gekröseartigen Win- 
dungen, vielfachen Biegungen und ziekzackförmigen Knickungen, 
sowie zur transversalen Schieferung der Schichten. Damit im 
Zusammenhange steht die dynamometamorphische Gesteins- 
umwandlung, welche sich namentlich deutlich in den defor- 
mirten Plagioklas-Einsprenglingen der Diabasporphyrite ausspricht, 
welche u. d. M. Kataklasstructur zeigen. 

Vorstehende Beobachtungen sind geeignet, die von der k. k. 
geologischen Reichsanstalt herausgegebenen Specialkarten, speciell 
das Blatt Zone 6, Col. XVI, Mähr.-Neustadt—Schönberg, geologisch 
eolorirt nach der älteren Aufnahme von M. V. Lipold, wesentlich 
zu ergänzen und zu erweitern. Während diese Karte fünf Diabaslager 
erkennen lässt, erhellt aus obigem, dass es thatsächlich weit zahl- 
reichere Diabasstöcke und Lager sind, die theils inselartig, theils in 
Lagerzügen aus den umschliessenden Thonschiefern hervortreten, 
welch letzteren Grauwacken-Sandsteine entweder blos eingeschaltet 
oder aber denselben in mächtiger Zone unter- oder aufgelagert 
erscheinen. 

Wie die im Ottilienstollen bei Gobitschau verquerte Schichten- 
folge lehrt, zeigt sich daselbst ein rascher Wechsel mannigfaltiger 
Diabasgesteine mit Thonschiefer. Eine ähnliche Schichtenfolge lagert 
westlich vom Kaminka-Maschinenschachte im Kaminkawalde und eine 
ebensolche wurde auch mit dem Eisenerzbergbau im Kuhgraben bei 
Rietsch erschlossen. Weitere Aufschlüsse an anderen Orten des ge- 
dachten Gebietes mangeln, doch würden dieselben sehr wahrschein- 
lich ebenfalls eine rasche Wiederkehr derselben Schichten ergeben. 

In dem Querprofil auf Tafel III [1] habe ich blos die fünf vom 
Liegenden zum Hangenden, stets am Contact von Diabasgestein und 
Thonschiefer einander folgenden Eisenerz-Einlagerungen dar- 
gestellt, wie dieselben in der Profillinie Rietsch—Kaminka-Maschin- 
schacht zum Schnitt gelangen. Weitere Details konnten darin des kleinen 
Maßstabes wegen nicht aufgenommen werden. Dass der rasche Wechsel 
der Schichten, wie ihn beispielsweise das Profil des Ottilienstollens 
darbietet, auf einer einfachen Wechsellagerung beruht, ist wohl zu 
bezweifeln, auch dürfte es sich nicht um Faltenbildungen handeln, 
vielmehr weisen die zahlreichen und mächtigen Dislocations- 
spalten im Ottilienstollen darauf hin, dass wir es mit einem 
Bruchgebirge zu thun haben, demzufolge die rasche Auf- 
einanderfolge derselben Gesteine vermuthlich mit Ver- 
werfungen ursächlich zusammenhängt. 

An anorganischen Einschlüssen ist die eben geschilderte 
Schichtenreihe bei Sternberg sehr arm. Nach Römer!) wurden zu- 


') Römer. Geologie von Oberschlesien 1870, rag. 30. 


[29] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 57 


sammengedrückte Individuen der Gattung Siyliola sp. in einem mürben 
ThonschieferbeiGobitschau aufgefunden, womit ganze Schiefer- 
lagen erfüllt sind. Auf den Kalksteinlagernim Kalkgraben bei 
Rietsch sollen früher sparsame organische Reste von Korallen 
und Brachiopoden gefunden worden sein (?), Kriechspuren und 
Polypenreste hat man auch in der Schieferhülle der Diabas- 
gesteine an dem rechtsseitigen Gehänge im Kalkgraben beobachtet. 
Diese Versteinerungen sind zur Feststellung eines geologischen Niveaus 
kaum zu benützen. Nachdem jedoch die Sternberger Schichten 
in derselben Gesteinszone lagern, welche F. Römer unter dem Namen 
„Bennischer Schichten“ zusammengefasst hat, so sind die ersteren 
gleich den letzteren nach Maßgabe der allgemeinen Lagerungsverhält- 
nisse Jjedenfallsjüngerals dieunterdevonischenBradler 
Quarzite und die den letzteren benachbartenälteren 
Diabasschiefer, sowie die angrenzenden mitteldevoni- 
schen Grauwacken. 


Besondere Mineralvorkommnisse. 


Quarz (Berekrystall). In bis 6 Centimeter langen und 2 Centi- 
meter dicken, farblosen, weissen bis rauchgrauen Krystallen der Form 
»oP.R.—R, oft verzerrt, pellucid, glasglänzend, zuweilen in schönen 
Drusen und Gruppen. Häufige Pseudomorphosen, d. h. Zellräume 
nach verschwundenen bis 5 Centimeter grossen Calciten, welch 
letztere den Mittelkanten parallel gestreift waren. Auf Klüften, 
Spalten und Hohlräumen der Erzlagerstätten zu Meedl und 


Storzendorf, sowie in den Ausseer Quarziten. 


Calcit vom Bergbau Meedl und Pinke. Farblos, weiss, gelb 
und röthlich, häufigste Krystallform AR; dann an Pinker Krystallen 
—4R oder auch 2R zuweilen combinirt mit 4P und — RX in büschel- 
und garbenförmiger Gruppirung, pellueid, glasglänzend; auf Klüften 
im Kieseleisenstein. 

Caleit von Liskowetz und Kuhgraben bei Rietsch nächst 
Sternberg. Zumeist kleine bis centimetergrosse, farblose bis weisse 
Krystalle; häufig vorkommende Form 2, ferner — Ro R reihen- 
und treppenförmig gruppirt und zu schönen Drusen verbunden, auf 
Brauneisenerz aufsitzend. 

Am Eduardschacht IV bei Gobitschau, ebenfalls se- 
eundär auf Klüften im Diabasmandelstein. Schöne Drusen und 
Gruppen von weissem und farblosem Caleit der Form R3.R, die 
äussere Oberfläche der grösseren Rhomboäder und Skaleno@der gegen 
das Poleck, aus unzähligen kleinen Rhomboederchen in paralleler 
Aggregation aufgebaut. 


Magnetit. Bildet in kleinen bis millimetergrossen Kryställchen, 
in grosser Menge eingesprengt, einen wesentlichen Gemengtheil der 
Meedler Rotheisenerze. Vorherrschende Form der Krystalle 
ist O, selten combinirt mit © O0, metallisch glänzend, eisenschwarz. 


Jahrb. d. k. k. geol. Reichsaustalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) Ss 


58 Franz Kretschmer. [30] 


Grössere Krystalle sitzen, zu Gruppen verbunden, auf den Structur- 
flächen der Meedler Erze. Auch den Pinker Erzen ist Magnetit 
in kleinsten Octaödern, jedoch sparsamer eingestreut. 


Eisenkies. Die zumeist kleinen Krystalle, speisgelb bis gold- 
gelb, metallisch glänzend, zeigen nur die einfache Form „O0, 
eingesprengt in den Erzen und Kieseleisensteinen zu Meedl 
und Pinke, insbesondere an den Ausbissen ihrer Lager. 

Ferner metasomatische Pseudomorphosen von Göthit nach 
Eisenkies, bis centimetergrosse Krystalle — fast ausschliesslich 
der einfachen Form » O x, häufig nach einer tetragonalen Axe ver- 
längert, deren Gestalt dann der tetragonalen Combination © P.OP 
ähnlich erscheint; aber auch Durchkreuzungszwillinge mit geneigten 
Hauptaxen beider Individuen. Dicht gedrängt eingewachsen in die 
weiter oben geschilaerten Diabastuffe, sogenannte Pyritschiefer, 
welche in Begleitung der Meedler Erzlagerstätten auftreten. Dieses 
interessante Vorkommen verdient einen Platz in jeder Sammlung. 
Auch in weissem Quarz und in den Kieseleisensteinen der 
Meedler und Pinker Erzlager eingesprengt. 


Psilomelan. Amorph, in traubigen, nierenförmigen oder 
stalaktitischen Formen von schaliger Structur, eisenschwarz bis 
bläulichschwarz, Strich bläulichschwarz, zumeist matt, in mehr weniger 
starken Rinden auf den Spalten und Klüften der Eisenerzlager 
zu Meedl und Storzendorf. FEbendaselbst erscheinen häufig 
eckige Bruckstücke von rothmelirten Kieseleisensteinen durch 
warzigen und stalaktitischen Psilomelan zu förmlichen Breccien 
verkittet. 


Limonit. Bildet ebenfalls auf Klüften und Spalten der 
Meedler Erzlager Warzenanhäufungen, ferner dünne Ueberzüge, 
welche im bunten, prachtvollen Farbenspiel pfauenschweifartig er- 
glänzen; auch zarte, goldgelbe, stark metallisch glänzende Häutchen 
eines wasserhaltigen Eisenoxydes auf Magnetrotheisenerz. Zuweilen 
finden sich auf sammtartigen, nelkenbraunen bis schwarzbraunen 
Limonitüberzügen der Meedler Erze prachtvolle manganitische und 
pyritische Dendriten. 


Pinguit. Derb, sehr mild, geschmeidig, zeisiggrün bis gras- 
grün, Bruch uneben, splitterig, mit Fettglanz und undurchsichtig, 
sehr fettig anzufühlen; eingewachsen in Aederchen und klein- 
muscheligen Partien, .als Ueberzüge und Rinden auf Magnet- und 
Brauneisenerz und den in den Erzlagern vorkommenden talk- 
thonigen Bergmitteln, auf den Eisenerzgruben Robertzeche im 
Kuhgraben, Georgzeche in Liskowetz, Ottilienzeche bei 
Gobitschau, auf Kaminka und in der Oberau. Dieses wasser- 
haltige, amorphe Eisenoxydsilicat erscheint ebenfalls als ein secun- 
däres Zersetzungsproduct allgemein auf den Eisenerzlagerstätten der 
Mandel- und Schalsteinzone Sternberg—Bennisch. 


3: 


[31] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 59 


Siderit. Derb, in krystallinischen Aggregaten theils auf den 
Erzlagern, theils im Mandelstein selbst eingeschlossen, stellenweise 
in Limonit umgewandelt, insbesonders häufig auf der Ottilien- 
zeche bei Gobitschau. 

Sollten dies die letzten Reste des Eisenspathes sein, welche 
verschont geblieben sind von dem auch hier stattgefundenen Ver- 
laufe der Oxydation und Desoxydation in Hämatit und Magnetit auf 
den gedachten Erzlagern ? 


Stilpnomelan. Krystallinisch, von feinschuppiger, klein- und 
srossblättriger, seltener parallel- und sternförmig strahliger Structur, 
schwärzlichgrün bis pechschwarz, fettglänzend, Strich olivengrün oder 
srünlichgrau, spröd, fast undurchsichtig; derselbe bildet auf den 
Magnet- und Brauneisenerzlagern, zuweilen auch im 
Mandelstein selbst, kleine derbe Partien, Schnüre und Nester, 
schmale Spalten und Klüfte im Zusammenvorkommen mit Caleit 
und Quarz, feinschuppigem und dichtem Chlorit, feinkörnigem 
Magnetit, ferner mit eingesprengtem Pyrit, seltener hellgrünem 
und feinkörnigem Epidot. 

Auf der Paulzeche nächst Sternberg kommt der Stil- 
pnomelan in sehr dünnen, randlich zernagten oder rauhen Krystall- 
tafeln vor, welche sechsseitige Umrisse erkennen lassen, zumeist 
zellig gruppirt und mit Eisenocker überzogen. 

Häufig ist auf den Eisenerzlagern ferner ein schwarzes, 
schieferiges Gestein, sogenannter Stilpnomelanschiefer, mit 
körnigem und octaädrischem Magneteisenerz imprägnirt und mit 
Nestchen von gelbokerigem Limonit durchsetzt, so z. B. auf der 
Ottilienzeche bei Gobitschau u. s. w. 

Der Stilpnomelan stellt sich als ein secundäres, auf den Eisen- 
erziagerstätten der Mandel- und Schalsteinzone Sternberg—Bennisch 
fast allgemein vorkommendes Accessorium dar, und erscheinen als 
‘ wichtigere Fundorte erwähnenswert: Hugo- und Robertzeche bei 
Rietseh, Mathildezeche bei Wächtersdorf, Ottilienzeche bei 
Gobitschau, als auch die Eisenerzgruben in der Kaminka und 
Oberau nächst Sternberg. 


Il. Bergmännischer Theil. 


Die Eisenerzlagerstätten und der Bergbaubetrieb. 


Die Eisenerzlager, beziehungsweise die darauf umgehenden 
Bergbaue sollen nun nachfolgend in der natürlichen Reihenfolge 
von den unterdevonischen zu den oberdevonischen, oder mit anderen 
Worten: vom Liegenden zum Hangenden fortschreitend, zur Dar- 


stellung gelangen. 
gr 


60 Franz Kretschmer. [32] 


A. Bergbau Poleitz. 


Auf der unmittelbar östlich der Kirche zu Poleitz (nächst 
Mähr.- Aussee) gelegenen Anhöhe, der sogenannten Poleitzer 
Horka (349 m ü. M.) und deren Abhängen gegen den Poleitzer 
Graben, also dem ersten Zuge der tiefsten oder sogenannten 
Ausseer Diabasschiefer eingelagert, findet sich ein wohl 
untergeordnetes, aber sehr reiches Magneteisenerz-Vorkommen. 

Die Diabasschiefer der Bergbauörtlichkeit sind durch eine 
lebhaft grüne, chloritreiche Modification ausgezeichnet, deren dicht- 
gsedrängte Blasenräume mit Kalkspath, selten Quarz infiltrirt 
sind: letzterer erscheint häufig in grösseren Bestandmassen selbst- 
ständig ausgeschieden. Ausserdem sind noch andere Varietäten, 
Diabasmandelstein, Diabastuffe mit reichlichem Kalk- 
sediment, sowie untergeordnet Diabasporphyrite vertreten. Zu- 
weilen zeigen diese Schiefer neben der herrschenden Zersetzung 
des Uralits in lauchgrünen mehr weniger fettglänzenden Chlorit, 
solche in grünlichweissen perlmutterglänzenden Talk, hie und da 
auch ölgrünen Epidot. In unregelmässigen Zonen und einzelnen 
Schichten erscheint das Gestein zufolge Auslaugung der Kalkspath- 
secretionen gänzlich schwammartig durchlöchert; letztere sind total 
verschwunden, so dass das graubraun verwitterte Gestein seines 
Kalkgehaltes gänzlich verlustig wurde. Durch weitergreifende Ein- 
wirkung der Verwitterung werden auch hier stark modificirte, 
talkthonige, milde, weiss, gelblich und röthlich gefärbte Schiefer 
ausgebildet. Die Parallelstruetur dieser Schiefer scheint ebenfalls 
sehr bemerkenswert; sie sind ausserdem vielfach gebogen, ge- 
faltet und geknickt; dieselben streichen nach 3—4h und fallen 
nach 21— 22h unter X 45— 700. 

Den Aufschluss dieses Erzvorkommens hat man anfänglich 
— wie zahlreiche Pingen nachweisen — durch Tagbaue und 
mehrere Haspelschächte, später durch den fast auf der Sohle 
des Poleitzer Grabens angeschlagenen Carolinenstollen bewerk- 
stelligt, welch letzterer allgemein die Richtung 9 h bis 10 h im 
Quergestein verfolgt und bei 244 m ganzer Länge ungefähr 60 m 
Saigerteufe einbringt. Mit demselben sind vom Mundloche weg drei 
bauwürdige, nach 2h bis 5 h streichende, 20 h bis 21 h unter X 45 
bis 60° einfallende Magneteisenerzlager angefahren und dem 
Abbau zugeführt worden. und zwar: 

Das erste Erzlager, etwas mehr mit Quarz durchzogen, 
bildet einen 40 m im Streichen anhaltenden, bis 15 m mächtigen 
lenticulären Erzlagerstock, dessen Mächtigkeit gegen den Ausbiss hin 
bis 1'25 und 0°65 ın successive abnimmt. 

Das folgende zweite Erzlager ist an der mächtigsten Stelle 
J5 m stark, im übrigen ist seine Mächtigkeit blos 095 bis 125 m 
und sinkt gegen die Lagerenden bis auf 0'655 m herab; dasselbe hält 
nordwestlich vom Stollen 67 m, südwestlich von demselben 50 m, 
zusammen 117 »» im Streichen an. 

Endlich folgt das dritte Erzlager; nordöstlich vom Stollen 
auf 76 m streichender Länge anhaltend, behauptet sich dasselbe zu- 


[33] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 61 


meist in einer Mächtigkeit von 1'25 m, schwillt local bis 38 m an und 
verdrückt sich bis auf 065 m herab. 

Ausserdem sind noch einige andere schwache, 0'3 bis 0°6 m 
mächtige Einlagerungen von Magneteisenerz mit dem Stollen über- 
fahren worden, welche jedoch als unbauwürdig nicht näher in Betracht 
kommen mögen. Auf dem im Stollenvorfeld befindlichen, 49 m tiefen 
Fannyschacht hat man 0'530 bis 095 m mächtige, mulmige 
Magneteisenerze (Schliche) von sehr hohem Eisengehalt gebaut. 

Die Masse der Poleitzer Erzlager besteht aus einem dichten 
bis körnigen, eisenschwarzen, zuweilen schwärzlichgrünen Aggregat 
von Magnetiteisenerz, in welchem zahllose kleinste bis milli- 
metergrosse, aber wohlgebildete, stark metallisch glänzende Mag- 
netit-Kryställchen der Form O0 eingestreut sind. Das Erz ist sehr 
stark magnetisch und örtlich durch Verwitterung in lose Körner und 
Kryställchen zerfallen, dem von den Bergleuten sogenannten Schlich- 
erz (Magneteisenmulm). Nachstehende Analysen geben Aufschluss 
über die chemische Zusammensetzung im Grossen und richtig ge- 
rählter Durchschnittsproben : 

Poleitzer Erze 


Stuferz roh Schlicherz roh 

Percent Percent 
Biken. or 2 Mn a 2° 510) 647 
a ES E ? 
Kieselsäure inı2nE Graraa 2140 825 
Rnonerde  . ... . Eee 325 
Malkerde®= 7 RUM LETTER Spur 
Mienestara. > WERBEN m Spuı 
Behwefel * . 4 a Oo = 
Phosphor a -— _ 
“luhverlust * ar NEE 370 23 


Eine Reihe von 9 anderen Analysen roher Stuferze führt auf 
den durchschnittlichen Gehalt an 


Biss. 9], 
Kiesplsägre 11... zus ur lB5I 


Die Poleitzer Magnetite sind überwiegend schussfeste Stufen- 
| erze; neben den reichen Magneteisenerzen brechen auf den Lagern 
auch dichte, sowie eigenthümlich cavernöse Kieseleisensteine 
ein, welche mit vielem weissen bis rosenrothen, stark zerfressenen 
Quarz, mit ziegelrothem Jaspis gestreift und gebändert als auch 
mit stark metallisch glänzendem Magnetit eingesprengt sind. Auf 
den Erzlagern kommen ausserdem vor: weisser, rosenrother bis 
violetter Quarz und Caleit in Adern, Nestern und Butzen, auch 
in grösseren Bestandmassen lagerförmig; ferner schwärzliche und 
grünliche dichte Diabasschiefer in wiederholten Einschaltungen; 
besonders bemerkenswert sind dichte bis körnige Gemenge von 
Chlorit und Magneteisen, worin tafelförmige Krystalle zuweilen 
mit sechsseitigen Umrissen von Klinochlor, Magnetit der 


62 Franz Kretschmer. [34] 


Form 0, seltener O0. Oo, goldgelbe, stark perlmutterglänzende 
Muscovittafeln, spärlicher Eisenkies eingestreut erscheinen. 

Oben geschilderte Erzlager sind wohl oberhalb der Stollensohle 
bis auf wenige restliche Lagertheile grösstentheils abgebaut, dieselben 
setzen jedoch ohne Qualitäts- und Mächtigkeitsunterschiede unter die 
Stollensohle herab. Die Wasserzuflüsse auf der Stollensohle sind 
ohne Bedeutung und dürften nach der Teufe keine nennenswerte 
Vermehrung erfahren, so dass eine schwache Pumpe zur künftigen 
Wasserbewältigung hinreichen möchte. Die Erzförderung ging auf 
der Stollensohle in ungarischen Förderhunden um; zur Wetterführung 
hat man zwei Lichtschächte in der Nähe der Lager II und III 
offen gehalten. Gegenwärtig ist der Bergbau zeitweilig sistirt. 

Andere Erzvorkommen aus der Umgebung von Po- 
leitz wären zu erwähnen: Bedeutungslose Erzschnüre sind durch 
mehrere Schurfgräben entblösst worden rechts am Verbindungswege, 
welcher unterhalb der zu Poleitz gehörigen Colonie Krug durch die 
daselbst östlich abzweigende Terrainmulde nach Kloppe führt. — 
Schlichartige Magneteisenerze hat man mit dem 30 m tiefen Schurf- 
schachte erschürft rechts am Verbindungswege von Besdieg nach 
Kloppe, wo dieser den Scheitel der llöhe erreicht. Die Erze sollen 
jedoch angeblich grösstentheils im Wasser liegen (?). 


B. Bergbau Meedl. 


Die Eisenerzlagerstätten bei Meedl sind dem beschriebenen 
Zuge der Meedler Diabasschiefer untergeordnet und setzen 
rechts und links der Bezirksstrasse von Königlosen 
nach Mährisch Aussee ein; dieselben streichen nach 3 h 2% in 
einem durch theils nicht beschürfte, theils erzleere Zonen unter- 
brochenen Zuge über die Witkowitzer Maschinschacht-Anlage 
beim sogenannten „Busch“, das Eisenberger Zechenhaus an 
der Bezirksstrasse Meedl— Mährisch Aussee und die daselbst 
befindliche grosse Pinge nach dem Riede „In den Schächten‘, 
sodann über Storzendorf und die Pinge am Erzbereg, wo sie auf 
den Zöptauer Schürfungen westlich Dörfel ihr heute bekanntes 
Ende erreichen, und beträgt diese streichende Länge 3°3 km. Aber 
auch darüber hinaus, sowohl in nordöstlicher als auch südwestlicher 
tichtung, ist das von den Bergleuten sogenannte „Schöne Erzgebirge“, 
nämlich die charakteristischen zersetzten, früher Uralit und Kalk 
reichen Diabasschiefer verbreitet, welche die Meedler Erz- 
lagerstätten beherbergen, und zwar sind sie durch Schürfungen 
in der Königlosener „Daubrawa“ westlich des kleinen Bra- 
bletzberges und entgegengesetzt bei Dörfel und Treihlitz theils 
durch Schürfungen auf Eisenerze und Brunnengrabungen und dem oben 
erwähnten Einschnitt beim Treublitzer Bahnhof constatirt worden. 

Die durch Bergbaubetrieb näher bekannt gewordene Haupt- 
masse der Meedler Erzniederlage befindet sich west- 
lich Meed] beim sogenannten „Busch“ und”, ,Insoe» 
Schächten* rechts und links der Bezirksstrasse von 


[35] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 63 


Meedl nach Mährisch Aussee. Essind zwei Lagergruppen, 
eine westliche und eine östliche, zu unterscheiden, welche durch 
ein 130 m mächtiges taubes Mittel modifieirter Diabasschiefer vonein- 
ander getrennt erscheinen. Die östliche Gruppe birgt den Haupt- 
sehatz des Vorkommens; sie umfasst drei mächtige Lager, und 
zwar im Kreuzstreichen von NW nach SO aufgeführt: 

Das I. Lager setzt im nordöstlichen Felde des Meedler Ma- 
schinenschachtes ein und hält daselbst auf 200 m streichender Länge bau- 
würdig an und vereinigt sich mit dem II. Lager dieht an der Bezirks- 
strasse Meedl— Aussee; seine Mächtigkeit schwankt zwischen 2 bis 3 m. 

Das II. Lager behauptet seine Bauwürdigkeit im nordöstlichen 
Maschinenschachtfelde bis über den Josefschacht II (gegenüber dem 
Eisenberger Zechenhaus) hinaus auf die streichende Länge von 260 m, 
seine Mächtigkeit beträgt 3°5 bis 45 m; dagegen im südwestlichen 
Schachtfelde spitzt es erst beim Josefschacht V aus, das streichende, 
nur kurz unterbrochene Anhalten beträgt nach dieser Richtung 280 ın, 
zusammen somit 540 m. Im gedachten südwestlichen Schachtfelde bildet 
das Il. Lager drei mächtige Erzlinsen, deren Mächtigkeit 13 m, 
10 m und 7 m beträgt; dasselbe ist im Streichen und Fallen 
zuMulden und Sätteln oder zusammenhängenden Falten 
gebogen. 

Das III. Lager ist südwestlich vom Maschinenschacht bei den 
Schächten VII, X und XI in mehrere, nahe beieinander lie- 
sende Erzlinsen von 13 bis 16m Mächtigkeit getrennt, 
welche ebenfalls sattel- und muldenförmig eingelagert er- 
scheinen; in der Terrainmulde beim Meedler Maschinenschacht 
sind die Verhältnisse dieses Erzlagers wegen des zerstückten Montan- 
besitzes und Wassernoth unbekannt geblieben; dagegen erweitert 
es sich in der grossen Pinge beim Eisenberger Zechen- 
haus zu einem 38 bis 47 m mächtigen Erzlagerstock. Der- 
selbe spitzt wohl auf dem Bergrücken oberhalb dem gedachten Zechen- 
haus aus, setzt aber alsbald wieder ein, dessen bauwürdiges Anhalten 
durch uralte Baue und neue Schurfversuche bis zum Grenzgraben 
zwischen Meedl und Storzendorf nachgewiesen wurde. Die ganze Länge 
des III. Lagers von südlich des Schachtes XI bis an den gedachten 
Grenzgraben beträgt 750 m. 

Das Hauptstreichen der geschilderten Eisenerzlagerstätten 
verläuft sowohl untereinander, als auch zu den umschliessenden Diabas- 
schiefern und deren Tuffen parallel nach 3h 2° das Einfallen ist 
infolge der Faltungen sehr schwankend, doch im Wesentlichen nach 
9 h 2° gerichtet. 

Als weitere Fortsetzung dieser Lagergruppe fand sich „Schönes 
Erzgebirge“ in den beiden Brunnen nächst der Storzendortfer 
Schmiede und der daselbst befindlichen Kapelle. Ferner sind in 
der Gemeinde Storzendorf selbst mehrere Ansassen beim Brunnen- 
abteufen auf Eisenerze gestossen; so z. B. stehen beim Gärtner Johann 
Conrad Nr. 22 feste Stuferze über die ganze Brunnensohle an, etc. etc. 

Allem Anscheine nach gehört derselben Lagergruppe die mäch- 
tige Erzablagerung am Erzberg circa 200 m nordöstlich 
Storzendorf, wo mit dem Blanskoer Maschinenschacht — 


64 Franz Kretschmer. [36] 


obwohl derselbe nur kurze Zeit im Betriebe gestanden war — dennoch 
zwei reiche Eisenerzlager aufgeschlossen worden sind, und zwar 
das. erste knapp östlich des Maschinenschachtes 2 bis 3 m mächtig, 
hat man auf 40 m, das zweite westlich davon, 1 bis 3 m stark, wurde 
auf 60 m im Streichen verfolgt, welches letztere beide Lager parallel 
nach 2 h einhalten, während das Einfallen steil nach 20 h gerichtet 
ist, obwuhl flach gelagerte Partien nicht fehlen, da auch hier die 
Schichten dieselbe Faltung, wie oben geschildert, darbieten. 

Die westliche Lagergruppe ist auf grosse, streichende 
Längen unterbrochen und unbekannt, die folgenden Erzpunkte liegen 
blos längs des Hauptstreichens angeordnet, ohne dass ihr Zusammen- 
hang näher nachgewiesen wäre. Das schönste Vorkommen dieser Lager- 
gruppe wurde mit den Wilhelmschächten I bis III im Riede 
„In den Schächten“ auf der Grenze Meedl—Storzendorf 
abgebaut, woselbst ein 1 bis 3» mächtiges Eisenerzlager mit normalem 
Streichen (3 h 2°), wechselndem Fallen gegen NW und SO eingelagert 
erscheint, das eine der Faltung der Diabasschiefer voll- 
kommen analoge, oft wiederholte Mulden- und Sattel- 
bildung aufweist, wie das die nachfolgenden Profile (Textfizur la, b 
und c, S. 65 [37]) durch das Erzlager in der Partie zwischen dem 
Mittelschachte II und dem weiter nordöstlich situirten Förderschacht III 
versinnlichen. 

Im Weiterstreichen dieser Lagergruppe gegen SW finden 
wir eine bauwürdige Erzablagerung, wieder auf den Eduard- 
schächten IV und IX, links der Bezirksstrasse Mähr. Aussee— 
Königlosen, woselbst ein 1 bis 3 m starkes Erzlager, das sich 
stellenweise zu mächtigen Erzlinsen erweitert, in oberen Sohlen ab- 
gebaut wurde, auf der I. Tiefbausohle nicht bauwürdig ist, es erscheint 
jedoch nicht ausgeschlossen, dass es auf der II. Tiefbausohle neuerdings 
einsetzt, wie nach der daselbst im hochgradig zersetzten Zustande 
herabsetzenden Diabasschieferzone (sogenannten „Schönes Erzgebirge“) 
gehofft werden darf. 

In der Terrainmulde, wo sich die Wege von Königlosen 
und aus der Daubrawa südlich der Ausseer Rochuskapelle 
kreuzen, befinden sich alte Zöptauer Eisenerzschürfungen, 
woselbst theils seidenglänzende, theils matte und zersetzte Diabas- 
schiefer der Meedler Erzformation, grünl chgrau bis rosenroth und 
ockergelb vertreten sind, in der Nähe von charakteristischem Diabas- 
Mandelstein begleitet. 

In der Königlosener Daubrawa hat man auf dem Meedler 
Hauptstreichen mit 11 Schurfschächten ein armes, schwaches, 
nicht bauwürdiges, mit schwarzem Kalkspath durchsetztes Braun- 
eisenerzlager untersucht, das wahrscheinlich an der Grenze gegen 
die Meedler Quarzsandsteine vorkommt und von glänzendem, 
glimmerreichen bis thonigen, zersetzten Diabasschiefer und -Tuff, 
sandigem, grünlichgrauen Thonschiefer begleitet wird, welch’ 
letzteres Gestein die Uebergänge in den Meedler Quarzsandstein des 
Steinhübels vermittelt. Streichen 2h, Fallen 20h unter £ 75°. 

Dagegen dürfte wohl die nordöstliche Fortsetzung der 
westlichen Lagergruppe auf den Zöptauer Eisenerz- 


[37] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 65 


schürfungen westlich Dörfel zu suchen sein, wo aber nur belang- 
lose Erzlinsen in Begleitung von zersetzten normalen Diabas- 
schiefer, Diabas-Mandelstein, sowie sogenannter Pyrit- 
schiefer erschürft wurden. 

Bezüglich der Ausfüllung der Meedler Eisenerzlager- 
stätten ist zu bemerken, dass speciell die geschilderte öst- 
liche oder Haupt-Lagergruppe vorwaltend aus einem 


Fig. 1. 
Eisenerzbau Wilhelmzeche bei Meedl. 
Maßstab; 1:500. 


NW. so 


N 
AN 
& 


Oberer Querschlag 
E a a up. 


er zerset?" 
| Untererliegend Querschlag 


a. Querprofil durch das Liegendlager der Partie zwischen dem Mittelschachte 
Wilhelm II und dem Nordschachte Wilhelm III. 


zersetzt 


NW M Dt ee DO 


b. Querprofil darch dasselbe Liegendlager, jedoch etwas näher an dem Wilhelm- 
schachte II. 


Diabasschiefer zerserzt 


sw 


1550007 Saessssessune 
=. Si 


Diabasschiefer zersetzt 


c. Längsprofil nach dem Streichen derselben Erzlagerpartie. 


rothstrichigen dichten Rotheisenerz besteht, das als Zeichen 
beginnender Rückverwandlung sehr viel Magnetit eingesprengt 
enthält, daher stark magnetisch ist; häufig ist darin Jaspis ein- 
gewachsen. Das Rotheisenerz ist derb, öfters faserig, matt bis spiegelig, 
bräunlichroth bis dunkelstahlgrau schimmernd, von unebenem Bruch; 
der Maenetit erscheint darin in eisenschwarzen, stark metallisch 
glänzenden, kleinsten bis millimetergrossen Kryställchen der Form 0, 
oder in kleinsten Körnern und in grösseren Mengen eingewachsen; 
der Jaspis ist dicht von Eisenoxyd blutroth gefärbt, matt. Durch 


Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 9 


66 Franz Kretschmer. [38] 


fortgesetzte Rückbildung wird der Magnetit mehr vorherrschend, bis 
endlich, durch eine Reihe von Uebergängen verknüpft, local. mehr 
oder weniger grobkrystallinische Magneteisenerze ausgebildet 
werden, bei weiterschreitender Umwandlung entsteht Brauneisen- 
erz, das jedoch nur untergeordnet auf den Blanskoer Schächten, 
nordöstlich des Eisenberger Zechenhauses, vorkommt. Auf diesen 
Erzlagerstätten sind insbesondere mulmige Magnet- und Roth- 
eisenerze vertreten, wegen ihres hohen Eisen- und geringeren 
Kieselerdegehaltes sehr geschätzt, deren Menge ungefähr 50%, der 
reichen, bezw. schmelzwürdigen Lagermasse ausmacht. Sie sind durch 
Verwitterung der festen Erze, speciell der grobkörnigen Magnet- 
eisenerze entstanden; letztere geben stellenweise einen scharfen, sehr 
reichen Magneteisensand. Der Kieselerdegehalt der festen 
Magnet-, sowie der Rotheisenerze erscheint in den reichen Erzen 
untergeordnet, wächst jedoch in stetig ansteigender Reihe, wodurch 
sauere, nicht verhüttungswürdige Kieseleisensteine 
entstehen, welche bei weiterer Anreicherung der Kieselerde in eisen- 
arme Eisenkiesel übergehen, wie die unten folgenden Analysen 
nachweisen. 

Alle diese Varietäten sind miteinander durch manniegfaltige 
Uebergänge verknüpft, zuweilen tritt weisser Quarz oder Kalk in 
feinste Wechsellagerung mit Magnet- oder Rotheisenerz, wodurch 
ein dunkelgrau und weiss gestreiftes oder gebändertes Gestein entsteht. 
Das Rotheisenerz hat zumeist ein schiefriges Gefüge, zuweilen 
zeigt es dieselbe Parallelstrucetur und zarteste Fältelung 
wie gewisse Diabasschiefer, aus denen es durch eine Art meta- 
somatischer Pseudomorphose hervorgegangen ist. Die rothmelirten 
Kieseleisensteine und Eisenkiesel sind auf den gedachten 
Eisenerzlagerstätten in sehr mächtigen und lagerstockartigen 
Massen vertreten, sie zeigen vorwaltend massige Structur, zuweilen 
auch Schichtung und führen als wesentlichen Gemengtheil Magnet- 
und Rotheisenerz in Kryställchen, oder derb in Streifen und 
Lagen; accessorisch eingewachsen glasigen und milchweissen Quarz, 
blutrothen Jaspis, seltener Feldspath, Chlorit, aber häufig 
Pyritkrystalle oder zahlreiche, oft dichtgedrängte, poröse und zer- 
fressene G öthit würfeln als Pseudomorphosen nach Pyrit, oft noch 
einen speisgelben Kern enthaltend; infolge weiterer Verwitterung 
verschwindet der Göthit und das Gestein erscheint von hexa@drischen 
Zellen durchzogen. 

Ein ähnliches Erz führen die Lagerstätten am Storzendorfer 
Erzberge, nämlich ein dichtes Rotheisenerz mit 45 bis 50%, 
Eisengehalt und Spuren von Mangan; dasselbe ist spiegelig, roth- 
strichig und mit glänzenden Magnetitoktaödern und -Körnern stark 
eingesprengt, in untergeordneter Menge kommen auch hier feste, 
bisweilen sehr grobkörnige Magneteisenerze vor, örtlich zu 
Mulm, d. h. einem grusähnlichen Aggregat von Magnetit verwittert. 

Auf den obenerwähnten Wilhelmschächten I bis III der 
westlichen Lagergruppe kommt ein mehr oder weniger mit 
Magnetit impräenirtes Rotheisenerz vor, das dureh sein stark 
poröses, zelliges und schwammartiges Aussehen auffällig ist; es 


[39] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 67 


scheint, dass auch hier epigenetisch Kieselsäureverluste stattgefunden 
haben. Accessorisch sind dem Erz eingewachsen selten Feldspath, 
häufig Chlorit, Caleit, weisser Quarz, rother Jaspis, pseudo- 
morphe Göthitwürfeln oder hexaödrische Zellen nach diesen, ferner 
Psilomelan auf Structurflächen. 


Meedler Rotheisenerze. 


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1. Mulmiges Magnet - Rotheisenerz (roh) vom Witkowitzer Maschinen- 
ı schacht bei Meedl, I. Tiefbausohle, östliche Lagergruppe, Lager III, 
2. Meedler Schlicherz (roh) aus demselben Maschinenschacht. 
| 3. Rotheisenerz, magnetisch, rohe Stufen aus dem Witkowitzer Maschinen- 
schacht bei Meedl], östliche Lagergruppe 

4. Meedler Stuferz, geröstet, aus demselben Schachte 

5. Kieseleisenstein, festes Stuferz, geröstet, aus demselben Maschinen- 
schacht. 


Der Bergbaubetrieb der „Alten“. 


Im Mittelalter ist bei Meedl und Storzendorf ein 
blühender Bergbau umgegangen, dem, nach der Grossartigkeit 
der Ein- und Zubaue zu schliessen, bedeutende Hilfsmittel zur Dis- 
position standen, und zwar mussten günstige ökonomische Verhältnisse 
— entgegen den Schwankungen der neuen Zeit — constant und 
nachhaltig gewirkt haben. Ich hatte keine Gelegenheit genommen, 
durch Quellenforschung die wenig bekannte Vergangenheit dieses 
Bergbaues aufzuhellen, doch wäre dies ein dankenswertes Feld der 
engeren vaterländischen Geschichtsforschung. 

Zum Aufschlusse der Meedler Erzlagerstätten haben 
die Alten unterhalb Hlivitz auf der noch heute so genannten 
„Stollenwiese* einen grossen Stollen angeschlagen ; derselbe 
hatte wahrscheinlich sein Mundloch links des Fahrweges von Meedl nach 
Königlosen, unfern dem Punkte, wo der Adelmannsbach in den 
sogenannten „Stoilengraben“ einmündet, und ist zwischen dem 
Meedler Maschinenschacht und dem Eisenberger Zechen- 
haus auf den Erzlagern eingetroffen, demzufolge seine Länge nicht 
weniger als 1800 und die eingebrachte Saigerteufe, auf die Hänge- 


bank des genannten Maschinenschachtes bezogen, 39 m betragen haben 
gr 


68 Franz Kretschmer. [40] 


dürfte. Als man mit dem letzteren auf der I. Tiefbausohle die Erz- 
lager erreichte, zeigte sich die überraschende Thatsache, dass die 
„Alten“ noch eirca 100 m tiefer gebaut haben! Allerdings 
war der Abbau der „Alten“ in dieser Teufe belanglos, die tieferen 
Erzmittel blieben unverritzt, da sie schönere Erzanbrüche in oberen 
Teufen hatten und der Bergbau mittlerweile wahrscheinlich unver- 
muthet zum Stillstand kam. Einen Stollen von 1800 m Länge aufzu- 
fahren, in den zersetzten Meedler Diabasschiefern, welche ungemein 
blähen, demzufolge sehr druckhaft und örtlich bis zu schwim- 
menden Massen decomponirt sind, erscheint als eine Meister- 
leistung, die unser Erstaunen erweckt; die Ausdauer und Geschick- 
lichkeit der alten Bergleute, welche es ermöglichten, mit den dama- 
ligen primitiven Hilfsmitteln diesen Stollen nicht nur aufzufahren, 
sondern auch zu erhalten, erscheint im glänzenden Lichte; es musste 
überdies eine günstige wirtschaftliche Lage vorhanden gewesen sein, 
dass ihnen die hiezu nöthigen Geldmittel nicht versiegten. 

Ein zweiter Stollen diente den Alten zur Lösung des 
Erzvorkommensam Erzberg bei Storzendorf, derselbe hatte 
sein Mundloch muthmaßlich am nordwestlichen Ausgange von 
Meedl, unfern der Bildsäule am Kreuzungspunkt der Feldwege 
von Meedl nach dem Erzberg und Dörfel; er dürfte in der 
Nähe des Blanskoer Maschinenschachtes auf den Erzlagern 
eingetroffen sein und demzufolge dessen Länge ungefähr 1100, die 
eingebrachte Saigenteufe beiläufig 33 m betragen haben (?) In oberer 
Teufe ist man mit dem neuen Bergbau auf ein Gesenk mit Horn- 
stätte gestossen, worin die „Alten“ Handpumpen aus Eichenholz mit 
Radantrieb eingebaut hatten, es scheint, dass sie sich anfänglich auf 
diese Weise mit Unterwerken geholfen haben. 

Zur Zimmerung der Stollen und Strecken bedienten sich die 
„Alten“ hauptsächlich des Eichenholzes, welches damals in den 
nahen Auenwäldern der „Daubrawa“ zweifelsohne weit billiger zu 
haben war als heute, nur beim Abbau benutzten sie auch das billigere 
Birkenholz. Die Alten haben nur die eisenreichen Schlicherze 
(Magneteisen- und Rotheisenerzmulm), dann die quarzarmen, 
milden und gebrächen Stuferze gefördert, dagegen sind die 
kieselerdereichen, festen Stufen zum Versatz der Verhaue 
verwendet worden. In neuer Zeit hat man dieses gute Beispiel nicht 
beachtet und von den quarzigen und festen Stufen Vieles mitgefördert, 
was besser unten geblieben wäre, und dadurch die Qualität der 
Meedler Erze discereditirt. 


Der neue Bergbaubetrieb. 
I. Der Witkowitzer Bergbau bei Meedl. 


Zur Entdeckung des Meedler Bergbaues führten anfangs dieses 
Jahrhunderts die von den „Alten“ bei den neuen Haspelschächten 
VII und X eirca 100 n südlich des Witkowitzer Maschinenschachtes 
zurückgelassenen, ausgedehnten Erzhalden. Es war wohl 
darüber im Laufe der Zeit ein völliger Nadelholzwald gewachsen, bis 


[41] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 69 


einzelne Stämme vom Sturme ausgehoben, das darunter liegende Erz 
bloslegten, welches dann zu den Hochöfen bei Marienthal (im 
Feistritzthal) abgefahren und gleichzeitig von Bergleuten nach den 
anstehenden Erzlagerstätten geschürft wurde. Eine ebensolche uralte 
Erzhalde führte zur Entdeckung des mit den Eduardschächten IV 
und IX abgebauten Erzlagers der Liegendlager-Gruppe. 

Dem neuzeitigen Bergbau dienten anfänglich zahlreiche Haspel- 
schächte zum Aufschluss und zur Förderung; in den Vier- 
ziger Jahren hat das Eisenwerk Marienthal infolge der günstigen 
Erzanbrüche zur Entwässerung am nördlichen Ausgange von Hlivitz 
einen Stollen mit. Richtung auf die Eduardzeche (links der 
Bezirksstrasse Aussee— Königlosen) betreiben lassen; derselbe be- 
gegnete jedoch in den blähenden, daher sehr druckhaften, mit 
Wassersäcken behafteten Diabasschiefern solchen Schwierigkeiten, 
dass er nicht vorwärts kam; selbst einige auserlesene Kühr- 
Östrauer Bergleute, welche in der dortigen „Kurzawka“ gearbeitet 
haben, vermochten den Stollen in dem Schwimmenden nicht ans 
Ziel zu bringen, so dass derselbe schliesslich aufgegeben 
werden musste. Ein grober Fehler war es, dass man die Licht- 
schächte im Voraus in der Stollenaxe abteufte, wodurch dem Schwim- 
menden vermehrte Wassermengen zugeführt wurden, das dann voll- 
ends nicht zu halten war. 

Im Jahre 1854 hat man sich zur Anlage eines Maschinen- 
schachtes entschlossen und dessen Position in dem tauben Mittel 
zwischen den beiden oben geschilderten Lagergruppen 180 m süd- 
westlich der Bezirksstrasse Aussee—Meedl gewählt; damit 
hat man in i0Om Teufe den natürlichen Grundwasserspiegel 
getroffen, dann bis 34°6 m mittelst Handpumpen weiter abgeteuft und 
1855 den Schacht mit einer Wasserhaltungs-Dampfmaschine 
nebst Pumpen ausgerüstet, welche sich jedoch gegenüber den Wasser- 
zuflüssen als völlig unzureichend erwiesen hat, so dass die, Anlage 
schon 1859 wieder ausser Betrieb gesetzt und später wieder abge- 
tragen wurde. 

Im Jahre 1868 liess das Witkowitzer Eisenwerk auf 
demselben Schacht eine den Wasserzuflüssen gewachsene, entsprechend 
grössere Maschinenanlage, mit genügend kräftigen Maschinen 
und Pumpen ausgerüstet, erbauen; damit hat man den 3°4 m langen, 
24m breiten Schacht nun ausgebaut, mit zwei Förderabtheilungen, 
einem Fahr- und einem Kunsttrumm versehen, sodann bis 58°5 m 
abgeteuft und darin in 346m die I. Tiefbausohle, in 544 m die II. 
Tiefbausohle gefasst. Zur Ableitung der gehobenen Wässer diente 
eine in 113m Teufe herangeführte, durchwegs ausgemauerte Abhub- 
brösche, deren Mundloch in den Graben südöstlich des Maschinen- 
schachtes, 190 m von diesem entfernt, gelegen ist. Die früher 
bestandenen Haspelförderschächte und zwar im nordöstlichen Maschinen- 
schachtfelde, Josefschächte I, U, III und IV, im südwestlichen Schacht- 
felde die Schächte VIII, IX, X und XI wurden successive abgeworfen 
und nur die zur Wetterführung nöthigen offen gelassen. 

Auf den beiden Bausohlen hat man zunächst die Bau- 
sohlenquerschläge gegen die östliche Lagergruppe aufge- 


70 Franz Kretschmer, [42] 


fahren und zwei Erzlager querschlägig überbrochen, das dritte 
liegt an dieser Stelle bereits im nachbarlichen Grubenfelde. Die bis 
zu letten- und bolartigen Massen zersetzten Meedler 
Schiefer zeigen der Einwirkung der feuchten Gruben- 
atmosphäre ausgesetzt, im hohenGrade die böseEigen- 
schaft des Blähens und bieten dadurch dem Bergmann 
zuweilen bedeutende Schwierigkeiten dar. Von der Er- 
wägung ausgehend, dass die Zersetzung näher zu den Erzlagerstätten 
zunimmt, demzufolge der Druck auf die Zimmerung grösser wird und 
um keine Bergfesten zurücklassen zu müssen, also eine sofortige 
vollständige Ausgewinnung der Erzlagerstätten zu erzielen, hat man 
beim Betriebe der Bausohlenstrecken die festeren Liegendgesteine 
aufzusuchen getrachtet und darin letztere aufgefahren, sowie in Ab- 
ständen von durchschnittlich 50m Verbindungs-Querschläge 
nach den Erzlagern ausgelängt. Auf diese Weise sind auf der I. Tief- 
bausohle die nordöstliche Bausohlenstrecke 267m und die 
südwestliche 300 m zu Feld getrieben worden. Obige Voraussetzung 
ist Jedoch nicht überall zugetroffen, es zeigte sich später, dass es örtlich 
besser sei mit den Bausohlenstrecken innerhalb der Erzlager- 
stättenzubleiben,weildas@ebirge daselbstentschieden 
weniger druckhaft, demzufolge die Erzhaltung dieser Strecken 
nicht so kostspielig war. 

Die Schwierigkeiten, welche die so tiefgreifend umgewandelten 
Diabasschiefer darboten, wurden andererseits wieder dadurch aufge- 
hoben, dass dieselben beimVorbau und derErzgewinnung 
wesentliche Erleichterungen gewährten, wenn nicht 
erst solehe möglich machten, indem man darin, sobald diese 
Massen entwässert waren, rasch vorwärts kam, weil die schussfeste 
Cohärenz der intacten Schiefer in die des Keilhauen-, beziehungs- 
weise Lettenhauen-Gebirges übergeführt erscheint. Manche schwächere 
Erzlagerstätte, welche bei Schussfestigkeit derselben und des Neben- 
gesteins den Abbau nicht lohnen würde, ist durch die erörterten 
Umwandlungsvorgänge erst abbauwürdig gemacht worden. 

Das Eduardlager hat man mittelst eines 349m langen 
Diagonalschlages ausgerichtet. Auf der I. Tiefbausohle sind die 
Aus- und Vorrichtungsbaue nicht so weit gediehen, weil der 
Bergbau infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Krise des Jahres 
1873, Ende 1877 ausser Betrieb gesetzt werden musste, demzufolge 
die südwestliche Bausohlenstrecke nur die Länge von 171 nm, die 
nordöstliche eine solche von 158 m erreichte. Die letztere Strecke 
war jedoch 45 m vom Bausohlenquerschlag weg in ausgedehnte 
Wassersäcke gerathen, deren weitere Verörterung schwierig 
und kostspielig erschien, demzufolge der übrige Theil der nordöstlichen 
jausohlenstrecke im Lager I aufgefahren worden ist, was sich gut 
bewährt hat. Bei dem wechselnden Fallen und der Absätzigkeit 
dieser Erzlagerstätten musste man vom Vorbau im -Kreuzstreichen 
innerhalb der Lagerstätte vielfach absehen und war bemüssigt, zu 
Saiger-Gesenken, beziehunesweise Saiger-Ueberbrechen 
zu greifen, die an den Verbindungs-Querschlägen dicht 
bei den Erzlagern disponirt wurden und welche zum Ab- 


[45] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. a1 


bau-Angriff der Mulden- und Sattelllügel, sowie zur Förderung 
und Weiterführung dienten. Die solehergestalt abgegrenzten Abbau- 
felder wechselten wohl sehr in ihren Abmessungen, im allgemeinen 
waren sie circa DO m lange und 20 m lach hoch. Die insbesondere im 
II. Tiefbau vorkommenden, ganz flachgelagerten Sattelflügel 
sind mittelst schwebender Aufhauen dem Abbau zugeführt 
worden. | 
Als Abbaumethode stand ein Firstenbau in Schmal- 
stössen in Anwendung, d. h. die Stosshöhe musste wegen des 
milden und brüchigen Nebengesteines blos in gewöhnlicher Strecken- 
. höhe = 2:2 m (in der Gesteinslichte gemessen) geführt werden, weil 
der Ausbau dem Abbau sofort nachfolgen muss. In der 
Regel würde auf jeder Firstenstrosse von dem Saiger-Ueber- 
brechen aus, gewöhnlich am Liegenden eine Hauptstreichende 
aufgefahren, bei grösserer Mächtigkeit der Lagerstätte in der Mitte 
oder gleichzeitig eine Streichende am Hangenden aufgefahren. Von 
der Hauptstreichenden aus erfolgte der Verhau mittelst Querbau 
in 1'3 m, höchstens 30 m breit ausgezimmerten querortmässigen Pfeiler- 
abschnitten. Dem Strossenverhau folgte alsbald der berg- 
versatz des zum grösseren Theile aus den beim Abbau fallenden 
Bergmitteln und aus nicht schmelzwürdigen Kieseleisensteinen, sowie 
eisenarmen Eisenkiesel, als auch den vom Vorrichtungsbau kommenden 
Bergen hergestellt wurde ; nur wenn diese Materialien nicht hinreichten, 
war es gestattet, Bergstrecken zur Versatzgewinnung aufzufahren, 
sonst war dies untersagt, um den obnehin bedeutenden Gebirgsdruck 
nicht unnützerweise zu vermehren. 

Was den Ausbau betrifft, so hat dieser im schwimmenden 
Gebirge, speciell inden mitbreiartigen undsuppigenMassen 
angefüllten Wassersäcken erhebliche Schwierigkeiten 
bereitet und an die Geschicklichkeit und Zuverlässigkeit der Häuer 
nicht geringe Anforderungen gestellt. Es waren zwei Steiger aus 
dem ÖOstrauer Steinkohlenrevier, die dort im Schwimmsand gearbeitet 
und die Meedler Belegschaft auf die Getriebezimmerung in. den 
Wassersäcken eingeschult haben. Die Bausohlenquerschläge 
und -Strecken mussten fast durchwegs in solider: Ge- 
triebezimmerung aufgefahren werden, nur.im den unzer- 
setzten erzleeren Zonen und in den entwässerten Abbaufeldern war 
„stumpfes“ Verpfählen zulässig. Die Bausohlenquerschläge waren. im 
doppelgeleisigen Profil 21» hoch, 1'6,n verglichen breit in der 
Zimmerungslichte, die Bausohlenstrecken 21 m hoch, 0:95 m ver- 
slichen breit aufgefahren ; sobald man jedoch an die Wassersäcke kam, 
musste man vorerst im kleinen Profil 1’5 m hoch, 0°6 m breit durch- 
gehen, um zu entwässern und dann erst im Normalprofil nachzu- 
zimmern. 

Das Blähen des Nebengesteins äusserte sich local durch 
einen enormen Druck auf die Zimmerung. Es wurde fast 
durchgehends mit dem besten Fichten- und Tannen-Stammholz in 
Bolzenschrott auf Trieb gezimmert, doch es kam wiederholt vor, dass 
besonders blähende Strecken mit Kappen-, Stempel- und Grundsohlen 
von 40, 30 beziehungsweise 20 cm mittleren Durchmesser nach 3 bis 


12 Franz Kretschmer. [44] 


6Monaten derart zerbrochen und das Streckenprofilso 
deformirt war, dass kein Förderwagen mehr durch konnte 
und unverzüglich die Auswechslung veranlasst werden 
musste. Von der Wirkung des Blähens erhält man durch folgende 
Thatsachen eine bessere Vorstellung: Wenn vor einem im zersetzten, 
aber bereits entwässerten Diabasschiefer anstehenden Ort, vom Häuer 
die nöthige Gesteinslichte mittelst Keil- und Lettenhaue ausgeschlagen 
war, so folgte in der Regel sofort der Ausbau; wurde dies jedoch 
versäumt und blieb der ausgehauene Raum durch kurze Zeit etwa 
6—12 Stunden unverzimmert stehen, so musste dann beim Einbauen 
der im vorgeschriebenen Normalprofil vom Tagzimmerling angefertigte- 
Hauptzimmer 10 bis 15cm an der Firste, den beiden Stössen 
und der Sohle nachgehauen werden, denn soviel war 
mittlerweile das sonst gut stehende Gebirge allmälig 
in den Ortsquerschnitt hereingewachsen! Beim Abteufen 
des Maschinenschachtes kam es öfters vor, dass das am Samstag auf 
die Schichtsohle gelegte, 35—40.cm starke Hauptzimmer bis Montag 
in der aufgeblähten Masse gänzlich verschwunden war! 
Aus dieser Ursache hatte der Bergbau Meedl alljährlich einen be- 
deutenden Holzeonsum, welcher auf die Gestehungskosten 
empfindlich drückte. Man hat daher vielfache Mittel versucht, dieser 
Calamität entgegen zu wirken, und zwar um dem Ausbau eine längere 
Dauer zu verleihen. Eichenholz herangezogen; dasselbe zeigte 
sich wohl dem Drucke und dem Blähen gegenüber viel widerstands- 
fähiger, doch erschien es in der Folge zu wenig elastisch, spröd und 
bekam vielfach Sprünge und Risse, welche einen namhaften Theil 
der grösseren Festigkeit wieder aufhoben und da es zu theuer war, 
so hat man diese Art des Ausbaues wieder fallen gelassen. 

Der Meedler Bergbau hatte im Sommer häufig mit mattem 
Wetter zu kämpfen; letztere wurden hauptsächlich verdorben 
durch faulendes Grubenholz, insbesondere dem im 
Alten Mann zurückbleibenden, weil nicht allerorts 
geraubt werden durfte, dureh dveiOxydatı omgase 
blähenden Schiefer, desgleichen durch Oxydation und 
Regenerirung des den Bergversatz bildenden Gesteins- 
materials und andere minder gewichtige Ursachen. Es genügte 
wohl im allgemeinen die natürliche Wetterführung, doch 
muss auf mehrere Durchschläge mit dem Tage Bedacht genommen 
werden, um mehrere frische Wetterströme der Grube zuzuführen, da 
sich diese überall an den Zimmerpaaren der durchwegs im Ausbau 
stehenden Ein- und Vorbaue und an vielen Krümmungen derselben 
stossen, ferner infolge obiger Ursachen sehr bald sauerstoffarm 
werden, also nach Zurücklegung auffallend kurzer 
Wetterwege aufgebraucht sind, dann das Licht nicht brennt 
und jede Arbeit aufhört. Die oben erwähnten Haspelschächte haben 
dem gedachten Zwecke gute Dienste geleistet. 

Zur Wasserhaltung diente eine doppelt wirkende Dampf- 
maschine horizontaler Aufstellung mit verstellbarem Expansions-Ex- 
center, ohne Oondensation, Cylinderbohrung 0'513 m, Kolbenhublänge 
0920 m, welche bei 0:33 Füllung, 4 Atmosphären absoluter Admissions- 


[45] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 13 


Spannung und 40 Touren pro Minute, 50 HP an der Maschinenwelle 
abgab. Die Pumpentransmission bestand aus Zahmradvorgelege und 
2 Kunstwinkeln von 1’11 Armlänge auf zwei über dem Pumpentrumm 
liegenden 55 cm Blechträgern montirt. Die Pumpen waren gewöhnliche 
Hubpumpen mit in den Steigröhren durchgehendem, schmiedeisernem 
Gestänge von D3 mm Durchmesser, so dass beim Ersaufen Liderung 
von oben möglich war, was bei den aus den Wassersäcken und 
den klüftigen, wasserdurchlässigen Erzlagern zu er- 
wartenden Wasserdurchbrüchen nothwendig erschien. Durch- 
messer des Pumpenkolbens — 0'395 m, die Kolbenhublänge 0'960 m, 
die genieteten schmiedeisernen Steigrohre von Tmm Blechstärke hatten 
0:421 m Durchmesser und da die Pumpen gleichzeitig als Abteufpumpen 
fungirten, so war an den Saugrohrenden je ein ausziehbarer, schmied- 
eiserner Schläucher angebracht. Die Pumpen gossen auf der Abhub- 
rösche in 113m Teufe aus, von wo ein direct an den Kunstwinkel 
angehängter Drucksatz von 0'118 m Phurgerdurchmesser und 0790 ın 
Hub die nöthigen Speisewässer zu Tage gehoben hat. 

Die anfänglichen Wasserzuflüsse haben 25 Secun- 
denliter betragen, die auf 50'2 m Förderhöhe zu heben waren, 
es blieb somit bei der Wasserhaltungsmaschine eine mehr als aus- 
reichende Kraftreserve für Wasserdurchbrüche zur Disposition, welche 
auch wiederholt vorgekommen sind und nach acht-, längstens vierzehn- 
tägiger Inundation der Grube wieder zu Sumpf gebracht” wurden. 
Genaue Rechnung führt zu dem Resultat, dass für die Wasserzuflüsse 
des Bergbaus Meedl eine Dampfmaschine, welche unter den oben 
angegebenen Bedingungen 30 HP effectuirt haben würde, genügend 
stark gewesen wäre. Während bei den ursprünglichen Wasserzugängen 
die Wasserhaltungsmaschine 22 Stunden per Tag und Nacht im 
Gange erhalten werden musste, trat später successive der Beharrungs- 
zustand in den Wasserzuflüssen ein, welche sich auf normale 
22 Secundenliter verminderten. so dass der Pumpenbetrieb 
auf 18 Arbeitsstunden per Tag und Nacht redueirt werden konnte. 
Insbesondere im Frühjahr, aber auch im Herbst haben die Wasser- 
zugänge durch die Thau- und Regenwässer eine namhafte Vermehrung 
erfahren, weil die zu Tage ausbeissenden Erzlagerstätten bis dahin 
abgebaut worden sind und sich nun die atmosphärischen Wässer in 
den Pingen sammeln und durch den „Alten Mann“ den Tiefbauen 
zusitzen. | 

Der Depressionskegel der durch diesen Pumpenbetrieb 
erzeugt wurde, war ein ganz bedeutender. Auf den oben erwähnten 
Blanskoer Wilhelmschächten, welche vom Witkowitzer Maschinenschacht 
500 m entfernt liegen, ist dernatürlicheGrundwasserspiegel 
suecessive 133m saiger deprimirt worden, so dass auf 
diesen Schächten ein dementsprechend hoher Erz- 
pfeiler, derfrüher im Grundwasser lag, trocken gelegt 
ohne jede Wasserhaltung abgebaut werden konnte, dem 
zufolge auch dieser Grubennachbar zu den Kosten der Wasserhaltung 
beigetragen hat. Wie gross das Depressionsgebiet war und wie langsam 
sich dasselbe nach Einstellung der Wasserhebung 1877 mit den auf- 
segangenen Grundwässern wieder füllte, darüber gibt die interessante 

Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, #9. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 10 


74 Franz Kretschmer. [46] 


Thatsache Aufschluss. dass die Wässer im Maschinenschachte von 
ihrem tiefsten Stande in 588m Teufe, erst im Jahre 1892 am 
Röschenmundloch 11m unter der Maschinenschächter Hängebauk 
wieder zum Ausfluss kamen; es benöthigte also das Grund- 
wasser 15 Jahre Zeit, um jenes Niveau wieder zu er- 
reichen, das ein 8-jähriger Pumpenbetrieb abgezapft hat! 

Die Förderung besorgte eine achtpferdige doppeltwirkende 
Dampfmaschine horizontaler Aufstellung mit Stephenson’scher 
Coulisse von 0'259 mn Kolbendurchmesser und 0'458 m Hublänge. 
Der Treibapparat war durch Zahnrad-Transmission verbunden und 
bestand aus zwei cylinderischen Seiltrommeln, wovon eine fix das 
Unterseil, die andere mit Mitnehmer construirt, das Oberseil trug. 
Das Gewicht der Förderschale war 350 kg, des leeren Förderwagens 
200 kg, die Nettoförderlast 600 /g, somit äussere Seilbelastung 1150 kg. 
Die Förderschalen waren mit der bekannten Ostrauer Fangvorrichtung 
versehen, als Aufsatzvorrichtung diente ebenfalls die bekannte Ostrauer 
Construction. Die Förderung ging auf den Hauptvorbauen durchwegs 
in englischen Förderwagen auf Vignolschienenbahn von 045 m Spur- 
weite vor sich, nur auf den Firstenstrossen bediente man sich der 
ungarischen Förderhunde. 

Die Dampfspeisepumpe hatte 0'131 »m Durchmesser des 
Dampfeylinders, 0'090 m Plungerdurchmesser und 0'238 m gemein- 
schaftlichen Hub. 

Diese Schachtanlage wurde mit Dampf versorgt durch drei 
gleiche Bouilleurkessel, bestehend aus je einem cylinderischen 
Oberkessel von 6'954 m Länge, 1'106 m Durchmesser und je einem 
Siederohr von 4900 m Länge und 0'790 m Durchmesser, also mit 
einer directen Heizfläche von 27 m? und für 5 Atmosphären Dampf- 
spannung concessionirt. Höhe der gemauerten Esse 2465 m. 

Der Kohlenverbrauch war erheblich, und betrug 26°6 q 
in 24h. Die Speisewässer enthielten sehr viel Kalk- und Magnesia- 
carbonat, die im Kessel schaumige und schlammige Massen bildeten 
und vom Dampf bis in die Cylinder der Maschinen mitgerissen und 
hier lästig wurden. Diesem Uebelstande begegnete man theilweise 
mittelst Popper’scher Blecheinlagen. 

Die Maschinen und Kessel waren in einem ebenerdigen Riegel- 
wandgebäude von 265 m? verbauter Grundfläche untergebracht. 
Da infolge Entwässerung des Gebirges, besonders durch 
Trockenlegung der Wassersäcke und der damit zu- 
sammenhängenden Volumverminderung, sowie durch 
Abbau erhebliche Terrainsetzungen eintraten, so er- 
schien hier eine leichte, sich gleichmässig nachsen- 
kende Riegelwand sehr am Platze. Mit dem Maschinen- 
schachtgebäude einen Hofraum bildend, sind noch vorhanden: eine 
Grubenschmiede und Magazin 79 m?, ein Zechenhaus mit Arbeiter- 
wohnung 165 m?, weiter davon ein Steigerhaus 228 m?, das Ganze 
repräsentirt sich noch heute als eine recht schmucke Bergwerksanlage. 
Unterhalb dem Maschinenschachte stehen zwei Rostöfen, in denen 
seinerzeit feste, zum Theile kaum verhüttungswürdige, weil schlecht 
geschiedene Stuferze geröstet wurden, 


[47] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 15 


Die Jahresproduction des Witkowitzer Bergbaues 
Meedl war bei der Abhängigkeit von der jeweiligen Conjunetur 
der Eisenindustrie eine schwankende, speciell der Witkowitzer 
Maschinenschacht förderte in den letzten drei Jahren seines Voll- 
betriebes von 1873 bis einschliesslich 1875 im Durchschnit 120.000 q 
Magnet- und Rotheisenerze jährlich, welche mit der Belegschaft von 
100 Mann zum Gestehungskostenpreis von 396 Kreuzer per 100 kg 
erhauen und zu Tage gefördert worden sind. Es beträgt somit die 
per Kopf der beschäftigten Arbeiterzahl erzielte Jahresförderung 120049 
und 1000g der Erzförderung absorbirten einen Materialaufwand von: 


81 q  Kesselkohle 

6°4 fm Grubenholz 

25 kg diverses Eisen 

35 „ Dynamit 

23 Rüböl als Grubengeleucht. 


” 


2. Der Eisenberger Berbgau bei Meedl. 


Derselbe war nur von beschränktem Umfange und baute zumeist 
auf dem Erzlager III der östlichen Lagergruppe, welches 
hier sehr mächtige, leicht gewinnbare Stuf- und Schlicherze führt. 
Der Aufschluss geschah durch mehrere, in der Aloisiazeche abgeteufte 
Haspelschächte von circa 3l m mittlerer Bauteufe. Der Abbau 
bewegte sich also durchwegs in oberen Teufen oberhalb 
dem Grundwasserspiegel, und auch heute stehen daselbst 
oberhalb dem letzteren noch reiche und bedeutende Erzmittel 
an. Dieser dem Fürsten Johann Liechtenstein gehörige Berg- 
bau kam zum Erliegen, weil der Hochofen zu Eisenberg a. d. 
March 1873 ausgeblasen wurde. Die Jahresproduetion bezifferte 
sich bei 13 bis 15 Mann Belegschaft auf rund 14.000 q, wovon der 
Classe nach 50 bis 60%/, reiche Magnet- und Rotheisenerzstufen und 
40 bis 50°, Magneteisenerzschliche. 


3. Der Blanskoer Bergbau bei Meedi und Storzendorf. 


Auf diesem dem Fürsten Hugo Salm gehörigen Bergbau 
sind mit den Haspelschächten in der Barbarazeche bei 
Meedl dieErzlagerII und III der östlichen Lagergruppe, 
welche auch hier sehr mächtig und reich sind, bis zum Grundwasser- 
spiegel abgebaut worden; das Fortstreichen derselben von da gegen 
NO zum Grenzgraben und darüber hinaus wurde durch Schurfversuche 
constatirt; dem weiteren Vordringen in jene Teufe, wo bauwürdige 
Lagerungen auftreten, hat Wassernoth Einhalt gethan, jedoch sind 
überall uralte Grubenbaue angefahren worden, die auf bauwürdigen 
Erzlagern umgegangen sind. 

Zum Aufschluss desLiegendlagersauf der Wilhelms- 
zeche im Riede „Bei den Schächten“ hat man den Barbara- 
stollen herangeführt, dessen Mundloch bei der sogenannten „Alten 
Weide“ oberhalb Meedl im Grenzgraben gegen Storzendorf liegt: 

10* 


76 Franz Kretschmer. [48] 


derselbe diente dem Zwecke der Wasserlosung und brachte auf den 
Wilhelmschächten 36 m Saigerteufe ein. Auch dieser Stollen begegnete 
bei seiner Auffahrung in den zersetzten, in Berührung mit Wasser 
sehr beweglichen Diabasschiefern und ihren Tuffen solch’ grossem 
Druck, dass die stärkste Zimmerung keinen Widerstand zu leisten 
vermochte; später theilweise in Bruchstein - Mauerung gesetzt, ist 
auch diese letztere arg deformirt worden. 

Die Haspelschäe hte Wilhelm I, IH und IH entsprachen haupt- 
sächlich dem Zwecke der Förderung, womit die Erzlager bis zur 
Stollensohle abgebaut wurden. Als später der Witkowitzer Maschinen- 
schacht den Grundwasserspiegel successive 133 m tiefer legte, sind 
dann die genannten Haspelschächte von bisherigen 56 m bis 493 m 
im Trockenen tiefer nachgeteuft und die Erzlager ohne 
Was ssererhaltungskosten demAbbau zugeführt worden. 
Nach Einstellung des erwähnten Maschinenschachtes 1877 hat man 
noch zwei Jahre weiter gearbeitet, bis auch hier die 
Grundwässer wieder successive aufgegangen sind, dem- 
zufolge dieser Theil des Bergbaues ebenfalls bis zur Wiederaufnahme 
des maschinellen Pumpenbetriebes still liegen muss. 

Am Storzendorfer Erzberg galten anfänglich zwei links 
des Fahrweges von Storzendorf nach Dörfel abgeteufte Versuch- 
scehächte der Aufsuchung des Erzvorkommens überhaupt, der eine 
davon erreichte bei 11'’4 nm das natürliche Wasserniveau und ist damit 
ein schwaches, dunkelstahlgraues Magneteisenerz abgebaut worden. — 
Rechts von dem gedachten Verbindungswege Storzendorf— Dörfel hat 
man den sogenannten Pumpenschacht abgeteuft, womit bei 15m 
 Teufe der natürliche Grundwasserspiegel erteuft wurde; mit Hand- 
pumpen hat man sodann den Versuch gemacht, unter die uralten Baue 
zu kommen, weitere 2 m abgeteuft, jedoch diese Arbeit nach hart- 
näckigem Wasserkampfe aufgegeben. Die angefahrenen, uralten, aus- 
gedehnten Verhaue setzen tief unter die erreichte Sohle herab, 'die- 
selben enthalten viel altes Grubenholz und aus festen Stuferzen 
hergestellten Versatz. 

Nachdem man sich dergestalt überzeugt hat, dass die Wasser- 
zuflüsse mittelst Hand nicht zu bewältigen sind und die „Alten“ mit 
der weiter oben beschriebenen Stollenanlage die Erzlagerstätten viel 
tiefer gefasst und abgebaut haben, ist man 1891 zur Anlage eines 
Maschinenschachtes geschritten, welcher circa 200 m gegen NÖ 
von Storzendorf entfernt, knapp rechts vom wiederholt angeführten 
Fahrweg nach Dörfel angeschlagen, 2:5 m lang, 1'2 m breit gemacht 
und mit zwei Förder- und einer Fahrabtheilung versehen worden ist. 
Zur Wasserhebung diente eine unterirdische Wasserheb- 
maschine von 0'215 Dampfeylinder = 0'170 m Plungerdurchmesser 
und 0'172 m gemeinschaftlichem Hub; den Dampf besorgte eine am 
Tage in einer Nothkaue untergebrachte Locomobile, deren 
Dampfkessel 15 m? Heizfläche besass und für 5 Atmosphären Ueber- 
druck concessionirt war. Diese Dampfpumpe zeigte sich in der Folge 
als für die Wasserzuflüsse nicht ausreichend. Trotzdem ist es gelungen, 
den Maschinenschacht soweit abzusinken, dass man in 41 m Teufe die 
l. Tiefbausohle fassen und die oben geschilderten, reichen Erzlager 


[49] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. gar 


ausriehten konnte; dabei zeigte sich, dass die Alten bis zu der 
erheblichen Teufe von 55m herabgekommen waren, was 
mit Rücksicht auf die bedeutenden Wasserzugänge nur mit Hilfe des 
oben erwähnten Stollens möglich war. Die geschilderte Schachtanlage 
hatte nur den Charakter eines Versuches an sich, doch ehe man an 
die Ausführung der projectirten definitiven Anlage gelangen 
konnte, ist auch dieser Theil des Bergbaues trotz der sehr günstigen 
und reichen Erzanbrüche 1893 wegen Auflassung des Hochofen- 
betriebes in Blansko zum Stillstand gekommen. Eine definitive 
Maschinenschachtanlage für dieses Vorkommen möchte. vortheilhaft 
ihre Position links des Weges von Storzendorf nach Dörfel erhalten. 

Die Jahresproduction des Blanskoer Bergbaues bei 
Meedl und Storzendorf betrug durchschnittlich bei der Beleg- 
schaft von 25 bis 30 Mann abgerundet 24.000 9. Beim Bergbau Meedl 
und Storzendorf sind somit-von den drei Gewerkschaften 
zusammen in den Jahren des Witkowitzer Maschinenschacht- 
betriebes circa 158.0009 Eisenerze im Durchschnitt pro 
Jahr gefördert worden. — 

Was die Zukunft des Bergbaues bei Meedl betriftt, so 
ist hervorzuheben, dass dieses Erzvorkommen die ergiebigste und 
reichste Erzniederlage der mährisch-schlesischen 
Devonformation darstellt, welehe heute noch dem der- 
einstigen Abbaue vorbehalten ist. Allerdings sind die Erze 
indem Witkowitzer Maassencomplex oberhalb dem natürlichen 
Grundwasserspiegel bis auf untergeordnete Pfeilerreste fast gänzlich 
aufgebaut, ferner hat der Witkowitzer Maschinenschacht die Erzlager 
I und II, sowie Theile der Lager III, soweit dieselben in den Witko- 
witzer Feldesantheil hineinfallen, auf der I. Tiefbausohle abgebaut, 
obwohl auch hier noch unabgebaute Lagertheile zurückgeblieben sind; 
dagegen war die II. Tiefbausohle erst in der Vorrichtung begriffen 
und hat daselbst der Abbau kaum begonnen. Die in den Eisen- 
berger Montanbesitz fallenden Erzlager sind nicht einmal bis 
zum "natürlichen Grundwasserspiegel oänzlich verhauen und steht 
somit die Hauptmasse dieser Erze noch zur künftigen 
Disposition. Auf den Blanskoer Wilhelmschächten hat 
man mit dem sinkenden Grundwasser eine relativ geringe Pfeilerhöhe 
der westlichen Lagergruppe weggebaut. Alles übrige, also die 
Hauptmasse der Erze, namentli ch: das-Lager IlL’als 
mächtigstes der östlichen Lagergruppe, ist auch yes 
noch zum grössten Theile unverritzt, dem künftige 
Abbau vorbehalten. Wenn man, um sicher zu gehen, blos bis zu 
einer künftigen III. Tiefbausohle rechnet, wohin die absoluten und 
relativen Erzaufschlüsse reichen, so ergibt diese Schätzung, dass 
sich der Erzreichthum bei Meedl auf 4-5 Millionen 
metrische Centner beziffert, wobei darauf Rücksicht ge- 
nommen ist, dass man bei der Kuttung und Scheidung der Erze 
rigoros zu Werke geht, nur Magneteisenerz-Schliche gewinnt und von 
den festen Magnet- und Rotheisenerz - Stufen nur die quarzarınen, 
eisenreichen mitfördert, alles andere als Versatz oder angebaut in 
der Grube belässt. 


78 Franz Kretschmer. [50] 


Um bei Meedl einen rationellen Bergbau mit billigen Productions- 
kosten zu ermöglichen, ist es nothwendig;, dass der zerstückte 
Montanbesitz vorerstzusammengeschlagen werde; dann 
genügt für das Erzvorkommen bei Meedl ein einziger Maschinen- 
schacht mit gleichlangen Schachtflügeln von dem aus die Ausrichtung 
und der Abbau in zweckentsprechender Weise erfolgen kann. Dagegen 
empfiehlt sich für das Vorkommen am Eızberg bei Storzendorf selbst- 
redend eine separate Maschinenschachtanlage, weil ein übermäßig 
erosses Schachtfeld wegen kostspieliger Erhaltung sehr langer und 
druekhafter Bausohlenstrecken nicht rationell wäre. 


C. Bergbau Pinke. 


Am Pinker Berge, der isolirten Erhebung zwischen dem 
Galgenberge bei Mähr.-Neustadt und dem Dorfe Pinke, 
treten zahlreiche Erzlagerstätten auf, deren Fortsetzung nach beiden 
Streichrichtungen über den Umfang des Berges hinaus gegen NO und 
SW denudirt und durch Löss verdeckt erscheint; dieselben setzen, 
soweit sie durch Bergbaubetrieb bekannt wurden, am südöstlichen 
Ausgange von Pinke, beziehungsweise am SW-Fusse des Berges ein, 
streichen über den Scheitel des letzteren hinweg und endigen am 
nordöstlichen Fusse der Erhebung, das ist am Verbindungswege 
Mähr.-Neustadt—Königlosen. 

Diesem Vorkommen sind die Fig. 2—D auf Taf. IV (2) gewidmet, 
wovon Fig. 2 einen markscheiderisch genauen Grundriss der Erzlager, 
sowie der sie umschliessenden Gesteine auf der I. Tiefbausohle des 
Maschinenschachtes darstellt, während die Figuren 3, 4 und 5 Profile 
gut aufgeschlossener Theile der Lagerstätten wiedergeben. Ihre 
mächtige und vollständige Entwicklung fanden die obgedachten Erz- 
lager am Scheitel des Berges zu beiden Seiten des Ver- 
bindungsweges Mähr.-Neustadt—Pinke und lassen hier — wo 
der Bergbau hauptsächlich umgegangen ist — zwei voneinander 
in der Riehtung des Hauptstreichens durch eine taube, 
30m lange Gesteinszone getrennte Lagergruppen er- 
kennen, und zwar liegt die südliche Gruppe dicht beim gemein- 
schaftlichen Maschinenschacht, südöstlich des Zöptauer Zechen- 
hauses, zwischen diesem einerseits und dem steinernen Kreuz am 
gedachten Pinker Verbindungswege andererseits. Von dieser Gruppe 
am Streichen vorkommend, folgt auf die Vertaubung — darauf das 
erwähnte Zechenhaus steht — von letzterem gegen NO die nörd- 
liche Lagergruppe, welche unterhalb des verlassenen Stein- 
bruches der Stadtgemeinde Mähr.-Neustadt endiet. 

Die südliche Lagergruppe umfasst 7 Erzlager, welche 
vom Hangend zum Liegend in nachstehender Reihe folgen: 

Das Lager I (Hubertlager genannt) ist im Maschinen- 
schacht erteuft worden, gestaltet sich jedoch nur auf der II. Tief- 
bausohle bauwürdig, setzt wohl unter letztere herab, sitzt aber dort 
schon theilweise auf dunklem Crinoidenkalkstein; oberhalb 
der I. Tiefbausohle spitzt es aus, oder führt dort nur Kieseleisensteine; 


[51] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 79 


seine streichende Länge beträgt 153 m nach 2h 12% das Fallen 
ist unter X 70° nach 20h 12%. Mit dem Bausohlenquerschlage im 
II. Tiefbau ist dasselbe 5'659 m mächtig verquert worden, bestehend 
aus zusammen 3'40 m mächtigem Stuf- und Schlicherz, sowie 
Kieseleisensteinbänken, mit 225 m tauben Mitteln m 
Wechsellagerung; gegen SW nimmt er beim südlichen Verbindungs- 
querschlage den gedachten Kalkstein auf, so dass hier vom Hangend 
zum Liegend auf 06m Schlicherz, 0°7 m Crinoidenkalk und 
285m Kieseleisenstein folgen, und die ganze Mächtigkeit 41m | 
beträgt. Im Durchschnitt wechselt die Mächtigkeit der bau- 
würdigen Schlicherze (Rotheisenerzmulm) dieses 
Lagers von 1 bis 5m, solche der Kieseleisensteine am Liegenden 
in denselben Grenzen. Gegen SW verbindet sich das Lager I mit 
dem Lager III und bildet dort eine 5 bis 6 m mächtige Linse 
reiner Schlicherze. 

Von untergeordneter Bedeutung ist das Lager II (auch 
Grenzlager genannt), das vom vorigen durch eine 20m mächtige 
Zwischenlagerung getrennt wird; dasselbe ist beim Hauptquerschlag 
auf der II. Tiefbausohle, wo es bauwürdige Schlicherze führt, nur 
52 m lang im Streichen, auf der I. Tiefbausohle blos durch ein 
5 m mächtiges Kieseleisensteinlager vertreten; es streicht 2h 9°, 
fallt unter‘ X: 72% nach 20h 8%, die dwrehschnittliche 
Mächtigkeitder bauwürdigen Erze beträgt dm. Unterhalb 
der II. Tiefbausohle führte es noch 4 m mächtige Schlicherze, war 
jedoch nur mehr 16 m lang und wird gegen SW durch Kalkstein 
verdrückt. In demselben Schichtenniveau findet sich auf der II. Tief- 
bausohle eine belanglose Erzeinlagerung beim südlichen Verbindungs- 
querschlag; dieselbe ist nur kurz im Streichen, besteht aus 0'5 bis 
1'0 m Schlicherz, sowie 0°5 »n Kieseleisenstein am Liegend und 
spitzt aber sowohl oberhalb als auch unterhalb der II. Tiefbausohle 
gänzlich aus. 

SW vom Maschinenschacht lagert beim südlichen Verbindungs- 
Querschlage das Hubertlager III, welches jedoch auf der zweiten 
Strosse oberhalb der II. Tiefbausohle auskeilt; auf der I. Tiefbau- 
sohle enthält es vielen Kieseleisenstein, besitzt durchschnittlich 
eirca 3 m Mächtigkeit, erscheint zunächst 50 m lang 
im Streichen, verbindet sich gegen SW mit dem Lager I und 
übersetzt sodann ins Hangende, wo es 1876, kurz vor 
der Betriebseinstellung, 4m mächtig angehauen, jedoch 
auch später nicht weiter untersucht wordenist. Das 
Streichen des Hubertlagers III ist nach 53h 1° und das Fallen 
21h 1° gerichtet. Auf den mittleren Strossen der II. Tief- 
bausohle ist das Erzlager länger, beiläufig 75 m und 
353 m mächtig, und zwar in der Mitte 15 m Schlicherz, am 
Hangend und Liegend je 1'3 m, beziehungsweise 05 m Kiesel- 
eisenstein. 

DasLagerIV (Hangendstreichen genannt) setzt gleich 
unter dem Löss am Tage ein und verflächt durch alle Sohlen bis 
unterhalb die II. Tiefbausohle in bauwürdiger Mächtigkeit, indess 
seine daselbst 125 m betragende Länge im Streichen 


80 Franz Kretschmer. - i [52] 


nach der Wettersohle hin zunimmt, von da gegen den Tag abnimmt. 
Das Streichen ist 3 h 1°, das Fallen 21 h 10 X 67%. Die durch- 
sehnittliche Mächtigkeit dieses Erzlagers (welches mit den 
Lagern V und VI den Hauptschatz der Witkowitzer Grube bildet) 
beträgt 4 bis 10 m, hievon entfallen auf die in wiederholter 
Wechsellagerung auftretenden Kieseleisensteine 2 bis 6 m, 
während die reinen Schliche (untergeordnet reiche Stufen) durch- 
sehnittlich 2°0 bis 45 n Mächtigkeit besitzen; ausserdem fanden sich 
am nordöstlichen und südwestlichen Ende dieses Erz- 
lagers auf allen Sohlen Linsen reiner Schlicherze, die 
bis 5, 8, ja 10 m Mächtigkeit anschwellen. Unterhalb der 
ll. Tiefbausohle ist die Mächtigkeit der Schlicherze noch 1 bis 25 m 
mit Anschwellungen bis 4 m, jedoch bei abnehmender streichender 
Länge constatirt worden, da auch hier Kalkstein, von dem 
in den oberen Sohlen keine Spur war, die Stelle der 
Erze einzunehmen beginnt. 

Auch das Lager V (Mittelstreichen genannt) setzt vom 
Tage unterm Löss durch alle Sohlen hinab; es hat die grösste 
streichende Länge, und zwar bis zum Witkowitzer Wetter- 
ofenschacht 140, darüber hinaus bis zum Sophienfund- 
schacht 198 m; wie weit es von da noch südwestlich fortstreicht, 
ist nicht untersucht worden. Seine Mächtigkeit wechselt von 
10 bis 50 m und besteht zumeist aus reinen Schlicherzen 
mit untergeordneten Stuferzen am Liegenden; die bis 
5 m mächtigen Schlicherzanschwellungen sind auf den verschiedenen 
Sohlen innerhalb der Lagerstätte zufällig bald da, bald dort vertheilt. 
Auch dieses Lager wird gleich dem anderen von mehr weniger 
mächtigen Kieseleisensteinen begleitet, es streicht 2 h 10% und 
fällt 20 h 10° unter X 66°. Unterhalb der II. Tiefbausohle wurde 
dieses Erzlager 1'5 bis bis 7’Om mächtig im Wasser verlassen, 
hievon die bauwürdige Erzmächtigkeit 15 bis’ 30m 
beträgt, wiewohl auch hier bis 5m starke Erzlinsen auf- 
setzen, das übrige sind Kieseleisensteine und taube Einlagerungen; 
den Kalkstein hat man jedoch auf diesem Erzlager 
noch nirgends gesehen. 

Eine untergeordnete Lagerstätte bildet das Lager VI (Liegend- 
streichen genannt), von dem vorigen durch ein 6 m starkes 
Gesteinsmittel getrennt. Dasselbe ist blos 33 m im Streichen 
lang, 1 bis 2m mächtig, wiewohl linsenförmige Erweiterungen 
der bauwürdigen Erzmächtigkeit bis 6 m auch hier nicht 
fehlen. Das Lager streicht 2 h 5° und fällt 20 h 5° unter X 71° 
vom Tage herab durch alle Sohlen ein und ist auf der II. Tief- 
bausohle in unverminderter Mächtigkeit und Länge 
anstehend im Wasser verlassen worden. 

Auf eine eirca 36 m mächtige taube Zwischenlagerung folgt 
das Lager VII (Marialager genannt), welches eine 1 bis3m 
mächtige’ Ausscheidung reiner Schlicherze! mit 
bauchigen Erweiterungen bis zu 5m, in einem 10, 15 
bis 23 m mächtigen Kieseleisensteinlager darstellt. 
Der bauwürdige Rotheisenerzmulm ist mit geringer Unterbrechung 


[53] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 81 


bis nın auf 103 m streichender Länge aufgeschlossen, 
ohne in der Richtung gegen NO das Ende erreicht zu 
haben, da der weitere Aufschluss wegen Einstellung des Bergbau- 
betriebes unterblieb. Das Erzlager streicht 2h 0° und fällt unter 
X 70% nach 20h 0°, es setzt gleich unter Tags ein, keilt jedoch auf 
der ersten Tiefbausohle zum grösseren Theile aus. Von besonderem 
Interesse ist es, dass das umschliessende, mächtige Kieseleisenstein- 
lager auf derselben Sohle plötzlich mitauskeilt (s. Taf. IV (2), Fig. 3); 
nur vereinzelte Trümmer von Kieseleisenstein erreichen die I. Tief- 
bausohle. Obwohl nicht herabsetzend, wurde dieses Lager dessen- 
ungeachtet in den Grundriss Fig. 2 aufgenommen, um überhaupt 
eine Vorstellung davon zu vermitteln. 

Das Marialager findet allem Anscheine nach seine südwestliche 
Fortsetzung auf dem früheren Mariaschacht I, wo ebenfalls 
durchschnittlich 10m mächtige Schlicherze in Begleitung 
von Eisenkiesel abgebaut wurden. Demselben Schichtenniveau dürften 
auch die mit den ehemaligen Theresiaschächten I und II, sowie 
die im Brunnen des Gärtnerhauses Nr. 17 in Pinke erteuften 
Erze angehören. Auf den genannten Theresiaschächten hat man 
nämlich zwei schwache Schlichlager, bis zum unteren Aus- 
biss in der Saigerteufe von 35 m, gänzlich zu Ende verhauen. Das 
Streichen des Marialagers ist insbesondere gegen NO zu wenig unter- 
sucht, um darüber ein abschliessendes Urtheil fällen zu können; 
hier ist auf dem Mariaschachte II kurz vor der Betriebs- 
einstellung ein bis 5m mächtiges, bislang 52m im Streichen 
aufgeschlossenes Schlicherzlager angefahren worden. Wie 
weit es noch gegen NO fortsetzt, ist unbekannt; jedenfalls dürfte 
man es hier mit einer beachtenswerten Erzaus- 
scheidung zu thun bekommen. 

Die nördliche Lagergruppe begreift wohl nur drei, aber 
mächtige Erzlager in sich, und zwar: 

I. Lager (auch Hangendlager genannt) und das 
Lager II (Hauptlager genannt) gehören dem südöstlich des 
Zöptauer Wetterofenschachtes vorkommenden, 30 m mächtigen 
Kieseleisensteinstock an, in welchem sie zwei selbständige 
Erzausscheidungen in der Mitte und am Liegenden dieser Lagerstätte 
bilden. (Vergl. Taf. IV (2), Fig. 4.) Diese beiden Erzlager vereinigen 
sich in der Nähe des mehrerwähnten Zechenhauses und verfolgen von 
da ab gegen NO ein divergentes Streichen, indem das Lager I nach 
2h 0° streicht und unter X 58 bis 78° nach 20 h 0° einfällt; dagegen 
ist das Streichen des Lagers II 3 h 8° und das Fallen unter X 53 
bis 65° nach 21 h 3° gerichtet. Vom Wetterofenschächter-Querschlage 
ungefähr 12 m gegen NO nimmt das stetig stärker werdende, aus 
Kieseleisensteinen bestehende Mittel zwischen den beiden Erzlagern, 
Diabasschiefer und Kalkstein auf. 

Das I. Lager hat vom Zechenhause bis zu seinem Ende an 
dem mächtigen Kieseleisensteinlager, welches am Tage im verlassenen 
Steinbruch der Stadtgemeinde Mähr.- Neustadt für die Zwecke der 
Strassenpflasterung seinerzeit abgebaut wurde, eine bauwürdige 
streichende Länge von 150 m. Die reichen Schlicherze 

Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 11 


89 Franz Kretschmer. [54] 


wechseln in der Mächtigkeit von 1'0 bis &5 und 5:5 m, 
indem sieh die Lagerstätte local zu mehr weniger langen Erzlinsen 
erweitert. Am Hangenden wird diese letztere von einem 13 bis 14 m 
mächtigen Kieseleisensteinlager begleitet, das identisch ist mit dem- 
jenigen, welches in dem erwähnten Steinbruche entblösst erscheint 
und hierorts am Hangenden auf der 1. Tiefbausohle ein schwaches 
und armesSchlicherzlager mitführt ; dasselbe hat sich, obwohl 
73 m im Streichen nach 3h 11° verfolgt, nirgends bauwürdig auf- 
gethan. Das I. Lager wird 6 bis 10m unter der. Tiefbausohle 
durch den oben geschilderten weissen bis hellgrauen 
und massigen Kalkstein abgeschnitten; die festen Kiesel- 
eisensteine am Hangenden setzen wohl in grössere Teufen herab, 
ohne jedoch bauwürdige Erzausscheidungen mitzu- 
führen. 

Das Hauptlager besitzt vom Zechenhause bis zum Ueber- 
brechen VII eine bauwürdige Länge von 159 m, von da setzt 
es noch 50 m in unbauwürdigem Zustande bis zum Verbindungs- 
querschlag IV fort, so dass dessen ganze Länge bis zum Ausbiss 209 m 
beträgt; seine Mächtigkeit ist starkem Wechsel unterworfen und 
schwankt von 10 bis 4, 65 und 8 m, doch kommen local 
auch stockförmige Erzausscheidungen vor, deren 
Mächtigkeit bis 14 und selbst 13 m anschwillt, allerdings 
sind diese grossen Erzkörper hauptsächlich durch grobschotterig 
desaggregirte Kieseleisensteine, welche bei der Erz- 
gewinnung ausgerecht werden müssen, verunreinigt. Wie die Profile 
Fig. 4 und 5 zeigen, wird das Hauptlager schon auf der I. Tiefbau- 
sohle, und zwar am Wetterofenschachte durch Kalkstein, 20 m 
im Streichen unterbrochen. Der letztere bildet daselbst eine aus- 
sedehnte, bis zur 3. Firstenstrosse emporragende Kuppe, 
welche an ihrer Oberfläche zu rundlich abgenasten 
Blöcken, Klippen und Felswänden zerfallen erscheint, 
und auf, sowie zwischen denen die Schlicherze und 
Kieseleisensteine sitzen. Von dieser Unterbrechung weiter 
gegen NO, fällt der Kalkstein unter die I. Tiefbausohle, wohin das 
Hauptlager S m tief hinabsetzt und dort in trichterförmigen 
und höhlenartigen Räumen im Crinoidenkalkstein 
lagert. Zahlreiche, ringsum abgenagte, viele Cubikmeter grosse 
Kalksteinblöcke — Ueberreste der hydrochemischen Vorgänge 
— finden sich auch hier lose in Schlicherzen eingebettet; 
sie reichten auch hier stellenweise bis zur dritten Firstenstrosse auf 
der I. Tiefbausohle hinauf. 

Durch ein Schiefermittel von 24 m abgesondert, folgt im nord- 
östlichen Felde das reiche Liegendlager; dasselbe ist auf der 
I. Tiefbausohle mit dem Verbindungsquerschlage II 95 m mächtig 
überfahren worden, bestehend aus sehr reichen Schlicherzen mit 
geringfügigen Schiefermitteln, während Kieseleisensteine fehlen. Die 
durchschnittliche Mächtigkeit schwankt von 7 bis 85m; 
gegen NO, wo sich auf der I. Tiefbausohle in sein Streichen Kalk- 
stein vorlagert und es abschneidet, schwillt dasselbe bis 10 
und 12 m mächtig an; gegen den südwestlichen Ausbiss sinkt 


[55] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 83 


seine Mächtigkeit bis auf 10 m herab. Die bauwürdige Länge 
beträgt 55 m, das Streichen ist 5h 2°, das Fallen 21h 2° unter 
X 57%; gegen die Wettersohle und oberhalb des Grundwasserniveaus 
wird dieses unten auffällig reine Lager von Kieseleisenstein- 
lagen begleitet; 10 m unter der ersten Tiefbausohle werden die 
reichen Schlicherze lettenartig, arm, zum grösseren Theile aber 
dureh viele Kalksteinblöcke und -Klippen verdrängt. 

Ausser den geschilderten Erzlagerstätten hat man beim Bergbau 
Pinke noch zahlreiche andere kleinere Erzausscheidungen angefahren 
und auch theilweise abgebaut, sie sind jedoch ohne jede Bedeutung, 
können daher füglich übergangen werden. 

Die vorwaltende Ausfüllungsmasse der bauwürdigen Lagertheile 
der Pinker Erzlagerstätten wird durch ein mulmiges Rotheisenerz, 
sogenanntes Schlicherz gebildet, dem etwas Wad in feiner Ver- 
theilung beigemengt ist; dasselbe hat ein erdig verwittertes Aussehen 
und ist infolge seines Wadgehaltes röthlichbraun abfärbend. Bei 
zunehmendem Wadgehalt wird das Erz bis bräunlichschwarz, sehr 
leicht, feinerdig und staubig, so dass es der Wind von der Halde 
trägt. Untergeordnet tritt auch dichtes bis faseriges, stufiges 
Rotheisenerz auf, in zoll- bis fussdicken parallelen Lagen mit 
dem Schlicherz wechsellagernd ; dasselbe enthält Magnetit in 
kleinsten Okta@dern und Körnchen sparsam eingestreut; es ist von 
kirschrother Farbe, ebenem, auffällig pseudoregulärem Bruch, 
ferner von sehr dünnschiefrigem Gefüge, gebräch bis mürbe, stark 
zerklüftet, daher leicht gewinnbar. Beide Erzvarietäten wirken in 
weit geringerem Maße auf die Magnetnadel, als die Meedler 
Erze; während dort die Compassmissweisungen beim Verziehen 8 
bis 150 betragen haben, sind hier nur solche von 1 bis 2'/° constatirt 
worden. Rückbildung in mulmiges Magneteisenerz, dadurch, 
dass sich stetig zunehmend Magnetit anhäuft, kommt häufig und 
zufällig auf den Schlicherzkörpern vertheilt vor. Die Stuferze ver- 
halten sich ebenso, und sind Uebergänge in stufige Magnet- 
eisenerze, insbesondere am Ausbiss, und als begleitende Hangend- 
oder Liegendschwarten der Rotheisenerzlager zu beobachten. Die 
Magnetite zerfallen häufig zu einem reschen Magneteisensand. 
Wo die Erze am Kalkstein aufsitzen, wechseln Partien rehr reicher 
mit armen, lettigenSchlicherzen, welche schliesslich in einen 
braunrothen, eisenschüssigen Letten übergehen. Die Frze 
der nördlichen Lagergruppe sind, wie die unten folgenden Analysen 
darthun, durchschnittlich 6°, reicher als jene der süd- 
lichen Lagergruppe. Insbesondere ist es das Liegendlager der 
ersteren Gruppe, welches auf der I. Tiefbausohle und der 
Gesenksohle ein sehr reiches Schlicherz führt, das durch 
seinen grösseren Gehalt an reschem Magneteisenerzmulm 
ausgezeichnet ist. 

Dem Verhalten der geschilderten Rotheisenerzlagerstätten zu- 
folge besteht die Erzförderung vorherrschend aus Schlicherzen, 
während Stuferze dagegen sehr erheblich zurücktreten und kaum 
10%/, der ganzen Förderung ausmachen. 


r1* 


84 Franz Kretschmer. [56] 


Die Kieseleisensteine und Eisenkiesel treten auf den 
Rotheisenerzlagern mit den Schlicherzen in bandförmig geordneten 
Streifen bis meterstarken Bänken parallel eingeschaltet auf, oder die 
ersteren bilden selbständige Lager und Lagerstöcke von ansehnlicher 
Mächtigkeit, denen die Rotheisenerzlager untergeordnet sind und 
unregelmässig bald am Hangend, bald am Liegend oder in der Mitte 
derselben zur Ausscheidung kamen. Beispielsweise besteht das 
Kieseleisensteinlager beim Wetterofenschacht zwischen dem Hangend- 
und Hauptlager, überwiegend aus gänzlich zerklüfteten 
und zu einem Haufwerk groben Schotters zerfallenen 
Kieseleisenstein mit schwächerenund stärkeren Lagen, 
Nestern und Butzen eines reichen Schlicherzes durch- 
setzt, so dass es sich lohnte, diesen 12 »m mächtigen Theil der 
Lagerstätte als Abrecherz abzubauen. Auch sonst müssen bei der 
Erzgewinnung die den Rotheisenerzschlichen eingelagerten Kiesel- 
eisensteine gut ausgerecht werden, worauf der Rückstand einen 
reichen Schlich liefert. Die Kieseleisensteine sind überwiegend 
geschichtet, doch fehlt nicht massige Structur; sie bestehen 
hauptsächlich aus Quarz mit beigemenstem Rotheisenerz, von 
welch’ letzterem die rothmelirte Farbe herrührt, ausserdem führen 
sie als ‘wesentlichen Gemengtheil Magnetit in Oktaädern oder 
körnigen Aggregaten in Leisten und Nestern. Accessorisch finden 
sich darin häufig blutrother Jaspis (dichter Eisenkiesel), ferner hin 
und wieder zahlreiche Pyritkrystalle, theilweise in Pseudomorphosen 
von Göthit nach Pyrit. Stellenweise verschwinden die Göthitwürfeln 
und das Gestein erscheint von hexaödrischen Zellen durchzogen, 
bisweilen mit Limonit-Stalaktiten ausgekleidet. Als Seltenheit 
findet sich Feldspath eingesprengt, auf Structurflächen öfters 
Ueberzüge von Psilomelan in traubigen und nierenförmigen Aggre- 
gaten. Zuweilen erscheinen die Kieseleisensteine zerfressen, 
porös, von cavernoser und zelliger Structur oder sie sind 
von grösseren erodirten Löchern durchzogen, theilweise aus- 
gefüllt mit einem mulmigen Rotheisenerz. Offenbar wurde die 
Kieselerde weggeführt, während das gleichfalls in Lösung über- 
segangene Eisenoxydul sogleich wieder zur Ausscheidung gelangte. 

Obige Eisenerzvarietäten sind — wie das in der Natur des Vor- 
kommens begründet ist — durch interessante Uebergänge miteinander 
verknüpft und ist insbesondere aus den nachfolgenden Analysen zu 
ersehen, dass von den reichen und milden Rotheisenerzen 
bis zu den armen und sehr festen Kieseleisensteinen eine 
continuirliche Reihe mit stetig sinkendem Fisengehalt 
und gleichzeitig steigendem Kieselerdegehalt besteht. 

Der Phosphorgehalt der Pinker Rotheisenerze ist schwankend 
und zwar enthalten die Schliche 0:09 bis 0'20°/,, dagegen die ge- 
brächen, schiefrigen Stufen abnehmend 0:07, die festen, derben Stufen 
0:06°/, Phosphor. Dieser Phosphorgehalt ist wohl gering, dessenunge- 
achtet ist die Zusammensetzung der Pinker Erze eine derartige, dass 
dieselben mit anderen Erzen gattirt, hauptsächlich zur Darstellung 
eines vorzüglichen Giessereiroheisens, nebenher auch für Thomasroh- 
eisen, jedoch nicht für Bessemerroheisen Verwendung finden. 


[57] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 85 


1 2 3 4 5 6 7 8 
Eisen, ...,..:....]} 58°13 | 47°69 | 45'04 | 43:88.| 54:51 | 33°04 | 25:00 | 17°02 
Mangan" ..T,.... ? 139| 0:89| 1801 — ? | Spur | — 
Kieselsäure . . . .|| 17'50 | 19'70 | 2475 | 23:00 | 17'00 | 50:30 | 63-30 | 71:80 
Thonerde ..... “. '3'25 | 545 | ‚698 | 7:30) — 230| Spur | — 
Kalkerde . . . . . 075| 075| 043) 0801| — 010| 0701. — 
Magnesia . . . . .|| Spur | Spur | 0'92 | Spur == ee 
Schwefel... . . || Spur | Spur | Spur ? = 010 ? — 
Phosphor . Jars j- ? 009| 013| — ? ? — 
Glühverlust '. . . .|| 200] 420] 205) 3406| — ? 030) — 
Nördliche Lagergruppe. 

1. Rotheisenerz-Schliche vom Hauptlager. 

2. Rotheisenerz-Schliche, Durchschnitt von den 3 Lagern, Wettersohle. 

5. Rotheisenerz-Stufen, schiefrig, gebräch, verwittert. 

6. Kieseleisenstein, wie er bis 1873 gefördert und verhüttet wurde. 

7. Kieseleisenstein, feste eisenarme Stufen. 

8. Kieseleisenstein, sehr fester eisenschüssiger Quarz. 


Südliche Lagergruppe. 
3. Rotheisenerz-Schlich, theilweise gemischt mit mürben schiefrigen 
Stufen, Durchschnittsprobe aus den Lagern IV, V und VI, Wettersohle. 


4. Rotheisenerz-Schlich, theilweise gemischt mit mürben schiefrigen 
Stufen, Durchschnittsprobe aus den Lagern IV, V und VI, I. Tiefbausoble. 


Der Grubenbetrieb Pinke. 


Obwohl den „Alten“ fast alle wichtigen Erzvorkommen auf den 
obengeschilderten Erzlagerzügen der mährisch-schlesischen Devon- 
formation bekannt waren, hat man am Pinker Berge nirgends Spuren 
ihrer Thätigkeit angetroffen, es scheint, dass ihnen dieses schöne 
Erzvorkommen unbekannt geblieben war. Der Bergbau Pinke wurde 
anfangs dieses Jahrhunderts durch den Gewerken Josef Zwierzina 
für das Eisenwerk Marienthal, bald darauf durch das damals dem 
Oberstkanzler Grafen Mitrowsky gehörige Eisenwerk Zöptau 
aufgenommen und je nach Lage der Eisenindustrie mit wechselndem 
Geschick betrieben; auf Perioden schwunghäften Betriebes folgten 
solche gänzlichen Stillstandes. Gegenwärtige Besitzer sind die Wit- 
kowitzer, dann die Zöptauer und Stefanauer Bergbau- 
und Eisenhütten-Gewerkschaft. 

Im Bergbauterrain bei Pinke liegt der Grundwasserspiegel 
2754 unter Tage (auf die Hängebank des Maschinenschachtes be- 
‘ zogen); anfänglich wurden bis dahin die beschriebenen Erzlager- 
stätten mittelst zahlreicher Haspelschächte abgebaut. Auch hat 
man einen Stollen herangetrieben, dessen Mundloch am NO-Fusse 
des Berges liegt, während seine ganze Länge (bis Maschinenschacht) 
5955 m beträgt; es ist jedoch der Zweck dieses Stollens nicht ein- 


86 Franz Kretschmer. [58] 


leuchtend, da derselbe (am Maschinenschacht) blos 24:69 m Saiger- 
teufe einbringt, somit der Grundwasserspiegel dort 284 m tiefer liegt, 
also zur Wasserlosung gar nicht dienen konnte und auch zur Förde- 
rung überflüssig war. 

Dem weiteren Vordringen in die Teufe setzten die Grundwässer 
unübersteigliche Hindernisse entgegen; wiederholte Versuche, mit 
Handpumpen tiefer zu kommen, waren erfolglos, man war dem- 
zufolge bemüssigt, 1875 zu einem Maschinenschacht zu greifen, 
welcher vom Zöptauer Zechenhause 55 m nach 16 h 11° im Hangenden 
der südlichen Erzlagergruppe angeschlagen wurde. Der Schacht er- 
hielt rectangulären Querschnitt 444 m X 175 m —= T'TT m? in der 
Zimmerungslichte gross, mit Eintheilung in 2 Förder-, 1 Fahr- und 
1 Pumpen-Trumm, seine ganze Teufe bis Sumpfsohle beträgt 72:10 m. 
Die I. Tiefbausohle wurde bei 4766 m, die II. Tiefbau- 
sohle bei 6714 m gefasst. Um die Wässer nicht zu Tage heben 
zu müssen, hat man den vorerwähnten Stollen zum Zwecke der 
Wasserableitung von den Pumpen benützt, doch hat sich dieser an 
sich gute Gedanke bei Pinke nicht bewährt, weil dadurch nicht nur 
nichts erspart wurde, sondern ein so langer, im blähenden Schiefer 
anstehender Stollen, wie die Rechnung zeigt, grössere Erhaltungs- 
kosten erforderte, als was eine stärkere Wasserhebmaschine und der 
Mehrverbrauch an Kohle im anderen Falle gekostet haben würde. 

Um schon während des Maschinenschacht-Abteufens Erze zu 
fördern und künftig für Wetter vorzusorgen, hat man aus den drei zur 
Wetterführung offen gelassenen Haspelschächten bei 30:15 m 
Teufe (auf den Maschinenschacht bezogen) eine Wettersohle 
angeschlagen. Bald nach Anfahrung der Erzlager auf der I. Tief- 
bausohle jedoch wurde der Bergbaubetrieb gleich den anderen Gruben 
auch hier, infolge der Nachwehen der grossen ökonomischen 
Krise des Jahres 1873, Mitte 1876 sistirt, demzufolge die 
Grundwässer wieder aufgegangen sind, während die neu auf- 
gefahrenen Vorbaue in den zersetzten Diabasschiefern 
und erdigen Schlicherzen anstehend, welche sich in 
Berührung mit Wasser zu breiartigen Massen auflösen, 
gänzlich zu Bruche gingen. Demzufolge gestaltete sich die 
gegen Ende 1881 erfolgte Wiederaufnahme dieses Bergbaues langwierig 
und kostspielig. 

Der Vorrichtungsbau auf der]. Tiefbausohle bestand 
in der Auffahrung des Hauptquerschlages, womit sämmtliche 
Lager der südlichen Gruppe im bauwürdigen Zustande verquert 
wurden, dagegen hat man das Marialager bei 118 m vom Maschinen- 
schacht im gänzlich verdrückten Zustande erreicht; sodann ist die 
nordöstliche Bausohlenstrecke im Lager IV durch die Ver- 
taubung hindurch bis zum Hangend- und Hauptlager der nördlichen 
Gruppe und weiter bis zum Ausbiss des letztgenannten Lagers auf 
280 m Länge aufgefahren worden. Die südwestliche Bausohlen- 
strecke hat man auf dem Lager V bis 166 m vorgetrieben. Nahe 
beieinander liegende Lager, wie IV, V und VI, sind mittelst der Bau- 
sohlenstrecke im Lager V abgebaut worden, um an Erhaltungskosten 
der sehr druckhaften Bausohlenstrecken zu sparen, während die 


[59] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 87 


anderen Lager durch Hilfsquerschläge, an denen die tonlägigen Vor- 
baue im Kreuzstreichen zu liegen kamen, in Abständen von 40 bis 
60 »n verbunden wurden. In gleicher Weise wurden die Lager I, II 
und III, theilweise auch IV von der Bausohlenstrecke im Lager I aus 
abgebaut. Die weiter auseinander liegenden, durch feste Mittel ge- 
trennten Lager der nördlichen Gruppe erhielten zum Theil 
jedes seine separate Bausohlenstrecke, da diese auch unter weit 
seringerem Druck zu leiden hatten. Die Vorbaue im Kreuz- 
streichen, als welche tonlägige Ueberhauen dienten, hat 
man hier mit Rücksicht auf die grössere Mächtigkeit durchschnittlich 
blos 30 m auseinander gelegt. 

Aehnlich gestaltete sich der Vorbau auf der Ill. Tiefbau- 
sohle, jedoch ist man daselbst mit der nordöstlichen Bau- 
sohlenstrecke hinter der verdrückten Zone anstatt auf das Haupt- 
lager der nördlichen Gruppe auf grosse domförmige Höhlen 
im CGrinoidenkalkstein gestossen, welche theilweise 
mit einem Haufwerk schotteriger Kieseleisensteine 
und mit Schlicherzen von den obensitzenden Erzlager- 
stätten ausgefüllt waren; gleichzeitig ergoss sich über eine 
Kalksteinterrasse ein Sturzbach durch die Strecke zum Maschinen- 
schacht! Hier sah man die Natur so recht bei der Arbeit! An diese 
Höhlen schlossen sich andere, verbunden durch labyrinthische, im 
Kalkstein ausgenagte grössere, theils offene, später mit Schlicherzen 
theilweise ausgefüllte Klüfte und Gänge. Am Hangenden der 
Höhlenkalksteine setzen blos höchst feste Kieseleisen- 
steine herab. Damit war die wichtige Thatsache constatirt, dass 
das Hangend- und Hauptlager nicht herabsetzen, viel- 
mehr in der Teufe gänzlich dureh Kalkstein verdrängt 
werden; dasselbe wurde später bezüglich des Liegendlagers fest- 
gestellt. Die weitere Auffahrung der letzterwähnten nordöstlichen Bau- 
sohlenstrecke in dem massigen Kalkstein erschien zu kostspielig und 
war man nach der solcherart erfolgten Abzapfung der Wässer ge- 
zwungen, die unter die I. Tiefbausohle 6 bis 8 m tief herabsetzenden 
Theile der Erzlager der nordöstlichen Lagergruppe mittelst Ge- 
senken abzubauen. 

Das Marialager, welches auf dem Mariaschachte II nur bis 
38 m Saigerteufe herabsetzt, hat man mittelst zweier Haspel- 
schächte und einem Wetterschacht vorgerichtet und blos 
zum kleineren Theile abgebaut. 

Beim Pinker Bergbau stand dieselbe Abbaumethode in Anwen- 
dung, wie sie beim Bergbau Meedl beschrieben wurde, nämlich 
Firstenbau mit Schmalstössen und unmittelbar nach- 
folgendem Versatz; bei grösseren Mächtigkeiten ist dieses Ab- 
bausystem mit dem Querbau combinirt worden. Zum Versatz dienten 
die in den Vorbauen fallenden Berge, so z. B. wurden dieselben von 
der tieferen auf die obere Sohle mittelst Fördermaschine gehoben 
und dort in die unterhalb befindlichen Firstenverhaue gestürzt. Die 
Gewinnung von Versatzbergen in Bergstrecken oder gar Berg- 
mühlen war untersagt, um die Vermehrung des ohnehin erheblichen 
Gebirgsdruckes zu verhindern. Durch die rasche Oxydation der 


88 Frauz Kretschmer. [60] 


anstehenden Schiefer und der Versatzberge, sowie den Fäulnisprocess 
des Grubenholzes ete. erhöhte sieh die Temperatur der Grubenluft 
auf den oberen Firstenstrossen so bedeutend, dass bei einer Tem- 
peratur des einziehenden Wetterstromes am Sohlquerschlage von 10 
bis 12° R., auf den Abbaustrossen 18 bis 200 R zu verzeichnen waren. 
Diese Verhältnisse erzeugten auf den Strossen sehr häufig matte 


Wetter, bewirkten aber eine rasche Regenerirung des Bergversatzes, 


welcher schon nach zwei bis drei Jahren vom gewach- 
senen Gebirge fast nicht zu unterscheiden war. 

Beim Ausbau hatte der Pinker Bergbau nicht jene Schwierig- 
keiten zu überwinden wie Meedl, es sind hier die mit breiartigen 
Massen angefüllten Wassersäcke nicht vorhanden. Dessenungeachtet 
hat man auch in Pinke gegen blähende, demzufolge stark 
druckhafte milde Schiefer anzukämpfen, insbesondere waren es 
die Bausohlenstrecken der südlichen Lagergruppe, soweit sie in zer- 
setzten Diabasschiefern anstehen, deren Erhaltung mit Schwierig- 
keiten verknüpft war. Gewöhnlich hat die Auswechslung der Zimme- 
rung nach kaum halbjährigem Bestande begonnen, um fast nicht mehr 
aufzuhören. Auf den Erzlagern und im Quergestein aufgefahrene 
Hauptvorbaue zeigten weit geringeren Druck. Auch hier mussten die 
Ein- und Vorbaue grossentheils in solider Getriebszimme- 
rung aufgefahren werden, sogenanntes „stumpfes Anstecken“ 
war nur bei gut stehendem, entwässerten Gebirge zulässig. Für den 
Ausbau in der ganzen Grube bestanden einheitliche Normal- 
profile mit folgender Lichtweite der fast durchgehends auf Zahn 


angefertigten Hauptzimmer, und zwar für Bausohlenquerschläge 2:15. 


x 1:05 m verglichen breit, für Bausohlenstrecken 2:05 X 0'90 m, für 
Wagenförderung, ferner Abbaustrecken, Querorte etc. 175 X 0:80 m, 
für ungarische Hundeförderung, Ueberbrechen zur Fahrung und För- 
derung 1'50 X 0:90 m. Dergleichen Normalprofile galten auch für die 
Haspelschächte und Gesenke, was den grossen Vortheil darbot, dass 
die Zimmerung überall passte, beim Rauben überall 
wieder verwendet werden und. von einer separaten 
Zimmerlingskühr in Vorrath nach billigen Gedings- 
sätzen aneefertigt werden konnte. 

Auf Grund langjähriger Erfahrung empfiehlt sich als bestes 
Mittel gegen das Blähen der Schiefer, welches die solideste 
Zimmerung so rasch zerdrückt, ein möglichst diehter Abschluss 
der blossgelegten Gesteinswände gegen die Einwirkung 
der mit Wasser geschwängerten Grubenatmosphäre. 
Auf Schrott ausgezimmerte Ein- und Vorbaue zeigten. sich 
widerstandsfähig, was aber zu kostspielig erschien, da man zuerst 
auf Trieb auszimmern muss und dann erst ausschroten kann. Als 
billigste Art hat. sich 'eine möglichst. hftdicht”ab- 
schliessende Verpfählung bewährt, die Pfähle müssen nach 
der Schnur gesäumt und die Strecke faßartig an First und Stössen 
dichtschliessend verpfählt, sowie die ganze Arbeit exact ausgeführt 
werden. Solcher Ausbau hat dem Blähen relativ am besten Widerstand 
geleistet; sogenannte „Gatter*“-Verpfählung, welche mit Pfahlmaterial 
spart, ist in diesem Falle verwerflich. Zur Conservirung der Gruben- 


[61] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 89 


zimmerung an weniger druckhaften und trockenen Stellen hat sich 
Anstrich mit Kalkmilch bewährt, weniger solcher mit Car- 
bolineum; ferner ist auf häufiges, regelmässiges Schwammkehren 
zu dringen. Obwohl der jährliche Holzaufwand lange nicht jene Höhe 
wie beim Bergbau Meedl erreicht hat, war derselbe immerhin gross 
genug, um einen wesentlichen Bestandtheil der Gestehungskosten 
auszumachen. 

In früherer Zeit hatte der Pinker Bergbau alljährlich während 
der Monate Juni, Juli und August aus den gleichen Ursachen wie 
Meedl unter mattem Wetter zu leiden, jedoch in verstärktem 
Maße; es kam soweit, dass die Erzförderung sowie jede andere Arbeit 
in der Grube wochenlang unterbrochen war, selbst im Maschinen- 
schacht konnte man nur bis zur I. Tiefbausohle gelangen und musste 
die Liederung der Pumpen von oben bewerkstelligt werden. Diesem 
Uebelstand begegnete man erfolgreich, durch Erbauung eines Tag- 
wetterofens auf dem Wetterschacht im Hangenden der nördlichen 
Lagergruppe. Um für 100 Mann in der Schicht und einem Wetter- 
bedarf von 5 m? per Secunde zu genügen, erhielt der Wetterofen 
1 m? Rostfläche und ist mit einer Blechesse von 0°79 m Durchmesser 
und 15 m Höhe auggerüstet worden. Die Einrichtung hat sich nach 
jeder Richtung hin bewährt und hatte der gedachte Bergbau seit dem 
noch niemals infolge matter Wetter eine Betriebsstörung zu erleiden 
gehabt. 

Die Wasserhaltung und Förderung besorgten zwei 
Maschinen und zwei Dampfkessel, untergebracht in einem 
Schacht-, Maschinen- und Kesselhause von 280 m? ver- 
bauter Grundfläche, Das Gebäude ist ebenerdig, massiv aus unge- 
brannten Ziegeln erbaut, was sich später nicht bewährte, da dasselbe 
infolge der bedeutenden Terrainsenkungen um den Maschinen- 
schacht stark zerrissen und aus dem Loth gekommen ist, so dass es 
theilweise abgetragen und reconstruirt werden musste. Wegen der 
geschilderten Gebirgsbeschaffenheit bildeten sich über den ausgehauten, 
wohl versetzten Räumen, dessenungeachtet insbesondere in der süd- 
lichen Lagergruppe, tiefe abflusslose Pingen, der Maschinen- 
sehacht kam ungefähr 125 m dergestalt aus dem Loth, 
dass:er sich mit-seinem Tagkranz’ gegen die Pingen 
neigte. Ausserdem zeigte sich eine langsam fortschreitende Setzung 
des Maschinenschacht - Tagkranzes sammt dem Taggebäude, den 
Maschinen, Kesseln und Pumpen im verticalem Sinne, welche 
schliesslich die Grösse von ungefähr 1'50 m erreichte 
und die Ursache häufiger Reparaturen war. 

Die Wasserhaltungsmaschine ist horizontal angeordnet, 
doppelt wirkend, mit Mayer’scher Expansionsschieber-Steuerung und 
mit einem Dampfstrahl-Condensator nach Körting ausgerüstet. Der 
Dampfeylinder hat 0'277 m Bohrung, Kolbenhublänge 0'610 m und 
beträgt die Leistung der Maschine im normalen Betriebe an der 
Maschinenwelle, d. i. bei 033 Füllung, 45 Atmosphären effectiven 
Kesselüberdruck und 65 Touren pro Minute (ohne Berücksichtigung 
der Condensation) 11 Pferdestärken; bei 05 Füllung und sonst 
gleichen Bedingungen effecetuirte die Maschine 154 HP. 

Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 12 


90 Franz Kretschmer. [62] 


Die Pumpentransmission besteht aus einem Zahnradvorgelege 
1:5 und zwei Kunstwinkeln von 1'263 m Schenkellänge für die 
beiden Hubpumpensätze und 1'583 m für den Speisewasserdrucksatz. 
Diezwei Hubpumpen haben eine Öylinderbohrung von 0'217 m und 
0:946 m Kolbenhublänge, gusseiserne Steigrohre von 0'240 m Licht- 
weite und darin durchgehenden schmiedeisernen Gestänge mit Keil- 
muffen 35 mm stark; es erhielten also auch diese Pumpen die zweck- 
mässige Einrichtung, dass Liederung und Reparatur von oben erfolgen 
konnte, was sich in den vorausgesehenen Fällen des Ersaufens der 
Grube und bei Wetternoth als sehr betriebssicher erwiesen hat. 
Beide Pumpen hoben die Wässer aus dem Schachtsumpf blos auf 
die Stollensohle, so dass die Förderhöhe sich auf 49 m reducirte, 
während die Plungerpumpe von 0'145 m Durchmesser und 1'184 m 
Hublänge die nöthigen Speise- und Condensationswässer aus 24:69 m 
Teufe zu Tage lieferte. 

Seit Eintritt des Beharrungszustandes betragen die Wasser- 
zuflüsse 8 Secundenliter, und werden diese von den Pumpen 
normal in 13 Spielen bewältigt, wobei letztere 16 Stunden im 
Betriebe bleiben, während restliche acht Stunden auf Stillstände 
entfallen. Anfänglich waren 11 Seeundenliter und bei Wasser- 
durchbrüchen, sowie bei der Gewältigung der aufgegangenen Grund- 
wässer im Jahre 1882 bis zu 16 Secundenliter zu halten, 
wobei die Wasserhebmaschine im Maximum zwei bis drei Stunden 
per Tag- und Nachtschicht stehen durfte; dementsprechend war der 
Kohlenverbrauch für Wasserhaltung und Förderung anfangs 
18°5 q per 24 Stunden, welcher später nach Abzapfung des Wasser- 
magazins successive auf 10'8 g herabsank. 

Die Fördermaschine von nominell 15 Pferdestärken ist 
ebenfalls horizontal aufgestellt, doppelt wirkend, mit Gocch’scher 
Coulissenumsteuerung ausgerüstet. Der Kolbendurchmesser ist 0'277 m, 
die Kolbenhublänge 0'610 m. Zahnradvorgelege 1:5 überträgt auf 
den Treibapparat, bestehend aus zwei cylinderischen Seiltrommeln 
von 1'95 m Durchmesser, wovon eine fix das Unterseil, die andere 
lose mit Mitnehmer versehen, das Oberseil trägt. Die Seilscheiben 
haben 1'935 m Durchmesser, als Förderseile dienen Gussstahldrahtseile, 
bestehend aus sechs Litzen & acht Drähten Nr. 16, sie haben 17 nm 
Durchmesser und wiegen per laufenden Meter 1'06 kg. Die äussere 
Seilbelastung setzt sich zusammen aus 350 kg Gewicht der Förder- 
schale, 200 kg Gewicht des leeren Wagens, 470 kg Nettoförderlast, 
zusammen 1020 kg; demzufolge beträgt die wirkliche Leistung der 
Maschine beim Anhube 13:5 HP. Die Förderschalen haben Östrauer 
Fangvorrichtung, als Aufsetzvorrichtung diente ebenfalls die bekannte 
Ostrauer Construction. Die Förderung geht in den Hauptvorbauen 
durchwegs in Förderwagen auf Vignolschienenbahn von 0'450 m Bahn- 
spurweite vor sich, nur in den Abbaustrecken auf den Firstenstrossen 
stehen ungarische Förderhunde in Verwendung. 

Die Wandpumpe zur Kesselspeisung hat 0'091 m 
Durchmesser des Dampfeylinders, 0'089 m Plungerdurchmesser und 
0'234 m gemeinschaftlichen Hub. 


[63] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 91 


Zur Dampfbeschaffung sind im Kesselhause zwei gleiche, 
für SAtmosphären Ueberdruck concessionirte Bouiller- 
kesseln untergebracht, dieselben haben nachstehende Abmessungen: 
Länge des Oberkessels 8'798 m, Durchmesser desselben 1'106 m; 
Länge des Siederohres 8'060, Durchmesser 0'790 ın, die Heizfläche 
beträgt 38°6 m?, Höhe der Blechesse (über dem Rost) 177 m, deren 
Durchmesser 0'48 m. 

Der Witkowitzer Bergbau bei Pinke förderte von 1882 
bis inel. 1890 durchschnittlich jährlich mit dem Mannschaftsstande 
von 50 Köpfen 50.000 4 Rotheisenerz-Schliche gemischt mit reichen 
schieferigen Stufen. Dagegen erzielte der Zöptauer und Stefan- 
auer Bergbau in den letzten 12 Jahren (1883 bis 1894) mit der 
durehschnittlichen Belegschaft von 60 Mann, die Durchschnitts-Jahres- 
förderung von 50.000 q überwiegend reiche Schlicherze. Die pro Kopf 
der beschäftigten Arbeiteranzahl erzielte, jährliche Erzförderung ist 
somit im ersteren Falle 1000 y und im zweiten 833 q. Die Gestehungs- 
kosten pro 100 %y ealeulirten sich oberhalb des Grundwasserspiegels 
mit 26 kr., unter demselben sind sie durch die hinzukommenden 
Wasserhaltungskosten etc. theurer geworden, und zwar in der Periode 
des gemeinschaftlichen Betriebes, wo die Jahresförderung fast 100.000 q 
betrug, vertheilten sich alle Spesen günstiger, demzufolge sich die 
Erzeugungskosten auf 38 kr. stellten, später, in der Periode des 
Alleinbetriebes, wo die ganze Förderung auf 60.000 q zurückgegangen 
war, erhöhten sie sich auf 44 kr. pro 100 q. 

1000 4 der Erzförderung absorbirten einen Materialauf- 
wand von: 

IL7g Kesselkohle 

438 fm Grubenholz 
155 Stück Schwarten 

148 kg diverses Eisen 
— ,„ Dynamit 

462 „ Grubengeleucht. 


Obwohl der Pinker Bergbau zum überwiegenden Theile abgebaut 
erscheint. so ist dessen ungeachtet auf den verbliebenen 
Lagertheilen noch ein jahrelanger Betrieb möglich. 
Wie aus obiger Darstellung erhellt, setzen die Lager I, II, II, V 
und VI der südlichen Lagergruppe unter die II. Tiefbausohle herab, 
jedoch mit der Einschränkung, dass die Lager I, II und IV bereits 
auf der II. Tiefbausohle Kalksteinmittel aufnehmen, dadurch an 
Mächtigkeit einbüssen und im Streichen kürzer werden, wahrscheinlich 
in geringer Teufe unter letzterer Sohle durch Kalkstein gänzlich 
verdrückt werden; dagegen ist bis nun auf den Lagern V und VI kein 
Kalkstein zu sehen gewesen und setzen die letzteren in schöner 
Mächtigkeit und gleicher Qualität der Erze weiter herab, so dass 
die Fassung einer III. Tiefbausohle rationell erscheint. 
Ausserdem sind auf den beiden Tiefbausohlen bauwürdige Pfeilerreste 
und Lagertheile der Erzlager I, II, V und VI, sowie am Marialager 
zurückgeblieben; speciell beim Sophien-Fundschacht und 
in der westlichen Fortsetzung gegen das Dorf Pinke 

12* 


92 Franz Kretschmer. . [64] 


sind noch unverritzte Theile der Lager HI und IV an- 
stehend, da dort seit Inangriffnahme des Tiefbaues nichts gemacht 
wurde. | 

Die Lager der nördlichen Gruppen werden nach der Teufe — 
wie weiter oben ausgeführt — sämmtlich durch Kalkstein abgeschnitten 
und erscheint ihre Hauptmasse bis dahin abgebaut; nur am Hangend- 
lager stehen noch unter dem Stollen zurückgebliebene Sicherheits- 
pfeiler, desgleichen ein Theil der Sicherheitspfeiler für die Bau- 
sohlenstrecke im Hauptlager, sowie jene der verlassenen Bausohlen- 
strecke im Liegendlager zur Gänze, und zwar sind es in den beiden 
letzten Fällen fast drei Abbaustrossen. 

Approximativ kann das beim Pinker Bergbau noch heute an- 
stehende, absolut und relativ aufgeschlossene Erzvermögen 
auf mindestens 300.000 q reicher Schlicherze, mit etwas 
Stufen untermischt, geschätzt werden, wobei aber der 
sehr wahrscheinliche Aufschluss neuer Erzlagerstätten 
unberücksichtigt bleibt. 

Der Pinker Bergbau ist anfangs September 1895 wegen grosser 
Erzvorräthe eingestellt worden, es dürfte sich aber bei günstiger Con- 
junetur und vorher zusammengeschlagenem Montanbesitz verlohnen, die 
Kosten einer neuerlichen Wassergewältigung daran zu wagen, um die 
zurückgebliebenen Erzlagertheile und Pfeilerreste zu holen. 


Am Schlusse der Darstellung über das Meedler und Pinker Erz- 
vorkommen angelangt, möchte wohl auch die Frage, betreffend die 
Genesis der geschilderten Eisenerzlagerstätten, in den 
Kreis der Erörterung gezogen werden. 

Dadurch, dass der Pinker Bergbau in der relativ geringen Teufe 
von 48 m saiger, auf dem oben erwähnten Orinoiden-Kalkstein gestossen 
ist, auf welchem der grösste Theil der Pinker Eisenerzlagerstätten 
aufsitzt, ergab sich für die Beantwortung der gedachten Frage eine 
gesicherte Grundlage; führen doch schon die Profile 3, 4 und 5, 
Taf. IV (2) an und für sich in dieser Hinsicht eine sehr verständ- 
liche Sprache. 

Die ursprüngliche Stratification am Pinker Berge bestand aus 
normalen Diabasschiefer mit untergeordnetem Mandelstein und 
deren Tuffen im Wechsel mit Kalkstein- und Kiesellagern. 
Ein instructives Bild hievon bietet insbesondere die mit dem Wetter- 
querschlage auf der Il. Tiefbausohle im südwestlichen Maschinen- 
schachtfelde durchfahrene Gesteinsreihe, wo dieselbe noch in ihrer 
Ursprünglichkeit erhalten ist. 

Die Erzlager sind demnach nicht gleichzeitiger, 
sondernspätererodersecundärerEntstehung auf hydro- 
chemischem Wege; es hat eine Art Metasomatosis im 
Grossen stattgefunden, so dass die äussere Form und 
die Structur der Kalksteinlager auch den Eisenerz- 
lagern erhalten blieb. Wahrscheinlich vom Kopf der 
SchichtenherwurdesuecessivederKalkstein alsDoppel- 
carbonat weggeführt und gleichzeitig Eisencarbonat 
an seine Stelle abgesetzt, letzteres wurde durch sauerstoff 


| 


[65] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 95 


reiche Wässer sogleich höher oxydirt als Eisenoxydhydrat ausgeschieden, 
die Kohlensäure in Freiheit gesetzt, welche wieder neuerdings als 
Lösungsmittel in den Kreislauf treten konnte. Das Eisenoxydhydrat 
sing dann durch den Verlust des Wassers in Rotheisenerz und durch 
Desoxydation endlich in Magneteisenerz über; jedoch war dieser 
Umwandlungsprocess nicht durch die ganze Masse der Erzablagerung 
sleichmässig gediehen, so dass Roth- und Magneteisenerz nebenein- 
ander vorkommen. 

Auf diese Weise sind aus den Kalksteinlagern die Eisenerzlager 
hervorgegangen. In oberen Teufen, im Oberbau (oberhalb des Grund- 
wassers) bis hinab zur dritten Strosse auf der I. Tiefbausohle fand 
sich nirgends eine Spur von Kalkstein; er ist der Ge- 
steins-Metamorphose gänzlich zum Opfer gefallen, so 
radical hat dieser Umbildungsprocess gewirkt! Dagegen gehört dem 
Kalkstein als Primärgestein die Teufe. 

Das Eisen stammt jedenfalls von den Diabasschiefern, denen 
die Kalksteine eingeschaltet waren oder es noch sind und welch 
erstere etwa 5—15°/, manganhaltiges Eisenoxyd führen ; insbesondere 
ist der in den Diabasschiefern einen wesentlichen Gemengtheil bildende 
Chlorit durch hohen Eisengehalt ausgezeichnet. Wie die diesfällige 
Analyse nachweist, enthalten die gleichgearteten und benachbarten 
Ausseer Diabasschiefer die abnorm grosse Menge von 19'800), mangan- 
haltigem Eisenoxyd. 

Neben einem Theil des Eisengehaltes haben die in Begleitung 
der FEisenlager auftretenden Diabassschiefer auch einen grossen 
Theil ihrer Kieselerde inLösung gegeben, während die 
Thonerde zur Gänze zurückgebliebenist, wie durch Bausch- 
analysen nachgewiesen wurde; so z. B. enthält der relativ fast unver- 
änderte Diabasschiefer aus dem Hangenden des Pinker Hauptlagers 
64'850/, Kieselerde und 17'88°/, Thonerde, während dessen Zersetzungs- 
product, die bolartige Masse vom Marialager, blos 37°95°/, Kieselerde, 
hingegen 35°84°/, Thonerde ergab. Je nach dem nun in den Mineral- 
lösungen das Eisen oder die Kieselerde mehr oder weniger vorherrscht, 
präcipitirten nun, die Stelle des Kalksteins einnehmend. mehr oder 
weniger reiche Magnet-Rotheisenerze oder Kieseleisensteine, wie dies 
an der Ausbildungsform der Pinker Eisenerzlagerstätten zu beob- 
achten ist. 

Der gedachte Auslaugungsprocess, welchem einerseits die Bildung 
der Pinker Eisenerzlagerstätten zu danken ist, bewirkte andererseits 
die mehr oder weniger vorgeschrittene Modificirung der Diabas- 
schiefer, indem Eisen und Kieselerde weggeführt, da- 
segen Wasser aufgenommen wurde, bis schliesslich nur 
ein theilweise eisenschüssiges Thonerde-Magnesia- 
silieat von hohem Wassergehalt zurückblieb, nämlich 
jene fettiganzufühlenden, milden letten- und bolartigen 
Massen, welche weiter oben im petrographischen Theile der Gegen- 
stand eingehender Schilderung waren. 

Gleichzeitig mit diesen hydrochemischen Vorgängen, welche zur 
Entstehung der Erzlager führten, erfolgte noch eine Anreicherung 
der Erzmittel in derArt, dass die Kieselerde der eisen- 


94 Franz Kretschmer. [66] 


schüssigen Massenquarze zum Theil ebenfalls frei 
wurde, während das mitgelöste Eisencarbonat sogleich 
in der Form als mulmiges Roth- und Magneteisenerz 
secundär zur Ausscheidung kam. Hiefür sprechen die in den 
festen Kieseleisensteinen ausgefressenen zahlreichen Gruben, Hohl- 
räume etc., welche Reste von Roth- und Magneteisenmulm umschliessen, 
dann das schotterige Haufwerk von Kieseleisenstein, gemischt mit 
Roth- und Magneteisenmulm, zu welchem die Kieseleisensteinlager 
örtlich zerfallen sind. 

Betrachtet man die Profile Fig. 5, 4 und 5, Taf. IV (2), so ist 
wohl an eine ursprüngliche magmatische Spaltung in der Art, dass 
das Magneteisenerz, beziehungsweise Rotheisenerz primär auf den 
gedachten Lagerstätten zur Ausscheidung gelangte, kaum zu denken. 

Aehnliche Bildungsvorgänge mögen äuch zur Entstehung der 
Meedler Eisenerzlagerstätten geführt haben, obwohl dort noch nicht 
jene Teufe erreicht ist, wo die Erze nachweislich auf Kalkstein auf- 
sitzen; dagegen hat man daselbst im Oberbau wiederholt schwache 
Kalksteinbänke in Wechsellagerung mit dem Diabasschiefer überfahren. 

Auf die mit Pinke ähnliche Art der Genesis weist ausser dem 
gleichen petrographischen Verhalten der Umstand hin, dass auch 
dort die stark zersetzten Diabasschiefer und bolartigen 
Massen, welche die Erzlager umgeben und deren Zer- 
setzungsstadium mit der Entstehung der letzteren im 
engen Connex steht, nach der Teufe weniger zersetzt 
und fester erscheinen; schon auf der Il. Tiefbausohle des 
Meedler Maschinenschachtes finden sich die oben beschriebenen zahl- 
reichen Blöcke, Schollen und Lager von intaktem Diabasschiefer, 
während oberhalb dieser Sohle die Nebengesteine der Erzlagerstätten, 
durchwegs hochgradig zersetzt, erscheinen. In welche Teufe jedoch 
die hydrochemische Umsetzung der Carbonate und Silicate hinabge- 
reicht hat, beziehungsweise wo die Erze aufhören und die 
Kalksteineinihrer Ursprünglichkeitlagern, darüber fehlen 
bei Meedl bis nun nähere Anhaltspunkte; jedoch ist nach Analogie des 
Pinker Vorkommens mit hoher Wahrscheinlichkeit der Schluss zulässig, 
dass dies ebenfalls in keiner grossen Teufe sicherlich der Fall sein 
wird. Das Auskeilen, beziehungsweise Aufsitzen der Pinker, voraus- 
sichtlich auch der Meedler Eisenerzlagerstätten nach der Teufe, steht 
im ursächlichen Zusammenhange und erhält hiedurch die Anschauung 
von deren secundärer Entstehungsweise vom Kopf der 
Schichten her, eine wichtige Stütze. 

Während die intakten Diabasschiefer und deren Tuffe imper- 
meable Gesteine sind, worin die Wasserzuflüsse stets gering waren, 
erscheinen die umgewandelten und zersetzten infolge der 
erlittenen Substanzverluste und der damit ursächlich zusammen- 
hängenden Volumverminderung als mehr oder wenigerintensiv 
mit Wasser angesoffene Gesteinsmedien. Die grösste 
Wasserdurchlässigkeit besitzen jedoch die Eisenerz- 
lager und die sie begleitenden Kieseleisensteinlager 
selbst, was sich beim Grubenbetriebe in der Art äusserte, dass das 
jedesmalige Anhauen der Erzlager auf den einzelnen Bausohlen mehr 


j 
| 


[67) Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 95 


oder weniger intensive Wassereinbrüche zur Folge hatte, verknüpft 
mit einer mehrtägigen Inundation der Grubenbaue. Zeigten sich 
vor den Ausrichtungsbauen auffällig verstärkte Wasserzuflüsse, so 
konnte mit einiger Sicherheit auf die Nähe der Erzlagerstätten ge- 
schlossen werden. Diese Erscheinung, sowie die damit ursächlich ver- 
knüpfte grosse Klüftigkeit der Erzlager — welche so weit geht, dass 
dieselben, wie oben erwähnt, bis zu einem schotterigen Haufwerk 
zerfallen sind — als auch zahlreiche nesterförmige Hohlräume darin 
haben ihre Ursschen in der Volumverminderung, welche da- 
durch entstanden war, dass das erstlich anwesende Eisencarbonat, 
successive in Eisenoxyd und Eisenoxyduloxyd übergeführt wurde. 
Dividirt man nämlich die absoluten Gewichte durch die specifischen 
des Siderits und des Maenetits, so ergibt sich für den letzteren ein 
um 51%, geringeres Volumen gegenüber dem Spatheisen, aus 
welchem das Magneteisen hervorgegangen. Die durch die gedachte 
Volumabnahme hervorgebrachte Klüftigkeit der Erzlager bedingt die 
grössere Durchlässigkeit für Wasser, denn diese ist abhängig von der 
Anzahl der Durchgangsöffnungen, welche ein bestimmter Querschnitt 
darbietet. Poröse und klüftige Massen werden im Gegensatze zu den 
dichten massigen stets grössere Wassermengen ergeben. 

Die entstandenen Hohlräume und Klüfte füllten sich unter dem 
(Grundwasserniveau mit Wasser, welches dann beim Anfahren der 
Erzlager die Veranlassung zu den Wassereinbrüchen wird. 


D. Das Bergrevier Sternberg. 


Der im Westen der Stadt Sternberg verbreiteten, oben geschilderten 
Zone mächtiger Diabasgesteine mit Thonschiefer- und Grauwacken- 
sandsteinlagern wechselnd, sind zahlreiche Eisenerzlagerstätten unter- 
geordnet, welche insbesondere Ausscheidungen und Anhäufungen am 
Contact von Diabas und Thonschiefer darstellen und eine durch das 
gleiche Auftreten bedingte Aehnlichkeit mit dem Erzvorkommen bei 
Bennisch und Umgebung aufweisen !); sie sind geognostisch von be- 
sonderem Interesse und technisch hochwichtig. Dieselben waren mit 
wenigen Ausnahmen bereits den „Alten“ bekannt, welche darauf, wie 
überhaupt auf dem ganzen Erzlagerzuge der Mandelsteinzone Stern- 
berg-Bennisch, im Mittelalter einen blühenden Bergbau betrieben 
haben, der später durch Jahrhunderte geruht, bis derselbe anfangs 
dieses Jahrhunderts zu neuem Leben wieder erwacht ist und je 
nach der Conjunetur der Eisenindustrie mit wechselndem Geschick 
betrieben wurde. Was die „Alten“ auf den ihnen bekannten Eisen- 
erzlagern oberhalb des Grundwasserspiegels zurück- 
gelassen haben, hat der neuzeitige Bergbau vollends weggebaut, die 
den „Alten“ nicht bekannten oder von denselben nicht gebauten 
Lagerstätten sind seither bis zu diesem Niveau ebenfalls fast gänzlich 
zu Ende verhauen worden, so dass heute oberhalb des natürlichen 
Grundwasserspiegels nur belanglose Pfeilerreste und Lagertheile an- 


!) F. Kretschmer: Die Eisenerzbergbaue bei Bennisch (Schlesien). Oesterr. 
Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwes. XLII, 1894, Nr. 15 u. 16. 


96 Franz Kretschmer. 1 9arl [68] 


stehen; die Erzlager setzen aber abbauwürdig in weitere Teufen 
herab, wo sie des Aufschlusses durch Stollen- oder Maschinenschacht- 
anlagen harren. 

Um im Sinne einer übersichtlichen Ordvung vorzugehen, sollen 
die gedachten Lagerstätten, so wie sie am Streichen in annähernd 
demselben Schichtenniveau liegen, vom Liegenden der ausgedehnten 
Sternberger Mandelsteinzone beginnend und zum Hangenden fort- 
schreitend, aufgeführt werden, und zwar: 


a) Gabrielenzeche am Altarstein nordöstlich Rietsch. 


Jenseits des Kalkgraben am Altarstein findet sich ein von dem 
übrigen Mandelsteingebiet durch zwischengelagerte blaugraue Kalk- 
steine und dachschieferähnliche Thonschiefer isolirtes Mandelsteinlager 
von untergeordneter Verbreitung. Oberhalb des Altarsteins, rechts 
vom alten Deutsch-Hauser Verbindungswege im ehemaligen Rietscher 
Gemeindewalde, wird dieser Mandelstein an der Grenze gegen die im 
Liegenden unterteufenden Grauwacken von armen Brauneisenerzen 
begleitet, welche bis zu Tage ausstreichen, leicht gewinnbar sind, in 
reiche feinkörnige bis dichte dunkellauchgrüne Magneteisenerze 
übergehen, die hier in den Fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts 
durch mehrere Schächte gewonnen und im Stefanauer Hochofen ver- 
hüttet worden sind. 


b) Sophienzeche in Liskowetz südlich Rietsch. 


An dem westlichen Gehänge der Höhe Liskowetz im Rietscher 
(remeindewalde lagert im Mandelstein ein untergeordnetes Vorkommen 
eines reichen Magneteisenerzes, das zum Theil eine beginnende Um- 
wandlung in Rotheisenerz darbietet und das durch mehrere Schurf- 
baue untersucht, jedoch nicht weiter aufgeschlossen ward. 


c) Georg-Hugozeche im Liskowetz nordwestlich Krokersdorf 
und Robertzeche im Kuhgraben südöstlich Rietsch. 


Von der Bezirksstrasse Sternberg—Römerstadt eirca 300 m 
entfernt, stösst man im gutsherrlichen Walde auf den südöstlichen 
Abhängen des Liskowetz auf einen grösseren, vom Tagbau der „Alten“ 
herrührenden Pingenzug, und zwar zunächst auf die ungefähr 160 m 
langen Pingen auf Georgzeche, dann folgen jene der Hugozeche mit 
120 m Länge und nach einer längeren Unterbrechung die eirca 180 m 
lange Pinge der Robertzeche im Kuhgraben. Es sind im wesentlichen 
drei im selben Schichtenniveau aneinandergereihte Erzkörper, welche 
im Liegenden von Thonschiefer, darunter Grauwackensandstein, im 
Hangenden von Diabasmandelstein umschlossen sind; letztere häufig 
in typischer Ausbildungsform mit mohn- bis schrottkorngrossen Kalk- 
spath-Secretionen. 

Speciell der Georgzecher Erzkörper hält 152m im 
Streichen an, das zwischen 2h bis 3h schwankt, während sein 
Fallen OSO unter X 50° erfolgt, dessen Mächtigkeit von 10 


De Zu ee ee 


[69] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 97 


bis 52m wechselt. Nachdem die Grenzen der Verdrückung des 
Erzlagers im Streichen gegen die Teufe divergiren, so wächst die 
streichende Baulänge mit zunehmender Teufe. Das Erzlager besteht 
überwiegend aus einem feinkörnigen, eisenschwarzen, 
glänzenden Magneteisenerz, das in der Grube gesprengt 
werden muss, somit als Stuferz bricht, das jedoch am Tage in Be- 
rührung mit den Atmosphärilien seine Farbe allmälig in graubraun 
bei Verlust des Glanzes verändert und zu einem Brauneisenerz 
ähnlichen Schlich zerfällt; es stehen jedoch auch mulmige Magnet- 
eisenerze an. Verwitterung zu Brauneisenerz kommt häufig 
vor, das auch zuweilen in grösseren Bestandmassen auf der Lager- 
stätte einbricht; seltener sind Uebergänge in Rotheisenerz. Die 
Erze sind häufig von weissem und gelbem Kalkspath in Adern und 
Trümmern durchzogen, hie und da werden auf Brauneisenerz sitzend, 
schöne Drusen rhomboedrischen Kalkspaths gefunden. 

Analyse der stufigen Magneteisenerze unter I, pag. 117, Ana- 
lyse der mulmigen Magneteisenerze unter II ebendaselbst. 

Zum Aufschluss und Abbau dieser Erzlagerstätte diente 
neben mehreren Haspelschächten der Liskowetzer Stollen, 
dessen Röschenmundloch die Stollenwässer in den „Goldene Ente“ 
genannten Bach 500 m westlich Krokersdorf ausgiesst. Derselbe hatte 
unterwegs vier Lichtschächte, erreichte bis zum Erzlager (Schacht V) 
die Länge von 860'7 m, während die daselbst eingebrachte Saigerteufe 
35°19 m beträgt. Dieser Stollen ist als Sohlstrecke auf dem Erz- 
lager und darüber hinaus auf 95 mn fortgesetzt worden und obwohl 
die Erze in Gestalt von untergeordneten Putzen und Nestern weiter- 
streichen, hat man den Weiterbetrieb gegen Hugo und Robert wegen 
der in grösserer Menge zusitzenden Wässer sistirt; es erscheint 
jedoch die Wiederaufnahme dieses Stollenbetriebes hoffnungsreich. — 
Nachdem das Erzlager über der Stollensohle vollständig zu Ende 
verhauen war, hat man dasselbe mit zwei tonlägigen Ge- 
senken bis zur flachen Teufe von 5'7m unter der. Stollensohle 
abgebaut, dabei die Wasserzugänge mittelst Schlepppumpen gehalten. 
Die Mächtigkeit des Erzlagers soll nach Angabe der alten Bergleute 
auf der Unterwerkssohle noch unverändert angetroffen worden sein, 
was jedoch der Bestätigung bedarf. 

Der Hugozecher Erzkörper ist wesentlich kürzer im 
Streichen, ungefähr 120 m, und bricht auf demselben überwiegend 
ein aus der Verwitterung hervorgegangenes, dichtes und ockriges 
Brauneisenerz, das übrigens ähnliche Verhältnisse darbietet, 
wie das folgende Robertzecher Erzlager. Der gedachte Erzkörper 
ist bis zum natürlichen Grundwasserspiegel gänzlich abgebaut. jedoch 
sind hier nach der Teufe noch ansehnliche Erzmittel zu erhoffen. 

Wichtiger als der vorgenannte, erscheint der folgende Robert- 
zecher Erzkörper im Kuhgraben, 0'87 km südöstlich Rietsch; 
er streicht 4h, fällt 10h unter X 50 bis 600%, seine Mächtig- 
keit in oberen Teufen beträgt 30 bis 35m und in der 
Sohlstrecke am natürlichen Grundwasserspiegel 1 
bis 5'7 m, woselbst er auch 209 m, weiter oben blos 171 m im Streichen 
bauwürdig anhält, so dass auch hier die Grenzen der Verdrückung 

Jahrb. d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 13 


98 Franz Kretschmer. [70] 


an den beiden Lagerenden gegen die Teufe divergiren. — Der Erz- 
körper enthält oben fast ausschliesslich dichte, sowie ockerige Braun- 
eisenerze, wovon nur ungefähr 25°, Stufen, während die Schlicherze 
den Rest ausmachen. Auch dieses Erz stellt sich als ein Rück- 
bildungs-Product des Magneteisenerzes dar, was leicht nach- 
weisbar ist an den im Lager einzeln vorkommenden Stufen, die aussen 
in mulmiges Brauneisenerz umgewandelt sind, während der un- 
regelmässige Kern sich noch im Magnetit-Zustande 
befindet. Ausserdem gehen die Brauneisenerze dicht unter dem 
Grundwasserspiegel — der dahier im Mittel 45'2 m saiger unter 
Tage liegt — fast gänzlich in bläulichschwarze, stufige 
Magneteisenerze über. Uebergänge der reichen Erze: durch zahl- 
reiche Mittelglieder in eisenarme Kieseleisensteine fehlen auch 
hier nicht. 

Im Liegenden des Robertlagers steht hellgrauer bis bläulich- 
schwarzer, durch Verwitterung strohgelb gefleckter Thonschiefer, 
welcher in der Mächtigkeit von 0'5 m bis zu mehreren Metern 
wechselt und weiterhin wahrscheinlich durch den nordwestlich des 
Hugozecher Lagers in einem Steinbruche zu Tage tretenden Grau- 
wackensandstein unterteuft wird; dagegen bildet das unmittelbare 
Hangende ein schiefriger Mandelstein in mehr oder weniger 
verwestem Zustande, und zwar ist das ursprünglich sehr chloritreiche 
Gestein in strohgelben bis weissen, talkthonigen Schiefer umgewandelt, 
der successive seines schiefrigen Gefüges beraubt wird, um endlich 
in fettig anzufühlende, bolartige Massen zu verwittern. Weiterhin folgen 
frisch erhaltene, feste Diabasmandelsteine und Schalsteine. 

Von Mineralien sind auch hier auf Brauneisenerz sitzende 
schöne Krystalldrusen von Kalkspath zu erwähnen. Als Ueberzüge 
und Leisten in Brauneisenerz oder in den talkthonigen Bergmitteln 
des Erzlagers kommt gelblich-grüner Pinguit vor. Zumeist an den 
Lagerausbissen finden sich Pyrite, zerfressene Quarze, Kalk- 
späthe ete. 

Analyse der Brauneisenerzstufen unter III, pag. 117, Analyse 
der Brauneisenerzschliche unter IV, ebendaselbst. 

Dem Aufschluss und Abbau dieses Lagers dienten zahl- 
reiche Haspelschächte von 379 bis 525 m ganzer Bauteufe, 
von denen mindestens zwei gleichzeitig offen gehalten wurden; damit 
hat man die Lagerstätte bis zum Grundwasserniveau, also bis 
452 m Teufe zum grösseren Theile verhauen, jedoch sind daselbst 
noch ansehnliche Pfeilerreste zurückgeblieben, welche künftighin im 
Trockenen abgebaut werden können, während die Hauptmasse 
der Erze in die Teufe ins Wasser hinabsetzen, ohne 
Mächtigkeits- und Qualitätsunterschiede wahrnehmen zu lassen. 

Die Vorrichtung bestand in der Auffahrung der meist kurzen 
Sohlquerschläge, der Sohlstrecken, sowie der Baustrecken, 
welch’ letztere in Saigerabständen von 95 m aufeinander folgten, 
worauf im Kreuzstreichen Ueberbrechen 265 m entfernt, die 
Pfeiler begrenzten, während der Abbau firstenstrossenförmig mit 
Versatz nachrückte, hiebei wurden grössere Mächtigkeiten mittelst 
Querbau verhauen. Die Gestehungskosten der Erze stellten 


© 


[71] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 99 


sich auf 18 Kreuzer per 100 %g, also billig, da keine Wasserhaltungs- 
kosten darauf lasteten. 


d) Concordia-, Hubert- und Liborzeche im Walde „Draschba* 
nördlich Krokersdorf. 


Von dem vorhergehenden Lagerzuge durch ein 280m mächtiges 
Gesteinsmittel getrennt, folgt dieses kurzabsätzige Vorkommen; es 
sind zumeist belanglose Butzen und Nester längs des generellen 
Streichens angeordnet. Auf Concordia lagern 30 bis 33°/, eisen- 
hältige milde Brauneisenerze, wenig aufgeschlossen; dieselben 
waren im Zuge gegen Hubert mächtiger. Auf letzterer Zeche sind 
uralte Tagbaue sichtbar; die Brauneisenerze mit Ueber- 
sängen in Magneteisenerze sind reich, leicht gewinnbar, jedoch 
häufig durch Verwerfungen gestört. Aehnliche Verhältnisse be- 
stehen auf Liborzeche. Das Liegende dieser Erzlager bildet auch 
hier der Thonschiefer, während am Hangenden Diabasmandelstein 
nebst seinen Varietäten lagert. 


e) Hilaristollen im gutsherrlichen Walde „Dubsko“ nord- 
westlich Gobitschau (Stachetenried). 


Dieses isolirte Vorkommen ist durch einen uralten mächtigen 
Tagbau gekennzeichnet; die dabei umherliegenden grossen Stufen 
von Brauneisenerz mit angeblich 36°/, Eisengehalt lassen auf 
deren Anstehen in nächster Nähe schliessen. Die „Alten“ hatten als 
Einbaue zwei Stollen vorgetrieben. Neuere Schürfungen stiessen 
in geringer Teufe auf Wasser, die eingebaute Pumpe versank im 
„Alten Mann“. 


f) Eduardzeche im Riede „Raaba“, 15 km nordöstlich 
Krokersdorf. 


Von den sub d) angeführten Vorkommen durch eine 425 m 
mächtige Gesteinszone getrennt, folgt das schöne Erzvorkommen in 
der Raaba, eines der wenigen, welches die „Alten“ nicht gebaut 
haben und das erst der neuzeitige Bergbau aufgeschlossen hat. 

Hier treten zwei nahe beieinanderliegende Erzlager 
in einem Diabasmandelstein auf, der zu einem strohgelb gefleckten, 
milden Thonerdesilicat zersetzt erscheint. Von den beiden Erzlagern 
ist insbesondere das liegende stärker gebaut worden, es hält eirca 
104 m im Streichen gegen NO an und fällt nach SO ein, gegen das 
Ausgehende hin keilt es ungefähr 5 m unterm Tage aus. Das ein- 
brechende Erz ist vorwiegend ein reiches Magneteisenerz, das 
an den Structurflächen und im Innern der Stufen beginnende Um- 
wandlung in Rotheisenerz darbietet, dadurch spiegelig dem Eisen- 
elanz ähnlich erscheint, wofür dasselbe auch früher irrthümlich ge- 
halten worden war. Zu Brauneisenerz verwitterte Lagerpartien 
gegen den Tag hin sind auch hier häufig. 

Der Aufschluss und Abbau wurde durch 5 Haspelschächte 
von 29:1 m durchschnittlicher Bauteufe bewerkstelligt; mit Gesenken 

13* 


100 Franz Kretschmer. [72] 


hat man die Erze bis zum natürlichen Wasserniveau, das hier in der 
Teufe von 348m unterm Tage liegt, gänzlich zu Ende verhauen, unter- 
halb desselben fallen die bauwürdigen Erze ins Wasser und 
um dieses letztere zu heben, hat man auch hier einen Versuch mit 
Handpumpen gemacht, ohne jedoch die Zuflüsse zu zwingen. 


&) Bartholomäuszeche im gutsherrlichen Walde Kalkgraben 
westlich der alten Strasse Sternberg— Deutsch-Hause. 


Das daselbst aufsetzende FErzlager besteht aus einem fein- 
körnigen, reichen Magneteisenerz von angeblich 50°), Eisen- 
gehalt, dem accessorisch tafelförmige Krystalle und krystallinische 
Blättchen von Eisenglanz eingestreut sind. Dasselbe ist mit einem 
152 m langen Versuchstollen und einem 95 m tiefen Licht- 
schacht erschürft worden, worauf man dann einen Zubaustollen 
von 132'7 m Länge zum weiteren Aufschluss herangeführt hat. 


h) Bergbau Ottilienzeche bei Gobitschau. 


Zwischen dem Dorfe Gobitschau einerseits und der alten Strasse 
Sternbergs—Deutsch-Hause andererseits, im sogenannten Kreuzriede, 
treten zwei durch ein YQ m mächtiges Gebirgsmittel ge- 
trennte Eisenerzlager auf, und zwar das Liegend- oder 
Öttilienlager in der Ottilienmaß I und das Hangend- oder 
Eduardlager in der ehemaligen Eduardzeche, jetzt Ottilienmaß II. 
Speciell das letztere ist in den, dicht an der Südseite des Dorfes 
gelegenen Gärten, durch eine tiefe Terrainsenkung vom früheren 
Abbau herrührend, am Tage gekennzeichnet. 

Das Liegendlager, welches in der Mächtigkeit von 
l'1, 25 bis +0 m wechselt, nach 3h 11°6° streicht, unter 49 
nach 9h 116° einfällt, besteht aus einem weniger stufigen, vor- 
wiegend mulmigen Brauneisenerz, über dessen Metallgehalt die 
Analysen V (Stufen) und VI (Schlich) pag. 117 den nöthigen Aufschluss 
bieten. Dasselbe ist aus einem bläulich-schwarzen, dichten bis körnigen 
Magneteisenerz hervorgegangen, wie an der Hand unverwitterter 
Lagerpartien in der Teufe nachgewiesen werden kann. Ausserdem 
brechen auf diesem Lager ein: faust- bis kopfgrosse Stufen von 
schwärzlich-grünem, grossblätterigem Stilpnomelan, eisenarme, 
dunkle Stilpnomelanschiefer als 0'3 bis 0'7 m mächtige 
Zwischenmittel, vereinzelte Trümmer von Diabasmandelstein und 
mehr oder weniger starke Thonschiefermittel; auf den Structur- 
flächen ist zeisiggrüner bis grasgrüner Pinguit häufig, seltener ist 
ein feinerdiger chocoladebrauner Wad der Lagermasse in 3—5 em 
starken Leisten intercalirt. Magneteisenerz und Stilpnomelanschiefer 
sind durch instructive Uebergänge miteinander verknüpft. 

Dieses Erzlager wurde bis zum natürlichen Grundwasser- 
spiegel, das ist bis zur Saigerteufe von 446 m mittelst zweier 
saigerer Haspelförderschächte und einem tonlägigen Fahr- 
und Wetterschacht derart zum Abbau vorgerichtet, dass daraus 
vier Baustrecken betrieben worden sind, welche sich in Saiger- 


[73] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 101 


abständen von 76 m folgten und denen 19—253 m entfernt liegende 
Ueberhauen ins Kreuz führten. Die so gebildeten Pfeiler von 
11 bis 12 m flacher Höhe und 18 bis 22 m Länge hat man sodann 
firstenstrossenförmig mit nachgeführtem Bergversatz abge- 
baut. Das bauwürdige Anhalten des Erzlagers, in oberen Teufen 
etwas kürzer, hat man auf der tiefsten Sohlstrecke am Grund- 
wasserspiegel auf 230 m Länge nachgewiesen. Nachdem also 
oben die Grenzen der Verdrückung an den Lagerenden in NÖ und 
SW gegen die Teufe hin divergiren, so dürfte auch unter dem Grund- 
wasserniveau die bauwürdige Länge derselben bis zu einer gewissen 
Grenze voraussichtlich wachsen. 

Das Liegendlager ruht auf Thonschiefer und Zermalmungs- 
producten des letzteren zusammen 3 m mächtig, dann folgt Grau- 
wackenconglomerat 1m stark und schliesslich Grauwacken- 
sandstein nicht durchbrochen; darüber im Hangenden folgt nach 
Massgabe der mit dem Hangendquerschlage vom Ottilienförderschacht I 
durchfahrenen Schichten: Diabasmandelstein (theilweise zersetzt 
mit Intercalirungen von Diabasporphyrit 800 m, Thon- 
schiefer 157 m, Diabasmandelstein (nicht durchbrochen). Auf 
der letzteren Grenze zwischen Thonschiefer und den im Hangenden 
folgenden Diabasmandelstein findet sich weiter gegen ONO vorkommend 
das Hangendlager, auch Eduardlager genannt, welches circa 
X 45° gegen SSO fällt und von WSW nach ONO streicht, dessen 
bauwürdige Länge am Grundwasserspiegel man blos 
mit 112 m constatirte; dagegen war seine Mächtigkeit sehr er- 
heblich, obwohl nicht näher bekannt, doch weist darauf die ansehn- 
liche Pingenbreite unverkennbar hin. Dasselbe ist mit einem fein- 
körnigen kalkhaltigen Magneteisenerz von angeblich 36%, 
Eisengehalt ausgefüllt, das in seiner äusseren Erscheinung dem weiter 
unten angeführten Mathildezecher Magneteisenerz ganz ähnlich ist, so 
dass das erstere für die Fortsetzung des letzteren gehalten wird (?). 
Den Abbau hat man auch hier durch zwei Haspelschächte von 
31'29 m mittlerer Teufe bewerkstelligt; unter dieser Sohle sind die 
Erze bis zum Grundwasserspiegel, welcher hier in einer mittleren 
Teufe von 4134 m liegt, mittelst Tonlagsgesenken zur Gänze 
verhauen worden. 

Obigem zufolge sind beide Erzlager bis zum Grundwasserspiegel 
abgebaut, also über dem letzteren keine Erze mehr anstehend, da 
diese jedoch auf beiden Lagern in bauwürdiger Mächtigkeit und 
Qualität m die Teufe hinabsetzen, erschien die Entwässerung dieser 
Lagertheile Erfolg verheissend; nachdem ferner die Terrainverhält- 
nisse südwestlich und südöstlich Gobitschau einer Stollenanlage 
günstig liegen, so hat man letzteren einem Maschinenschacht aus 
dem Grunde vorgezogen, weil der Stollen sowohl in den Anlagekosten, 
als auch in den Betriebs- und Unterhaltungskosten wesentlich billiger 
zu stehen kommt. 

Die Terrainverhältnisse gestatteten sowohl die Anlage eines 
Stollens in der Richtung des generellen Streichens, als auch im 
hangenden Querstein in fast gleicher Länge und Teufe, doch hat 
man den Liegendstollen vorgezogen: 1.) Um möglicherweise die be- 


102 Franz Kretschmer. [74] 


kannten Hangendlager der Willengottes-, Engelbert- und Albertzeche 
zu verqueren, und 2.) weil sich zufallender Mandelstein über das 
Streichen weit leichter arbeitet, als im Streichen. Demzufolge ist 
der Stollen in dem Seitenthale, welches vom Schäferbache gegen 
die Colonie Levin führt, nächst der sogenannten Klunkermühle 
dergestalt angeschlagen und nach 20h 3° 52‘ betrieben worden, 
dass das Liegendlager bei 6452 m Gesammtlänge erreicht und nach 
Abzug der zulässigen Ansteigens von 1 pro %y0, 84 74m an Saiger- 
teufe eingebracht wird, so dass also unter dem Grund- 
wasserspiegel rund 40m an saigerer Pfeilerhöhe gelöst 
werden, welche durch eine Mittelsohle in zwei gleiche Bausohlen 
von 20 m Saigerabstand getheilt werden sollen. Gegenwärtig ist der 
Stollen auf 4040 m vorgetrieben und damit die oben angeführte 
Schichtenfolge durchbrochen worden. Die Stollentagrösche ist bis 
6 m Höhe ausgebrochen und ausgemauert, der Stollenmund im er- 
weiterten Profil auf 134m Länge, 2:50 m hoch X 1'27 verglichen 
breit = 3°18 m? gross gezimmert und weiterhin das normale, gleich- 
falls trapezförmige Stollenprofil in der Zimmerungslichte 235 m hoch 
x 1:12 m verglichen breit = 263 m?, im festen Gestein 240 m hoch 
x 1:40 m breit = 3'356 m? gross ist, wovon 045 m? auf die Wasser- 
saige entfallen, während der übrige Theil der Förderung und Fahrung 
dient. 

Das hohe Stollenprofil hat man gewählt, um für eine kräftige 
Bewetterung vorzusorgen, was seither auch vollständig gelungen 
ist. Es steht zu erwarten, dass der Stollen damit ans Ziel gebracht 
wird, demzufolge Lichtschächte ganz erspart werden, die in dem 
festen Mandelstein, sowie auch im Thonschiefer bei der erheblichen 
Saigerteufe theuer zu stehen kämen. Bei der Stollenlänge von 3355 m 
sind zahlreiche und wasserreiche Kreuzklüfte angefahren worden, 
welche ausserdem matte Wetter, sehr wahrscheinlich aus dem 
„Alten Mann“ der vorliegenden alten Grubenbaue mitbrachten, so dass 
die Grubenlichter ihren Dienst versagten. Nach eirca drei Wochen war 
die auffällige Erscheinung vorüber und die Wetter so frisch wie früher. 
Um den natürlichen Wetterwechsel zu unterstützen, sind von dem 
Gefälle vor dem Stollenmundloch 133 m in einer Partial-Turbine 
nutzbar gemacht worden zum Betriebe eines Centrifugal-Ven- 
tilator. Als Aufschlagswasser dient das Stollenwasser, dessen 
Menge von 8'9 Secundenliter in Maximum bis 5’6 Seeundenliter im 
Minimum schwankt, je nach der Jahreszeit und der Wasseranspannung 
der durch den Stollenbetrieb entblössten Klüfte.. An den Ventilator 
schliesst sich bis vor Stollenort ein hölzerner Luttenstrang von 0'20 m 
Seite des quadratischen Querschnittes, in innerer Lichte gemessen. 

Die oben angeführten Stollenwassermengen blieben constant, 
wie eine mehrjährige Beobachtungsreihe nachweist. Eine Ein- 
wirkung auf die obertägigen, in der Nähe befindlichen 
Quellen hat sich nicht ergeben, wie vielfache, nach längeren 
Zeiträumen wiederholte Beobachtungen und Messungen nachweisen, die 
an den Wasserständen der Hausbrunnen in der Gemeinde Gobitschau 
und den Quellen, welche am Fusse des nördlichen Gehänges dicht 
hinter Gobitschau zu Tage treten, angestellt wurden. 


[75] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 103 


Dies findet seine Begründung in der Betrachtung nachstehender 
Thatsachen: Die gemessenen 15 Brunnen der Gobitschauer Ansassen 
haben nur eine Tiefe von 110 m im Minimum bis 15°70 m im Maxi- 
mum oder 7'2 m im Mittel und tragen zum Theil den Charakter von 
Cisternen an sich, oder führen nur die Wässer der vadosen 
subterranen Circulation, welche sich in der ober- 
tägigen Detrituslage bewegen und nach der Teufe 
grösserem Widerstande an einer Lettenschicht be- 
gegnen. Der Ottilienstollen aber hat die profunde subterrane 
Wassereireulation zum Gegenstande, deren mittlerer Spiegel im 
„Kreuzriede“, wie bereits oben erwähnt, 44°6 m unter Tage liegt: 
es herrscht somit zwischen den beiden Wasserniveaus 
eine mittlere saigere Höhendifferenz von 374m. Dem- 
zufolge ist eine Abzapfung der Gobitschauer Hausbrunnen durch 
den Ottilienstollen, obwohl derselbe 847 m Saigerteufe unter Ter- 
rain im benachbarten „Kreuzriede“ einbringt, dessenungeachtet aus- 
geschlossen. 

Nach der Wassermenge und den von ihr mitgebrachten matten 
Wettern zu schliessen, konnte eine Depression des natürlichen Grund- 
wasserstandes auf den 241 m im Stollenvorfeld befindlichen Erzlagern 
Öttilie und Eduard mit einiger Sicherheit vermuthet werden, man 
hat demzufolge zwei alte Haspelschächte gewältigt, dann trocken 
weiter abgeteuft und dem künftigen Stollenhorizont vorauseilend, auf 
dem Ottilienlager eine Wettersohle in 55°5 m Saigerteufe gefasst 
und mit der Erzförderung begonnen. Gegenwärtig beträgt die Beleg- 
schaft 40 Mann, die Jahresförderung 30.000 q. 

Die Erzmenge, welche durch die obige Stollenanlage bei dem 
Schüttungsvermögen der soliden Maße per 1 m? — 24 4 gelöst wird, 
beziffert sich rücksichtlich des 


Ottilienlagers mit... 002... 420.000 q 
Eduardlagers (schätzungsweise). . 350.000 „ 
zusammen . . 770.000 q 


Der Erzeugungspreis der Erze vom Liegendlager berechnet 
sich oberhalb dem Grundwasserniveau, also beim Abbau im Trockenen, 
auf 26 kr. pro 100 %g. 


i) Willengotteszeche im Scheibenried nördlich Wächtersdorf. 


Ungefähr 100 m westlich der alten Strasse Sternberg— Deutsch- 
Hause auf der Kat. Parc. Nr. 325 bricht am Contact von Thonschiefer 
und Mandelstein ein 0'6 bis 12 m mächtiges Magneteisenerz 
von angeblich 55 bis 60°/, Eisengehalt. Dasselbe ist bis an die Ver- 
drückung mittelst Haspelschächten abgebaut worden, jedoch die 
Möglichkeit, es hinter der Verdrückung wieder auszurichten, sehr 
wahrscheinlich. Zum tieferen Aufschluss hat man aus dem sogenannten 
Gründel nördlich und oberhalb Wächtersdorf einen Stollen auf un- 
gefähr 135 m Länge herangetrieben. 


104 Franz Kretschmer. [76] 


k) Helene-, Mathias- und Sidoniazeche im fürstlichen Walde 
Kaminka in der Gemeinde Babitz. 


Versteckt im Walde, insbesondere rechts des Fahrweges von 
Sternberg nach Rietsch, finden sich zahlreiche Pingen und Halden 
von Schurfduckeln und Haspelschächten alter Eisenerzförderungen 
herrührend. Auch hier ist ein in Begleitung von modificirten Mandel- 
stein auftretendes mildes Brauneisenerz der Gegenstand des 
Abbaues gewesen, das seinerzeit in den Hochöfen zu Marienthal 
und Witkowitz zur Verhüttung gelangte. Zur Unterfahrung dieses 
Vorkommens ist ein beiläufig 95 m langer Stollen vom Kaminka- 
bache herangeführt worden. 


I) Engelbert- und Albertzeche beiderseits der Strasse Stern- 
berg— Deutsch-Hause, circa 300 m nördlich Wächtersdorf. 


Eine nach dem allgemeinen Streichen gestreckte Pinge bezeichnet 
die Stelle, wo früher ein untergeordnetes putzenförmiges Vorkommen 
armer Brauneisenerze abgebaut worden ist. Allem Anscheine 
nach treten die: Erze auf der Gesteinsscheide des daselbst zu Tage 
tretenden Thonschiefers mit dem Mandelstein auf. 

Weiter im Hangenden gegen SO fortschreitend, sind mit dem 
Steinbruche im Walde der Wächtersdorfer Erbrichterei im schiefrigen 
Diabasporphyrit, Diabasmandelstein und Diabastuff lagernd, ungefähr 
1'00 m mächtige Butzen armer Brauneisenerze entblösst worden. 


m) Bergbau Sternberg, Paul-, Juliana- und Prokopzeche in 
der Colonie Oberbau. 


Knapp hinter der Sternberger Vorstadt Neustift, in der 
Colonie Oberau, bezeichnet am Tage eine grosse und tiefe Pinge 
die Stelle, wo die „Alten“ einen ansehnlichen Tagbau betrieben 
haben. Es lagern hier in der oben beschriebenen hackenförmigen 
Einbuchtung der Diabasgesteine gegen die Stadt Sternberg hin, und 
zwar auf der Grenze gegen die letzteren und die im Hangenden 
folgenden Grauwackensandsteine, hauptsächlich zwei demselben 
Schichtenniveau angehörige Erzvorkommen, und zwar die Butzen 
und Stöcke von Magneteisenerz auf der Paulzeche 
dicht hinter der Vorstadt Neustift und das mächtige 
Erzlager auf der Juliana- und Prokopzeche in der 
Oberau. 

Das Paulzecher Erzvorkommen ist am Tage durch eine 
sanfte Terrainsenkung (Pinge) der dortigen Akerparcellen gekenn- 
zeichnet, es setzt gleich hinter der Vorstadt Neustift bauwürdig ein, 
streicht in der Richtung gegen die Häusergruppe Oberau, conform 
mit dem hier aus dem normalen Streichen verrückten Diabasgesteinen 
nach 20 bis 22h, während das Verflächen 2 bis 4h unter X 22° 
erfolgt; dasselbe erleidet im Weiterstreichen gegen die Julianazeche 
eine längere Verdrückung, welche bisher noch nicht zur Ausrichtung 
gelangte. Das Lager hält am Grundwasserspiegel, der hier in einer 


[77] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 105 


mittleren Teufe von 332 m unterm Tage liegt, auf 89m Länge 
bauwürdig an. 

Die Ausfüllung dieser Lagerstätte bildet vorwaltend Magnet- 
eisenerz, das in untergeordneten Partien zu diehten und okerigen 
Brauneisenerz verwittert und accessorisch mit Schnüren sowie 
Nestern von schwärzlich-grünen bis pechschwarzen blätterigen Stil- 
pnomelan, als auch mit Caleit und Quarz, spärlichen Pyrit 
durchwachsen ist. Dieses Erzvorkommen ist bis zum Grundwasser- 
niveau gänzlich abgebaut, verspricht jedoch nach Maßgabe seines 
Verhaltens in der Wassersaige, nach der Teufe bauwürdig einzufallen. 
Wahrscheinlich galt dem Aufschluss dieses Vorkommens der ur- 
alte Stollen, welcher angeblich an den Gehängen des Weinberges 
gegen die Langegasse, bestanden haben soll (?). 

Auf denselben Gehängen westlich der Langengasse hat man auch 
einen Erzausbiss im Mandelstein zwischen der fürstlich Liechtenstein- 
schen Ziegelei und gegenüber dem Obstgarten des Gasthofbesitzers 
Netter angetroffen. j 

An dem Feldwege, welcher durch die Oberau nach dem Wind- 
mühlberge führt, dicht am östlichen Pingenrand thut sich das Juliana- 
lager bauwürdig auf, streicht in der Richtung der Pinge, um sich 
weiterhin gegen die „Grossenberge* zu verdrücken; es ist jedoch 
nach Analogie gleicher Vorkommen fast gänzlich fraglos, dass sich 
dasselbe gegen „Kaminka“ neuerdings bauwürdig einwerfen dürfte. 
Das Juliana-Eisenerzlager bildet neben dem Kaminkalager den vor- 
nehmsten Schatz der Gegend; sein allgemeines Streichen ist 8h, das 
Verflächen 2 h unter X 40 bis 50% die Lagermächtigkeit 
schwankt von 2und>5m bis 5'7 m, während das ununterbrochene 
Anhalten im Streichen am natürlichen Grundwasser- 
spiegel bei 285 m Teufe auf 200 m constatirt wurde. Die 
Verdrückungen an den Endschaften des Lagers divergiren auch hier 
nach der Teufe, so dass also dahin diese Länge noch etwas wächst. 

Ein Bild von der Stratification des Lagers und seiner Neben- 
gesteine gewährt der Kreuzriss (siehe Textfigur 2 auf umstehender 
Seite) durch den Prokopschacht I am nordwestlichen Pingenrand und 
den Maschinenschacht; es ruht auf in mächtiger Zone entwickeltem, 
schwärzlich-grünem, dichtem Diabas-Aphanit, welcher weiter im 
Liegenden in einen dunkeln, durch dichtgedrängte Kügelchen weissen 
Kalkspaths sehr charakteristischen Diabas-Mandelstein über- 
geht. Auf das am Prokopschachte I, 38 m mächtige Erzlager folgt 
zunächst 095 m Thonschiefer, sodann 38 m Schalstein- 
Conglomerat und -Breccie, femer 1'9 m Schalsteinschutt 
und endlich ein 26 bis 32 m mächtiger Complex von bis zu lockerem 
Sand aufgelösten Grauwacken-Sandsteinen, welche X 24° 
herab einfallen, so dass eine Aufstellung der Schichten gegen die 
Diabasgesteine hin stattfindet, was mit der eruptiven Herkunft der 
letzteren zusammenhängt. 

Was die Zusammensetzung des Julianalagers betrifft, so wird 
dieses auf der Wettersohle in 34m Teufe aus einem schwärzlich- 
grünen, dichten bis feinkörnigen Magneteisenerz gebildet, das 
sich mit der Keilhaue arbeiten lässt und häufige Umänderungen zu 

Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 14 


Fig. 2. 


Eisenerzbergbau Juliana-Prokop-Zeche in der Oberau nächst Sternberg. 


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NNO Maschinschacht. 
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106 


023: A0952205257720 354. 


Maßstab: 1:1132. 


SYLGY EG 
Prokopschacht I. Uralte Pinge. SS W 


Zeichenerklärung: 


f Sehalstein-Schutt. 
g Grauwacken-Sandstein, zum Theil zu 
Sand zerfallen. 


a Diabas-Mandelstein, dunkelgrau. 

b Diabasaphanit, schwärzlichgrün. 

c Magneteisenerz, zu oberst Braun- 
eisenerz. h Grauwacken- und Thonschiefer wech- 

d Thonschiefer, kalkhaltig. selnd. 

e Schalstein-Conglomerat und Breceie. : i Löss und Ackererde. 


[79] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 107 


Brauneisenerz darbietet; gegen das Ausgehende erscheint es fast 
sänzlich in ein dichtes und gelbockriges Brauneisenerz, sowie 
Thoneisenstein umgewandelt. Das Magneteisenerz wird häufig 
von Schnüren eines pechschwarzen, körnig-blätterigen Stilpnomelan 
und weissen Kalkspathadern, sowie zuweilen auch von Chlorit, 
durchzogen; bisweilen bildet sich eine dem Mandelstein völlig gleiche 
Structur aus, indem das dunkle Magneteisenerz als Grundmasse dicht- 
gedrängte, hanfkorngrosse, weisse Kalkspathkügelchen umschlossen 
hält. Eine stellenweise vorkommende, 0'5 m starke Lage des Erzkörpers 
am Hangenden ist durch Diabasmaterial verunreinigt, daher unbau- 
würdig; im übrigen ist dasselbe auffallend rein. 

Die Analyse der Brauneisenerze ist unter VII, pag. 117, und 
diejenige der Magneteisenerze unter VIII, ebendaselbst angeführt. 

Den Bergbaubetrieb betreffend, ist anzuführen, dass das 
Julianalager, wie oben erwähnt, bereits auch von den „Alten“ ab- 
gebaut wurde, und zwar haben sie die Erze am Tage herausgenommen, 
wovon die 230 m lange und 40 m breite Pinge zurückgeblieben war. 
— In neuer Zeit ist dieser Bergbau 1843 wieder erschlossen worden, 
und zwar beschränkte man sich anfänglich, das Erzlager bis zum 
Grundwasserhorizont mittelst zahlreicher Haspelschächte 
abzubauen. Als aber bis dahin alle Erzmittel zu Ende verhauen waren, 
hat man den Versuch gemacht, mittelst Handpumpen niederzu- 
kommen, was an starken Wasserzuflüssen scheiterte. Fine nicht zu 
kostspielige Stollenanlage hätte blos 38 m Saigerteufe eingebracht, 
demzufolge blieb nur die Erbauung einer Maschinenschacht- 
anlage zum Aufschluss der gedachten, im Wasser liegenden Lager- 
theile übrig. 1873 hat man mit dem Bau begonnen und den Maschinen- 
schacht nördlich der Häusergruppe Oberau derart angeschlagen, dass 
derselbe 157 m ins Hangende des Julianalagers fällt und dessen strei- 
chende Länge in zwei gleiche Flügel getheilt wird. Das Schacht- 
Maschinen- und Kesselhaus ist massiv aus Bruchstein erbaut, 
deckt eine Fläche von 251 m? und sind darin eine Wasserhaltungs-, 
eine Fördermaschine, zweiDampfkessel eingebaut, welche 
aber sowohl in ihrer Constructionsart, als auch in den Abmessungen 
völlig conform sind der maschinellen Ausrüstung der Pinker Maschinen- 
schachtanlage, welch letztere oben der Gegenstand eingehender Be- 
schreibung war, daher hier übergangen werden kann. 


Im Grunde des Projectes sollten vorerst zwei Tiefbausohlen in 
47:5 und 665 m Schachtteufe gefasst werden, doch entschied man 
sich später, um den 91 m langen Querschlag auf der I. Sohle zu 
sparen, blos die II. Sohle aus dem Maschinenschacht zu fassen und 
bei 475 m Teufe eine Mittelsohle einzurichten. Der Maschinenschacht 
erhielt einen rectangulären Querschnitt per 442 m Länge und 1'74 m 
Breite = 7:69 m? und ist in 2 Förder-, 1 Fahr- und 1 Pumpen-Trumm 
eingetheilt; im letzteren waren 2 Hubpumpensätze von 22 cm Boh- 
rung und 95 cm Kolbenhub eingebaut. 


Man durchteufte mit diesem Maschinenschacht die nachfolgende 
Schichtenfolge : 


14* 


108 Franz Kretschmer. [80] 


Ackererde is ahnodairnh roh aa ars ta SIERT 
Löss, gelb . . | 9 Io Air 
Grauwackensandstein, gelb, verwittert. 2 A Br 
Blauer Thonschiefer . . . 002 RÄRUIEE AN ETTRHE EE 
Grauwackenschiefer, gelb, verwittert 2200. 190, 
Blauer Thonschiefer . a ne 
Gelber Grauwackenschiefer We alt SELTEN 
Dunkler Thonschiefer, sandig, kohlig. . . 2.0.2... 076, 
Grauwackenschiefer, lichtgelb . . 2 er REAL 


mit dunklen Thonschieferlagen . 2427, 
Zu Sand aufgelöster Grauwackensandstein mit viel 
Wasser (Bliesssand). #4... mei nssrantt ech ar ? 


Zusammen . . 60:31 m 


Bis dahin betrug der Wasserzufluss nur 3'7 Secundenliter. 
Plötzlich änderte sich dieses Bild, die letztangeführte Schichte des 
obigen Schichtenprofils wurde nicht angehauen, sondern durch Wasser- 
druck aufgehoben, brachte sehr bedeutende Wasserzugänge und ergoss 
ihren Sand sofort unter die beiden Hubpumpensätze, welche ver- 
schlemmt, den Dienst versagten, demzufolge die Wässer bis 29-7 m 
Teufe aufgegangen sind. 

Die Wassergewältigung gestaltete sich schwierig und kostspielig ! 
Zuerst setzte man die Fördermaschine mit zwei Wasserkästen 
in Betrieb, mittlerweile sind zwei 27cm Hubpumpensätze ein- 
gebaut, mittelst Wasserhebmaschine in Betrieb gesetzt und damit die 
ersoffenen Pumpenrohre geholt worden, endlich versah man die Förder- 
maschine mit einem zweiten Zahnradvorgelege und hing daran zwei 
weitere in die Fahrabtheilung eingebaute 27 cm 
Pumpensätze. Diese vier Pumpensätze hielten in 508 m 
Schachtteufe einen Wasserzufluss von 237 Secunden- 
liter, womit sich ein scheinbarer Beharrungszustand 
am Maschinenschacht ausbildete. 

Um für die Wetterführung auf der I. Tiefbausohle vorzusorgen 
und früher zur Erförderung zu gelangen, teufte man mit den sinkenden 
Grundwässern nächst dem Erzlager drei Haspelförderschächte 
ab, welche das Wasserniveau bei 33m erreichten, es war somit 
bereitsY5m Wasser abgezogen. Diesen abgetrockneten Lager- 
theil hat man sodann in der Teufe von 35 m vorgerichtet und gleich- 
zeitig dadurch die Wettersohle für den Tiefbau vorbereitet. 

In der Folge vermochte selbst en zehnmonatlicher ange- 
strengter Gang der oben gedachten vier Pumpen die 
aufgegangenen Wässer nicht unter 508m Schachtteufe 
abzusinken, weil die im Hangenden lagernde, schwammartig mit 
Wasser angesoffene Schicht, zu Sand zerfallener Grauwacke, beim 
Maschinenschacht ungefähr 26 bis 32 »n mächtig sein dürfte und im 
Streichen einseits an die Vorstadt Neustift, andererseits bis in den 
Kaminkaried reicht — wo sie mit dem Maschinenschacht 6°6 m mächtig 
durchsunken wurde — also auf beiläufig 1:3 im Länge anhält und 
dergestalt ein grosses unterirdisches Wasserreservoir 
bildet. Dessen ungeachtet erfolgte, wie oben erwähnt, auf dem 


[81] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 109 


Erzkörper, 124m vom Maschinenschacht entfernt, ein wohl langsames 
aber stetiges Sinken des Grundwasserstandes von 285 m bis 38:0 m 
unter Terrain, so dass eine vollständige Abzapfung dieses 
unterirdischen Wassermagazinsin Aussicht stand! 

Bei dem Umstand jedoch, dass die Wässer mangels eines 
Stollens 53'1 m hoch zu Tage zu heben waren, der Kohlenver- 
brauch dauernd die Höhe von 32'5 q per 24 h behauptete, so er- 
schien die gewinnbringende Nutzbarmachung der Erze 
durch zu grosse Wasserhebungskosten in Frage gestellt; 
der Weiterbetrieb dieser kostspieligen Entwässerung 
des weit ausgedehnten Wasserträgers war mit einem 
entsprechenden Erzeugungspreis der Erze in Wider- 
spruch gerathen. Bevor jedoch weitere Maßnahmen getroffen 
werden konnten, ist auch der Bergbau in der Umgebung von Stern- 
berg infolge der wirtschaftlichen Depression der Siebziger Jahre 
zum Stillstand gekommen. 

Der Aufschlagspunkt des Maschinenschachtes war in dem wasser- 
reichen Hangendsand entschieden ungünstig gewählt; derselbe steht 
überhaupt zu weit im Hangenden und hatte demzufolge einen zu weit 
ausgedehnten Gebirgstheil zu entwässern. Bei künftiger Wieder- 
aufnahme des Bergbaues wird es sich empfehlen, die jetzige 
Maschinenschachtanlage abzubrechen, die wasserreichen 
Hangendsande unverritzt zu lassen und die Position der neuen 
Anlage so zu wählen, dass 

1. der Maschinenschacht unterhalb des natür- 
lichen Grundwasserspiegels zur Gänze in die mehr 
dichten, weit weniger wasserdurchlässigen Diabas- 
sesteine hineinfällt:; 

2. die Bausohlenquerschläge dessenungeachtet in den schuss- 
festen Mandelsteinen möglichst kurz ausfallen ; 

3. von der bauwürdigen Lagermasse keine zu grossen Sicherheits- 
pfeiler zum Schutze der obertägigen Anlagen stehen bleiben müssen. 

Die bis zur projectirten II. Tiefbausohle in 665 m Saigerteufe 
anstehende Erzmenge calculirt sich bei dem Schüttungsvermögen 
der soliden Masse von 24 g per 1 m? nach den gegebenen Daten 
und 20°, Abschlag für Vertaubungen 


rücksichtlich des Julianalagers auf. .. .. . .. .. 340.000 q 
rücksichtlich des Paullagers auf. . . .. .. 2.160.000 „ 
Zusammen . . . 500.000 yq 


Dass diese Erze in weitere Teufen einfallen, kann nach Maß- 
gabe anderer Erzvorkommen auf dem Zuge Sternberg—Bennisch 
angenommen werden. 

Auf dem Streichen gegen die „Grossen Berge“ und „Ka- 
minka“ vorkommend, gelangt man vorerst links oberhalb der Bezirks- 
strasse Sternberg—Römerstadt zu dem dortigen Steinbruche, worin 
Mauersteine erzeugt werden. Hier findet sich im Diabasmandelstein 
nebst Varietäten ein 02 bis 10m mächtiges Brauneisenerz- 
lager, durchwachsen mit Stilpnomelan, Kalkspath und un- 


110 Franz Kretschmer. _ [82] 


verwitterten Partien eines dichten Magneteisenerzes. Stellen- 
weise. schwillt das Lager bis 2 m Mächtigkeit an, aber im Ganzen 
ist es arm, unbauwürdig. Auch hier ist die verrückte Lage der 
Sehichten, nämlich Streichen nach 10h, Fallen 4h unter X 35—400 
deutlich zu beobachten. 


n) Bergbau Kaminka. 


Genau 1'1 km südwestlich von Wächtersdorf und zu beiden 
Seiten des Verbindungs-Fahrweges Babitz—Wächtersdorf im Riede 
„Kaminka“, links des gleichnamigen Baches, lagert unter ähnlichen 
Verhältnissen wie in der Oberau, an der Grenze der Diabasmandel- 
steine gegen die im Hangenden folgenden Grauwacken, das wichtige 
Adolfzecher Eisenerzlager. Durch die Ausrichtungen auf der 
I. Tiefbausohle constatirte man eine bauwürdige Länge 
von 265m und eine durchschnittliche Lagermächtigkeit 
von 25 bis 28m; das allgemeine Streichen hat hier seine normale 
Lage und ist nach Maßgabe dieser Auffahrungen 3h, das Einfallen 
9h unter X 230%. Die Bausohlenstrecke auf der II. Tiefbausohle 
hat eine streichende Bauwürdigkeit in geschlossener Länge 
von 290 m ergeben, es nimmt also diese letztere nach unten zu, 
da die Grenzen der Verdrückung an den beiden Lagerenden dahin 
ebenfalls auseinanderlaufen; dagegen vermindert sich die Mächtigkeit 
des Lagers in der Wassersaige der letztgenannten Sohle örtlich bis 
auf 1'6 m, wovon die eine Hälfte aus Erz, die andere aus Kiesel- 
eisensteinen besteht. 

Das Adolfzecher Erzlager liegt auf mächtigem Diabas- 
mandelstein, welcher im unmittelbaren Liegenden dünnschiefrig, 
mild, stark zersetzt erscheint, weiterhin folgt dann eine 26'6 m 
mächtige Schicht von Kalkschalstein, worauf feste Mandelsteine 
einsetzen; im Hangenden ist es überlagert zunächst von 3m Thon- 
schiefer, dann folet Grauwackensandstein, der zu losem 
Sand aufgelöst ist, der schliesslich in die herrschenden festen 
Grauwacken übergeht. 

Die Lagermasse wird im wesentlichen durch ein eisen- 
schwarzes, selten schwärzlich-grünes Magneteisenerz gebildet, 
das aus einem Aggregat kleinster Magnetitoktaäder und 
Körner besteht, verunreinigt durch weissen Quarz, blutrothen 
Jaspis, röthlichen Eisenkiesel, seltener ist Caleit, Pyrit, 
Stilpnomelan, Chlorit und Pinguit. Ueberwiegend erscheint 
das’ körnige Erz zerfressen, dadurch zellig, cavernös, bis zu losem 
Schlieh (Mulm) zerfallend. Das poröse Erz ist erösstentheils mit ver- 
witterten Nestchen mulmigen Brauneisenerzes durchzogen, 
wovon die im allgemeinen braunmelirte Färbung der Kaminker Erze 
herpührt. Dieser Verwitterungsprocess findet am Tage seine Fort- 
setzung, indem ein Theil der eisenschwarzen Stufen nach längerem ' 
Liegen an der Luft ebenfalls zu einem braunen Schlich zerfällt. 

Durch Aufnahme von mehr Kieselerde bilden sich auf den 
Lagern in grösseren Bestandmassen unreine Varietäten aus, und 
zwar Kieseleisensteine, Eisenkiesel mit blutrothem Jaspis, 


[83] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 111 


weissen Quarz und Kalkspath verwachsen; dieselben machen 
insbesondere am Ausbiss und in den verdrückten Partien den vor- 
wiegenden Theil der Lagermasse aus. In untergeordneten Nestern 
und regellosen Partien finden sich auch andere Oxydationsstufen des 
Eisens, und zwar selten Rotheisenerz, häufig Brauneisenerz, 
welch’ letzteres gegen das Ausgehende hin schliesslich den grössten 
Theil des Lagers ausmacht. Was die Cohärenzverhältnisse anbelangt, 
so gibt das Erzlager bei guter Scheidung 40°/, Stufen, 60°, Schliche 
und Erzklein. 

Die chemische Analyse der stufigen Magneteisenerze ist weiter 
unten folgend unter IX, pag. 117, diejenige der mulmigen Magnet- 
eisenerze unter X, ebendaselbst, angeführt. 


Der Bergbaubetrieb. 


Zur Entdeckung des Bergbaues Kaminka führten die von den 
Eisenerzförderungen der „Alten“ zurückgebliebenen Erzhalden, auf 
welche Bergleute anfangs der Vierziger Jahre in dem früher daselbst 
vorhandenen Walde links des Fahrweges Babitz—Wächtersdorf ge- 
stossen sind, die dann zu den Hochöfen nach Zöptau abgeführt 
wurden. Die Alten haben die Erze blos bis zur 'Wassersohle heraus- 
genommen. In neuerer Zeit. wurde zur tieferen Lösung der Lager- 
stätte der an der Strasse Sternber&—Römerstadt beim Wirtshaus 
„Filzlaus“ am Kaminkabache angeschlagene Stollen ;herangetrieben, 
welcher bis zum Erzlager 795 m lang ausgefallen ist’ und am Fund- 
schachte 247 m Saigerteufe einbrachte. lo sad Shut 

Als auch hier” das Erzlager bis zur Stoflensohle; sänzlich zu 
Ende verhauen war, wurde als billigstes Auskunftsmittel ebenfalls 
eine Tiefbauanlage 1870 erbaut. Der Maschinenschacht 
ist 106 m im Hangenden derart angeschlagen, dass die bauwürdige 
Länge der Erzablagerung ebenfalls in ungefähr zwei gleiche Flügel 
getheilt erscheint; derselbe erhielt einen rectangulären Querschnitt 
in der Lichte der Bolzenschrottzimmerung 405 m lang, 158 m breit 
= 6'37 m? gross gehalten; er ist in 2 Förder-, 1 Fahr- und 1 Pumpen- 
Trumm abgetheilt und erreichte den Stollenhorizont bei 343 m Teufe. 
Die I. Tiefbausohle hat man bei 48°5 m, die II. Tiefbausohle bei 683 m 
gefast, demnach die saigeren Bausohlenabstände 142 und 198 m 
betragen. 

Die im Maschinenschacht durchsunkene Selfichtenreihe ist: 


Ackererde une LOS IH AFERErER RER 85] QM 

Grauwackensandstein und Grauwackenschiefer 
wechsellagernd . . . HIT IR 
Grauwackensandstein zu  losem Sand aufgelöst . NEO 
Tronselieter heiigelbszersettit oa 28, 
Magneteisenerzlager... re BUN. DER? 
Diabasmandelstein zu oberst stark zersetzt Ba amel IE 
Zusammen . . . 70:0 m 


Maschinenschacht und Stollen sind durch eine im Liegenden geführte 
167 m lange Umbruchstrecke verbunden. 


112 Franz Kretschmer. [84] 


Den Vorbau, speciell auf der II. Tiefbausohle, hat man in 
der Weise eingeleitet, dass nach Anfahrung des Erzlagers mittelst 
des 455 m langen Bausohlenquerschlages zunächst die Bau- 
sohlenstreeken auf dem Erzlager bis an die Verdrückung in NÖ 
und SW zur Verörterung gelangten. In 20 »n Entfernung gegen SW 
und 16°5 m gegen NO hat man zwei Ueberhauen im Verflächen 
bis zur I. Tiefbausohle aufgefahren, behufs Abgrenzung des Sicher- 
heitspfeilers zum Schutze für den Maschinensehacht und die 
obertägigen Anlagen. Die 48:5 m betragende flache Baufeldhöhe wurde 
nun dergestalt in Pfeiler eingetheilt, dass von den letzteren Ueberhauen 
aus in 15 m Abstand von der Bausohlenstrecke und dann in weiteren 
15m flacher Höhe Baustrecken in südwestlicher und nordöstlicher 
Richtung bis an die Lagerenden getrieben worden sind. Diesen 
Strecken führten durchschnittlich 20 » auseinanderliegende Ueber- 
hauen von der II. zur I. Tiefbausohle ins Kreuz, wodurch rectan- 
guläre Pfeiler, durchschnittlich 320 m? gross, entstanden sind. 

Das Abbausystem war hier im Gegensatze zu den bereits 
geschilderten Bergbauen, wo fast nur Stossbaue in Anwendung stehen, 
ein Pfeilerbau mit Zubruchewerfen des Hangenden. 
Nachdem die nächstobere Sohle zu Ende verhauen war, erfolgte der 
Abbau der folgenden Sohle heimwärts von den Lagerendschaften 
gegen den Schacht, und zwar ist der Pfeilerverhau schwebend 
in Abschnitten von 6—7 m Breite bewerkstelligt worden, während 
das Hangende (Dach) mit langen Kappen und Scharstempeln ab- 
gefangen werden musste. Langsam, aber stetig, senkte sich sodann 
das Hangende herab, gleichzeitig quoll das Liegende empor, auf diese 
Weise die offenen Verhaue schliessend. Belästigend wirkten allerorts 
die aus dem Hangendsand zusitzenden Wässer. Wegen des zersetzen 
milden Liegenden wurden beim Herabkratzen der Schlicherze in den 
Ueberhauen diese letzteren durch taubes Material theilweise verun- 
reinigt, was deren Qualität beeinträchtigte. 

Der Ausbau bot im Uebrigen nichts Bemerkenswertes dar. 

Die Wetterführung war eine natürliche, welchem Zwecke 
je ein Wetterschacht an den Enden der beiden Maschinenschacht- 
flügel zu entsprechen hatte. 

Das Schacht-, Maschinen- und Kesselhaus dieser Tief- 
bauanlage massiv aus Bruchstein erbaut, bedeckt eine Fläche von 
283°3 m? und befindet sich darin nachstehende, der Wasserhaltung 
und Förderung dienende maschinelle Ausrüstung: 

Eine Wasserhaltungs-Dampfmaschine von 12HP, hori- 
zontaler Aufstellung, ohne Expansion und Condensation (!), Kolben- 
durchmesser 0'265 m, Kolbenhublänge 0'632 m, macht 42 Spiele 
pro Minute, Zahnradvorgelege 1:6 und ein Kunstkreuz von 1'61 m 
Armlänge. Diese Maschine bethätigt eine Druckpumpe mit Leder- 
klappen von 0'263 m Kolbendurchmesser und 1'264 m Kolbenhub- 
länge, und lieferte bei normalem Gange mit 7 Spielen pro Minute 
0'410 m® Wasser auf 36 m Förderhöhe (bis zur Stollensohle). Die 
Saug- und Druckrohre hatten einen Durchmesser von 0'184m. Diese 
geringe Tourenanzahl genügte, um beim continuirlichen Betriebe der 
Wasserhaltungsmaschine die currenten Wasserzuflüsse zu Sumpf zu 


[85] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 113 


> 


halten, welch’ letztere dem Gange der Pumpe entsprechend, 65 
Secundenliter ausmachen. 

Die Fördermaschine von 8 HP horizontaler Anordnung 
mit Gouch’scher Coulisse, 0'200 m Kolbendurchmesser, 0'525 mn 
Kolbenhublänge, macht normal 42 Spiele pro Minute. Zur Bethätigung 
des Treibapparates ist ein Zahnradvorgelege mit dem Uebersetzungs- 
verhältnis 1:6 angeordnet. Der Treibapparat besteht aus zwei cylin- 
derischen Seilkörben von 225 m Durchmesser, 0'335 m Breite, zwei 
Seilscheiben von 2'20 m Durchmesser , zwei Fördersehalen theils 
mit, theils ohne Fangvorrichtung und der bekannten Ostrauer Aufsetz- 
vorrichtung. Die äussere Seilbelastung setzt sich zusammen aus dem 
Gewicht der Förderschale 250 Ag, leerer Wagen 175 kg, Netto- 
Förderlast 400 /g, zusammen 825 kg. Die Förderung erfolgte durch- 
wegs in englischen Förderwagen auf Vignolschienenbahn mit 0'537 m 
Spurweite. 

Zur Kesselspeisung diente eine stehende Dampfpumpe, 
an der Wand des Kesselhausses verankert. Dem Zwecke der Dampf- 
versorgung genügten zwei gleiche Einsiederohrkessel 
von 35'6 m? Heizfläche concessionirt für 5 Atmosphären maximalen 
Ueberdruck, doch ist die Kesselspannung bei normalem Betriebe 
nur bei 31/5 Atmosphären gehalten worden. Länge des Oberkessels 
8692 m, Durchmesser desselben 0'948 m; Länge des Sieders 7740 m, 
dessen Durchmesser 0'724 m, Fläche des Planrostes 1'56 m?, Höhe 
der Blechesse 13°4 m, Durchmesser derselben 0'79 m, Kohlen- 
verbrauch per 24 Stunden 148 q Grieskohle, weil die 
Wasserhebmaschine sehr unökonomisch arbeitete. 

Ein Zeehenhaus 432 m?2, eine Grubenschmiede 346 m? 
und ein Gezäheschopfen 446 m? gross, nächst dem Maschinen- 
schachte erbaut, vervollständigten die obertägigen Anlagen. 

Der Maschinenschacht in der Kaminka förderte jährlich 60.000 q, 
deren Gestehungskosten sich folgend bezifferten: 


Arbeitslöhne für Gewinnung und Förderung . . . . .. . 295 kr 
Kosten des Mäschinenhetriebes; 739°. 47, 4 + 4uchraste KOT kr. 
Materialien und Regie-Auslagen . . .. . . 27.2.2090... 6°0 kr, 

Zusammen per 100 kg . . . 48'2 kr. 


1000 g der Erzförderung machten einen Materialaufwand er- 
forderlich von: 
964 4  Grieskohle 
1:65 fm Grubenholz 
2. Sprengmaterial 
) Geleucht. 


Ueber den gegenwärtigen Stand der unverritzten Erzmittel 
am Kaminkaer Maschinenschachte ist zu bemerken, dass das Erzlager 
blos am Stollenhorizont vollständig abgebaut ist, dagegen steht auf 
der I. Tiefbausohle der im Streichen 68 m lange Sicherheitspfeiler 
für den Maschinenschacht und den Bausohlenquerschlag, ferner steht 
die II. Tiefbausohle zur Gänze vorgerichtet und bis auf wenige 
Pfeiler an der Baugrenze noch unverritzt an. Demzufolge berechnet 

Jahrb. d. k.k. geol. Reichsaustalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 15 


ZI rA. Franz Kretschmer. [86] 


sich dieam Kaminkalager bis zur I. Tiefbausohle an- 
stehende, bereits zum Abbau vorgerichtete Erzmenge 
bei dem Scehüttungsvermögen der soliden Masse per 1m? 
— 30 q auf 794.450 q. Dass die Erze unter die gedachte Sohle 
weiter einfallen und sich dort bauwürdig aufthun, ist sehr wahr- 
scheinlich, was eventuell durch eine mittelst Separat- Wasserhaltung 
zu betreibende Einfallende zu untersuchen wäre. 


o) Mathildezeche westlich Wächtersdorf. 


Am Kaminkabach aufwärts gegen Wächtersdorf befindet sich 
450 m westlich von letzterem Orte im sogenannten „Scheibenried*“ 
ein Erzvorkommen, das in gleicher Weise, wie das Kaminkalager, 
auf der Gesteinsscheide zwischen Mandelstein im Liegenden und 
den mächtigen Grauwacken im Hangenden auftritt und das überdies 
ein interessantes Beispiel localer Störungen der Schichten darbietet. 
Das Erzlager besteht aus einem feinkörnigen, theils stufigen, theils 
mulmigen Magneteisenerz, es streicht 2 bis 3h, fällt 9h im 
allgemeinen unter X 35—40°%, das bauwürdige Anhalten im 
Streichen ist auf der Wassersohle mit 95 m nachgewiesen 
worden, während die Mächtigkeit zwischen 1°5 bis 2:5 m 
wechselt. Dem Verflächen nach betrachtet, ist das Erzlager bis 
auf die tiefste Abbaustrecke 91 m unterhalb dem Oberstollen durch 
5 Verwerfungen von 5 bis 7 m Sprunghöhe in sechs Gebirgstücke 
getrennt; diese letzteren sind dem Fallen nach gemessen 6 bis 10m 
lang und verflächen 15 bis 18° nach 8 bis 9 h, dagegen verflächen 
die Sprungklüfte 75 bis 80% ebenfalls SO. Nebenstehendes Profil 
Fig. 3 versinnlicht diese Dislocationen, welche sich als parallele 
Verwerfungen darstellen, verknüpft mit normalen Senkungen der 
getrennten Gebirgsstücke am Hangenden der Sprungklüfte. Zu diesen 
Störungen durch Längsklüfte im Fallen gesellen sich Störungen im 
Streichen, wodurch das Lager in seiner Fortsetzung gegen NO wieder- 
holt ins Hangende übersetzt. 

Untenfolgend sind die Analysen der Mathildezecher Magnet- 
eisenerzstufen unter XI, der mulmigen Erze und des mitfallenden 
Erzklein unter XII, pag. 117, angegeben. Diese letzteren Erze sind 
immer etwas ärmer, weil ihr Eisengehalt durch bei der Gewinnung 
und Förderung hineinkommendes Bergklein herabgezogen wird. 

Die Alten haben das Mathildezecher Erzvorkommen nicht gebaut, 
dasselbe ist erst in den Vierziger Jahren entdeckt und dem Abbau 
zugeführt worden. 

Ursprünglich dienten dem letzteren mehrere Haspelschächte, 
später hat man aber dort, wo das von Wächtersdorf herabkommende 
Schliecehtgründel im Kaminkabach einmündet, den Oberstollen 
angeschlagen, welcher bis zum Anfahrungspunkt des Lagers 115 m 
lang geworden ist und auf dem Hauptförderschacht 21'2 m Saiger- 
teufe einbringt. Neuerdings ist 172 m unter dem Öberstollen noch 
ein zweiter Stollen vom Kaminkabach her bis auf 303 m auf- 
gefahren worden, welcher mit 478 m das Mathildenlager anfahren 
soll. Unter dem Einflusse der durch diesen Stollen erzeugten Depression 


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115 


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Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 


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[87] 


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15* 


116 Franz Kretschmer. [88] 


des natürlichen Grundwasserspiegels ist man bis 30'3 m Saigerteufe 
gekommen und hat bis dahin die Erze gänzlich zu Ende verhauen. 
Dagegen liegt das Mundloch des Kaminkastollens unter dem 
Mathilde-Unterstollen 5944 m und würde der erstere eventuell vom 
Kaminkaer Maschinenschacht bis zum tiefsten Gesenk am Mathilde- 
lager noch auf 759 m dem Streichen nach weiterzutreiben sein, 
wobei man unterwegs den Aufschluss neuer, auf der Gesteinsscheide 
einbrechender Erzlagerstätten erhoffen darf. 

Ungefähr 4m unterhalb der Brücke über den Kaminka- 
bach amFahrwegeWächtersdorf—Krockersdorfist eine 
Linse schönen Magneteisenerzes gefunden worden, von 
welcher man seinerzeit über 100 q Erze erzeugte. Die Erze haben 
sich wohl bei 2 m Gesenkteufe in der Sohle verdrückt und konnten 
dieselben wegen Wasserzuflüssen aus dem Bache nicht weiter unter- 
sucht werden. Dieses Vorkommen deutet darauf hin, dass das 
Mathildenlager sehr wahrscheinlich in der Richtung gegen NO fortsetzt. 


p) Peinitzstollen im Scheibenried östlich der Colonie Lewin. 


Auf der Waldparcelle des Ansassen Josef Schulmeister, 
Cons.-Nr. 22 in Gobitschau, wurde ein Brauneisenerz-Vorkommen 
erschürft, das ebenfalls am Contakt zwischen Diabasmandslstein 
im Liegenden und Thonschiefer im Hangenden lagert; letzterer 
enthält eingeschobene Kalksteinlagen und zeigt deutlich ausge- 
sprochene Clivage, deren Ebene senkrecht auf den Hauptschieferungs- 
flächen steht. Auf dieses Vorkommen hat man auf halber Höhe des 
Schäferbachgehänges einen Zubau, den sogenannten Peinitzstollen 
angeschlagen und durch die im Hangenden auftretenden, sehr festen 
Grauwackensandsteine, mit untergeordneten Thonschiefern wechsel- 
lagernd, auf ungefähr 155 m vorgetrieben, sowie einen Lichtschacht 
abgeteuft; der Stollen hat jedoch die Erzlagerstätte nicht erreicht, 
weil der weitere Vortrieb desselben aus unbekannten Gründen vor- 
zeitig eingestellt wurde. 


Die nebenstehende Tabelle gibt ein Bild der chemischen Con- 
stitution der Eisenerze von Sternberg und Umgebung. Diese, sowie 
die weiter oben angeführten Erzanalysen stammen zum grösseren 
Theile aus dem hüttenmännisch-chemischen Laboratorium zu Witko- 
witz, welche theilweise auf meine Anregung hin und mit den von mir 
besorgten Proben ausgeführt worden sind. Ein weiterer Theil dieser 
Erzanalysen rührt aus dem Probirgaden zu Stefanau her, und fühle 
ich mich gegenüber den maßgebenden Factoren zu geziemendem 
Danke verpflichtet, für die gütigst ertheilte Zustimmung zur Ver- 
öffentlichung dieser Analysen, weil sie eine nothwendige Ergänzung 
vorliegender Arbeit bilden. 

Die geschilderten Eisenerzlager bei Sternberg und Umgebung 
bieten dieselbe Linsenstructurdar, wie ich solche für die derselben 
Gesteinszone angehörigen Eisenerzlager bei Bennisch und Umgebung 
gezeichnet und beschrieben habe!). Merkwürdig ist, dass auch die 


') F. Kretschmer a.a. O0: 


117 


Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 


IIX 


IX 


-198ejuop[tugeW “urojgzay pun yoryag-zıouastejousem "IIX 


-198ejuopfıgye ‘UaFNIg-ZIouastojousem "IX 


‚aodrjeyurwueyy ‘uropyziyg puu tupnp-zıouastpjousen "X 


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meıogo 19) ur aodepdoyoig-wurimp ZI9uastpjo9us®N "TILA 


neldgO Aop ur 1odepdoyoag-eurıuf ‘zroussteneig 'IIA 
"NEUOKIIOH “KFLLIO) Aadeppuasar] ‘yaıyag-zaoussiouneag "TA 
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-uogqeadyny ‘wsdaoyzıy aaydazızagoy ‘yoıyag-zaouasıieungig "AI 

-uoqradyny ‘1odıoyzır] AOY9ZIIIIOY "UapuIg-zaausstouneig 'JII 
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"ZIOMONSIT ‘1odaoyzIıy AOU99Z8109H ‘aaynIg-z1ouastapuseN "I 


02.01 | 082 | 21-18 |09.51 | O#.ST | 00-81 | 08-91 | 08-9% | 06.9 | 80-01 IJSnLLEAUN]) 
81.0 01.0 81.0 12.0 6 6 800 11.0 81.0 6 aoydsoyq 
6 & 88:0 | 90-0 6 6 & 6 6 6 DENNEIS 
6 & 10 |980 | 09.0 ands 090 | 97.0 & & " - 2Isousem 
68-0 g1.0 Ol. 00-1 07-7 GL.8I | 048 66-9 z pION[eH 
06-8 06.7 09.9 OL-L 6L9 GG 04:7 0L.9 " ° apA9uolL], 
02.08 07.87 | 09:12 | 01-85 | 86-98 | a8.E1 | 08.21 | 0091 ERULSIERLIS] 
01.0 | 80-1 R R R 6 & R ' urdue 
16:68 | 06.68 | 82.78 | 09-88 | 06-18 | 07.78 | 00.67 | 09-9F “  uosıq 

x ee | A a II Fo. 

| 


118 Franz Kretschmer. [90] 


Erzlager bei Sternberg genau so wie bei Bennisch an den Lager- 
spitzen (Enden) gesetzmässig derart übergreifen, dass 
wenn man auf dem Lagerstreichen gegen SW vorwärts 
schreitet oder im Lagerfallen gegen SO abwärts vor- 
kommt, so findet man die nächstfolgende Erzlinse im 
Liegenden des auskeilenden Lagertheils, wie dies die bei- 
stehende grundrissliche Skizze (Fig. 4) versinnlicht. Diese Störungen 
hängen häufig nicht nur ab von der ursprünglichen Absonderungsform 
der kalkreichen Mandelsteine, beziehungsweise Kalksteine, aus denen 
die Eisenerzlager durch einen secundären Umwandlungsprocess her- 
vorgegangen sind, sondern wir haben es örtlich mit wirklichen 
Dislocationen zu thun, und zwar dürften es in den meisten 


Fig. 4. 


N 


Fällen reehtsinnige Verwerfungen sein, hervorgerufen durch 
Kreuzklüfte, welche normale Senkungen am Hangenden des Verwerfers, 
Jedoch von geringer Sprunghöhe, zur Folge hatten. Nachdem diese 
Dislocationen in der ganzen Gesteinszone Sternberg—Bennisch local 
wiederkehren, so dürften dieselben in allgemeinen Ursachen ihre 
Begründung finden, und möglicherweise gleichzeitig mit der Auf- 
richtung der Schichten stattgefunden haben. 

Gleichwie bei Dillenburg und Herborn in Nassau die wichtigeren 
Eisenerzlagerstätten auf der Gesteinsscheide zwischen Schalstein und 
Cypridinenschiefer (Kramenzel) lagern, ebenso gilt auch für die Um- 
gebung von Sternberg, sowie überhaupt auf dem ganzen Diabaszuge 
Sternberg— Bennisch, der für den Bergmann sehr wichtige Erfahrungs- 
satz, dass die bauwürdigen Eisenerzlagerstätten stets 
am Contakt von Thonschiefer und Diabasmandelstein 
(oder seinen Varietäten), niemals aber im Diabasgestein 
selbst aufsetzen. 


[91] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 119 


Rückblick. 


Neuerdings hat Dr. E. Tietze!) in genialer Art eine andere 
Gliederung des mährisch-schlesischen Devons begründet; darnach wäre 
dasselbe auf das Unterdevon Römer’s und eine Anzahl sporadisch 
verbreiteter Gesteinsklippen beschränkt. Derselbe trennt die bisher als 
devonisch betrachteten Grauwacken vom Devon ab, um sie dem Culm 
einzuverleiben und gelangt zu der Schlussfolgerung, dass wir in den 
bei Bennisch und Sternberg in Form untergeordneter Lager auf- 
tretenden Orinoidenkalken mit den zum Theil kalkhaltigen Thon- 
schiefern „alte Klippen des Devon vor uns haben, welche von der 
Culmgrauwacke umlagert, bezüglich theilweise überlagert werden.“ 

Tietze folgert ferner aus den Devonpartien von Ludmirau, 
von Rittberg, von Nebotein und von Grügau allgemein, dass 
die Grauwacken denselben nicht normal aufgelagert, vielmehr örtlich 
Discordanz unzweifelhaft erkennen lassen, dass die Devongebilde 
keineswegs einer auf den Nordwest, längs der allgemeinen Streichens- 
richtung der Grauwacken, beschränkten Zone angehören, sondern einen 
klippenförmigen Charakter an sich tragen. 

Ausser den oben erwähnten, in der Marchfurche durch 
Erosion blosgelesten Devoninseln, werden auch solche aus der 
Beczwafurche angeführt, wo in der Gegend bei Weisskirchen 
zweifellos devonische Gesteine „sich sogar noch nahe der äussersten 
Östgrenze der bezüglich ihres untercarbonischen Alters allseitig an- 
erkannten Culmgrauwacken Mährens befinden. Daraus allein geht 
hervor, dass erstlich devonische Gesteine sich unter dem Culm allent- 
halben, sei es fortsetzen, sei es einmal fortgesetzt haben, so dass ihr 
Auftreten an irgend welchen Stellen des Grauwackengebietes nichts 
Auffälliges, hat und zweitens, dass vor allem eine regelmässige Auf- 
einanderfolge der hier in Betracht kommenden palaeozoischen Gesteine 
von Westen nach Osten im Sinne Römer’s nicht existirt.“ 

Diese radicale Umgestaltung der bisherigen Ansichten über die 
mährisch-schlesische Devonformation im Sinne der von Tietze ent- 
wickelten Auffassung vermochte ich nicht vollinhaltlich anzunehmen, 
ich glaubte noch an der älteren, insbesondere von F. Römer auf 
palaeontologische Einschlüsse gegründeten Devongliederung festhalten 
zu sollen. 

Es ist nicht meine Aufgabe, auf die rein theoretische Frage 
betreffs der Altersdeutung Tietze’s näher einzugehen; immerhin ist 
es aber auffällig, dass in unserem hier in Betracht kommenden Terrain 
nirgends eine Transgression der Grauwackengesteine über die mit 
Sicherheit erkennbaren Devongebilde beobachtet werden konnte, viel- 
mehr zeigen sich die Grauwackengesteine überall concordant, den 
anderen Devongliedern aufgelagert; erstere streichen und fallen 
völlig conform den letzteren. Wo ich am Pinker Bergbau aus den 
erzführenden, dem Unterdevon angehörenden Diabasschiefern und 


!) Die geognostischen Verhältnisse der Gegend von Olmütz von Dr. E. Tietze, 
Jahrbuch der k. k. geol. R.-A. 1893, Bd. 43, Hft. 5, pag. 399 —566. 


120 Franz Kretschmer. [92] 


deren Tuffen ins Liegende mit Querschlägen hinausgefahren bin (siehe 
das Profil Fig. 3 auf Taf. IV [2]) konnte ich nicht nur keine Discor- 
danz,. geschweige denn eine Transgression der Schichten, vielmehr 
sogar in petrographischer Hinsicht successive Ueber- 
eänge vom Diabasschiefer und dessen Tuffen in phyl- 
litähnliche Thonschiefer und schliesslich in zweifellos 
klastische Thonschiefer beobachten, welch letztere bereits 
den Grauwacken einzuverleiben sind und nach der Altersdeutung 
Tietze’s als eulmisch anzusprechen wären, was wohl ausgeschlossen 
erscheint, da bei transgredirender Auflagerung eine scharfe Abgren- 
zung und kein successiver Uebergang der constituirenden (sesteins- 
elemente zu erwarten ist. 

Wohl sind die Diabasmandelsteine nebst ihren Schieferhüllen 
der Gesteinszone Sternberg—Bennisch gegen den Grauwackensand- 
stein scharf abgegrenzt, zeigen jedoch gegen diese nirgends trans- 
sredirende Auflagerung, vielmehr wechsellagern Diabasmandelsteine 
und Schalsteine mit den Thonschiefern und devonischem Encriniten- 
und Korallenkalkstein, sowie mit Grauwackensandstein in vollkommen 
eoncordanter Lagerung, wie die oben gegebenen als auch die Profile!) 
von dem Eisenerzbergbau bei Seitendorf nächst Bennisch (Schlesien) 
nachweisen. Dagegen habe ich discordante Auflagerung der Thon- 
schiefer, namentlich derjenigen, welche die Schieferhüllen bilden, auf 
dien Diabasgesteinen innerhalb der Gesteinszone Sternberg— Bennisch 
nicht selten beobachtet, was mit der Präexistenz dieser 
Thonschiefer zusammenhängt. Ferner enthalten die Thon- 
und Mergelschiefer der Mandelstein - Schieferhüllen zuweilen 
srosse Trümmer von Grauwackensandstein eingeschoben, 
welche möglicherweise durch dynamische Vorgänge beim Aufbruch 
der Diabase in die Thonschiefer gelangt sind, also ein directer 
Beweis für die frühere Anwesenheit der Grauwacke, 
so zwar, dass ein postdevonisches Alter derselben ausgeschlossen 
erscheint. 

Nach Massgabe des Profils auf Taf. III (1) beginnen die Grau- 
wackengesteine dort, wo sie an das Unterdevon anstossen, das 
letztere scheinbar unterteufend, mit einer Antiklinale westlich Mähr.- 
Neustadt; weiter gegen SO verschwinden sie unter der jungtertiären 
und quartären Ueberlagerung, so lässt sich. also nur per Analogie 
schliessen, dass auch die übrigen Theile des in das Profil fallenden 
(Grauwackengebiets zu Mulden und Sätteln gebogen sind, doch kann 
soviel mit Bestimmtheit constatirt werden, dass die Grauwacken bei 
Bladowitz und Rietsch überall südöstlich völlig concordant unter die 
unzweifelhaften oberdevonischen Thonschiefer ( des Profils) nebst den 
ihnen intercalirten Kalksteinlagern und die Diabasmandelsteine, sowie 
die Schalsteine () einfallen. Dasselbe Verhalten zeigen die im Hangen- 
den des Mandelsteinzuges folgenden oberdevonischen Grauwackensand- 
steine, also auch hier an der südöstlichen Formations- 
grenze, sowie vorhin an der nordwestlichen keine 


!) Die Eisenerzbergbaue bei Bennisch (Schlesien) von Fr. Kretschmer: 
Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen, Jahrg. XLII, S. 167 ff. 


[95] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 121 
Transgression der Schichten. Es erscheint somit gewaltsam, 
die Formationsglieder (/, 9, %) aus der natürlichen Reihenfolge heraus- 
zureissen und dem Culm zuzuweisen. 

Während sich Römer (Geologie von Oberschlesien, pag. 31) für 
das Gebundensein der Eisenerze an die Diabase aus- 
spricht, v. Camerlander (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1890) ebenfalls 
für diese Anschauung eintritt, verficht Tietze die Auffassung, dass 
nicht alle diese Eisenerze den devonischen Diabasgesteinen angehören, 
vielmehr denselben ein verschiedenes geologisches Auftreten eigen ist. 

Ich will die Unhaltbarkeit dieser Anschauungen auf Grund meiner 
langjährigen Beobachtungen bei den hier in Betracht kommenden Erz- 
bergbauen nachweisen. Im Gebiete der bisher als subearbonisch an- 
gesehenen Grauwacken ist mir nicht ein Eisenerzvorkommen bekannt, 
auf dem eine nennenswerte Eisenerzgewinnung stattgefunden hätte. 
Wohl spricht Camerlander in seiner erwähnten Arbeit (pag. 170 
[68]) von alten Urkunden aus den Jahren 1086, 1200 und 1269, in 
welchen von Eisenwerken bei Laschtian und Domstadtl die Rede ist, 
sowie von Bergen daselbst. „in welchen Eisen gegraben wird“. An 
beiden Oertlichkeiten kommen jedoch keine Eisenerzlagerstätten vor 
und dürfte die von Tietze bezweifelte Vermuthung Camerlander’s 
jedenfalls richtig sein, dass es sich in jenen alten Urkunden um 
Hüttenwerke, aber nicht Eisenerzbergwerke gehandelt habe. 

Dagegen erhellt aus den obigen, auf Grund eigener Anschauung 
gegebenen eingehenden Schilderungen jener technisch wichtigen Eisen- 
erzlagerstätten, dass dieselben ausnahmslos den devonischen 
Diabaszonen angehören, mit diesen untrennbar ver- 
bunden sind und entweder, wie bei Sternberg, fast ausschliesslich 
an deren Grenze gegen die Nebengesteine (Thonschiefer) eingelagert 
sind, oder dieselben erscheinen direct zwischen die Diabasschiefer 
und deren Tuffe eingebettet, wie hinsichtlich der Eisenerzvorkommen 
bei Pinke und Meedl nachgewiesen wurde. Was für die Eisenerz- 
niederlagen von Meedl, Pinke und Sternberg gilt, ist auch für die 
auf demselben Zuge liegenden Eisenerzlagerstätten im Urliech bei 
Klein-Mohrau, beziehungsweise Bittenwald—Neu-Vogelseifen— Wieder- 
srün, ferner von der Fortsetzung des Eisenerzlagerzuges Deutsch- 
Lodenitz— Bärn—Bennisch zutreffend. 

Jedenfalls stammt sämmtliches Eisen jener Lager- 
stätten im wesentlichen von den Diabasen her, die 
Diabasaufbrüche brachten das Eisen aus dem Erdinnern 
näher an die Tagesoberfläche in Form von eisenreichem 
Augit, der zu Uralit und Chlorit: umgewandelt wurde. Letzterer ist 
dann weiter gespalten worden in ein wasserhaltiges Thonerde-Silicat 
und Eisencarbonat, das auf die Wanderschaft ging und den Platz 
mit dem Kalkcarbonat ausgetauscht hat. Darum stehen Diabas- 
und Eisenerzlager im nothwendigen Causalzusammen- 
hange, erstere bedingen letztere, ohne Diabas keine 
Eisenerzlager! Die oben geschilderten Eisenerzlager gehören 
fast ausnahmslos diesem Typus an, ein primärer Ursprung infolge 
von magmatischer Spaltung dürfte nur auf die im Diabasporphyrit 
und Diabasmandelstein vorkommenden, jedoch gänzlich untergeord- 

Jahrb. d. k. k. geol. Reichsaustalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Kretschmer.) 16 


1892 Franz Kretschmer. [94] 


neten sowie unbauwürdigen Magneteisenerz- beziehungsweise Braun- 
eisenerzlinsen beschränkt sein. 

‘Es ist bis nun über die oben geschilderten Eisenerzlagerstätten, 
sowie über die darauf umgehenden Bergbaue sehr wenig in die 
Oeffentlichkeit gedrungen, und nachdem die neuzeitige Bergbau- 
thätigkeit diesbezüglich überaus zahlreiche, als auch wertvolle Auf- 
schlüsse gebracht hat, und um diese nicht in unverdiente Vergessenheit 
serathen zu lassen, ist eine auf Autopsie begründete Darstellung 
dieser unter denkwürdigen geologischen Verhältnissen auftretenden 
Eisenerzlager nicht nur keineswegs überflüssig, sondern zeitgemäss, 
weil dieselben auch künftighin in bergmännisch-technischer Hinsicht 
aller Beachtung würdig erscheinen. In wiefern ich meiner Aufgabe 
gerecht geworden, mag der nachsichtsvollen Beurtheilung der Fach- 
genossen überlassen bleiben. 


Inhalts -Verzeiehnis. 


Seite 
Mioleitung ar. nee a ee NE ill Le Ta a 
I. Geologischer Theil. 
Hiezu das Profil auf Tafel III (1). 
Die Erzlagerstättenzüge . en enieihn jasleie este apa 2 
Petrographisches Verhalten, Zusammenhang des allgemeinen Schichten- 
und Gebirgsstreichens - » . oa... „cu 
A. Unterdevon. 
Allgemeine Lagerungsverhältnisse der einzelnen Formationsglieder und der 
beiden Erzlagerzüge .".- u ..n 1.0 mr Jh nnn, „imaı a a 
Petrographisches Verhalten. 
Bradler Quarziter,.! u... Frei, sus verhien ı 6a dt. ka en N er 4 
AUSSEET, (QUATZILE. 1 zu) m» oben Sana ann ke a 
Meedler Quarzsandsteine . . ee 5 
Die Diabasschiefer und deren Tuffe, Beschreibung der einzelnen Varietäten 6—8 
Diabasschiefer, yon»Aussee. 4... 1 nen untl 8 
Diabasschiefer von Meed], den ersten Erzlagerzug umschliessend “je 88 
Diabasschiefer von Pinke, den zweiten Erzlagerzug umschliessend . .. . 8-9 
Verwitterung und Umwandlung der Diabasschiefer . . . 222: 2.2... 9-0 
Kalksteine . . . A 10 


Granitähnlicher Gneiss (Protogyn) rate. K RR ds fie 1011 


Contactgesteine (Phyllit).. . 14 
Verbreitung und Gliederung. 
Zone der Bradler Quarzite als tiefstes Glied des Unterdevon, stratigra- 
phisches Verhalten, Altersbestimmung- . . . ..... 0... ..... vergerzus 
Archäischer Chloritgneiss an der unteren Grenze des Unterdevon .... 138 
Diabasgesteine und Phyllite bei Nebes, Steine und Rohle . . 2.2.2. . 1-14 
Lagerungsverhältnisse und Alter der Ausseer Quarzite . .... 2... 4-1 
Lagerungsverhältnisse und Alter der Meedler Sandsteine . 2 22... 
Verbreitung und Stratigraphie der Ausseer Diabasschiefer - ...2..1-16 


Verbreitung und Stratigraphie der Meedler Diabasschiefer -. . 22... 16 


[95] Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 123 


Seite 
Gneiss, Diabasschiefer und Phyllit am Wachberskamm, Spitzhübel bei 
Moskele und der Schönwälder grossen Horka . . : 2 2 2.2... . 16-17 
Den silberhältigen Bleiglanzes: bei Neudorf, - „se... 2». 0%... 17 
oldhältige Quarzgänge bei Dünseifen . . ee 17 
Verbreitung und Stratigraphie der Pinker Diabasschiefer u N 
Lagerungsverhältnisse der Kalksteine . ... . 1 | 
B. Mitteldevon. 
Erzleere Grauwacken und Thonschiefer nebst den Kalksteinen . .....19 
Petrographisches Verhalten : . . ee ee A ER) 
Lagerungsverhältnisse und Gliederung. ua BE 6 A Ak as a aan 20 
C. Oberdevon. 

Petrographisches Verhalten. 
Grauwackensandsteme und Thonschiefern .';, . . 2 a RT] 
Kalkhaltige Thonschiefer und Kalksteine . . . 21—22 
Diabasgesteine mit dem dritten Erzlagerzug, Beschreibung der einzelnen 

Varietäten, der Mandel- und Schalsteine, sowie der Breccien N, 
Mikroskopische Analyse der Diabasgesteine . - ....23—24 
Vergleichung der oberdevonischen mit den unterdevonischen Diabasen ... 24-95 
KoniachBerterne mus a U ae ae ee menge ee ae at ID 

Verbreitung und Gliederung. 

Die Gesteinszone Sternberg—Bennisch, deren orographisches Verhalten 

und Lagerungsverhältnisse . . - 125 
Fundorte der einzelnen Diabasvarietäten bei Sternberg und Umgebung . 12020 
Profil der Schichtenfolge im Ottilienstollen bei Gobitschau . - . 26—97 
Dislocationen und andere Störungen in dem Complex der Diabasgesteine 

und”"Ehönschiefer bei Sternberg) .. Y MW Ir ET EN TT IE 
Organische Einschlüsse und Altersbestimmung . . : 2 22 2 22.2.2... 28—29 
BesondererMineralvorkommnisse La Re ns 29—31 
li. Bergmännischer Theil. 
Die Eisenerzlagerstätten und der Bergbaubetrieb . - - : : 2 .....91 
A. Bergbau Poleitz. 
Specielle Beschreibung der Erzkörper und deren. mineralogische Zusammen- 
setzung, sowie des: Grubenbetriebes . . . ..- 200... 2..32—34 
B. Bergbau Meedl. 
Specielle Darstellung der Erzlagerstätten mit den Profilen. (Fig. 1) - - . 34—37 
Die Ausfüllungsmasse derselben in mineralogischer Beziehung . . . . . . 37—39 
Chemische Analysen der Meedler Rotheisenerze . . » . 2... ......39 
Der. Berebaubetrieb, der „Alten“ > 7... 2 „Be, zen ee 2139-40 
Der neuzeitige Bergbaubetrieb: 
1. Der Witkowitzer Bergbau bei Meedl und seine maschinelle Aus- 
FUSTUNBIEHE. HT u ee a re ©  AO--AT 
2. Der Eisenberger Bergbau bei Meedl . Mr, ea et 
3. Der Blanskoer Bergbau bei Meedl und Storzendorf.. a N Ae—49 
Die Zukunft des Meedler Bergbaues und sein Erzreichthum . . . . . . . 49—50 
C. Bergbau Pinke. 
Specielle Schilderung der Pinker Erzlagerstätten, hiezu Tafel IV = . . 50—55 
Die Pinker Erzlager in mineralogischer Hinsicht . . . - - 2... 55—56 
Chemische Analyse der Pinker Rotheisenerze . . » : 2... 57 
I Grubenbaßsen, Pnkeamarn rn ee ten BTL 


16* 


124 Franz Kretschmer. [96] 
Seite 
Die maschinelle Ausrüstung desselben - . .» 2» 2.22 en... 2.0. 61-63 
Wirtschaftliche Verhältnisse und Erzvermögen - . . . R . 63 —64 
Genetische Betrachtungen über die Pinker und Meuhler 
Kisenerzilagerstätten . 7 2 ae Do RB IT EEE 
D. Das Bergrevier Sternberg. 
a. Gabrielenzeche am Altarstein nordöstlich Rietsch - . . .» 2 22.2... .67 
b. Sophienzeche im Liskowetz südlich Rietsch 68 
e. Georg- und Hugozeche im Liskowetz oe Er 
kersdorf und Robertzeche im Kuhgraben südöstlich 
Rietsch . . . . . . . . . . . . . . D} . + ‚ . . . . . . . . 68—71 
d. Concordia-, Hubert- und Liborzeche im Walde „Draschba“ nördlich 
Krokersdorf : FE! 
e. Hilaristollen im gutsher Michen Walde, Dubekak nordwestlich Cohen 
(Stachetenried) A ti: 
f. Eduardzeche im Riede Biaber, ı 5 vn nordöstlich Kr s 71 
g. Bartholomäuszeche im gutsherrlichen Walde re: westlich der 
alten Strasse Sternberg—Deutsch-Hause NAT 72 
h. Bergbau Ottilienzeche bei Gobitschau. 
Darstellung der Eisenerzlager Ne 72—73 
Die neue Stollenanlage Bi) 29 143 u Ne 73 —714 
Die Grundwasserverhältnisse . N een (= 
i. Willengotteszeche im Scheibenried nördlich Wächtersdorf Br 
k. Helene-, Mathias- und Sidoniazeche im fürstlichen Walde le 
in der Gemeinde Babitz . ; Sarrsce: 
!. Engelbert- und Albertzeche Bee) dee neuen (Steak NER 
Deutsch-Hause, circa 300 m nördlich Wächtersdorf. © . » » 2.02.76 
m. Bergbau Sternberg, Paul-. Juliana- und Prokopzeche in 
der Colonie Oberau. 
Specielle Schilderung der Erzlagerstätten . . » 76-77 
Profil durch den Maschinen- und Prokopschacht (ig, JE 78 
Die mineralogische Constitution der Erzlager ; 77—19 
Der Bergbaubetrieb und anstehende Erzmenge . 9—81 
n. Bergbau Kaminka. | 
Eingehende Schilderung der Eisenerzlagerstätte . 1 MO 
Deren Zusammensetzung in mineralogischer Hinsicht . et « 82-83 
Der technische Grubenbetrieb und seine maschinelle Ausrüstung . . 83—85 
Jahresförderung, Gestehungskosten, aufgeschlossene Erzmenge . . . 85—86 
o. Mathildezeche westlich Wächtersdorf. 
Beschreibung der Erzlagerstätte und ihrer Störungen, sowie der 
Aufschlussbaue . ER EE, Eare u Roc 36 
Profil der Erzlagerstätte (Fig. 3). a Kr 87 
. Peinitzstollen im Scheibenried östlich der Colonie 5 33 
HARTEN Analyse der Eisenerze von Sternberg und Umgebung . 83—89 
Allgemeine Betrachtungen über die Structur und die Verwerfungen der 
Erzlagerstätten in der Gesteinszone Sternberg- Benisch mit Fig. 4. . 88u 90 
Rückblick und Schlussbemerkungen. .. . nn! „erw wi #91 


u ME Du 2 u 


Die Fauna der unterpontischen Bildungen 
um Londjica in Slavonien. 


Von Prof. Dr. Karl Gorjanovic-Kramberger. 
Mit einer lithographirten Tafel (Nr. V). 


Der Ort Londjica liegt nahe dem östlichen Ende des Krndija- 
Gebirges, unweit Gradisce bei Kutjevo (siehe Specialkarte 1:75.000, 
Zone 24, Col. XVII). Den Kern dieser Gegend bilden krystallinische 
Schiefer, welche zumeist nur in tieferen Wassergräben anzutreffen 
sind. In denselben finden wir auch petrefactenreiche Leithakalke, 
welche in Gestalt grösserer oder kleinerer Fetzen den krystallinischen 
Kern umgeben. An den Leithakalk schliessen sich stellenweise marine 
Mergel, dann sarmatische und präpontische weisse Mergel an, auf 
‘welchen endlich eine mächtige Folge pontischer Bildungen liegt. Alle 
erwähnten Gebilde sind durch diluviale Lehme und Sande überdeckt). 

Ich habe bereits von dem Fundorte Bekinac südlich Londjica 
in der nominirten Schrift (l. e. pag. 22 und 24) einer von Herrn 
Milan Turkovic, Herrschaftsbesitzer von Kutjevo, mir freundlichst 
zugesendeten Collecte Erwähnung gethan, in welcher ich 


Valeneiennesia Reussi Neum. (nicht V. annulata Reuss.) 
Planorbis sp. 

Cardium Lenzi R. Hörn. 

Congeria banatica R. Hörn. und 

Fischreste (Schuppen und Kiefer von Gadoiden) 


erkannte, und welche Fauna ich mit jener von Beo£in verglich. 


Im Jahre 1898 überraschte mich Herr M. Turkovic abermals 
mit einer sehr netten Sammlung von Gastropoden und Lamelli- 
branchiaten, und zwar aus Babindol, südlich von Londjica, und 
der Gegend zwischen Urnaklada und Kovactevac östlich von 
Londjica. Die Suite von Babindol ist blos, was das petrographische 
Aussehen der Gesteine anlangt, verschieden von der vorerwähnten 
und aus Bekinac stammenden. Während der Mergel von letzterer 
Funastelle grau ist, ist jener von Babindol und der Gegend von 
Crnaklada fast weiss und so weich, dass er bei Berührung abfärbt. 


1) Gorjanovic-Kramberger: „Geologija okolice Kutjeva“. „Rad“ der 
südsl. Akad. Agram 1897. 


Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst., 1899, 49. Bd., 1. Hft. (Gorjanovic-Kramberger.) 


126 Prof. Dr. Karl Gorjanovid-Kramberger. [2] 


Indem die Faunen aller dieser Fundorte übereinstimmen, also 
einem und demselben Niveau angehören, so werde ich dieselben auch 
zusammenhängend schildern und blos bei jeder Art den betreffenden 
Fundort angeben. 


A. Gastropoda. 
Gen.: Hydrobia. 
1. Hydrobia sp. ind. 


Von dieser Gattung liegt blos ein aus Babindol stammendes, 
ungenügend erhaltenes Exemplar vor, welches keine nähere Unter- 
suchung zulässt. 


Gen.: Limnaeus. 
2. Limnaeus velutinus Desh. 
(Taf. V,, Big. oT.) 


Limnaea velutina Desh. — Sandberger: „Land- und Süsswasser- 
conchylien, Tab. XXXIL, Fig. 10 und 10a. 


Diese grosse Limnaeen-Art wurde schon von Reuss („Palaeon- 
tolog. Beiträge VII.“, Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wiss., 57. Bd., 
pag. 92) und später von Lenz und A. Koch aus Beo£in nominirt )). 
Auch in Kroatien, und zwar in der Umgebung von Agram finden sich 
in den unteren pontischen Bildungen (entsprechend dem Beoäiner 
Cementmergel) grosse Limnaeen, welche sehr an Limn. velutinus Desh. 
erinnern ?). 

Aus Babindol liegen 6 Exemplare eines Limnaeus vor, die noch 
am besten mit Z. velutinus übereinstimmt. Sie sind zwar kleiner als 
die Deshayes’sche Art, man kann sie indessen doch nicht von jener 
trennen. 


3. Limnaeus simplex Kramb.-Gor;. 
(Taf. V, Fig. 3.) 


Ein einziges, mehr in der Längsrichtung entwickeltes, ziemlich 
bauchiges Stück trenne ich von der vorerwähnten Art, da es sich 
sehr leicht durch seine Gestalt von jener unterscheiden lässt. Das 
(rehäuse dieser neuen Art ist 22 mm lang und 16 mm breit. Die Ober- 
fläche des Gehäuses (vornemlich Steinkern) ist ausser einigen spär- 
lichen, hauptsächlich bei der Mundöffnung vorhandenen Zuwachs- 
streifen, glatt. 

Fundort: Babindol. 


‘) „Geologie der Fruska gora“. Math.-naturw. Berichte aus Ungarn, Bd. 
XIII, pag. 114. 

Lenz: „Beiträge zur Geologie der Fru$ka gora in Syrmien“, Jahrb. d. k.k. 
geol. R.-A. 1873, 23. Bd., 3. Heft. 

°) Gorjanovic-Kramberger: „Das Tertiär des Agramer Gebirges“, 
Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1897, pag 554. 


[3] Die Fauna der unterpontischen Bildungen um Londjica in Slavonien. 127 


4. (?) Limnaeus nobilis Beuss. 
(Taf. V, ‚Fig, 2.) 


1868. Limnaeus nobilis Reuss: Palaeontol. Beiträge (2. Folge). Sitzungs- 
berichte d. math.-naturw. Cl. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, LVL. 
Bd, 12 Abth.,' pag. 85, Tab: IL, Fig. 1 und 2. 


Diese interessante Art beschrieb Reuss auf Grund von 4 Exem- 
plaren, welche aus dem Steinbruche am Hahnenbach, eine Stunde SO 
von Arbegen, zwischen Madiasch und Hermannstadt, herrühren. 

Zwischen Orna klada und Kovatevac bei Londjica wurde ein 
sammt Abdruck erhaltenes Stück dieser Art aufgefunden, jedoch beide 
unvollständig. Aus eben diesem Grunde konnte die Artbezeichnung 
nicht als definitiv feststehend betrachtet werden, weil ja die Möglich- 
keit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass uns hier etwa blos 
der Wirbeltheil einer Valenciennesia Reussi vorläge. — Vorderhand 
mag wenigstens in unbestimmter Form das Auftreten dieser schönen, 
mit deutlich welligen Querfurchen versehenen Art gedacht werden. 
Ich werde nicht ermangeln, bei erster Gelegenheit die Fundstelle per- 
sönlich zu besuchen, um über das Vorhandensein dieser Art in den 
unteren pontischen Schichten Slavoniens Gewissheit zu verschaffen. 


Gen.: Valenciennesia. 
5. Valenciennesia Reussi, Neum. 


1875. Valenciennesia Reussi, Neum.: „Congerien- und Paludinenschichten 
Slavoniens“. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., Vol. VIII, pag. 81, 
Taf. IX, /R10.'22. 

1854. Valenciennesia Reussi, Neum. Brusina: „Fauna der Congerien- 
schichten von Agram“. Beiträge zur Palaeontol. v. Oester.-Ung., 
Vol. HI, pag. 179, Tab. XXVIH, Fig. 70 und 72. 

1897. Valenciennesia Reussi, Neum. Brusina: „Materiaux pour la 
Fauna malacologique neogene...“ Agram, pag. 1, Tab. 1, Fig. 17. 

Diese merkwürdige Gastropodenart, welche genetisch zweifels- 
ohne von den Limnaeiden. insbesondere von der Art Limnaeus nobilis 

Reuss abzuleiten ist), finden wir auch in Babindol in sehr schönen 

grossen Exemplaren vor, die ich nicht näher beschreiben will, da 

dies schon in der eitirten Literatur erschöpfend geschehen ist. 


Gen.: Planorbis. 
6. Planorbis Turkoviei, Kramb.-Gor). 
(Taf. V, Fig. 4, 5 und 6.) 


Dieser Gastropode ist so zu sagen das interessanteste Object 
dieser Collecte. Es ist dies ein verhältnismässig grosser Planorbis, 
der in 4 Exemplaren vorliegt. Obwohl keines davon intact ist, so 


t, Vergleiche diesbezüglich: Hauer: Verhandl. d. k. k. geol. R. A. 1567, 
pag. 234, und insbesondere: Neumayr: Die Congerien- und Paladinenschichten 
Slavoniens, pag. 81. 


128 Prof. Dr. Karl Gorjanovic-Kramberger. [4] 


kann man doch alle Eigenthümlichkeiten dieser Art feststellen. Von 
den Dimensionen ist es blos die Höhe des Gehäuses, welche mir 
unmöglich ist zu bestimmen, da alle Stücke im Mergel eingebettet sind. 

Indessen ist die Sceulptur des Gehäuses so bezeichnend, dass 
man imstande ist, schon nach einem Bruchstücke derselben diese 
Art zu erkennen. 

Wie gesagt, liegen vier Exemplare vor, die von zwei nahe 
liegenden Fundorten, nämlich Babindol und Dobra voda herrühren. 
Die drei abgebildeten Stücke zeigen uns ihre beiden Seiten; an 
zweien davon ist je eine Schalenpartie erhalten, so dass man an 
ihnen gleichzeitig die Sculptur der beiden Seiten des Gehäuses beob- 
achten kann. 

Das flache, zarte Gehäuse misst im Durchmesser bis 18 mm 
und besteht aus 3!/, allmälig anwachsenden Umgängen, die an der 
oberen Seite durch tiefere Furchen abgegrenzt sind, und dadurch 
etwas gewölbt erscheinen, während die untere Seite flacher ist. Die 
Breite des ersten Umganges beträgt nahe dem Mundrande 6 mm, 
während der zweite (in derselben Lage) ca. 3 mm misst. Die Sceulptur 
der Schalenfläche ist sehr bemerkenswert, indessen ziemlich ver- 
schieden oben und unten. Die Oberfläche der oberen Schalenfläche 
scheint anfangs glatt zu sein; wendet man sie indessen gegen das 
Licht, bemerkt man sehr leicht drei Reihen flacher, knotiger Er- 
höhungen, und gegen den Mundrand hin noch sehr zarte Zuwachs- 
streifen, knapp vor dem Rande selbst, auch stärkere Rippen. Gegen 
die älteren Windungen zu sind die regelmässig angeordneten Rippen 
sehr deutlich und überall mit drei Knoten versehen. — An der 
unteren Seite sieht man ausser feinen, dichten Zuwachsstreifen regel- 
mässig angeordnete, sehr deutliche Radial- (Quer) Rippen, die gegen 
die älteren Umgänge hin, allmälig dichter werden. Die einzelnen 
Rippen sind mit 7—S deutlichen kleinen Knötchen verziert, welche 
indessen nach vorne zu (gegen den Mundrand) verschwinden. Es 
möge bemerkt sein, dass diese Knötchen an der inneren Schalen- 
seite weit kräftiger ausgeprägt sind als an der äusseren, wo man 
sie ziemlich schwer beobachtet. Die Rippen greifen auch etwas über 
den Rand des Gehäuses, so dass derselbe schwach wellig gekrümmt 
erscheint. 

Diese Planorbis-Art scheint in der unteren. Abtheilung (ins- 
besondere meiner 4. Etage) der pontischen Stufe eine ziemlich wich- 
tige Rolle zu spielen, da sie ausser in Slavon:en auch in Kroatien 
und Ungarn vorkommt. Wenngleich es nicht dieselbe Art ist, die da 
angetroffen wird, so sind es doch ganz nahestehende Formen, welche 
in direct verwandtschaftlichen Beziehungen mit unserer Art stehen. 
Vor allem gedenke ich der Lörenthey’schen Art Planorbis pon- 
feus!), welche sich nicht nur blos bezüglich der Gestalt und der Zahl 
der Windungen, sondern auch theilweise in der Sculptur der Schale 
eng an unsere Art anschliesst. 


‘) „Beiträge zur Kenntnis der unterpontischen Bildungen des Szilägyer 
Comitates und Siebenbürgens.“ Klausenburg 1893. Ertesitö II, naturw. Section, 
pag..315:(27). Taf. IV. Fig. 14a, 


[5] Die Fauna der unterpontischen Bildungen um Londjica in Slavonien. 129 


Sowohl der Planorbis ponticus Lör. als insbesondere unser Pl. 
Turkoviei m. erinnert einigermassen an jene Planorben-Abtheilung., 
welche als „Armiger* bezeichnet wurde. Ich erwähne die Art Pl. 
(‚Armiger) eristatus Drap. aus den levantinischen Schichten von Rhodus, 
welche uns G. v. Bukowski beschrieb '). Diese Art steht unserer 
bezüglich der Seulptur ziemlich nahe, nur ist sie bei weitem kleiner, 
da sie im Maximum 2 mm im Durchmesser erreicht. Sie schliesst 
sich übrigens viel enger an die recenten Formen dieser Planorben- 
Gruppe, von welchen ich die Arten Planorbis nautileus L. var. eristatus 
Drap. und Pl. nautileus var. spinulosus Oles. erwähne ?), an. — Auch 
die Brusina’sche Art Pl. ptycophorus, welche aus den Üongerien- 
schichten der Umgebung Agrams stammt, dürfte diesem Formenkreis 
angehören. Nachdem aber diese Art noch nicht näher beschrieben 
und abgebildet wurde, so kann auch nichts über die verwandtschaft- 
lichen Verhältnisse derselben zu unserer Art gesprochen werden. 


7. Planorbis tenuistriatus Kramb.-Gor;. 
(Taf. V, Fig. 7.) 


Das flache, aus +!/, durch ziemlich scharfe Nahten getrennten 
Windungen bestehende Gehäuse misst im Durchmesser 146 mm. Die 
einzelnen Windungen wachsen nur allmälig an so zwar, dass die erste 
um die Hälfte breiter ist als die ihr vorangehende. Der äussere 
Rand des Gehäuses ist etwas comprimirt. 

Die Oberfläche des Gehäuses ist mit äusserst feinen Streifen 
dicht bedeckt, die indessen nur mit Hilfe der Lupe wahrnehmbar sind. 

Fundort: Babindol. 


8. Planorbis sp. af. Radmanesti, Fuchs. 


1870. Planorbis Radmanesti, Fuchs. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien, 
XX, pag. 346, Tab. 14, Fig. 13—16. 

1884. Planorbis Radmanesti, Fuchs. Brusina: „Die Fauna der Con- 
gerinenschichten von Agram...“ Beiträge z. Palaeontol. Oester.- 
Ung., III. Bd., pag. 176, Tab. XXX, Fig. 30—32. 

Dieser Art theile ich vorläufig ein einziges aus Babindol stam- 
mendes Exemplar zu, welches ziemlich gut zur Fuchs’schen Be- 

schreibung passt. — Durchmesser des Gehäuses: 45 mm. 


Gen.: Valvata. 
9. Valvata sp. 


Hieher gehört offenbar ein deformirtes Gehäuse, welches nicht 
näher bestimmt werden kann. 


!) „Die levantinische Molluskenfauna der Insel Rhodus“. I. Theil, Wien 
1893. Denkschr. d. math.-naturw. Cl..d. k. Akad., pag. 18, Tab. VIII, Fig. 2—3. 


®?) Clesin: „Die Familie der Limnaeiden“. Nürnberg 1886, pag. 152 und 
153, Tab. 21, Fig. 5 und 7. 


Jahrb. d.k.k. geol. Reichsanst., 1899, 49. Bd., 1. Hft. (Gorjanovic-Kramberger.) 17 


130 Prof. Dr. Karl Gorjanovid-Kramberger. [6] 


Gen.: Zagrabica. 
10. Zagrabica cf. rhytiphora Brus. 


1897. Za a rhytiphora, Brus. „Materiaux pour la Fauna mala- 
colog....“ Agram. Tab, XIII, Fig. 12 und 13. 


So ich ein ungenügend erhaltenes Gehäuse, welches 
bezüglich seiner Sceulptur an die eben genannte Art erinnert, nur dass 
die Querlinien unseres Exemplares bei weitem zarter und verhältnis- 
.mässig etwas breiter sind. 


Fundort: Babindol. 


B. Lamellibranchiata. 
Gen.: Gongeria. 
1. Congeria banatica R. Hörn. 


1875. Congeria banatica, R. Hörn. Hörnes: „Tertiärstudien“. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. Wien 1875, pag. 75 und 76, Tab. III, Fig. 
2—). 

1897. Congeria banatica, R. Hörn. Andrusow: „Fossile u. lebende 
Dreissensidae Eurasiens“. Petersburg, pag. 211 (Resume, pag. 45), 
Tab. XI, Fig. 18—20. 


Die von Babindol und Crnaklada stammenden, hieher gehörigen 
Exemplare entsprechen ganz der von Hörnes gegebenen Beschrei- 
bung, und zwar entspricht seine Fig. 3 unserem aus Crnaklada (bei 


Kovatevac), und seine Fig. 4 unseren aus Babindol stammenden 
Stücken. 


2. Congeria zagrabiensis Brus. 


1883. Dreissena zagrabiensis Brus. „Congerienschichten von Agram“. 
Beiträge zur Palaeontol. Oesterr.-Ung., Bd. III, pag. 140, Tab. 
KXVILvRiez 92. 

1394. Congeria zagrabiensis Brus. „Fauna von Dubovaec“. Jahrb. d. 
k.K. geol. R.-A., Vol. XLII, pag. ‘372, Tab. VL Eje. 


1897. Congeria zagrabiensis Brus. „Materiaux pour la Fauna mala- 
eol. .. !*xAgram, pag. 29,.Tab. XV], Fig: 3. 

1897. Congeria zagrabiensis Brus. Andrusov: „Fossile und lebende 
Dreissensidae*. Petersburg, pag. 199, Tab. IX, Fig. 17—21. 


Von dieser sehr charakteristischen Art habe ich mehrere Exem- 
plare aus Babindol, und zwar so typische, dass es ganz ubrHAnE 
wäre, eine Abbildung davon zu reproduciren. 


[7] Die Fauna der unterpontischen Bildungen um Londjica in Slavonien. 131 


Gen.: Limnocardium. 


3. Limnocardium Abichiformis Kramb.-Gor;. 
Car. V,.Big. 12, Ea’und 14.) 


So benenne ich eine in mehreren Exemplaren vorliegende, aus 
Babindol stammende Art, welche auf den ersten Blick der Art Car- 
dium Abichi R. Hörn. anzugehören scheint, sich indessen von dieser 
durch constante Merkmale unterscheidet. 

Das hauptsächlichste Merkmal des ©. Abichi bilden die geschlos- 

senen Schalen, dann die zehn schütter angeordneten Radialrippen, 
zwischen welchen noch hie und da schwache Falten auftreten, dann 
der scharfe, zur hinteren Seite verlaufende Kiel, hinter welchem die 
Schale entweder glatt ist, oder von einer schwachen Rippe durch- 
zogen wird. — Unsere Exemplare haben zwar auch dünne, ovale, un- 
gleichseitige und hinten abgestutzte Schalen, besitzen aber immer 
12—14 Radialrippen, die ziemlich von einander entfernt auftreten, 
jedoch zwischen sich keine secundären Rippen oder Falten bergen, 
und was besonders hervorgehoben sein mag. hinter der stärksten nach 
hinten verlaufenden Rippe immer noch drei sehr deutliche Rippen 
zeigen. Ausserdem ‘beobachtet man an der Schale noch schwache 
Zuwachsstreifen. 
Vergleichen wir unser Limnocardium mit Limn. Abichi, so lässt 
sich einerseits ihre enge Verwandtschaft nicht leugnen, andererseits 
aber, falls wir zu den älteren nahen Formen zurückgreifen, eine 
genetische Formenreihe zusammenstellen, die uns dann auf eine mit 
schüttern, gleichartigen Rippen versehene Stammart, nämlich auf das 
Limnocard. plicatum Eichw. zurückführt. Man hätte demnach das 
schütterrippige sarmatische Card. plicatum als Stammform betrachtend, 
in der Art Limnocard. plicataeformis m. den präpontischen etwas 
degenerirten Nachkommen mit schwach geknoteten Rippen, und im 
Limnoe. Abichiformis m. den glattrippigen, sonst gleichartigen pon- 
tischen Vertreter des Limnoc. plieatum zu erblicken, von denen sich 
Limnoc. Abichi R. H. blos durch die Reduetion der hinteren Rippen, 
respective der Rippenzahl auszeichnet. 


Limnoe. Abichiformis m. — Limnoc. Abichi R. Hörn. 


el 


En 


0 Limnoc. plicataeformis m. 


Limnoc. plicatum Eichw. 


Ich muss noch bemerken. das ein junges, ebenfalls aus Babindol 
stammendes Exemplar unserer neuen Art blos sieben weit stehende 
Rippen und eine Falte vor der kräftigen, nach hinten ziehenden Rippe 
zeigt. Obwohl das Stück, wie bemerkt, jung ist, so hat es doch an 
der hinteren Seite zwei Rippen, welche sonst, wie es scheint, bei 
jüngeren Exemplaren der Art Limn. Abichi R. H. dort fehlen. 

, 19% 


132 Prof. Dr. Karl -Gorjanovic-Kramberger. 1.7 


Erwachsene Stücke unserer Art erreichen 30 mm Länge und 
21! mm an Breite; oder es verhält sich. die Länge zur Breite wie 
— re 


4. Limnocardium asperocostatum Kramb -Gorj, 
(Taf. V, Fig. 10 und 11.) 


Dieses flache Zimnocardium hat die Gestalt des Limn. otiophorum 
Brus., ist indessen bedeutend grösser und. weist eine ‚geringere An- 
zahl von Rippen auf. Während jene 33—35 Rippen besitzt, hat unsere 
neue Art blos 19. Dieselben sind nicht sehr hervortretend, indessen 
doch bezeichnend: zwischen je zwei Rippen befindet sich ein ebenes 
Feld. und an der Basis der Rippe, eine mit derselben parallel laufende 
etwas erhabene Linie. Der Rippenkamm ist beschuppt und ausserdem 
die ganze Schale mit zarten Zuwachsstreifen versehen. Diese feinere 
Oberflächensculptur wurde nach einem Abdrucke, welcher sich neben 
der abgebildeten Art befindet, beschrieben. — Die in natürlicher 
Grösse dargestellte linke Schale ist 26 mm lang, 21 mn breit und 
etwa 5 mm dick. 


Fundort: Babindol (4 Exemplare). 


5. Limnocardium otiophorum Brus. 


18854. Adacna otiophora Brus. „Die Fauna der Congerienschiehten von 
Agram...* Beiträge zur Palaeontol. Oesterr.-Ung., Bd. III, pag. 
158, Tab. XXIX, Fig. 45 und 46. 

1897. Limnocardium otiophorum Brus. „Materiaux pour la Fauna 
malacol....* Agram, pag. 53, Tab. XX, Fig. 14. 


Von dieser kleinen Muschel besitze ich 4 Exemplare aus Ba- 
bindol. Die grösste davon ist 8mm lang und 62 mm breit; die kleinste 
6°2 mm lang und 5°3 mm breit. 


Gen.: Pisidium. 


In diese Gattung reihe ich einige sehr interessante Schalen, 
die sich von den sonst bekannten Pisidien dadurch unterscheiden, 
dass sie einen kräftigen, nach rückwärts zu verlaufenden Kiel, und 
hinter diesem eine mehr minder kräftige Falte aufweisen. 

Aehnliches beobachten wir an einem Pisidium, den uns Sand- 
berger in seinem Atlas auf Taf. XXXIIL Fig. 4 darstellt. 

Unsere aus Babindol und Crnaklada stammenden Pisidien ge- 
hören zwei Arten an, die sich sehr gut durch den mehr oder weniger 
vorgezogenen vorderen Muschelrand unterscheiden. 


6. Pisidium costatum Kramb.-Gor]. 
(Taf. V, Fig. 8.) 
Schale 9 mm lang, 75 mm breit, vorne abgerundet, -hinten 
schräge abgestutzt. Vom Wirbel zieht sich nach hinten zu ein scharfer 


[9] ‘ Die Fauna der unterpontischen -Bildungen im L,ondjica in Slavonien, 133 


Kiel, hinter. welehem - sich noch - eine leichte‘ Falte befindet. — Die 
Schale ist sonst mit Zuwachsstreifen versehen. 

Fundort: Babindol (2 Exemplare). 

Bemerkung: Ein derartiges Pisidium fand ich auch in den 
tieferen pontischen Schichten von Gornji Stenjevae bei Agram. 


7. Pisidium protractum Kramb.-Gor7. 
2 I (lat. .M,, 218,9.) 

Schale 13 mm lang und 8 mm hoch. Der verlängerte Vorder- 
rand auffallend nach vorne gezogen; der ebenfalls längere, jedoch 
breitere Hinterrand abgestutzt. Vom Wirbel zieht sich nach hinten 
zu ein deutlicher Kiel, hinter welchem eine Falte sichtbar ist. — 
Das eben beschriebene Exemplar stammt aus Babindol. — Ein aus 
der Gegend von Crnaklada herrührendes Stück ist bei 15°5 mın lang. 


Schlussbemerkung. 


Die Fauna um Londjica (Babindol, Crnaklada—Kovatevac, Dobra 
voda) ergab folgende Liste: 


Hydrobia sp. 
Limnaeus cf. velutinus Desh. 
(?) i nobilis Reuss 
R simplex Kramb.-Gor). 
Valenciennesia Reussi, Neum. 
Planorbis Turkoviäi, Kramb.-Gor). 
} tenwistriatus Kramb.-Gor;). 
A“ sp. aff. Radmanesti Fuchs 
Valvata sp. 
Zagrabica cf. rhytiphora Brus. 
Congeria banatica BR. Hörn. 
" zagrabiensis Brus. 
Limnocardium Abichiformis Kramb.-Gor). 
asperocostatum Kramb.-Gor). 
5 otiophorum Brus. 
Pisidium costatum Kıramb.-Gor). 
5 protractum Kramb.-Gor). 


„ 


Fischreste. 


Unter den angeführten Mollusken sehen wir Limnaeus velutinus, 
dann Congeria bunatica, welche gewöhnlich in den unterpontischen Bil- 
dungen auftreten. Ausser diesen müssen noch erwähnt werden Pla- 
norbis Turkoviei und Limnocardium Abichiformis als dependente Formen 
für Planorbis pontieus Lör. und Limnoc. Abichi R. Hörn. Wenn auch 


134 Prof. Dr. Karl Gorjanovi6-Kramberger. sähe 10] 


der Betrag der übereinstimmenden Formen ein geringer zu sein 
scheint. so ist dies doch blos dem Umstande zuzuschreiben, dass die 
einzelnen tieferen pontischen Faunen noch unzulänglich faunistisch 
ermittelt sind. Trotzdem kann es als feststehend betrachtet werden, 
dass die Faunen von Babindol, Bekinac, Crnaklada, Beolin in Sla- 
vonien mit der entsprechenden des Agramer Gebirges (Kremenjaker 
Kalkmergel), und der Localitäten Novi Marof in Kroatien und Olah- 
Lapäd in Ungarn gleichalterig, ja einer und derselben Etage (meiner 
vierten) angehören. somit unter dem „Ahomboidea-Niveau“ und dem 
„Lyrcaea-Horizont“ der oberen pontischen Abtheilung liegen. 


Beiträge zur Parallelisirung der Miocänbildungen 
des piemontesischen Tertiärs mit denen des 
Wiener Beckens. 11.) 


(Nach Studien, ausgeführt im Herbste 1898.) 


Von Franz Schatffer. 
Mit 2 Profilen im Text. 


Um meine im Frühjahre 1898 begonnenen Untersuchungen in 
dem westlichen Tertiärbecken Oberitaliens, insbesondere in dem an 
den Apennin sich anschmiegenden Südschenkel der Synelinale fort- 
zusetzen, begab ich mich im Herbste desselben Jahres nochmals in 
das junge Bergland von Piemont und Ligurien 2). 

Gleichzeitig wollte ich einer liebenswürdigen Einladung des 
Cav. Luigi Rovasenda in Sziolze zum genaueren Studium seiner 
so überaus reichen und für das in Frage stehende Gebiet so 
interessanten geologischen Sammlung nachkommen. Leider mangelte 
es mir aber zum Schlusse an der für diesen Zweck erforderlichen 
Zeit, so dass ich mich auf einen kurzen Besuch dieser so merkwürdigen 
Localität beschränken musste. 

Obwohl die Resultate meiner früheren Untersuchungen bei 
Beginn der neuen noch nicht publieirt waren, zog ich es dennoch 
vor, beide Theile separat zu behandeln, da dadurch der innere Zu- 
sammenhang nicht viel einbüsst, und die nur skizzenhafte Darstellung 
ganz dem Charakter der aus der Gesammtfülle der Erscheinungen 
herausgegriffenen partes disjectae entspricht. 

Meine stratigraphischen Studien, verbunden mit einer möglichst 
eingehenden Ausbeutung einzelner Fundstätten, verfolgten auch diesmal 
den Zweck, zur detaillirten, auf palaentologischer Grundlage fussenden 
Kenntnis einzelner Horizonte beizutragen, um dadurch Anhaltspunkte 
für eine weitergehende, über grössere Gebiete sich erstreckende 


!) Siehe ersten Theil dieser Beiträge. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1898, 
Bd. 48, Heft 3. 

?) Streng genommen wäre also der für diese Arbeit gewählte Titel ungenau, 
aber die politischen Grenzen Liguriens können wohl mit Berechtigung ausser Acht 
gelassen werden, da der in diese Provinz reichende Theil der Tertiärmulde nur 
unbedeutend ist und im Vergleiche zu der Piemont angehörigen Hauptmasse ganz 
vernachlässigt werden kann. Er ist ein Theil des grossen „piemontesischen 
Tertiärbeckens“. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Schaffer.) 


136 Franz Schaffer. [2] 


Parallelisirung ganzer Schichtencomplexe zu gewinnen. Denn um die 
Sache von einem höheren Standpunkte aus betrachten zu können, 
fehlt es bis jetzt noch an den nöthigen genau bekannten Einzelheiten, 
aus deren Menge erst die Auslese der ceharakteristischen, allgemein 
siltigen Merkmale zu geschehen hat. 

Vor allem Anderen muss ich, um etwaigen Missdeutungen vor- 
zubeugen, einen unliebsamen Irrthum riechtigstellen, der sich ohne 
mein Verschuldenin den ersten Theil dieser Beiträge eingeschlichen hat. 

Da nämlich mein beabsichtigter Besuch der Loecalität Vignale, 
der mich über die Stellung des über der typischen pietra da cantoni }) 
liegenden Mergels aufklären sollte, damals vereitelt wurde, so musste 
ich mich darauf beschränken, eine mir von Herrn Dr. F. Vaschetti 
in hebenswürdigster Weise mitgetheilte Faunenliste wiederzugeben. 
Leider verwechselte der genannte Herr, der seine Untersuchungen 
nur als Liebhaber betreibt, die beiden Horizonte „Elveziano* 
und „Tortoniano“ und sandte mir eine Liste von Fossilien des 
„Elveziano“ — der hier sehr sandreichen pietra da cantoni — 
unter der Bezeichnung „Tortoniano“, so dass ich annehmen musste, 
sie stammten aus den von den italienischen Fachgenossen für tortonisch 
angesehenen Mergeln. 

Diesen Irrthum konnte ich. erst jetzt bei einer persönlichen 
Unterredung mit Herrn Dr. Vaschetti feststellen: 

Da aber die grösstentheils aus der pietra da cantoni stammenden 
Fossilreste auf eine bedeutende Meerestiefe hinweisen, und da sie 
nach der irrthümlichen Angabe über diesem unseren Horner- 
schiehten entsprechenden Horizonte auftreten sollten, so sprach ich 
die Meinung aus, dass die oberen Mergel unserem Schlier ent- 
sprächen. 

Diese Ansicht ändere ich jetzt nach dem Besuche der Localität 
durchaus nicht, da diese spröden Mergel fossilleer sind. Wenigstens 
konnte ich selbst trotz eifrigen Suchens keine organischen Reste darin 
entdecken, und auch einer privaten Mittheilung des Herrn Dr. G. de 
Alessandri zufolge wurden nie welche daraus gesammelt. 

Damit glaube ich den übrigens belanglosen Fehler berichtigt 
zu haben. 


!) Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf eine Thatsache von prinecipieller 
Bedeutung hinweisen, dıe ich schon bei der Besprechung der Localität Rosignano, 
wenn auch nicht mit gebührendem Nachdrucke, hervorhob. Es wird nämlich von 
den italienischen Forschern die pietra da cantoni stets als „arenaria“, als 
Sandstein, bezeichnet. Thatsächlich ist auch ihr Aussehen dem eines feinkörnigen 
Sandsteines sehr ähnlich. Aber wenn man ein Stückchen mit verdünnter Salzsäure 
behandelt, so zeigt sich ein so bedentendes Vorherrschen kalkiger Substanz, dass 
die Grundlosigkeit dieser Bezeichnung sofort augenscheinlich wird. Der grünlich- 
graue, thonigfette Rückstand enthält nur mikroskopische Partikelchen von kieseliger 
Substanz und winzige Glimmerschüppchen. 

Selbstverständlich gilt dies nur von den reineren Gesteinspartien und kann 
nicht auf die stark mit Sand vermengten Vorkommnisse ausgedehnt werden. 

Ich habe daher für die pietra da cantoni nach dem massenhaften Auftreten 
der Gattung @Globigerina (neben anderen Tiefseeforaminiferen) die Bezeichnung 
Globigerinenkalkstein gewählt, um damit auch ihre ausgesprochene Aehn- 
lichkeit mit dem lower globigerina limestone von Malta und Gozzo rn 
der ebenfalls vielfach als Sandstein angesehen wird. 


[3] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete. 137 


Der Punkt, auf den ich diesmal meine Aufmerksamkeit haupt- 
sächlich concentrirte, und auf dessen Studium ich den grössten Theil 
der verfügbaren Zeit verwendete, war Serravalle-Scrivia. 

Um "das dieser Localität anhaftende Interesse zu erhöhen, dazu 
trug vor allem der Umstand bei, dass an ihr einer der eifrigsten 
Forscher in dem Gebiete der tertiären Ablagerungen Europas, ins- 
besondere auch in denen des oberitalienischen Beckens, Charles 
Mayer-Eymar, lange Jahre hindurch eingehenden Studien oblag, 
deren Resultate aber bisher nur theilweise bekanntgegeben wurden. 

Schon 1877 bedauerte Th. Fuchs!) anlässlich seiner Studien- 
reise in die Tertiärgebiete Oberitaliens die Zurückhaltung des ge- 
nannten Forschers, der die gewiss reichen Ergebnisse seiner Arbeit 
der Oeffentlichkeit vorenthält, und heute, nach zwanzig Jahren, muss 
man das. Fehlen einer diesbezüglichen ausführlichen Schrift noch 
immer beklagen. 

Denn die Arbeiten Pareto’s ?2) haben bei dem raschen Fort- 
schritte und nach dem heutigen Stande der Forschung nur mehr 
historisches Interesse, und die veröffentlichten Resultate der älteren 
Untersuchungen Mayers?) besitzen nicht den nöthigen Grad von 
Detailbeschreibung, da sie sich über zu ausgedehnte Landstriche er- 
strecken; zudem sind seither zwei Decennien verflossen. 

Th. Fuchs, der im Jahre 1377 das Profil von Serravalle — 
freilich nur flüchtig — verfolgte, sprach sich sehr skeptisch über 
dessen von Mayer immer hervorgehobenen stratigraphischen Wert 
aus, weil er den erwarteten Fossilreichthum der einzelnen Horizonte 
vermisste. Und in der That ist nur ein unserem Badener Tegel ent- 
sprechendes Schichtglied durch seinen aber wirklich überraschenden 
Reichthum an Fossilresten ausgezeichnet, alle anderen behergen sie 
nur in spärlicher Menge, und blos durch eingehende Untersuchungen 
war es mir möglich, eine Anzahl bestimmbarer Fossilien aus manchen 
Schiehten zu erbeuten. Auch fehlt in diesem Profile das Aequivalent 
unserer Horner Schichten in faunistisch charakterisirter Ausbildung, 
und die Stellung der an der Basis der miocänen Bildungen auf- 
tretenden fossilleeren Schichtglieder ist eine sehr fragliche. Gleich- 
wohl ist die Vollständigkeit der Schichtserie vom Schlier bis in das 
jüngste Miocän Grund genug, dieses Profil als Normalprofil des Süd- 
schenkels der piemontesischen Tertiärmulde eingehender zu besprechen. 

Die Ortschaft Serravalle-Serivia liegt an «der wichtigen, von 
Novi- zaieure nach Genua über den Roncopass führenden Weltstrasse, 


!) Th. Fuchs, Studien über die Gliederung der jüngeren Tertiärbildungen 
Oberitaliens. Sitzber. d. k. Akad. d Wiss. LXXVII Bd., I. Abth., 1878. 


?, L. Pareto, Note sur les subdivisions que l’on ohrrait etablir dans les 
terrains' ‚tertiaires de l’Apennin septentrional. Bull. soc. geol. France. 2. ser., 
tom. XXII, pag. 210. 

L. Pareto, Coupes ä travers l’Apennin des bords de la Mediterrande A la 
vallee du Pö, depuis Livourne jusqu’ä Nice. Bull. soc. geol. France. 2. ser., 
tom. rn 

) Ch. Mayer-Eymar, Sur la carte geologique de la Ligurie centrale. 
Bull. % geol. France, 3. ser., tom V, pag..2832. 

Ch. Mayer-Eymar, Studii geologiei sulla Liguria centrale. Boll. com. 

geol. It. Vol. VIII 1877, pag. 407. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Schafter.) 18 


138 Franz Schaffer. re [4] 


dort, wo sich die Vorberge des Apennin steil aus den jungen Alluvien 
der Ebene erheben. Die Tieflandsbucht von Novi erstreckt sich. süd- 
wärts zwischen die niederen Höhenzüge der jüngsten Tertiärzeit bis 
knapp vor Serravalle. Hier verlässt die Scrivia das enge Thal, in 


welchem sie das Gebirge durchbricht, und das dem Orte den Namen. 
gegeben hat. Im Sommer fast wasserleer, bietet das 50 — 60 m breite, 
von hohen, senkrechten Wänden eingesäumte Flussbett einen ganz 
eigenthümlichen Anblick. Die ganze Schichtfolge ist an diesen Fluss 
rändern vortrefflich aufgeschlossen, und es lässt sich hier der ein- 
fache geologische Bau dieses in orographischer Hinsicht so äusserst 
mannigfaltigen, pittoresken Berglandes sehr gut verfolgen. Die in 
einem mit dem geologischen Alter abnehmenden Neigungswinkel gegen. 
N fallenden Sehichten wechseln in ihrer petrographischen Beschaffen- 


heit ausserordentlich und bedingen dadurch die Mannigfaltigkeit der 


Terrainverhältnisse, die bei der ungeheueren Mächtigkeit der einzelnen - 


Horizonte ganz von deren Natur abhängig zu sein scheinen. Tiefe, oft 
schluchtenartige Nebenthäler folgen dem Streichen der leichter zer- 
störbaren Mergelschiehten, und in scharfen Contouren erhebt sich 


das widerstandsfähigere Material, wie Conglomerate oder Sandsteine, 


zu beträchtlicher Höhe über die Thalsohle. 


Die grösstentheils nur spärliche Pflanzendecke sestattet ha 


ein leichtes Verfolgen einzelner Horizonte über weite Strecken. Den 
Thalboden, der in “einer Meereshöhe von ca. 220 m liest, bedeckt 


eine mehrere Meter mächtige Decke von typischem Löss, der in, 


einigen Ziegelöfen Verwendung findet und nach Aussage der Arbeiter 


öfters ‚Knochenreste geliefert hat. Oberhalb Serravalle verschwindet _ 


er doch bald. 

Da es gerade in diesem Profile sehr schwierig ist, eine untere 
Grenze für die in den Bereich meiner Untersuchung zu .ziehenden 
Jüngeren tertiären Bildungen festzustellen, so beginne ich mit einem 


fossilleeren, von den italienischen Geologen !) noch dem Oligocän zu- 


gezählten, von Th. Fuchs?) als Flysch angesprochenen Schichtgliede, 


das bei Arquata-Scrivia längs des Flusses und an den steilen Hängen 


gut aufgeschlossen ist und in der nächsten Umgebung Höhenrücken 


bis 388 m zusammensetzt. Der letztgenannte Forscher erwähnte aber 
damals das Vorkommen von losen Blöcken eines Bryozoen, Nummuliten 


und Pectenscherben enthaltenden Gesteines mitten im „Flyschgebiete“ 
und knüpfte daran die Vermuthung, dass solche versteinerungsführende 
Schichten in der Nähe anstehend vorkommen dürften. Mir gelang es 
jedoch nicht, etwas Derartiges aufzufinden. 

Die petrographische Beschaffenheit dieses tiefsten hier in Be- 
tracht gezogenen Horizontes ist eine äusserst wechselnde. Wenn man 


bei der Ortschaft Varinella in das Flussbett der Serivia hinabsteigt 


und das an den steilen Uferwänden aufgeschlossene Profil verfolgt, 
so sieht man grobkörnige Sandsteine mit sandigen Mergeln, mit 
Conglomeraten und wahren Blockanhäufungen wechsellagern. 


') F. Saeco, I terreni terziari del Piemonte e della Liguria settentrionale. 
1886, 1:25.000 Blatt Serravalle—Scrivia. 

F. Sacco, Il bacino terziario del Piemonte. Milano 1889. 

2) Th. Fuchs; 1. e. pag. 34. 


139 


Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete. 


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140 Franz Schafter. "R, [6] 


Der Sandstein ist ein grauer, diekbankiger, mürber Quarz- 
sandstein, der auf den Schichtflächen Fliesswülste erkennen lässt, wie 
sie bei unserem Flyschsandsteine vorkommen, mit dem er auch sonst 
erosse Aehnlichkeit aufweist. Doch ist sein Korn im Allgemeinen 
sröber, und es fehlt der Glimmer fast vollständig, während kleine 
Glauconitkörper darin auftreten. Fossilreste sind mir aus diesem 
Sandsteine nicht bekannt. Er geht stellenweise in dunkelgraue, 
bröckelige, sandreiche Blättermergel über, die ebenfalls vollständig 
fossilleer sind. und mit diesen wechsellagern dann wieder Conelomerate 
und Gerölle von Urgestein und Serpentin. Die Grösse der einzelnen 
Geröllstücke ist sehr verschieden. Sie erreichen mitunter Kopfgrösse. 
An mehreren Stellen nehmen sie aber ganz gewaltige Dimensionen 
an, und Blöcke von mehreren Gubikmetern Inhalt treten in mächtigen 
Bänken angehäuft auf, so dass man von wahren Blockanhäufungen 
sprechen kann. Dabei konnte ich stets nur wohlgerundete, aber nie 
eckige Trümmer beobachten. Es kann also keinem Zweifel unter- 
liegen, ‘dass dieses Material von bewegtem Wasser transportirt 
wurde. 

Diese Blocklager und Conglomerate inmitten des äusserst 
mächtigen, fossilleeren Horizontes erinnern auffallend an die analogen 
Bildungen der nächsten Umgebung von Turin (Superga) und anderer 
Orte, die dort überall an der Basis des Miocäns auftreten, und an 
die Conglomeratbänke vom Santuario di Crea (basso Montferrato), 
die mir eine dem tiefsten Miocän entsprechende Fauna geliefert 
haben ’). Ich glaube daher keinen grossen Fehler begehen zu können, 
wenn ich diese Ablagernngen in Rücksicht auf die im Hangenden 
auftretenden fossilführenden Horizonte entgegen den Ansichten der 
italienischen Forscher ebenfalls an die Grenze von Oligocän und 
Miocän stelle. 

Die Lagerungsverhältnisse sind in diesem ein paar hundert 
Meter mächtigen Schichtgliede durch tektonische Vorgänge complieirt, 
lassen sich aber unterhalb Varinella an dem Uferrande gut verfolgen. 
Das Fallen der Schichten ist hier gegen NO gerichtet und nimmt, 
wenn man ein Stück flussaufwärts schreitet, einen immer grösseren 
Neigungswinkel an. Schliesslich stehen einige Bänke saiger und dann 
beginnt der ganze Schichtcomplex gegen SW einzufallen, so dass wir 
also eine vollständige. eng gefaltete Antiklinale vor uns haben. Doch 
ist das Verfolgen der einzelnen Bänke in beiden Schenkeln nicht so 
einfach und die Darstellung in dem Profile eine nur schematische. 

(Gegen oben wird das Fallen der hier vorherrschenden Sand- 
steinbänke flacher, und es folgen die jüngeren Bildungen in fast con- 
cordanter Ueberlagerung. Der ‚Gegensatz, der zwischen diesen so 
stark gestörten Liegendschichten und den jüngeren, gleichmässig 
gegen N fallenden Etagen besteht, lässt erkennen, dass eine Periode 
gewaltiger tektonischer Bewegungen zwischen der Ablagerung dieser 
beiden “Horizonte platzgegriffen hat, deren Zeugen uns an so vielen 
Punkten des Tertiärbeckens entgegentreten, und auf die ich noch 
an anderer Stelle zu sprechen kommen will. 


!) Siehe den ersten Theil dieser Beiträge, pag. 19. 


[7] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete. 14] 


Das nächste sich in petrographischer Hinsicht auf das 
Deutlichste abtrennende , Schichtglied "bilden graue, festgebankte 
Mergel von einer ganz ausserordentliehen Mächtigkeit. Nördlich von 
dem Fosso Liborno ist ihre coneordante ‚Auflagerung auf dem hier 
nur etwa 200 gegen N fallenden »fyschähnlichen Sandstein zu er- 
kennen. Sie setzen sich mit ziemlich gleiehbleibendem Fallen bis an 
den nördlichen Bergrand der Val Borbera fort, so dass ihre Gesammt- 
mächtigkeit wohl 800 m betragen mag. Und in diesem für eine aus- 
gesprochene Tiefseebildung (hier wie immer, wenn nicht ausdrücklich 
bemerkt, im Sinne Th. Fuchs’ als unter der 50 Fadenlinie abgelagert) 
wohl ganz enormen Schichteomplexe lässt sich kaum ein Unterschied 
in irgend einer Hinsicht feststellen, der stichhältig wäre, eine weitere 
Gliederung vorzunehmen. 

Von der Basis bis an die Gonna gegen die Hänge ner hüeheten 
treffen wir denselben grauen, stellenweise etwas "schmutziggrünen 
Mergel in seiner ganzen Mächtigkeit in ca. !/; m dicke Bänke ge- 
sondert. Diese Bankung wird dureh einen auffälligen Wechsel von 
härteren, kalkreicheren und leicht zerreiblichen, sandigen Lagen 
herbeigeführt. Es ist überraschend, mit welcher Regelmässigkeit diese 
Wechsellagerung an allen Punkten auftritt, wo immer die Mergel zu 
Tage treten, und wie sie in dieser Zone nach OÖ und W an das 
Sediment gebunden erscheint. So treffen wir bei Acqui — etwa 30 km 
westlich — denselben Mergel mit der gleichen regelmässigen Bankung 
wieder. 

Im Relief kommt diese mächtige Zone leichter zerstörbaren 
Materiales sehr gut zum Ausdrucke. Das weite Thal des Torrente 
Borbera ist hier der Länge nach in diese Mergel eingeschnitten, und 
die von diesen gebildeten Bergzüge stehen denen der Umgebung an 
Höhe und Schärfe der Contouren weit nach. Sie bilden die welligen 
Höhen, die das linke Scriviaufer begleiten, und der durch ihr Streichen 
vorgezeichneten Terrainsenke folgt die westwärts nach Gavi führende 
Strasse. a 
Die kalkreichen, festen Bänke enthalten besonders in den 
höheren Lagen zahlreiche, wenn auch fast durchwegs ‘dureh Druck 
stark deformirte Fossilreste. Die Kalkschalen sind grösstentheils dureh. 
Auflösung entfernt und haben vermuthlich dazu beigetragen, den 
Kalkgehalt der Bänke zu erhöhen. Stellenweise konnte. ich nester- 
artige Anhäufungen von Fossilien beobachten; doch sind diese im 
allgemeinen ziemlich selten. 

Ausser zahlreichen Ptlanzenresten, die sich auf den Schichtflächen . 
finden, und die wieder die merkwürdige Thatsache bestätigen, dass 
Landpflanzen so häufig in Ablagerungen grösserer: Tiefe angetroffen. 
werden. kommen darin noch folgende bestimmbare Fossilien vor: 


Trochus turritus Bon. 

Cassidaria echinophora Lam. 
D) sp. 

Fusus sp. 

Ostrea neglecta Micht. 

Lucina sinuos@ Don. 


142 1 ‘ Franz Schaffer. 


Lucema sp. 
' Solenömya Doderleini May. 
Aturia Aturi Bast. BE Se A). 
Vaginella Calamdrellii Micht. | LOSE 
N Rzehaki Kittl, Hl Ban 
Balantium pulcherrimum May. 
Carinaria Paretoi May. AN LE 
Hyalaea sp. | sh le 
Cleodora sp. E | EEE 
‚ Ausserdem treten zahlreiche Foraminiferenarten. auf, 2 


"Dem Alter nach kann ich diesen ausgedehnten Horizont dem 
Schlier von Oberösterreich und Baiern oleichstellen, und zwar 'sestützt 
sowohl’ auf die Fauna, als insbesondere auf die coneordant darüber- 
liegenden jüngeren Sedimente, die, wie aus Nachfolgendem hervor- 
gehen wird, unseren Schichten von Grund entsprechen. Die grösste 
Uebereinstimmung aber zeigen diese Schliermergel in- petrographischer 
Hinsicht und in Bezug auf “lie Zusammensetzung und den Erhaltungs- 
zustand ihrer‘ Fauna mit dem Schlier von San Leo, Casalecehio, 
Monte: Paderno und anderen Localitäten des Teitiärs von "Bologna. 
Mit dem ein nur untergeordnetes Schichtglied bildenden 'Langhiano 
des nördlichen Montferrat möchte ich sie, wie aus meiner ersten 
diesbezüglichen Abhandlung hervorgeht, nicht identifieiren. ER 

Wenn man, von S kommend, bei dem Städtchen Vignole - die 
Borbera überschreitet, so steht man’ vor dem steilen, stellenweise 
senkrechten Absturz eines von WSW nach ONO streichenden Berg- 
zuges, der die höchsten Erhebungen der nächsten Umgebung — bis 
468 m — umfasst und nach einer seinen Gipfel krönenden Wallfahrts- 
kirche die Costa di Madonna del Monte genannt wird. 1A 

Mehr als 240 m ragt der Kamm über die Thalsohle eihpor, 
und in seiner reichen, scharfen Gliederung gibt: sich ‘sofort ein 
grosser petrographischer Gegensatz zu den eben besprochenen 
Horizonten zu erkennen. 5 

Dieser ganze Höhenzug wird von einem äusserst widerstands- 
fähigen Sandsteine von lichtgelber oder lichtgrauer Farbe gebildet, 
der hier am Fusse des Berges auf den Schliermergeln auflagert. ES 
ist ein meistens mehr grobkörniger Quarzsandstein mit vereinzelten 
Serpentinkörnern und Glimmerschüppchen, oftmals mit einer bedeu- 
tenden Menge von organischem Detritus vermengt. Ein schmutziggelb- 
liches Kalkcement verkittet diese Elemente zu einer sehr festen Masse. 

An den steilen, nackten Hängen dieses Bergzuges tritt allent- 
halben eine sehr deutliche Bankung zu Tage, die sich durch den 
ganzen ungeheuren Horizont dieser Sandsteine auf eine horizontale 
Erstreckung von ca. 2000 m in unserem Profile constant bleibt. Bei 
dem 20° selten übersteigenden, so ziemlich gegen N gerichteten 
Neigungswinkel der Schichten müssen wir demnach die Gesammt- 
mächtigkeit des in Frage stehenden Sedimentes an dieser Stelle auf 
mindestens TOO m veranschlagen. 

Die Stärke der einzelnen Bänke ist wechselnd, doch beträgt 
sie meistens !/,—1 m. Ihre Oberfläche Zeigt — insbesondere in den 


[9]; ; Beitr. z. Parallelisirung d. Mioeänbildungen d. piemont. Tertiärs etc. 148 


dichteren, feinkörnigen Lagen — ausgesprochene Fliesswülste, wie 
sie an den Flyschsandsteinen zu. beobachten sind und die Schicht- 
flächen mit seltsamen wurmförmigen Relieffiguren bedecken. Stellen- 
weise — z. B. m der Val Sereigo, östlich von Stazzano — treten 
polsterähnliche und walzenförmige Concretionen auf, welche lebhaft 
an die in den Leithakalkbildungen des Wiener Beckens (Neudorf 
an der March) vorkommenden erinnern. 

Hier ist auch die sonst so ausgesprochene Bankung theilweise 
durch eine falsche gegen O fallende Schichtung verwischt, welche 
sehr leicht zu Irrthümern Anlass geben könnte. 

Der Sandstein besitzt in seinem Habitus eine auffällige Aehn- 
lichkeit mit dem Eggenburger Sandsteine des ausseralpinen Wiener 
Beckens, mit dem er auch früher dem Alter nach gleichgestellt 
wurde. Doch ist jetzt durch die spärlichen Fossilreste, die er liefert, 
sein jüngeres Alter zweifelsohne festgestellt. Dieser Irrthum wurde 
durch den Mangel einer reicheren Fauna verursacht. Denn wo immer 
man die Sandsteinbänke untersucht, wird man stets feinen Detritus 
von Conchylienschalen, Bryozoen, Cirripedien und Echinodermen 
finden, ohne aber in den meisten Fällen auch nur wenige sicher 
deutbare Fossilreste zu erhalten. In manchen lockeren Lagen nimmt 
dieses organogene Sediment so, überhand, dass es einen förmlichen 
Muschelgrus bildet und lebhaft an den: jungen Muschelsandstein 
von Girgenti erinnert, der. das Material zu den gewaltigen Tempel- 
bauten des alten Agrigentum lieferte. Auch .in den heutigen Meeren 
finden sich stellenweise solche Anhäufungen von organischem Detritus, 
an dessen Bildung die in den Exerementen vieler Fische massenhaft 
enthaltenen unverdaulichen Speisereste einen. wesentlichen Antheil 
zu. nehmen scheinen. 

Nur diese lockeren Lagen bergen bisweilen. fossile Reste in 
einem Erhaltungszustande, der ihre Bestimmung gestattet. Doch sind 
sie, soweit ich erkennen - konnte, auf die höheren Bor menmen 
beschränkt. 

In den. festen Bänken, die einen vorzüglichen rkehsteisi liefern, 
scheinen. die Kalkschalen zur Bildung des Bindemittels gedient zu 
haben und. grösstentheils der Auflösung zum Opfer sefallen zu sein. 

In Folgendem gebe ich ein Verzeichnis der in diesem Sandstein- 
horizonte auftretenden fossilen Arten: 


Iuthothamnium sp. 
Tethia simplex Micht. 
Caryophyllia cyatha Mich. 
Pentaerinus Gastaldi Micht. 
Cidaris avenionensis Des. 
Serpula sp. 
Myriopora truncata Mich. 
Terebratula vitrea Linn. 
miocenica Micht. 
Avicula phalaenacea Lam. 
Peeten benedictus Lam. 


„. latissimus Brocc. 


144: ::: Zi Franz Schaffer. [10] 


Pecten scabrellus Lam. 
„.  pusio Lam. 
Besseri Andr. 
elegans Andr. 

„.  ventilabrum Goldf., 
‚Anomia costata Broce. 
Östrea plicatula Gmel. 

„  digitalina Dub. 

»„ Boblayi Desh. 
Uardita scabricosta Micht. 

„.  Jouanneti Bast. 

A Partschi Goldf. 
Lueina columbella Lam. 

„ globulosa Desh. 

„.  borealis Linn. 
Venus Aglaurae Brong. 
Tapes vetulus Bast. 
Turritella turris bBast. 

R vermieularis Broce. 

e cathedralis Brong. 
Cerithium lignitarum Eich. 
Vaginella sp. 
Balantium pedemontanum May. 
Balanus sp. 
Lamna sp. 


: Auf Grund dieser Fauna. die typische Formen ‘der älteren 
Mediterranstufe mit jüngeren Arten vereint aufzuweisen hat, können 
wir dieses mächtige Schichtglied als ein Aequivalent unserer Schichten 
von Grund und Niederkreuzstätten ansehen. 

Ich möchte hier nur kurz auf das prägnante Relief dieser Sand- 
steinzone hinweisen, welche in unserem Profile drei scharfe, parallel 
zur Streiehungsrichtung verlaufende Rücken bildet: die‘ Costa di 
Madonna del Monte. die Costa Bufalara und die Costa Capanna) die 
alle durch enge, schluchtenartige Thäler von einander getremnt sind. 
Von der ersten zieht sich ein scharfer’ Grat in fast SN-Richtung bis 
knapp an die zweite hin, wird aber dureh die tiefe Schlucht des 
Rio Sereigo steil abgeschnitten. Wenn man diesen Grat verfolgend 
bis an den jähen Absturz gelangt ist, so hat'man eine nackte, schiefe 
Wand — den Südabsturz der Costa Bufalara — vor sich, die mit 
ihren kahlen, regelmässig aufeinander gethürmten Schichtköpfen den 
Anblick einer eyklopischen Mauer gewährt. Man könnte geneigt sein, 
das hier geradlinig verlaufende, enge Thal auf eine tektonische 
Linie zurückzuführen, so auffallend tritt uns seine Nordwand wie 
durch eine Verwerfung abgeschnitten entgegen. Doch habe ich keinen 
thatsächlichen Grund, eine solehe'tektonische Erscheinung anzunehmen, 
welche die enorme Mächtigkeit dieses Horizontes durch theilweise 
Wiederholung erklären würde.' 

Weiter westlich verlaufen in etwa SSO-—NNW-Richtung noch 
zwei scharfe Bergketten, die’ bei ‘Stazzano schroff an die Thalebene 


[11] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete. 145 


herantreten und hier auf steiler Höhe den gewaltigen Bau des 
Seminario Leone XIII. tragen. 

Gegen oben gehen die Sandsteinbänke nach stellenweise 
mergeligen Einschaltungen allmählich in einen grauen, sandigen 
Tegel über, der schon am Monte Antico — in der Fortsetzung der 
Costa Capanna — zu Tage tritt und an dem Nordabhange dieses 
Berges, durch einige tiefe Wassergerinne aufgeschlossen. Conchylien- 
schalen lieferte. Wenn wir den Abhang hinabsteigen und jenseits der 
von Stazzano gegen Vargo führenden Strasse in den Weinbergen das 
Profil weiter verfolgen, wird der Tegel reiner, plastischer, er nimmt 
eine hellgraue Färbung an, und die fossilen Reste von Gastropoden, 
Scaphopoden und Bivalven finden sich vom Regen ausgewaschen in 
den Abzugsgräben in Menge. 

Es folgt nun ein wild zerrissenes Relief, das einige kleine, 
theilweise periodische Wasserläufe aus dem weichen Materiale heraus- 
gearbeitet haben, ein System enger Schluchten und steiler Kämme, 
denen der Volksmund nach einem kleinen Gehöfte — wie man mir 
erklärte — den Namen "Bocca d’Asino gegeben hat. Die steilen, 
durch Erosion und Rutschungen an vielen Stellen entblössten Ab- 
hänge schliessen den undeutlich gebankten Tegel bis in eine beträcht- 
liche Tiefe auf, und ihnen ist es zu verdanken, dass diese Oertlichkeit 
eine der reichsten Fundstätten im marinen Neogen Italiens geworden 
ist. Es war nur das in verhältnismässig kurzer Zeit gesammelte 
Material, das mir zur Zusammenstellung der im Nachfolgenden ge- 
gebenen Fossilliste vorlag und doch 938 Arten von Gastropoden, 
Scaphopoden und Lamellibranchiaten lieferte, deren Zahl sich nach 
meinem Ermessen bei umfangreicherer Ausbeutung gewiss um ein 
Beträchtliches erhöhen liesse. 

Die Schiehtung ist durch das von Regengüssen herabgeschwemmte 
Material stark verwischt, aber es lässt sich doch an einigen Punkten 
ein leichtes Nordfallen (15—20°) constatiren, insbesondere dort, wo 
sich  Zwischenlagen von Serpentingeröllen und Sanden einschalten. 
Vorzugsweise in dem engen Thale des Rio della Bocca d’Asino und 
in dessen linker Nebenschlucht treten inmitten des plastischen Tegels 
Lagen von groben Geröllen — vorherrschend von Serpentin — auf, 
die, soweit ich erkennen konnte, über eine ziemliche horizontale 
Ausdehnung verbreitet sind. Doch lassen sich, wie es die Nach- 
giebigkeit des Materiales mit sich bringt, keine genauen Grenzen 
ziehen; Tegel und Gerölle sind wie durcheinander gemengt. 

Diese Erscheinung fiel schon L. Pareto auf, der die Menge 
der in diesen groben Detritusmassen vorkommenden Fossilreste her- 
vorhob !), ohne aber eine Deutung zu versuchen, während Ch. Mayer 
sie „eher auf einen unterseeischen Serpentinkegel, als auf die Mündung 
eines Flusses“ zurückführen möchte ?). Aber selbst für den Fall, dass 
der genannte Forscher mit diesem „Serpentinkegel“ nur eine hervor- 
ragende Klippe des Grundgebirges bezeichnen wollte, lässt sich seine 
Deutung nicht mit den gegebenen Thatsachen in Einklang bringen. 


!) Bnll. soc. g&ol. France. 2. ser., tom. XXII, pag. 238. 
2) Bull. soc. geol. France. 3. ser., tom. V, pag. 292. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Schafler.) 19 


146 Franz Schaffer. leitet a 


Denn auf einem so tiefen und ruhigen Meeresboden,, wie ‚ihn, die für 
die Entwickelung der hier herrschenden Pleurotomenfauna erforder- 
lichen Standortsverhältnisse bedingen, kann kein so grobes. Sediment 
zur Ablagerung gelangen, ohne dass die Lebensbedingungen gänzlich 
umgestaltet würden. Von einer Veränderung der hier ständigen Fauna, 
die damit nothwendiger Weise Hand- in Hand gehen müsste, ist aber 
nichts zu bemerken. Es ist also die Annahme einer — natürlich. bis 
in die Region der Brandung reichenden — Klippe keineswegs in ‚den 
thatsächlichen Verhältnissen begründet. 

Die schon von Pareto angeführte Thatsache des Vorherrschens 
der Fossilien in den Gerölle führenden Lagen war es, die ‘mir den 
Weg wies, einen diesbezüglichen Erklärungsversuch zu unternehmen, 
der, wie ich im Folgenden zu zeigen gedenke, vielleicht etwas. mehr 
als Wahrscheinliehkeit für sich in Anspruch nehmen darf. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ausdrücklich auf die ‚Ver- 
wirrung hinweisen, welche in den bei der Bestimmung miocäner 
Mollusken gebräuchlichen Tafelwerken herrscht, und welche theils 
durch unrichtige Uebernahme älterer Namen, theils durch übergenaue 
Unterscheidung von Species ohne Rücksichtnahme auf . Varietäten 
entstanden ist. 

Es ist hier nieht der Ort, auf die selbst bei wichtigen Leit- 
fossilien. sich zeigenden Ungenauigkeiten näher einzugehen, die 
freilich die bedauerlichsten Irrthümer verschulden müssen. 
| Ich habe mich bei der Bearbeitung des Materiales — um ‚einer 
Ueberfülle von Species auszuweichen — soweit es mir möglich. war, 
an die vonM. Hoernes, Brocchi, Michelotti, Basterot u. a, 
eingeführte Nomenclatur. gehalten: und erst, wenn, ich damit, nicht 
mein Auskommen fand — wie besonders bei den Pleurotomen. - — 
das grosse Werk von Bellardi-Sacco zuhilfe genommen. 


Verzeichnis der in dem Tegel der Localität Bocca d’Asino 
vorkommenden Mollusken. 


h, hh, hhh verschiedene Grade von Häufigkeit, * bedeutet, er die Exemplare 
deutliche mechanische Einwirkung erkennen lassen. 


Lamellibranchiata. 


Pecten scabrellus Lam. 

n„  Besseri Andr. * 
Chlamys tauroperstriata Sacco " 

n gloria maris Dub. 
Spondylus sp. * 
Anomia costata Broce. 
Ostrea digitalina Dub. 

»„. Boblayi Desh. * 
Nueula nucleus Linn. 

» Mayeri Hoern. 
Arca diluvii Lam. h 
Turonica .Duj. 


Ir 


N 


[is] Beitr. z. Parallelisirung d. Miöcänbildüngen d. piemont. Tertiärs ete. 147 


Arca Fichteli Desh. * ) 


» SP. 


Pectunculus pilosus Linn. * 
Ohama gryphina Lam. * 

„ . papyracea Desh. 
Cardita Jouanneti Bast. * 
Lucina- columbella Lam. 

»„.  globulosa Desh. * 
Cardium hians Broce. * 


„ diserepans Lam. * 


5 


L 


» ge 
Venus plicata Gmel. * 

„.  Basteroti Desh. 

„ eineta Eichw. 

„ . Aglauwrae Brong. * 
Oytherea ' Pedemontana Ag. * 
Corbula carinata Duj. ! 

„.. gibba Olivi. 


Scaphopoda. 
Dentalium Bowei Desh. hh, 
2 Badense Partsch. hh 


inaequale Bronn. 


R gadus Mont. 


| Gastropoda. 


Turbo sp. * 


Trochus. patulus Brocc. hh 
Xenophora testigera _Bronn. 
Calyptraea chinensis Linn. 
Natica redempta Micht. hh 

»  .Josephinia Risso. h 


N 


” 


millepunctata Lam. Ih 
: helieina Broce. hh 


Scalaria lamellosa Broce. 

b geniculata Bell. 
Turritella varıcosa Broce. h 

ee Archimedis Brong. * 


R bicarinata Eichw. * 
e . imbricataria. Brocc. 
5 . subangulata Brocc. * 
: vermicularis Brocc. * 
a tricarinata Brocc. hh 
R triplicata Broce. * 

£ cochleata Brocc. 


!) Ich glaube, die mir vorliegenden Bruchstücke mit Sicherheit auf diese 
Art zurückführen zu können, die auch an anderen Localitäten in Ablagerungen 


der zweiten Mediterranstufe auftritt, z. 


B. bei Largileyre & Salles, Gironde 


(Sammlung des k. k. naturhistorischen Hofmuseums). 


198 


148 


Franz Schafer. e [14] 


Turritella twrris Bast. 
Vermetus arenarius Linn. 
E intortus Lam. ” 
Turbonilla lactea Linn. 
Melania buecinela bon. 
Cerithium lignitarum Eich. 
minutum Serr. ” 
Bronni Partsch. 
doliolum Brocec. 
dertonense May. 
Chenopus pes pelicani Phil. 
Strombus sp. 
Cassidaria echinophora Lam. 
Cassis mammillaris Grat. 
„ erumea Lam. 
Dolium cf. subfasciatum Dacco. 
Triton corrugatum Lam. 
Apenninicum Sassi. h 
nl Tarbellianum Grat. " 
Ranella marginata Brong. hhh 
reticularis Desh. 
Columbella nassoides Bell. 
scripta Bell. 
semicaudata Bon. h 
thiara Brocc. h 
carinata Bon. hh 
compta Bronn. 
subulata Bell. 
neglecta Bell. 
Buceinum Brugadinum Grat. * 
Phos polygonus Broce. h 
connectens Bell. 
Oyllenia amcillariaeformis Grat. hh 
n terebrina Bell. 
Nassa prismatica Broce. h 
gibba Brocc. 
cf. turbinata Bell. 
Pareti May. 
cf. laxesulcata Bell, 
Pereirae Bell. 
cf. notanda Bell. 
incrassata Mull. 
„ef. ventrosa Bell. 
psendoclathrata Micht. 
furrita Bors. 
Bonelli Sism. 
tumida Eichw. 
obliguata Broce. 
tornata Dod. 
mutabilis Linn. h | u 


* 


„ 


[15] Beitr. z. Parallelisirung d. Miecänbildungen d. piemont. Tertiärs etc. 


Nassa 


pulchra d’ Ang. h 
coarectata EKich., 
dertonensis Bell. 
Hoernesi May. 
solidula Bell, 
transıtans Bell. 
Albuianensis Bell. 


hh 


: vindobonensis Hoern. 


horridus Broce. 
sublavatus Bast. h 
erinaceus Linn. 
craticulatus Brocc. 
fistwlosus Bronn. 
productus Bell. 
Benieri Micht. 
dertomensis May. 
Partschi Hoern. 
erispus Bors. h 
semirugosus Bell. et Micht. 
intermedius Micht. h 
corneus Linn. 
clavatus Brocc. 

‚ Klipsteini Micht. Ih 
virgeneus (GFrat. 


Chrysodomus cinguliferus Jan. 
Fasciolaria Tarbelkana Grat. 
Pyrula rusticula BDast * 


„ 


condita Brong. * 


Marginella Deshayesi Micht. h 


Mitra 


paweicostata Bell. 
gomophora Bell. 
Bronni Mmicht. 
scrobieulata Broce. 


fusiformis Broce. 


eupressina Brocc. h 
aperla Bell. 
Michelotti Hoern. 
pyramidella Brocc. h 
exornata Bell. 
recticostata Bell. 


Voluta rarispina Bell. 
Aneillaria obsoleta Broce. 


9 


glandiformis Lam. hhh 


Olva cavula Lam. 
Cancellaria Bellardii Micht. 


z=u3u 33 5 


eallosa Partsch. 
Iyrata Broce. 
Bonelli Bell. 
cancellata Lam. 
ampwullacea Micht. 


149 


150 


: » Franz ‘Schäffer. - 


Cancellaria Doderleini May.‘ 


EL ESS  Barjonae Da Cost. 
N ‘varicosa Broce. 
- serrata”Brönn. 


Terebra acuminata‘ Bors. 
Fuscata Broce. * 
ä costulata Bors. 


„ww Rarinesi' Pont. 
% terebrina ‚Bon. 
„.. rofieularıs) 'Peceh. 


spinulose‘ Dos.“ 
Pusionella 'pedemonteinü Succo. 
Pleurotoma: Jouanneti Desm..h 


s odimidiata' Brocc..hh 

K Lamarcki‘ Ball. h 

R save ‘Bell. 

k ‘Allionüi‘ Bell. N 

£ : Pareti May: 
win 20 semimarginata Lam. h 

0 gramulato-cineta Münst. h 

N yamosa Bast. hh: 

a cätaphracta Broce. hh 

ji bracteata Brocc. hh 

a ' Schreibersi Hoern. 

„5° trifaseiata ‘Hoern. - 

xt Jane Belkin nn" 

, incertä Bell. h 

„. „„rotata Broce. bh 

„.  rößulata Bon. 'h 

e  contigua Broce. fi a 

s spiralis Serr. h 

R gradata Defr. h 

a ditissima May. 

Ri ordita Bell. 

K püstulata Broec. hh 

n calecarae Bell: ' 

„ ."ı turbinata‘ Bell. h. 

nt Sotterst "Micht. 

h Ourionii ‘Micht. 

3 incrassatd Dj. 

n turrieula Brocc.'h 

, Mercatü Bell. 

x "Stazzanensis Bell. 

= spinosa Grat. 

s ’opüi Bell.h 

“ excavata Bell. 

5 Coquandi Bell. 

5 pinguis Bell. 

PAS "modiola Jan. 


u intermiecia Bronn. 


[37] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete- 15] 


ibsew items in Kleurotoma twrgidula Bell. Fer. slal 
af ai ale iin Kossuthi ‚Bell. Krone ® ranllakı 
»di land emiarlsei 23: ‚ef. ‚Adgassizi Bell; 
Ri si Arnielleir wol ;5 Orhata- Defr. fl 
Sina un mantah Tenniooronata; Münst. 3m Berihessaa 
ni ua aan Salz sininingfoireglieosta :Bellsin anni: dei bel) 
ia Sim imiaA sur alla bieonsularis Maya: ’ 
ni Zah zurllor „on: @eslini Desm. SEREN RE, 
ed ers ai Bat Rss heispraeegdens:.Belli. «= en bi 
alas. sah malanssk noyitinniprogvia Bell, | 
sat nahianialgin sh, sin srüstice. Broce. 5; 
nollet2) abend: waren efirinornata Bell, 
ar slelari hei ‚ intersecta Dod. wen gras 
£ tuberculata Pusch.: “innaysdnias aha 
f asperulata Lam. 
4 ‚eevei Bell. 


Conus cf. laewiponderosus Sacco. 
».. .Eschewegi Da: Cost. * , 
„ .. betulinoides Lam. * 
„ef. olivaeformis R. Hoern. * 
„ Fuseoeingulatus Bronn. : 
»„ Puschiö Micht: *. 
„.. antediluvianus Brug...h: 
»„  . Dujardini Desh. * 
„.  Brezinae:, R. ‚Hoern. . 
»„ Berghausi. Micht. h * 
„.. Karreri ‚Hoern._et BT 
„.  edatus. Micht.‘*. 
„ anliguus Brace. «sis 
„. .raristriatus, Bell. 
„  ventricosus Bronn. 
„.  hungaricus. R. FHoern, 
Mojsvari R. Hoern. 
Bulla lignaria Linn. * wi 
„nunBrocchs «Macht, 


* 


Ausserdem finden sich zahlreiche Arten von Anthozoen, besonders 
der Gattungen Flabellum,; Trochocyathus, Stephanophyllia, Desmophyllum, 
Heliastraea, Dendrophyllia und Isis, Rhizopoden in grosser Menge 
und abgerollte Brocken von ‘Lithothamnienkalk. 

Diese reiche Fauna stellt sich uns in ihrer Gesammtheit be- 
trachtet als ein beiläufiges. Aequivalent. der Lapugyer Fauna dar. 
Wir haben die Vertreter einer ausgesprochenen Pleurotomenfauna, 
also Bewohner einer mindestens. 100. Faden betragenden Tiefe, und 
daneben treten zahlreiche‘: Arten auf, ‚die , für eine Strandfacies 
charakteristisch sind. AR 

Aber diese Faunengilechnnet ent wenigstens nach meiner 
Ueberzeugung eine nicht primäre zu ‘sein. wie sich aus folgenden 
Thatsachen entnehmen lasst. Rare | 


1593 ie a Sans Franz Schaffer. SET [18] 


Ich habe schon im Vorhergehenden auf die merkwürdige 
stellenweise Einstreuung von Schotter und Geröllen in die Tegel- 
bänke hingewiesen. Diese auffällige facielle Erscheinung brachte mich 
nun auf die Vermuthung, dass wir es hier vielleicht mit einer 
secundären Mengung zweier verschiedener Faunen zu thun haben. 
Und ich glaube mich: in dieser Erkenntnis nicht geirrt zu haben. 

In der vorhergehenden Liste sind alle jene Arten mit einem 
Sternchen bezeichnet, welche durch Bruch, Abrollung oder einen 
anderen mechanischen Einfluss lädirt sind und auch in ihrer blassen 
Färbung und in dem opaken, mehr kreidigen Aussehen der Schale 
von den mattglänzenden, oft chalcedonartig durchscheinenden, licht- 
gefärbten Gehäusen der Mehrzahl der Species abstechen. Stellen wir 
diese Formen zusammen, so ergeben sie folgende typische Strand- 
oder Seichtwasserfauna: 


Pecten scabrellus Lam. 

„.. Besseri Andr. 
Chlamys tauroperstriata Sacco. 

„. . gloria maris Dub. 
Spondylus sp. 

Ostrea digitalina Dub, 

„.  Boblayi Desh. 

Arca Fichteli Desh. 
Pectunculus ptlosus Linn. 
COhama gryphina Lam. 

» papyracea Desh. 
Cardita Jowanneti Bast. 
Lueina globulosa Desh. 
Cardium hians Broce. 

s discrepans Lam. 
Venus plicata Gmel. 

„  Aglaurae Brong. 
Uytherea Pedemontana Ag. 
Turbo sp. 

Turritella Archimedis Brong. 


R bicarinata Eich. 
x subangulata Brocc. 
R vermicularis Brocc. 
{ triplicata Broce. 
V’ermetus arenarius Linn. 
a intortus Lam. 
Cerithium lignitarum Eichw. 
Y minutum >err. 


Oassis mammillarıs Grat. 
Triton Tarbellianum Grat. 
Buccinum Brugadinum Grat. 


Pyrula rusticula Bast. ae 
„  condita Brong. a 
Verebra fuscata Broce., NN ORFRT TE 


Conus Eschewegi Da Cost. 


[19] Beitr. z, Parallelisirung d. Miocänbildungen d, piemont. Tertiärs etc. 153 


Conus betulinoides Lam. 
»„ ef. olivaeformis R. Hoern. 
» Puschüi Micht. 
»„ Dwjardini Desh. 
» Berghausi Micht. 
»„  Karreri Hoern. et Auing. 
»„ elatus Micht. 
„ ventricosus Bronn. 
Bulla lignaria Linn. 


Weiters erkennen wir, dass alle diese Arten nur in sehr be- 
schränkter Individuenzahl, meistens vereinzelt, vorkommen. Daraus 
ergibt sich die erste Thatsache: Die der Facies fremden (hete- 
ropischen) Arten treten vereinzelt auf und sind 
läadirt. 

Wenn wir dann eine ÖOstrea von einer ca. 20 mm messenden 
Schalendicke, die mächtigen Klappen des Pectunculus pilosus, der 
Cytherea pedemontana, der Cardita Jouanneti und anderer grosser 
Lamellibranchiata, das Gehäuse der Terebra fuscata stets und die 
grossen Turritellen meistens zerbrochen finden und an anderen 
dieser bezeichneten Molluskenschalen deutliche Abrollung constatiren 
können, während die zartesten Gehäuse der reich verzierten 
Canaliferen, besonders der Pleurotomen, die Stacheln mancher 
Murex-Art, die papierdünnen Schalen kleiner Bivalven (Nucula, 
Corbula u. a.) und die so zerbrechlichen Dentalien in einem selbst 
für eine Tegelfacies selten guten Erhaltungszustande auftreten, dann 
ist wohl der Schluss gestattet, dass alle jene zuerst ange- 
führten Fossilreste hier auf secundärer Stätte lagern. 
Und zwar liegt die Vermuthung nahe, dass sie mit den Geröllen, 
die ja auch ein fremdes Element bilden, in die Ablagerungen grösserer 
Tiefe gelangt sind. 

Trennen wir nun die mit einem Sternchen versehenen Arten 
von den anderen, so haben wir zwei ganz verschiedene Faunen vor 
uns, von denen die eine unserem Badner Tegel entspricht, während 
sich die andere als ausgesprochene Seichtwasserfauna repräsentirt. 
Wir haben uns demnach wohl vorzustellen, dass sich an küstenfernen 
Punkten inmitten plastischer Tegel und an ufernahen Stellen, wo sich 
Gerölle und Sande ablagerten, zwei verschiedene Faunen entfaltet 
haben, und dass dann die Strandfauna mit dem Sedimente in grössere 
Tiefe transportirt wurde. Wie dies geschah, darüber können wir nur 
Vermuthungen anstellen. 

Es ist möglich, dass die an einem höheren, küstennahen Punkte 
abgelagerten, grobkörnigen Sedimente, die unter dem Maximum des 
Neigungswinkels aufgehäuft waren, bei Niederwasser infolge des 
mangelnden Gegendruckes oder bei einer heftigeren Erderschütterung 
auf ihrer schlammigen Unterlage abglitten, und sich unter die 
Ablagerungen ruhigerer Tiefen mengten, oder dass sie bei einer 
negativen Verschiebung der Strandlinie in den Bereich der Brandung 
geriethen, von den Wogen von ihrer primären Lagerstätte losgerissen 
und durch das am Grunde zur Tiefe strömende Wasser, den Sog, 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Schaffer.) 20 


154 Franz Schaffer. [20] 


fortgeschleppt wurden. In beiden Fällen wurden natürlich die darin 
eingebetteten Fossilien von ihrer ursprünglichen Lagerstätte entfernt 
und in Faciesverhältnisse gebracht, die mit ihrer Lebensweise in 
Widerspruch stehen. Dass sie bei diesem gewaltsamen Transporte 
sehr zu Schaden kamen, ist selbstverständlich, wohingegen die im 
Tegel endogenen Arten gegen diese äusseren Angriffe geschützt waren. 

Ob einer dieser Erklärungsversuche der hier entsprechende ist, 
das zu entscheiden, liegt ausser unserer Macht, und wir stehen hier 
wieder vor einer der vielen ungelösten Fragen, wie sie uns überall 
aufs Neue entgegentreten. 

Nun verstehen wir aber den zwischen der Localität Bocca 
d’Asino und St. Agata bestehenden faunistischen Gegensatz, der darin 
zum Ausdrucke kommt, dass an letzterem Orte eine typische Badner 
Pleurotomenfauna ohne so zahlreiche eingestreute, exogene Arten 
auftritt, und wir können uns das Fehlen einer ausgesprochenen 
Strandbildung, wie sie fast allenthalben auf das Innigste mit der 
Tegelfacies verknüpft ist, in unserem Profile erklären. Denn wenn 
auch tief im Thale des Rio Sereigo ein grauer Mergel zutage tritt, 
und darüber ein grobkörniger Sandstein mit vielen Bruchstücken 
von Molluskenschalen und Nulliporenkalkbrocken liegt, der erst in 
die sandreichen Tegelbänke des Monte Antico übergeht, so kann ich 
mich nach meiner durch Augenschein gewonnenen Erkenntnis doch 
nicht dazu entschliessen, diese oberen Sandsteinbänke als eine unseren 
Leithakalkbildungen aequivalente Ablagerung anzusehen, sondern 
glaube, sie ihrem ganzen Habitus nach nur als ein Glied des mächtigen, 
unseren Grunder Schichten altersgleichen Sandsteinhorizontes an- 
sprechen zu müssen. 

Interessant wäre es nun, festzustellen, ob östlich von Sardigliano, 
wo die Schottereinlagerungen in dem Tegel verschwinden, insbesondere 
bei St. Agata Fossili, diese im Westen vernichtete Strandbildung 
nachzuweisen ist, ob also dort die für das Zustandekommen dieser 
eigenthümlichen Faunenmischung an der Bocca d’Asino massgebenden 
Vorbedingungen gefehlt haben. 

Ich möchte nur noch auf das Auftreten von Gerölle- und 
Schotterlager mitten in Tiefseebildungen der heutigen Meere hin- 
weisen. So fand das Schiff „Travailleur“ an der Küste von Portugal 
und Spanien in einer Tiefe von 300—500 Faden grobe Detritus- 
massen mit einer ausgesprochenen Tiefseefauna, die sich wohl auch 
infolge ähnlicher Vorgänge, wie wir sie für die Gerölle im Tegel der 
Bocca d’Asino voraussetzen müssen, auf secundärer Lagerstätte be- 
finden mögen !). 

Nordöstlich von der letztgenannten Localität in der Fortsetzung 
unseres Profiles gegen den orographisch scharf hervortretenden Monte 
Rosso wird der Tegel sandreicher und geht schliesslich vollständig in 
unreine, lockere Sande über, die mit mergeligen Zwischenlagen wech- 
seln. Aus diesem Horizonte konnte ich folgende Fossilien bestimmen: 


') Milne Edwards, Rapports sur la campagne de dragages du Travailleur 
dans la Mediterrande et dans l’Atlantique en 1881. (Assoc. Scient. de France, 
22 Jan. 1882.) 


[21] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs etc. 155 


Pecten cristatus Bronn. 
Peetunculus pilosus Linn. 
Venus multilamella Lam. 
Corbula gibba Olivi. 
Natica helicina Broce, 
Turritella turris Bast. 


" subangulata Broee. 
Cerithium minutum Serr. 

L rubiginosum Eichw. 

2 pictum Bast. 


Buceinum sp. 

Pleurotoma cataphracta Broce. 
P dimidiata Broce. 

Conus ponderosus Brocce. 


Ausserdem kommen darin zahlreiche Arten von Foraminiferen 
und Anthozoen vor. 

Es scheinen also diese obersten Schichten des Tortoniens hier 
die Rolle unserer oberen Leithakalkbildungen zu spielen. 

Gegen oben nehmen die mergeligen Zwischenanlagen überhand, 
es treten darin Gypslinsen und Kalkbänke auf, die zwar in unserem 
Profile kaum nachzuweisen sind, aber weiter östlich einen streng 
innegehaltenen und gut ausgeprägten Horizont charakterisiren, der 
in volkswirtschaftlicher Beziehung eine gewisse Rolle spielt. Bei 
Sardigliano, Giusulana und weiter bei St. Agata Fossili und Mossa- 
bella gewinnen diese Gypslinsen eine ziemliche Mächtigkeit und werden 
mit den kalkigen Zwischenlagen in vielen Steinbrüchen ausgebeutet. 
Im engsten, ursächlichen Zusammenhange mit diesen Vorkommnissen 
stehen schwefelhältige Quellen, die an verschiedenen Stellen zutage 
treten, und deren ich noch zu gedenken beabsichtige. 

Dieser in seiner Mächtigkeit nicht besonders bedeutende 
Horizont — er erreicht an anderen Orten vielleicht 100 m im 
Maximum — ist der beständigste in der ganzen neogenen, ja in der 
ganzen tertiären Schichtreihe der italienischen Halbinsel. Von Sicilien 
bis in die südwestliche Ecke des Beckens von Piemont lässt er sich 
an unzähligen Punkten in gleich typischer Entwickelung verfolgen 
und bietet einen sicheren und leicht erkennbaren Markstein bei der 
Gliederung des marinen Neogens. Nach S. von Bosniasky!) be- 
hauptet er, an vielen Orten mit Schwefelvorkommnissen verbunden, 
seine Lage unmittelbar über dem Tortoniano in Sieilien, Calabrien, 
in der Romagna, den Marche und in Toskana, und am Nordfusse des 
Apennin und im Berglande des Montferrat finden wir ihn in der 
nämlichen Ausbildung wieder. 

Im Hangenden der Mergel und Gypse folgt in unserem Profile 
eine circa 100 m mächtige Ablagerung grober Gerölle und Con- 
elomerate, die unfern der Villa Monte Rosso, in steilen Wänden an- 
steigend, den Gipfel des Monte Rosso bilden. Diese gewaltige Masse 


ı)S. de Bosniasky, La formazione gessoso-solfifera e il secondo piano 
mediterraneo in Italia. Soc. Toscana di Scienz. Nat. 14. nov. 1880. 
20” 


156 Franz Schaffer. 4 [22] 


widerstandsfähigen Materiales tritt im Relief scharf hervor, und wer 
je den Weg von Serravalle nach St. Agata über das Gebirge zurück- 
gelegt hat, dem wird gewiss das durch sie bedingte landschaftliche 
Gepräge aufgefallen sein. Hier im Osten gewinnen nämlich diese 
Geröllmassen eine ganz ausserordentliche Mächtigkeit, wie sie über- 
haupt auf den südöstlichen Theil der Tertiärmulde beschränkt sind 
und gegen Westen nur mehr in einzelnen Flecken auftreten, die 
dann bei S. Cristoforo vollständig verloren gehen. Es liegt daher die 
Vermuthung nahe, dass diese Bildung auf die durch das steile Ein- 
fallen der tertiären Schichten bedingte Nähe des Grundgebirges im 
Osten zurückzuführen ist, wohingegen im Westen der Apennin weiter 
zurücktritt, und die Zone der känozoischen Ablagerungen infolge des 
äusserst flachen, muldenförmigen Baues eine ganz ausserordentliche 
Breite erlangt. Auch das Material, Urgestein, Serpentin, flyschartiger 
Sandstein und dolomitische Kalke, weist schon auf die Herkunft 
dieser Massen aus dem Apennin hin. | 

Von einer Sonderung nach der Grösse der einzelnen Rollstücke 
konnte ich nichts bemerken. Es liegen oft ein paar Cubikmeter 
grosse Blöcke mitten in kleineren Geröllen, und gegen oben nehmen 
besonders grobe Sande in ganz hervorragendem Maasse an der 
Bildung dieses undeutlich gebankten Schichtgliedes Antheil. 

Durch einen weit vorgeschrittenen Oxydationspröcess ist seine 
Färbung eine lebhaft rostrothe und sticht im landschaftlichen Bilde 
von dem Grün des Bestandes von Kastanien, Eichen und Robinien, 
der die Villa Monte Rosso umgibt, scharf ab. Ihr verdankt der 
Berg seinen Namen. 

In 30—40 m hohen, senkrechten Wänden erhebt sich sein 
Gipfel über die Sande und Mergel der Basis und bildet in unserem 
Profile den zweithöchsten Punkt (432 m). Wo die Atmosphärilien 
von keiner Vegetationsdecke gehemmt ihren zerstörenden Angriff 
ausüben konnten, da bedeckt ein grellrostrother, etwas thoniger 
Sand die Oberfläche, der besonders am nördlichen Abhange des 
Berges gegen Cassano Spinola eine ausgedehnte Verbreitung besitzt. 
Aber nicht nur hier, überall, wo die Conglomerate und Gerölle zu- 
tage liegen, stellt sich das nämliche Zersetzungsproduct ein, das 
öde, unfruchtbare Höhenrücken über weite Strecken bildet und bei 
heftigen Regengüssen von den fliessenden Wässern in tiefere 
Mulden zusammengeschwemmt wird. Es ist ein trauriger Anblick; 
den diese von zahllosen Wassergerinnen zerschnittenen Höhen 
gewähren, auf denen kaum ein paar kümmerliche Sträucher die 
nothwendigen Vegetationsbedingungen finden können. 

Von Fossilien fand ich an Geröllstücken aufsitzend grosse 
Austernschalen, die meines Erachtens hier auf secundärer Lager- 
stätte ruhen. Ob diese Geröllmassen eine dem Belvederschotter ana- 
loge Bildung sind, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, aber wahr- 
scheinlich; gewiss jedoch ist, dass wir ihre Bildung als eine Folge 
des Rückzuges des Miocänmeeres und mancher damit in engstem 
Zusammenhange stehender tektonischer Veränderungen des Hinter- 
landes zu betrachten haben. Er ist das letzte Glied der so überaus 


[23] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs etc. 157 


mächtigen und mannigfachen Serie von marinen Miocänbildungen, die 
wir soeben durchwandert haben. 

Den gesammten über dem tortonischen Tegel und Sande 
liegenden Schichteomplex von Sanden, Gypsmergeln und Geröllen 
aber können wir als ein Aequivalent unserer sarmatischen Stufe und 
der Congerienschichten ansehen, denn abgesehen von den Lagerungs- 
yerhältnissen treten in demselben Horizonte an verschiedenen Loca- 
litäten Vertreter einer typischen Brackwasserfauna wie Adacna, Dreis- 
sena, Melania, Melanopsis, Hydrobia, Oyrena, Neritodonta auf, und wir 
können also auch hier den allgemeinen Rückzug des jüngeren miocänen 
Mediterranmeeres constatiren, bevor es neuerdings mit dem Beginne 
der Pliocänzeit in einer örtlich weit verbreiteten Transgression vor- 
dringt und in den Mergeln des Piacentino und den Sanden des 
Astiano seine reiche, so auffällig veränderte Meeresfauna begräbt. 
Und diese gewaltige Schwankung der Strandlinie in negativem 
Sinne, die zwischen der Miocän- und Pliocänzeit platzgegriffen hat, 
ist durch diesen höchsten Horizont, der eine theilweise Aussüssung 
des Beckens anzeigt, allenthalben auf das Schärfste präeisirt, und 
mit ihr die obere Grenze des Miocäns mit einer Genauigkeit gegeben, 
die wir an der Basis bei der Abgrenzung gegen das Oligocän leider 
noch immer vermissen. 

Ich kann es bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, ein 
Phänomen zu erwähnen, das gerade zur Zeit meiner Anwesenheit in 
dieser Gegend viel Aufsehen machte und die abergläubige Be- 
völkerung in Furcht und Schrecken versetzte. Zu Spineto, einem 
kleinen Orte in der Nähe von Villalvernia, befindet sich ein Haus- 
brunnen, der in den letzten Tagen des Monates August eine ganz 
eigenthümliche Erscheinung zeigte. Um Mitternacht begann es in 
seiner Tiefe mit grossem Geräusche zu brodeln, das Wasser trübte 
sich, und ein weisser, im Dunkeln schwach leuchtender Nebel erhob 
sich über den PBrunnenrand. Dies dauerte eirca 30 Minuten, dann 
wurde es wieder ruhig. Diese Erscheinung wiederholte sich nun jede 
Nacht um dieselbe Stunde. Das Wasser des Brunnens ist frisch und 
trinkbar und bewahrte auch während des Aufwallens seine Temperatur. 
Diese Angaben wurden mir von verlässlichen Personen gemacht, 
welche das Phänomen zur Nachtzeit beobachteten. 

Die Kunde hievon verbreitete sich in der ganzen Gegend, und 
es mangelte durchaus nicht an den abenteuerlichsten Deutungen, 
nach denen ein fabelhaftes Thier, ja der Teufel selbst, in der Tiefe 
des Brunnens sein Wesen treiben sollte. 

Mir lag natürlich daran, diesen pozzo bollente, wie er all- 
gemein genannt wurde, kennen zu lernen, um dem räthselhaften 
Vorgange auf den Grund zu kommen, und ich war mit Herrn 
Ingenieur E. Mainini aus Serravalle schon auf dem Wege nach 
Spineto, als wir erfuhren, dass in St. Agata ein Brunnen dieselbe 
Erscheinung zeige, den wir denn auch aufsuchten. Er befindet sich 
im Hofe des Oekonomiegebäudes des Herrn Advocaten E. Bellingeri. 
Seine Tiefe beträgt etwa 10 m; das Wasser steht bis circa 5 m 
unter der Oberfläche. Das Aufwallen dieses Brunnens geschieht in 
ungleichen Intervallen und ist auch in seiner Dauer nicht beschränkt. 


158 Franz Schaffer. [24] 


Das Wasser wird dabei röthlich, — blutig wie die Leute sagten. Ein 
Trunk überzeugte mich sofort von seinem hepatischen Geschmack, 
und eine flüchtige geologische Untersuchung der nächsten Umgebung 


liess mich erkennen, dass der Untergrund von den im Vorhergehenden 


erwähnten gypsführenden Mergeln gebildet wird, und es lässt sich 
meines Erachtens das Aufwallen des Wassers auf das Aufsteigen von 
Gasblasen — vermuthlich von Schwefelwasserstoff — zurückführen, 
die sich in dem rothen, thonigen Schlamme des Bodens — einem 
Zersetzungsproducte der hier weit verbreiteten rothen Gerölle 
und Sandmassen — ansammeln und von Zeit zu Zeit den Druck der 
Wassersäule zu überwinden imstande sind. Dabei wird durch das 
Aufwühlen des Grundes die Trübung herbeigeführt. Die Periodieität 
dieser Erscheinung in dem Brunnen von Spineto scheint mir — falls 
sie überhaupt Thatsache ist — auf Zufall zu beruhen. 

Einige schwefelhaltige Quellen, die in derselben Zone zutage 
treten, z. B. die reiche zwischen Cassano Spinola und Sardigliano 
gelegene, werden zu Heilzwecken verwendet und scheinen in engstem 
Zusammenhange mit den überall auftretenden Gypslinsen zu stehen. 


Einige interessante, von dem Profile von Serravalle abweichende 
Einzelheiten und eine überaus bedeutsame Ergänzung der daselbst 
verfolgten, an der Basis aber lückenhaften Schichtfolge des marinen 
Miocäns bietet die nächste Umgebung von Acqui. Den Ruf, welchen 
dieser Ort als Curort schon unter den Römern als Aquae Statiellae 
genoss, verdankt er den heissen Schwefelquellen, die in der Stadt 
selbst und südlich davon am rechten Ufer der Bormida zutage 
treten. Die Stärke der Quellen, ihre hohe Temperatur (40—750 C.) 
und ihre chemische Zusammensetzung — sie enthalten vorwiegend 
Schwefelealeium, Chlornatrium, Chlorcaleium und Kieselsäure — machen 
den Ort zu einem der besuchtesten Bäder Oberitaliens. Es wird zu- 
meist der aus zersetztem Mergel und dem Mineralniederschlage der 
Quellen gebildete Schlamm zu Heilzwecken verwendet. 

Aber abgesehen von den thermalen Erscheinungen verdient die 
Localität ein ganz besonderes Interesse, denn an ihr zeigt sich in 
typischer Weise die stets noch geleugnete Ueberlagerung der 
Bildungen der ersten Mediterranstufe durch die der zweiten. Dabei 
sind besonders die tieferen Glieder durch einen Fossilreichthum aus- 
gezeichnet, der jeden Zweifel an der Altersverschiedenheit der 
einzelnen stratigraphischen Horizonte ausschliesst, und die einfachen, 
allenthalben in mächtigen Aufschlüssen zutage tretenden Lagerungs- 
verhältnisse machen das zu besprechende Profil (vergl. Fig. 2, pag. 159) 
zu einem wirklich elassischen Normalprofil für das marine Miocän des 
Mediterranbeckens. 

Ich kann mich bei seiner Besprechung umso kürzer fassen, 
als die an der Basis liegenden Schichten von G. Trabucco!) zum 
Gegenstande einer eingehenden Monographie gemacht wurden, und 


!) G Trabuecco, Sulla vera posizione del Calcare di Acqui. Firenze 1891. 


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159 


mont. Tertiärs etc. 


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[25] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d 


[9819 

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pun ang oyasyewaes | UIyoIyag Spuaaynysdin) 
‘(uagejureo) ‘uopeg) apurs pun [959], 

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160 Franz Schaffer. era a [26] 


die höheren sich in gleicher Ausbildung wie bei Serravalle 
wiederholen. 

Als tiefstes Glied tritt auch hier ein fossilleerer Horizont von 
schmutzig-grünem Mergel auf. Er geht gegen oben in sandreiche 
(eröll- und Conglomeratbänke über, in denen Serpentin und Quarzit 
vorherrschen. Diese sind meines Erachtens den früher erwähnten 
analogen Bildungen vieler anderer Localitäten des piemontesischen 
Tertiärs altersgleich und dürften mit Sicherheit an die Basis des 
Miocäns zu stellen sein. Hierher rechne ich auch den dünnbankigen, 
grauen Mergel, der südlich vom „Stabilimento dei Bagni di Acqui“ 
in dem engen, tief eingeschnittenen Thale des Rio Ravanasco zutage 
tritt und, nach den oberflächlichen, wohl stark verwitterten Partien 
zu urtheilen, keine makroskopischen Fossilreste enthält. Das Fallen 
der Schichten ist gegen N gerichtet und beträgt etwa 20°. 

Diese Mergel werden gegen oben sandreicher und gehen 
unmittelbar am Badeetablissement in eine vielleicht 20 m mächtige 
Nulliporenkalkbank über Diese ist im Relief sehr deutlich ausgeprägt, 
denn ihrem Streichen folgt der steile Nordabhang des hier bis an 
das Bett der Bormida herantretenden Bergzuges, und die leicht zer- 
störbaren Mergelbänke, welche im Hangenden in concordanter 
Lagerung folgen, tragen noch dazu bei, das orographische Bild als 
eine directe Folge des geologischen Baues zu kennzeichnen. 

Die Kalkbank ist in einem Steinbruche in einer ca. 10 m hohen 
Wand aufgeschlossen und stellt sich uns als ein gewachsener Litho- 
thamnienkalk dar, der von einem der Hauptsache nach aus Bryozoen- 
ästchen und Foraminiferenschälchen gebildetem Gemenge erfüllt und 
durch ein kalkiges ÜCement zu einer äusserst dichten, ziemlich 
homogenen Masse zusammengekittet ist. 

Von fossilen Resten finden sich darin der Hauptsache nach 
grosse Pecten in oft vortrefflicher Erhaltung und Zähne von 
Selachiern. Sie wurden von G. Trabucco in der oben erwähnten 
Arbeit einem eingehenden Studium unterzogen, das uns den calcare 
di Acqui als eine Bildung mittlerer, etwa 30-70 m betragender 
Tiefe und als ein Zeitäquivalent der Eggenburgerschichten des ausser- 
alpinen Wienerbeckens anzusehen lehrt. 

Der Vollständigkeit halber lasse ich im Nachstehenden die von 
dem genannten Forscher gegebene Fossilliste dieses Horizontes folgen : 


Carcharodon megalodon Ag. 
Odontaspis cuspidata Ag. 

7 contortidens Ag. 
Oxyrhina hastalis Ag. 
Hemipristis serra Ag. 
Uhrysophrys cincta Ag. 
Balanus productus Micht. 
Teredo Norvegica Spengl. 
Lucina pecten Lam. 

Pecten Holgeri Gein. 
„ solarium Lam. 
„ burdigalensis Lam. 


ei u 


[27] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs etc. 161 


Pecten Haueri Micht. 

» Malwinae Dub. 

& (Janira) revolutus Micht. 
Terebripora Archiaci Fisch. 
Olypeaster sp. 

Astraea sp. 
Textilaria sp. 
Olavuiina sp. 
Nodosaria sp. 
Globigerina sp. 
Hastigerina sp. 
Truncatulina sp. 
Amphistegina sp. 
Opervulina sp. 
Gyroporella sp. 
Lithothamnium racemus Aresch. 


Ich habe schon in dem ersten Theile meiner Arbeit auf die 
Unzulässigkeit der für diesen Kalkstein von vielen Autoren ge- 
brauchten Altersbezeichnung Aquitaniano hingewiesen, und folge 
der Meinung Trabuccos, der ihn der Langhischen Stufe zu- 
zählt, wiewohl ich mich dessen weiteren Folgerungen von der Zu- 
sammenziehung von Aquitaniano, Langhiano und Elveziano 
inferiore unter der Bezeichnung Langhiano, soweit sie das 
Profil von Acqui betreffen, nicht vollinhaltlich anschliessen kann. 
Denn während der Nulliporenkalk von Acqui ohne allen Zweifel der 
älteren Mediterranstufe angehört, müssen wir die darüberfolgenden 
Mergel- und Sandsteinhorizonte, welche die directe Fortsetzung der 
bei Serravalle angetroffenen mittelmiocänen Schichtglieder sind, als 
unserer zweiten Mediterranstufe angehörig betrachten. 

Die an dem rechten Ufer der Bormida zunächst über dem 
Kalksteine liegenden, mit einem etwa 20° betragenden Neigungs- 
winkel gegen N fallenden Mergel sind von dem im Thale der 
Borbera angetroffenen Schliermergel weder petrographisch noch 
faunistisch zu unterscheiden. Sie zeigen dieselbe deutliche Bankung, 
denselben Wechsel von sandigen und kalkreicheren Lagen und den 
nämlichen Erhaltungszustand der fossilen Reste. Ihre Mächtigkeit 
ist bei dem auf eine nordsüdliche Erstreckung von mehr als 3 km 
sich gleichbleibenden Neigungswinkel mit 1000 m wohl nicht zu hoch 
veranschlagt. Die Stadt Acqui liegt ganz in dieser breiten, im Relief 
durch das weite Bormidathal und die nördlich gelegenen, niederen 
Bergzüge bezeichneten Zone, welche durch das senkrecht zur 
'Streichungsrichtung verlaufende Thal des Rio Medrio auf eine weite 
Strecke aufgeschlossen ist. 


Von Fossilien führt G. Trabucco aus diesen Mergeln an: 


Squalidi Spirialis atlanta Koen. 

Lepas Capelliniüi Trab. Hyalaea sp. 

Aturia Aturi Bast. Balantium pedemontanum May. 
„  radiata Bell. R sinuosum Bell. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (Fr. Schaffer.) 21 


162 Franz Schaffer. 


Balantium pulcherrimum May. 
Vaginella Calandrellii Micht. 
= Rzehaki Kittl. 

5 Lapugiensis Kittl. 
Carinaria Pareti May. 

5 Hugardi Bell. 
Trochus sp. 
Natica helieina Broce. 

„  redempta Micht. 
Bulla Brocchi Micht. 
Bullaea varicosa Ponzi. 
Teredo navalis Linn. 
Neaera Saracchii Trab. 
Pholadomya sp. 

Solenomya Doderleini May. 
Lacina miocenica Micht. 
Agassızi Micht. 
spinifera Monty. 

» Dicomani Mengh. 
Leda fragilis Chemn. 

„ Taramellii Trab. 
Anomia costata Broce. 
Placuna langhiana Trab. 
Pecten Philippi Micht. 


„ 


» 


[28] 


Ostraea neglecta Micht. 
Schizaster sp. 

Lanulites intermedia Micht. 
Turbinolia sp. 

Stephanophyllia elegans Bronn. 
Nodosaria comata Beats. 

n bacillum Defr. 
Uvigerina pigmaea d’Orb. 
Globigerina bulloides d’Orb. 
bulloides var. triloba 

Reuss. 
inflata d’Orb. 
rubra d’Orb. 
dubia Egger. 

h quadrilobata d’Orb. 

Orbulina universa d’Orb. 

Pullenia obliquo-loculata d’Orb. 
„.  sphaeroides d’Orb. 

Sphaeroidina austriaca d’Orb. 

Pulvinulina Menardü d’Orb. 

Filliti. 

Nemertites sp. 

Helminthoida sp. 

Palaeodictyon tectiforme Sacco. 


Die hervorragendsten Charakterzüge dieser Fauna, das Fehlen 
der Canaliferen, das Vorherrschen zartschaliger Bivalven, wie 
Neaera, Leda und mancher Lucinen, das massenhafte Auftreten von 
Pteropoden, die zahlreichen Arten von Tiefseeforaminiferen und die 
Einzelkorallen lassen diese Mergel als unzweifelhaftes Aequivalent 
des Schliers von Oberösterreich und Bayern erkennen, wie wir es 
auch in dem Profile von Serravalle nachweisen konnten. 


Wenn wir von Acqui nordwärts durch das Thal Medrio wandern, 
so sehen wir beiläufig an der Stelle, wo der gegen Ricaldone führende 
Fahrweg von der Fahrstrasse abzweigt, den Mergel sandreicher 
werden und schliesslich in dieselben lichten Sandsteinbänke über- 
gehen, die wir in so ungeheuerer Mächtigkeit in den Bergen östlich 
von Stazzano antrafen. Auch in diesem Profile ist ihre Entwicklung 
keine geringere, denn sie lassen sich hier auf eine horizontale Ent- 
fernung von etwa 2000 m verfolgen, und wir können ihre Gesammt- 
mächtigkeit auf ca. TOO m schätzen. Die so ausgezeichnete Bankung 
und der Wechsel härterer und lockerer Schichten, die Menge von 
feinem organischen Detritus, den wir allenthalben in dem Gesteine 
antreffen, und der ungünstige Erhaltungszustand der fossilen Reste 
sind auch hier die bezeichnendsten Merkmale dieses so wohl 
charakterisirten Horizontes. 


Von den Fossilien, die ich an wenigen Punkten zu sammeln in 
der Lage war, konnte ich bestimmen: 


sb il 20 


BE N 


[29] Beitr. z. Parallelisirung d. Miocänbildungen d. piemont. Tertiärs ete. 163 


Lithothamnium p. Lucina globulosa Desh. 
 Oidaris sp. „ia eo 
Pecten latissimus Brocc. Venus sp. 

„.  sScabrellus Lam. Turritella turris Bast. 

B: Besseri Andr. 2 vermicularis Broce. 
Anomia costata Brocc. Cerithium lignitarum Bichw. 
Östrea digitalina Dub. Balanus sp. 

sp Lamna sp. 


” . 
Cardita Jouanneti Bast. 


Ausserdem fand ich zahllose Aestchen von Bryozoen, welche 
manche Lagen ganz erfüllen, und kleine Korallenstöcke. 

Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dass wir dieses 
mächtige, eintönige Schichtglied, das eine direete Fortsetzung der 
bei Serravalle angetroffenen analogen Bildungen ist, als Aequivalent 
unserer Schichten von Grund und Niederkreuzstetten anzusehen 
haben. Die zahlreichen jüngeren Formen seiner leider noch nicht 
genügend bekannten Seichtwasserfauna bieten einen auffälligen 
Gegensatz zu den typischen Charakteren der ersten Mediterranstufe, 
welche uns in dem Nulliporenkalke von Acqui begegnet sind. 

Die, wie wir gesehen haben, im O und dann wieder weiter 
im W in so gewaltiger Entwicklung auftretenden tortonischen Mergel 
und die damit in engstem Zusammenhange stehenden Bildungen der 
Strandfacies sind in diesem Profile auf eine ganz unbedeutende 
Zone redueirt, die an manchen Punkten vollständig verschwindet, so 
dass die gypsführenden Mergel des obersten Miocäns direct auf den 
Sanden vom Alter unserer Grunderschichten auflagern. Es erinnert 
das Zurücktreten dieses sonst so mächtigen marinen Tegels ganz 
an die im Profile von Castelnuovo d’Asti angetroffenen Verhältnisse. 
(Siehe ersten Theil dieser Abhandlung, Jahrbuch d. k. k. geol. 
R.-A. 1898, Bd. 48, pag. 418.) Wo aber diese Tegel in ihrer typischen 
Ausbildung zutage treten, da führen sie auch die so bezeichnende 
Canaliferenfauna. 

. Eine ganz ausserordentliche Entwickelung gewinnen in diesem 
Profile die brackischen Ablagerungen des obersten Miocäns. Die an 
der Basis auftretenden Gypse und Kalke nehmen hier eine gewaltige 
Zone ein, während die Mergel zurücktreten. Dieser ökonomisch so 
wichtige Horizont lässt sich bis unter die Ortschaft Ricaldone ver- 
folgen, wo er von Sanden und Schotter von nur geringer Mächtigkeit 
und endlich von den mit diesen stets verbundenen spröden Mergeln 
überlagert wird. Alle diese Schichtglieder entsprechen auf das 
Genaueste den am Monte Rosso angetroffenen und als Aequivalente 
der sarmatischen Stufe und der Congerienschichten erkannten Bildungen. 
Fossilreste konnte ich darin in diesem Profile nirgends nachweisen. 


Nördlich von Ricaldone breiten sich in einer ausgedehnten 
Zone die Tegel und Sande des Pliocäns in der allerorten sich gleich- 
bleibenden reichen faunistischen Entwicklung aus. 


21* 


164 Franz Schafer. [30] 


Es wäre überflüssig, über den Wert der beiden besprochenen 
Profile in Hinsicht auf die Stratigraphie des unteren Neogens viele 
Worte zu verlieren. 

Das Profil von Serravalle umfasst das mittlere und obere 
Miocän in reicher faunistischer Entwickelung und in seltener Voll- 
ständigkeit. Wir haben als tiefstes, durch eine individuenreiche, wenn 
auch artenarme und einförmige Fauna ausgezeichnetes Glied den 
Schlier im Borberathale, darüber den mächtigen Horizont von 
Sanden und Sandstein, das Altersäquivalent unserer Grundersehichten, 
über denen dann in ungemein fossilreicher Entwickelung der Badner 
Tegel mit den Sanden der Leithakalkbildungen und schliesslieh die 
brackisehen Schiehten, die sarmatische und die pontische Stufe, folgen. 

Bei Acqui liegen an der Basis graue Tegel, die mir keine 
makroskopischen Fossilreste lieferten und etwa als Aequivalente des 
Foraminiferentegels von Ketösmezö angesehen werden könnten, 
darüber folgt der Nulliporenkalk von Acqui, der die Fauna unserer 
Eggenburgerschichten führt, und dann die vollständige Serie der bei 
Serravalle angetroffenen Schichtglieder, der Schlier, die Schichten 
von Grund, der tortonische Tegel und die den Rückzug des Miocän- 
meeres anzeigende brackische Stufe. 

Dieses letztere Profil ist in seiner Vollständigkeit und regel- 
mässigen Ausbildung wohl eines der interessantesten in dem Gebiete 
mediterraner Neogenbildungen und das einzige mir bekannte, welches 
in so typischer Weise die Ueberlagerung einer sicher der ersten 
Mediterranstufe angehörigen Fauna durch unzweifelhafte Ablagerungen 
des jüngeren Mediterranmeeres erkennen lässt. Es ist ein glän- 
zender Beweis für die Richtigkeit der von E. Suess für 
das Wiener Tertiärbecken aufgestellten Schichtfolge 
und für die Altersverschiedenheit der beidenälteren 
Mediterranstufen. 

Es ist als gewiss anzusehen, dass ähnlich wie bei Acqui zahl- 
reiche Profile in dem südlichen Theile des piemontesischen Tertiär- 
beckens dieselbe vollständige Schichtserie aufweisen werden, und es 
wäre nur zu wünschen, dass dieses Gebiet zum Gegenstande ausge- 
dehnterer und eingehenderer Untersuchungen gemacht würde, die, wie 
zu erwarten ist, zahlreiche Ergänzungen und Erweiterungen meiner — 
der Natur der Sache nach — nicht genügend abgeschlossenen Studien 
ergeben werden. 


Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 
Von Karl Oestreich. 
Mit einer Tafel (Nr. VI) und 3 Zinkotypien im Text. 


Vorbemerkung. 


Die vorliegende Studie verdankt ihre Entstehung einer Anre- 
gung von Herrn Professor Penck in Wien. Er war es, der eine bei 
dem Verfasser dureh Wanderungen im Gebirge von frühester Jugend 
an, besonders aber durch die Vorlesungen seines ersten Lehrers, des 
Herrn Professor Fischer in Marburg, geweckte Neigung zu Thal- 
studien in die richtigen Bahnen lenkte. 

Die Studie selbst ist die Frucht der Arbeit zweier Jahre. 

Während des Sommers 1896 wurden die orientirenden Touren 
zur Kenntnis der orographischen und stratigraphischen Verhältnisse 
des gesammten Gebietes ausgeführt. Während der ganzen schnee- 
freien Zeit des Jahres 1897 wurde, nach nunmehr erlanster Kenntnis 
der für diesen speciellen Fall nothwendigen Arbeitsmethode, die geo- 
logische Aufnahme der Tertiärablagerungen vorgenommen; dabei aber 
auch, soviel Zeit sich erübrigen liess, durch häufigen Besuch über- 
ragender Berge die Einsicht in die allgemeinen Verhältnisse des Ge- 
birges erweitert. 

Die Literatur für das bearbeitete Längsthal beschränkt sich 
eigentlich auf Stur’s Abhandlung: „Ueber die neegenen Ablagerungen 
im Gebiete der Mürz und Mur in Obersteiermark“, die im Jahrbuch 
der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien im Jahre 1864 erschien. 
Stur’s 1371 veröffentlichte Geologie der Steiermark gab nur eine 
Correetur seiner Ansichten über das genauere Alter der Tertiär- 
ablagerungen, verwies aber im übrigen auf die genannte Abhandlung. 

Als Karten standen dem Verfasser die neuen Aufnahmskarten 
von Vacek: 


Leoben und Bruck a. d. Mur (Zone 16, Col. XI, 
Mürzzuschlag (Zone 15, Col. XII), 
Neunkirchen— Aspang (Zone 15, Col. XIV) 
zu Gebote. Ausserdem copirte er sich Theile der Blätter: 
Eisenerz—Wildalpe—Aflenz (Zone 15, Col. XII) 
der neuen Aufnahme und 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 


166 Karl Oestreich, [2] 


St. Michael (Zone 17, Col. IX), 
Murau (Zone 17, Col. X), 
Köflach— Voitsberg (Zone 17, Col. XI) 


der alten Aufnahme. 
Blatt: Judenburg (Zone 17, Col. XD) 


endlich enthält ältere und neuere Aufnahmsresultate verschiedener 
Bearbeiter zusammen. 

.Die neogenen Bildungen sind auf diesen Blättern fast stets nur 
mit einem Farbenton ausgeschieden, so dass des Verfassers Arbeit 
im Punkte der kartographischen PRSUeUnS eine durchaus origi- 
nale war. 

Von einer Discussion der Be Stur’s wurde abge- 
sehen. Der Vergleich mit den folgenden Ausführungen wird ergeben, 
dass Stur’s Anschauungen manchinal acceptirt, manchmal modificirt, 
manchmal fallen gelassen wurden, dass von Stur als tertiär ange- 
sprochene Bildungen eine andere Deutung erfuhren, dass seitdem, 
durch die jüngsten Aufnahmen oder die des Verfassers, neue Vor- 
kommnisse ‘entdeckt wurden. Zumal Vacek hat in dankenswerter 
Weise tertiäre Terrassen ausgeschieden; allerdings ist eine solche 
Ausscheidung nicht immer in dem Sinne zu verstehen, dass die be- 
treffenden Terrassen auch jetzt noch wirkliche Tertiärablagprmanen 
trügen. 


Die vorliegende Arbeit gliedert sich in einen directe Beob- 
achtungen’ wiedergebenden und einen mehr theoretischen Theil. 
Innerhalb des ersteren wurde ausserdem noch, zur besseren Kenntnis 
des ganzen in Rede stehenden Gebietes, eine mehr compilatorische 
Arbeit niedergelegt, eine Darstellung des geologischen Grundgerüstes, 
wie sie sich aus &eyer’s und Vacek’s Berichten ergibt. 


I... F.h.e tl. 


Geologisch -morphologische Skizze und Darstellung der 
tertiären Ablagarungen. 


Man denkt nur an die allgemeine Lage zum Streichen der -Ost- 
alpen, wenn man die von der oberen Mur und der Mürz durchflossene 
Thalfurche ein Längsthal nennt. Sie stellt in Wahrheit einen Wechsel 
von Längs- und Querthalstrecken dar und ist somit als ein „zusam- 
mengesetzes Thal“ zu bezeichnen. 

Zudem lässt ein Blick auf die Karte zwei ihrer Richtung nach 
unterschiedene Thalstrecken, eine westliche, von West nach Ost, und 
daran anschliessend eine östliche, von Südwest nach Nordost ziehende, 
erkennen. Diese beiden Theilstrecken gehören, wie das Studium des 
Gebirgsbaues lehrt, in der That gänzlich verschiedenen geologischen 
Gebilden an; daher eine gesonderte Betrachtung der beiden Regionen 
des oberen Murbeckens und des Mürzbeckens von selbst gegeben 
erscheint. I Th 


[3] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 167 


Das obere Murbecken. 


Das formgebende Element in der Orographie der östlichen 
Centralalpen ist die Umschwenkung der Tauernaxe nach Südost und 
das damit verbundene Ausweichen aller Schichtglieder aus der bisher 
allgemein befolgten West—Ostrichtung in die neue, dazu diagonale 
nordwest-südöstliche. Und wenn somit die Flussrichtungen in dem 
Gebiet östlich von dieser Biegung andere sind, als weiter im Westen, 
ist es uns erlaubt, dem Stand unserer heutigen Kenüntnisse entsprechend, 
den letzten Grund dieses Verhaltens in der uns noch verborgenen 
Ursache zu suchen, welche die Umbiegung der Streichungsrichtungen 
im böhmischen Massiv veranlasste, also im alten hercynisch-sudetischen 
Gebirge, zu dem ja auch das palaeozoische Grundgerüst unserer 
Alpen gehört. | 

Vom geologischen Bau der Umbiegungsregion gibt uns das 
Studium der diesbezüglichen Arbeiten Georg Geyer’s ein klares 
Bild )). 

Eine solche Umbiegung ist wie jede tiefer greifende Bewegung 
in einem aus Gesteinsmassen verschiedener Festigkeit und Mächtigkeit 
bestehenden Complexe eine sehr complicierte Erscheinung. Wir finden 
nicht etwa von einem Punkte an im geologischen Streichen aus- 
schliesslich die neue Richtung ausgedrückt; wir haben im Gegentheil 
eine Anzahl von mehr oder weniger starren Kernen, die im Streichen 
normalerweise die neue Hauptrichtung documentieren, umflossen 
von den weicheren Schichten, die mannigfache Eigenbewegungen aus- 
führen. Doch ist auch das Streichen der richtunggebenden starren 
Massen kein regelmässiges, wie die folgende Betrachtung lehrt. 


Vier Gneisskerne, vier „Centralmassive“, umrahmen den west- 
lichen Theil unseres Längsthalzuges: 


Das Ankoglmassiv im Westen, 

das Königstuhlmassiv im Süden, 

das Hochgollingmassiv im Norden, 

das Bösenstein-Grössenbergmassiv im Osten. 


Das Schichtstreichen ist im Ankogl- und dem Bösenstein-Grössen- 
bergmassiv das nordwest - südöstliche; im Hochgollingmassiv ein 
westöstliches, und im Gneissgebirge des Königstuhls ein meridio- 


') Bericht über die geologischen Aufnahmen im Gebiete der krystallinischen 
Schiefer von Judenburg, Neumarkt und Obdach in Steiermark. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1890, pag. 199. 

Bericht über die geologischen Aufnahmen im Gebiete des Speeialkarten- 
blattes Murau. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 108. 

Bericht über die geologischen Aufnahmen im oberen Murthale (Phyllitmulde 
von Murau und Neumarkt). Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 352. 

Reisebericht über die geologischen Aufnahmen im Lungau (Salzburg). Ver- 
handl. d. k. k. geol. R.-A. i892, pag. 319. 

Vorlage des Blattes „St. Michael“. Verhand). d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 49. 

Ueber die Stellung der altpalaeozoischen Kalke der Grebenze zu den Grün- 
schiefern und Quarzphylliten von Neumarkt und Sct. Lambrecht. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1893, pag. 406. 


168 Karl Oestreich. [4 


nales, das jedoch in der Murgegend ebenfalls in das westöstliche 
einlenkt. 

Das Verhältniss der Gneisskerne zu den die Zwischenräume 
ausfüllenden Glimmerschiefermassen, also die Frage nach dem ab- 
soluten und relativen Alter der Centralmassive, steht noch ausserhalb 
der allgemeinen Discussion. Doch ist anzunehmen, dass Gneissmassive 
und Glimmerschiefer in dieser Gegend von der grossen Gebirgs- 
faltung in gleicher Weise betroffen wurden. Wird doch der West- 
ost streichende Gneisskamm der Niedern Tauern (Hochgollingmassiv) 
nach seinem Untertauchen unter den Glimmerschiefer von diesem als 
kammbildendem Element nahezu in gleicher Höhe gegen Osten hin 
fortgesetzt, bis auch dieser Kamm in die Nordwest-Südostrichtung um- 
schwenkt, die Mur überschreitet und die Seethaler Alpen zusammen- 
setzt, zwischen dem Neumarkter und dem Obdacher Sattel!), ein 
breites Gewölbe, das nur auf seinem Scheitel, vielleicht durch Zerrungs- 
vorgänge, westöstliche Streichrichtungen zeigt. Auch die im Süden 
zu beiden Seiten des Königstuhlmassivs gelegenen Glimmerschiefer- 
massen haben das normale nordwest-südöstliche Streichen mit gele- 
gentlichen west-östlichen Ausweichsrichtungen. Im Hangenden dieser 
ältesten Bildungen haben sich an zwei geschützten Stellen jüngere, 
transgredirende Schichtglieder erhalten, innerhalb (d. h. westlich) des 
Katschthal- Taurach-Bruchs die Kalkphyllite des Lungau und, wie 
Geyer sagt, geschützt durch die Umbiegung des Glimmerschiefer- 
kamms der Niederntauern die Gesteine der Phyllitmulde von Murau- 
Neumarkt. Die Kalkphyllite des Lungau fallen vom Gneiss des Ankogl- 
massivs nach Osten und Südosten gleichmässig ab und erfüllen den 
Raum zwischen diesem und der Hochgollingmasse, wobei sie das 
Liegende der Radstädter Triastransgression bilden. 

Die Phyllitmulde von Murau-Neumarkt erleidet eine grössere 
Complieation durch das Auftreten einer mächtigen Kalkplatte in den 
Kalkphylliten, die in einer bedeutenden, meridional verlaufenden 
Aufwölbung zutage tritt, ferner dadurch, dass die hangenden Quarz- 
phyllite über die Kalkphyllite hinaus auf die Glimmerschiefer über- 
greifen. Funde von Crinoidenstielgliedern in den Kalken der Grebenze 
verweisen die ganze Serie dieser halbkrystallinischen Gebilde bereits 
in das Palaeozoicum. Das Gesammtstreichen der Mulde ist, der Haupt- 
leitlinie entsprechend, das nordwest-südöstliche. Die meridionale Rich- 
tung, die ausser in dem erwähnten Kalkzug noch in den östlich des- 
selben streichenden Quarzphyllitfalten der Neumarkter Niederung 
zutage tritt, ist vielleicht nur eine unbedeutende Abweichung von der 
Hauptrichtung, und es ist noch nicht nöthig, an zwei zeitlich unter- 
schiedene Störungsvorgänge zu denken. 

In Denudationsresten sind ferner noch die Ueberbleibsel einer 
grösseren triadischen Decke in den Radstädter Tauern (zwischen 
Ankogl- und Hochgollingmassiv), sodann südlich der Mur, innerhalb 
des Königstuhlbogens in der Region der Stangalpe, Ablagerungen 
von Meer und Festland der Carbonzeit erhalten. Vielleicht sind 


!) „Sattel“ hier in orographischem Sinne. Besser würde wohl Senke oder 
Niederung passen. Auer 


[5] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 169 


manche uns heute unerklärbar scheinende Flussrichtungen auf die 
Abflussverhältnisse in den heute verschwundenen palaeozoischen und 
mesozoischen Sedimentdecken zurückzuführen. 

Dies ist in kurzen Zügen das geologische Bild der Umbiegungs- 
region, die wir nach ihrer Hauptentwässerungsader „das obere Mur- 
becken“ nennen wollen, und die nächste Aufgabe wird sein, an der 
Hand dieser Leitlinien die Flussrichtungen derselben zu besprechen. 

Die Mur durchfliesst dieses, ihr oberstes Thalgebiet in west- 
östlicher Richtung, unbekümmert um das Streichen des Gebirges. 
Nur die bedeutendsten ihrer Quellflüsse haben thatsächlich die Nord- 
west-Südostrichtung, die sonst noch in den! Verbindungsstrecken des 
nördlichen und südlichen Nebenthales zum Ausdruck kommt. Die 
natürliche Abflussrichtung wäre die zur Gurk, und damit zur Drau. 
Geyer!) wies bereits darauf hin, dass die nordwest-südöstlich ge- 
richteten Querstrecken des Ranten-, Katsch- und Wölzerbaches, ebenso 
wie in der Diluvialzeit, für die es nachweisbar ist, auch in früheren 
Zeiten, also in der ursprünglichen Anlage, über die Perchauer und 
Neumarkter Sättel mit der Olsa, also der Gurk-Drau, in Verbindung 
stehen mochten; also zu jener Zeit, als die Mur noch nicht die 
Gneissmasse des Bösenstein-Grössenbergs durchbrochen hatte. Viel- 
leicht kann die Untersuchung der Carbonablagerungen der Stangalpe 
nähere Aufschlüsse über die älteste Geschichte unserer Gegend geben. 
Doch vorher bleibt alles reine Speculation, und es ist wohl metho- 
disch richtiger, nur den westöstlichen Lauf, wie er heute daliegt, ins 
Auge zu fassen; bietet doch auch er Probleme in hinreichender 
Menge! 

Er ist ausgezeichnet durch die vorzügliche Ausbildung des 
Doppelthales, das an manchen Stellen sogar ein dreifaches Thal 
darstellt, und durch die fiederförmige Stellung seiner Quellflüsse. 

Sieben Quellflüsse, die Mur, der Zederhausbach, die Taurach, 
die Weissbriach, der Lienitz-, der Göriach- und der Lessachbach, 
vereinigen sich zu zwei Quellflussarmen, Mur und Taurach. Die 
Stellung der Quellflüsse wurde als fiederförmig bezeichnet; die süd- 
westlichsten, Mur, Zederhaus und Taurach, fliessen parallel dem 
Streichen der Ankoglmasse nordwest-südöstlich, die nach Osten zu 
folgenden stellen dagegen Querthäler dar. Der letzte, der Lessach- 
bach, verläuft fast gradlinig im Meridian und findet seine gradlinige 
Fortsetzung in der Verbindungsstrecke von Taurach und Mur, sowie 
in der Mur selbst auf der kurzen Strecke ihres Durchbruchs durch 
den Gneiss des Königstuhlmassivs. Dort, wo die Mur wieder in 
die Ostrichtung einlenkt, empfängt sie den dritten Quellarm, den 
Thomabach. 

Ausser der erwähnten, von dem heutigen Taurach-Murfluss be- 
nutzten Verbindungsstrecke, besteht weiter oberhalb eine zweite, die 
ebenso gradlinig verläuft, aber heute nicht mehr vom Wasser benutzt 
wird. Dass aber in früheren Zeiten diese Linie ein wirkliches Fluss- 
thal war, beweist die gleiche Höhe der beiden Sättel in eirca 1140 m 
Meereshöhe, zwischen Taurach und Mur einerseits, und Mur und 


1) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, 1891, pag. 109. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 22 


170 Karl Oestreich. [6] 


Thomathal andrerseits!). Die relative Höhe dieser Sättel beträgt 
eirca 40 m über der Taurach, ungefähr 100 m über Mur und Thomabach. 
Auch diese Verhältnisse scheinen für die Existenz primärer meridio- 
naler Thalläufe zu sprechen, ebenso wie die eigenthümliche Richtung 
der Bundschuhthäler, die von Süden her bis zu dem letzterwähnten 
Sattel der Mur zufliessen, hier eine scharfe Schwenkung von 909 
ausführen und der Mur parallel fliessen, bis diese sie in der geogra- 
phischen Breite des Thomathals ‚erreicht. Früher sprach man in 
solchem Falle wohl einfach von zwei sich kreuzenden Bruchsystemen, 
heute haben wir zunächst an zwei der Zeit nach verschiedene Ab- 
flusssysteme zu denken. 

Von jetzt an, also ungefähr von der 1000 m-Isohypse, durch- 
fliesst die Mur das südliche Thal, die Fortsetzung des Thomathals, 
während der eigentliche, „Mur“ genannte Quellarm eine gradlinige 
Fortsetzung im Leissnitzthal findet. Ein dritter, nördlichster Parallel- 
lauf ist der Krakaubach, der von den Querthälern der Niederen 
Tauern gespeist wird. Es folgt nun wohl die eigenthümlichste Strecke 
des gesammten Thalzugs: die nördlichen Nebenthäler öffnen sich in 
drei diagonalen Thalstrecken in das südliche Hauptthal. Es sind das 
die Thäler des Ranten-, des Katsch- und des Wölzerbaches. 

Das dritte (nördlichste) Nebenthal hat in der Krakau eine Meeres- 
höhe von 1100 m. Ein Sattel, der 1200 m wenig überschreitet, führt 
in das Schöderthal, das nach kurzer Entfernung (circa 6 Kilometer) 
nur noch eine Höhe von 900 m hat, und eine breite Senke über den 
Kammersberg (1066 m) führt vom Schöder-Katschthal nach dem 
Wölzerthal. Das Katschthal sowie das Wölzerthal ziehen aus ihren 
mehr als 50 m höher gelegenen Thälern in der erwähnten Diagonal- 
richtung nach der Mur ab. Weiter oberhalb hat dieselbe Richtung 
der Rantenbach, der Abfluss des vereinigten Krakau- und Seebaches, 
welch letzterer den mittleren Thalzug benutzt, in dem weiter im 
Westen Mur und Leissnitzbach fliessen. 

Das nördliche Thal steht wiederum mit dem mittleren in Ver- 
bindung durch den trockenen Sattel von Schöder, dessen höchste 
Erhebung 50 m über den beiden Flussniveaus beträgt?). Auch hier 
ist wieder die Spur eines alten meridionalen Thales. 

Die Mur, der Fluss des südlichsten Thales, empfängt von Süden 
her die Gräben des Königstuhlmassivs und der transgredirenden 
Carbonscholle, die sämmtlich die normale senkrechte Richtung zum 
Hauptfluss zeigen. Doch auch auf der Südseite beginnen complieirtere 
Verhältnisse beim Eintritt in die Phyllitmulde. Rantenbach, Katsch- 
und Wölzerbach erhalten Fortsetzungen ihrer nordwest-südöstlichen 
Richtung im Lassnitzbach, im Neumarkter Sattel und in dem von der 
Perchau herabfliessenden Doppelbach. 

Der Neumarkter Sattel ist eine breite Senke, die in etwa 140 m 
über der in 745 m Meereshöhe fliessenden Mur im Gehänge einsetzt. 


') Die Karte verzeichnet für den ersteren Sattel nur 1129 m. Die wirkliche 
Wasserscheide wurde durch einen weiter nördlich sich bildenden, nach Südost 
abfliessenden Bach ausser Wirksamkeit gesetzt. 


?) Sattel 944 m, Schöder 898 m, Rantenbach 890 m. 


[7] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 171 


Der höchste Punkt seiner Tiefenlinie, die Station St. Lambreeht in 
885 m, ist in der Horizontalen nur 3 Kilometer vom Thalabhang gegen 
die Mur entfernt. Während nach Süden zu durch die Olsa eine Ent- 
wässerung zur Drau stattfindet, besteht kein Abfluss zur Mur. Dagegen 
benutzt der von Südwesten her kommende Lambrechtbach (Tajabach) 
die weichen Schiefer des Sattels, um in ihnen in tief erodirtem Bett 
mit starkem Gefäll die Mur zu erreichen. Vielleicht stellt er einen 
alten Nebenfluss eines einst über den Neumarkter Sattel zur Mur 
fliessenden Stromes dar. 

In diesem Neumarkter Sattel besitzt also das Murthal einen 
unter der 900 m-Isohypse gelegenen Ausgang in das Thalsystem 
der Drau. Und ein zweiter derartiger Sattel in der Meereshöhe von 
951 m führt aus dem Judenburger Becken in das zur Drau fliessende 
Lavantthal über. Auf der nördlichen Seite empfängt die Mur in 
demselben Becken einen grösseren Nebenfluss, die Pöls, und östlich 
von beiden genannten Seitenthälern, Granitzenthal und Obdacher 
Sattel einerseits, Pölsthal andrerseits, schliesst das von dem heutigen 
Flusse durchbrochene Bösenstein-Grössenbergmassiv das ganze obere 
Murbecken ab. 

Es drängt sich nun von selbst die Frage auf: Gibt es ein Mittel, 
die früheren Stadien der Flussentwicklung zu erkennen, haben wir 
zunächst den tertiären Fluss? 

Die Kenntnis der Thatsache, dass das Murthal in der Diluvial- 
zeit bis in das Judenburger Becken vergletschert war, wird uns davor 
bewahren, allzu kühne Erwartungen zu hegen in Betreff der. Er- 
haltung früherer Thalablagerungen. In der That, die tertiären Reste 
sind im oberen Murbecken nur sehr spärlich vorhanden. 

Das Murthal von St. Michael im Lungau bis Tamsweg, also das 
Thal des mittleren Hauptquellstromes, wurde von den diluvialen Eis- 
massen bis auf den Felsgrund ausgeräumt. Nur an einer Stelle, im 
‚Schutz der :Gletscherbifurcation, am Gehänge unter dem erwähnten, 
vom Murthal zum Thomabach führenden niederen Sattel, sind ältere 
Thalablagerungen in einem schmalen Hügelsaum erhalten. Es ist ein 
von Moräne überlagerter, dünngeschichteter, z. Th. schon geschieferter 
Mergel mit feinen Kiesstreifehen, ganz rein, ohne Gerölle, Ost bis 
Nordost fallend, dem sich gegen Nordosten zu ein längerer, aus 
Conglomerat bestehender Hügelstreif anschliesst, aus einem Conglo- 
merat, das dem heutigen Murschotter entsprechen mag und gleich 
diesem viel Kalkgerölle (der Radstädter Trias) enthält. Das Conglo- 
merat scheint eine höhere Lage einzunehmen als der Mergel, doch 
ist sein Fallen nicht wahrzunehmen, auch nichts von einem Contact. 
Weder auf der Karte, noch in der Literatur ist dieses Vorkommen 
verzeichnet. Doch ist es in der Natur leicht wahrnehmbar durch die 
eigenthümliche, kantenlose, abgerundete Gestalt des Lehmhügels, 
den höheren, schärfer conturirten Rücken, den das Conglomerat 
zusammensetzt. 

Im Taurachthal fand keine derartige Ausräumung statt. Hier 
floss der Eisstrom nicht ungehindert durch das Thal. Die Gletscher, 
welche die Flüsse der Lungauer Querthäler ihm in die Flanke 
schickten, bauten ihre Moränen in die Taurachebene vor; und im 

22” 


172 Karl Oestreich. [8] 


Schutze ihrer Moränen innerhalb der Taurachebene und weiter nach 
Osten in der ganzen Breite zwischen dem Leissnitzthal und der vom 
heutigen Flusslaufe verlassenen Fortsetzung des Taurachthals ist in 
einer Länge von gegen 10 Kilometer die tertiäre Thalablagerung er- 
halten geblieben. Sie stellt sich dem Auge sehr deutlich dar durch 
das plötzliche Auftreten ruhigerer Hügelformen in der Grundmoränen- 
landschaft der Taurachebene. 

Eine Gliederung, wie Geyer!) sie annimmt, in unteren Mergel 
und oberes Conglomerat mit einem Schotter im Hangenden, das 
Ganze muldenförmig, lässt sich nicht durchführen. Beginnt man die 
Kartirungen bei Tamsweg, so hat es allerdings den Anschein, als 
folgten unter dem Westnordwest bis Nordnordwest einfallenden Con- 
glomerat die Pflanzenschiefer in den höheren Lagen des Tertiärhügels. 
Doch wechselt einerseits die Fallrichtung beständig, und andererseits 
ist an vielen Stellen, am besten aber im Göriachthal (Ostgehänge), 
zu bemerken, dass Oonglomerat und Mergelschiefer in beständiger 
Wiederholung wechsellagern?). Es spielte sich hier ein sehr wechsel- 
volles Flussleben ab, und die Einwirkung, welche die spätere Störung 
auf diese stete Aufeinanderfolge von Schichten allerverschiedenster 
Consistenz ausübte, sowie der Druck, den sie von den darüber hinweg- 
strömenden Eismassen erlitten, äussert sich im beständigen Wechsel 
der Fallrichtung. Weiter im Osten, im Leissnitzthal, sind die Ver- 
hältnisse einfacher; das gegen Süd (Südwest oder Südost) geneigte, 
dem Grundgebirge auflagernde Conglomerat bildet den Abhang nach 
dem Thal. Ein Profil am östlichen Gehänge des bei Sauerfeld von 
Norden kommenden (Prebersee-) Grabens zeigt, wie unter dem Gewicht 
der sich schräg stellenden Conglomeratmassen die weicheren Glimmer- 
schiefer im Liegenden gefältelt und zerdrückt wurden. Das Plateau 
oben, im Hintergrunde, ist von den Mergelschiefern bedeckt. 

Zur Klarlegung der tertiären Flussverhältnisse ist besonders 
der Umstand von Interesse, dass die Conglomerate keine Kalkgerölle 
enthalten, also nicht von der Taurach und aus dem Radstädter Trias- 
gebirge, sondern aus den Lungauer Querthälern kamen. Die Taurach 
scheint zu jener Zeit über den Mauterndorfer Sattel nach Süden zur 
Mur abgeflossen zu sein. Eine niedere Thalwasserscheide mag sie vom 
nächsten Parallelthal, dem Thal der Weissbriach, geschieden haben. 
Was den von Geyer angenommenen tertiären Schotter auf dem rechten 
Ufer der Taurach anbetrifft, gegenüber von Tamsweg und Wölting, 
so stellt er wohl nur ein aufgelöstes Conglomerat dar. Er bildet auch 
auf dem linken Ufer bei St. Andrä einen kleinen Hügel. Vielleicht 
verdankt er seine vom normalen Typus des Conglomerats abweichende 
Erhaltungsart nur dem Druck durch das Gletschereis, dessen Moränen 
ihn bedecken. 

Das nächste Tertiärvorkommen ist das des Sattels von Schöder, 
zwischen Schöder- und Rantenbach, in der Phyllitmulde- von Murau: 
ein nach Nord fallendes Conglomerat aus zum Theil sehr grossen 


!) Persönliche Mittheilung. Publicirt wurde nichts. 


?) Auf der Uebersichtskarte konnte diese Wechsellagerung nicht zum Aus- 
druck gebracht werden. 


en u = A a 


[9] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 173 


Gmeiss- und Glimmerschiefergeröllen, demnach eines von Norden, von 
den Niedern Taueren, nach Süden fliessenden Flusses. Oberhalb der 
Abzweigung fand ich im Schöderbach einige Conglomeratstücke, die 
vielleicht aus dem oberen Günsterthal stammen: doch fehlte die Zeit, 
dieser sehr undeutlichen Spur nachzugehen. Das Conglomerat von 
Schöder ist wenig aufgeschlossen, am besten an der Strasse, wo sie 
die Höhe des Sattels erreicht; ferner kann man am östlichen Gehänge 
ein feineres Conglomerat und kohleführenden Sandstein wahrnehmen. 

Die Spuren eines bedeutenderen Flusses sind im Wölzerthal zu 
finden, in den mächtigen Conglomeratablagerungen von Oberwölz. In 
vier Resten, dem Hügel von Schloss Rothenfels, dem Abhang des 
Hinterburgplateaus gegen das Wölzerthal, dem Meinhartsdorfer Cal- 
varienberg und dem östlichen Thalgehänge über dem Eselsberger 
Bach, ist diese über 200 m mächtige Ablagerung erhalten: Westnord- 
west bis Nord fallende, manchmal grellroth gefärbte Kalk- und 
Dolomiteonglomerate mit ebensolchen Sandsteinzwischenlagen. Die 
Gerölle entstammen den dort allenthalben anstehenden Kalkmassen 
der Kalkphyllitstufe. Doch da deren Hauptverbreitungsgebiet südöstlich 
der Wölzergegend liegt, möchte man geneigt sein, in der Zeit der 
Bildung dieses Conglomerates einen dem heutigen entgegengerichteten 
Flusslauf zu vermuthen. 

Im Murthal selbst sind die tertiären Ablagerungen alle ver- 
schwunden, hier wechseln Strecken glacialer Erosion mit solchen 
glacialer Accumulation. Nur in einem kleinen Seitengraben, dem 
Waltersbachgraben bei Unzmarkt, ist ein blauer Thon mit darüber 
lagerndem verfestigtem Schotter oder bereits wieder aufgelöstem 
Conglomerat zu sehen, in einem sehr unbedeutenden Aufschluss. Der 
Schotter mag tertiär sein, denn die Gerölle sind wohlgerundet, 
während ich für die Diluvialzeit dieselben eckigen und wenig ge- 
rollten Stücke, wie sie der heutige Wildbach dort ablagert, annehmen 
möchte. 

Es bleibt nun noch die wichtige Frage nach der tertiären Ge- 
schichte des Neumarkter Sattels. In der Diluvialzeit war diese Region 
vom Murgletscher erfüllt, worauf Geyer hinwies, und jedenfalls 
stellt sie ein breites, uraltes Thal dar. Aber wiederum ist der 
Gletscher die Ursache, dass oberflächlich nur sehr wenig zu sehen 
ist; es wechseln lange Rücken anstehenden Felsgesteins mit langen, 
flachen, von glacialen Bildungen erfüllten Thälern ab. 

Stur!) wies auf einige Vorkommnisse von Tegel hin, die Rolle 
aus der Neumarkter Gegend anführt, sowie auf die Resultate einer 
Bohrung, die von oben nach unten eine Folge von Lehm, Schotter, 
Tegel, bildsamem Thon und bläulichem Sand ergab, die er für tertiär 
erklärt, weiss aber nichts über etwaige tertiäre Flussläufe anzugeben. 
Auch die neuere geologische Aufnahme verzeichnete alle jüngeren 
Bildungen mit der Farbe der glacialen Schotter. Leider konnte ich 
diese Gegend erst spät im Herbst besuchen, als der Schnee eine 
genauere Begehung unmöglich machte. Doch sah ich zwei interessante 
Stellen, zunächst ein Profil im Einriss des Lambrechtbaches, das 


!) Stur, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1864, Bd. 14, pag. 241. 


174 ; Karl Oestreich. [10] 


von unten nach oben Schotter, eine Conglomeratplatte, Thon ergab. 
Diese Lagerung ist ganz zweifellos, an eine Anlagerung des Schotters 
konnte nicht gedacht werden. Eigenthümlich ist auch die Conglomerat- 
platte, deren Mächtigkeit kaum mehr als 5 cm beträgt. Die Serie 
fällt ganz flach südlich. Sie ist eingesenkt in die Quarzphyllite und 
taucht unter die Thalsohle des Lambrechtbaches, tief unter dem alten 
Thalboden des Neumarkter Sattels. 

Daraus geht hervor, dass im Bett des Lambrechtbaches auf 
die Zeit starker Erosion eine Accumulationsperiode, und dieser 
wiederum eine Erosionsperiode folgte, die noch heute andauert. Und 
die ganze Entwicklung fand erst statt, als der Neumarkter Sattel 
kein Flussthal mehr darstellte; also, wenn man in ihm das tertiäre 
Flussthal sehen möchte, erst in der Posttertiärzeit. Diese Zeit würde 
alsdann mit einer starken Erosion beginnen, mit der Erniedrigung der 


Fig. 1. 


Das Profil am rechten Ufer des Lambrechtbaches. 


1. Schotter. 
2. Conglomeratplatte. 
5 Leetten. 


Sohle des Lambrechtbaches auf das vielleicht durch einen erneuten 
Einbruch des Judenburger Beckens neugeschaffene, vertiefte Thal- 
niveau der Mur. Darauf käme, dem Anwachsen der absperrenden 
Eismassen im Hauptthal entsprechend, eine sehr schnelle, sehr mächtige 
Accumulation. Durch diese Zuschüttung seines eigenen Bettes wäre 
das Gefälle des Lambrechtbaches stark redueirt worden, so dass er 
schliesslich nur noch feine Gerölle transportiren konnte, wie sie die 
Conglomeratplatte zusammensetzen; und dann fand nur noch eine 
Ablagerung feinsten Schlammes statt. 

Die Voraussetzung dieser Darlegung, die Annahme, dass in der 
Tertiärzeit noch der Neumarkter Sattel das Flussniveu darstellte, 
fand unerwartet schneli eine willkommene Bestätigung. Denn östlich 
der Station St. Lambrecht fand ich das wirkliche Flussconglomerat in 
einem durch den Adelsberg vor der Wegschaffung durch die diluvialen 
Eismassen bewahrten Rest. Es besteht aus den Kalken und Schiefern 
der Neumarkter Gegend und beweist also, dass es nur einem Neben- 
fluss, nicht aber der Mur selbst seine Entstehung verdankt. 


[11] Ein alpines. Längsthal zur Tertiärzeit. 175 


Das Mürzbecken. 


Wir brachen die Skizzirung der geologischen Position unseres 
Längsthalzuges an dem Punkte ab, wo der aus Granatenglimmerschiefer 
bestehende Kamm der Niederen Tauern, aus der bisherigen west- 
östlichen Richtung in die nordwest-südöstliche umschwenkend und 
nach Südost weiterstreichend, die Seethaler Alpen sowie die Saualpe !) 
bildet. Auch wurde bereits erwähnt, dass die äussere Contur des 
Glimmerschieferzuges sich an die Bösenstein - Grössenbergmasse an- 
lehnt, die selbst nur einen Theil der grossen „nordsteirischen Gneiss- 
masse“ darstellt, innerhalb deren die weitere Entwicklung des Längs- 
thals stattfindet, bis zu seinem Ausklingen in das Wiener Becken. 
Ueber die Structur dieses mächtigen Gneissbogens sind wir durch 
Vacek’s?) Arbeiten unterrichtet. 

Die nordsteirische Gneissmasse wiederholt in ganz . hervor- 
ragender Weise den Umriss des böhmischen Massivs: als ein breites 
Kreisbogensegment, das seine Convexität nach Süden wendet. Und 
diese Umbiegungsstelle liegt sogar, wie Vacek hervorhebt, im 
Meridian von Grein, wo die Donau den südlichsten Vorsprung der 
alten Masse durchbricht?). 

In tektonischer Beziehung erweist sich der nordsteirische Gneiss- 
bogen als ein flaches antiklinales Gewölbe. Seine Axe stellen die 
Hornblendegneisse dar, welche die Hauptmasse der Rottenmanner 
Alpen (Bösensteingruppe), der Sekkauer-Alpen (Zinkenkoglgruppe), 
der Stubalpe (Umbiegungsregion) und des nach Nordosten weiter 
streichenden Kammes (der Gleinalpe, der Hochalpe und des Rennfeld- 
stockes) bilden. 

Daran legt sich im Norden ein Mantel jüngerer, grober, flasriger 
und porphyrischer Gneisse, die in den Rottenmanner Alpen sehr 
stark entwickelt sind, am Nordabfall von Glein- und Hochalpe nur 
mehr in einer schmalen Zone auftreten. Ihre volle Entwicklung tritt 
erst weiter nördlich; im Mürzthaler Gneissgebirge zutage, zwischen 
Mürz- und Stübmingthal, wo die Gesteine, eben jene groben Gneisse, 


t) Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R-A. 1890, pag. 14. 


”), Ueber den geologischen Bau der Centralalpen zwischen Enns und Mur. 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 71. 

Ueber die geologischen Verhältnisse des Flussgebietes der unteren Mürz. 
Verhandl. d. k. k geol. R.-A. 1886, pag. 455. . 

Die geologischen Verhältnisse des Semmering. Verhandl. d. k. k. geol. 
R.-A. 1888, pag. 60. 

Ueber die geologischen Verhältnisse des Wechselgebietes. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1889, pag. 151. 

Ueber die krystallinische Umrandung des Grazer Beckens. Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 9. 

Ueber die geologischen Verhältnisse des Rosaliengebirges. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1891, pag. 309. 

Ueber die krystallinischen Inseln am Ostrande der alpinen Centralzone. 
Verhand]. d k. k. geol R.-A. 1892, pag. 367. 

Einige Bemerkungen über das Magnesitvorkommen am Sattlerkogel in der 
Veitsch und die Auffindung einer Carbonfauna daselbst. Verhandl. d. k. k. geol. 
R.-A. 1893, pag. 401. 


°) Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 73. 


176 Karl Oestreich. [12] 


das normale nordwestliche Einfallen verrathen. Und einen abge- 
sprengten Rest dieses tektonischen Gliedes müssen wir wohl in der 
Pretulalpe sehen, die südöstlich der Mürz in der Nachbarschaft des 
Wechselstockes liegt. Sie ist aus den gleichen Gesteinen zusammen- 
gesetzt und zeigt das gleiche nordwestliche Einfallen )). 

Auf der Südseite scheinen die Gesteine der zweiten Gneissstufe 
verschwunden zu sein, wenn nicht die Gneisse des Grössenbergs 
schon zu dieser zu stellen sind, wie Geyer?) annehmen möchte, 

Nach der älteren Anschauung?) fand hier, an der südlichen 
Biegung des nordsteirischen Gneissbogens, eine tektonische, nicht nur 
eine orographische Gabelung statt. Man nahm an, dass der Nordwest- 
Südost streichende Bösenstein-Grössenbergzug in gleicher Richtung 
weiterstreiche und die Koralpe zusammensetze, und dass am Speik- 
kogl (der Stubalpe) ein neuer, südwest-nordöstlich ziehender Gneisszug 
einsetze. Aber der Speikkogl ist nur in orographischer Hinsicht ein 
Knotenpunkt. Denn nach Vacek’st) Untersuchungen besteht die 
Koralpe gar nicht aus Gneiss, sondern aus den Gesteinen der nächst 
Jüngeren Granatenglimmerschiefergruppe. 

Weiter nach Osten zu, also in dem südwest - nordöstlich 
streichenden Bogenstück der steirischen Masse, taucht das tiefste 
Glied, der Hornblendegneiss, unter. Erst im Rosaliengebirge ragt er 
wieder in einigen Kuppen über die groben Gneisse hervor, die nun 
nach langer Unterbrechung in etwas veränderter Streichrichtung an 
die Axe des Gebirges von Süden herantreten, östlich der Feistritz 
den Rabenwald, Presenberg, Masenberg und die Mulde des Wechsel- 
stockes zusammensetzen. Die Tiefenlinie dieser Mulde hebt sich nach 
Nord-Nordost zu: daher das vorerwähnte Wiederauftauchen der 
tiefsten Bildungen im Rosaliengebirge. 

Dagegen fehlt hier, wie überhaupt auf der ganzen Südseite des 
Gneissbogens, der körnige, sogenannte „Blasseneck“ )-Gneiss, der 
auf der Nordseite in bedeutender Mächtigkeit normal auf die groben 
Gneisse des Mürzthales folgt. Er lässt sich aus der Eisenerzer Gegend, 
also von dem Gmneissbezirk der Bösensteingruppe durch jüngere 
Bildungen getrennt, zunächst in breiter Entwicklung durch das obere 
Tragössthal, längs der Nordhänge des Stübmingthals, durch die 
oberen Veitschthäler, dann in einem schmalen Zug in die Prein 
verfolgen, und tritt in drei Kuppen, dem Kreuzberg, dem Kober- 
mannsberg und dem Gotschakogl, noch in der Semmeringgegend 
zutage. 

So stellt die grosse nordsteierische Gneissmasse nur noch einen 
Torso dar, vielfach umlagert von Trümmern und Fragmenten und 
erfüllt von den Gesteinen der Quarzphyllitgruppe. Denn der Granaten- 
glimmerschiefer, der im oberen Murbecken die Ausfüllung zwischen 
den Gneissmassiven darstellt, fehlt innerhalb des nordsteirischen 


1) Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1888, pag. 61. 

?) Geyer, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 200. 

®) Stur, Geologie der Steiermark, pag. 13. 

*#) Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag, 13. 

5) Foullon, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 88 und 111. 
Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1891, pag. 311. 


[13] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 177 


Gneissbogens gänzlich. Die Thatsache jedoch, dass er auf der Aussen- 
seite desselben vorhanden ist, führt uns zur Annahme, dass zur 
Zeit seiner Bildung die Gneissmassen noch nicht die tiefgehende 
Zerstörung erlitten hatten, welche die erneute Transgression und 
Ablagerung ermöglichten. Dieser Zeitpunkt trat erst zur Zeit der 
Bildung der Gesteine der Quarzphyllitgruppe ein, immer voraus- 
gesetzt, dass Vacek’s Aufstellung von grossen transgredirenden 
Formationen in diesen ältesten Schichtbildungen Geltung hat. 

Die Quarzphyllitserie beginnt im Innern des nordwestlichen und 
südlichen Bogenstückes mit einem Conglomerat !), über dem sich 
zunächst Gesteine von gneissartigem Habitus aufbauen, sodann die 
ganze Masse der Phyllite, deren Streichen in dieser Gegend voll- 
ständig dem der Gneisse entspricht 2). 

Berücksichtigt man ferner Vacek’s Angabe, dass die Quarz- 
phyllite vom Wecliselstock allseitig abfallen, so könnte man die 
Vermuthung aussprechen, dass die Schichtstörung der Phyllitgruppe 
nur eine Begleiterscheinung der Faltung des Gneissgebirges war, und 
dass diese (Ur-) Faltung also in verhältnismässig später Zeit, erst 
nach der grossen Abtragung und erneuten Transgression, stattfand. 

Ob die Aufsteilung dieses Begriffes einer Quarzphyllitgruppe 
eine endgiltige sein wird, ist heute schwer zu entscheiden ; schon 
jetzt sind Bildungen dreier, durch Fossilfunde charakterisirter Forma- 
tionen im Verbreitungsgebiet derselben nachgewiesen. 

Im nordwestlichsten Winkel, anschliessend an den inneren 
Rand der Gneisszone, erheben sich die Kalkmassen der Eisenerzer 
Alpen. Sie liegen nach der geltenden Anschauung als transgredirende 
Schichtreihe auf dem Blasseneck-Gneiss oder den Gesteinen der 
Quarzphyllitgruppe auf, am Abfall des Reiting gegen das Trofajacher 
Becken in einer Mächtigkeit von mehr als 1000 m. Da uns aber keine 
Detailarbeiten über diese Gebilde zur Verfügung stehen, lässt sich 
zur Zeit nicht entscheiden, ob weiter gegen Osten hin eine gewaltige 
Abtragung ungeheure Mengen von Sediment, eine allgemein verbreitete, 
mächtige Kalkplatte, weggeschafft hat, oder ob die heute erhaltenen 
Kalkstöcke nur Linsen in den Quarzphylliten darstellen, gleichzeitige 
Bildungen, und in einem andersartigen Medium entstanden. 

Im Liegenden der Eisenerzer?) Kalke, in den pyritführenden 
Thonschiefern, sind Orthoceren gefunden worden. Und zwar ähnelt 
dieses Vorkommen in dGesteinscharakter sowie Erhaltungsart der 
Fossilien dem der zuerst entdeckten nordalpinen Silurfauna, der 
Fauna von Dienten ) (nördlich von Lend im Unterpinzgau), derartig, 
dass man auch die Eisenerzer Thonschiefer ins Obersilur stellte 


!) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 16. Berichtigung der daselbst 
1886, pag. 73 f. ausgeführten Ansichten von der Zusammensetzung des (Gneiss- 
profils, nach denen das Conglomerat und die hangenden Schiefergneisse noch zur 
Gneissserie gehören. 

?, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 76. 

3) Stache, Ueber die Fossilfunde von Eisenerz, Verhandl. d. k. k. geol. 
R.-A. 1879, pag. 216. 

*) Haidinger Berichte 1846, I., pag. 187; Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, 
pag. 371. — Stur, Geologie der Steiermark, pag. 92. — Stache, |. c. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 23 


178 Karl Oestreich. [14] 


(Etage E, Barrande). Die tieferen Lagen der Kalke, die gelb- und 
rothgefleckten Sauberger Kalke, enthalten Reste von Bronteus und 
anderen unterdevonischen Formen (Fund vielleicht @ Barrande). 
Nach oben gehen diese Kalke in gleichmässig grau gefärbte über, 
und das Hangendste bildet das berühmte Eisenerzer Spatheisenstein- 
lager. Nach Stur!) ist auch in einem aus dem Spatheisenstein 
stammenden Handstück Spirifer cf. heteroclytus v. Buch gefunden, so 
dass das Erzlager gleichfalls ins Devon zu stellen wäre. Doch glaubt 
Vacek, der diesen Fund nicht mehr erwähnt, dass die Eisenstein- 
formation eine spätere, vielleicht permische ?) Transgression auf den 
in längerer Festlandsperiode mannigfach ausgestalteten und abge- 
tragenen silurisch-devonischen Untergrund darstellte. 

Beide Gebilde, Kalk und Eisenstein, treten im Innern des 
Gneissbogens allenthalben auf, in grösseren und kleineren Zügen und 
Lappen, aber eine stratigraphische Fixirung ist bei dem Mangel an 
bezeichnenden Fossilien zur Zeit unmöglich. 

Dagegen ziehen zwei durch Pflanzen charakterisirte Züge von 
carbonischem Schiefer und Kalk, dem Gesammtstreichen entsprechend, 
einerseits aus dem Ennsthal bis in die Gegend des Murdurchbruchs 
bei Bruck, und anderentheils aus der Gegend nordwestlich davon bis 
über den Semmering. In den Schiefern des nördlichen Zuges wurden 
durch Toula?) bei Klamm am Semmering, in denen des südlichen 
im Pressnitzthal bei St. Michael an der Mur durch Jenull®) Pflanzen 
der Schatzlarer Schichten, also des Obercarbon, gefunden. Und dieser 
stratigraphischen Fixirung widerspricht auch die von Koch?) als 
Untercarbon gedeutete Fauna von Veitsch nicht, da auf dieses Alter 
mehr aus der Aehnlichkeit mit bestimmten untercarbonischen Marin- 
faunen, als aus einem ausschliesslich untercarbonischen Charakter der 
Fossilien geschlossen wurde ®). 

Einige für das Gesammtbild unwesentliche Züge mögen hier 
übergangen werden; dagegen soll späterhin eine kurze Discussion 
der entgegengesetzten Anschauungen über die geologischen Verhält- 
nisse des Semmering folgen, da er als Träger einer Thalwasserscheide 
von besonderem Interesse für unsere Darstellung sein muss. 

Im Norden des vom nordsteirischen Gneissbogen umgrenzten 
Gebietes findet die Auflagerung des triadischen Gebirges, der nörd- 
lichen Kalkalpen, statt. Es sind das die schollenförmigen, durch 


') Stur, Geologie der Steiermark, pag. 94. — Stache, |. ec. 

?) Verhandl. d. k. k geol. R.-A. 1886, pag. 82. 

®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1871, pag. 241. 

Toula, Geologische Untersuchungen in der „Grauwackenzone“ der nord- 
östlichen Alpen. Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissenschaften 1885, 
Bd. L, pag. 133. 

*) Stur, Funde von untercarbonischen Pflanzen der Schatzlarer Schichten 
am Nordrand der Centralkette in den nordöstlichen Alpen. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1883, pag. 189. 

°) M. Koch, Mittheilung über einen Fundpunkt von Untercarbon in der 
Grauwackenzone der Nordalpen. Zeitschrift d. Deutsch. geol. Ges. 1893, XLV., 
pag. 294. 

°) Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1893, pag. 402 f. 


u Jans 


[15] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 179 


Brüche deformirten Kalkhochplateaus des Hochschwab, der Hoch- 
veitsch, der Schneealpe, der Raxalpe und des Schneeberg. 

Sie lagern im Westen auf den palaeozoischen Kalkmassen, weiter 
im Osten meist auf dem sogenannten Blasseneck-Gneiss. Und als 
Beispiel für die Art ihrer Auflagerung möge hier ein Profil vom 
Reichenstein der Eisenerzer Alpen zur Griesmauer der Hochschwab- 
gruppe, von Südsüdwest nach Nordnordost gesehen, folgen. 


Fig. 2 
IS. 9, LA 
Solster (Hirscheck.) 
7 Rössel 7941 u 
78 


ARRRNnE 


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U Um N R Dr . 


1. Palaeozoischer Kalk. 

2. Grundconglomerat des Mesozoicums. 
3. Sandstein. 

4. Werfener Schiefer. 

5. Unterer Triaskalk. 


Halten wir uns das soeben dargestellte geologische Bild vor 
Augen, so werden wir gemäss der Thatsache, dass sich zwischen die 
Hauptmasse der Gneisse und das Kalkhochgebirge die Zone der 
Quarzphyllite einschiebt, innerhalb dieser weicheren Schichten die 
Entwicklung eines grossen Längsthales erwarten. In der That ist 
dieses bogenförmig gerichtete Längsthal vorhanden. In seiner nord- 
west-südöstlich verlaufenden Theilstrecke trennt eine niedere Thal- 
wasserscheide, der in nur 849m Meereshöhe gelegene Schoberpass, 
die durch die Palten zur Enns abfliessenden von den durch die Liesing 
nach Südosten strömenden Gewässern. Der Umbiegung der Gneiss- 
massen entsprechend, schwenkt auch das Längsthal in die Südwest- 
Nordost-Richtung um, die es bis zu seinem Ende beibehält. Die von 
Norden her einmündenden Nebenflüsse erniedrigten im Laufe der 
Erdperioden das von ihnen durchströmte Gebiet, und es entstand ein 
förmliches Becken, das man nach dem Flusslauf, der relativ am 
längsten die erwähnte Längsthalfurche benutzt, das „Mürzbecken“ 
nennen kann. 

In dieses östliche Becken tritt die Mur ein. Aber nur eine 
sehr energische Gebirgsbewegung, nur eine solche, die gänzlich neue 

23* 


180 Karl Oestreich. [1 6] 


Reliefverhältnisse schaffen musste, konnte die Mur veranlassen, ihre 
natürliche Abflusslinie, die Gesteinsgrenze zwischen Glimmerschiefer 
(Seethaler Alpen) und Gneiss (Grössenberg) zu verlassen, um in 
gänzlich neuer Richtung, in südwest-nordöstlicher, statt wie bisher in 
west-Ööstlicher, sich ein Bett quer durch den breiten nordsteierischen 
Gneissbogen zu suchen. 

In unserem Falle liegt die Ursache klar vor Augen. Bedeutende 
Einbrüche innerhalb der Gneisszone lenkten die Mur ab, und diese 
floss nun, anstatt wie früher über den Obdacher Sattel in die Meeres- 
bucht des mittleren Lavantthales, nunmehr durch das Judenburger 
und das Sekkauer Becken in das Längsthal am Innenrand des nord- 
steierischen Gneissbogens ein. 

Der Nachweis, dass die erwähnten Becken in der That Ein- 
brüche darstellen, ist ohne eine specielle Untersuchung des Grund- 
gebirges naturgemäss nicht zu erbringen. 

Doch ist die Umgrenzungslinie der Beckenlandschaft, die man 
nach dem centralgelegenen Knittelfeld das Knittelfelder Becken 
nennen mag, eine durchaus vom allgemeinen Gebirgsbau unabhängige, 
und beide Einzelbecken, das Judenburger wie das von Sekkau, zeigen 
sanz eigenthümliche, geradlinige Conturen, wie sie gewöhnlich durch 
Brüche entstehen. Von gewisser Bedeutung für diese Betrachtung ist 
das Vorkommen von Säuerlingen, wie des von Sauerbrunn bei St. Marein 
am Ostrand des Sekkauer Beckens, und von Sauerbrunn unter dem 
Pölshals, oberhalb Judenburg. 

Auch die grosse Serpentinmasse von Kraubath !') deutet auf 
vulkanische Thätigkeit, also auf die Existenz einer Bruchspalte. 

Auf die Störungen, welche die jüngeren Bildungen innerhalb 
der Beckenlandschaft erlitten, werden wir später einzugehen haben; 
vielleicht können sie uns genauere Anhaltspunkte für die Geschichte 
der Durchbruchsstrecke, für etwaige Nachsenkungen innerhalb des 
Beckens geben. 

Das Judenburger Becken hat zwei Hauptflüsse, die Mur und die 
Pöls, die von dem 1265 m hohen Hohentauernpass herabkommt. An 
einer merkwürdigen Stelle, wenige Kilometer oberhalb ihres Eintritts 
in das Becken, nähert sich die Pöls der Mur auf einen Kilometer. 
Es ist der sogenannte „Pölshals“, ein Sattel in einer Meereshöhe 
von 811 m, 100 m über dem Bett der Mur, aber nur 13 m über dem 
Spiegel der Pöls. Die Mur hat hier also viel tiefer. erodirt, viel- 
leicht unter dem Einfluss der Vergletscherung, vielleicht auch, weil 
die Region ihrer Einmündung in das Judenburger Becken eine tiefere 
Senkung erfuhr. Zudem deutet der erwähnte Sauerbrunn unter dem 
Pölshals auf tektonische Störungen. Auch innerhalb des Beckens hat 
die Mur durch schnellere und tiefere Erosion auf eine längere Strecke 
hin die Pöls abgedrängt und sie gezwungen, bis etwa in die Mitte 
des Beckens ihr parallel zu fliessen. 

Seiner Form nach stellt das Judenburger Becken ein recht- 
winkeliges Dreieck dar, dessen Basis, die Nordseite, eine Länge von 
über 15 Kilometer, dessen Höhe, also Nord-Süd-Ausdehnung in ihrer 


') Vacek, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 83. 


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E2et 


[17] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 181 


grössten Breite, über 10 Kilometer beträgt. Als Granitzenbach fliesst 
das von uns angenommene alte Lauistück der Mur vom Öbdacher 
Sattel herunter von Süden her in das Becken ein, und von Norden 
empfängt die Mur das weitverzweigte System des Ingeringbaches. 

Aus dem Judenburger Becken tritt sie sodann in das Sekkauer 
Becken, das gleichfalls dreieckige Gestalt zeigt; doch wird hier die 
Basis von der zugleich vom Flusse selbst benützten südöstlichen 
Seite gebildet. Die Erklärung der merkwürdigen Abflussverhältnisse 
dieses Beckens hat uns später zu beschäftigen. Für jetzt mögen 
einige kurze Hinweise genügen, vor allem, dass es in ein inneres, 
westliches Becken, das obere Ingeringgebiet, und in ein äusseres, 
das eigentliche, direct zur Mur entwässerte Sekkauer Becken, zerfällt. 
Dieses ist wiederum anfänglich durch eine Reihe von niederen Gneiss- 
hügeln vom heutigen Murthal abgeschlossen. Weiterhin hat sich die 
Mur durch den Serpentinzug von Kraubath ein echtes, enges Durch- 
bruchthal, ein Thal im Thale, ausgenagt, während das eigentliche 
Becken in einer schmalen, thalartigen Erniedrigung zwischen dem 
Serpentinzug im Südosten und dem Gehänge des Gneissgebirges im 
Nordwesten seine Fortsetzung findet. 

Auf dem hiemit skizzirten Weg durchbricht die Mur das nord- 
steierische Gneissgebirge und tritt in das grosse Längsthal des Mürz- 
beckens als dessen Hauptfluss ein. 

Es ist eigenthümlich, dass sie in der Durchbruchsregion bereits 
die Richtung ihres späteren, tektonisch bedingten Längsthallaufes 
zeigt, noch eigenthümlicher jedoch, dass sie nach der kurzen Strecke 
von 20. km wiederum das Längsthal verlässt, um die Gneisszone von 
neuem zu durchbrechen und nach Südost durch das Devongebirge 
die pannonische Tiefebene zu erreichen. 

An dieser Stelle, dem sogenannten „Murknie* bei Bruck an der 
Mur, haben wir in etwa 480 m !) die tiefste Stelle unseres Längsthal- 
zuges. Von da an hebt sich der Boden des nun von der Mürz be- 
nutzten Längsthales und hat bei Mürzzuschlag, wo die den nördlichen 
Kalkalpen entströmende Mürz in das Längsthal einmündet, bereits 
eine Höhe von 672m. Dieses zieht nun als Fröschnitzthal, darauf 
als unteres Dürrgrabenthal hinauf zu der Semmeringscharte in 980 m, 
und findet in einiger Entfernung jenseits eine geradlinige Fort- 
setzung im Auethal. Und das Auethal vereinigt eich bei Gloggnitz mit 
der parallel der Mürz aus dem Triasgebirge kommenden Schwarza 
und fliesst unter dem Namen der letzteren, immer in der Südwest- 
Nordostrichtung, in das Wiener Becken hinaus, als einer der Quellllüsse 
der Leitha. 

Nach dieser Richtung hin findet, entsprechend der Nachbarschaft 
der vom Einbruch des Wiener Beckens betroffenen Landschaft, die 
Erniedrigung bedeutend schneller statt. Keine 10 Kilometer Luft- 
linie von der Passhöhe entfernt, bei Gloggnitz, ist die Thalsohle be- 
reits in nur noch 400 m Meereshöhe gelegen. 

Sieht man vom Durchbruch der Mur in das Tiefland ab, so ist 
die Stromgebietsentwicklung auf der Südseite längs der ganzen Strecke 


!) Position von Bruck a. d. Mur 487 m. 


182 Karl Oestreich. [18] 


vom Beginn des ersten Durchbruchs bis zum Semmering auf eine 
schmale Zone von wenigen Kilometern beschränkt; die Wasserscheide 
ist vom Thal aus stets sichtbar. Und ein Nebenthal ist nur an einer 
Stelle vorhanden, in der Breitenau, an der Grenze zwischen dem 
Gneiss des Rennfeldes und dem devonischen Kalkgebirge des Hoch- 
lantsch. Der Breitenauer Bach fliesst der Mürz parallel und ergiesst 
sich in die Mur kurz nach ihrer Einlenkung in die nordwest-südöst- 
liche Richtung. 


Umso complicirter erweist sich das ausgedehnte nördliche Strom-- 


gebiet der Mur-Mürzfurche. Sie empfängt aus den palaeozoischen und 
triadischen Kalkalpen sieben grössere Zuflüsse, und unter diesen 
findet ein auffälliger Wechsel von Flüssen ohne seitliche Stroment- 
wicklung und Flüssen mit solcher statt. Es entsprechen dem ersteren 
Typus: Liesing, Lamming- (Tragöss-) Bach, Veitsch ; dem letzteren: 
Vordernberger Bach, Stübming-Thörlgraben, Mürz. 

Das ÖOstgehänge des Liesingthales ist nicht geschlossen. Es 
öffnet sich südlich der grossen palaeozoischen Kalkmasse des Reiting 
gegen Osten, gegen das Becken von Trofajach, das von dem Vordern- 
berger Bach entwässert wird. Da das Trofajacher Becken von dem 
Murthal durch eine aus Kalk und Phyllit bestehende Barre getrennt ist, 
kann man hier von einem Doppelthal sprechen; und dieses nördliche 
Nebenthal scheint gegen das östlich folgende Lammingbachthal durch 
einen eigenthümlichen Thalzug fortgesetzt zu werden. Vom Trofajacher 
Becken, also von einer Meereshöhe von rund 600 m, zieht dieser 
durch das Lain-Trasthal auf einen Sattel von 1194 m Meereshöhe, 
durch das obere Kletschachthal zu einem Sattel in 1022m, dann 
durch das Unterthal auf einen, der 1000 m nicht erreicht, und direct 
im Gehänge ober dem Lammingbachthale gelegen ist. Ganz besonders 
auffällig ist die scharfe rechtwinkelige Umbiegung, mit der Kletschach- 
bach und Unterthalbach die Längsfurche verlassen, um in kurzen 
Querthalstrecken der Mur zuzueilen. Oestlich vom Lammingbachthal, 
das nur ein ganz schmales Stromgebiet besitzt, haben wir die lange 
Längsfurche des Stübmingthales, ein typisches Nebenthal, 100—200 m 
über dem Mürzthal gelegen. Es wird von sechs Absflüssen des Hoch- 
schwab gespeist und ergiesst sich durch den schluchtartigen Thörl- 
graben in die Mürz. Es erscheint in keiner Weise geologisch bedingt 
und ist in den Gneiss eingebettet, den sein Ausfluss durchbricht. 

Minder deutlich ist das Doppelthal im oberen Lauf der Veitsch- 
thäler erhalten, während die Mürz mit der kurzen Strecke ihres 
westöstlichen Laufes und ihrem östlichen Zufluss, dem Raxenthal, 
diesen Typus sehr gut darstellt. Das Raxenthal ist wiederum durch 
zwei niedrige Joche nach dem Preinthal, einem Seitenthal der 
Schwarza, fortgesetzt. 

Fassen wir alles zusammen, so ergeben sich als Besonderheiten 
für das Flusssystem des Mürzbeckens: Der Einbruch der Mur von 
Südwesten her, der Durchbruch der Hauptentwässerungsader nach 
Südosten zu durch das Gneissgebirge, die Thalwasserscheiden im 
Nordwesten und Nordosten des grossen Längsthals und das auf weite 
Strecken hin entwickelte Doppelthal. Auffällig ist ferner, dass der 
in der Gegend des Murkniees mündende Lammingbach die Richtung 


> ae 


[19] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 183 


senkrecht auf das Längsthal zeigt, dieselbe Richtung, die in seiner 
geradlinigen Fortsetzung die Mur nach ihrem Austritt aus dem 
Längsthal befolgt. 

Es erübrigt noch, andeutungsweise über die Region der grossen 
Wasserscheide des Semmering, der höchsten Stelle unseres Längs- 
thalzuges seit dem Lungau, die entgegenstehenden Anschauungen ?) 
zu beleuchten. 

Im grossen und ganzen ist das die Gegend der Auflagerung 
der Trias auf dem Grundgebirge. Aber ausser diesen durch Petre- 
factenfunde in der Hauptsache als Dachsteinkalk charakterisirten 
Kalkmassen kommen hier mächtige Massen von fossilleerem oder 
nur Crinoidenstielglieder führendem Kalk und Dolomit vor, als auf 
dem Grundgebirge transgredirender Gebilde. Man bezeichnete sie 
als Kalke der Grauwackenzone, bis Toula’s Funde eine Räthfauna 2) 
in diesen Kalken nachwiesen. Toula zeichnete daher den ganzen 
Kalkcomplex auf seinem Uebersichtskärtchen als zur Trias gehörig 
ein, während Vacek den Zusammenhang mit den weiter im Westen 
folgenden, vom Carbon ?) überlagerten Kalkmassen betonte und nur 
die sicher triadischen Kalke und gypsführenden Schiefer als trans- 
gredirende Triasfetzen betrachtet, als triadische Ausfüllung einer 
alten Erosionsmulde. Vacek’s Anschauung wird vielfach bekämpft, 
doch geht sie von der richtigen Grundansicht aus, dass längere 
Festlandsperioden unter normalen Verhältnissen die Bildung von 
Thälern und Erosionsbecken bewirken müssen. Daher muss die Ab- 
lagerung einer neuerlichen Meeresbedeckung in diese Hohlformen 
zuerst buchtförmig eingreifen und in ihnen auch in späteren Erosions- 
perioden am ehesten vor der Denudation bewahrt bleiben. Besteht 
nun eine Discordanz zwischen den grossen Semmeringkalkmassen 
und den sicher triadischen Kalken ? 

Man kann die Frage mit Ja beantworten, wie mir scheint. 

Die triadischen Kalke fallen auf der Semmeringhöhe gegen 
Nordwest, auch weiter im Osten, zwischen Schottwien und Mariaschutz, 
sind sie ungefähr gegen Nord geneigt. Auch die Kalkschiefer am 
Myrthenbrückl, die Vacek allerdings zu den palaeozoischen Kalken 
stellt, fallen Nord-Nordwest. Dagegen die Kalke des Sonnwendstein 
über ihnen fallen nach Süd, und auch für die Kalke über den 
rhätischen Kalkschiefern der Passhöhe, die Kalke des Pinkenkogels, 
finde ich in meinen Notizen eine Südwest-Richtung verzeichnet. 
Nördlich, in den Adlitzgräben und bei Klamm, verzeichnet Toula 
dagegen ein nördliches Einfallen. 

Um diese Daten zu vereinigen, möge es gestattet sein, eine 
Antiklinale der grossen Kalkmassen des Semmering anzunehmen, 
deren Axe zwischen dem Hauptthal und den Adlitzgräben verlaufen 


!) Toula, Geologische Untersuchungen in der „Grauwackenzone“ der nord- 
östlichen Alpen. Denkschriften der kaiserl. Akademie der Wissenschaften Wien 
1885, Bd. L, pag. 121. 

Vacek, Ueber die geologischen Verhältnisse des Semmeringgebietes. Ver- 
handl. d. k. k. geol. R.-A. 1888, pag. 60. 

?) Toula, ]l. c. pag. 138. 

®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 460. 


184 Karl Oestreich. [20] 


würde, so dass die Kalke des Pinkenkogels (nördlich vom Hauptthal) 
in ihrer tektonischen Stellung denen des Sonnwendstein gleich- 
kommen. Und unregelmässig in den Sattel und den Südflügel der 
Antiklinale eingesenkt, würde eine Erosionsmulde erscheinen, in der 
die Trias zur Ablagerung kam. 

Durch eine weitere Aehnlichkeit von Gesteinen verschiedener 
Altersstufen wird eine zweite Complication geschaffen. Quarzite und 
quarzitische Schiefer finden wir in Verbindung mit den rhätischen 
Kalken, und Quarzite sind ein weitverbreitetes Schichtglied im 
ganzen östlichen Bezirk der Phyllite und Kalke. 

Die ältere Aufnahme, die von Toula, scheidet daher die 
Quarzite einheitlich aus. Vacek schied von der Quarzitstufe, die 
sich ihm als ein palaeontologisch noch nieht fixirter Horizont im 
Tiegenden der palaeozoischen Kalke darstellt, die triadischen Quarzit- 
schiefer aus und unterschied daher in den triadischen Bildungen von 
unten nach oben drei Glieder: 

1. Feingefältelte, serieitische Thonschiefer (grau, lichtgrün, 
blassviolett), 

2. eine nur wenige Meter mächtige Kalkabtheilung, 

3. obere, gypsführende, im übrigen den unteren ähnliche 
Schiefer. 

Erhalten sind diese Schichten, ausser in mehreren kleinen 
Vorkommnissen, in zwei bedeutenderen, auf der Semmeringhöhe 
selbst und in der Mulde von Mariaschutz. 

Auch die Vacek’sche Auffassung erklärt vielleicht noch nicht 
alles, doch trägt sie ganz wesentlich zur Vereinfachung und Klärung 
bei, so dass wir bis zu besserer Kenntnis ihr folgen müssen. 

Ausserdem tritt in die Semmeringgegend auch noch der nördliche 
der beiden Carbonzüge ein. Toula’s schon erwähnter Fund ober- 
carbonischer Pflanzen !) in den Schiefern bei Klamm war eine der 
frühesten Entdeckungen von Fossilien in den „azoischen“ Schiefern 
der Alpen. 

Der Semmering ist in seiner heutigen Gestalt keine normale 
Thalwasserscheide mehr, obwohl die Verhältnisse auf der westlichen 
Seite denen einer solchen völlig entsprechen. Eine schwache Wasser- 
rinne, die wohl durch den Tunnelbau ihres Wassers zum grössten 
Theil beraubt wurde, zieht mit schwachem Gefälle abwärts von der 
Höhe, bis sie in dem aus dem linken Thalgehänge kommenden Dürr- 
graben einen stärkeren Wasserzufluss erhält, ganz wie bei anderen 
Thalwasserscheiden. 

Im Osten ist dagegen unter dem Einfluss der der Zerstörung 
leicht zugänglichen, weil nach Südost geneigten Quarzite ein ziem- 
lich unvermittelter Abfall entstanden, ohne ausgesprochenen Abfluss, 
und der in der Tiefe fliessende Myrthenbach zieht senkrecht zur 
Wasserscheide. Er kommt aus den Bergen der Sonnwendsteingruppe, 
durchquert die Triasmulde, um, immer nördlich fliessend, den 
Adlitzgraben, den Fluss des nördlichen Flügels der Kalkantiklinale 
zu erreichen, der ihn durch schnellere Vertiefung seines Bettes an- 


') Toula, l. c. pag. 133. 


et u A a Ye au Zn ld nn nn an u a ZU ZB U ae ie 


[21] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 185 


ziehen mochte; denn die Wasserscheide zwischen dem Myrthengraben 
und der Mulde von Mariaschutz ist sehr niedrig. 

Diese Mulde selbst ist von breiter, bogenförmiger Gestalt und 
entspricht in ihrer Ausdehnung den weichen rhätischen Ablagerungen, 
die hier ausgeräumt wurden. Es fand hier eine Erniedrigung von 
900 auf 600 m statt, und in einem schmalen Durchbruehsthal durch 
die umschliessenden palaeozoischen Kalke erreicht der die Mulde 
entwässernde Göstritzbach die Tiefenlinie des Adlitzgrabens, mit 
dem er den Auebach bildet. Kurz vor seiner Einmündung in die 
Schwarza stellt dieser auch wieder die alte Längsthalrichtung dar, 
die durch die schnellere Denudation des östlichen Flügels der 
Wasserscheide verwischt war. 

Wir sahen, dass das Preinthal als nördliches Nebenthal die 
Nebenthalstrecke des Mürzthales und das Raxenthal fortsetzt. Die 
Fortsetzung des Preinthales bildet das Schwarzathal in der diagonalen 
Verbindungsstrecke Hirschwang— Gloggnitz. 

Prein und Schwarza verdanken ihre Existenz der Lage auf der 
Grenze von Kalkalpen und Schieferalpen, und zwar ist das Thal, 
wie überall längs der ganzen Grenze vom Bodensee an, in die 
Schiefer erodirt. 

Nun tritt der Fluss in das Wiener Becken hinaus, die Berge 
erniedrigen sich schnell und treten weit auseinander. Ein ungeheuerer 
Schuttkegel, das „Steinfeld“, erfüllt den ganzen Raum zwischen 
Rosaliengebirge und den Kalkalpen. 

Wir sind am Ende des grossen Längsthales. 

Fragen wir nun, wie sich auf Grund der tertiären Ablagerungen 
die Entwicklungsgeschichte der Flussläufe zunächst in jener Ver- 
bindungsregion zwischen oberem Murbecken und Mürzbecken 
darstellt, in dem Judenburger Becken und der ihm entströmenden 
breiten Thalstrecke, so finden wir in der That reichliches Material 
zur Beantwortung dieser Frage. ; 

Am reichhaltigsten und am besten bekannt sind die tertiären 
Bildungen am Nordrand des Judenburger Beckens. Hier bestehen 
sie in einem schmalen Streifen längs des Grundgebirges aus einer 
förmlichen Serie: 

Mergelschiefer, 

Blauer Lehm, 

Sand (blaugrau und gelb). 
Schotter (regional beschränkt). 


Das Grundconglomerat, das Stur als den untersten fest- 
stehenden Horizont angibt, ist in seinem Auftreten, sowie in seinem 
Charakter sehr wechselnd, bald als Conglomerat, bald als Sandstein 
oder sandiger Schiefer entwickelt. Am besten ist das Profil an dem 
steil eingerissenen rechten Ufer des Ingeringbaches wahrzunehmen. 
Das Fallen von Mergelschiefer und blauem Lehm ist flach südlich. 
Die Sande sind ungeschichtet. Was Stur unter „wellenförmiger 
Biegung* ihrer Schichten versteht, ist unklar. Vielleicht denkt er an 
die discordante Auflagerung der Schotter, an die Ablagerung der- 
selben in Erosionsrinnen innerhalb der Sande. Stur’s Einbeziehung 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 24 


186 Karl Oestreich. [22] 


der Schotter in die tertiären Bildungen ist für viele Punkte bezweifelt 
worden. Hier scheint diese Einbeziehung thatsächlich zu Recht zu 
bestehen. Fossilien gibt es keine; umsomehr ist darauf Gewicht zu 
legen, dass die Schotter mit den Sanden in engem stratigraphischen 
Connex stehen, und dass die Basis, der sie einst zugeströmt wurden, 
nicht die grosse diluviale Murterrasse ist, sondern ein höheres Niveau 
einnahm. Somit bilden die Schotter die, oder wie wir später sehen 
werden, eine tertiäre Terrasse des Ingeringbaches }). 

Die ganze Ablagerung fällt gegen Süd, manchmal Südost, und 
verflacht sich nach Osten zu, so dass nur im Osten die Letten und 
Sande erhalten blieben, die Mergelschiefer regelmässig überlagernd. 

Der weiten Verbreitung der Mergelschiefer nach war unser 
Becken in der Tertiärzeit von einem See erfüllt, in dem sich sogar 
eine eigenartige, wenn auch nur von einer Species gebildete Fauna 
entwickelte. In mehreren, bis zu !/;s m mächtigen Bänken tritt in den 
unteren Lagen der Mergelschiefer und zwar im Verlaufe ihrer 
ganzen Längserstreckung, eine Congeria, eine der Congeria triangularis 
Partsch nahestehende Muschel, auf. Dass das Bildungsmedium dieser 
Form eine grössere Ausdehnung besass, beweist das Auftreten von 
blauem, theilweise geschiefertem Thon mit derselhen Congeria bei 
St. Oswald, nordöstlich von Ober-Zeyring, im Pölsthal. Die Thone 
fallen unter 45° nach Nordost oder Ost und sind in sehr unregel- 
mässiger Weise von den blaugrauen Sanden mit Kieseliagen und den 
selben Sanden überlagert. Auch aus dem Sekkauer Becken wird die 
Congeria erwähnt ?). 

Von durchaus anderem Charakter erweisen sich die Tertiär- 
bildungen am südlichen Rand des Beckens. Hier war die Material- 
zufuhr stärker, Mergel und Thone kamen hier nicht zur Ablagerung; 
höchstens in dem schmalen Feeberggraben, südlich von Judenburg. 
Hier wird eine Kohle abgebaut, die in einem Sandstein lagert. 
Darunter soll auch echter Mergelschiefer vom Fohnsdorfer Typus 
vorkommen. Doch ist das zu bezweifeln, ich sah nichts dergleichen. 
Nach dort eingezogenen Erkundigungen bildet das Tertiär eine kleine, 
West-Öst streichende Mulde, zu der vom Gehänge her die Schichten 
steil einfallen. Auch jenseits des Sattels „Auf dem Eck“ hat man 
Kohle erbohrt. 

Die südwestliche Begrenzung des Beckens bildet der Kalkzug 
des Lichtensteinberges. Auch er wird an seinem nordöstlichen Abhange 
von einem schmalen Streifen tertiärer Sande und sandiger Lehme 
begleitet, die bei Mühldorf das Granitzenthal erreichen. Jenseits des 
Granitzenbaches wird der Südrand, von nun an Südostrand, des 
Beckens durch eine Reihe von breiten, flachen Hügeln, eine 200 m 
(relativ) hohe Vorstufe des eigentlichen Gneissgebirges dargestellt. 


* 


!) Allerdings machte mich die Auffindung einer Anhäufung von wirren, 
groben, wenig gerollten Gesteinstücken unter der Cöte 787 bei Rattenberg an dieser 
Auffassung einigermassen irre. Von diesem undeutlichen Rest lässt sich aber 
doch noch nicht mit Sicherheit auf eine frühere Vereisung schliessen. Der Boden 
einer solchen hypothetischen ersten Vereisung würde in der That ein höheres 
Niveau, als das der Murboden — Aichfeldterrasse eingenommen haben. 

?) Stur, Jahrb. d k. k. geol. R.-A. 1864, pag. 240. 


[23] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 187 


Nur an wenigen Stellen ist das anstehende Gestein blossgelegt; vom 
Thale aus in der ganzen Höhe sind diese Hügel aus Sand und grobem 
Schotter zusammengesetzt. Und zwar besteht der westlichste, zwischen 
Granitzenbach und Feistritzbach gelegene, aus einer fast ganz reinen 
Sandablagerung, während die weiter östlich folgenden aus einem 
Wechsel von Sand und grobem Schotter !) (bis zur Blockgrösse) be- 
stehen. Das Einfallen war (besonders im Einriss an der rechten 
Seite der über die Stubalpe ziehenden Strasse) als ein nordöstliches 
festzustellen. Es fand hier also in der Tertiärzeit ein Wechsel von 
Zeiten ruhiger Ablagerung und energischer Strommündungen statt. 
Gegenüber von Knittelfeld, bei Lantschach, kommen am untern Ge- 
hänge auch kohlenführende Letten vor?). Nach Osten zu verschwindet 
allmälig die Schotterbedeckung, und die Hügel der Vorstufe zeigen 
das nackte Gestein. 

Im südlichen Winkel des Judenburger Beckens mündet der vom 
Obdacher Sattel herabströmende Granitzenbach. Die höchste Höhe 
des Sattels, 951 m, und ein Streifen von da südlich bis St. Peter im 
Lavantthal wird von Sand eingenommen, während das Becken von 
Obdach selbst von den bekannten Mergelschiefern erfüllt wird, die 
ich an einer Stelle südwestfallend vorfand. Doch ist eine bestimmte 
Neigungsrichtung bei derartig bildsamen und jedem geringsten Druck 
und Gegendruck nachgebenden Gesteinen schwer anzugeben. 

Welches war nun die Zeit der Ablagerung der Knittelfelder 
Mergelschiefer ? 

Das Leitfossil bildet die wahrhaft gesteinsbildende Congeria cf. 
triangularis Partsch. Ihr zuliebe wurde von Stur der Mergelschiefer, 
sowie überhaupt das ganze Tertiär der Knittelfelder Beckenlandschaft 
und der oberen Mur, in die Zeit der Congerienstufe ?), jener Ueber- 
gangsbildungen ®) zwischen Mioeän und Pliocän, zu denen die marinen 
Aequivalente fehlen, in die Zeit der zweiten Säugethierfauna des 
Wiener Beckens, die durch Mastodon langirostris charakterisirt ist, 
gestellt. Doch kam er später zur Einsicht, dass sich die Flora von 
Fohnsdorf nicht mit der Flora der Congerienstufe vergleichen lasse >). 
Es blieb nun die Congeria. Aber dieser legte er keine Bedeutung mehr 
bei, da in der Wiener marinen Stufe, sowie im Liegenden der marinen 
Stufe, den Sotzkaschichten, Congerien®) gefunden worden seien. Weil 
nun in den mit dem Judenburger Becken in Verbindung stehenden 
Thälern Bildungen vorkommen, die er als terrestrische Aequivalente 
mit der marinen Stufe vereinigen musste, stellte Stur auch die Fohns- 


') Auf der Uebersichtskarte wurde der Einfachheit halber nur der Farben- 
ton für Schotter angelegt. 

2) Von hier stammt wohl der von A. Hofmann gemachte Fund von 
Mastodon angustidens Cuv., den Vacek erwähnt. Verhandl. d. k. k, geol. R.-A. 
1886, pag. 83. 

°) Star, Jahrb. d. k k. geol. R.-A. 1864, pag. 249. 

*) Neumayr, Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, 
math.-naturw. Classe, Bd. 40, pag. 246. 

5) Stur, Beiträge zur Kenntnis der Flora, der Süsswasserquarze, der Con- 
gerien- und Cerithienschichten im Wiener und ungarischen Becken. Jahrb. d.k. k. 
geol. R.-A. 1867, pag. 88. 4 

6) Stur, Geologie der Steiermark, pag. 579. 

24* 


188 Karl Oestreich. [24] 


dorfer Mergelschiefer schliesslich in die Zeit der ersten Wiener 
Säugethierfauna ’), in die Zeit des Mastodon angustidens. In der That 
wurde, wie bereits erwähnt, Mastodon angustidens bei Knittelfeld 
gefunden. Stur, der diesen Fund noch nicht kannte, gab zu, dass 
noch nicht alle Schwierigkeiten gehoben seien, und auch uns scheint 
eine definitive Lösung der Altersfrage der Knittelfelder Tertiär- 
bildungen erst nach erneuter Prüfung der Pflanzenfunde und nach 
genauerem Studium der ganzen als Congeria triangularis bezeichneten 
Formenreihe möglich zu sein. 

Es mag zugegeben werden, dass bereits in der Zeit der ersten 
Säugethierfauna hier Verhältnisse herrschten, die das Vorkommen von 
Mastodonten ermöglichten. Es wäre überhaupt ein Widersinn, das 
Vorhandensein natürlicher Abflussverhältnisse in dieser Gegend für 
die ältere Miocänzeit zu leugnen. Aber ein solches, wahrhaft ge- 
steinbildendes Vorkommen einer Congeria ist aus dieser Zeit, unseres 
Wissens, nicht bekannt und vor der Blütezeit der Gattung auch nicht 
ohneweiters denkbar. Und wenn die Mergelschiefer doch wieder der 
Congerienstufe zugewiesen werden sollten, müssen wir uns daran 
erinnern, dass die Congeria, wie ich beispielsweise an der Kapelle 
westlich von Schönberg sah, bereits in den Grundbildungen, den con- 
glomeratartigen Sandsteinen, auftritt. Wir hätten alsdann eine genaue 
Zeitbestimmung für den Einbruch des Judenburger Beckens, also für 
den Durchbruch der Mur durch den nordsteierischen Gneissbogen, 
was von allergrösster Wichtigkeit für die Kenntnis der Flussgeschichte 
der Ostalpen wäre. 

Unsere Congeria ist nur dem Judenburger Becken und seinen 
Verzweigungen eigenthümlich, sonst nirgends gefunden. Es muss hier 
eine Einwanderung einer Form vom Typus der Congeria triangularis 
stattgefunden haben, die in einem sehr reinen Süsswassersee günstige 
Fortpflanzungsbedingungen fand und eine locale Varietät oder gar 
Art bildete. 

Weiter abwärts tragen, wie bereits erwähnt, die Hügel der 
tertiären Vorstufe keine Ablagerungen mehr. Dafür ist das Sekkauer 
Becken mit seinem Hinterland, dem oberen Ingeringbecken, ganz vom 
Tertiär erfüllt, und zwar haben wir hier, nur schlechter aufge- 
schlossen, dieselbe Reihenfolge der Schichten, also dieselbe Ent- 
wicklung der hydrographischen Verhältnisse, wie im Judenburger 
Becken: 

Mergelschiefer, 
Lehm, 

Sand, 
Schotter. 


Am Kobenzerbach, wo die Kohle erschürft wurde, fand Stur 
auch die Congeria wieder; ich sah nur kleine Gastropoden, die noch 
nicht bestimmt werden konnten. Die Mergelschiefer stehen nur im 
oberen Ingeringbecken an, die Schotter auf der Höhe des vorderen 
Beckens bei Sekkau; sonst ist das ganze Becken, zumal abwärts von 


1) Zweite miocäne Säugethierfauna Lartet’s. 


u Si ee. ee ee ie Me ee Me A 


[25] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 189 


Sekkau von Lehm erfüllt, dessen oberste Partien sandig, bisweilen zu 
einem groben Sandstein verfestigt werden. Dieser Sandstein ist un- 
mittelbar bei Sekkau in einem Bruch aufgeschlossen, der den Baustein 
zur romanischen Sekkauer Domkirche geliefert hat. Es ist ein Sand- 
stein aus Kies mit sandigem Bindemittel und aus Zwischenlagen von 
sandigem Schiefer bestehend, nach Südwest fallend, die Oberfläche 
erodirt und unregelmässig von den Schottern bedeckt. Nach der Mur 
zu wird die Tertiärbildung durch den breiten diluvialen Schuttkegel 
des Feistritzbaches abgeschnitten; doch erfüllt der Lehm mit dem 
Sekkauer Sandstein auch den schmalen Tertiärstreifen zwischen der 
Serpentinmasse von Kraubath und dem Grundgebirge, ebenso wie 
unterhalb St. Stefan, rechts der Mur, den Sattel zwischen dem ins 
Murthal vorspringenden Hügel und dem Gneissgebirge südöstlich 
gegenüber St. Michael. Während wir in den Mergelschiefern und 
dem Lehm, sowie den Sanden wohl Seeablagerungen zu vermuthen 
haben, dürfte es gestattet sein, von dem erwähnten groben Sand- 
stein, bei seiner flussartigen Längserstreckung und seinem gleich- 
mässigen Charakter auf die Existenz eines (ruhig fliessenden) Flusses 
zu schliessen, mag er nun jünger oder auch älter als die limnische 
Bildung gewesen sein. 

Vielleicht dass dieses Flussystem bei St. Michael seinen Ur- 
sprung nahm. Alsdann würde der obere Pregggraben, der gleichfalls 
von einer lehmigen Tertiärablagerung erfüllt ist, einen linken Neben- 
fluss darstellen. Denn der Wasserlauf, dem diese Lehmablagerung 
ihre Entstehung verdankte, nahm seinen Ausfluss nicht durch das 
untere Durchbruchsthal, sondern, wie ein orientierender Blick vom 
Plateau des Lichtensteinerbergs deutlich macht, über einen Sattel in 
der Hügelreihe der tertiären Vorstufe geradlinig in das Sekkauer 
Becken. 

Es ist ein in seiner Lage wie im Charakter seiner Tertiär- 
bildungen genau umschriebenes und isolirtes Gebiet, welches wir 
soeben betrachteten, charakteristisch durch das Vorwalten ruhiger 
Seeablagerungen, besonders aber durch die zur Tertiärzeit bestandene 
Verbindung über den Obdacher Sattel mit dem Lavantthal. Weiterhin 
wird sich Gelegenheit finden, einige Gesichtspunkte zur Beurtheilung 
des Verhältnisses zwischen den Judenburger Tertiärbildungen und 
denen des Lavantthals beizubringen. 

Gänzlich verschieden von den bisher betrachteten Tertiärab- 
lagerungen sind die des Mürzbeckens. 

Schon schräg gegenüber dem letzten Vorkommen des Lehms 
und des Sekkauer Sandsteins bei St. Stefan haben wir im Conglo- 
merat von St. Michael die Ablagerung eines Flusses, der aus den 
Kalkalpen kam. Es erreicht eine Höhe von 800 m und fällt, soweit 
mir erinnerlich, flach gegen Süd ein. Die Gerölle sind Kalke aus 
dem palaeozoischen Gebirge und aus den nördlichen Kalkalpen, auch 
Gneiss- und Hornblendegesteine aus dem Gebiet des Bösensteinstocks. 
Ein weiteres Stück desselben Flusslaufs, das Tertiär der „Einöd*, 
ist südwärts der Mur unter dem Schinniger erhalten, in einem Zug 
von Sätteln, die von der Mur durch einen etwas höheren Rücken 
getrennt sind. 


190 Karl Oestreich. ; [26] 


Am besten bekannt, aber eigentlich auch nur in Bezug auf das 
Vorkommen seiner Kohlen, ist das Leobener Tertiärbecken. Das 
Liegende bildet eine nach Stur über 100 »m mächtige Ablagerung 
von Schieferthon, Schiefer und Sandstein mit dem Flötz im Liegendsten. 

Darüber folgt gegen 225m mächtig das Conglomerat. Die 
tieferen lacustren Schichten treten im Seegraben zutage, und weiter 
im Westen, wo durch den Bergbau das Conglomerat abgedeckt ist. 
Die Conglomerate greifen allseitig auf das Grundgebirge über. 

Die lithologische Untersuchung erkennt in den Conglomeraten 
die Schuttkegel zweier Flüsse, ebenso wie die geognostische Kartirung 
zwei auch äusserlich getrennte Conglomeratbezirke verzeichnen muss’). 
Im östlichen Conglomeratbezirk, um Veitsberg, im Seegraben, auf 
dem Sattel nördlich desselben und auf der linken Seite des unteren 
Tollinggrabens besteht das Conglomerat fast ausschliesslich aus Kalk- 
geröllen, und unter diesen überwiegen die dunkleren Varietäten 
(schwarz und grau), die rothen Kalke fehlen vollständig. Die Kalk- 
bänke wechsellagern mit sandigen Schichten, die nach oben in ein 
sehr feines Conglomerat übergehen, in dem Phyllit- und Quarzkörner 
vorherrschen. Das würde also auf jedesmaligen Stillstand der Kalk- 
geröllzufuhr und ein Vorherrschen der Bäche aus der Umgebung 
schliessen lassen. 

Dieses Conglomerat, auf das sich die oben angegebene Mächtigkeit 
bezieht und das nach Südwest einfällt, erreicht eine Höhe von 1000 m 
und scheint jenseits des Sattels, im oberen Theile des unteren Tolling- 
grabens, eher nach Nord einzufallen. Es dürfte demnach, wohl zu- 
sammen mit seinem Untergrund, eine antiklinale Aufwölbung erfahren 
haben. Wir nennen es das Leobner Hauptconglomerat. 

Südwestlich davon, dort, wo die Eisenstrasse in das Thal des 
Vordernberger Baches einbiegt, bei Donawitz, lagert bis auf die 
Höhe des Annaberges, 662 m, ein Conglomerat, in dem gleichfalls 
die Kalkgerölle überwiegen. In diesen aber herrschen die helleren 
Varietäten vor, Farben, wie wir sie aus den Triasgebieten kennen. 
Auch rosa und rothe Kalke, sowie Dolomitgerölle sind darunter, 
nebst Hornblendegneissgesteinen. Das Leobner Hauptconglomerat stellt 
somit nur einen den palaeozoischen (Eisenerzer) Kalkalpen ent- 
strömenden Nebenfluss dar, das Donawitzer Conglomerat aber den aus 
den Kalkalpen stammenden Hauptfluss, den wir von St. Michael und 
der Einöd her kennen. Auch die Mündung eines kleinen Baches aus 
den Phylliten im Norden finden wir in einem feinkörnigen Conglo- 
merat am Nordrand, beim Bauer Ehrenhelm. 

Ein kleiner Rest von Conglomerat vom Donawitzer Typus ist in 
der Tiefe des oberen Tollinggrabens erhalten. Sollten wir hier eben- 
falls ein tertiäres Conglomerat vor uns sehen, würden wir genöthigt 
sein, bedeutende Bewegungen des ganzen Gebirges seit oder in der 
Tertiärzeit anzunehmen. 

Ebenso wie in das Leobner Tertiär, liess sich auch in den 
Complex der Tertiärablagerungen des Trofajacher Beckens mehr 


!) Auch Prof. Höfer in Leoben theilt diese Ansicht. Doch ist sie in der 
Literatur meines Wissens noch nicht zum Ausdruck gelangt. 


[27] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 191 


Klarheit bringen. Auch hier bilden Thonschiefer, Thone und Sande 
das Liegendste der Tertiärschichten. Sie bilden den tiefsten Theil 
des innern Beckens, der von den Quellflüssen des Feitscherbaches 
entwässert wird, sowie die Hügel, welche von der Strasse Trofajach- 
Traboch geschnitten werden, ferner die Moosflächen und das Plateau 
östlich über Trofajach. Der das ganze Becken in zwei Theile zer- 
legende Höhenzug westlich des Gössgrabens, der Zug des Kehrwaldes, 
besteht aus einem Conglomerat vom Donawitzer Typus (enthält aber 
allerdings auch grosse Blöcke, wie sie bei Donawitz nicht vorkommen), 
wie ein "solches auch bei Hafning rechts des Krumpengrabens bemerkt 
wurde. Südlich der Strasse Trofajach— Traboch bis zu den zum Feit- 
schergraben ziehenden Mooswiesen, sowie auf dem nördlichen, schräg 
abgeflachten Gehänge des Lainthales wird das Conglomerat sehr fein- 
körnig, bis.zu einem Sandstein, was auch für das echte Donawitzer 
Conglomerat charakteristisch ist. Am Nordrand bei Kurzheim ist 
dann noch eine locale Bildung zu erwähnen, ein rothgefärbtes Con- 
slomerat, oft zu Lehm erweicht, ein Zerstörungsproduct der dort 
anstehenden Phyllite. 

Der ganze Nordwesten des Beckens, aus dem gegen 1000 m 
relativ in gerader Wand der Reiting aufragt, ist erfüllt von dem 
ungeheuren Schuttkegel der Gräben dieses Reitingstockes, einem 
vielleicht tertiären, vielleicht aber auch diluvialen Kalkconglomerat. 
Echte Schuttkegelform ist diesem Gebilde eigenthümlich, wie besonders 
ein Blick von der Trabocher Strasse lehrt: zwei, in verschiedenem 
Winkel geböschte Stufen übereinander, die höhere, jüngere die des 
Bechelgrabens: Oberjesner—Scharstorf. Das vom Schuttkegel erfüllte 
Becken öffnet sich nach Westen zum Liesingthal, das hier eine dilu- 
viale Schotterterrasse unmittelbar an den Schuttkegel anlehnt. 

Nun fehlen im nördlichen Arm des Doppelthales (Trasthal, 
Kletschach- und Unterthal) alle Spuren von tertiären Ablagerungen, 
während das Hauptthal sie aufweist. Auf der südlichen Thalseite 
bei Leoben, beim Jägerhaus, in einer Höhe von eirca 600 m, finden 
sich einige wenige Blöcke eines ganz feinen Kalkeonglomerats '), die 
das rechte Ufer des tertiären Flusses darstellen dürften. 

Das Tertiär von Foirach und zu beiden Seiten des Utschtbales 
(zwischen Niklasdorf und Bruck auf der rechten Seite der Mur) 
zeigt jedoch nicht, wie Stur angibt, den Leobner Typus. Es ist ein 
Conglomerat aus krystallinischen Gesteinen, die Mündung eines 
Nebenflusses von der Mugel her, fällt nach Nordosten und wird von 
Lehm und Sand bedeckt, wenn diese Bildungen nicht einfach Auf- 
lösungsproducte der feineren Conglomerate und Sandsteine darstellen. 
Dagegen wird die Ablagerung des Hauptflusses weiter östlich, am 
Gehänge des Maderereckes gegen die Mur bei Bruck gefunden, ein 
Vorkommen, das Stur nach “dem Urgenthal benennt. Wir sind damit 
an die Umbiegunesstelle der Mur gekommen, die eine genauere Be- 
trachtung verdient. 


1) Von Herrn Professor Höfer auf dieses Vorkommen aufınerksam gemacht, 
gelang es mir erst nach eifrigem Suchen, die überaus spärlichen Reste dieser Ab- 
lagerung ‚aufzufinden. 


192 Karl Oestreich. [28] 


Das ebenerwähnte Conglomerat des Urgenthales, im Westen 
aus krystallinischen und Kalkgeröllen, im Innern, also nördlich, nur 
aus krystallinischen, im Osten jedoch fast ausschliesslich aus Kalk- 
seröllen bestehend, fällt südöstlich und taucht unter die diluviale 
Thalsohle. Weiter gegen Osten hört die Conglomeratbedeckung des 
Phyllitzuges auf, und erst auf dem Greggerberg, nördlich vom Brucker 
Schlossberg, finden wir das hier flach liegende Conglomerat wieder, 
in einer Höhe, die dem Niveau der von der Heiligen Geist-Kapelle 
gekrönten Felsterrasse am Eingang in das Durchbruchthal der Mur 
entspricht, so dass wir einen Ausfluss der tertiären Mur nach Süden 
ganz wohl annehmen können. 

Im Urgenthal, im Liegenden des Conglomerats, kommen auch 
Sande und Lehme vor. 

Dies ist, was mit Bestimmtheit gesagt werden kann. Weiterhin 
tritt eine neue Schwierigkeit hinzu. Bisher waren die diluvialen 
Bildungen, wie bei Leoben vor der Einbiegung der Strasse ins 
Vordernbergerthal, bei Proleb, an der Mündung des Kletschach- 
grabens, leicht kenntlich durch ihre nagelfluhartige Ausbildung und 
durch ihre Zusammensetzung aus krystallinischen Gesteinen. Nun- 
mehr treten die diluvialen Schuttkegel des Lamming- (Tragöss-)Baches 
und der Mürz hinzu, die sämmtlich die gleiche Beschaffenheit wie 
ein etwas zersetztes und verwittertes Tertiärconglomerat zeigen. 
Auch hier bleibt, bevor die Aufeinanderfolge der eiszeitlichen 
Schotter festgestellt ist, nichts übrig, als nur ein bestimmtes diluviales 
Niveau anzunehmen, und, da ja auch das tertiäre Conglomerat die 
Thalsohle erreichen kann, wie beim Urgenthal bemerkt wurde, alle 
darüber aufragenden Öonglomerate ins Tertiär zu ziehen. Demnach 
wäre das Conglomerat nördlich vom Greggerberg bis zur diluvialen 
Sohle des Lammingbaches und das östlich von Bruck bei Pischk für 
tertiär zu erklären, während ich auf der von Vacek verzeichneten, 
unzweifelhaften Tertiärterrasse von Uebelstein im Murdurchbruch 
keine echten Conglomeratbildungen fand. 

Das vorläufige Aufnahmeergebnis wäre also, dass der Gerölle 
aus den Kalkalpen führende Fluss des nordsteierischen Längsthales 
auch in der Tertiärzeit das Gmeissgebirge des Rennfelds nach Süd- 
osten zu durchbrach und wie heute an dieser Umbiegungsstelle die 
Mürz aufnahm. 

Wenden wir uns nun zum nördlichen Seitenthal, so treffen wir 
auf die Spuren mehrerer, zeitlich verschiedener Thalanlagen. Während 
das Lammingbachthal fast in seiner ganzen Länge von einer diluvialen 
Nagelfluh erfüllt ist, sind nur an zwei Punkten Reste des tertiären 
Lammingbach-Conglomerates erhalten, westlich von Oberort, an der 
vom Rötzgraben herüberführenden Strasse in der Höhe von etwa 
1000 m am Gehänge !), und im unteren Theil des Thales gleich über 
Schörgendorf. Damit sind aber die Spuren von tertiären Stadien der 
heutigen Thäler erschöpft. Der niedere, relativ nur gegen 200 m 
erreichende Sattel zwischen Lammingbach und Thörlgraben enthält 
zwei Ablagerungen eines Westost gerichteten Thallaufes, die den 


!) Die Conglomerate in der Tiefe (Stur, l. c. pag. 220) sind diluvial. 


[29] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 193 


Sattel selbst bildenden Lehme, die etwas weiter gegen Nordwest 
Spuren von Schieferung zeigen, und etwas höher ein Conglomerat 
meist zu Schotter zerfallen, aus Quarzgeröllen bestehend, das in 
rothen Sandstein übergeht. Ausserdem finden sich tiefer, bei Winkl 
im Thörlbachthal, südfallende Sande, Sandsteine und kohlenführende 
Letten. Die Lagerung dieser drei Glieder zueinander ist nicht 
leicht zu bemerken. Die Lehme des Joches sind ein Thal im Thal, 
nämlich im rothen Quarzconglomerat. Dieses bildet überdies noch 
eine Terrasse nördlich davon, beim Gamsbauer, sowie jenseits des 
Thörlgrabens die beiden Plateaus beim Gallegger und beim Bauer 
Pötschen. Das wäre ein von Westen her ins Thörlthal und in diesem 
in die Mürz gegen Kapfenberg zu tliessender Stromlauf. Die Mürz 
selbst fliesst in dieser Gegend von Kapfenberg an bis kurz vor 
Kindberg am südöstlichen Rande einer tertiären Sand- und Lehm- 
ablagerung, des sogenannten Beckens von Parschlug. Bei Kapfenberg, 
zu beiden Seiten des Thörlgrabens, sind noch Reste einer nagelfluh- 
artigen Terrasse unbestimmten, doch wahrscheinlich diluvialen Alters 
erhalten. Von da an aber bilden zuerst reine Sande, dann Lehme 
oder lehmige Sandsteine, an der Strasse unter Deuchendorf flach 
östlich fallend, eine Bucht ähnlich der von Sekkau. Der innerste 
Theil der Bucht wird von den Schieferthonen erfüllt, die die bekannte 
Flora von Parschlug geliefert haben. Von Conglomeraten sah ich gar 
nichts. Stur’s Angabe, dass das Öonglomerat den ganzen Raum 
zwischen dem innersten Theil des Beckens und dem Diluvium der 
Mürz erfülle, ist unrichtig. Auch darin gleicht das Tertiär von Par- 
schlug dem von Sekkau, dass es längs des Hauptthales nach Nordost 
zu durch einen schmalen Streifen lehmiger Sandablagerung fortgesetzt 
wird, die sogar im Fortstreichen einen Sattel, zwischen dem Wart- 
bergkogl, einem Gneissvorsprung, den die Mürz umfliesst, und dem 
Grundgebirge, erfüllt, genau wie bei St. Stefan oberhalb St. Michael. 
Eine eigenthümliche Homomorphie. 

Im Norden, wo in der Niederung der Stübming, dem Aflenzer 
Becken, auch heute noch der nördliche Arm des Doppelthales 
erhalten ist, finden wir in dieser breiten, über 10km laugen Furche 
auch die Ablagerungen des tertiären Thales erhalten. Auch hier 
bilden die Thonschiefer, Lehme und Sande das Liegende. Auf ihnen 
lagern die wahrscheinlich diluvialen Schuttkegel des Seegrabens, des 
Feistritz- und Fölzergrabens. Auch in dem Abschnitt der Tertiärzeit, 
dessen Bildungen uns erhalten wurden, durchfloss kein Fluss mehr 
dieses Thal als Längsfluss. Der Zusammenfluss lag auch damals schon 
südlich des alten Thales in der Rinne der Stübming. Interessant ist 
westlich vom heutigen Tertiärbecken über Ettmissl das Conglomerat 
eines heute verschwundenen Flusses, eines weiteren Parallelflusses 
der Fölz und des St. Ilgner Baches. Im obersten Theil der Stübming 
ist die Zusammensetzung der Terrasse nicht stets so deutlich zu 
erkennen. Doch sah ich Gneiss- und Schiefergerölle auf der Terrasse 
an der Einmündung des Rauschinggrabens. 

Eine genauere Untersuchung verdient die Pretalhöhe, das Joch 
zwischen Stübming und Veitsch. Oben fand ich keine Gerölle, doch 
unmittelbar darunter am Weg in die Stübming, also in rund 1000 m 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 25 


194 Karl Oestreich. [30] 


Meereshöhe, sah ich wohlgerundete Schiefer-, Gneiss- und Kalkgerölle, 
wie sie nur von einem Fluss hier abgelagert werden konnten. Ueber- 
bleibsel eines alten, vielleicht eretacischen, von der oberen Veitsch 
in die Stubming fliessenden Flusses ? 

Der Zug von Lehm und Mergelschiefer, den wir aus dem Par- 
schluger Becken im Hauptthal bis nach Wartberg verfolgten, setzt 
sich nın an dem südwestlichen Ufer der Mürz bis kurz vor Mürz- 
zuschlag fort, und tritt auch auf der tertiären Felsterrasse über 
Mitterndorf auf der rechten Seite des Flusses auf. Bedeckt ist er 
bei Krieglach zu beiden Thalseiten von einer oft wechselnden Ab- 
lagerung westlich fallender, bald aus Gneiss und Schiefern, bald aus 
Kalkgeröllen bestehender Conglomerate, die mit Sandstein, Sand und 
Lehm wechsellagern, was auf eine sehr abwechslungsreiche Geschichte 
des dortigen Thales schliessen lässt. Bald überwog die Mürz, bald 
herrschten die Zuflüsse, besonders der rechten Seite, vor. Auf der 
rechten Seite hört die Tertiärablagerung bald oberhalb Krieglach 
auf, auf der linken, bis Langenwang wandernd, verquert man eine 
Reihenfolge von lehmigen Thälern und Conglomeratrücken. Später 
bedeckten den Lehm nur noch Schuttkegel jüngerer, aus dem Schiefer- 
gebirge kommender Nebenbäche. 

Weiter oberhalb werden wir schon darum keine bedeutendere 
Thalablagerung erwarten, weil die Semmeringhöhe, wie wir von vorn- 
herein vermuthen dürfen, auch in der jüngeren Tertiärzeit eine 
Wasserscheide darstellte. In der That finden wir nur in schwachen 
Spuren zwischen Spital und dem Semmering die Gerölle eines älteren 
Fröschnitz- und Dürrgrabenbaches, auf einer ziemlich breiten, in 
schwacher Neigung gegen Südost abgeböschten Terrasse, in der 
allenthalben das Liegende hervortritt, so dass man die Gerölle förm- 
lich suchen muss. In die genannte Terrasse, die sich nach oben zu 
in die Semmeringhöhe fortsetzt, hat sich der Bach seitdem ein noch 
nicht sehr ausgebildetes Bett vertieft. 

Man kann darüber im Zweifel sein, ob die Gerölle den tertiären 
oder den diluvialen Flussläufen entstammen. Es finden sich auch 
sicher diluviale Ablagerungen in kleinen Resten, so beim Wiesenbauer 
am Eingang in die Fröschnitz, auch auf der von der Fröschnitz zum 
Dürrgraben ziehenden flachen Vorstufe des Dürrkogels. Doch ist es 
zum mindesten nicht ausgeschlossen, dass die zumeist bis aufs 
Liegende denudirte, abgeschrägte Terrasse zwischen dem Kalkzug 
des Pinkenkogels und dem von Steinhaus das tertiäre Thalniveau 
darstellt. Die Arbeit der diluvialen Flüsse wäre dann in erster Linie 
eine ausräumende gewesen. 

In der Semmeringgegend ist durch die starke Denudation jede 
Spur einer tertiären Ablagerung verwischt worden. Erst am Abhange 
des Grasberges gegen das Auethal, über Weissenbach, findet sich am 
Gehänge ein conglomeratartiges Gestein, weithin sichtbar von der 
Ebene aus, das auf der geologischen Karte als Rohrbacher Conglo- 
merat, als tertiäre Flussbildung eingezeichnet ist. Doch die Gerölle 
sind eckig, nie gerundet, mit sehr dichter und stark hervortretender 
Grundmasse, so dass ich die Bildung als eine Gehängebreccie der 
palaeozoischen Kalke des Grasberges erklären muss. Immerhin 


N Yu 


[31] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 195 


entspricht ihre Höhe, 600 — 700 m, dem älteren tertiären Thal- 
boden. 

Weder in den oberen Adlitzgräben, noch in der Prein ist bis 
jetzt Tertiär gefunden worden, dagegen ist hier nachzutragen, dass 
über dem Altenberger Graben, einem rechten Zufluss des Raxen- 
baches, in einer Höhe von 900—1000 m ein kleines, von Kalkcon- 
glomerat und gelben Sandsteinzwischenlagern aufgebautes Plateau uns 
einige, wenn auch dürftige Kunde von dem tertiären Flussleben am 
Fusse der Kalkalpen gibt. 

Erst nach der Vereinigung von Auebach und Schwarza im 
breiten Schwarzathal, das eine Meereshöhe von nur mehr rund 450 m 
hat, beginnt die Ablagerung des echten Rohrbacher Conglomerates, 
der tertiären Ablagerung im Innersten des Wiener Beckens. 

Es wird angezeigt sein, dasselbe im Zusammenhang mit einer 
kurzen Betrachtung der ganzen inneralpinen Wiener Tertiärent- 
wicklung zu studiren. 

Der Einbruch des „alpinen“ Wiener Beckens, der nach Süden 
dreieckig zugespitzten Niederung zwischen Kalk- und Sandsteinzone 
der Alpen im Westen, Rosalia- und Leithagebirge im Osten, war ge- 
folgt von einer Transgression des mittelmiocänen Meeres. Es entstand 
durch den Wellenschlag längs des neu geschaffenen Querabbruchs 
der Alpen eine Strandterrasse, an die sich die marine Uferbildung des 
Leithakalks anlehnte; in der Tiefe bildete sich der bekannte Badener 
Tegel. Unter dem Einfluss einer Verminderung des Salzgehaltes wurde 
segen das Ende der Miocänzeit die Fauna der „zweiten Mediterran- 
stufe* artenärmer und auch sonst mannigfach umgeändert. Das früher 
rein salzige Bildungsmedium dieser Fauna wurde ausgesüsst, brackisch. 
Diese Stufe nannte man die „sarmatische“*. Darauf folgte nach 
R. Hörnes, der in seiner neuesten Schrift!) frühere Gedanken von 
Suess und Andrusow aufgreift, eine Zeit der Erosion, und diese 
wurde wiederum abgelöst durch die „pontische“ Transgression, eine 
Ueberflutung durch die nunmehr völlig ausgesüsste, weitverbreitete 
„pontische“ Seebildung, deren Ablagerung die Üongerienschichten 
darstellen. 

Im Innersten des Wiener Beckens gibt es keine marinen Ab- 
lagerungen. Die — geologisch gesprochen — plötzliche Erniedrigung, das 
plötzliche Sinken der Erosionsbasis, musste die Erosionskraft ins Un- 
geheure steigern. Und thatsächlich finden wir den gewaltigen Schutt- 
kegel des Rohrbacher Conglomerates in einer Mächtigkeit von über 
50 m bis 10 km breit quer über das Thalbecken. 

Die Frage nach dem Alter hat man geglaubt lösen zu können 
durch den Nachweis sarmatischer?) Sande und Lehme im Liegenden 
des Conglomerates bei Brunn am Steinfeld, sowie durch den Fund 
von Dinotherium; Ouvieri3) ebenda im Conglomerat. Das Conglomerat 
wäre demnach in die Zeit der Congerienstufe zu stellen. Doch ab- 


1) R. Hörnes, Sarmatische Conchylien aus dem Oedenburger Comitat. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1897. 
?2) Karrer, Geologie der Kaiser Franz Josefs - Hochquellenwasserleitung. 
Abhandl. d k. k. geol. R.-A. 1877, IX. Bd., pag. 75. 
®) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1882, pag. 342. 
25* 


196 Karl Oestreich. [32] 


gesehen davon, dass die Identität des Conglomerates von Brunn a. St. 
mit dem echten von Rohrbach nicht ohne weiters angenommen 
werden darf, da beispielsweise das seinerzeit ebenfalls als Rohrbacher 
Conglomerat bezeichnete Conglomerat weiter nördlich zwischen 
Steinabrückl und Enzesfeld sich nach Bittner und anderen durch 
seine Structur als Deltabildung erwiesen hat, ist ein solches Ergebnis 
auch gar nicht zufriedenstellend. Das Rohrbacher Conglomerat ist die 
älteste Bildung nach dem Einbruch. Wenn wir demnach nicht zwei 
Einbrüche annehmen wollen, muss das Conglomerat auch die Ab- 
lagerung des Flusses unmittelbar nach dem grossen und einmaligen 
Einbruch darstellen. 

Das Rohrbacher Conglomerat ist ein ausgezeichnetes Kalkcon- 
glomerat, Kalkgerölle in einem kalkigen Bindemittel von oft sand- 
steinartigem Aussehen. 

Es beginnt als Hangendes der kleinen, wahrscheinlich dem 
Einbruch des Beckens vorangehenden !), durch Mastodon angustidens 
Cuv.2) ausgezeichneten Braunkohlenablagerung von Hart bei Gloggnitz, 
bildet darauf einen schmalen Streifen am westlichen Thalgehänge 
über Stuppach und wiederum von Liesling bis Pottschach. Hier er- 
langt es grössere Breite und setzt, durch den Saubachgraben unter- 
brochen, ein Plateau am südwestlichen Abhang des Johannserberges 
(„Gefiederwarte“), den sogenannten Lenzberg, in einer Höhe von 
über 500 m, bis Schloss Vöstenhof zusammen. Seine ganze Mächtig- 
keit und Ausdehnung wird aber erst klar durch das Auftreten der 
Rohrbacher und Neunkircher Terrassen, zweier zu beiden Seiten des 
Schwarzathals bis zu 450 m, also 60 m über das heutige Flussbett, 
aufragender breiter Vorstufen, des Kalkgebirges im Westen, des 
Gneiss- und Schiefergebirges im Osten. 

Das Neunkirchner Plateau stellt aber nur in seinem westlichsten 
Theil und auch wieder an seinem nordöstlichsten Ausläufer bei 
Pitten den Schuttkegel der Schwarza dar. Im östlichen Theil besteht 
es aus Quarzit- und Schiefergeröllen. Der tertiäre Pittenbach mündete 
demnach weiter westlich als heute. 

Die überaus ebene Oberfläche des vorderen Neunkirchner 
Plateaus könnte den flüchtigen Beobachter veranlassen, in 420—450 m 
das absolute Niveau zu vermuthen, bis zu dem die tertiäre Auf- 
schüttung stattfand. Doch lehrt uns die Terrasse des Lenzberges mit 
520 m, dass auch hier, wie fast stets, die Tertiärablagerungen 
Störungen erfuhren. 

Und noch eine weitere Bemerkung wird durch die Lenzberg- 
terrasse veranlasst. Der von der linken Seite einmündende Sirningbach 
floss in der Tertiärzeit senkrecht auf die Richtung des Hauptflusses, 
zwischen Johannserberg und Hochstickelberg, wofür die ebenerwähnte 
Terrasse Zeugnis ablegt. Da er gleichfalls aus den Kalkalpen kommt, 
bildet er eine Geröllablagerung, die der der Schwarza entsprechen 
muss. Die Schwarza scheint nun schneller erodiert zu haben, so dass 
der Sirningbach mit seinen Geröllmassen sich seinen Ausfluss selbst 


\Karrer, le. pag. tif; 
2) Karrer, |. c. pag.' 59. 


[33] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 197 


verbarrikadirte. Er suchte sich daher ein neues Bett, nördlich vom 
Johannserberg in den weicheren Phylliten und triadischen Werfener 
Schiefern. Die nagelfluhartigen Geröllmassen bei St. Johann und unter 
dem nordöstlichen Abhang des Johannserberges dürften wohl 
diluvial sein. 

Ausser dem fast reinen Kalkconglomerate finden wir ein jüngeres, 
wahrscheinlich diluviales!), mehr nagelfluhartiges in dem ersteren ein- 
gesenkt. So in Ternitz am Bahneinschnitt, am Steilufer der Schwarza, 
ferner bei Stuppach und Liesling unter der Tertiärterrasse. Dieses 
Gestein enthält zum Unterschied vom Rohrbacher Conglomerat viele 
Gerölle der Grünschiefer (einer Zone der Quarzphyllite nach Vacek). 
Zur Zeit des Rohrbacher Flusses lag also die Thalsohle noch über 
den Payerbacher Grünschiefern, in der Höhe des Preinthales. Erst 
das diluviale Thal grub sich tiefer ein bis zur heutigen Thalsohle. 

Beide Bildungen verschwinden unter dem mächtigen diluvialen 
Schuttkegel des Steinfeldes. Von nun an kann man nicht‘ mehr von 
einem Längsthal reden. Wir stehen am Schlusse unserer Ausführungen 
über Vorkommen und Verbreitung der tertiären Ablagerungen in dem 
zu besprechenden Gebiet. 


1I. Theil. 


Theoretische Betrachtungen. 


1. Ueber das relative Alter und die relative Höhe der 
Tertiärablagerungen. 


Fasst man alles zusammen, was an Beobachtungen über ältere 
Thalablagerungen bisher mitgetheilt wurde, so erhebt sich zunächst 
die Frage nach dem relativen Alter dieser Ablagerungen unter sich. 
Denn ein für alle diese Bildungen gleiches absolutes Alter anzunehmen, 
worauf Stur’s Forschungen hinausliefen, wäre unwissenschaftlich und 
a priori abzuweisen. Logischerweise müssen wir zu jeder Zeit im 
ganzen (Gebiete Erosion und Flussleben voraussetzen. 

Die Fossilfunde sind nun recht ungenügend. Die von Stur (Geo- 
logie der Steiermark, S. 581) gegebene Tabelle der tertiären Fossilien 
ist seit jener Zeit, seit 1871, nur unbeträchtlich erweitert worden ?). 
Es muss auffallen, dass die Säugethiere sämmtlich dem Miocän, der 
ersten Wiener Säugethierfauna, angehören; wie als hätte die heran- 
nahende oder gar schon eingetretene Eiszeit im Pliocän die Thierwelt 
bis fast zum Aussterben redueirt. Auch die Molluskenfauna, die Stur 
mit der von Rcun und Köflach im Tertiärland des Grazer Beckens 


t) Karrer, ]. c. pag. 69. 

2) Besonderes Interesse verdient nur der Fund eines Zahnes von Palaeo- 
therium, das allgemein als obereocän gilt, im Becken von Parschlug. Toula, 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 345. 


198 Karl Oestreich. [34] 


identificirte, wäre nach Penecke’s Fixirung dieser Schichten unter- 
miocän !). Doch ist zu bemerken, dass eine gründliche Aufsammlung 
und Bearbeitung der Süsswasserconchylien des Mur-Mürzgebietes noch 
nicht vorgenommen wurde. Daher muss für die Beurtheilung des rela- 
tiven Alters der in Rede stehenden Ablagerungen vorderhand lediglich 
Gesteinscharakter und Lagerung massgebend werden. 

Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein „gleiches Alter“ oft 
nur in morphogenetischem, aber keineswegs in stratigraphischem Sinne 
aufzufassen ist. 

Eine auffallende Thatsache ist, dass die tiefsten Bildungen im 
allgemeinen schlammiger und sandiger Natur sind: Mergelschiefer und 
Thonschiefer, Lehme und feine Sande, also Ablagerungen aus ruhigem 
Wasser, aus Seen oder ruhig fliessenden Flüssen. Dies gilt vom Mürz- 
thal, vom Aflenzer Becken, von Leoben, von Trofajach. Auch im 
Liegenden des Conglomerates von St. Michael bei Leoben erwähnt 
Stur die Schichten der „tieferen Stufe“. In der Knittelfelder Becken- 
landschaft kommen nur im Hangendsten Geröllablagerungen vor. Ueber- 
haupt lässt sich die Reihenfolge von Bildungen in ruhigem Wasser 
und darüber Schotter oder Conglomerat für das ganze Mürzbecken und 
die Durchbruchsregion festhalten. Im oberen Murbecken ist sie weniger 
klar. Das kleine Vorkommen im Waltersbachgraben bei Unzmarkt 
würde den geforderten Bedingungen noch entsprechen. Aber im Tertiär 
von Schöder und Oberwölz kann man — bis jetzt wenigstens — nicht 
von „tieferen Bildungen“ reden, und im Lungauer Tertiär wechseln 
Conglomerat und Schieferthon regelmässig ab. 

Es ist hier einzufügen, dass auch die Conglomerate sich oft auf- 
fällig durch die geringe Korngrösse ihrer Gerölle von den Schotter- 
bildungen der diluvialen und recenten Flüsse unterscheiden. Man 
erinnere sich des Conglomerates von Trofajach, das im südlichsten 
Theil, südlich der Strasse Trofajach-Traboch, fast ausschliesslich aus 
feinen, nicht centimetergrossen Körnern besteht. Dasselbe Conglomerat 
setzt auch die nördliche Terrasse des Lainthales zusammen und findet 
sich im Donawitzer Conglomerat bei Leoben wieder. Auch der Sand- 
stein von Sekkau verdiente wohl, bei dieser Betrachtung herangezogen 
zu werden. 

Die Zeit der Ablagerung der später conglomerirten Flussschotter 
entspricht einer Erosionsperiode im Gebirge, einer Zeit wasserreicher, 
gefällreicher Flüsse, die auf eine Zeit folgte, in der das Fehlen solcher 
Flüsse die Bildung grosser, reiner Seen ermöglichte, u. a. des Stübming- 
Sees, des Sees von Trofajach. Die Ablagerungen dieser Seen sind nun 
wiederum, mit Ausnahme unbedeutender localer Grundeonglomerate, 
die tiefsten Bildungen auf dem Grundgebirge. 

Nehmen wir nun an, dass die von diesen Seen erfüllten Niede- 
rungen die Ergebnisse der grossen intratertiären Gebirgsaufrichtung 
waren, so gelangen wir zu einer Anschauung, die einen Widersinn 
enthielte: dass nämlich trotz einer plötzlich eingetretenen Höhenver- 


!) Penecke, Die Molluskenfauna des untermiocänen Süsswasserkalkes von 
Reun in Steiermark. Zeitschrift der Deutschen geol. Gesellschaft 1891, Bd. XLIII, 
pag. 346. 


[35] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 199 


schiebung, die beispielsweise beim Trofajacher Becken 1000 m betrug, 
doch keine Flüsse mit starker Erosion und Aceumulation entstanden, 
sondern in weiten Seebecken ruhige und ungestörte Ablagerung weicher 
Schichten zu grosser Mächtigkeit vor sich ging. 

Diese Ueberlegung legt uns den Gedanken nahe, ob nicht jene 
grosse Höhendifterenz erst nachträglich eintrat, als die Ablagerung 
der weichen Schichten bereits stattgefunden hatte, und zwar in einer 
anderen absoluten Höhe, die von der Kammhöhe der überragenden Ge- 
birge weniger differirte.e Mit anderen Worten: Bildungen, wie die 
Kalkmauer des Reiting, mögen erst in der Tertiärzeit, und zwar nach 
Beginn der uns erhaltenen Tertiärablagerungen durch Brüche bloss- 
gelegt worden sein. Das Hochgebirge, also der relativ grosse Unter- 
schied zwischen Thalbodenhöhe und Kammhöhe, bestand noch nicht 
zur Zeit des Absatzes der Gebilde der tieferen Stufe. 

Wie Stur anfänglich auf Grund des Fundes der Congeria von 
Fohnsdorf bei Knittelfeld eine Stufenfolge der Ablagerungen construiren 
wollte, können wir dasselbe thun auf Grund der Prüfung des Gesteins- 
charakters. 

Für das obere Murthal haben wir auch für die ältere Zeit Hoch- 
gebirgsverhältnisse anzunehmen. In der weiten Taurachebene spielte 
sich ein überaus wechselvolles Flussleben ab: bald überwogen die 
Flüsse, die wiederum hin und her pendelten, bald trat ein Stillstand 
ein, und Zwischenbildungen sandigen und mergeligen Charakters kamen 
zur Ablagerung. 

Für die Durchbruchsregion jedoch und das Mürzbecken lässt sich 
eine ältere und eine jüngere Jungtertiärzeit unterscheiden, ein Mittel- 
gebirgsstadium und eine Zeit des Hochgebirges. 

Wohin in der Zeit des Mittelgebirges die Seen von Leoben, 
Trofajach, Aflenz und Parschlug entwässert wurden, lässt sich in 
keiner Weise feststellen. Doch kann kein Zweifel herrschen, dass der 
spätere, aus dem triadischen Kalkgebirge des Ennsthales herfliessende 
Liesing-Murfluss die nun auch in den genannten Seebecken zur Bildung 
gekommenen Flüsse, Vordernbergerbach, Thörlgraben, Mürz, aufnahm 
und im heutigen Durchbruchthale in die pannonische Ebene hinausfloss. 

Die Terrassen des Palten- und Liesingthales sind noch nicht 
untersucht, aber die tertiären Schuttkegel von Trofajach, St. Michael 
und Donawitz enthalten in der Hauptsache Gerölle der nördlichen 
Kalkalpen. Darüber kann kein Zweifel bestehen. Und wenn man auch 
bedenkt, dass die palaeözoischen Kalke der Eisenerzer Alpen von den 
Triaskalken überlagert werden, lassen sich doch unter den heutigen 
Verhältnissen und im Hinblick auf ihre diluvialen Bildungen die 
heutigen Zuflüsse des Trofajacher Beckens nur sehr schwer als die 
Herbeischaffer der erwähnten Kalkgeröllmassen ansehen; so dass der 
gewagt lautende Schluss, die Mur als Abfluss der oberen Enns zu er- 
klären, noch der natürlichste Erklärungsweg sein dürfte. 

Einige Schwierigkeit bereitet uns das Trofajacher Becken immer- 
hin, und die Darstellung der Flussgeschichte jener Gegend wäre ohne 
die Existenz desselben bedeutend leichter. Die Enns würde bei 
St. Michael in das heutige Murthal einbiegen und wäre von da bis 
nach Bruck zu verfolgen. So aber öffnet sich das Liesingthal gegen 


200 Karl Oestreich. [36] 


das Becken von Trofajach, in dem das Kalkconglomerat den Berg- 
rücken des Kehrwaldes zusammensetzt, dessen zum Theil sehr 
mächtige Blöcke einen sehr bedeutenden Strom voraussetzen, der, 
wenn wir die morphologischen Verhältnisse im Auge haben, gerad- 
linig nach Südsüdost gegen den Hauptfluss nach Donawitz zu abfloss. 
Ausserdem besteht aber auch die Terrasse des Lainthales aus demselben 
Conglomerat. Wir müssen daher einen Fluss annehmen, der hier in 
starken Windungen floss. Doch möchte es verfrüht sein, den Verlauf 
dieser Windungen anzugeben. ; 

Oder aber, wir vereinfachen uns die Deutung dieser sonderbaren 
Verhältnisse durch die Annahme einer späteren Senkung des Beckens 
in seiner Gesammtheit. Alsdann wären die Conglomerate des Beckens 
doch vom Vordernberger und Rötzbach herbeigeschafft worden, die in 
einem höheren Niveau in der damals noch weiter ausgedehnten Trias- 
decke geflossen wären, und der Vordernberger Bach wäre, wie heute, 
ein Nebenfluss der Mur gewesen, die als Liesing aus dem Ennsthal 
nach St. Michael floss. 

Vielleicht ist diese letztere Deutung die zutreffende. 


2. Ueber die absolute Höhe der Tertiärthäler. 


Nachdem somit einige Betrachtungen über die relative Höhe der 
Tertiärthäler mitgetheilt wurden, wird mit Recht auch die Frage nach 
der absoluten Höhe des tertiären Thalsystems aufgeworfen werden. 
Lag der tertiäre Thalboden höher als der heutige oder nicht? 

Im allgemeinen gilt wohl die Anschauung, dass die Flüsse ihre 
Thäler allmälig einschneiden, dass in einem breiten, hochgelegenen 
Thale ein schmäleres, tieferes, eingeschnitten wird, und dass dieser 
Vorgang bei jeder Tieferlegung der Erosionsbasis sich wiederholt. 

Doch complieirt sich dieses allmälige Einschneiden durch die 
Gebirgsbewegungen. 

Thatsache ist, dass wir an manchen Stellen unzweifelhafte, 
modellartige, ungestörte Auflagerung des tertiären. Conglomerates auf 
den Plateaus über dem heutigen Thal haben, so über dem Alten- 
bergerthal zwischen Rax und Schneealpe, so auf dem Greggerberg 
bei Bruck an der Mur. 

Aber ebenso haben wir Tertiärbildungen. die unter die heutige 
Thalsohle tauchen, so die des Judenburger Beckens, die Rohrbacher 
Conglomerate, das Lungauer Tertiär. Daher lässt sich für unser 
Längsthal die gestellte Frage nicht so ohne weiteres einheitlich be- 
antworten, und die einzelnen Ablagerungen sind auf ihre Höhenlage 
zu prüfen. Aber auch so werden unsere Ergebnisse sehr mangelhaft 
sein, da Tiefbohrungen nur selten ausgeführt, noch seltener aber deren 
Ergebnisse in die Oeffentlichkeit gelangt sind. Die Untersuchung lässt 
sich zur Zeit nur in grossen Zügen führen. 

Die tertiären Ablagerungen erscheinen, mit ganz wenigen Aus- 
nahmen, stets gestört. Von vornherein wird man nun im Zweifel sein, 
ob sie allein gestört wurden oder ob sie von Gebirgsbewegungen, die 
ihre Unterlage betrafen, in Mitleidenschaft gezogen wurden. Und auch 
unter dieser Voraussetzung können sie gesönderte Bewegungen aus- 


[37] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 201 


geführt haben, infolge ihrer geringeren oder stärkeren Üonsistenz im 
Verhältnis zu der liegenden Grundgebirgsmasse. 

In jedem Falle erfolgte eine Schrägstellung des tertiären Thales, 
in einem Falle nur der Ablagerungen, im anderen Falle der Ab- 
lagerungen und des Thalbodens, bald in höherem, bald in geringerem 


Betrag, so dass das tertiäre und das heutige Thal zwei — thatsächlich 
oder in ihrer Verlängerung — sich spitzwinkelig schneidende Flächen 
darstellen. 


Am sichersten wird man eine Höhenbestimmung des tertiären 
Thalbodens ausführen können, wenn man ausser den Geröllterrassen 
auch Terrassen im anstehenden Felsgestein vorfindet, und von solchen 
Punkten hat somit die Untersuchung auszugehen. 

Einen derartigen Anhaltspunkt bietet uns das Leissnitzthal 
östlich von Tamsweg, die Fortsetzung des Murthales. Die Vereinigung 
beider Flüsse liegt bei Tamsweg in circa 1020 m Meereshöhe, die 
Thalwasserscheide zwischen Leissnitz und Seebach 10 im oberhalb in 
einer Höhe von 1246 m. Während also gegen die Mur hin eine Er- 
niedrigung von 200 m stattfand, ist auch die Wasserscheide selbst um 
etwa 60 m tiefer gelegt worden; denn zu beiden Seiten finden sich 
Terrassen, die nördliche in 1293 m, die südliche etwa in gleicher Höhe !), 
die nördliche bedeckt von dem auf dem Glimmerschiefer lagernden 
Tertiär (und glacialem Diluvium), die südliche im anstehenden, nörd- 
lich fallenden Gneiss.. An das Gebirge der Nordseite angelehnt, er- 
hebt sich aus dem Thale das tertiäre Conglomerat. Es fällt sehr flach 
bald nach Südwest, bald nach Südost. Die weichen alten Schiefer, auf 
denen es lagert, sind, wie im unteren Preberbachgraben zu sehen, an 
der Auflagerungsfläche zerdrückt und gefältelt. Hier wäre, da die 
Terrassen zu beiden Seiten ungestört blieben, somit eine Bewegung, 
die lediglich die Thalablagerungen betraf, eine Art Nachsackung, fest- 
gestellt. Es ist wohl erlaubt, für die Tertiärzeit einen Thalboden in 
der Höhe von 1300 m anzunehmen. In diesen senkten sich zwei 
schmälere Thalböden ein, ein nördlicher und ein südlicher, von denen 
nur noch der letztere heute als Wasserader benützt wird. 

Für die Höhenlage der Tertiärthäler des obersteierischen 
Doppelthalsystems kann uns die Bodenplastik der Gegend von Ober- 
wölz einige Anhaltspunkte geben. Südlich gegenüber von Oberwölz, 
dessen Kirche in 828 m liegt, erreicht das gegen das Thal einfallende 
Conglomerat eine Höhe von etwa 1000 m, westlich vom Eselsberger 
Bach hat es eine Mächtigkeit von 200 m, von 900 bis etwa 1100 m, 
und in dieser Höhe dehnt sich auf der gegenüberliegenden Seite die 
grosse, in der Diluvialzeit vergletscherte Ebene von Pöllau aus. Bei 
ungestörter Lagerung wäre es das nächstliegende, für die Tertiärzeit 
eine der heutigen entsprechende Thalsohle anzunehmen, und eine 
starke Geröllführung, welche die heutigen Thäler bis zur Plateauhöhe 
ausfüllte. Nun sind aber sämmtliche tertiären Reste geneigt nach Norden 
oder Nordwest, wie abgesunken von diesem Plateau. selbst. Und daher 
dürfen wir wohl in eben diesem Plateau die Höhe der tertiären Thal- 
sohle sehen. Stellt das Conglomerat von St. Lambrecht das Gerölle 


1) Cöte 1198 bildet beiweitem nicht die Terrassenhöhe. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 26 


202 Karl Oestreich. [38] 


des tertiären Flusses dar, so war der Neumarkter Sattel in der Höhe 
von etwas über 900 m der tertiäre Thalboden. In 800 — 900 m liegen 
zu beiden Seiten der Mur Terrassen, so Schrattenberg und die auf- 
fällige Stufe im Gehänge des linken Ufers bei Unzmarkt; auch das 
Thonvorkommen im Waltersbachgraben lässt sich hier einbeziehen. 

Schwieriger gestaltet sich die Untersuchung im Judenburger 
Becken. Der Anhaltspunkt, den uns die Hügel der tertiären Vorstufe 
gewähren, die bis gegen 900 m Sand- und Geröllbedeckung tragen, wird 
durch die Verhältnisse an der nördlichen Seite in seiner allgemeinen 
Giltigkeit beeinträchtigt, da die tertiären Ablagerungen hier unter die 
heutige Thalsohle tauchen. 

Nun ist ja die jüngere Tertiärzeit in unserer Gegend überhaupt 
keine Erosionsperiode, sondern eher eine echte Aceumulationsperiode, 
aber eine über 200 m betragende, gleichmässige Ausfüllung des Beckens 
ist bei der relativ kurzen Zeit seines Bestandes!) an sich unwahrschein- 
lich; und zu dem deutet gerade der verschiedene Charakter der Nord- 
und Südseite auf Gebirgsbewegungen, auf Verschiebungen, so dass der 
Nordflügel dem Südflügel nicht mehr entspricht. Wir haben hier eine 
Bruchregion, die erst in der Diluvialzeit oder kurz vor derselben zur 
Ruhe kam. Darauf deutet auch die obenerwähnte Anwesenheit der 
Quellen von Sauerbrunn am Pölshals und Sauerbrunn gegenüber von 
St. Lorenzen. 

Wahrscheinlich lag der tertiäre Thalboden etwa in der Höhe des 
Öbdacher Sattels. 

Wie passt das nun zu unserer Annahme, dass die Mur über den 
Obdacher Sattel in das Lavantthal floss? Verliessen wir doch die 
tertiäre Mur in einer Höhe von etwa 900 m, während der Obdacher 
Sattel heute noch in 951 m liegt! 

Das Judenburger Becken ist nach unserer Annahme durch Ein- 
brüche entstanden. Das heisst: längs Bruchspalten sind Theile des 
Gebirges in ihrer Lage zueinander verschoben worden. In unserem 
Falle, an der Bruchspalte, die das Becken südlich begrenzt, mag der 
nördliche Flügel abgesunken sein, der südliche hingegen eine Hebung 
erfahren haben, eine Hebung, die diesmal ein ganzes Gebirgsstück, 
den Grössenbergstock und das Flussgebiet des oberen und mittleren 
Lavantthales, betraf. 

Bewiesen ist diese Lösung nicht, wohl aber verdiente sie, an Ort 
und Stelle auf ihre Richtigkeit geprüft zu werden. 

Der hypothetisch geforderte Abfluss der Mur über den Obdacher 
Sattel, der etwa 150 m gehoben sein mag, wäre gerettet, und damit 
zugleich die Möglichkeit einer Erklärung des engen mittleren Lavant- 
thales, des Twimberggrabens, angebahnt. Schon Lipold?) bemerkte 
1854, es bestünden Andeutungen dafür, dass eine Verbindung des 
Tertiärs des oberen Lavantthales mit dem des unteren bestanden habe, 
jedoch nicht durch den Twimberggraben, sondern über den niederen 
Sattel bei Prebel und das Auethal Ich konnte gerade diese Gegend 


!) Unter der Voraussetzung, dass es erst seit der Zeit der Congerienstufe 
besteht. 


?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1854, pag. 890. 


[39] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 203 


nicht besuchen und muss mich .daher auf Lipold’s Angabe verlassen, 
seine „Andeutungen* als Spuren tertiärer Ablagerungen auffassen. Aber 
auch bei meiner flüchtigen Durchwanderung des Lavantthales war mir 
klar geworden, dass das Niveau des oberen Lavantthales als ein deut- 
liches Plateau in der Höhe von eirca 900 m sich hoch über dem Twim- 
berggraben fortsetzt. Und die Entstehung dieses vielfach gewundenen 
Durchbruchthales wäre die, dass der Fluss !) des oberen Lavantthales 
nach eingetretener Hebung und erneutem Beginn der Erosion seines 
Mittellaufes sein altes Bett nicht mehr fand und sich ein neues ero- 
diren musste. 

Dies ist nur bildlich gesprochen, in Wirklichkeit wird die Erosion 
von der Tiefe des unteren Lavantthales ausgegangen sein. 

Das untere Lavantthal, das breite, in nur mehr rund 400 m 
Meereshöhe gelegene Becken zwischen Saualpe und Koralpe, stellte, 
wie jüngst Höfer?) in einer äusserst lesenswerthen Arbeit gezeigt hat, 
in der Zeit der ersten und im Beginn der zweiten Mediterranstufe eine 
Meeresbucht dar. Die Fossilien des Germersdorfer Baches bei St. Andrä 
gehören dem oberen Grunder Niveau an, also den Schichten, die im 
ausseralpinen Wiener Becken den Aequivalenten des Leithakalkes und 
des Badener Tegels vorangingen. Zur Zeit der Meerestransgression des 
Wiener Beckens war das Lavantthal nicht mehr vom Meer erfüllt. Es 
kamen nun nur noch Sande, Lehme und Conglomerate mit Mastodon 
angustidens zur Ablagerung. Aber auch noch in dieser Zeit wird die 
Mur ins Lavantthal abgeflossen sein. Erst infolge jener Hebung, die wir 
in das Pliocän, wenn nicht noch später anzusetzen haben, suchte die Mur 
das Längsthal innerhalb der obersteierischen Gneisszone auf. Vielleicht 
dass die Region der Brüche sich bis an das Knie dieses letzteren fort- 
setzte, so dass der Erosion gute Angrifispunkte geliefert wurden. 

Für die Höhenbestimmung des Tertiärthales von Leoben mag das 
Conglomeratvorkommen vom Jägerhaus auf dem südlichen Thalgehänge 
in einer Höne von 660 m wegweisend sein. Vielleicht lag der tertiäre 
Thalboden in dieser Höhe: und da auf der nördlichen Thalseite die 
Conglomerate bis zu einer Höhe von über 1000 m ziehen und sich 
jenseits derselben wieder senken, hätten wir auch für diese Gegend 
eine Bewegung nachgewiesen, die Thal und Grundgebirge in gleicher 
Weise verschob. 

Auch das Conglomerat auf dem Greggerberge bei Bruck an der 
Mur in circa 560 m deutet wohl die Höhenlage des tertiären Flusses 
über dem heutigen Thale an. Entspricht ihm doch auf dem jenseitigen 
Ufer die Terrasse, auf der die hl. Geistkapelle liegt. 

Von da an hätte sich die tertiäre Thalsohle wieder zu heben, 
und im oberen Fröschnitzthal wäre das heutige Thal dem tertiären 
nach Höhe und Breite annähernd gleich. Von den Verhältnissen über 
dem Semmering wurde bereits gesprochen, und es ist nun an der Zeit, 
diesem selbst ein Alter zu geben, zu suchen, ob in unserem Gebiete 
nicht auch ältere Thalniveaus ausgedrückt sind. 


!) Nicht das Meer, wie Lipold meinte. 
?) Höfer, Das Miocän bei Mühldorf in Kärnten. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1892, pag. 311. 
26* 


204 Karl Oestreich. [40] 


3. Ueber ältere Thalniveaus. 


Steht man auf dem Gstoder, dem höchsten Berge des oberen 
Doppelthals zwischen Mur und Seebach, so geniesst man wohl des 
besten Ueberblickes über das gesammte obere Murbecken mit. seinen 
drei Thälern, dem südlichsten: Thoma- und Murthal, dem mittleren: 
Mur-, Leissnitz-, Seebach- und Rantenthal, dem nördlichen: Taurach-, 
Krakau- und Schöderthal; man sieht die drei Einschnitte, durch welche 
die drei nördlichen Thäler in diagonalem Laufe das südliche, das Thal der 
Mur, erreichen. Im Norden schliessen die Niedern Tauern ab, die Kalk- 
spitzen der Radstädter Tauern im Nordwesten, im Südwesten der Zug 
des Hafner, der zum Ankoglmassiv gehört, im Süden der Stock des 
Königstuhls, an den sich gegen Osten die niedrigeren Berge der Phyllit- 
mulde anschliessen. Den Horizont im Nordosten und Osten beschliesst 
der Kamm der nach Südost umgeschwenkten Axe der Niedern Tauern. 
Ausser im Südosten ist das Bild also geschlossen. 

Die Gipfelhöhen der Tauern — der krystallinischen Niedern, wie 
der triadischen Radstädter Tauern — entsprechen einander: 2500— 
2800 m, auch die höchsten Gipfel des Königstuhlstockes überschreiten 
2400 m. Somit ist die nördliche und die südliche Wasserscheide in ge 
weniger 2500 m gelegen. 

War das Gebirge nach seiner Faltung ursprünglich ein ge- 
schlossenes Gewölbe, so hätten wir in diesen heutigen Wasserscheide- 
rücken die Reste der ältesten Gebirgsanlage zu sehen. Innerhalb 
dieser beiden Rumpfgerüste spielte sich nun die Thalentwicklung ab. 

Es entstand der erste Unterschied von Berg und Thal, und wie 
weit die Erosion in jenem Entwicklungsstadium ging, müssen uns die 
innern Randregionen der Rumpfrücken, sowie etwaige Reste in der 
Mitte des breiten ältesten Thales zeigen. In der That besteht eine Vor- 
stufe, sowohl vor den Niedern Tauern, wie vor den Königstuhlbergen. 

Betrachten wir zunächst die Abhänge der Tauernberge gegen das 
Lungau. Da läuft vom Gurpetschegg der Kamm der Tanninghöhe in 
2112 m nach Süd vor, vom Hundstein der Kranitzl 2070, auch auf 
dem von der Kreuzhöhe herabziehenden Gensgitsch-Berg lässt sich das 
2000 + Niveau festhalten; bei dem vom Kasereck herabziehenden 
Kamm ist die Spur verwischt, wenn nicht der Gummaberg in 2223 m 
unser Niveau darstellt; vor dem Preberstock aber der Lerchriegel in 
2138, dann die Preberalpe, jenseits des Rantenbaches der Arnlug 2155 m. 
Weiter gegen Osten scheint die Vorstufe sich etwas zu heben; die 
Doekner Alpe in 2207 m, Cöte 2200 unter dem Feldeck. 

Die Neigungsverhältnisse dieser ersten Thalanlage können die 
umgekehrten gewesen sein, oder aber die 2000 + Niveaus sind verwischt. 

Im Süden stellen die Vorberge wie der Hühnerleitennock und die 
Würflingerhöhe (2171 und 2195 »n) die älteste Thalanlage dar. Und 
dass auch der Thalursprung, sei es nun des Hauptflusses oder aber 
eines Nebenflusses, ungefähr in derselben Höhe lag, beweist das linke 
Gehänge des Zederhausthales, das die Phänomene in den Lungauer 
Querkämmen wiederholt, indem ein 2000— 2100 m Niveau stets wieder- 
kehrt. In der Ansicht, dass sich auch diese älteste Mur nach Osten zu 
richtete, aber dann in der Phyllitmulde nach Süden abschwenkte, kann 


[41] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 205 


uns der Umstand bestärken, dass zwischen der umgeschwenkten Tauern- 
axe und dem Königstuhlstock das Niveau von 2000 + in der Frauen- 
alpe (2004 m) das höchste der Gegend ist. 

Ein Rest des alten Thalbodens ist aber auch der Berg, auf 
dem wir uns befinden, der Gstoder selbst, mit seinen 2141 m Meeres- 
höhe. 

Somit hätten wir das Niveau des ursprünglichen Gebirges in 
2500 m, die älteste Thalanlage im 2000 +. Auf diese Basis erodierten 
die Nebenflüsse ihre Betten, "hier wurden die ältesten, heute natürlich 
verschwundenen Flussgerölle abgelagert. 

Aus irgend einer Ursache, die wir nicht kennen, muss sich nun 
im Unterlauf des Flusses eine Senkung zugetragen haben, und von 
dieser neuen Erosionsbasis aus begann eine neuerliche Erosion: es 
sanken zwei Thäler in das alte Thalniveau ein, zwischen denen der 
Gstoder als ein zweites Rumpfniveau stehen blieb. In dieser Zeit also 
finden wir den Beginn der Doppelthalbildune. 

Auch über den Betrag dieser neuen Erosion kann uns der Blick 
vom Gstoder Auskunft geben. Der Kamm zwischen Krakau und See- 
thal mit dem Waldschober (1789) und einigen noch etwas höheren 
Punkten gibt uns das zweite Thalniveau an. Dasselbe Niveau (1790 
und 1801) hat, dem Gstoder benachbart, der nordöstliche Ausläufer 
des Lasaberges, das Lercheck unter dem Preber (1705), der Schwarzen- 
berg zwischen Thomathal und Murthal (1778). Weiter östlich, in der 
Phyllitmulde, ist es das allgemeine Gipfelniveau; zwischen Ranten- 
bach und Mur der. Kramerkogl (1806), zwischen Katschthal, Mur- 
und Rantenthal die Stolzalpe (1816), zwischen Wölzerthal, Mur- und 
Katschthal die Pleschaitz (1797), südlich der Mur die Kuchalpe 
(1770), die Kuhalpe (1784 m). Die Gebrenze (1870 m) scheint erst 
im letzten Theil dieser Erosionsperiode zum Rumpfniveau geworden 
zu sein, wenn nicht die früher erwähnte meridionale Aufwölbung der 
Kalkplatte, deren höchste Erhebung sie darstellt, erst in der Folge- 
zeit eintrat. 

Und einer dritten Erneuerung des Flusslebens entspricht dann 
das ausgebildete Doppelthal. Denn in die erwähnten Reste des 1700 
bis 1800 m Niveaus erscheinen ja Thoma- und Mur-Taurachthal einge- 
senkt, ferner die Diagonalstrecken des Ranten-, Katsch- und Wölzer- 
thales. 

Die Erosion dieser Thäler fand nun bis zu einem Niveau statt, 
dem im allgemeinen die Höhenlage von 1500 m entspricht. 

Reste dieses dritten Thalniveaus haben wir im Mitterberg zwischen 
Mur und Taurach (1578) zu sehen, im Lessenberg westlich von Schöder 
(1469), im Aichberg: südlich Oberwölz (1440.m). 

Und erst als in diesem Niveau neuerliche Erosion platzeriff, 
wurde das Schöderthal individualisirt, wurde der Pleschaitzstock durch 
den Hinterburger Graben in zwei Theile getheilt, und in diesem vierten 
Erosionsstadium haben wir wohl die Arbeit der Tertiärzeit zu sehen, 
deren Thalboden wir auf anderem. Wege schon in einer Höhe von 
1300 m zu finden glaubten. 


206 Karl Oestreich. [42] 

Fassen wir zusammen, so ergibt sich. 

Niveau I: ursprüngliche Anlage des Gebirges . 2500 m 
A If: erste "Thalanlasemen a m Pre 
„.  lI: zweite a en hohes 3. N 
„1 V., Uritte : BB Ang 133 141 
. V: vierte 5 (tertiär) ; 7100005 
RN: inite e (recente Thäler) ...1000--700 m. 


Diese Reihenfolge bleibt selbstverständlich hypothetisch, und erst 
müssten die ganzen Alpen in dieser Weise studirt werden, ehe wir 
diese Schlüsse verallgemeinern oder sie auch nur für unser Gebiet 
als gesichert annehmen dürften, ehe wir im vierten Niveau das der 
Kreidethäler sehen dürften. 

Schon in dem östlichen Theile unseres Längsthalzuges finden wir 
diese Verhältnisse nicht mehr so klar. Das Bild wird sehr complieirt 
durch das Absinken des Ostflügels, die Gehänge zu beiden Seiten ent- 
sprechen sich nicht mehr, und die orientirenden Höhenansichten geben 
uns nicht mehr. so unmittelbare Antwort. 

Einige entscheidende Züge bietet uns aber auch hier das Land- 
schaftsbild.. Um dasselbe nicht allzusehr zu verwirren, sei es uns 
erlaubt, die Südwest-Nordost-Richtung auch im alten Gebirge, der 
ersten Gebirgsanlage, als die bestimmende vorauszusetzen. Sofort wird 
uns nun auffallen, dass Nord- und Südgehänge sich nicht entsprechen. 
Im Norden begrenzt unser Thal mit kurzen Unterbrechungen ein Wall 
von Bergen, die eine Höhe von 2000 m erreichen oder übersteigen. 
Zunächst die Sekkauer Alpen, dann der Reiting, der Reichenstein, die 
Hochsehwabgruppe, Hochveitsch, Schneealpe, Raxalpe und Schnee- 
berg. Dem hat das Südgehänge, von dem orographischen Gabelungs- 
punkt am Speikkogl an gerechnet, nur noch Höhen von 1700 m 
entgegenzustellen, den Hochlantsch (1722) östlich der Mur, und 
zwar ihres zweiten Durchbruches, und dann erst wieder Stuhleck 
(1783) und Wechsel (1738) in der Semmeringgegend. Das Stuhleck 
gehört orographisch einem vorderen Zuge an, dem östlich des Mur- 
knies das Rennfeld entspricht, der Wechsel dem hinteren Zuge, und 
ihm entspricht der Hochlantsch. Zwischen Stuhleck und Wechsel ist 
das Feistritzthal, ein Parallelthal zur Mürz, eingeschaltet, zwischen 
Rennfeld und Hochlantsch die Breitenau. IR 

Dass Absenkungen stattgefunden haben, ergibt sich daraus, dass 
der erwähnte hintere Zug unmittelbar an die Einbruchsregion des 
pannonischen Beckens grenzt. Wir gehen vielleicht nicht fehl, wenn 
wir als ursprüngliche Höhe für Stuhleck und Wechsel und Hochlantsch 
das Niveau der nördlichen Randberge (2000 m) annehmen, so dass die 
Senkung 300 m betragen würde. 

Der Kamnı zwischen Speikkogl der Gleinalpe und Hochlantsch, 
also der Abfall der Centralalpen gegen das Grazer Becken, erreicht nur 
Höhen von 1600 m, diese aber in auffälliger Constanz. Dieselbe Höhe 
hat das Rennfeld, dieselbe die Pretulalpe vor dem Stuhleck (Fenster- 
alpe 1642, Hochalpe 1643, Mugel 1632, Rennfeld 1630, Pretul- 
alpe 1656 m). 1600 m ist somit das Hauptniveau der südlichen 
Thalseite, vielleicht die Höhe der ersten Thalanlage im neugefalteten 


a ea Eu Öl = 7. d2l ul u Lu Zu 42 ee Zr me le u u au 2 m BT a A ee 


[43] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 207 


Gebirge. Auf der nördlichen Thalseite spielt dieses Niveau jedoch nicht 
diese Rolle. Ihm entspricht daselbst wohl das 1800 m-Niveau, wie die 
Messnerin (1836) vor dem Ebenstein, die Windgrube (1810) vor dem 
Hochschwab, Schönhaltereck (1839) und Ameisbühel (1830) auf der 
Schneealpe, und eine niedere Stufe auf der Rax. 

Die Stufe von 1400 + dagegen ist auf beiden Thalseiten gleich- 
mässig bestimmend. Man vergleiche den Zeherer Alp - Troiseckzug 
zwischen Stübming und Mürz mit Schwarzkogl-Pürschtling zwischen 
Mürz und Feistritz. 

Das wäre das ursprüngliche Gebirgsniveau, erste und zweite Thal- 
anlage. Treffen die bei dem oberen Murbecken angenommenen Ver- 
hältnisse auch hier zu, müssen wir zwischen dieser zweiten Thalanlage 
und der Tertiärzeit noch eine dritte erwarten, wie in der Höhe von 
1000 bis 1100 m in der That eine dritte in Semmering, in der 
Teichlalpe im Hochlantschgebiet, im Joch zwischen oberem Adlitz- 
graben und Preiner Gsoll, im Preiner Gscheid und in Terrassen, wie 
in der Breitenau, existiert. Das tertiäre Niveau endlich lag in 900 
bis 600 m Höhe. 

Es wäre nun nur noch nöthig, für jeden Theil des Gebietes diese 
Stufen festzustellen oder zu prüfen, in welchem Niveau in jeder ein- 
zelnen Region Flussleben vor sich ging, denn ein solches weitver- 
zweigtes Stromgebiet kann eine wechselvolle Geschichte hinter sich 
haben oder hatte sie thatsächlich, wie aus den manigfachen Rumpf- 
horsten hervorgeht, dem Floning (1584), dem Thalerkogl (1656), dem 
Sonnwendstein (1523 m), die immer Zwischenstadien in den einzelnen 
Erosionsperioden bedeuten würden. 


Im ganzen lassen sich jedoch auch hier vom junggefalteten Ge- 
birge an fünf Erosionsstadien der Reihe nach festhalten: 


Niveau I: ursprüngliches Niveau des Gebirges . 2000—1700 m 


n H :Serste; Thalanlager a anna...) +, 1800—1600- , 
„ . HI: zweite ä ee 1400 

EV. dritte 2 (cretacische Thäler) 1100—1000 , 
5 V: vierte } (tertiäre Thäler) . 900— 600 „ 
DRAN: fünften; (recente Thäler) . 900— 500 , 


4. Ueber die Art der Umwandlung der tertiären Thäler 
in die heutigen. 


Als Beschluss unserer Ausführungen sei es gestattet, einige Bei- 
spiele zu geben für die Art und Weise, nach welcher Veränderungen 
in den Flussläufen stattfinden, nach welcher die tertiären Flüsse sich 
in die heutigen verwandelten. 

Das allmählige Einschneiden der Thalrinnen wird durch Be- 
wegungen des Untergrundes modifieirt. Flüsse werden von kleineren 
Nebenflüssen, die einer tieferen Entwässerungsader zuströmen, an- 
gezapft, und ähnliche Vorgänge mehr. 

Wenden wir uns zunächst zum Doppelthal des oberen Murbeckens, 
dort, wo die Mur den südlichen Arm darstellt, der nördliche von 
Schöder-, Katsch- und vom Wölzerbach gebildet wird, die durch 


208 Karl Oestreich. [44] 


diagonale Querstrecken der Mur zufliessen. Dieses Formgebilde endigt 
mit der Diagonalstrecke des Wölzerbaches. Aber diese Endigung be- 
steht nur für das heutige Thal. Das alte, tertiäre Thal lag, wie wir 
sahen, in rund 1000—1100 m, und etwa in derselben Höhe setzt sich 
das Thal von Oberwölz nördlich fort, zwischen Dürnberg und Schiesseck 
vom Schöttlgraben aus nach Osten ziehend, als ein echtes, mässig 
breitcs Thal mit sanft abgeböschten Gehängen. 

In 1100 m Meereshöhe setzt es hoch über dem Schöttlgraben 
ein, zieht einige Kilometer östlich bis in die Höhe von 1200 »n, wo es sich 
gegen Süden öffnet, und der Schönbergerbach nach dem Wölzerbach 
abfliesst. Das alte Thal steigt jedoch weiter an, umfliesst in einem 
gegen Norden gerichteten Bogen eine Höhe von 1393 m und erreicht 
jenseits derselben in 1316 m Meereshöhe eine sumpfige Thalwasser- 
scheide, Sümpfe, Moore und Seen mit träge fliessenden Verbindungs- 
strecken, nach Westen entwässert zum Schönbergerbach; östlich fällt 
der vom Schiesseck kommende Lachenbach in die Flanke, bringt 
grösseres Gefälle und grössere Wassermenge, also grössere Erosions- 
kraft mit, und fliesst mit dem östlichen Ausfluss der wasserscheidenden 
Strecke im alten Thal weiter als Gfellenbach, und dann, mit dem 
Zeyringgraben vereinigt, in die Pöls. 

Es ist ein Thalzug von Oberwölz, d. h. vom Schöttlgraben, bis 
hierhin, und auffällig ist der geradlinige, gefällreiche Lauf des Schön- 
bergerbaches aus diesem Thalzug nach Süden. 

Die Erklärung möchte etwa folgendermassen lauten: Es be- 
standen zwei Flussläufe hier, der Gfellen-Zeyringer Fluss und der 
Wölzer Fluss, in gleicher oder annähernd gleicher Höhe. Die Erosions- 
basis des letzteren wurde tiefer gelegt, er grub sich tiefer ein, und 
die ihm zuströmenden Bäche erhielten ein reissendes Gefälle, so dass 
sie nach rückwärts erodirten. In dieser Lage befand sich nun der 
Schönbergerbach, der dadurch in allmähligem Rückwärtseinschneiden 
das Gehänge des Gfellen-Zeyringerbaches angriff, die Wasser der 
Salchau (im Westen) von denen des Lachenbaches (im Osten) abschnitt 
und diesem selbst die Wasser der neuen Wasserscheide streitig machte; 
so dass die Salchau jetzt ein vom Wasser fast ganz verlassenes, ein 
„Trockenthal“ darstellt, der Schönbergerbach sich im alten Thal ein 
weites Quellbecken ausarbeiten konnte, und ohne den Lachenbach 
auch das Gfellenthal ohne Wasser wäre. 

Ob dieser Vorgang in der Tertiärzeit oder auf dem Boden des 
tertiären Thales stattfand, bleibe dahingestellt. Liegt doch die Wasser- 
scheide in 1316 m, und wir nahmen 1000-1100 m als Niveau des in 
der Tertiärzeit geschaffenen Flusssystems an. 

Jedenfalls haben wir hier ein typisches Bild der Flussentwicklung, 
und dieselben Phänomene finden wir an vielen Punkten des Doppel- 
thales wieder. 

Das Einschneiden der Flankenthäler geschieht immer von Süden 
aus. Im Süden erfolgte die verursachende Senkung, und die Zuflüsse 
auf der Nordseite der südlichen Ader wurden in ihrer Arbeit be- 
günstigt eben durch ihre Position gegen Süden, ihre Exponirung gegen 
Bestrahlung und Niederschlag. Ueberhaupt ist das nördliche Thal- 
gehänge fast stets mehr sculpirt und abgestuft als das südliche, das 


[45] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 209 


oft im Gegensatz hierzu eine einheitliche steile Wand darstellt: 
Katschthal zwischen Schöder und St. Peter, Wölzerthal zwischen 
Eselsbergerbach und Oberwölz u. s. w. 

Eine ähnliche Rolle, wie der Schönbergerbach, spielt der Graben, 
der vom Hinterburg-Plateau südlich von Oberwölz zum Katschthal 
zieht, ebenfalls direet nach Süd. 

Man steigt von Oberwölz ziemlich steil hinauf bis 1100 m (also 
-300 m etwa) und befindet sich oben in L!l2 m auf einem Plateau, in 
dem ein Bach seinen Ursprung nimmt und mit starkem Gefälle sich 
einen Graben ausgearbeitet hat, der mit streng südlichem Lauf nach 
wenigen Kilometern in etwa 760 m Meereshöhe in den Katschbach 
mündet. Dieser Hinterburger Graben stellt ein etwas unvollkommeneres 
Stadium dar, als der Schönbergerbach. Er hat den nördlichen Fluss- 
lauf noch nicht erreicht, weil dieser selbst in seinem diagonalen Quer- 
thal nach derselben Erosionsbasis sich vertieft und daher bereits 
300 m unter dem Ursprung des Baches liegt, der ihm in die Flanke 
zu fallen strebt. 

Ein Beweis für die Richtigkeit unserer Anschauung ist in den 
Resten einer 1100 m-Terrasse zu beiden Seiten im Gehänge über dem 
Graben zu sehen, durch die auf ihnen angelegten Bauernhöfe leicht 
kenntlich. 

Dieselbe Erklärung dürfte der bei der Wandritschbrücke (ober- 
halb Murau) in die Mur einmündende Saalbach, sowie der weiter 
westlich gelegene Einachgraben zwischen Gstoder und Lasaberg haben. 

Auch die Diagonalthäler könnten so gedeutet werden, wenn wir 
nicht in ihnen die eigentliche Gebirgsrichtung zu sehen hätten. Wir 
müssen uns hier vielfach in Hypothesen bewegen, aber bei derartigen 
Problemen kann uns jede Theorie eine Grundlage für erneute Prüfung 
geben; und ob immer die gegebene Deutung oder eine andere sich 
als richtig erweisen möge, die persönliche Ueberzeugung hat vor 
wissenschaftlichen Thatsachen zurückzutreten; zudem sind wir uns 
wohl bewusst, dass auf wenig betretenem Gebiet die Ersten meist 
straucheln. 

Noch interessanter und vielleicht noch deutlicher als die oben 
angeführten Fälle ist wohl die Flussverlegung, die das Sekkauer 
Becken und mit ihm das Judenburger betraf. (Siehe umstehend Fig. 3.) 

Steigt man vom Murthal gegen Sekkau zu das Becken hinauf, 
das sich, vom Thal aus gesehen, als ein spitzwinkeliges Dreieck dar- 
stellt, befindet man sich bis kurz vor Sekkau beständig in der Ab- 
lagerung von Lehm und Sand, die manchmal Kohlen enthält. Bei 
Sekkau, wo das Becken immerhin noch eine Breite von 3 km hat, ist 
jedoch dieser Lehm von einer mächtigen Geröllablagerung bedeckt, 
die von jetzt ab das Becken erfüllt. Wandert man nun weiter nach 
oben, so befindet man sich in einer Höhe von 900 m plötzlich über 
einem Abfall. Hier fliesst kein Fluss in das Becken ein. Der Fluss, 
der die Gerölle herbeiführte, fliesst nicht mehr ins Sekkauer Becken. 

Dafür dehnt sich uns zu Füssen ein inneres Becken. Sein Nord- 
gehänge ist die geradlinige Fortsetzung des Sekkauer Nordgehänges; 
also der Fluss des Sekkauer Beckens, der Ingeringfluss, fliesst entlang 
des Südgehänges. im oberen Sekkauer Becken, dann aber, durch einen 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. (K. Oestreich.) 97 


210 Karl Oestreich. [46] 


absolut i100 m hohen Rücken von dem eigentlichen Sekkauer Becken 
getrennt, in das von Judenburg hinaus. 

Das innere Becken ist unmittelbar unter dem Sekkatierı Steil- 
abfall um mehr als 100 m erniedrigt durch den Gradenbach, einen 
alten Jinken Nebenfluss des Sekkauer Baches, der jetzt in den Ingering- 
fluss fällt. Die Erosion hatte hier leichtes Spiel ; war einmal die 
Schotteranhäufung durchsunken, so bestand das innere Becken aus 
denselben weichen Schichten wie das von Sekkau. 


Fig. 3. 


Blick von der Höhe 879 im oberen Ingeringbecken. 


(„Tertiär“ bezieht sich auf den innersten Hügel rechts, „Judenburger Becken“ auf 
den Raum links davon.) 


Die Hügel im inneren Becken entsprechen mit ihrer Höhe von 
908 und ihrer Randterrasse von 947 m der Höhe des Sekkauer 
Beckens vollständig, und wir sind zur Annahme gezwungen: Sekkauer 
und Judenburger Becken lagen ursprünglich in gleichem Niveau. Dann 
erfuhr das Judenburger Becken, auf seiner Nordseite wenigstens, eine 
Senkung oder eine stärkere als das Sekkauer; und ein ins Juden- 
burger Becken mündender Bach, dessen späteren Schuttkegel wir schon 
sahen (s. o. bei Knittelfeld), gewann grössere Erosionskraft, so dass 
er nach rückwärts eirschnitt und schliesslich den Ingeringfluss des 
Sekkauer Beckens abfing. 

Der äussere Theil dieses Beckens wurde nun herrenlos und der 
innere Theil durch den Ingeringfluss direct zum Judenburger . Becken 
entwässert; dadurch aber wurde der Mittellauf des Flusses mehr er- 
niedrigt als sein alter Unterlauf. 


[47] Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 211 


Schlussbemerkung. 


Ausblick auf die posttertiäre Zeit. 


Nach Art der im letzten Abschnitte behandelten Vorgänge mag 
noch an vielen anderen Stellen das tertiäre Flusssystem eine 
Aenderung erfahren haben. Alle Tertiärschichten finden wir gestört. 
Gebirgsbewegungen und Eigenbewegungen der jungen Thalgebilde 
mögen das ihrige dazu gethan haben, die Tertiärablagerungen aus 
dem festen Verbande innerhalb der Gehänge des alten Gebirges ge- 
lockert zu haben, um sie so der atmosphärischen Denudation wie 
der fluviatilen Erosion preiszugeben. Und dann kam die Eiszeit, eine 
Zeit grossen Wasserreichthums, eine Zeit der Erniedrigung der 
Temperatur und damit der Schneegrenze. Vom Hochgebirge aus 
rückten die Gletscher vor. Im Thal der Taurach und in den Lungauer 
Querthälern drangen sie in die Taurachebene ein, wo sie ihre Moränen 
hinausbauten. Im Murthal selbst, zwischen St. Michael im Lungau 
und Tamsweg, kam es nicht zur Ablagerung von bedeutenden Moränen. 
weil kein Widerstand hier den Gletscher zwang, seine .Gerölle fallen 
zu lassen; aber die Gehänge wurden polirt und die Sättel vom 
Gletscher überschritten. Die weiter im Osten entstehenden Gletscher 
vereinigten sich im Gletscher der Krakau, dessen stolze Moränen- 
terrasse das nördliche Ufer des Krakaubaches krönt, und ein weiterer 
‚Gletscher wälzte sich über die Hochebene von Pöllau bei Oberwölz. 
Ueber den Neumarkter Sattel trug der Gletscher die Gesteine der 
Tauern bis in das Gebiet der Drau, und im Murbette selbst schoben 
sich die Eismassen bis kurz vor Judenburg. wo die Endmoräne oder 
eine der Endmoränen in einem das Thal querenden Hügel von 769 m 
erhalten ist, oberhalb dessen eine flache Depression sich weitet. Nach 
unterhalb dagegen setzt sich die Endmoräne in die sogenannte Mur- 
bodenterrasse fort. Auf dem linken Murufer kann man beobachten, 
wie das über den dort anstehenden Kalk geschobene Eis den Unter- 
grund aufriss, Moränenschlamm in die Ritzen des Gesteins hineinpresste, 
vermengt mit Geschieben und den eckigen Fragmenten des anstehenden 
Kalkes selbst. 

Moränen sind im ganzen Gebiete der Murvergletscherung ver- 
hältnismässig wenig erhalten, dagegen sind die glacialen Schotter all- 
gemein verbreitet. 

Im Osten, in der Semmeringgegend, fand keine Vergletscherung 
statt; höchstens kam es zur Bildung localer Gehängegletscher auf 
den Kalkplateaus. Aber die Erniedrigung des Klimas vermehrte die 
Wassermengen. Die reichen Niederschläge und die erhöhte Erosions- 
kraft der Flüsse zerstörten grosse Gebirgsmassen, ungeheuere Schutt- 
kegel begannen die oberen Thäler zu füllen, so beispielsweise das 
Tragössthal unter dem Hochschwab. Bergstürze und Schutthalden 
schnitten die Thäler förmlich ab, so dass hier, an der Grenze der 
Triaskalke gegen das alte Gebirge, wahre Karsterscheinungen, unter- 

ai” 


212 Karl Oestreich. [48] = | 


irdische Flussläufe, starke Quellen, zu Seen abgeschnittene Flussstrecken, 
Höhlen, auftreten, 

(Gletscher und Flüsse vereinigten sich dazu, die tertiären 
Bildungen auszuräumen oder sie mit jüngeren, theilweise zu Nagelfluh- 
gesteinen verfestigten Schottern einzuhüllen, so dass wir nur noch 
mühsam uns das Bild der tertiären Flussläufe reconstruiren können. 


Inhalts - Verzeichnis. 


ee Seite 
Vorbemerkung... en... u a RE 2 En 
I. Theil. f 
Geologisch - morphologische Skizze und Darstellung der tertiären 
Ablareningen 2.4. ante) ll Inf ale er .166 [2] 
Dassebere; Murbecken. 12.5. .0 . winlen Where Al es 
Des-Mürzbecken .. .. ;...m.u alE Lo ern Befnaeree ar ee an 1 A 
II. Theil 
Theoretische Betrachtungen . . . ".. 19%. ‚Jes] 
1. Ueber das relative Alter und die Flat Höhe a Tertiär- 
ablagerungen.. . 1 De 197 [33] 
2. Ueber die absolute Höhe der Tertiärthäler . . . . ME öl...) 
3. Ueber ältere Thalniveaus . . . 204 |40] 
4. Ueber die Art der Umwandlung. der tertiären Thäler in die 
heutigen zu. 1.1 6 ae er ee 207 [43] 
Schlussbemerkung. 
Ausblick Jin. die pogitertiare Zeit]. s0% ms 125. al season 210 [46] 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, II., Erdbergstrasse 3. 


in 


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des Olt- und Oltetzthales 


biete. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Erklärung zu Tafel I. 


la,b,c,d. Terebratella Mrazeki n. sp. 


le. 
2arb,e 
2d. 
a,b, 
4a, b. 


Da, .b. 


6. 
7a, b. 
Dxc: 
7.0. 
Sa, b. 
Sc. 
8d. 


Terebretella Mrazeki n. sp. 

Wuldheimia Pascuensis n. sp. 

Waldheimia Pascuensis n. sp., Vergrössertes Schalenstück. 
Anisoceras cf. subeompressum Worbes. 

Baenlites anceps Lanik. 

Terebratula carnea Sow, 

Gryphaea vesicularis Lamk. 

Orbitoides secans Leym. (Natürliche Grösse.) 

Orbitoides secans Leym. (Vergrössert.) 

Orbitoides secans Leym (Der Typus, wie ihn Leymerie abbildet.) 
Orbitoides Faujasi d’Orb. 

Orbitoides Faujasi d’Orb. (Vergrössert.) 

Orbitoides Faujusi d®’Orb. ‚Vergrösserter Längsschnitt.) 


nt 


K-ARedlich:Geolog Studien im Gebiete des Oltund Oltetz 


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A-Riss n.d.Nat.lıth Litk.Austiv'ti.banmwe 


Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX. 1899. 
Verlagderkk.Geologischen Reichsanstalt,Wien.Ill.Rasumoffskygasse 23 


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Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Erklärung zu Tafel II. 


Hippurites colliciatus Woodward var. Romanica m. v. 

Hippurites collieiatus Woodward var, Romanica m. v. Aeussere 
Form eines zweiten Exemplares 

Hippurites Lapeirousei Goldf. 

Hippunites Lapeirousei Goldf. Ein Schalenstück der Deckelklappe 
mit Poren (vergrössert). Pe i 

Janira af. striatocostata Goldf, 

Lima divaricata Dujard. 

Pleurotomaria sp. 

Orbitoides gensacica Leymerie. 


| AKiss nd.Nat lith Lith.Anstv.ThBannwarth,Wien. 
4 
2 


Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX. 1899. 
Verlag der kk.Geologischen Reichsanstalt WienIl.Rasumoffskygasse 25. 


Franz Kretschmer: Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 


Taf. III {I]. 


Querprofil der mährischen Devonformation. 


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[a [eo] NM - MA 7} [es 8 el a ale = Aa na n 


&.. 
Zeichenerklärung. 
Archäische Formation. Mittlere Gruppe der Devonformation. i Diabas-Mandelstein und Schalstein nebst Varietäten und mit 

busen f Thonschiefer, zu unterst phyllitähnlich. — Eisenerzlagern. 

Untere Gruppe der Devonformation. 9 Grauwackensandstein. k Grauwackensandstein und Thonschiefer. 
a Quarzit (Conglomerat und Schiefer). #3 A R a 3 Eulnfohmation: 
db Phyllit, dunkelgrau, thonschieferähnlich. Obere Gruppe der Devonformation. Be EN: on ar 
ce Diabasschiefer und Tufte nebst Varietäten. h Thonschiefer, z. Th. kalkhaltig, dachschieferähnlich mit inter- y enSanasem un ONEENIBZET: 
d —— Eisenerzlager oben, und Crinoidenkalkstein unten. calirten Grauwackensandstein, Kalksteinlagern und organischen 
e Quarzsandstein. Einschlüssen. z Jungtertiäre und quartäre Ueberlagerung. 


r} 3 4 s 6 7 8 9 10Km 
1:100000 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III, Rasumoffskygasse 23. 


F. Kretschmer: Die Eisenerzlagerstätten des mährischen Devon. 


3 


TRarelalvae): 


Die Sisenerz-Tagerstätten bei Sinhke nächst 
MM aährisch-I eustadt. 


SEI Reiches Rotheiseners, überwiegend Schlich, 


III wenig PR 

SQ Hivseleisenstein, massig, sehr fest, ». Ih 
NN schotterartig zerfallen 
Crinoiden-Halkotein, massig, 
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Diabasschiefer nebst Varietäten, =. Ih in 

anilde bis Ieblemartige Massen seretst 
MIT Shonshisfer, phyttushntich. 
KANN] Shonschiefer, In hich Alastisc, sandiyg. 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, III. Rasumoffskygasse 23. 


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Tafel V. 


Die Fauna der unterpontischen Bildungen um Londjica in 
Slavonien. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 1. Heft. 


Erklärung zu Tafel V. 


Fig. 1. Limnaeus cf. velutinus Desh. — Natürliche Grösse. — Babindol. 
Fig. 2. (2) Limnaeus nobilis Reuss. — Natürliche Grösse. — Crnaklada. 
Fig. 3. Limnaeus simplex n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 

Fig. 4. 

Fig. : ' Planorbis Turkoviei n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 
Die. 6. 


Fig. 4 von a—b obere Schalenfläche; von 5 weiter innere Schalenfläche 
der unteren Seite des Gehäuses. 
' Fig. 5 von a—b untere Schalenfläche; von b weiter innere Schalenfläche 
der oberen Seite des Gehäuses: 
Fig. 6 untere Schalenfläche. 


Fig. 7. Planorbis tenuistriatus n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 

Fig. 8. Pisidium costatum n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol.' 

Fig. 9. Pisidium protractum n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 

2e 2 } Limnocardium asperocostatum n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 
San. 


Fig. 11 vergrössert dargestellte Sculptur eines Schalentheiles (nach einem 
Abdrucke gezeichnet). 


Fig. u. | Limnocardium Abichiformis n. f. — Natürliche Grösse. — Babindol. 


Anmerkung: Die Sculptur der Fig. 4 (von a—b) ist blos bei entsprechenden 
Wendungen gegen das Licht, die. Sculptur von Fig. 7 indessen, blos a An- 
wendung der Lupe sichtbar. 


A.Swoboda ndNat gezulith, Litlı Anst v.Th.Bannwarth,Wien 


Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX. 1899. 
Verlagder kk.beologischen Reichsanstalt,Wien.Il.Rasumoffskygasse 23. 


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Karl Oestreich. Ein alpines Längsthal zur Tertiärzeit. 


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Alle Rechte vorbehalten. M 


Jahrbuch der k. k. geol 
Verlag der k. k. geologischen 


Tafel VI. 


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aus Geröllen des Gneiss- und 
Schiefer-Gebirges. 


4 Conglomerate des Hauptflusses im Mürzbecken 
und seiner Nebenflüsse. 


P. Ausgeführt im k. und k. militär-geographischen Institute. 


Q) 10 80 90 Kilometer. 


‚ Band XLIX, 1899. 
III, Rasumoffskygasse 23. 


ee Studien im Gebiete des Ole un Diebanhuien, n 


Von Dr. K. A. Redlich. Mit 2 lithographirten. { 
und IN) und 7 Zinkotypien In Der a 


“ engen des mährischeo Devanı H& Franz 


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Ein abi Längsthal zur ee a reich. 
Re im Eu 


Ausgegeben am 30, Jnli 1899, 


JAHRBUCH 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


EOLDGISCHEN REICHSANSTALT 


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ie JAHRGANG 1899. XLIX. BAND. 
10 

iz 2. Heft. 

Mit Tafel VIL-XIIM. 

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je: Tor A 2380- 

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E: Wien, 1899. 

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a Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt. 


Fin Commission bei R. Lechner (Wilh. Müller), k, u. k. Hofbuchhandlung, 
I., Graben 31. 


wenns 


Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden 
des Stramberger Tithon. 


Von MUDr. Maurie Remes. 
Mit 2 Tafeln (Nr. VII [1]—VIII [2]) und 6 Figuren im Text. 


Die vorliegende Arbeit ist als eine Ergänzung der trefflichen 
Monographie der Brachiopoden Strambergs, welche Prof. Eduard 
Suess geschrieben hat, sowie der Arbeiten Professor Zeuschner’s 
über denselben Gegenstand, zu betrachten. Seit dem Erscheinen 
dieser Werke sind nahezu vierzig Jahre verflossen. Während dieser 
Zeit wurden die Steinbrucharbeiten in Stramberg in immer grösserem 
Maßstabe betrieben und so gelang es besonders in den zwei letzten 
Decennien, ein grosses Material Stramberger Brachiopoden zu sammeln, 
welches, wenn auch nicht auffallend neue Arten lieferte, dennoch so 
manches Interessante aus dieser Abtheilung der tithonischen Fauna 
aufweist. Dazu treten neue Localitäten. Während das Material Hohen- 
egger’s, welches der Arbeit von Prof. Suess zugrunde lag, aus 
dem Steinbruche des Schlossberges und dem Gemeindesteinbruche, 
nur zum kleinen Theil aus Nesselsdorf herrührte, stammen die in der 
vorliegenden Arbeit beschriebenen Funde zum grössten Theile aus dem 
grossen Bruche des Kotou6, ferner noch aus dem Gemeindestein- 
bruche und zu einem nicht unbedeutenden Theile aus dem Nessels- 
dorfer Kalkstein. Besonders zu erwähnen wäre die Brachiopodenfauna 
des letztgenannten Fundortes, welche eine bedeutende Erweiterung 
unserer Kenntnisse zeigt. Der Vollständigkeit halber sind einzelne 
aus Stramberg schon bekannte Arten in neuer, durch Zeuschner 
und Zittel begründeter Auffassung aufgenommen worden. 

Die Arbeit hätte keinen Anspruch auf ÜOorrectheit, wenn es 
nieht möglich gewesen wäre, das neue Material mit den berühmten 
Funden der Hohenegger’schen Sammlung zu vergleichen. Durch 
das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Geheimrathes Pro- 
fessor Dr. v. Zittel in München ist dies ermöglicht worden und 
Herr Docent Dr. J. F. Pompeckj, Custos der Münchener palaeonto- 
logischen Sammlung, erwies mir die Ehre, meine Arbeit zu revidiren 
und durch wertvolle Zusätze zu ergänzen. Ich spreche beiden Herren 
an dieser Stelle meinen ergebensten Dank aus. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 2. Heft. (M. Remes.) 28 


214 Mauric Reme$. [2] | 


Terebratula Lihwyd. 
Terebratula pseudo-bisuffarcinata Gem. 


1845. Terebratula biplicata Zejszner: Palaeont. Polska opis ete., Nr. 5, 
Taf. V, Fig. 1—D. 

1858. T. bisuffarcinata Swess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 25, Taf. I, Fig. 1—3. 

1871. T. pseudo-bisuffareinata G. @. Gemmellaro: Studi palaeontologiei 
sulla Fauna etc., parte III, pag. 9, Taf. II, Fig. 7. _ 


Suess hat aus Stramberg unter dem Namen Terebratula bisuf- 
farcinata Schloth. Exemplare beschrieben, welche jedoch mit den 
Zieten’schen und Quenstedt’schen Formen nicht ganz überein- 
stimmen. Zejszner hat dies schon im Jahre 1860 hervorgehoben 
und später Zittel bestätigt. Gemmellaro hat Exemplare, welche 
genau mit jenen von Suess übereinstimmen, aus der tithonischen 
Stufe Siciliens von Falde di Monte Pellegrino (Palermo) als sehr 
seltene Funde abgebildet und mit Rücksicht auf die Einwendungen 
von Zejszner und Zittel Terebratula pseudo-bisuffarcinata genannt. 

Bezüglich der Stramberger Formen wäre zu bemerken, dass 
dieselben im Gemeindesteinbruch und in den etwas tiefer liegenden 
Nesselsdorfer Schichten vorkommen. Suess gibt an, dass die Nessels- 
dorfer Exemplare grösser sind, als jene der weissen Stramberger 
Kalke. Ich konnte bei vielen Stücken aus dem weissen und rothen 
Kalke das Gegentheil constatiren. 


Terebratula simplieissima Zejszner. 


1857. Terebratula simplieissima Zeuschner : Palaeontolog. Beiträge etc., 
pag. 13, Taf. IV, Fig. 1a—4a. 

1858. T. simptieissima Suess: Die Brachiopoden etc., pag. 26, Taf. I, 
Fig. 4, 5 und 6. 

1871. T. simplieissima Gemmellaro: Studi palaeontologici, parte III, 
pae 12, Tat. 11, Rio. 


Suess beschreibt von Willamowitz eine schmälere Varietät der 
Terebratula simplicissima (Taf. I, Fig. 6). Dieselbe kommt auch in den 
weissen Stramberger Kalken vor, obwohl viel seltener als die typischen 
Formen. Im rothen Kalkstein von Nesselsdorf ist sie dagegen viel 
häufiger. Ich habe daselbst nur diese flache schmälere Varietät mit 
verhältnismässig grosser Oeflaung für den Haftmuskel gefunden. Die 
Exemplare sind von verschiedener Grösse, doch wiegen kleine Stücke 
vor. Für Nesselsdorf ist diese Art neu. 


Terebratula Bilimeki Suess. 


1858. Terebratula Bilimeki Suess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 26, Taf. I, Fig. 7—9. 

1870. T. Bilimeki Zittel: Die Fauna der ältern, Cephalopoden füh- 
renden Tithonbildungen, pag. 138, Taf. 14, Fig. 9. 


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[3] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 215 


1871. Terebratula Bilimeki Gemmellaro: Studi palaeontologiei ete., 
pag. 13. 


Auch diese Art ist für den rothen Kalkstein von Nesselsdorf 
neu. Sie kommt in denselben Lagen vor wie Terebratula simplieissima, 
doch in geringerer Zahl. Die Mehrzahl der Exemplare weist kleine 
Dimensionen auf; in den weissen Kalken sind sie im allgemeinen 
grösser. 

Nach Zejszner ist Terebratula Bilimeki Swess identisch mit 
Terebratula pycenostictus Zejszner. Der letztgenannte Autor war der 
Meinung, dass Suess eine rippenlose Varietät seiner Art beschrieben 
hat, und dass also die Aufstellung einer neuen Art nicht begründet 
ist. Da aber bei Stramberg nur glatte Exemplare vorkommen und ich 
bei allen der vielen Stücke immer kreisförmigen Umriss und gleich- 
mässige Wölbung der Klappen vorfand, so kann ich nur für Aufrecht- 
erhaltung der Suess’schen Gattung eintreten. 


Terebratula immanis Zejszner. 
Textfiguren 1, 2 und 3. 


1856. Terebratula immanis Zejszner: Geologia do Latwego pojecia 
szastösow, pag. 232, nom. 

1857. T. immanis Zeuschner: Palaeontologische Beiträge zur Kenntnis 
des weissen Jurakalkes etc., pag. 9, Taf. I, Fig. 165 —4b; 
Taf. II, Fig. 55—115; Taf. II, Fig. 125. 


1871. T. immanis Gemmellaro: Studi palaeontologici ete., parte III, 
pag. 6, Taf. I, Fig. 8 und 9. 

non: 1858. T. immanis Swess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 28, Taf. II, Fig. 2. 


Die Formen, welche ich aus Stramberg besitze, stimmen nicht 
mit Abbildung und Beschreibung von Suess, wohl aber mit jenen 
von Zeuschner und Gemmellaro. Die von Suess abgebildete 
Form weicht durch den massigen Wirbel mit ganz kleinem Deltidium 
und durch die geringere Breite so sehr von dem Typus der Terebra- 
tula immanis Zeuschner ab, dass sie vielleicht eher als eine Varietät 
der Terebratula Tichaviensis aufzufassen ist; sicher kann sie mit T. 
immanis Zeuschner nicht zusammengeworfen werden. 

Zeuschner hat die Meinung ausgesprochen ), dass die von 
Suess abgebildeten Exemplare der Terebratula immanis und T. for- 
mosa sich von einander nicht unterscheiden lassen und daher nicht 
zu trennen sind. Es lässt sich nicht bestreiten, dass Zeuschner 
bis zu gewissem Grade Recht hat. Die Taf. I, Fig. 10—12 bei Suess 
abgebildeten Stücke wären wohl auf Grund des ganz abweichenden 
Commissurverlaufes als Terebratula formosa beizubehalten ; anders ist 
es mit Fig. 13. Diese Terebratel wäre eine Terebratula immanis, und 


!) Ueber die Brachiopoden des Stramberger Kalkes von Prof. Zeuschner. 
Neues Jahrbuch für Mineralogie von Leonhard und Bronn. 1860, pag. 678. 
28* 


216 Maurice Remes. A 


2 


zwar ein junges Individuum. Ich habe mehrere solche Stücke in 


meiner Sammlung. Pompeck;j ist ausserdem nach Prüfung der von- 


Suess bestimmten Stücke zu der Ueberzeugung gekommen, dass die 
von Suess als Bieskidensis bestimmten breiteren Stücke mit grossem 
Deltidium junge T. immanis sind, und dass Terebratula Bieskidensis 
eine recht seltene Form ist. 


Fig. 1. 


Terebratula immanis Zejszner. 


Meine Stramberger Exemplare, von denen das grösste hier ab- 
gebildet ist, sind im grossen Steinbruch des Kotouc gefunden 
worden. — An Dimensionen habe ich gemessen: Länge 104 mm, 
Breite 102 mm, Dicke 54 mm. 

Zwei andere Stücke haben folgende Maße: Länge 87—85 mm, 
Breite 85—90 mm, Dicke 45—45 mm. Zeuschner gibt für die 
grössten Formen aus Invald 84 mm Länge, 75 mm Breite und 50 mm 
Dicke an. 


[5] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 217 


Fig. 2. Terebratula immanis Zejszner. (Seitenansicht.) 


Fig. 3. Terebratula immanis Zejszner. (Stivnansicht.) 


918 Mauric Reme£k. [6] 


Terebratula cyclogonia Zeuschner. 
Textfigur 4a—d. 


1857. Terebratula cyclogonia Zeuschner: Palaeontolog. Beiträge etc., 
pag. 41 und 42, Taf. III, Fig. 1d—4d; Taf. IV, Fig. 15 und 22. 


1871. T. cyclogonia Gemmellaro: Studi palaeontologiei ete., pag. 8, 
Taf. D, Fig. 5 und 6. ” 


Fig. 4 


Fig. 4c. 


Terebratula eyclogonia Zeuschner. 


Nach Zeuschner ist sie identisch mit Terebratula Haidingeri 
Hohenegger-Suess, welche dieser Autor aus den Stramberger Schichten 
von Bobrek, Willamowitz und Zeislowitz beschreibt. Es kann keinem 
Zweifel unterliegen, dass Zeuschner Recht hat, denn diese Tere- 
bratula Haidingeri Hohenegger (Suess, l. ec. pag. 28, Taf. II, Fig. 1) 
ist wohl nichts anderes als eine 7. cyclogonia, deren Stirneommissur 
fast gar keine Biegung macht. Das von mir abgebildete Stramberger 


[7] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 219 


Exemplar stimmt genau mit dem von Gemmellaro, Taf. II, Fig. 6 
aus dem Tithon Siciliens abgebildeten Stücke überein. 


Diese Art ist für Stramberg neu. 


Terebratula mitis Suess. 


1858. Terebratula mitis Suess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 31, Taf. II, Fig. 5—7. 

1871. T. mitis Gemmellaro: Studi palaeontologiei etc., pag. 13, Taf. 
III, Fig. 4. 


In dem weissen Stramberger Kalk recht häufig. Aus dem rothen 
Nesselsdorfer Kalk war sie noch nicht bekannt. Ein Exemplar habe 
ich erst in der letzten Zeit aus diesen Schichten erhalten. Dasselbe 
ist sehr ähnlich der in Nesselsdorf häufigen Waldheimia caeliformis 
Suess, unterscheidet sich jedoch durch das gänzliche Fehlen eines 
dorsalen Septum, sowie der Schnabelkanten. 


Terebratula n. sp. ex af. mitis E. Suess. 
Taf. VII (1), Fig. 1a-—e. 


[ef. E. Suess: Die Brachiopoden der Stramberger Schichten, pag. 31, 
Taf. III, Fig. 5—7.] 


Dimensionen: 
Länge 13 mm, Breite 12 mm, Dicke 8 mm. 


Kleine Form von abgerundet dreiseitigem Umriss. Die gewölbtere 
grössere Schale trägt einen dicken, massigen, stumpfen Wirbel, der 
gegen die kleine Schale etwas übergebogen ist. Foramen undeutlich, 
Deltidium nicht sichtbar. 

Kleine Schale flacher, an der Stirn gegen die grosse Schale 
zu einem flachen Sinus ausgebogen, mit dem entsprechenden Verlauf 
der Stirneommissur. Die Commissuren der Seitenränder sind gerade. 

Sowohl die grosse, wie die kleine Schale tragen eine schmale 
Medianrinne, welche in ungefähr einem Drittel der Schalenlänge 
vom Wirbel entfernt beginnt und bis zum Stirnrand zieht. Der Stirn- 
rand erleidet dadurch eine kurze mediane Einbuchtung. Die Sculptur 
besteht aus dichtstehenden kräftigen Anwachsstreifen. Die Schale ist 
ziemlich grob punktirt. 

Das vorliegende Stück stimmt in seiner äusseren Gestalt mit 
Terebratula mitis überein, besonders gut mit Exemplaren, wie Suess 
l. c. Taf. III, Fig. 1 eines abbildet. Das Stück unterscheidet sich 
von T. mitis durch den massigeren Wirbel, durch die auf beiden 
Schalen deutlicher ausgeprägte Medianrinne und infolge derselben 
durch die deutlichere Einbuchtung des Stirnrandes. Es ist dabei 
noch zu bemerken, dass bei Terebratula mitis das Deltidium nie in 
der Grösse und Deutlichkeit zu beobachten ist, wie die Abbildungen 
6 und 7 bei Suess es zeigen. 


Vorkommen: Im weissen Stramberger Kalkstein. 


220 Mauric Remes. [8] 


Terebratula janitor Pictet. : | 
Textfigur Bad. | 


1837. Terebratula diphya Pusch: Polens Palaeontol., pag. 15, Taf. II, 
Fig. 13. 

1859. T. diphya Swess: Die Brachiopoden der Stramberger Schichten, 
pag. 34, Taf. III, Fig. 13. 

1863— 1868. T. janitor Pictet: Melanges pal&eontologiques, pag. 161, 
pl. 29, Fig. 4—6, pl. 30. 

1868. T. janitor Zittel: Die Cephalopoden etc., pag. 9. 

1871. T. janitor Gemmellaro: Studi palaeontologici ete., parte II, 
Taf. I, Fig. 5. 


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Fig. 5. 


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Fig. 5a. Fig. 5b. 


Terebratula janitor Pictet. 


Nach Zittel, der die Hohenegger’schen Exemplare, welche 
Suess beschrieben hat, zu untersuchen Gelegenheit hatte, sind die 
von Suess als Terebratula diphya Col. sp. aus Stramberg und Nessels- 


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[9] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 2921 


dorf angeführten Stücke identisch mit T. janitor Pictet. Bei Stramberg 
sehr selten. Ein schönes Stück von Nesselsdorf liegt in der Münchener 
Sammlung. Mein Exemplar stammt aus dem Steinbruch des Kotout 
und ist für diese Localität neu. 


Terebratula spec. 
Textfigur 6a —c (siehe umstehende Seite). 
Dimensionen: 


Länge 70 mm, Breite 45 mm, Dicke 38 mm. 

Ein unvollständig erhaltenes Exemplar, das wegen seiner Form 
erwähnt zu werden verdient. Dasselbe ähnelt der Terebratula Ticha- 
viensis Suess, ist aber durch die bedeutende grössere Breite im 
hinteren Theile der Schale von ihr unterschieden. Vielleicht könnte 
man dieses Stück als ein sehr grosses Individuum von Terebratula 
simplieissima, und zwar als dicke Varietät auffassen. 


Waldheimia King. 


Waldheimia trigonella Schloth. sp. 
Taf. VII (1), Fig. 2a-d. 


1820. Terebratulites trigonellus Schlotheim : Petrefactenkunde, pag. 271. 

1828. Terebratula (Ismenia) Hoeninghausü Defr. teste Deslong- 
ehamps: Revue des Törebratules descrites par Defrance etc. 
in Etudes eritiques sur des brachiopodes nouveaux on peu 
connus 1884, pag. 281, pl. 27, Fig. 1, 2. 

1830. T. aculeata Zieten: Versteinerungen Württembergs, pag. 58, 
Taf. 43, Fig. 3. 

1850. Terebratella Fleuriausa d’Orbigny: Prodrome II, pag. 25, Nr. 598. 

1868—1871. Terebratula trigonella Quenstedt: Petrefactenkunde Deutsch- 
lands: Brachiopoden pag. 280, Taf. 45, Fig. 1—12. 


Zwei kleinere und ein grösseres beschädigtes Exemplar aus 
dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 


Dimensionen des grösseren Stückes: Länge 14 mm, Breite 8 mm, 
Dicke 6 mm; des kleineren: Länge 3—4 mm, Breite 3—4 mm, 
Dicke 1—1!/, mm. 


Dictyothyris Douv. 
Dictyothyris altirostris n. sp. 
Taf. VII (1), Fig. 3a—d, 4a—d. 
Dimensionen: 
Länge 9—15 mm, Breite 8—12 mm, Dicke 6—10 mm. 


Die kleine Klappe von der Gestalt eines ziemlich regelmässigen 
Pentagons, gleichmässig gewölbt. Die grosse Klappe sowohl an Grösse 
als Wölbung die kleine bedeutend übertreffend. Zwei starke Leisten 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (M. Reme$.) 29 


299 Maurice Reme&. 


Fig. 6. 


Terebratula spec. 


[11] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 223 


durchziehen vom Schnabel zur Stirn divergirend die ganze Länge 
der grossen Klappe und begrenzen einen flachen Sinus. Zu beiden 
Seiten dieser Falten fällt die Wölbung der Klappe gegen die kleine 
Klappe recht steil ab. Der Schnabel dick, ziemlich lang, abstehend. 
Oefinung für den Haftmuskel gross. Deltidium hoch, etwas eng. 

Die Seulptur ist an einzelnen Schalen recht gut erhalten. Feine 
Falten strahlen in grosser Anzahl vom Wirbel und Schnabel gegen 
die Peripherie aus. Beinahe zwischen allen diesen Falten sind zartere 
eingeschaltet, welche jedoch nicht die ganze Länge der Schale durch- 
ziehen. Zarte Querstreifen, welche die Längsfalten kreuzen, ver- 
leihen der Zeichnung die Gestalt eines feinen Gitters. 

Die eben beschriebene Art steht der Oppel’schen Dietyothyris 
Kurri sehr nahe, ist aber von ihr durch den längeren, mehr ab- 
stehenden Schnabel verschieden. Sie kommt sowohl im weissen Stram- 
» berger Kalk als auch im rothen Nesselsdorfer Kalkstein vor, am 
letzteren Fundorte jedoch häufiger. Dieselbe Art ist aus dem oberen 
Malm von Tynice bei Krakau bekannt und kommt auch im weissen 
Jura = (Kieselkalk) von Amberg, sowie im Diceraskalk von Kapfel- 
berg bei Kehlheim vor (Münchener Museum). Etwas abweichende 
Stücke könnten als var. notoptycha bezeichnet werden (Taf. VII [1], 
Fig. 4a—d). Dieselben kommen ebenfalls im rothen Nesselsdorfer 
Kalk vor. Sie haben kleinere Dimensionen: 7—8 mm Länge, 6-—7 mm 
Breite und 5-6 mm Dicke stimmen sonst mit der eben beschriebenen 
Art überein und unterscheiden sich nur durch die kleine Klappe 
von ihr. Man findet nämlich an derselben zwei deutliche, vom Wirbel 
ausgehende, gegen die Stirn ziehende Leisten. Diese sind nur in der 
ersten Hälfte der Klappe stark ausgeprägt, verlieren sich gegen den 
Stirnrand hin, so dass sie in der zweiten Hälfte der Klappe kaum 
angedeutet sind. 

An einem Exemplar ist der Schnabel sehr lang, gegen die 
Spitze verengt und umgebogen. Die Oefinung für den Haftmuskel 
klein. Diese Varietät ist im weissen Stramberger Kalk noch nicht 
gefunden worden. Sie kommt im weissen Jura < (Kieselkalk) von 
Amberg vor. Quenstedt (Brachiopoden, Taf. 44, Fig. 127, 128) 
bildet ganz ähnliche Formen unter seiner Terebratula reticulata ab. 


Dictyothyris Chaperi Douv. 
Taf. VII (1), Fig. 5a—d. 


1886. Dietyothyris Chaperi H. Dowville: Sur quelques Brachiopodes 
du ‚terr. jur. Bull. d.r1. Soe.*d. 86 "hist. et nat. de 1’Yonne 
1885, pag. 59, Pl. W,- Fig’. 


Das abgebildete Stück mit dem langen, mässig gebogenen 
Schnabel entspricht ganz der Abbildung und Beschreibung, welche 
Douville von Dictyothyris Chaperi gab. — Fundort: Rother Kalk 
von Nesselsdorf. 

Dieselbe Form kommt ausserdem in verschiedenen Gebieten 
des oberen Jura vor; Quenstedt (Brachiopoden, pag. 273, Taf. 44, 
Fig. 129) beschrieb sie aus weissem Jura e von Sirchingen, ausser- 

297 


224 Mauric Reme£. [12] 


dem liegt sie in mehreren Stücken von Amberg, Streitberg und von 
Kapfelberg bei Kehlheim vor; sie ist ferner auch bei Stramberg 
(Münchener Museum) gefunden worden )). 

Douville erörterte bereits die Beziehungen unserer Art zu 
der von Zeuschner und Suess beschriebenen tithonischen 
Dietyothyris repanda, von welcher sie sich durch etwas kürzeren 
Schnabel und durch die deutlicheren Radialfalten unterscheidet. 


Dictyothyris Koprivnicensis n. sp. 
Taf. VII (1), Fig. 6@-d. 
Dimensionen: 
Länge 15 mm, Breite 14 mm, Dicke 11 mm. 


Beide Klappen stark gewölbt, besonders die grössere. Die 
kleinere hat einen fünfeckigen Umriss, die grössere die Gestalt eines 
sphärischen Dreieckes. Seiten- und Stirneommissur bilden ein breit- 
gezogenes W. Die erstere wird von drei deutlichen Falten in ihrer 
sanzen Ausdehnung durchzogen. Die Falten sind von bedeutender 
Stärke (besonders die mittlere) und beginnen schon am Wirbel. An 
der grossen Klappe ziehen zwei divergirende, einen flachen Sinus 
begrenzende, recht scharfe Falten von der Schnabelspitze zum Stirn- 
rand. Zwei weniger scharfe Schnabelkanten gehen vom Schnabel bis 
etwa zur Mitte des Seitenrandes. Schnabel dick, gegen vorn über- 
sebogen; Foramen gross, oval. Ein kurzes dorsales Septum ist vor- 
handen. Was die Zeichnung der Schale betrifft, so ist von ihr, da 
die obere Schalenschicht fehlt, nur an einzelnen Stellen eine zarte 
Punktirung, ausserdem dichtstehende concentrische Anwachsstreifung 
sichtbar. Unter den von Suess als Terebratula subcanalis be- 
schriebenen Formen von Stramberg, welche Zittel als von Wald- 
heimia subcanalis Münster verschieden und mit Terebratula (Dietyothyris) 
Euthymi Pict. übereinstimmend erkannte, befinden sich einige Stücke 
mit deutlicher Medianfalte auf der kleinen Schale (noch deutlicher 
als Suess sie l. c. Taf. III, Fig. 11 zeichnet.) 

Diese Stücke sind daher von Euthymi zu trennen und unserer 
Art nahezustellen. Auf Alters- und Wachsthums-Verschiedenheiten 
ist das Auftreten der Medianfalte nicht zurückzuführen, wie es Suess 
will. Diese Stramberger Form besitzt wie Dictyothyris Koprivnicensis 
ein deutliches Medianseptum. Die Bestimmung als Dictyothyris kann 
nur als vorläufig gelten, da von der Organisation des Armgerüstes 
nichts bekannt ist. Pompeckj stellt sie zu Dictyothyris, weil 

1. in Bezug auf die Sculptur und die Wulst-Sinusbildung nahe 
Anklänge an Dietyothyris Chaperi vorhanden sind; 


2. weil ebenso Aehnlichkeit und durch die oben erwähnte 
Stramberger Form wohl auch verwandtschaftliche Verbindung mit 
Terebratula Euthymi vorhanden ist. 


‘) Eine wahrscheinlich übereinstimmende Form sammelte Pompeckj im 
Kimmeridge der Dobrogea. 


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[13] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 295 


Nach Douville soll bei Dietyothyris zwar kein Medianseptum 
vorhanden sein, doch Quenstedt (Brachiopoden, Taf. 44, Fig. 119, 
120) zeichnet ein solches, allerdings sehr kurzes, bereits bei seiner 
Terebratula reticulata,;, Pompeckj konnte ein solches — wie bei 
unserer Art längeres — an mehreren Stücken der Dietyothyris Euthymi 
beobachten (welche darum auch nicht etwa zu Geonothyris zu stellen 
ist [ef. Douville], sondern richtiger zu Dietyothyris |cf. Rothpletz, 
Vilser Alpen, pag. 80; in Palaeontographica, Bd. XXXIII]). Im Kreise 
der Dietyothyris- Arten nehmen Dietyothyris Koprivnicensis, Euthymi 
und die von dieser abzutrennende Stramberger Form eine Sonder- 
stellung ein, indem sie sich ausser durch das längere Medianseptum, 
noch durch stärkere Faltung, kürzeren, niedergedrückten Schnabel 
und sehr kleines (bis fehlendes?) Deltidium von den übrigen Arten 
unterscheiden. 

Die hier abgebildete Dictyothyris Koprivnicensis ist im rothen 
Kalkstein von Nesselsdorf gefunden und nach diesem Fundorte, dessen 
eigentlich richtiger Name Kopfivnie lautet, auch benannt worden. 
Sie ist an dieser Localität selten. 


Megerlea King. 
Megerlea cf. tatrıca Zitt. 
Taf. VII (1), Fig. 8a—d. 
Dimensionen: 
Länge 4-13 mm, Breite 53—10 mm, Dicke 1—7 mm. 
lef. K. Zittel: Die Fauna der ältern, Cephalopoden führenden 
Tithonbildungen, pag. 261, Taf. 18, Fig. 21, 22.] 
Der Megerlea tatrica Zitt. nahe stehende Form, welche sich 
von den bei Zittel abgebildeten Stücken nur durch gröbere Radial- 
falten und durch gestreckteren Schlossrand der kleinen Schale unter- 


scheidet. 
Vorkommen: Rother Kalkstein von Nesseldorf. 


Megerlea tithonia n. sp. 
Taf. VII (1), Fig. 7Ta-d. 
Dimensionen: 
Länge 2—10 mm, Breite 3—12 mm, Dicke 1—6 mm. 


Der vorigen nahe verwandt. 

Grosse Schale mit sechs, kleine Schale mit sieben groben, ab- 
serundeten Radialfalten, welche von dichten concentrischen Anwachs- 
streifen gekreuzt werden, wodurch die Schale ein schuppiges Aus- 
sehen erhält. 

Area unter dem Wirbel der grossen Schale niedrig, sehr breit, 
mit scharfen Arealkanten. Schlossrand der kleinen Schale gerade mit 
langausgezogenen Ecken. Die langausgezogenen Ecken des Schloss- 
randes und die grössere Breite unterscheiden die vorliegende Art 
von der Megerlea cf. tatrica und bringen sie in ihrer äusseren Gestalt 


2926 Mauric Reme®. [14] 


der Terebratella pectunculoides Schloth. sp. und namentlich auch der 
Megerlea recta (uenst. sp. nahe; von beiden letzteren Arten ist Meger- 
lea tithonia aber durch die niemals scharfkantigen, sondern abge- 
rundeten Rippen verschieden. 


Vorkommen: Im Nesselsdorfer rothen Kalkstein. 


Megerlea proloricata n. sp. 
Taf. VII (1), Fig. 9a —d. 
Dimensionen: 


Länge 11 mm, Breite 12 mm, Dicke 7 mm, 
a m, e I mm, u nor AR 
ji D mm, & 4 mm, B: l mm. 


Umriss gerundet, fünfseitig, mit langgezogenen Schnabelkanten. 
Breitere und schlankere Formen. Beide Schalen fast gleichmässig 
gewölbt. Grosse Schale mit vorgebogenem, diekem Schnabel, der 
durch ein grosses Foramen abgeschnitten ist. Unter dem Foramen 
kleine Deltidialplättchen sichtbar. Eine eigentliche Area ist nicht 
ausgebildet, Arealkanten fehlen; der Wirbel zeigt daher rundlichen 
Querschnitt. Deutliche Areolen senken sich an den Seiten des Wirbels 
in die Schlossrandpartien der beiden Schalen ein. 

Die Schlossränder der kleinen Schale stossen unter einem 
Winkel von ca. 900 zusammen. Die grosse Schale trägt 6, die kleine 
5 von den Wirbeln ausstrahlende grobe Radialfalten, welche zuerst 
scharfkantig sind, gegen die Ränder hin aber flacher werden. Auf 
den groben Falten und in ihren Zwischenräumen sind feine, dicht- 
stehende Radialleistchen ausgebildet, welche von entfernt stehenden 
Anwachsstreifen gekreuzt werden. Den Falten der einen Schale 
entsprechen auf der anderen Schale tiefe Rinnen, so dass die Com- 
missuren im Ziekzack verlaufen; die Stirncommissur bildet ein W. 
Die Schale ist deutlich punktirt. 

Die vorliegende Form ist nach ihrer Sculptur als eine Ver- 
wandte der Terebratula loricata aufzufassen. Sie ist demgemäss auch 
zu Megerlea gestellt worden, obwohl über die innere Organisation der 
Art nicht mehr gesagt werden kann, als dass in der kleinen Schale 
ein Medianseptum von fast der halben Schalenlänge ausgebildet ist. 
Unter den Amberger Exemplaren der Terebratula loricata kommen 
solche vor, welche mit unserer Art in Bezug auf die Sculptur der 
Schalen vollkommen übereinstimmen. Diese Stücke unterscheiden 
sich von unserer Form aber durch kürzeren, breiten Schnabel, durch 
das Vorhandensein einer deutlich abgegrenzten Area mit scharfen 
Arealkanten, ferner dadurch, dass bei diesen die Radialseulptur wie 
bei Megerlea loricata überhaupt, durch diehtstehende gröbere 
Anwachsstreifen gekreuzt wird, wodurch die Oberfläche ein schuppiges 
Aussehen erhält. 

Ob in der That eine engere Verwandtschaft mit Megerlea lori- 
cata vorhanden ist, vermag ich nicht sicherzustellen. Möglicherweise 
ist die an einzelnen Exemplaren der loricata lebhaft erinnernde 


[15] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 77 


Seulptur unserer Art nur eine Üonvergenzerscheinung, welche sich 
bei einer schärfer gefalteten Mutationsreihe der Megerlea tatrica Zittel 
einstellt. 

Zwei Stücke dieser letzteren Art von Biala woda (Münchener 
Museum) zeigen nämlich schon ähnlich scharfe Faltung, haben aber 
noch nicht den langen Schnabel unserer Megerlea proloricata. 


Vorkommen: Rother Kalk von Nesselsdorf. 


Terebratulina W’Orbigny. 
Terebratulina substriata Schloth. sp. 


1852. Terebratula substriata (Qwenstedt: Handbuch der Petrefacten- 
kunde, pag. 482, Taf. 37, Fig. 6. 

1858. T, silicea Quenstedt: Der Jura, pag. 745, Taf. 90, Fig. 32. 

1858. Terebratulina substriata Swess: Die Brachiopoden der Stram- 
berger Schichten, pag. 37, Taf. IV, Fig. 3—6. 

1871. T. substriata Quwenstedt: Die Brachiopoden. Petrefactenkunde 
Deutschlands, I. Abth. 2. Bd., pag. 246, Taf. 44, Fig. 26. 


In den verschiedenen Fundorten der Stramberger Schichten 
ziemlich verbreitet. Im Nesselsdorfer Kalk sind wenige Stücke kleinerer 
Dimensionen beobachtet worden. Dieselben sind flach, wenig verbogen, 
die Streifung nicht so deutlich hervortretend wie in den Exemplaren 
des weissen Kalkes. 


Für Nesselsdorf neu. 


Terebratulina latirostris Suess. 


1858. Terebratulina latirostris Suess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten ete., pag. 39, Taf. IV, Fig. 7, 8. 


Die bisherigen Fundorte in den Stramberger Schichten sind 
Koniakau, Stramberg, Ignatiusberg bei Neutitschein. In den letzten 
Jahren ist diese Art auch in den rothen Kalken von Nesselsdorf, 
aus welchen sie noch nicht bekannt war, in wenigen Exemplaren ge- 
funden worden. 


Lyra Cumberland. 
Lyra angustirostris n. Sp. 
Taf. VIT (1), Fig. 100-d. 


In den Schichten von Nesselsdorf kommt neben der eben be- 
schriebenen Art in ziemlich grosser Menge eine mit Lyra Neocomiensis 
d’Orb. nahe verwandte Form vor, welche wegen einiger besonderer 
Merkmale hervorgehoben zu werden verdient. 

Sämmtliche Stücke sind klein. Länge 10—17 mm, grösste Breite 
9—10 mm, grösste Dicke 2—3 mm. Sie sind von spatelförmiger Gestalt. 
Die grösste Breite fällt in das am Stirnrande gelegene Drittel. Die 


228 " Maurice Reme£. [16] 


Bauchklappe erscheint flach gewölbt, die Wölbung ist gleichmässig; 
die Dorsalklappe am Stirnrande flach ausgehöhlt, wölbt sich gegen 
das Schloss hin stärker empor. Diese Partie tritt daher deutlicher 
hervor. Der Stirnrand wird durch eine flache Einbuchtung in zwei 
Hälften getheilt. Die auf diese Weise entstandenen Lappen sind an 
manchen Exemplaren ungleich gross. Die radiale Streifung der Klappen 
ist sehr fein und dicht. Die Schlosskanten bilden einen spitzen 
Winkel und übergehen schon weit ober der halben Länge der kleinen 
Klappe in die Randkanten, welche sehr scharf und gebogen sind. 
Einzelne Stücke sind so dünn, dass der Stirntheil in seiner grössten 
Ausdehnung durchscheinend wird. Der lange, gerundete Schnabel ist 
durch das Foramen gerade abgestutzt. 

Das Deltidium ist sehr deutlich sichtbar, es ist flach, gross, 
sehr hoch und schmal, am Schloss etwas breiter. gegen die Spitze 
enger, zu beiden Seiten desselben je eine deutliche scharfe Furche. 

Lyra angustirostris unterscheidet sich von Lyra Neocomiensis 
d’Orb.!), die mir aus dem Valanginien von St. Croix und Villers le 
Lac vorliegt, lediglich durch ihre flachere Gestalt und etwas längeren 
Wirbel. 

Die neubeschriebene Art ist im weissen Stramberger Kalk 
noch nicht gefunden worden, sondern nur im rothen Kalkstein von 
Nesselsdorf. 


Iohynchonella Fischer von Waldheim. 
Eöhynchonella spoliata Swuess. 


1858. Rhynchonella spoliata Swess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 54, Fig. 1. 

1868. Rh. Boissieri Pictet, Zittel: Die Cephalopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 9. 


Nach Pietet und Zittel stimmt diese Art mit Zrhynchonella 
Boissieri Pictet aus Berrias überein. Suess führt als Fundorte Koniakau 
und die rothen Kalke von Nesselsdorf an. Obwohl ich aus den rothen 
Kalken sehr viele Brachiopoden besitze, findet sich Rhychonella spoliata 
darunter in einem einzigen Exemplar. Ich glaube, dass sie in den 
oberflächlichen Schichten dieser Kalke häufiger war, denn jedenfalls 
ist die erwähnte Thatsache auffallend. 

In den weissen Kalken ist sie noch nicht gefunden worden. 


Ihynchonella Suessi Zitt. 


1858. Bhynchonella lacunosa var. subsimilis Suess: Die Brachiopoden 
der Stramberger Schichten, pag. 53, Taf. VI, Fig. 5—7. 

1868. Ih. Suessi Zitt.: Die Cephalopoden der Stramberger Schichten, 
pag. 11. 


1) d’Orbigny: Pal6ontologie francaise. Terrain cer&etac& IV. Brachiopodes, 
pag. 127, pl. 519, Fig. 1—5. 


[17] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 229 


1868. Terebratula lacunosa difissa Quenstedt : Brachiopoden I, pag. 128, 
Taf. XXX, Fig. 1. 

1870. Rhynchonella Suessi Zitt.: Die Fauna der ältern, Cephalopoden 
führenden Tithonbildungen, pag. 145. 


1871. Rh. Suessi Gemmellaro: Studi palaeontolog. etc. pag. 25, parte II. 


Im Stramberger Tithon sammt der flachen Varietät häufig. 
Beide Formen kommen auch im Nesselsdorfer Kalk vor. Ein unvoll- 
ständig erhaltenes Exemplar stammt aus Chlebowitz. Aus diesem 
Fundort war von Rhynchonellen bis jetzt nur die Rhynchonella sub- 
variabilis Dav., welche sonst in anderen Fundorten der Stramberger 
Schichten nicht vorkommt, bekannt. 


Rhynchonella Hoheneggeri Suess. 
Taf. VIII (2), Fig. 1a—b, 2a—b. 


1858. Irhynchonella Hoheneggeri Suess: Die Brachiopoden der Stram- 
berger Schichten, pag. 56, Taf. VI, Fig. 13—19, 

1866. Ih. Hoheneggeri Suess, Ooster: Synopsis des Brachiopodes 
fossiles des Alpes Suisses, pag. 52, pl. 17, Fig. 13—15. 


1871. Rh. Hoheneggeri Zittel: Die Fauna der ältern, Cephalopoden 
führenden Tithonbildungen, pag. 147, Taf. 38, Fig. 29—31. 


Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf habe ich zwei 
Exemplare abgebildet, welche von den typischen Formen interessante 
Abweichungen zeigen. Fig. 1 a—b stellt ein etwas asymmetrisches 
Stück dar, dessen grössere Klappe beinahe in ihrer ganzen Ausbreitung 
stark in der Richtung gegen die kleinere Klappe eingedrückt erscheint. 
In Fig. 2 a—b ist eine ganz ähnliche Erscheinung zu sehen, nur ist 
hier das Exemplar der Länge nach verzogen und infolge dessen treten 
die Falten sowohl der grossen als auch der kleinen Klappe stark 
hervor. An der letzteren bildet die Mittelfalte einen förmlichen Kiel, 
Zu erwähnen wäre, dass Suess die Ahynchonella Hoheneggeri als 
charakteristisch für den Nesselsdorfer Kalk hielt. Nun ist sie aber 
schon von Hohenegger 1861 an verschiedenen Orten im weissen 
Kalke gefunden worden. 


Röhynchonella cfr. Hoheneggeri Suess. 
Taf. VIII (2), Fig. 3a—d. 


Zwei kleine Exemplare aus dem rothen Kalke von Nesselsdorf. 
Beide sind von annähernd gleicher Grösse: 8 nm Länge, 9 mm Breite 
und 6 mm Dicke. Sie haben zwar eine ganz ähnliche Faltung wie 
einzelne junge Exemplare der typischen Bhynchonella Hoheneggeri, 
zeigen jedoch gewisse Abweichungen, welche ihre Sonderstellung recht- 
fertigen. Zuerst möchten wir den Umriss erwähnen. Während dieser 
bei Ahymchonella Hoheneggeri gerundet ist — sogar mehr als bei 
Rhynchonella Suessi — erscheint er bei unserer Art von sechseckiger 
Gestalt. mit scharf abgesetzten Kanten. An der kleineren, stark ge- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (M. Reme$.) 30 


930 Mauric Reme®&. [18] 


wölbten Klappe gabeln sich sowohl die Mittelfalte als auch die Neben- 
falten in je zwei Aeste in einiger Entfernung vom Scheitel. Der 
mediane Ast der Nebenfalten tritt besonders stark hervor. An der 
srossen Klappe zieht zu jeder Seite des Sinus je eine stark vor- 
tretende Falte, die gegen den Stirnrand breiter wird. Zwischen ihnen 
und der Nebenfalte ist die Klappe stark eingesenkt. Die Mittelfalte 
ist flacher als die Nebenfalten. 


Rhynchonella Glockeri n. sp. 
Taf. VIII (2), Fig. 4a—d. 


[ef. 1887. Rhynchonella Hoheneggeri Haas: Soc. pal. Suisse vol. XII, 
pag: ‚106, pl. X, Figz 8] 


Dimensionen: 
Länge 11—16 mm, Breite S-15 mm, Dicke 6—11 mm. 


Die Stücke haben einen annähernd dreieckigen Umriss mit ab- 
gerundeten unteren Ecken. Die Wölbung beider Klappen sehr stark, 
gegen die Stirn steil abfallend. Schnabel klein, spitzig, Oeffnung für 
den Haftmuskel und Deltidium nicht sichtbar — jedenfalls klein; 
Schnabelkanten fehlen. 

Sinusbildung an allen Exemplaren deutlich. An beiden Klappen 
treten deutliche Falten vor. Dieselben reichen bis weit gegen den 
Schnabel, an wohlerhaltenen Stücken bis in den Schnabel hinein. 
Von einer Spaltung ist nichts zu sehen. In der Form stimmen die 
abgebildeten Stücke mit Fig. 15a und 19a der Rhynchonella strioplicata 
bei Suess überein, auch die Sculptur der Schale (sehr feine, dichte 
Radialleistchen) ist dieselbe, sind jedoch hauptsächlich durch die 
deutliche Sinusbildung unterschieden und leicht zu trennen. 
Die eitirte Abbildung der Zhynchonella Hoheneggeri Haas, welche 
nicht mit Zhynchonella Hoheneggeri Suess übereinstimmt, stellt eine 
nach Form und Sinusbildung unserer Art ähnliche Gestalt vor. Ob 
dieselbe mit unserer Art identisch ist, lässt sich nach der mangel- 
haften Beschreibung bei Haas nicht. entscheiden. 

Diese Ahynchonella-Art kommt sowohl im weissen Stramberger 
Kalk als auch im rothen Kalkstein von Nesselsdorf vor. Am ersteren 
Fundorte ist sie etwas grösser. 


Khynchonella Gemmellaroi Zitt. in coll. 
1852. Terebratula striatoplicata Quenstedt: Handbuch der Petrefacten- 
kunde, pag. 455, Taf. 36, Fig. 23. 
1858. T. striatoplicata Quenstedt: Der Jura, pag. 635, Taf. 78, Fig. 24. 
1853. Bhynchonella striatoplicata Oppel: Die Juraformation ete., pag. 689. 
1558. Ih. strioplicata Suess: Die Brachiopoden der Stramberger 
Schichten, pag. 149, Taf. V, Fig. 15—19. 
1568. Bh. strioplicata Suess, Zittel: Die Cephalopoden ete., pag. 10. 
In der Münchener Sammlung ist die Ahynchonella strioplicata 
Suess von Zittel als Rhynchonella Gemmellaroi bezeichnet. Nach 


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[19] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 231 


Zittel eine für Stramberg sehr charakteristische Form. Junge In- 
dividuen sind zwar der Quenstedt’schen Art sehr ähnlich, aus- 
gewachsene zeigen nicht die geringste Uebereinstimmung. 


köhynchonella sp. 
Taf. VIII (2), Fig. 5a-d. 
Dimensionen: 
Länge Il mm, Breite 9 mm, Dicke 4 mm. 


Kleine Form. Seulptur ähnlich wie bei Rhynchonella Gemmellaroi 
Zitt, (strioplicata Swess) und Bhynchonella Glockeri n. sp. (Hoheneggeri 
Haas). Ganz ähnliche Stücke liegen unter den von Suess als strio- 
plicata bestimmten Formen der Hoheneggerschen Sammlung. Durch 
die deutliche Sinusbildung ist sie aber von dem Typus der Suess’schen 
Art zu trennen. Durch die schlankere Form ist sie auch von der 
früher erwähnten Khynchonella Glockeri n. sp. verschieden. 

Vielleicht wäre es am besten, sie als efr. strioplieata Quenstedt 
(Brachiopoden, pag. 152, 133, Taf. 40, Fig. 23—35) zu bezeichnen, 
da die äussere Gestalt am besten mit Quenstedt, Fig. 25, über- 
einstimmt. Ob übrigens alles, was Quenstedt als strioplicata be- 
zeichnete, zusammengehört, ist fraglich. 


Ihynchonella Frieı n. sp. 
Taf. VIII (2), Fig. 6a—d. 


1879. Echynchonella tatrica Favre: Foss. d. couches tithoniques des 
Alpes Fribourgeoises, pag. 62, pl. V, Fig. 10—11. 
1887. R. tatrica Haas: Soc. pal. Suisse, Vol. XIV, pag. 109, pl.X, 
Fig. 9 und 10. 
Dimensionen: 


Länge 8—9 mm, Breite 7—9 mm, Dicke 5 mm. 


Umriss annähernd von der Form eines Dreieckes. Beide Klappen 
recht stark gewölbt, die grössere stärker als die kleinere. Schnabel 
klein, sehr spitzig, Oeffnung für den Haftmuskel sehr klein. Deltidium 
ziemlich breit, jedoch niedrig. 

An der grossen Klappe begrenzen zwei vom Schnabel ausge- 
hende, gegen die Stirn divergirende Falten einen deutlichen Sinus. 
Eine oder zwei Mittelfalten reichen von der Stirn bis nahe zum 
Schnabel, sie sind undeutlicher als die Seitenfalten. An der kleinen 
Klappe ist eine in 2—3 Aeste gespaltene Mittelfalte deutlich aus- 
gesprochen, je eine flache Nebenfalte kaum angedeutet. Zwischen 
der Nebenfalte und dem lateralen Aste der Mittelfalte ist nahe am 
Stirnrande die Klappe stärker eingesenkt. Von der faserigen Structur 
der Schale ist nicht viel zu sehen. 

Wie bereits Haas hervorhob, zeigt diese auch im Tithon der 
Freiburger Alpen vorkommende Form durch ihre starke Faltung 

30* 


232 Maurice Remef. 3 [20] 


wesentliche Unterschiede gegenüber der Rhynchonella tatrica Zeuschner. 
Sie ist daher hier mit einem neuen Namen belegt worden. 

Diese Art kommt bei Stramberg selten vor. Sie ist bis jetzt nur 
im rothen Nesselsdorfer Kalk (3 Exemplare) gefunden worden; aus 
dem weissen Kalk kennt man sie noch nicht. 


Rhynchonella Pompeckji n. sp. 
Taf. VIII (2), Fig. 7a—d. 
Dimensionen: 
Länge: 23 mm, Breite: 31 mm, Dicke: 16 mm, 


# 20 mm, 5 29 mm, 2 14 mm, 
A 20 mm, “ 25 mm, r 15 mm, 
R 19 mm, R 22 mm, : 14 mm. 


Die Breite übertrifft immer die Länge. 

Die kleine Klappe stärker gewölbt als die grosse. Schlosskanten 
divergiren unter einem stumpfen Winkel und übergehen allmälig in 
die gerundeten Randkanten, welche recht weit gegen die grosse Klappe 
eingreifen. 

Ein breiter flacher Sinus reicht weit in die kleine Klappe hin- 
ein. Die Stirnlinie bildet nie einen spitzen Winkel, sondern stellt 
immer einen breiten, flachen Bogen dar. Gewöhnlich ist die Biegung 
asymmetrisch. 

Deutliche, flache gespaltene Rippen durchziehen beide Klappen. 
Gegen die Ränder hin werden dieselben sehr abgeschwächt, so dass 
die Commissuren glatt werden. Anwachsstreifen sind an beiden Klappen 
sichtbar. Schnabel mässig hoch, an der Spitze wenig abgebogen. 
Oeffnung für den Haftmuskel klein, liegt unter der Schnabelspitze. 
Dreieckiges Deltidium umgrenzt die Oeffnung. 

Structur der Schale faserig. 

Die Rhynchonella Pompeckji stellt eine neue Art aus dem weissen 
Stramberger Kalk dar. Nach der Art der Rippentheilung gehört sie 
in den Kreis der Phynchonella lacunosa, doch ist die Biegung der 
Sinuswulsteommissur eine andere; ausserdem fehlt den Rippen die 
für den echten Lacunosa-Typus charakteristische Schärfe: sie sind hier 
mehr gerundet. 

Von Khynchonella spoliata Suess, der sie sich in der äusseren 
Form nähert, ist sie durch die sehr viel gröberen Rippen, welche 
in viel geringerer Zahl auftreten. unterschieden. 


Rhynchonella Pompeckji n. sp. var. 
Taf. VIII (2), Fig. 8a—e. 
Dimensionen: 

Länge 22 mm, Breite 21 mm, Dicke 17 mm, 


$ 24 mm, „32126 mm, HT IE, 
e 24 mn, „.. 23mm, 2 RNEERORE 


In der äusseren Form stimmt diese Varietät mit Rhynchonella 
Pompeckji überein, jedoch sind die vorgefundenen Stücke länger und 


[21] Beiträge zur Kenntnis der Brachiopoden des Stramberger Tithon. 233 


schmäler (vergleiche die Dimensionen). Die Rippung ist ferner eine 
stärkere, die Rippen gerundet, nicht scharfkantig wie bei dem La- 
cunosentypus, dem sich die Varietät nähert, jedoch durch Rundung 
der Rippen unterscheidet. 

Kommt gemeinsam mit der Ihynchonella Pompeckji im weissen 
Kalkstein von Stramberg vor. 


Köhynchonella Strambergensis n. sp. 
Taf. VIII:(2), Fig. 9a —e. 
Dimensionen: 
Länge 20 mm, Dreite 25 mm, Dicke 18 mm, 


a 18, | mm, I mm! 77:10 mm, 
al a am, ee. 19mm, 2 9 mm, 
al u IlEy ma aan LT am: Sessälkl: arams 
EU A, = 19 mm, wor mn, 
a N wei: 2:20 nm, a as: 
„165 mm, 5,19 mm, a. RM, 
kr a RD a; ınalilemm; ern, 
„.14 mm, „. 14 mm, . 8 mm, 
a man, ak pm, T nm. 


Der Umriss der grossen Klappe hat die Gestalt eines Viereckes. 
Zwei vom Schnabel zur Stirngegend ziehende Falten begrenzen einen 
deutlichen Sinus, der in Form einer langen, zugeschärften Zunge 
weit gegen die kleine Klappe umgeschlagen ausläuft. Die Breite des 
Sinus ist ungleich, ebenso seine Tiefe. Der Winkel, welchen die 
Zunge an der Umschlagstelle mit der Fläche der grossen Klappe 
bildet, ist gewöhnlich ein stumpfer, kann jedoch auch ein rechter und 
sogar ein spitziger werden. Die Spitze der Zunge ist immer abgerundet, 
kann jedoch bald spitziger, bald stumpfer sein. Gewöhnlich ist der 
Sinus durch eine zarte Furche seiner ganzen Länge nach in: zwei 
Hälften getheilt, mitunter jedoch ist dieselbe durch eine flache, 
ziemlich breite Falte ersetzt. 

Die den Sinus begrenzenden Falten sind an den meisten Exem- 
plaren von zwei schwächeren, jedoch immerhin leicht erkennbaren 
Nebenfalten begleitet. Schnabel klein, jedoch deutlich vortretend, 
abgebogen; Oeffnung für den Haftmuskel klein, Deltidium versteckt. 

An der kleinen Klappe ist der Breitendurchmesser grösser als 
der Längendurchmesser. Wölbung stärker als an der grossen Klappe. 
Schlosskanten bilden einen stumpfen Winkel, der Uebergang in die 
Randkanten ist immer abgerundet. Vom Wirbel zieht eine deutliche, 
mitunter kielartig vortretende Falte gegen die Spitze der oben be- 
schriebenen Zunge der grossen Schale. An manchen Stücken ist durch 
eine zarte Rinne eine Spaltung dieser Mittelfalte in zwei Aeste an- 
gedeutet. Ausserdem findet man zu beiden Seiten der Mittelfalte je 
einen bis zwei ebenfalls deutliche Falten, welche gleichfalls vom 
Wirbel ausgehen und in schiefer Richtung die Klappe durchziehend, 
am Stirnrand endigen. An den meisten Exemplaren sind deutliche 
Ansatzstreifen zu sehen. 


234 Maurice Reme?. | [22] 


Die beschriebene Art ist gegenwärtig nur aus dem weissen 
Kalk von Stramberg bekannt. Sie zeigt in ihrer Form Aehnlichkeit 
mit der Ahynchonella coarctata Opp. aus den Klaussschichten und der 
Rhynchonella Loxiae Fisch. aus dem Moskauer Jura. Dadurch, dass 
die Flügel mehr oder weniger grobe Rippen tragen, steht sie der 
letzteren Art näher als der Ahynchonella coarctata Oppel; sie unter- 
scheidet sich von dieser aber doch dadurch, dass der Wirbel länger 
und schlanker ist, während der Wulst wesentlich niedriger ist als 
bei Ahynchonella Loxiae Fisch. Auch BRhynchonella Monsalvensis Gill. 
vor. Heimi Haas!) aus den Bimmammatum-Schichten von Plagnieres 
bei Chätel St. Denis ist mit unserer Art verwandt, unterscheidet sich 
aber durch kürzeren, breiteren Wirbel, welcher an den Seiten nicht 
die flache Einbuchtung zeigt, wie die Rhynchonella strambergensis. 


Rhynchonella cfr. sparsicosta Oppel. 
Taf. VIII (2), Fig. 10 a-d. 
Dimensionen: 


Länge 20 mm, Breite 21mm, Dicke 15 mm, 
19 mm, 4 20 mm, ? 15 mm, 
16 mm, 5 15 mm, 11 mm. 


” 


” 


Die kleine Klappe breiter als lang, stark gewölbt, besonders 
die Mittelpartie, welche mitunter kielartig hervortritt. Die grosse 
Klappe in ihrem mittleren Theile eingesenkt, ragt mit der Sinusbucht 
gegen die kleine Klappe vor, am Stirnrand einen deutlichen flachen 
Bogen bildend. Die Schlosskanten treten unter einem rechten bis 
stumpfen Winkel zusammen. 

Zahlreiche deutliche Falten durchziehen der Länge nach beide 
Schalen. 

Schnabel nicht gross, abgerundet. Oefinung für den Haftmuskel 
und Deltidium klein. 

Diese nur im weissen Stramberger Kalkstein vorkommende Art 
bildet einen Uebergang von Brhynchonella sparsicosta Opp. zu Rhyn- 
chonella Pompeckji n. sp., ist jedoch durch die oben angeführten Merk- 
male leicht von beiden Arten zu unterscheiden. 


„ 


ı) H. Haas: Etude monogr. et crit. des Brachiopodes rhet. et jur. des 
Alpes Vaudoises. Mem, Soc. pal. Suisse Vol. XIV, pag. 100, pl. VIll, Fig. 15-19. 


N a 


u use eier see 


Die Fauna der oberpontischen Bildungen 
von Podgradje und Vizanovec in Kroatien. 


Von Prof. Dr. Karl Gorjanovic-Kramberger. 
Mit einer lithographirten Tafel (Nr. IX). 


In der vorliegenden Schrift habe ich zwei der obersten pontischen- 
Etage angehörende Faunen beschrieben. Diese Etage ist es, die sich 
auch theilweise petrographisch auszeichnet, und zwar insoferne, als es 
mehr oder minder eisenschüssige Sande sind, die jene Faunen be- 
herbergen. Der Eisengehalt dieser sandigen Etage ist stellenweise 
so bedeutend, dass die darin vorkommenden Fossilien ganz und gar 
limonitisirt sind. Ich verweise diesbezüglich auf die entsprechende 
Fauna von Remete (bei Agram), welche Brusina bereits kurz an- 
gedeutet hat, und auf meine Schrift: „Das Tertiär des Agramer Ge- 
birges*, wo ich die stratigraphische Stellung dieser Etage genau 
fixirte!). Diese Sande nämlich liegen stets über dem sogenannten 
„Congeria rhomboidea-Niveau* (Budmania-Niveau), von welchem sie 
übrigens faunistisch kaum zu trennen sind. Nur das Auftreten grosser 
Cardiaceen (insbesonders Limnoc. Schmidti) und der verhältnismässig 
grosse Reichthum an Dreissensiden könnte für diese Etage als Merkmal 
betrachtet werden. Eine der vorliegenden Faunen ist überdies noch 
durch das Auftreten gewisser Limnocardien, welche auffallend auf die 
Gattung Prosodacna Tourn. (= Psilodon Cobale.?) hinweisen, aus- 
gezeichnet. Leider sind die in Rede stehenden Reste blos Steinkerne; 
dennoch halte ich sie für ganz besonders interessant und wichtig, 
weil sie genau unter denselben stratigraphischen Verhältnissen, d. h. 
in den obersten pontischen Bildungen wie in Rumänien — der bisher 
ausgezeichnetsten Fundstelle derartiger Cardiaceen — auftreten. 


!) Siehe: Brusina: „Congerienschichten von Agram“, Beiträge zur Palaeon- 
tologie Oester.-Ung. Bd. 1II, pag. 129 [5], 1884. 

Gorjanovid-Kramberger: „Das Tertiär des Agramer Gebirges“. Jahrb. 
d. k. k. geol. Reichsanst. Wien 1898, pag. 552 [4]. 

?) Vergleiche: Cobälcescu: „Studii geologici et paleonto]. asupra unor 
terämuri tertiare ... .“ ‚Bukarest 1883, pag. 93. 

Stefanescu: Etudes sur les Terrains tertiaires de la Roumanie ... 
Mem. d. 1. Societe Geolog. de France. Paris 1896, pag. 55. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanst., 1899, 49. Bd., 2. Hft. (Gorjanovi6-Kramberger.) 


“ 


236 Gorjanovi6-Kramberger. [2] 


I. Die Fauna von Podgradje bei Samobor. 


Das Dorf Podgradje liegt südlich und eirca 62 Kilometer Luft- 
linie von Samobor oder etwa 25—8 Meilen südwestlich von Agram 
entfernt. Die dort entwickelten pontischen Bildungen, nämlich der 
„Rhomboidea-Niveau“ ist im Hangenden mit den sandigen, stellenweise 
eisenschüssigen Bildungen bedeckt, die bei Set. Martin wieder durch 
Belvedereschotter und Sande bedeckt werden. 

Der gewesene Caplan von Set. Martin Herr C. Vugid machte 
sich die Ausbeute der eisenschüssigen Sande zur Aufgabe, wobei er 
auch die Schulkinder herbeizog, und so gelang es ihm, eine ganz 
nette Collection zusammenzubringen, welche er dann unserem geolo- 
gisch - palaeontologischen Museum zum Geschenke machte. . Möge 
ihm an dieser Stelle für sein freundliches Entgegenkommen ge- 
dankt sein. 


Uebersicht der in Podgradje aufgesammelten Mollusken > 


1. Limnocardium pseudo-Suessi Hal. 
2. cf. zagrabiense Brus. 
3) R pterophorum Brus. 
4. R Mayeri M. Hörn. 
5. : VPugii n. f. 

6 Hi sp. N. 

7. Congeria croatica Brus. 

8. E Markovici Brus. 

2: ; cf. pernaeformis Andrus. 
10. S rhomboidea M. Hörn. 
Hal; ; cf. simulans Brus. 

12. r zagrabiense Brus. 

13. sp. 


” 
14. Dreissensiomya cf. Schröckingeri Fuchs. 


Limnocardium pseudo-Suessi Hal. 


1882. Cardium (Adacna) Suessi Barb.- Halavats: „Palaeontolog. Daten...“, 
I. „Die pont. Fauna v. Langenfeld“. Mittheil. a. d. Jahrb. d. 
k. ungar. geol. Anst. Bd. VI, pag. 166, Taf. XIV, Fig. 6—8. 


1886. Cardium pseudo- Suessi nov. sp. Hadlavats: „Termeszetrajzi Füze- 
tek“ (Naturh. Heften), Bd. X, pag. 262, Taf. VI, Fig. 1-5. 

1887. Oardium (Adacna) pseudo-Suessi Halavats: „Palaeontolog. Daten 
zur Kenntnis der Fauna d. südungar. Neog. Ablag.* Mittheil. 
a. d. Jahrb. d. k. ungar. geol. Anst., pag. 135, Taf. XXV, 
Fig. 3, 4. 


Von dieser interessanten Muschelart liegen mir blos vier Stein- 
kerne vor, die leider nicht vollständig erhalten sind, um eine genaue 
Vergleichung mit Cardium obsoletum Kichw. durchzuführen. Zweifels- 
ohne ist es, dass diese Art von der sarmatischen (. obsoletum Eichw. 


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[3] Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje und Vizanovec. 237 


herstammt, wie dies bereits Hälavats!) und nachher auch ich 2) be- 
tont haben. Die vorliegenden Steinkerne lassen im ganzen 15 Rippen 
erkennen, von welchen 6 höher und wie es scheint stachelig waren 
und so angeordnet sind, dass zwischen je zweien derselben zwei 
schwächere Rippen auftreten; blos zwischen der vierten und fünften 
höheren Rippe (von vorne an gezählt) befindet sich nur eine der 
schwächeren. Zugleich bildet diese fünfte Rippe einen Kiel, hinter 
welchem nur noch eine stärkere Rippe auftritt. Wenn auch. unsere 
Limnocardien eine geringere Rippenzahl als Limnoc. pseudo- Suessi 
Hal. besitzen, und auch weniger der schwächeren Rippen zwischen 
den scharfen aufweisen, so kann ich unsere Kerne doch nicht von 
den Nikolincer trennen, da ja diese Art gerade in der verschiedenen 
Anordnung der schwächeren Rippen eine grosse Veränderlichkeit zeigt. 


Limnocardium pterophorum Brus. 

1874. Cardium cf. edentulum Brusina: „Fossile Binnenmollusken“, 
pag. 129. 

1884. Adacna pterophora Brusina: „Die Fauna der Oongeriensch. v. 
Agmım“, vage. 161, 180, Tat. 29, Fig. 65, ‚66. 

1893. Limnocardium pterophorum Brusina: „Die foss. Fauna von 
Dubovac.“ Jahrb. d. k. k. geol. R.-A,, pag. 375. 

1897. Limnocardium pterophorum Brusina: „Materiaux pour la Fauna 
malacol.“, pag. 33. 


Von dieser, in Podgradje sehr häufig anzutreffenden Art, be- 
sitze ich mehrere recht gut erhaltene Steinkerne und Abdrücke, 
welche bis 62 mm an Grösse erreichen. 


Limnocardium cf. zagrabiense Brus. 


1874. Cardium zagrabiense Brusina: „Fossile Binnenmolusken“, pag. 157. 

1884. Adacna zagrabiensis Brusina: „Die Fauna d. Congeriensch. v. 
Agram“. Beiträge z. Palaeontol. Oesterr.-Ung. Wien, Bd. II, 
pag. 148, Taf. XXVIH, Fig. 34, 35 und Taf. XXIX, Fig. 63. 

1897. Limnocardium zagrabiensis Brus.: „Materiaux pour la Fauna 
malacol.“, pag. 32, Taf. XIX, Fig. 2 und 3. 


Also bezeichne ich Steinkerne einer ziemlich häufigen Muschel- 
art, welche noch am besten mit dem Limnoe. zagrabiense Brus. über- 
einstimmt. Die Dimensionen einiger der Kerne sind folgende: 

| Länge 58:0 mm, 52:0 mm, 51'0 mm, 
Höhe 40:0 mm, 45'2 mm, 45°0 mm, 
Dicke 39'5 mm, 36'5 mm, 35°3 mm. 


ı) Hälavats: „Langenfeld“, pag. 165. 
2) Gorjanovic-Kramberger: „Präpont. Bild. des Agramer Gebirges.“ 
(Societas hist. nat. Croatica 1890, pag. 159.) 
Jahrbuch d. &. k. geol. Reichsanst., 1899, 49. Bd., 2. Hft. (Gorjanovid-Kramberger.) 31 


238 Gorjanovi6-Kramberger. [4] 


Limnocardium Vugici Kramb. Gor). 
Taf. IX, Fig. 4. 


So nenne ich den Steinkern eines grösseren Limnocardiums, 
welches sich durch den nach vorne gerückten Wirbel, die geringe 
Anzahl kräftiger, schütter stehender Rippen und den geraden langen 
hinteren Schlossrand auszeichnet. 

Die Länge des Kernes beträgt 64'6 mm, und die Höhe 45 mm; 
die Anzahl der Rippen ist 11. Bemerkt muss noch werden, dass die 
hintere Schalenpartie glatt ist; wenigstens sind an diesem Exemplare 
dort keine Rippen sichtbar. 

Vor der Hand möge diese kurze Beschreibung und Abbildung 
genügen: sobald ich bessere Exemplare erhalten werde, werde ich 
beides vervollständigen. 


Limnocardium sp. n. 


Blos mit einigen Worten soll eines zum Formenkreis der vorigen 
Art gehörenden Limnocardiums Erwähnung gethan werden, welches 
durch seinen nach vorne gerückten Wirbel, die kräftigen, wenigen 
Rippen (8—9), sich einmal eng an das Limnoc. Vugici m. anschliesst, 
andererseits wieder, wie dies Prof. Athanasiu meint!), an die Art 
Psilodon Damienensis Cob. erinnert. 

Es lässt sich zwar eine gewisse Aehnlichkeit unseres Exemplares 
mit Psil. Damienensis Cob. nicht ganz verkennen, indessen ist mir das 
zu Gebote stehende Material doch entschieden zu ungenügend, um 
diesen Vergleich mit Bestimmtheit zu betonen, als ja doch dieses 
fragliche Limnocardium dem Limnoc. Vugici nahe steht, und wahr- 
scheinlich ebenso wie dieses hinten klaffend war. 


Congeria croatica Brus. 


1874. Dreissena croatica Brusina: „Rad jugosl. akademije XXVIII, 
pag. 101. 

1874. Dreissena croatica Brusina: „Foss. Binnenmollusken“, pag. 129. 

1884. Dreissena croatica Brusina: „Congeriensch. v. Agram“, pag. 138, 
139, 181, 186; Taf. 27, Fig. 53, 54. 

1890. Congeria croatica Lörenthey: Mittheilungen a. d. Jahrb. d. k. ungar. 
geol. Anst. IX, pag. 45 (9), Taf. 1, Fig. 2—3. 

1892. Oongeria croatica Brusina: „Fauna foss. di Markusevac“ (Societas 
hist. nat. eroatica, pag. 196). 

1892. Congeria croatica Brusina: „Ueber die Gruppe der 0. Trian- 
gularis“. — Zeitsch. d. deutschen geol. Gesellsch., pag. 492. 


‘) Prof. Athanasiu hat freundlichst diesen und noch andere Steinkerne 
mit seinen rumänischen Psilodonten verglichen. (Siehe später bei „II. Fauna von 
Vizanovec“ sub. Prosodacna). 


A a Dt u = ln a 2 Do u © a daS DL 2 LU IU 6 


Ze u 


Se ee ee ee ee ee a a A cn Ft 


[5] Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje und Viianovec, 239 


1897. Congeria croatica Drusina: „Materiaux pour la Fauna malacol.“, 
pag. 29, Taf. 16, Fig. 2. 
1897. Congeria croatica Andrusov: „Foss. u. leb. Dreissensidae“, 
pag. 163, Taf. VI, Fig. 4—5, 8—11. 
Von dieser Art liegen mehrere Steinkerne vor, welche wegen 


ihres breiten, dreieckigen Hintertheils und den entsprechenden Di- 
mensionen leicht als zu dieser Art gehörend zu erkennen sind. 


Congeria Markovicei Brus. 


1884. Dreissena Markovici Brusina: „Congeriensch. v. Agram“, pag. 181 
[57], Taf. 27,. Fig. 61, 
1897. Congeria Markovici Andrusov; „Fossile u. leb. Dreissensidiae“, 
pag. 216, Taf. XII, Fig. 1--5. 
Von dieser charakteristischen und leicht erkennbaren Species 


liegen aus den gelben Podgradjeer Sanden 2 Steinkerne vor, von 
denen der längste circa 33 mm erreicht. 


Congeria rhomboidea M. Hoern. 


1860. Congeria rhomboidea M. Hörnes: Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst,, 
Bd. XI, Fig. 5. 

1862. Congeria rhomboidea Peters: Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. 
Wiss. XLIV, pag. 63. 

1867. Congeria rhomboidea M. Hörnes: „Fossile Mollusk. d. Wiener- 
beckens“, II, pag. 364, Taf. 48, Fig. 4. 

1884, Dreissena rhomboidea Brusina: „Congerienschichten von Agram“, 
pag. 159. 

1890. Congeria rhomboidea Lörenthey: „Die pont. Stufe und deren 
Fauna bei Nagy Manyok“, pag. 43. 

1892, Congeria rhomboidea Halavats: „Die pont. Fauna bei Kiraly- 
hegye“, pag. 32. 

1892. Congeria rhomboidea Brusina: „Fauna foss. di MarkuSevac“, 
pag. 196, 

1893. Congeria rhomboiden Brusina: „Fossile Fauna von Dubovae“, 
pag. 371, 

1894. Congeria rhomboidea Lörenthey: „Die ob. pont. Sedim. b. Szeg- 
zard ..“, pag. 81. 

1897. Congeria rhomboidea Andrusov: „Foss. u. leb. Dreissensidae“ , 
pag.: 227, Taf. X, Fig. 8—13. 

Mehrere Steinkerne, wovon der grösste und besterhaltene fol- 
gende Dimensionen aufweist: 


Höhe 75°6 mm, Länge 52 mm, Dicke 55°4 mın. 
31* 


240 Gorjanovi6-Kramberger. ia wi TE [6] 


Congeria (2?) pernaeformis Andrus. 
(Taf. IX, Fig. 7.) | 
1890. Oongeria triangularis Partsch. — Fuchs: „Annalen des k. k. 
naturh. Hof-Museums“, Bd. V, Nr. 2, Notizen, pag. 87, 
1897. Congeria (?) pernaeformis Andrusov: „Fossile u. leb. Dreissen- 
sidae“, pag. 232 (51), Taf. VIII, Fig. 7. Te 


| 
Von dieser seltenen Art liegen blos zwei Steinkerne vor. Der | 
Contour nach entspricht diese Art der Congeria rhomboidea M.H., 
unterscheidet sich indessen von dieser dnrch ihre viel geringere 
Grösse und Dicke. Diesbezüglich erinnert sie zweifelsohne lebhaft an 
die Andrusov’sche (. (?) pernaeformis von Zirovac und Livno in 
Bosnien, mit welcher ich sie auch vergleiche. | 
| 
i 


Die Dimensionen des besser erhaltenen Kernes sind: 
Höhe 40 mm, Länge 30 mm, Dicke 17 mm. 


Oongeria zagrabiensis Brus. 


1884. Dreissena zagrebiensis Brusina: „Congeriensch. von Agram“, 
pag. 140, Taf. 27, Fig. 52. 

1892. Congeria zagrabiensis Brusina: „Fauna foss. di MarkuSevac“, 
pag. 196. 

1893. Congeria zagrabiensis Brusina: „Fauna v. Dubovac“, pag. 372. 

1897. Congeria zagrabiensis Brusina: „Materiaux pour la Fauna mala- 
Col. R2rs Pag. 29, Dal. A620 

1897. Congeria zagrabiensis Andrusov: „Foss. u. leb. Dreissensidae“, 
pag. 199, Taf. IX,. Fig. 17—21. 

Blos ein Steinkern, welcher indessen die Art mit vollkommener 
Sicherheit feststellen liess. Die Dimensionen sind: 


Höhe 50°6 mm, Länge 23 mm, Dicke 16°5 mın. 


Congeria af. simulans Brus. 
(Taf. IX, Fig. 6) 


1893. Congeria simuluns Brusina: Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst., 
pag. 49. 

1893. Congeria simulans Brusina: „Die foss. Fauna von Dubovac“, 
pag. 311, Taf. VI, Fig. 8—10. 

1897. Congeria simulans Andrusov: „Fossile und leb. Dreissensidae*, 
pag. 116, Taf. III, Fig. 17—22. 

Zu dieser Form ziehe ich einige Steinkerne, die noch am besten 
mit den Merkmalen dieser Species übereinstimmen. Hauptsächlich 
sind es die entsprechenden Contouren und die Lage des hinteren 
Winkels, die mich bestimmten, unsere Steinkerne mit ©. simulans zu 
vergleichen. 

Die Dimensionen zweier, besser erhaltener Kerne sind: 

Höhe 46°5 mın, Länge 26 mm, Dicke 32 mm. 
„' ° 50 '’mm; 36:5 mm, BT mm. 


” $)) 


[7] Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje und ViZanovec, 241 


Congeria sp. 
(Taf. IX, Fig: 5.) 


Ist ebenfalls eine in Steinkernen vorliegende Art, die theilweise 
an Cong. croatica Brus. erinnert, jedoch sich von dieser durch ihre 
viel schmälere. hintere Partie unterscheidet. Die Höhe nämlich beträgt 
52 mm, die Breite nur 29:5 mm und die Dicke 304 mm. Bezeichnend 
für diese momentan nicht näher zu .beschreibende Art dürfte der 
Umstand sein, dass der Winkel des hinteren Flügels ober der Mitte, 
also näher zum Wirbel, hinaufgerückt ist. 


Dreissensiomya cf. Schröckingeri Fuchs. 


1870. Congeria Schröckingeri Fuchs: „Radmanest“ (Jahrb. d. k.k. geol. 
. R.-A., pag. 360, Taf. 16, Fig. 10-11). 

1893, na Schröckingeri Lörenthey: „Fauna v. Szegzard“, 
pag. 85. 

1894. Dreissensiomya Schröckingeri Lörenthey: „Fauna v. Kurd“, pag. 77. 

1897. Dreissensiomya Schröckingeri Andrusov: „Leb. u. foss. Dreissen- 
sidae“, pag. 399, Taf. XIX, Fig. 9—12. 


Obzwar uns von dieser Art blos drei Steinkerne vorliegen, so 
sind dieselben doch von bedeutendem Interesse, und zwar, weil sie: 

1. feststellen lassen, dass sie nicht der Brusina’schen Art 
Dreiss. croatica aus Okrugljak !) angehören und 

2. mit der Fuchs’schen Art sozusagen identisch sind. Unsere 
Steinkerne sind, was Grösse anlangt, zwar kleiner von Dreiss. 
Schröckingeri, besitzen jedoch hinten jene zwei leichten Falten oder 
Kiele, welche eben die genannte Art kennzeichnen. 


Die Grössenverhältnisse sind wie folgt: 
Länge 340 mm, Höhe 170, Dicke ca. 12°5 mm. 


. .v . . Vi. 
II. Die Fauna von Vizanovec bei gornja Konscina 
in Zagorien. 


Der hier in Betracht kommende Fundort liegt am Nordhange 
des „Visec-Berges* südlich von Vizanovee und nordwestlich der 
Eisenbahnhaltestelle Konscina. Herr P. v. Dumiöic deckte hier be- 
deutende Lignitlager auf und bei dieser ‚Gelegenheit sammelte er 
eine kleine, jedoch interessante Suite von Mollusken, deren Schalen 
indessen entweder ganz verloren gingen oder derart mürbe sind, 
das man sie nur mit allergrösster Vorsicht zu präpariren imstande ist. 


1) „Die Congeriensch. v. Agram“, pag. 140, Taf 27, Fig. 51 und „Materiaux 
pour la Faune malacol....“, pag. 31, Taf. XVII, Fig. 24. 


242 Gorjanovid-Kramberger. [8] 


Sämmtliche Mollusken entstammen der oberen sandigen Ab- 
theilung der pontischen Stufe und repräsentiren ein chronologisches 
Aequivalent zur vorher beschriebenen Fauna von Podgradje. 


Uebersicht der von Herrn v. Dumici@ aufgesammelten Reste: 


Helix (Tacheocampylaea) Doderleini, Brus. 
Limnocardium Mayeri, M. Hörn. 

F, Penslii Fuchs. 

R Dumikiäi n. f. 

Prosodacna Athanasiui n. f. 


2 inflata n. f. 


» 


Helix (Tacheocampylaea) Doderleini Brus. 


1897. Helix (Tacheocampylae«) Doderleini, Brusina: „Materiaux pour 
la Fauna malacologique“, pag. 1, Taf. I, Fig. |. 


Ein gut erhaltenes Exemplar dieser Art liegt uns aus Vizanovec 
vor. Dasselbe entspricht genau der Brusina’schen Form, die ich 
im Jahre 1884 in Grabidcani bei Lepavina fand. 


Limnocardium Mayeri M. Hoernes. 


1862. Cardium Mayeri, M. Hörnes: „Foss. Moll. d. Wiener-Beckens“ 
Il. Dar. 28, Fier Deus 


1884. Adacna Mayeri, Brusina: „Die Fauna der Congeriensch, v. 
Agram“, pag. 153. 


1887. Cardium (Adacna) Mayeri, Haldvats: Paläontol. Daten, IH. „Die 
pontische Fauna von Nikolinez“, pag. 158 (28), Taf. XXV, 
Fig. Ta—b. 


1890. Adaena Mayeri, Lörenthey: „Pont. Stufe u, Fauna v. N. Mänyok“, 
pag. 47 (13). 


1894. Limnocardium Mayeri, Lörenthey: „Die oberen pont. Sedim. u. 
deren Fauna. I. Szegzärd“, pag. 94 (24). 


Von dieser Art wurde ein vollständiges Exemplar in einem 
hellgelben, sandigen Mergel gefunden. Dasselbe ist 33 mm lang, 
22 mm hoch und besitzt 22 Rippen und überdies noch 4—5 sehr 
schwache an der hinteren Schalenpartie. Sämmtliche Rippen sind 
ganz SO wie an dem Hörnes’schen Originale angeordnet. Die 
grössere Rippenzahl an unserer Schale ist insoferne bemerkenswert, 
als dieselbe gerade nicht einem ganz jungen Exemplare angehört. 
Das Hörnes’sche Stück besitzt bei einer Schalenlänge von 35 mm nur 
12—15, während unser beinahe ebenso grosses Exemplar 22 Rippen 
aufweist. Es scheint demnach die Rippenzahl nicht gerade vom 
Alter des Individuums abzuhängen, vielmehr ein variabler Charakter 
zu Sein, 


[9] Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje und ViZanovec. 243 


Limnocardium cf. Penslii Fuchs. 


1870. Cardium Penslü, Fuchs: „Fauna d. Congeriensch. v. Radmanest“ 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. pag. 355, Taf. XV, Fig. 15—17). 


Leider besitze ich blos die rechte Klappe, die zwar auch nicht 
sanz tadellos erhalten blieb, jedoch was Form der Schale und Zahl 
der Rippen anlangt, auffallend mit Limnoc. Penslii Fuchs überein- 
stimmt. Länge der Schale circa 47 bis 48 mm, Höhe 41'3 mm, 
Dicke 21'2 mm. Vergleichen wir diese Dimensionen mit jenen der 
erwähnten Art, so sehen wir, dass sich beide auch diesbezüglich 
decken. Fuchs erwähnt zwar nicht die Anzahl der Rippen; ich habe 
dieselbe seiner Zeichnung entnommen und ihrer 21 gefunden, welche 
Zahl genau der Rippenzahl unseres Exemplares entspricht. Auch die 
abgerundeten Rippen mit ihren Zuwachsstreifen entsprechen der 
genannten Art. 


Limnocardium Dumißici n. f. 
(Taf. IX, Fig. 3, 3a.) 


So nenne ich ein ziemlich gut erhaltenes Limnocardium aus 
dem Formenkreise des Limnoc. Schmidti M. H., welches sich indessen 
auf den ersten Blick von der erwähnten Art unterscheidet. Lymnoe. 
Dumicicı ist mehr in die Länge gezogen, hat ein geraderes Schloss, 
einen kürzeren Wirbel, eine grössere Anzahl von Längsrippen (24), 
5 Querwülste und ist hinten weniger schief abgeschnitten. Im übrigen, 
insbesondere was den grossen, eingerollten Wirbel anlangt, reiht sich 
unsere Form an das Limnoc. Schmidti. 

Die einzige rechte Klappe ist 675 mm lang, 493 mm hoch und 
etwa 26'5 mm dick. 

Da die Schale äusserst gebrechlich und verwittert ist, erscheinen 
die Rippen viel flacher als sie ursprünglich waren; dieselben sind 
durch circa 31/, mm weit entfernte Furchen von einander getrennt. 
Nahe beim unteren Schalenrande besitzen die Rippen deutliche Zu- 
wachsstreifen und sehen demnach quergestreift aus. 


Genus: Prosodacna Tournouer. 


An das vorherbeschriebene Limnocardium Dumidiei m. schliessen 
sich noch einige merkwürdige Formen, die ihres misslichen Erhaltungs- 
zustandes wegen leider keine absolut sicheren Schlüsse zulassen, 
immerhin auf bereits bekannte Typen hinweisen, die bisher aus den 
kroatischen pontischen Ablagerungen unbekannt waren. Es sind dies 
die zwei auf Taf. IX, Fig. 1, 2 abgebildeten Steinkerne Ich hielt 
dieselben anfänglich für Psilodonten, und zwar wegen ihres stark 
gedrehten und nach vorne gerückten Wirbels u. s. w. Diese meine 
Deutung wurde auch von Herrn Prof. Sava Athanasiu, welcher 
eine grössere Anzahl von Psilodonten aus Rumänien besitzt, getheilt. 
Er war so freundlich, meine fraglichen Steinkerne mit seinen typischen 


244  Gorjanovi6-Kramberger. 'o mob nura® YET 


Psilodonten zu vergleichen und fand, dass unsere kroatischen Ueber- 
reste „alle sicher der Gattung Psilodon und den Arten Ps. Heberti 
Cob., Ps. Berti Cob. und Ps. cf. Damienesis Cob. angehören.“ Die 
Bestätigung meiner Ansicht machte mir zwar Freude, bestimmte mich 
aber gleichzeitig zu einer eingehenderen Prüfung und Vergleichung 
unserer aus Vizanovec und Podgradje stammenden Reste, was um 
so leichter geschehen konnte, als mir Herr Athanasiu in liebens- 
würdigster Weise theils zum Vergleich, theils zum Geschenk, einige 
echte Psilodonten übersandte. 

Um unnöthige Wiederholungen zu ‚vermeiden, erwähne ich hier 
die diesbezüglichen Arbeiten von- Tournouär)), Cobalcescu?d) 
undStefanescu?), und möchte hauptsächlich auf die einleitenden Be- 
merkungen zur Gattung Prosodacna, welche Stefanescu auf Seite 55 
in chronologischer und kritischer Weise gibt, aufmerksam machen. Aus 
diesen generellen Bemerkungen ersehen wir, dass Cobalcescu für 
gewisse, schon von Tournouär als Prosodacna beschriebene und 
noch einige andere Arten, ein neues Subgenus Psilodon (1. eit. pag. 95) 
aufstellte, in welches aber Arten verschiedener Typen untergebracht 
wurden. Herr Stefanescu hat nun dieses Gemisch sortirt und bei 
dieser Gelegenheit unter anderen auch die Gattung Stylodacna auf- 
gestellt, welche sich von der ihr sonst sehr ähnlichen Prosodacna 
durch ein abweichend gebautes Schloss u. s. w. unterscheidet. 

Bei Berücksichtigung nun aller dieser Umstände und insbe- 
sondere auch einer brieflichen Notiz des Herrn S. Stefanescu, 
wonach die Gattung Prosodacna hinten etwas klaffende Schalen hat 
(„Tout les Prosodaena sont tres peu beautes A la partie posterieur“), 
kann ich in Betreff unserer fraglichen Stücke Folgendes sagen: 


1. Der als Psilodon Heberti Cobale. (Fig. 1) angesprochene Stein- 
kern erinnert zwar sehr an Psilodon, respective an Stylodacna Heberti 
Cob. (nach Stefanescu, |. cit. pag. 65), muss indessen von dieser 
Form getrennt werden, weil unsere Exemplare hinten etwas klaffende 
Schalen besitzen, ein Merkmal, welches typischen Psilodonten ab- 
geht. Demnach ist unser Petrefact in die Gattung Prosodacna und 
in die Nähe der Art Prosodacna orientalis Sabba zu versetzen. 


2. Der als Psilodon Berti Cob. bezeichnete Steinkern ist aller- 
dings durch seine wenigen kräftigen Rippen dieser Art ähnlich (insbe- 
sondere |]. ceit. Taf. III, Fig. 3b und 3c und Taf. IV, Fig. 75), muss 
indessen aus denselben Gründen wie die vorige in die Gattung Pro- 
sodacna, und mit Rücksicht auf seine unbedeutende Länge als eine 
neue Art bezeichnet werden. 

3. Psilodon cf. Damienensis Cob. aus Podgradje ist, wie wir schon 
bemerkten, ein Limnocardium. 


!) Description d’un nouvean genre de Cardidae fossiles des „Couches & 
Congeries“ de l’Europe orientale. — Journal de Conchyliologie 1882, pag. 58. 


?) Studii geologice si paleontologice asupra unor terämuri tertiare..... 
Bucuresci 1883, pag. 93. 
) „Etudes sur les Terrains tert. de la Roumanie .. .“ (Memoires de la 


Societe geologique de France 1896, pag. 55. 


[11] Die Fauna der oberpontischen Bildungen von Podgradje und Vizanover. 94H 


Prosodacna Athanasiui n. f. 
(Taf. IX, Fig. 1, 1a) 


Erinnert sehr an Pros. orientalis Sabba (Stefanescu, pag. 60, 
Taf. V, Fig. 10), und zwar bezüglich der Gestalt der Schale und der 
Anzahl der Rippen. Noch grösser ist die Aehnlichkeit mit Stylodaen«a 
Heberti Sab. (Stefanescu, pag. 65, Taf. V, Fig. 8, 9), so dass man 
eigentlich sagen könnte, unsere neue Art hat die Form und Grösse 
von Siylod. Heberti und die Rippenzahl der Prosod. orientalis. 

Unserer Abbildung brauche ich nur noch hinzufügen, dass diese 
Art 24 Rippen besitzt, und das der hintere Theil theilweise unberippt 
war. Dortselbst beobachtet man beim unteren Rande zarte, nach 
aufwärts gebogene Zuwachsstreifen, die mit dem gewesenen Schalen- 
ausschnitt parallel verlaufen und uns so das Klaffen der Schalen 
beweisen. 

Im Ganzen besitze ich blos zwei Steinkerne dieser Art, welche 
aus dem gelben, eisenschüssigen Sande von ViZanovec herrühren. — 
Die Dimensionen des besser erhaltenen und abgebildeten Exem- 
plares sind: 


Länge 555 mm, Höhe 550 mm, Dicke 50°0 mm. 


Prosodaena inflata n. f. 
(Taf. IX, Fig. 2, 2 «@.) 


Der Kern dieser Art rührt von einer auffallend gestalteten, 
hinten etwas klaffenden Form her, welche bezüglich ihrer wenigen, 
jedoch kräftigen, scharfen Rippen an die Art Prosod. Stefanesewi Tourn. 
erinnert. Sie unterscheidet sich indessen von dieser Art durch ihren 
kurzen Hintertheil, die aufgeblasene Schale und die etwas grössere 
Anzahl der Rippen (10). Diese letzteren waren scharf und in ihrer 
Längserstreckung durch stärkere Zuwachsstreifen 5—4 mal etwas ge- 
knickt, so dass die Rippen keinen glatten, sondern einen gebrochenen 
Bogen bildeten. — Die Dimensionen sind: 


Länge 34:6 mm, Höhe 346 mm, Dicke circa 20 mın. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanst., 1899, 49. Bd., 2. Hit. (Gorjanovic-Kramberger.) 32 


246 Gorjanovic- Kramberger. [12] 


Erklärung zu Tafel IX. 


Fig. 1, la. Prosodaena Athanasini n. f. — Natürliche Grösse. — Vizanovec. 
Fig. 2, 2a. Prosodaena inflata n. f. — Natürliche Grösse. — ViZanovec. 

Fig. 3, 3a. Limnocardium Dumiciei n. f. — Natürliche Grösse. — ViZanovec. 
Fig. 4. Limnocardium Vugiei n. f. — Natürliche Grösse. — Podgradje. 
Fig. 5. Congeria sp. — Natürliche Grösse. — Podgradje. 

Fig. 6. Congeria cf. simulans Brus. — Natürliche Grösse. — Podgradje. 
Fig. 7. Congeria cf. pernaeformis Andrus. — Natürliche Grösse. — Podgradje. 


Sämmtliche Originalien befinden sich im geologisch - palaeontologischen 
Nationalmuseum zu Agram. 


Ueber Eruptivgesteine aus dem Salz- 
kammergut. 


Von ©. v. John. 


Die in Folgendem beschriebenen Eruptivgesteine sind fast alle 
von Herrn Vicedirector, Oberbergrath Dr. E. v. Mojsisovies, bei 
Gelegenheit der geologischen Aufnahmen im Salzkammergut gesammelt 
worden. 

Derselbe übergab diese Gesteine schon vor Jahren dem leider 
so früh verstorbenen Baron H. v. Foullon, welcher dieselben auch 
theilweise untersuchte, infolge seiner zahlreichen Reisen und seiner 
Berufsgeschäfte jedoch nicht dazu kam, seine Untersuchungen ab- 
zuschliessen. 

Nach dem Tode Baron Foullon’s übernahm ich auf Aufforderung 
des Herrn v. Mojsisovics die Bearbeitung der von letzterem ge- 
sammelten Eruptivgesteine des Salzkammergutes. 

Unter den von Herrn B. Foullon hinterlassenen Schriften fand 
sich auch ein Zettel, auf welehem die mit Nummern bezeichneten 
Gesteine aufgeführt und ihre Bestimmung gegeben wurde. Es fand 
sich jedoch nirgends eine nähere Beschreibung eines Gesteines oder 
gesteinsbildenden Minerals oder eine chemische Analyse derselben. 


Es musste daher von mir wieder eine Untersuchung, sowohl in 


mineralogischer als in chemischer Beziehung, stattfinden, so dass die 
von Foullon gewiss gemachten Vorarbeiten für mich verloren waren. 
Die von Foullon gegebenen Gesteinsbestimmungen stimmen fast in 
allen Fällen mit den meinigen überein, nur in einzelnen wenigen 
Fällen nicht. Dies erklärt sich dadurch, dass viele Gesteine eine 
Mittelstellung zwischen zwei Typen einnehmen und daher sowohl zu 
dem einen als dem andern Typus gezählt werden können. Anderer- 
seits sind die meisten der vorliegenden Gesteine stark zersetzt, so 
dass in vielen Fällen nieht mehr unzweifelhaft der ursprüngliche 
Mineralbestand festgestellt werden konnte. 

Viele der von E. v. Mojsisovics gesammelten Gesteine sind 
schon früher bekannt gewesen und haben schon ihre Beschreibung 
gefunden. Ich gebe deshalb hier zuerst eine kurze Zusammenstellung 
der schon aus dem Salzkammergut bekannten Gesteine und füge an 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (C. v. John.) 32*F 


948 C. v. John. [2] 


dieselbe die Beschreibung der einzelnen Gesteinsvorkommen, die bis 
jetzt noch nicht bekannt waren. 

Die eingehendste und vollständigste Zusammenstellung der Vor- 
kommen von Eruptivgesteinen aus dem Salzkammergut findet man in 
Dr. G. Tsehermak’s Arbeit „Die Porphyrgesteine Oesterreichs aus 
der mittleren geologischen Epoche Wien 1869“. In dieser Arbeit ist 
die gesammte ältere Literatur berücksichtigt und kann also dieselbe 
hier übergangen werden. Auf Seite 165 und folgenden unter der Auf- 
schrift: „Nördliche Kalkzone“ finden sich alle bis dahin bekannten 
und die von Dr. G. Tschermak selbst untersuchten Gesteins- 
vorkommen aufgezählt und beschrieben, sowie die gesammten, bis 
dahin erschienenen Arbeiten über die Fruptivgesteine dieses Ge- 
bietes zusammengestellt. Hier seien die wichtigsten Vorkommen er- 
wähnt und kurz eine Charakteristik der einzelnen Gesteine gegeben. 

Besonders zu erwähnen wäre das Gestein von „Fitz am Berg“ 
vom Südufer des Wolfgangsees, welches als typischer Gabbro anzu- 
sehen ist und aus einem grobkörnigen Gemenge von Labradorit mit 
Diallag besteht. Ein solcher Gabbro befindet sich auch unter den 
von E. v. Mojsisovics gesammelten Gesteinen von Fitz am Berge. 
Andere Gesteine von dieser Localität, die mir vorliegen, lassen sich 
durchaus nicht als Gabbro ansehen, sondern müssen als Porphyrite 
bezeichnet werden. Von denselben wird später die Rede sein. 

Es wären dann noch zu erwähnen die von Tscher mak als Gabbro 
bezeichneten Gesteine von Schöffau bei Golling, vom Arikogel bei 
St. Agatha, vom Kroissengraben und vom Calvarienberg bei Ischl und 
das Gestein vom Sillberge bei Berchtesgaden. Alle diese Gesteine 
sind stark zersetzt und sind entweder ursprünglich Gabbro oder 
Diabase gewesen. 

Die Gesteine vom Sillberg und von St. Agatha, sowie das von 
Schöffau wurden von Gümbel als „Sillit“ bezeichnet, ein Name, der 
wohl, da die so genannten Gesteine zersetzte Gabbro oder Diabase 
sind, kaum aufrecht zu halten ist. 

Melaphyre führt Tschermak aus dem Salzkammergut noch 
keine an. Dagegen sind solche später beschrieben worden von Hall- 
statt, und zwar von v. Hauer „Melaphyr vom Hallstätter Salzberge“, 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1879, pag. 252, und v. John „Ueber 
Melaphyr von Hallstatt und einige Analysen von Mitterberger Schiefer“, 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 76. Dieser Melaphyr ist sehr 
stark mit Kochsalz und Gyps durchsetzt und ist das ursprüngliche 
Vorhandensein von Olivin nicht mehr mit Sicherheit nachzuweisen, 
so dass man es vielleicht auch mit einem Diabasporphyrit zu 
thun hat. 

Zu erwähnen wären noch die sogenannten „grünen Schiefer“ von 
Mitterberg, die eine eingehende Beschreibung von A. v. Groddeck 
„Zur Kenntnis der grünen Gesteine (grüne Schiefer) von Mitterberg 
im Salzburgischen“, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1883, pag. 397 ge- 
funden haben und von denen auch Analysen zu finden sind in dem 
Aufsatze: C. v. John, „Ueber Melaphyr von Hallstatt und einige 
Analysen von Mitterberger Schiefer“, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 
1884, pag. 76. 


[3] Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. 249 


Es ist zweifelhaft, ob diese Gesteine eruptiven Ursprungs sind. 
A. v. Groddeck spricht sich entschieden gegen die eruptive Natur 
derselben aus. Andererseits scheinen mir doch viele Gründe dafür zu 
sprechen, dass diese sogenannten Schiefer doch nur stark zersetzte 
Umwandlungsproduete eruptiver Gesteine sind, deshalb wurden die- 
selben auch hier angeführt. 


Ich gehe nun zur Beschreibung der einzelnen Vorkommen über, 
die bisher meines Wissens noch nicht bekannt waren. 


Quarzdiorit (Tonalit) vom Pöllagraben bei St. Gilgen. 


Dieses Gestein sieht makroskopisch wie ein Granit oder in 
manchen Varietäten wie ein Gneissgranit aus. Es ist rein körnig und 
lassen sich die einzelnen Mineralbestandtheile schon mit dem freien 
Auge erkennen. Der Hauptgemengtheil ist ein weisser, gestreifter 
Feldspath, der oft bis zu einem Centimeter grosse Säulchen bildet. 
Ausserdem ist noch fast schwarze Hornblende, meist in Form rissiger 
Säulchen vorhanden, sowie Biotit in einzelnen Blättcehen. Die Horn- 
blende und der Biotit sind entweder regellos in dem Gestein ver- 
theilt oder sind sie auch im ganzen grossen mehr nach einer Richtung 
angeordnet oder umgeben flaserig die einzelnen grösseren Feldspath- 
säulchen. Im ersteren Falle sieht das Gestein, wie schon erwähnt, 
granitisch aus, in letzterem Falle nähert es sich durch Uebergänge 
verbunden, in seinem Aeusseren mehr einem Gneissgranit, obschon 
es nie eine halbwegs typische Gneissstructur zeigt. 


Quarz ist schon mit freiem Auge in dem Gesteinsgemenge er- 
kennbar, tritt aber doch an Menge den übrigen Bestandtheilen gegen- 
über zurück. 


Im Dünnschliffe sieht man unter dem Mikroskop dementsprechend 
als Hauptbestandtheil Feldspath. Derselbe erscheint ziemlich frisch 
und ist zum weitaus überwiegenden Theile Plagioklas, nur einzelne 
Körner sind Orthoklas. Das ganze Bild des Gesteins sowohl makro- 
skopisch als auch in Schliff nähert sich dem eines Tonalites, nur ist 
der Quarzgehalt, wie auch die später gegebene Analyse zeigt, ein zu 
geringer. Ueber die Ausbildung der Hornblende und des Biotites ist 
nichts besonderes zu erwähnen. Es ist dieselbe, wie sie granitische 
Gesteine zu zeigen pflegen. Die Hornblende erscheint im Schliff mit 
schöner grüner Farbe und ist ziemlich stark pleochroitisch. Der Biotit 
bildet theils die bekannten, fein gestreiften, lichtbraunen, stark pleo- 
chroitischen Durchschnitte, theils unregelmässige braune Lappen. 
Hornblende und Biotit sind sehr häufig unregelmässig miteinander 
verwachsen. Quarz tritt in verhältnismässig geringer Menge auf und 
bildet gleichmässig im Gestein vertheilte einzelne Körner. 

Accessorisch findet sich noch titanhältiges Magneteisen, das oft 
eine Umsetzung in sogenannten Leukoxen zeigt und Apatit in ziemlich 
grossen Nadeln. 

Von dem Gestein wurde eine chemische Analyse ausgeführt, 
die folgende Resultate ergab: 


250 €. v. John. ! sel) [4] 
Percent.- 
Kieselsäure: "np 20 2758-20 
Titansanse 2 RE 
THenerde- ri vu a 
Kisenexyd ..):. me. Hl 
Eisenoxydul: ..; ats IE 
Kalk el an. Ana aus Oh 
MaOneslar.. en, 
Kalt. ar RR ee un Mel 
Natron AH MET HZ 
3’hosphorsäuse. 3.7.3. sn 0883 
Klühyerlust Aare ur 1:28 
10084 


| 


Diese Analyse stimmt sehr gut überein mit.der anderer Quarz- 
diorite. Der verhältnismässig niedrige Kieselsäuregehalt erklärt sich 
durch die geringe Menge des vorhandenen Quarzes. Auch. mit der 
Analyse des ersten Tonalites stimmt die vorliegende Analyse gut 
überein, wenn man sich den Kieselsäuregehalt des Tonalites durch 
geringeren Quarzgehalt des Gesteines herabgedrückt denkt. Zum 
Vergleiche sei hier die Analyse des typischen Tonalites vom Avio- 
See von G. v. Rath, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch. XVI, 
1864, pag. 57, gegeben: 


Tonalit vom Avio-See 


Percent 
Kieselsäure'. ns... desmstnar 8621 
Thoneler inc. zuksassherad213520 
Fasenoxyaul NA OF 
NE ra ee 
Macnesib u. er „al 0040 00 2 
Kalkan 4 ann 
Natron abs singe RR 


WASSCeHh., Sr EEE ESEESRE 016 


98:99. 


Um eine genauere Kenntnis des Gesteines zu erlangen, wurde 
der Hauptfeldspath des Gesteines mittelst einer Kalium-Queeksilber- 
jodidlösung isolirt. Hiebei wurde zuerst Hornblende, Biotit, -Apatit 
und Erz entfernt und dann bei dem specifischen Gewicht von etwa 267 
bis 2:68 der Lösung die Hauptmasse des Feldspathes gewonnen, 
während Quarz und Ortloklas, sowie zersetzte Feldspäthe noch auf 
der Lösung schwammen. er 


[5] Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. 251 


Der ausgeschiedene Feldspath hat folgende chemische Zusammen- 
setzung: 


Percent 

Kesalsalhımar:. Karttenlendt. DSB 
erden Le mer 1221 
BrenoRvar. en EI 
dl re ee Pe ker 
MacHeSian At in as ran 
all 
ee nun je nr 
Geamverust ea rn ED 

99:09 


Es nähert sich also der vorliegende Feldspath ziemlich der 
typischen Andesinzusammensetzung und stimmt auch gut überein mit 
den Feldspäthen, die aus Tonaliten isolirt wurden. So fand G. v. Rath 
in dem Tonalit von Val San Valentino den triklinen Feldspath 
folgendermassen zusammengesetzt: 


Feldspath aus dem Tonalit 
von Val San Valentino 


Percent 
Kieselsäure. to: sieh. ch ea 
Aihonerdei» ae. tee 2b 
Kalk ra ARE 8766 
Mairnesian ame See 0.06 
Natron (mit etwas Kali). . 6'283 
Klühyerlustz 7er eo. 2 030 

100:00 


Das vorliegende Gestein aus dem Pöllagraben führt also als 
Hauptfeldspath Andesin und nähert sich also, wenn man von 
dem geringen Quarzgehalt absieht, in jeder Weise dem typischen 
Tonalite. 

Es hat den granitischen Habitus des Tonalites, führt ziemlich 
viel Hornblende neben Biotit, enthält neben etwas Orthoklas denselben 
triklinen Feldspath, nämlich Andesin, und hat, vom Kieselsäuregehalt 
abgesehen, eine dem Tonalit sehr ähnliche chemische Zusammen- 
setzung. N 

Das Gestein vom Pöllagraben bei St. Gilgen ist also als ein 
quarzarmer Quarzdiorit, resp. quarzarmer Tonalit zu bezeichnen. 
Nach den Mittheilungen des Herrn E. v. Mojsisovics bildet dieses 
Gestein hausgrosse Blöcke, welche mitten aus einer von Gosaukreide 
gebildeten Umgebung aufragen. 


952 C. v. John. [6] 


Gabbro aus dem Salzkammergut. 


Hier wären mehrere Gesteine einzureihen, die bis jetzt nicht 
bekannt gewesen sind. Alle diese Gesteine stimmen in ihrer petro- 
graphischen Ausbildung überein und sind alle ähnlich den schon 
früher erwähnten Gabbro von Fitz am Berge und vom Calvarienberg 
bei Ischl, so dass eigentlich nur auf die Beschreibung dieser Gesteine 
von Dr. G. Tschermak, „Die Porphyrgesteine Oesterreichs*, hin- 
zuweisen ist. | 

Hier sei nur kurz ihre mineralogische Zusammensetzung an- 
gegeben. Es sind alle grobkörnige Gemenge von Feldspath mit einem 
diallagartigen Augit, wozu sich noch in geringerer Menge titanhältiges 
Magneteisen und Apatit gesellt. In den meisten Gesteinen ist der 
Feldspath schon ziemlich zersetzt, während der diallagartige, im 
Schliff lichtrothbraun erscheinende Augit noch ziemlich frisch ist. 

Von Localitäten, von denen Herr Dr. E. v. Mojsisoviecs 
Gabbrogesteine gesammelt hat, wären ausser den schon erwähnten 
(Fitz am Berge, Calvarienberg bei Ischl) noch Gesteine anzuführen, 
die aus den Werfener Schichten (Haselgebirge) stammen, und zwar 
die von Steinberg am Ischler Salzberg und solche, die als Geschiebe 
am rechten Traunufer zwischen Weissenbach und Kesselbach, sowie 
auch gegenüber von Kesselbach gefunden wurden. Die Gesteine von 
Fitz am Berge stammen aus Gosauschichten. Das Gestein vom Stein- 
berg am Ischler Salzberg wurde einer chemischen Untersuchung unter- 
zogen und hiebei folgende Resultate gefunden, die ich hier zugleich 
mit der von Dr. G. Tschermak gegebenen Analyse des Gabbro 
von Fitz am Berge gebe: 


Gabbro vom Gabbro von 
Steinberg Fitz am Berge 
(©. v. John) (F. Paul) 


B,e-r. esein’t 


Kieselsaine sn. Aa 49-73 
Titansaurer erw Eee ee —_ 
Thonerde 2. 77 22.721933 17'321 
BISEnoxydaar a we 5:60 
Eisenoxydul var. 2000.02. D°8B, 3:53 
Mansanoxydul 290 22702031 _- 
Kalk? 330 5,209 ORT 0120 814 
Masmesia "el (0 Sue me wei. (0 7719 
Kal ch se ee 15 0:84 
Natron Way Be Er a 3:00 
Phosphorsäure . RER PEST) — 
Schwefel 4, |, 29371ay10413.2230:18 _ 
Glühverlust Meere 3:20) 2:20 


99:61 93:16 


[7] Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. 953 


Beide Analysen stimmen ziemlich gut überein. Sie wurden 
beide an ziemlich zersetzten Gesteinen vorgenommen, wie die hohen 
Glühverluste zeigen. Das Gestein von Steinberg enthält, wie man 
schon äusserlich deutlich sieht, Schwefelkies, was bei dem von Fitz 
am Berge nicht der Fall ist. Jedenfalls ist die Zersetzung bei dem 
Gestein vom Steinberg noch weiter vorgeschritten, wofür auch der 
noch höhere Glühverlust stimmt. Ich versuchte es, sowohl durch 
mechanisches Ausklauben als mit Hilfe der Toulet’schen Lösung 
eine Isolirung des Feldspathes behufs chemischer Analyse desselben 
durchzuführen, was mir jedoch nicht gelang. Man kann aber aus der 
Analyse schon mit Sicherheit deduciren, was schon Dr. G. Tschermak 
bei der Beschreibung des Gabbro von Fitz am Berge that, dass 
der Feldspath dieser Gesteine in die Labradoritreihe zu stellen 
sein wird. 


Diabase. 


Gesteine, die direct als Diabase bezeichnet wurden, sind bis 
jetzt aus dem Salzkammergut nicht bekannt gewesen, wenn auch 
manche Vorkommen, wie das von Schöffau, das von Gümbel als Sillit 
bezeichnet wurde und das Tschermak als zersetzten Gabbro be- 
zeichnet, theilweise hierher zu rechnen sein dürften. Die mir vor- 
liegenden Stücke von Schöffau, die von Herrn Dr. A. Bittner ge- 
sammelt wurden, stimmen nämlich sehr gut überein mit den zersetzten 
Diabasen anderer Localitäten des Salzkammergutes. Vielleicht, sogar 
wahrscheinlich, kommen Gesteine in Schöffau vor, die sich mehr 
einem Gabbro und solche, die sich mehr einem Diabas nähern. Bei 
der ziemlich starken Zersetzung der Gesteine lässt sich der Unter- 
schied, der doch vornehmlich im Augit liegt, meist nicht feststellen. 
Von Fitz am Berge liegen z. B. typische Gabbro mit Diallag und 
ebenso typische Diabase vor. 

Die Diabase sind alle gleichartig ausgebildet, so dass ich die- 
selben hier zusammen behandeln kann. Sie stammen entweder aus 
Werfener Schichten (Haselgebirge\, wie der Diabas von Pfenningbach, 
oder aus Gosauschichten, wie der Diabas von Fitz am Berge; ausser- 
dem wurden Diabase als Findling im Thalboden von Freinwald bei 
Mürzsteg in Steiermark gefunden. 

Die Diabase sind alle rein körnige Gemenge von Plagioklas mit 
einem gewöhnlichen monoklinen Augit, wozu sich noch etwas titan- 
hältiges Magneteisen und Apatit gesellten. Sie sind im allgemeinen 
viel feinkörniger als die Gabbros und unterscheiden sich dadurch 
schon äusserlich von denselben. In vielen zersetzten Diabasen ist 
Chlorit oder Epidot, die sich aus Augit gebildet haben, sowie Caleit 
oder auch Schwefelkies nachweisbar. 

Im Dünnschliff bildet der Plagioklas theils unregelmässig be- 
srenzte Partien, theils ist er in schönen Säulchen entwickelt. Er ist 
häufig durch beginnende Zersetzung stark getrübt, zeigt aber meist 
noch ziemlich deutlich seine polysynthetische Zwillingszusammensetzung. 

Nach der chemischen Analyse eines typischen Diabases (von 
Fitz am Berge) zu schliessen, ist der Feldspath jedenfalls ein Labra- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2, Heft. (C. v. John.) 33 


254 C. v. John. [8] 


dorit. Der Augit unterscheidet sich wesentlich von dem der Gabbros. 
Er erscheint im Schliff meist in Form von Körnern von lichtbrauner 
Farbe und zeigt die Ausbildung der gewöhnlichen monoklinen Augite. 
Bei der Zersetzung der Gesteine erfolgt meist eine chloritische Zer- 
setzung der Augite, oft ist auch eine Umsetzung der Augite in Epidot 
nachweisbar. 

Ausser diesen beiden Hauptbestandtheilen sieht man im Schliff 
noch titanhältiges Magneteisen, das oft leukoxenartig zersetzt erscheint, 
und einzelne meist ziemlich grosse Nadeln von Apatit. 

Bei zersetzten Gesteinen ist entweder Chlorit oder Epidot, dann 
oft auch Caleit und Schwefelkies im Dünnschliff nachweisbar. Von 
einem der frischesten Diabase, nämlich dem vom „Fitz am Berge“, 
wurde eine chemische Analyse durchgeführt, die folgende Resultate 
ergab: 


Percent 
Kieselsäure _... .- au... vr. AB 
Titansaure 2a ae dein MDR S 
Thonerdert VRtmiTs, SB 
EIBenoxyd "7 er CME MIELE 
BisenoxyQduli ... u... me. oe 
Kallı n.8 cl 
Magnesia. U. ar Aha 
Kali ENT ERTTTHEI 
Natron? 0. AUT BELIRREBRLIEN 30 
Phosphorsaure 2.2 20 20a 
Glühverlust ., Z31.. zerkrase 22 

9391 


Die Analyse stimmt mit der des Gabbros von Fitz am Berge 
fast vollständig überein, was auch durchaus nicht überraschend ist, 
da die chemische Zusammensetzung des diallagartigen und des ge- 
wöhnlichen monoklinen Augites wohl nur unwesentlich differiren wird 
und die anderen Bestandtheile dieselben sind. Es hat sich jedenfalls 
dasselbe Magma einerseits grobkörniger mit diallagartigem Augit als 
(abbros und andererseits feiner körnig mit gewöhnlichem Augit als 
Diabas entwickelt. Dieser Fall dürfte auch bei dem Vorkommen von 
Schöffau eingetreten sein. 


Diabasporphyrite (Melaphyre). 


Ausser der schon bekannten Vorkommen vom Salzberg bei 
Hallstatt, auf das schon in der Einleitung hingewiesen wurde, sind 
durch die Herren E. v. Mojsisovices, A. Böhm und G. Geyer 
noch verschiedene andere Gesteine theils anstehend, theils auch nur 
als Geschiebe gefunden worden. 

Es wäre zu erwähnen die anstehend im Niveau des Werfener 
Schiefers gefundenen Gesteine von Sulzenhals, vom „Gassner“ am 


[9] Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. 955 


Jainzen bei Ischl und vom Grundner Wald bei Windischgarsten, dann 
die nur als Geschiebe gefundenen Gesteine vom Delta des Mühlbaches 
in Hallstatt und aus der Lammer unterhalb Rigaussag bei Abtenau. 
Alle diese Gesteine sind stark zersetzt und oft, besonders das Gestein 
von Hallstatt, mit Gyps oder selbst Steinsalz durchzogen. Soweit die 
Zersetzung der Gesteine es erlaubt, lässt sich bei den meisten Ge- 
steinen feststellen, dass dieselben aus Feldspath und Augit, welcher 
meist vollkommen chloritisch zersetzt erscheint, bestehen, zwischen 
welchen sich eine mit Erz durchsetzte, nicht mehr näher zu bestim- 
mende Grundmasse befindet. Bei vielen Gesteinen kommen in grüne 
faserige Partien zersetzte Krystalldurchschnitte vor, die mit Eisen- 
oxyduloxyd aderförmig durchsetzt sind und daher an zersetzte Olivine 
erinnern. In keinem Falle ist es jedoch sicher festzustellen, dass 
Ölivine ursprünglich vorhanden waren, weshalb auch die Bestimmung, 
ob man es mit zersetzten Diabasporphyriten oder Melaphyren zu 
thun hat, nicht mehr mit Sicherheit durchzuführen ist. 

Bei dem schlechten Erhaltungszustande dieser Gesteine, die 
immer Glühverluste von 6—12 Procent zeigen, wurde von einer 
chemischen Analyse abgesehen und nur an dem Gestein aus dem 
Delta des Mühlbaches bei Hallstatt eine Kieselsäurebestimmung vor- 
genommen, die 4620 Procent Kieselsäure (bei einem Glühverlust 
von 6°06 Procent) ergab. Nach der seinerseits von mir an dem Ge- 
stein vom Hallstätter Salzberg vorgenommenen chemischen Unter- 
suchung lässt sich schliessen, dass man es mit ziemlich basischen 
Gesteinen der Diabasporphyritgruppe zu thun hat. 


Glaukophanartige Hornblende führende Gesteine. 


Solche Gesteine liegen nur aus der Gegend der Auermahd 
am Grundelsee vor. Und zwar ein Gestein von Auermahd 
selbst, welches als Diabas, und dann eines östlich vom Auer- 
mahdsattel, welches am besten als Diabasporphyrit bezeichnet 
werden kann. Dieselben sind ganz gleich den bis jetzt beschriebenen 
Diabasen und Diabasporphyriten, nur führen sie blaue, glaukophan- 
ähnliche Hornblende. Die Feldspäthe sind meist noch sehr deutlich 
als Plagioklase zu erkennen, dagegen sind die Augite im Gegensatz 
zu den bisher beschriebenen Gesteinen meist vollständig zersetzt und 
in Epidot umgewandelt, der überhaupt das ganze Gestein durch- 
schwärmt und sowohl in Körnern, als auch in Säulchen ausgebildet 
erscheint. Es hat sich jedenfalls aus dem Augit und auch aus dem 
Feldspath gebildet; auch die später zu beschreibende Hornblende 
scheint bei ihrer Zersetzung in Epidot überzugehen. Ausser den ge- 
nannten Bestandtheilen kommt noch verhältnismässig viel titanhaltiges 
Magneteisen, sowie etwas Apatit vor. Das Gestein von Auermahd ist 
rein körnig, jedoch ziemlich feinkörnig, das östlich von Auermahd- 
sattel mehr porphyrisch entwickelt. Die Grundmasse ist jedoch bei 
der schon ziemlich weit vorgeschrittenen Zersetzung nicht mehr näher 
untersuchbar, jedenfalls kann man das erstere Gestein als Diabas, 
das letztere als Diabasporphyrit bezeichnen. 

83* 


256 C. v. John. [10] 


In ziemlicher Menge enthalten nun beide Gesteine eine blaue, 
rissige, schlecht umgrenzte Hornblende, die auf den ersten Blick im 
Schliff sofort an Glaukophan erinnert. Diese Hornblende ist in dem 
Diabas von Auermahd viel deutlicher und besser entwickelt als in 
dem Diabasporphyrit vom Auermahdsattel. In letzterem Gestein er- 
scheint sie in kleinen, rissigen Säulchen von blauer Farbe, mit deut- 
lichem Pleochroismus zu violett und violettbraun. Besser ist sie in 
dem Gestein von Auermahd entwickelt, wo sie in Form terminal 
schlecht begrenzter, grösserer Durchschnitte mit parallelen Spaltungs- 
streifen erscheint. Dieselbe erscheint im gewöhnlichen Licht blau 
mit einem Stich ins Grüne und zeigt, soweit man bei den schlecht 
begrenzten Längsschnitten und in einzelnen Querschnitten beurtheilen 
kann, deutlichen Pleochroismus, und zwar: c) blau, b) mehr violettblau 
und a) braunviolett. | 


In Längsschnitten konnte die Auslöschung wegen der parallelen 
Streifung ziemlich gut bestimmt werden. Sie beträgt je nach der Art 
des Schnittes von O0 Grad bis 20 Grad. Dies würde auf Glaukophan 
nicht stimmen, da derselbe bekanntlich blos Auslöschungsschiefen bis 
zu 6 Grad zeigt. Eine Isolirung dieser blauen Hornblende ist mir 
nicht gelungen, auch einen einzelnen Hornblendekrystall zu gewinnen, 
um genauere optische Bestimmungen machen zu können, war mir 
nicht möglich. 


Eine Analyse des Diabasporphyrites vom Auermahdsattel ergab 
folgende Resultate: 


Procent 
Kieselsäure. _: =... ,... .07-...:, 41.20 
Titansäure: x Zee zll 
Thonerde -.- wa Mer Be OO 
Eisenoxyü 17%. 20%... Ta Sl 
Bisenoxydul.. "ara ing 00 
Kalk? NoR,E ne Sus2, bir 2927520 
Machesia tree. Sa ENT 
Kalter est ea ul89 
Natron a ae er RATE 
Schwefelt,. Ieustas, Rh 296009 
Phosphorsäure A#- 313=174.0:038 
Glühyerlusrt. 2 Anden 220 

99.54 


Aus dieser Analyse, die so ziemlich mit den bis jetzt gegebenen 
Analysen der Diabase und Diabasporphyrite stimmt, sieht man, dass 
der Natrongehalt etwas höher ist, so dass immerhin auch chemisch 
eine dem Glaukophan ähnliche Hornblende in diesen Gesteinen ent- 
halten sein dürfte. 


In 


[11] Ueber Eruptivgesteine aus dem Salzkammergut. 257 


Wehrlit (Diallagperidotit) von der Traunterrasse- bei 
Gmunden. 


Dieses Gestein stellt ein grobkörniges Gemenge von Olivin mit 
Diallag dar, zu dem sich noch in ‚geringerer Menge Picotit gesellt. 
| Das Gestein zeichnet sich durch seine verhältnismässige Frische 
aus. Der Olivin ist in grossen Körnern entwickelt und zeigt an seinen 
Sprüngen die bekannte serpentinische Zersetzung. Der Augit ist in 
Form von Diallag entwickelt und ist die parallele Streifung, die 
ausserordentlich deutlich ist, oft durch Druck gebogen. 

Der Picotit erscheint im Dünnschliff in Körnern, aber auch in 
unregelmässigen Partien von gelbbrauer Farbe. Eine Probe auf Chrom 
in dem Gestein ergab einen Gehalt von 054 Procent Chromoxyd. 

Das Gestein ist also ein typischer Wehrlit. 

Da Gesteine von ähnlichem Habitus aus den Alpen nicht bekannt 
sind und das Gestein auf secundärer Lagerstätte sich befindet, so ist 
es höchst wahrscheinlich, dass das vorliegende Gestein zur Eiszeit 
aus dem Gebiete des böhmischen Massivs, wo sich einzelne ähnliche 
Gesteine vorfinden, hierher gebracht wurde. 


Zum Schlusse gebe ich hier eine Zusammenstellung der nun 
aus dem Salzkammergut bekannten Eruptivgesteine: 


Quarzdiorit (Tonalit): 
Pöllagraben bei St. Gilgen. 


Diabase: 


Fitz am Berge, Wolfgangsee. 

Schöffau bei Golling. 

Pfenningbach bei Ischl. 

Auermahd, Grundelsee (mit Glaukophan-artiger Hornblende). 
Freinwald bei Mürzsteg in Steiermark (Geschiebe). 


Gabbrogesteine: 


Fitz am Berge, Wolfgangsee. 

Schöffau bei Golling. 

Arikogel bei St. Agatha, Hallstättersee. 

Calvarienberg bei Ischl. 

Kroissengraben bei Ischl. 

Sillberg bei Berchtesgaden („Sillit* v. Gümbel's). 

Steinberg am Ischler Salzberg. 

Rechtes Traunufer zwischen Weissenbach und Kesselbach 
(Geschiebe). 


Diabasporphyrite und Melaphyre: 


Hallstätter Salzberg. 
Sulzenhals, südlich vom Thorstein. 


258 €. v. John. [12] 


„Gassner“ am Jainzen bei Ischl. 

Grundner Wald bei Windischgarsten. 

Auermahdsattel, Grundelsee (mit Glaukophan - artiger Horn- 
blende). 

Delta des Hallstätter Mühlbaches (Geschiebe). 

In der Lammer unterhalb Rigaussag bei Abtenau (Geschiebe). 


Wehrlit (Diallag-Peridotit): 
Traunterrasse bei Gmunden (Geschiebe). 


2. 


Ueber die geologischen Verhältnisse des 
Bergbaugebietes von Idria. 


Von Dr. Franz Kossmat. 
Mit 2 Tafeln (Nr. X—XI) und 7 Zinkotypien im Text. 


Während der geologischen Aufnahme des Kartenblattes Adels- 
berg—Haidenschaft befasste ich mich längere Zeit mit dem 
Studium des interessanten Baues der Umgebung von Idria und hatte 
dank dem Entgegenkommen des Herrn Bergdirectors Cermak auch 
die Gelegenheit, die geologischen Verhältnisse in der Grube eingehend 
zu beobachten und mit den an der Oberfläche wahrgenommenen Er- 
scheinungen zu vergleichen. 

Mit Vergnügen folgte ich daher der Anregung des Herrn Bergrathes 
Schmid, eine obertägige Aufnahme des Grubenterrains im Katastral- 
maßstabe (1:2880) durchzuführen, eine Arbeit, für die mir von Seite 
der K. k. Bergdirection die nöthigen Behelfe zur Verfügung gestellt 
wurden; auch hatte ich mich bei den meisten diesbezüglichen Be- 
gehungen der Begleitung des Herrn Bergrathes Schmid zu erfreuen. 

Durch die Herren Oberverwalter Lanzinger und Verwalter 
Tschemernigg wurde mir der häufige Besuch der verschiedenen 
Grubenpartien sehr erleichtert, und wiederholt unterzogen sieh die 
beiden genannten Herren der Mühe, mich persönlich zu führen. Ferner 
danke ich meinem Freunde, Herrn Adjunkten M. Holler, welcher 
mich bei zahlreichen geologischen Touren, sowohl in der Grube, als 
auch obertags begleitete. 


I. Schiehtfolge. 


Bezüglich der Schichtgesteine, aus denen die Umgebung von 
Idria aufgebaut ist, kann ich mich auf eine tabellarische Uebersicht 
beschränken, da ich bereits im Vorjahre einen Bericht darüber ver- 
öffentlichte, auf welchen ich hier verweisen darf). 


!) Dr. Franz Kossmat: Die Triasbildungen der Umgebung von Idria und 
Gereuth. Verhandl. d. k. k..geol. R.-A. 1898, Nr. 3, S. 92 ff. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 


260 Dr. Franz Kossmat. [2] 
Die Reihenfolge ist diese: 


1. Palaeozoische Schiefer. 
(„Gailthalerschiefer“*; „Silberschiefer“ des Grubenbaues.) 


Schwarze, milde Schiefer mit sehr feinen Glimmerschüppchen. 
(Vergl. über diesen Horizont auch pag. 272 [14] dieses Berichtes.) 


2. Werfener Sebichten. 


a) Untere Werfener Schichten („Seisser Schichten“): Rothe 
Sandsteine und glimmerige Schiefer mit einzelnen dolomitischen Ein- 
schaltungen. (Fossilien: Pseudomonotis Clarai, Myacites fassaönsis etc.) 

b) Mittlere und obere Werfener Schichten: 1. Oolith- 
bänke in Schiefer, 2. Mergelkalke und Kalkschiefer („Campiler 
Schichten“) mit Naticella costata, Tyrolites cassianus etc. 


3. Dolomite und Dolemilkreckien des Muschelkalkes. 


Im unteren Theile dieser mächtigen Schichtgruppe sind auf den 
Höhen NW und NO von Idria typische, splittrige Dolomite entwickelt, 
während sich die Breccien und Conglomerate erst höher oben ein- 
stellen. Geht man aber gegen den Jelicen vrh und das Lubeucthal, 
so bemerkt man, dass die Brecceienfacies immer tiefer herabreicht und 
endlich den reinen Dolomit verdrängt, so dass dort bereits unmittelbar 
über dem Werfenerschiefer die Trümmerstructur beginnt, genau so, 
wie in der Gereuther Gegend. 


4. Wengener Schichten. 


Diesem Horizonte gehören die sehr häufig durch geb andane 
Hornsteinausscheidungen ausgezeichneten, graubraunen Mergel und 
Sandsteine mit Daonella Lommeli Wissm. ete. an. Eine speciell für 
die unmittelbare Umgebung von Idria bezeichnende Einschaltung in 
den Wengener Schichten bilden die N Skonza- 
sandsteine und -Schiefer = „Lagerschiefer“ der Grube). 
Im heurigen Jahre konnte ich die Beobachtung machen, dass die 
Conglomerate, welche im Skonzagräben das scheinbare Hangende 
der Skonzaschichten bilden, in ununterbrochenem Schichtzusammen- 
hange mit den Dolomitbreccien (3) des Jelicen vrh stehen, mithin die 
Basis des Wengener Horizontes bilden und vollkommen analog sind 
den Conglomeraten, welche an der Öber-Laibacherstrasse, in der 
directen Fortsetzung des Zuges der Skonzaschichten im gleichnamigen 
Graben, die Grenze zwischen den Wengener Schichten und der Dolomit- 
breccie des Muschelkalkes bilden. Die Lagerung der erwähnten Conglo- 
merate ist auch für die Auffassung der Schichtfolge in der Grube von 
Wichtigkeit. 


5. Gassianer Schichten. 


Vorwiegend dunkle, meist ausgezeichnet plattige Kalke und Kalk- 
schiefer mit zahlreichen Hornsteinschnüren und--Knollen. Von Fossilien 


| 
| 
| 
| 


[3] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 261 


finden sich am häufigsten Posidonomya. Wengensis, Enerinus cassianus, 
Voltzia Foetterle. Am Zagodaberge, SO von Idria, sowie am PSenk- 
und Planinarücken, SW von Idria sind die unteren Schichten 
‚dieser Abtheilung in fossilleerer dolomitischer Facies entwickelt, 
während am Jelicen vrh und am Rinnwerke die Kalkfacies bereits 
unmittelbar über den Wengener Schichten beginnt. 


Die jüngsten Horizonte der Trias: Raibler Schichten und 
Hauptdolomit sind im Bergbaugebiete nicht vorhanden, treten aber 
in der weiteren Umgebung von Idria, sowohl im Westen (oberes 
Idrieagebiet) als auch im Osten (Umgebung von Na Planina an der 
Ober-Laibacherstrasse) in typischer Ausbildung auf (vergl. Kossmat, 
Verh. 1898, 1. e. pag. 91, 98 und 99). 


Die Kreide kommt in Form eines ziemlich breiten Zuges aus 
dem Birnbaumerwalde in den Bereich von Idria und greift daselbst 
sowohl in das Idricathal als auch in das Nikovathal ein. Wegen der 
Seltenheit von gut erhaltenen Fossilien und der ziemlich einförmigen 
petrographischen Ausbildung ist eine genauere Gliederung dieser 
Schichtgruppe nicht durchzuführen, doch gilt auch in der Umgebung 
‚von Idria dieselbe Regel wie für den Birnbaumerwald, dass nämlich 
die unteren Kreideschichten in Form von dunklen, sehr bituminösen 
Kalken mit Requienien, die oberen hingegen als lichtgraue bis weisse 
Kalke mit Radioliten entwickelt sind. 

Ueber das stratigraphische Verhältnis dieser Formation zu den 
älteren Schichtgruppen gewinnt man bei Idria keinen Aufschluss, da 
hier die Grenze durch Verwerfungen gebildet ist, welche man mehr- 
fach in den Gräben aufgeschlossen sieht; doch geben Beobachtungen 
in der Nähe von Hotederschitz (SO von Idria) Grund zur Annahme, 
dass die Kreideformation in diesen Gegenden bereits transgredirend 
auf der Trias liegt, von der sie im benachbarten Ternowanerwalde 
noch durch die ganze Mächtigkeit der Jurakalke geschieden ist. 


Der von der Kreide durch eine scharfe Discordanz getrennte 
Eocänflysch erscheint in Form von schmalen, eingeklemmten Zügen 
im Rudistenkalkgebiet des Nikovathales und der Strugschlucht; hydrau- 
lischer Mergel, Sandstein und Nummulitenbreceien sind sein charak- 
teristisches Gesteinsmaterial. Jüngere Schichten sind weder im Be- 
reiche von Idria, noch überhaupt im Gebiete des Blattes Adelsberg — 
Haidenschaft vorhanden. 

Die Aenderungen, welche sich im stratigraphischen Schema 
gegenüber den Aufnahmen von Lipold (Erläuterungen zur geologischen 
Karte der Umgebung von Idria in Krain, Jahrbuch d. k. k. geol. 
R.-A. 1874, Bd. XXIV, S. 426 ff. mit geologischer Karte 1:11.500 
und Profilen) ergeben, sind im allgemeinen nur untergeordneter Natur 
und beziehen sich mehr auf die weitere Umgebung der Stadt als auf 
das Bergwerksgebiet. Etwas grösser ist der Unterschied in Bezug auf 
die Anschauungen über Verbreitung und Lagerung der einzelnen 
Schichtglieder, doch ist es wohl überflüssig, hierauf schon an dieser 
Stelle im speciellen einzugehen. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 34 


262 Dr. Franz Kossmat. [4] 

Zur orographischen Orientierung, welche für das Verständnis 
der tektonischen Erörterungen unentbehrlich ist, habe ich nebenstehend 
eine Kartenskizze entworfen, auf welcher zugleich die Grundzüge des 
geologischen Baues eingetragen sind; im übrigen kann ich auf 
Lipold’s Arbeit verweisen, in der auf pag. 431 und 432 eine aus- 
reichende Terrainbeschreibung gegeben ist. 

Auf die Publication einer geologischen Karte der weiteren 
Umgebung von Idria, welche ich in einem Maßstabe von ca. 1:12.000 
aufgenommen habe, musste vorderhand verzichtet werden, da die 
Herstellung einer guten topographischen Grundlage mit Terrain- 
zeichnung zu viel Zeitaufwand erfordern würde und die Veröffent- 
lichung der vorliegenden Arbeit bedeutend hinausschieben müsste, 
ich begnügte mich daher mit der als Taf. X beigegebenen Darstellung 
des Bergwerkgebietes. 


II. Tektonischer Theil. 


Einen gemeinsamen Grundzug im Aufbaue der Umgebung von: 
Idria bildet das Fehlen grösserer Schichtfaltungen und die auffällige 
Häufigkeit von Brüchen, welche zum Theil als normale Verwerfungen, 
zum Theil als Ueberschiebungen ausgebildet sind und die Schicht- 
reihe in sehr verwickelter Weise zerstückeln. 

Unter allen Dislocationen trittals "besonders 
wichtig eine hervor, welche aus dem oberen Kanonmlja- 
thale über den Raspotsattel zum linken Idricagehänge 
zieht und sich jenseits desselben du’rch das Lubeucthal 
weit nach Osten fortsetzt. (Vergl. Lipold l. ec. pag. 447.) 

Nördlich von dieser Ueberschiebung, welche durch das Auf- 
brechen der schwarzen palaeozoischen Schiefer ausgezeichnet ist, 
herrscht einfacher Bau und verhältnismässig ruhige Lagerung, welche 
auch eine ziemlich einfache orographische Gestaltung zur Folge hat. 

In jenem Theile dieses Gebietes, der zwischen dem Raspotsattel, 
der Idrica und unteren Kanomlja liegt (Tebelo brdo), bestehen 
die Höhen aus dem flachliegenden, mächtigen Dolomite des Muschel- 
kalkes, unter welchem in den Erosionsthälern der Kalkschiefer der 
oberen Werfener Schichten blossgelegt ist. Auf der Ostseite des 
Idricathales senkt sich die Unterlage tiefer herab, infolge dessen sind 
über den Dolomiten (und Breecien) des Muschelkalkes an vielen 
Stellen die Wengener Schichten und Cassianerkalke in Form von 
Erosionsresten erhalten und bilden die Gipfelplatform von mehr 
oder minder ausgedehnten Waldplateaus. Hieher gehören: 


1. Der Mrutni vrh (beim Gehöfte Mocnik), dessen Kalke von 
Lipolld für Muschelkalk gehalten wurden, sich aber dadurch, dass 
sie randlich überall auf Wengenermergeln und -Sandsteinen auflagern, 
als Cassianer Schichten erweisen, wofür auch der petrographische 
Uharakter ganz unzweideutig spricht. 


263 


Ueber die geologischen Verhältnisse des Berghangebietes von Tdria, 


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34* 


964 Dr. Franz Kossmat. [6] 


2. Die Höhe des Jeliöen vrh (St. Magdalena), welche der 
vorigen sehr ähnlich ist und von ihr nur durch einen kleinen Sattel 
setrennt wird. 

[Die Kalke dieses Plateaus wurden bereits von Lipold zu den 
Cassianer Schichten gerechnet. ] 


3. Eine kleine Partie von fossilführenden Cassianerkalken zwischen 
den obersten Armen des Lubeucthales. 


4. Das Plateau von Lesetenza. (Von Lipold als unterer 
Muschelkalk ausgeschieden.) 


Auf den genannten Höhen entspringen zahlreiche Seitengräben 
der Idrieca und des Lubeucthales, welche bis auf die Dolomitbreccien 
des Muschelkalkes, zum Theile sogar bis auf die Werfener Schichten 
einschneiden und dadurch die ehemals gewiss zusammenhängende 
Decke von Cassianerkalk in isolierte Partien zerlegen. 

Ganz im Gegensatze zu dieser einfach und ruhig gelagerten 
Region zeigt sich die Trias südlich der genannten Hauptstörung 
von zahlreichen Nebenbrüchen durchsetzt, welche zum Theile sehr 
verschiedene Richtungen verfolgen und stellenweise ein förmliches 
Sprungnetz bilden. 

Im Bereiche des Weichenthales (zwischen dem Raspotthal 
und der Nikova), wo Muschelkalk-Dolomit und Aufbrüche von Wer- 
fenerschiefer das Gebirge aufbauen, zeigt sich eine eigenthümliche 
Convergenz der Dislocationen, indem die nördlichen von WNW nach 
OSO, die südlichen hingegen — darunter auch der Randbruch gegen 
die Kreide der Nikova — von WSW nach ONO streichen, derart, 
dass in der Nähe des Raspotsattels die schmalste Stelle der Ueber- 
schiebungszone ist; verfolgt man aber dieselbe weiter nach Osten, so 
sieht man sehr bald wieder ein Zertheilen der Bruchlinien eintreten 
und in der Umgebung des Idricaflusses, im unmittelbaren Stadtgebiete 
von Idria ein Maximum erreichen. Zunächst schiebt sich die Dolomit- 
masse des Calvarienberges (N der Nikova, W der Idrica) keil- 
artig ein, und die durch den Aufbruch der palaeozoischen Schiefer, 
sowie der Werfener Schichten ausgezeichnete Hauptdislocation spaltet 
sich demgemäss in zwei Hauptäste, deren nördlicher fast eine OW- 
Richtung annimmt, während der andere nach SO abschwenkt und 
durch den Nordabhang des Vogelberges hindurchgeht. 

Ich habe dieses Gebiet, welches abgesehen von seiner com- 
plicirten Tektonik dadurch ein besonderes Interesse gewinnt, dass 
sich unter ihm der berühmte Quecksilberabbau bewegt, im Katastral- 
maßstabe (1:28830) aufgenommen und will im Folgenden bei seiner 
Besprechung länger verweilen. Die geologische Karte, welche der 
vorliegenden Arbeit beigegeben ist, wurde aus Raumrücksichten auf 
1:11.500 reduecirt, doch genügt auch dieser Maßstab völlig, um die 
Detaile des verwickelten Gebirgsbaues wiederzugeben. 

Von geologischem Gesichtspunkte betrachtet, zerfällt das in 
Rede stehende Bergbaugebiet, welches den Winkel zwischen der 
unteren Nikova und der Idrica einnimmt, in drei Theile: 


N 


i 


[7] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 265 


I. Cerin (mit dem sogenannten Erzberg); 
I. Vogelbersg; 
III. obertriadischer Zug entlang des Rinnwerkes 
(an der Idrica), welcher sich O des Flusses im Lubeucthale fortsetzt. 


Alle drei gehören orographisch zusammen und hängen 
untrennbar mit dem waldigen Kreidekalkplateau auf der Westseite 
der Strugschlucht zusammen. 


v 
a) Cerin. 


Der Abhang des Oerin gegen die Idrica besteht aus Werfener 
Schichten, welche überall dort, wo das Fallen zu beobachten ist, 
eine mehr oder minder steile Neigung bergwärts zeigen. Besonders 
schön und mächtig entwickelt sind die unteren, sandig-glimmerigen 
Werfener Schichten mit eingeschalteten Dolomitlagen, während die 
oberen nur selten und in geringer Mächtigkeit aufgeschlossen sind. 
Circa 200 m südlich des Josephischachtes sind innerhalb des Werfener 
Complexes die im stratigraphischen Schema erwähnten Oolithe durch 
einen kleinen Steinbruch entblösst. 

Auf der Lipold’schen Karte ist in der Nähe des Josephi- 
schachtes ein kleiner Aufbruch von palaeozoischem Schiefer 
angegeben, den ich jedoch nicht mehr auffinden konnte, da Bau- 
schutt etc. in der unmittelbaren Umgebung den Untergrund verhüllt. 

Ueber den Werfener Schichten folgt mit gleichem, ebenfalls 
gegen die Cerinhnöhe gerichteten Einfallen die typische Dolomit- 
breecie des Muschelkalkes, welche auf der Kuppe von den 
hornsteinreichen Wengenertuffen überlagert wird, jedoch an 
mehreren Stellen aus diesen herausragt, ein Beweis, dass die auf- 
liegende Decke nur dünn ist. Cassianerkalke kommen östlich 
der Cerinhäuser in ganz kleinen blockartigen Erosionsresten über den 
hornsteinführenden Mergeln zum Vorschein. 

Eine scharf ausgeprägte Störungslinie, an welcher alle Schicht- 
glieder des Cerin nacheinander abschneiden, bildet die Grenze gegen 
den Vogelberg. Im Brandgraben, welcher in SO-NW-Richtung zur 
Nikova herabkommt und in der Nähe des Antonistollens endigt, wird 
diese Dislocation in einem ziemlich tiefen Niveau angeschnitten und 
dadurch in ziemlicher Ausdehnung der palaeozoische Schiefer 
blossgelegt, welcher die Störungslinie sehr auffallend bezeichnet. 
Sobald man höher hinauf, zum Sattel zwischen Cerin und Vogelberg 
steigt, tauchen diese Schiefer unter und kommen erst auf der jen- 
seitigen Abdachung, beim Hause Kogej, wieder zum Vorscheine. 


b) Vogelberg. 

Der Vogelberg, welcher sich SW des Oerin erhebt und diesen 
nicht unbedeutend überragt, zeigt im Aufbaue und im Schichten- 
materiale eine derartig überraschende Aehnlichkeit mit dem erst- 
genannten Berge, dass er auf der geologischen Karte eine fast 
vollständige Wiederholung desselben darstellt, weshalb Lipold (l. e. 
S. 450) sogar die Vermuthung aussprach, dass der Cerin nur eine 


266 Dr. Franz Kossmat. | } [8] 


vom Vogelberg abgerutschte Partie darstelle, eine Ansicht, welche 
sich allerdings aus Gründen, die später zu erörtern sind, nicht be- 
stätigt. Auch am Vogelberge besteht der Sockel aus Werfener 
Schichten, von denen auch hier die untere Abtheilung mächtig 
entwickelt ist, während die kalkigeren oberen Schichten zwar vor- 
handen, aber nur in geringerer Verbreitung und Mächtigkeit auf- 
geschlossen sind. Ueber diesen Schichten baut sich, gleichfalls 
bergwärts fallend wie die Unterlage die Dolomitbreccie des 
Muschelkalkes auf, welche auf der Höhe des Vogelberges von 
den Wengener Schichten (Hornsteintuffe und Sandsteine mit 
Trachyceras Idrianum Mojs., Daonella Lommeli Wissm. ete.) überlagert 
wird. Von der Skonzafacies sind sowohl auf dem Oerin als auch auf 
dem Vogelberge nur geringe Spuren nachzuweisen, was wohl damit 
zusammenhängt, dass in den Wengener Schichten tieferreichende Ein- 
schnitte nicht vorkommen und infolge dessen nur das verwitterte Aus- 
sehende zu sehen ist, an welchem die charakteristischen Eigenthüm- 
lichkeiten der einzelnen Facies mehr oder minder verschwinden. In 
der Regel ist das Verbreitungsgebiet der Wengener Schichten durch 
eine Ueberstreuung mit den gebänderten Hornsteinen und Kiesel- 
schiefern ausgezeichnet, da natürlich diese der Verwitterung den 
grössten Widerstand entgegensetzen. 
Cassianerkalke konnte ich auf dem Vogelberge nicht auffinden. 
Die ganze Schichtfolge des Vogelberges schneidet an einer 
ungewöhnlich scharfen, auch landschaftlich sehr auffälligen Verwerfung 
gegen die Kreidekalke ab. Die Bruchlinie, welche an der Nikova 
von der Hauptdislocation des ÜOerin abzweigt, ist besonders schön 
aufgeschlossen in der „Grapa“, in welcher auf eine sehr lange Strecke 
die Südwestseite von einer Harnischfläche gebildet wird, welche die 
Kreidekalke begrenzt und steil — 60—80%° — ONO fällt, während 
auf der gegenüberliegenden Seite des Baches die Triasbildungen des 
Vogelberges anstehen. Eine eigenthümliche Erscheinung ist es, dass 
der Werfenerschiefer, welcher um die Basis des Vogelberges herum- 
schwenkt und die „Grapa“ von unten nach oben auf eine ziemliche 
Entfernung begleitet, nicht constant entlang der Grenzverwerfung 
gegen die Kreide verläuft, sondern von derselben durch einen 
schmalen Zug von Dolomitbreecie getrennt ist. Es handelt sich hier 
um eine Parallelstörung zur südlichen Grenzdislocation, welche beson- 
ders dadurch klar zum Ausdrucke kommt, dass an einer Stelle inner- 
halb des genannten Zuges von (oberen) Werfenerschiefern ein kleiner 
Aufbruch von Silberschiefer (palaeozoischer Schiefer) zu constatiren 
war, der sich in grösserer Tiefe sicherlich zu einer ähnlichen 
Zone entwickelt, wie der palaeozoische Zug des Brandgrabens zwischen 
erin und Vogelberg. Man darf eben nicht vergessen, dass im unteren 
Brandgraben die Entblössung tiefer reicht als an der Südwestab- 
dachung des Vogelberges. 


c) Obertriadische Partie entlang des „Rinnwerkes“. 


Sowohl der Cerin als auch der Vogelberg stossen im Osten an 
einer Dislocation scharf gegen den oberen Triaszug ab, welcher 


u 


[9] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria.. 2967 


entlang des sogenannten Rinnwerkes: vom Podrotheagraben bis nahe 
zur Semlia (beim Josephischacht) reicht. 

l. Südlich des Josephischachtes sind entlang des Rinnwerkes 
typische Cassianerplattenkalke aufgeschlossen, in denen Lipold 
einige bezeichnende Petrefacten auffand. Diese Schichten, welche 
starken Stauchungen und Biegungen ausgesetzt waren, im allge- 
meinen aber ein gegen den Üerin gerichtetes Einfallen zeigen, 
schneiden nacheinander die älteren Triasbildungen des Oerin, d. h. 
die Werfenerschiefer, Dolomitbreecien und Wengener Schichten ab 
und schwenken mit einer halbmondförmigen Biegung in den Üerin- 
graben hinein, an dessen oberen Ende sie die mehrfach erwähnte 
Hauptdislocation des Vogelberges treffen. 

Auch nördlich der Idrica, an der Mündung des Skonzagrabens 
taucht mitten aus den unteren Werfener Schichten eine kleine Partie 
dieser Cassianerkalke in der unmittelbaren Fortsetzung des Haupt- 
zuges empor. Au 

Entlang der gekrümmten Linie, an welcher der Cerin mit dem 
Cassianerkalkzuge zusammenstösst, fand ich einen ganz schmalen 
Streifen von typischem Silberschiefer (palaeozoischer Schiefer), welcher 
besonders deutlich auf der nördlichen Seite des Ceringrabens zu 
verfolgen ist und den Wengenerschiefer der Öerinkuppe vom 
Cassianerkalke des Graben sehr scharf trennt, wodurch auch hier die 
Bruchlinie gekennzeichnet ist. 

2. Eine zweite, südliche Partie von Cassianerkalk grenzt den 
Vogelberg im Osten ab; auch hier treten die verschiedenen Schicht- 
glieder nacheinander an den Kalk heran und auch hier ist die 
Grenzlinie, wenigstens an einer Stelle, durch das Zutagetreten der 
palaeozoischen Schiefer ausgezeichnet. Die südliche Zone der Oassianer- 
kalke ist ein wenig breiter als die nördliche, zeigt aber gleichfalls 
ein vorwiegend bergwärts (also westlich) gerichtetes Verflächen, wobei 
allerdings untergeordnete Faltungs- und Knickungserscheinungen häufig 
locale Abweichungen herbeiführen. 

Im Liegenden der Cassianerkalke kommt am Rinnwerke 
von der Mündung des Podrotheagrabens bis zum Öeringraben der 
Wengenerschiefer zum Vorschein, welcher in der Umgebung 
des Hauses Kogej (S v. Ceringraben) direct an die Hauptstörung 
des Vogelberges .herantritt und auf diese Weise den nördlichen 
Cassianerkalkzug (am östlichen Cerinabhang) vom südlichen Zuge 
(am südöstlichen Vogelbergabhang) völlig trennt. An mehreren Stellen 
taucht unter ihm sogar die aus Dolomitbreccie bestehende 
Unterlage empor und bildet kleine Kuppen innerhalb der weichen 
Mergel. (Vergl. die Partien W des Seilsteges, der vom Hause Gruden 
über die Idriea führt.) 


d) Ostseite des Idricathales. 
(Zwischen Podrothea und Skonzagraben.) 


Der nördliche. Cassianerkalkzug des Rinnwerkes quert die 
Idrica an der Mündung des Lubeucthales und zieht mit ausgesprocheneni 
WNW--OSO-Streichen in diesem Thale aufwärts bis zu seiner Ver- 


4 


268 Dr. Franz Kossmat. [1:0] 


einigung mit dem Grohatgraben. Die Breite dieser Kalkzone ist am 
Idricaflusse noch ziemlich beträchtlich, nimmt aber nach Osten rasch 
ab. An zwei Stellen: 1. Am Südufer des Lubeucbaches, gegenüber der 
Einmündung des Rossgrabens (SO von Ferdinandischacht), 2. in der 
Fortsetzung des Wengener Aufschlusses an dem westlichen Idricaufer, 
kommt der Wengenerschiefer unter dem Kalke heraus. Beson- 
ders instruetiv ist der erstgenannte Aufschluss, an welchem die steil 
gestellten und mannigfach geknickten Wengener Schichten deutliche 
Pflanzenspuren führen und dadurch ihre Zugehörigkeit zur Skonza- 
facies erweisen. Die Oassianerkalke streichen aber auch hier, wenn 
auch bedeutend verschmälert, auf der Nordseite des Lubeucbaches 
durch den unteren Rossgraben durch, zeigen steiles, nach SSW ge- 
richtetes Verflächen — genau so, wie auch auf der ganzen Strecke 
von hier bis zum Idriecaflusse — und besitzen mitunter knollige Schicht- 
flächen, eine Erscheinung, die man sehr häufig in diesem Horizonte 
wahrnehmen kann. 

Die Cassianer Schichten des Lubeucthales stessen im Norden 
unmittelbar an die unteren sandig-glimmerigen Werfener 
Schichten, welehe die Basis des Jelicen vrh bilden und von den 
hier fossilführenden Mergelkalken und Mergeln der oberen Werfener 
Schichten überlagert werden, auf denen sich — immer mit nördlichem 
bis nordöstlichen Verflächen — die Dolomitbreecien, die Wengener 
Schichten und der Cassianerkalk (von St. Magdalena) in normaler 
Reihenfolge aufbauen. 

Die Fortsetzung der Störung, welche sich am Franzschachte durch 
das Emportauchen der palaeozoischen Schiefer kundgibt, ist im Lubeuc- 
thale durch den palaeozoischen Zug, der innerhalb der Werfener Zone 
vom unteren Skonzagraben zum Ferdinandischacht verläuft, angedeutet. 

Im Süden grenzt der Kalkzug des Lubeucthales mit einer scharfen, 
stellenweise durch den Bach aufgeschlossenen Dislocation an die unteren 
Werfener Schichten des Zagodaabhanges; auch hier liegt über letzterer 
Abtheilung die ganze Schichtfolge bis zu den Cassianerkalken, ja 
weiter östlich sogar bis zu den Raibler Schichten. 

Von der Kreide des Salathales ist der Zagoda noch durch eine 
ebenfalls stark gestörte Triaszone getrennt, in welcher lange, schmale 
Züge von Werfener Schichten als Aufbrüche innerhalb der Dolomit- 
breeeien des Muschelkalkes erscheinen. (Siehe Fig. 2.) 

Trägt man den Verlauf der im Vorhergehenden besprochenen 
Hauptstörungslinien der Umgebung von Idria auf eine Kartenskizze ein, 
so erhält man das auf pag. 263 [5] dargestellte schematische Bild, 
aus welchen man deutlich ersieht, dass der Querbruch, welcher 
die Triaspartie des Rinnwerkes nach Westen abgrenzt, 
durch die Längsstörungen (Streichen NW—SO) gekreuzt 
und abgeändert wurde, mithin älter ist als sied). Dies 
kommt vor allem im Folgenden zum Ausdrucke: 


!) Wenn gesagt wird, dass der Querbruch älter ist als die Längsstörungen, 
soll damit übrigens keineswegs gemeint sein, dass es sich um eine erhebliche 
Altersdifferenz handelt. Es sind vielmehr beide Kategorien von Dislocationen er- 
wiesenermaßen postcretacisch und gehören jedenfalls nur verschiedenen Phasen 
der gleichen Störungsperiode an. 


ee 


[11] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 269 


1. Die südliche Randverwerfung zwischen Trias und Kreide 
schneidet den Querbruch gänzlich ab. 

2. Die Hauptdislocation zwischen Vogelberg und Öerin lenkt 

ihn (den Querbruch) ab und bringt die eigenthümliche spitzwinklige 
Ausstülpung des Cassianerkalkzuges im Oeringraben zustande. Auch 
das Auftauchen der Wengener Schichten und Dolomitbreceien beim 
Hause Kogej und die hiedurch bewirkte Trennung der beiden Kalk- 
züge des Rinnwerkes steht mit dieser Erscheinung in Einklang. 
) 3. Am Nordufer der Idrica, in der Gegend des unteren Skonza- 
grabens streicht die WNW—-OSO-Dislocation, welche aus der Gegend 
des Raspotsattels über den Franzschacht zum Ferdinandischacht im 
Lubeucthal zieht, senkrecht auf den genannten Querbruch und schneidet 
ihn gleichfalls ab. 


Fig. 2. Profil durch das Lubeucthal vom Jelicen vrh zum Salabach. 
Maßstab: 1:25.000. 


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N ' IX = EN SE, 
ER x 
#7 2 
SW ND 


W = Werfener Schiefer. — DBr = Dolomitbreccie des Muschelkalks.. — Wg = 
Wengener Schiefer (incl. Skonzafacies). — CD = Cassianer Dolomit (auf dem Zagoda- 
gehänge. — CK = Cassianerkalk. — Kr — Kreidekalk. 


In dem complieirten Sprungnetze, welches die Trias von Idria 
durchsetzt, spielt somit der Querbruch an der Idrica eine ganz hervor- 
ragende Rolle, umsomehr, als Andeutungen vorliegen, dass auch weiter 
im Süden, in den Kreidekalken der Strug (eingeklemmter Flyschzug 
in der Tiefe der Idricaschlucht) und im Norden, von der Mündung 
der Nikova abwärts, entlang des Flusses eine nordsüdliche Verwerfungs- 
linie vorhanden ist. 

Während nämlich gegenüber der Quecksilberhütte auf dem 
Westufer der Idrica unter den Dolomiten des Muschelkalkes die 
unteren Werfener- und palaeozoischen Schiefer in Form von lang- 
gestreckten Zügen auftauchen (vergl. den Nord- und Südabhang des 
Calvarienberges), findet man sofort auf der Ostseite der Idrica in der 
gleichen Streichlinie eingeklemmte Züge von typischen Skonza- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 35 


270 Dr. Franz Kossmat. [12] 


schichten. Die durchgreifende Regel ist, dass auf der Ostseite die 
älteren Schichten in einer grösseren Tiefe liegen als auf der West- 
seite, dass also — und dies gilt auch für die Partie am Rinnwerke — 
die Gesteinsreihe auf dem östlichen Flügel der Verwerfung gegenüber 
jener auf dem westlichen Flügel entweder tiefer abgesunken oder 
minder hoch gehoben ist, was ja schliesslich auf das gleiche hinausläuft. 

Diese Regel gilt in gleicher Weise für das einfach gebaute Gebiet 
nördlich der Hauptüberschiebung, wie für die complieirten Partien 
südlich dieser Dislocation; so steht zum Beispiel in Bezug auf die 
Anzahl der vertretenen Schichtglieder das Bruchgebiet des Weichen- 
thales (W der Idrica) zu jenem des Zagoda (OÖ der Idrica) in 
gleichem Verhältnisse, wie das nördlich davon gelegene Plateau des 
Tebelo brdo zu jenem des Magdalena und Mrutni vrh. Es 
ist dies gleichfalls ein Umstand, der dafür spricht, dass die Längs- 
störungen erst gebildet wurden, als der Querbruch und die durch ihn 
bedingten Niveauunterschiede der Sedimente diesseits und jenseits 
des heutigen Idricathales bereits vorhanden waren. 

Eine besondere Bedeutung gewinnt die letztgenannte Dislocation 
aber dadurch, dass sie sich den Ueberschiebungen gegenüber nicht rein 
passiv verhielt, sondern ganz deutlich ein Zersplittern dieser bewirkte. 

Wenn man nämlich die zahlreichen Störungen von Idria nach 
Westen verfolgt, so kann man beobachten, dass sie rasch convergiren 
und sich bereits auf dem Raspotsattel mit der grossen Ueberschiebung 
vereinigen, welche hinüber zum oberen Kanomljathal streicht; die- 
selbe Vereinfachung kann man beobachten, wenn man von Idria nach 
Osten geht und die Ueberschiebung im Lubeucthale verfolgt. 

Die grosse Querkluft und das mitihr inZusammen- 
hang stehende Zersplitternder NW—SO-Brüche gewinnt 
dadurch an Wichtigkeit, dass gerade in der Region, wo 
die Complication das Maximum erreicht, das Queck- 
silbervorkommenist, während wederimWestennoch im 
Osten eine Erzführung angetroffen wurde. 

Wenn man nun auch bereits aus den geologischen Verhältnissen 
an der Tagesoberfläche einen Einblick in den Aufbau des besprochenen 
Gebietes gewinnt, so erhält man doch ein klares Bild von der Be- 
schaffenbeit und Bedeutung der einzelnen Störungen erst, wenn man 
in den Kreis der Beobachtung auch die Erscheinungen im Bergbaue 
einbezieht, welche ganz überraschende Aufschlüsse über den verti- 
calen Verlauf einer Anzahl von Brüchen geben, deren Projeetion 
man an der Oberfläche studieren kann. Ich gehe daher im Folgenden 
auf die Besprechung des Grubenbaues über. 


Nordwestgrube. 
Profil 1, Tafel XI. 


Da die Ausrichtung in diesem älteren Grubentheile !) bereits 
viel weiter gediehen ist als in der Südostgrube und dadurch das 


!) Die wichtigsten obertägigen Einbaue der NW-Grube sind: Inzaghi-, 
Theresia- und Franzschacht, ferner der nahezu 400 Jahre alte Antonistollen. 


[13] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 97] 


geologische Bild in den einzelnen Horizonten bereits näher dem 
Abschlusse ist, empfiehlt es sich, in der Darstellung mit dieser Ab- 
theilung zu beginnen, obgleich gerade hier die verwickeltsten Ver- 
hältnisse herrschen. 

Die Quecksilberlagerstätte befindet sich in Gesteinen der 
mittleren Trias und ist sowohl nach NNO als auch nach SSW durch 
Ueberschiebungen begrenzt, welche gegen die Oberfläche derart 
convergiren, dass sie sich noch in den obersten Laufstrecken (I. Lauf 
und Horizont des Antonistollens) nahezu vereinigen und die erz- 
führende Partie keilförmig abstutzen. 

Der Verlauf der beiden Grenzüberschiebungen ist WNW—-OS0, 
entsprechend der Richtung des oberen Kanomljathales und Lubeuc- 
thales, in deren Verbindungslinie sie liegen; das Fallen der Kluft- 
flächen ist vorwiegend nach NNO gerichtet. 


I. Nordcontact. 


Von Norden her tritt an die Lagerstätte unmittelbar der milde, 
schwarze palaeozoische Schiefer heran, welcher nahe der Grenz- 
verwerfung häufig gediegenes Quecksilber führt und davon den Namen 
„Silberschiefer“ erhalten hat. Sein Contact mit den erzführenden 
Schichten der mittleren Trias steigt in den tieferen Läufen (vom XI. 
aufwärts zum III.) sehr steil an, legt sich dann aber rasch flach, 
derart, dass im II. Laufe noch N und S des Inzaghischachtes der 
Triasdolomit auf weite Erstreckung ausgerichtet ist, während im 
I. Lauf, 60 m höher, der Silberschiefer bis nahe an die südliche 
Hauptverwerfung reicht, also flach über die Hauptpartie der Lager- 
stätte hinweggeht. 

Mit zwei Zungen, deren tektonische Bedeutung weiter unten 
erörtert werden soll, greift der Schiefer aus dem Dache in die erz- 
führende Trias ein. 

Zeichnet man auf einer grösseren Karte die Grenzen der Lager- 
stätte ein, so zeigt sich, dass diese fast völlig unter den Cerin zu 
liegen kommt, und da der letztere aus einer Schichtfolge aufgebaut 
ist, welche nach unten mit typischen, fossilführenden unteren 
Werfener Schichten abschliesst, aus denen stellenweise der- 
selbe palaeozoische Schiefer aufbricht (in der Umgebung von Josephi- 
schacht und auf der nördlichen Idricaseite in der Gegend des Franz- 
schachtes), welcher in der Grube das Dach der mitteltriasischen 
Lagerstätte bildet, so ergibt sich mit voller Gewissheit, dass die 
Masse des CGerin aufgeschoben ist auf die Schichten- 
reihe des Grubenbaues. Auf diese wichtige Thatsache hat 
zuerst Lipold klar und bestimmt hingewiesen (l. ce. S. 450). 


Bezüglich der „Silberschiefer“ wurde vor einigen Jahren (vergl. 
die Einleitung zur Schrift: Geolog.-bergmännische Karten etc. von 
den Quecksilberlagerstätten in Idria, Wien 1893, herausgegeben vom 
k. k. Ackerbauministerium) von Professor Höfer die Vermuthung 
ausgesprochen, dass der mit diesem Namen belegte Gesteinscomplex 
nicht zu den palaeozoischen Schiefern, sondern zu den Lagerschiefern 

35* 


272 Dr. Franz Kossmat. [14] 


(Skonzaschichten) der mittleren Trias gehöre !). — Ich hatte 
sowohl 1897, als im Vorjahre die Gelegenheit, den „Silberschiefer“ 
aus dem Gebiete des oberen Kanomljathales durch Idria hindurch 
in das Lubeucthal, obere Salathal und weiterhin bis nach „Potok“ 
(N von Leskoue und Veherte an der Ober-Laibacherstrasse) zu ver- 
folgen; ich fand denselben Schiefer, mit absolut gleicher Be- 
schaffenheit wie im Grubenbaue, auch bei Gereuth, wo er in 
der Mitte einer Aufwölbung der unteren Werfenerschiefer zum 
Vorschein kommt, und konnte denselben auch noch weiter östlich an 
einer grossen Querstörung, welche aus der Umgebung von Za Plana 
zur Ebene von Loitsch hinausstreicht, in grösserer Ausdehnung 
beobachten. Nun ist aber in den Wengener Schichten des schönen 
Profiles von Gereuth die Skonzafacies, welche ja überhaupt nur 
für die unmittelbare Umgebung von Idria bezeichnend ist, gänzlich 
verschwunden, und in der ganzen, hier ausserordentlich 
ruhigundeinfach gelagerten Triasfolgeistkein Niveau 
vorhanden, welches mit den erwähnten schwarzen 
Silberschiefern nur einen Augenblick verwechselt 
werden könnte. Nimmt man hiezu noch die eigenthümliche Ver- 
breitung dieser Schichten, welche überall im untersuchten Gebiete 
an den Bereich der Werfener Schichten, also der tiefsten Trias- 
bildungen, gebunden sind und in Form von langen Zügen’ die Haupt- 
dislocationslinien begleiten, so muss man unbedingt der Ansicht 
Stur’s und Lipold’s beipflichten, dass man es mit palaeozoischen 
Gebilden zu thun hat, umsomehr, als ja bereits in dem unmittelbar 
anstossenden Gebiete des Blattes „Bischoflack—Ober-Idria“ diese 
älteren Schichten eine grosse Rolle spielen. 

Der Silberschiefer in der Grube ist übrigens nicht nur petro- 
graphisch mit jenem an der Aufbruchslinie Ober-Kanomljathal— Lubeuc- 
bach identisch, sondern hängt mit ihm ununterbrochen zusammen, 
wie durch die obertägigen und untertägigen Aufschlüsse in der 
Gegend des Franzschachtes klar erwiesen ist. Andererseits ist wieder 
der Lagerschiefer in der Grube immer mit den typischen Lager- 
(Skonza-) Sandsteinen und sogenannten Tuffen in engster Ver- 
bindung, so dass eine Trennung der beiden fraglichen Schiefer- 
horizonte bei näherem Studium immer durchführbar ist. 

Ausserdem zeigen Lager- und_Silberschiefer trotz ihrer Aehn- 
lichkeit in Farbe und Consistenz doch petrographische Unterscheidungs- 
merkmale, indem der letztere Schichteomplex immer durch einen 
feinschuppigen Glimmerbelag auf den Spaltflächen ausgezeichnet ist 
und auf den Rutschflächen fettigen Glanz besitzt, während dem Lager- 
schiefer der Glimmerbelag fehlt und die Rutschflächen anthraeitischen 
Glanz haben. 

Auch die Analysen der beiden Gesteine weichen von einander 
ab, da der Silberschiefer einen bedeutend höheren Al, O;. Fe O;- 
und niedrigeren 8’ O,-Gehalt aufweist als der Lagerschiefer und 
-Sandstein (vergl. die Analysen von Schrauf in der eitirten Schrift). 


!) Indem von A. Plaminek geschriebenen geologischen Theile ist übrigens 
die Lipold’sche Anschauung beibehalten, 


[15] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 273 


ll. Erzführende Partie. 


Den wichtigsten Leithorizont innerhalb dieser stark gestörten 
Masse bilden die „Lagerschiefer und -Sandsteine“, welche 
als die Träger von mitunter reichen Erzen seit jeher sorgfältig ver- 
folgt und auch auf den Grubenkarten detailirt eingetragen wurden. Im 
Ganzen scheidet man in der Nordwestgrube vier Züge von Lager- 
schiefern aus, welche mit den Buchstaben A, B, ©, D benannt sind [verel. 
die vom k. k. Ackerbauministerium herausgegebene Schrift, S. 18, 19], 
jedoch keineswegs von einander unabhängige Partien darstellen, sondern 
in einem engen tektonischen Verbande stehen. 

Der südlichste Zug, das Lager A, ist sowohl in verticaler als 
auch horizontaler Ausdehnung am meisten constant und setzt mit 
einem mittleren Verflächen nach NNO vom obersten Lauf in die 
Tiefe bis zum IX. Lauf (280 m unter dem Tagkranze des Josephi- 
schachtes). Es besteht aus schwarzen Schiefern und -Sandsteinen — 
letztere stellenweise mit Pflanzenresten, welche denen des Skonza- 
grabens gleich sind !); — an vielen Stellen kann man, ebenso wie in 
den Skonzaschichten der typischen Localität, beobachten, dass der 
schwarze Sandstein Gerölle von Dolomit aufnimmt, wodurch er in die 
unmittelbar anstossende Dolomitbreccie übergeht. 

Weit unregelmässiger sind die übrigen Hauptlager. 

Lager 5 geht vom Ill. Lauf mit nordöstlichem Verflächen zum 
IV. Lauf, macht hıer eine Knickung und fällt bis zum VII. Lauf steil 
in SW-Richtung hinab. Dann vollzieht sich eine zweite Schwenkung, 
und das Lager steigt, als Lager Ü bezeichnet, wieder steil empor, 
behält aber das SW-Fallen noch bei, bis es im Zwischenhorizont vom 
Ill. und IV. Lauf sattelartig umbiegt und mannigfach zersplittert als 
Lager D gegen den Nordcontact fällt, worauf es im VII. Lauf sein 
Ende erreicht. — Im VIH. Lauf sind noch die Ausläufer der Lager 
A, B und C vorhanden, verfliessen aber derart ineinander, dass 
eine Trennung ganz unmöglich ist; im IX. Lauf ist nur mehr ein 
bedeutenderer Lagerzug zu finden, der nahe dem Südcontaect verläuft 
und als Fortsetzung des Lagers A aufgefasst werden kann. 

Ausser diesen grösseren Zügen sind noch an verschiedenen Stellen 
der Nordwestgrube kleine, eingeklemmte Partien von Lagerschiefern 
und Lagersandsteinen vorhanden, welche aber für den Bergbau von 
geringerer Bedeutung sind. — Ich habe einige derselben auf dem 
Profile zur Darstellung gebracht (vergl. den Zug am Nordcontact im 
III. Lauf, ferner den schmäleren Schmitz zwischen Lager A und D 
an dem eingreifenden Keile von Silberschiefer im III. und IV. Lauf). 
— Die Facies der Wengenertuffe tritt in der Nordwestgrube gegenüber 
der erwähnten Entwicklung (Skonzafacies) zurück. 

Die anderen Schichtgesteine, welche in der Nordwestgrube vor- 
kommen, sind Dolomite, Dolomitbreccien, Conglomerate 
und Kalke. 

1. Die tiefere Hauptpartie dieser Gesteine ist nach oben durch 
die Lager C, D und die unteren Ausläufer von A (im VIII. Lauf) 


", Lipold: 1. ce. pag. 455. 


274 Dr. Franz Kossmat. [16] 


abgeschlossen und besteht aus festen Dolomiten und Dolomitbreccien, 
welche nur selten von untergeordneten und schmalen Schnüren des 
Lagerschiefers durchzogen sind. 

2. Die zweite Dolomitpartie ist zwischen den Lagern B, ©, D 
und dem hangenden Silberschiefer eingeschlossen. Auch diese zeigt 
das gleiche Gesteinsmaterial wie die tiefere Partie, ist aber von mehr 
Schmitzen des Lagerschiefers durchzogen. In der Nähe der Hauptlager 
nimmt der Dolomit meistens den Charakter einer Breccie oder sogar 
eines Conglomerates an, welches durch Aufnahme von schwarzem, 
sandigem Bindemittel an manchen Stellen in den Lagersandstein 
übergeht. 

3. Dasselbe gilt von der Dolomitpartie zwischen dem Lager B 
und A. Hier ist die Breccie, oft ausgezeichnet durch faustgrosse 
Bruchstücke oder Gerölle [sehr schön im IV. und VII. Lauf], besonders 
näher dem Lager A wohl entwickelt und zeigt ebenfalls stellenweise 
Uebergänge in Oonglomerate mit Sandsteinbindemittel. 

Auf dem Profil ©—D der Tafelbeilagen zu der wiederholt eitirten 
Schrift über die Lagerstätten von Idria sind die beiden letzterwähnten 
Dolomitpartien als Cassianer Schichten (11) ausgeschieden, während 
die Conglomerate als Kalkconglomerate (10) der Wengener Schichten, 
und die Dolomitmassen der tieferen Horizonte als „Dolomite und 
Breccien der Gutensteiner Schichten“ bezeichnet werden. Die Einrei- 
hung der oberen Complexe in die Cassianer Schichten erfolgte übrigens 
nur mit Vorbehalt, da im Texte (Seite 18, 19 und 20) an den dies- 
bezüglichen Stellen immer von „Dolomiteonglomeraten und Breccien 
der Wengener, eventuell Cassianer Schichten“ die Rede ist. Man 
sieht also, dass mit der Bezeichnung 11 auf dem Profile keineswegs 
die bezeichnende Cassianerfacies gemeint ist, wie sie z. B. am Rinn- 
werke auftritt. 

Ich habe im heurigen Jahre bei häufig wiederholten Befahrungen 
der Nordwestgrube den Eindruck erhalten, dass eine Unterscheidung 
zwischen den Dolomitbreecien oberhalb der Lager A—D und jenen 
unterhalb der letzteren nicht durchführbar ist. Was ferner die 
Möglichkeit einer Gleichstellung der oberen Dolomite und Dolomit- 
breccien mit den Cassianer Schichten der Oberfläche anbelangt, so 
möchte ich dagegen Folgendes bemerken: 

1. Sind an denjenigen Stellen der unmittelbaren Umgebung von 
Idria, welche in nächster Beziehung zu den Vorkommnissen in der 
Grube stehen, also am JeliGen vrh (St. Magdalena), Rinnwerk 
und Lubeucthal, die Cassianer Schichten bereits an der Basis als 
Kalke entwickelt, während das Auftreten der Dolomitfacies erst am 
Zagodaberge, Psenk- und Planinarücken zu constatiren ist, 
also an Stellen, wo auch schon in den Wengener Schichten besondere 
Facieseigenthümlichkeiten auftreten, indem z. B. die so bezeichnende 
Entwicklung der Skonzaschichten (Lagerschiefer) nicht mehr vor- 
handen ist, während man sie im Lubeucthal und am Jelicen vrh noch 
beobachten kann. Will man also nach Analogieschlüssen urtheilen — 
und dazu ist man im vorliegenden Falle genöthigt —, so muss man 
wohl erwarten, dass auch in der Grube die Cassianer Schichten 
nicht in Dolomit-, sondern in Kalkfacies erscheinen; man hat also 


[17] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria, 975 


kaum Grund, anzunehmen, dass die erwähnten Dolomite und Breccien 
oberhalb der Lager, welche noch dazu von sicher nachgewiesenen 
Dolomiten und Breccien des Muschelkalkes nicht zu unterscheiden 
sind, mit den Cassianer Schichten parallelisirt werden dürfen 

2. Wie bereits früher erwähnt, zeigen die Dolomite und Breceien 
aus dem Hangenden der Lager die Neigung, in der Nähe der Lager- 
schiefer und -Sandsteine die Structur gewöhnlicher Conglomerate an- 
zunehmen, welche zum Bindemittel einen dunklen, bituminösen Sand- 
stein haben und sowohl petrographisch als auch den Lagerungsver- 
hältnissen nach vollkommen dem Conglomerate gleichen, welches im 
Skonzagraben in Verbindung mit den Skonzaschichten auftritt, weshalb 
man die beiden Vorkommnisse auch seit jeher gleichstellte (vergl. 
auch die identische Bezeichnung beider auf den Karten und Profilen 
zur eitirten offieiellen Schrift). Nun habe ich auf S. 4 erwähnt, dass 
die Skonzaconglomerate, welche mit den Skonzasandsteinen in voll- 
kommenem Schichtverbande stehen, andererseits auch mit den Dolo- 
miten und Dolomitbreceien des Muschelkalkes ein untrennbares Ganzes 
bilden, so dass man also die Conglomerate stratigraphisch an die 
Basis des Wengener Complexes versetzen muss und nicht in das 
Hangende, wie man bisher annahm). Die scheinbare Unter- 
lagerung der Skonzaconglomerate durch die Sandsteine kann also 
sowohl im genannten Graben, wie auch in der Grube nur eine 
Folge von Ueberkippung sein. 


Ich fasse daher die Dolomite und Dolomitbreccien 
im Hangenden der Hauptlager A, B, C und Dals iden- 
tisch mit jenen der tieferen Horizonte und in zweiter 
Linie auch als identisch mit den Dolomitbreccien 
des Muschelkalkes der obertägigaufgeschlossenen Ge: 
birgspartien auf. 

Nach dieser Auffassung stellt also die Hangend-Dolomitmasse eine 
durch Ueberschiebung bewirkte Wiederholung der tieferen Partie dar 2). 

Dass thatsächlich im erzführenden Körper ausser den beiden 
Grenzcontacten noch andere Dislocationen (Ueberschiebungen) vor- 
handen sind, beweist auch das Verhalten des Silberschiefers, der 
zwischen dem oberen Theile des Lagers B und dem Hangenden des 
Lagers A in einer tiefen Zunge mit NNO-Verflächen bis unter das 
Niveau des IV. Laufes hinabgeht und an einer Stelle durch einen 
aufragenden Keil von Dolomit gespalten ist. (Vergl. das Profil.) Diese 
Zunge von Silberschiefer steht zum Lager 5 und dem dazugehörigen 
Dolomitcomplexe in einem ganz analogen Verhältnisse, wie der 
Werfenerschiefer des Südcontactes zur Lagerpartie A, und man kann 


!) Die in meiner Arbeit, Verhandl. d. k. k.geol. R.-A. 1898, S. 96 erwähnten 
dünnen Conglomeratbänkchen, welche an der Localität Voneina in einem höheren 
Niveau auftreten, haben, wie ich mich heuer überzeugte, mit den echten Skonza- 
conglomeraten des Skonzagrabens nichts zu thun. 

?) Nur im NW-Schlage des III. Laufes ist mir nahe am Contacte mit 
den Werfener Schichten eine kleine Partie von Kalken mit Spuren von Crinoiden- 
stielen bekannt, welche möglicherweise dem Cassianerniveau angehören 
könnten. Der tektonische Zusammenhang mit den weiter im SO befindlichen Par- 
tien der Lagerstätte ist unbekannt. 


276 Dr. Franz Kossmat. [18] 


die Kluftfläche entlang der Südgrenze von B auch thatsächlich in 
den einzelnen Läufen scharf feststellen. 

Eine sehr eigenthümliche Erscheinung ist der unregelmässige 
Verlauf der im Bergbaue aufgeschlossenen Ueberschiebungsklüfte. So 
steigt der Südcontact, welcher. das Lager A gegen die Werfener- 
schiefer scharf abgrenzt, zwar in NNO-Richtung nach abwärts, zeigt 
aber, wie sich durch die genauen Grubenkarten sicher constatiren 
lässt, eine Anzahl von ziemlich scharfen Biegungen, welche auch das 
Lager A mitmacht (vergl. das Profil). Da ein Gleiten auf einer schon 
ursprünglich so stark welligen Ueberschiebungsfläche nicht denkbar 
ist, bleibt nur die Annahme übrig, dass die Krümmung der Kluftfläche 
und mit ihr auch jene des Lagers A eine nachträgliche Erscheinung ist. 

Nachträgliche Faltung von Ueberschiebungsflächen wurde auch 
an anderen Orten wiederholt beobachtet!) und es ist ja von vorne- 
herein einzusehen, dass dieselbe Spannung, welche ein Zerreissen und 
Gleiten von Gesteinsmassen bewirkt, auch eine Krümmung der ent- 
standenen Kluftflächen herbeiführen kann. Damit wäre auch eine Er- 
klärung des eigenthümlichen Verhaltens der Lager 5, C und D ge- 
geben, welche, wie ein Blick auf das Profil zeigt, nichts anderes dar- 
stellen, als ein einziges, stark gekrümmtes Lager. Schematisch lässt 
sich die Sache etwa auf folgende Weise zeichnen: 


Fig. 3. Schematisches Profil durch die erzführende Partie der Nordwest- 
grube. 


SW 
P=Palaeozoische Schiefer. — W -— Werfener Schichten. — DBr = Dolomite und 
Breccien des Muschelkalkes. — a, b, c, d — Lagerschieferzüge der Wengener 
Schichten. — ne = Nordceontact. — sc = Südeontact. 


Nach meiner Ansicht wurde der Gomplex von Dolomitbreccien 
des Muschelkalkes und Lager- (Skonza-) Schiefern, welcher den heutigen 
erzführenden Körper bildet, bei der Gebirgsbildung durch Zusammen- 
pressen gebrochen und theilweise überkippt, die einzelnen Partien 
verschoben sich aneinander, und zwar gaben in der Regel die weniger 


1, Vergl. z. B. F. A Hoffmann: Ein Beitrag zur ‚Frage nach der Ent- 
stehung und dem Alter der Ueberschiebungen im westphälischen Steinkohlengebirge 
Zeitschrift für praktische Geologie. Berlin 1895, S. 230, 231 ft. 


[19] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria.. 277 


widerstandsfähigen Lagerschiefer die Gleitflächen ab, wie man denn 
auch an anderen Orten einen ähnlichen Zusammenhang zwischen den 
tektonischen Erscheinungen und der Consistenz des Materiales ge- 
funden hat. 

Gleichzeitig muss wohl auch die Ueberschiebung des Cerin über 
die ganze heutige Lagerstätte stattgefunden haben. 

Durch den andauernden Druck wurden die Rutschflächen, auf 
denen sich die einzelnen Gesteinsmassen gegeneinander bewegten, 
verbogen, und mit ihnen trat natürlich auch die Biegung der Lager- 
schiefer ein. Würde man sich die Krümmung ausgeglichen denken, so 
hätte man beiläufig folgenden Bau: 


Fig. 4. Schematisches Profil durch die Nordwestgrube. 


- SW 


Die Krümmungen der Ueberschiebungsflächen und Lagerschieferzüge ausgeglichen 
gedacht. 
(Die Zeichenerklärung ist dieselbe wie bei vorstehender Figur.) 


Es lässt sich also die ganze complieirte Lagerung auf eine 
normale „Schuppenstructur“ zurückführen, wie man sie auch 
anderwärts findet. 

Selbstverständlich machen die obigen Erörterungen nur den An- 
spruch darauf, ein Erklärungsversuch zu sein, doch glaube ich, 
dass derselbe mit den heutigen Erfahrungen der Tektonik in Ein- 
klang steht. 

Was die Erzführung in der Nordwestgrube anbelangt, habe ich 
dem, was in der eitirten officiellen Schrift steht und was bereits 
Lipold in seiner geologischen Arbeit betonte, nichts hinzuzufügen. 

Die Imprägnation der Lagerschiefer als auch der gangartigen 
Erzklüfte im Dolomit muss später erfolgt sein als die Bildung der 
grossen Klüfte und Ueberschiebungen, da sie von diesen abhängig ist, 
sie kann demnach erst während der Tertiärzeit erfolgt sein. Nirgends 
ist das Auftreten der Erze an einen bestimmten Horizont gebunden, 
wenn auch offenbar die Lagerschiefer infolge ihres bituminösen 
Charakters einen günstigen Einfluss auf die Reduction und Abscheidung 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 36 


278 Dr. Franz Kossmat. [20] 


der Quecksilberhältigen Verbindungen ausgeübt haben dürften und 
dadurch stellenweise zu Trägern reicherer Erze wurden. 

Der Silberschiefer, welcher die Lagerstätte nach oben abschneidet 
und damit eine scharfe Grenze der Vererzung bildet, ist in der Nähe 
des Contactes durch das Auftreten gediegenen Quecksilbers und zahl- 
reicher Schwefelkiesknollen ausgezeichnet. Man könnte sich die Frage 
stellen, ob das Zusammenvorkommen dieser beiden Ausscheidungen 
nicht vielleicht darauf hindeutet, dass am Contacte die nicht unbe- 
trächtfiehe Eisenoxydmenge der bituminösen Silberschiefer und der 
Zinnobergehalt der Lagerstätte einer theilweisen Umsetzung unterlagen, 
bei der sich das Eisen mit dem Schwefel verband, während das Queck- 
silber unter dem Einflusse der reducirenden Wirkung der vorhandenen 
organischen Substanz zum Theil frei wurde. 


Während in den tieferen Horizonten des Grubenbaues die Breite 
der Lagerstätte ganz beträchtlich ist, kommt schon im I. Laufe der 


Silberschiefer des Nordcontactes so nahe an den Werfenerschiefer des 


Südcontactes, dass beide nur durch einen schmalen Zug von erz- 
führenden Lagerschiefern (Lager A) voneinander getrennt sind. 

Noch höher oben keilt auch dieses Band ganz aus und an der 
Tagesoberfläche tritt der Silberschiefer (im Brand- 
graben) unmittelbar an den Südcontact, d.h an den 
Werfenerschiefer der nordöstlichen Basis des Vogel- 
berges heran. Der Zusammenhang zwischen den obertägigen Auf- 
schlüssen und denen in der Grube ist ein so enger, dass die Ver- 
bindung der Schnittpunkte ganz ungezwungen vorgenommen werden 
kann. Wie ein Vergleich von Profil und Karte zeigt, ist 
die.Grenzdislocation zwischen dem Werfenerschiefer 
des Vogelberges und den Schichten des Üerinidentisch 
mitdem Südcontacteder Grube, und der Vogelbergliegt 
somitbereitssüdlichderLagerstätte, währendderCerin 
über ihr liegt). 

Ich habe auf der Karte den Südcontact der Grube für mehrere 
Läufe in Form von schwarzen Linien dargestellt, um zu zeigen, in 
welchem Ausmaße er sich infolge seines NNO-Verflächens von der 
Projeetionslinie seines obertägigen Ausbisses entfernt. 


Südostgrube. 
Profil 2 und 3, Tafel XI, 


Die Südostgrube (obertägige Einbaue: Josefischacht und Ferdi- 
nandischacht) steht dem Streichen nach mit der Nordwestgrube in 
ununterbrochenem Zusammenhange, zeichnet sich aber vor dieser 
durch grössere Einfachheit in der tektonischen Gliederung aus. 


!) Daraus ergibt sich auch, dass Cerin und Vogelberg tektonisch selbst- 
ständig sind, dass mithin jener nicht von letzterem abgerutscht sein kann (vergl. 
S. 9), da er sich über dem Nordcontacte befindet, während die Basis des Vogel- 
berges entlang der südlichen Lagerstättengrenze zur Tiefe geht. 


BT EUER 


[21] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 279 


Die Silberschiefer des Nordcontactes und des Daches 
der Lagerstätte sind auch hier in ähnlicher anormaler Lagerung 
nachgewiesen, wie in der Nordwestgrube (verel. z. B. die beiden 
Lappen von Silberschiefer im III. Lauf, Umgebung des Josephi- 
schachtes), sind aber in den tieferen Läufen nur an wenigen Stellen 
(VII. Lauf) angefahren, da hier die Ausrichtung gegen NO nicht so 
weit vorgeschritten ist. 

Der Südcontact zeigt dieselben Eigenthümlichkeiten wie im 
anderen Grubentheile, indem auch hier die Werfenerschiefer in 
directe Berührung mit den Lagerschiefern und Dolomiten der zwischen 
den beiden Hauptdislocationen eingeschlossenen erzführenden Partie 
kommen. 

Die Lagerschiefer treten an Bedeutung weit zurück, da 
nur das Lager A noch als zusammenhängender Zug nachgewiesen ist, 
während die anderen mehr oder minder auskeilen oder sich in ganz 
unbedeutende Schmitzen auflösen, welche auf Klüften innerhalb der 
Dolomitmassen eingekeilt sind. Besonders deutlich sind diese 
Schmitzen im VII. Lauf. 

Das Lager A reicht nachweislich bis in den IX. Lauf hinab, wo 
z. B. noch in den südöstlichsten Abbauen (Umgebung des IV. Gesenkes) 
nahe am Südcontact ganz typische Lagerschiefer und Sandsteine auf- 
geschlossen sind, von denen die letzteren an einer Stelle durch das 
Vorkommen von „Korallenerz“ (Sandstein mit kohligen, napfartigen 
Gebilden, welche nach Dr. Bittner der Brachiopodengattung Discina 
angehören) ausgezeichnet sind, ein Fund, der die vollkommene Ana- 
logie mit dem Lagersandstein der Nordwestgrube beweist. Der er- 
wähnte Zug ist von mehreren Verwerfungen durchschnitten und in 
Dolomit eingeklemmt, der durch seine zahlreichen, glänzend polirten 
Rutschflächen die Heftigkeit der stattgefundenen tektonischen Vor- 
gänge beweist. 

Das Verflächen der erwähnten tiefsten Partie des Lagers A ist 
hier vorwiegend steil SSW, während es in den höheren Horizonten 
durchschnittlich die gewöhnliche NNO-Richtung zeigt. 

Die Facies der Wengenertuffe (zum Theil mit Horn- 
steinen) ist in der Südostgrube mehrfach vorhanden, so im 
V]J. Lauf, Beginn des Südwestschlages, wo die Hornsteintuffe das 
Lager vertreten, ferner auch sehr schön im Zwischenlauf zwischen 
dem III. und VI. Horizont bei der Schüttlrolle ete. 

Die Hauptmasse der Gesteine in der Südostgrube bilden die 
typischen Dolomite und Dolomitbreccien des Muschel- 
kalkes, welche ihrer Ausbildung nach mit jenen der Nordwestgrube 
identisch sind und mit ihnen auch ununterbrochen zusammenhängen. 
In den tiefsten Horizonten, so vor allem am X. Laufe, greifen in 
diese Dolomite vom Südcontacte her Partien von Werfener Schichten 
ein, welche die Erzführung an verschiedenen Stellen abschneiden. 

Ueberhaupt unterscheidet sich der Charakter der südöstlichen 
Lagerstätte in mancher Beziehung von jener der nordwestlichen, wie 
dies in der mehrfach eitirten geologisch-bergmännischen Arbeit sehr 
klar dargestellt wurde (S. 21, 22). Es hängt dies vor allem damit 
zusammen, dass die Lagerschiefer hier zurücktreten, die Dolomite 

36* 


280 Dr. Franz Kossmat. [22] 


hingegen, in denen die Erzführung vermöge der Gesteinsbeschaffen- 
heit nicht lager-, sondern gang- oder netzartig auftritt, vorherrschen. 

Die Ueberschiebungen sind in der Südostgrube ebenso klar 
ausgesprochen, wie weiter im Nordwesten und zeigen auch hier die 
Eigenthümlichkeit, dass sie sich in den höheren Horizonten ziemlich 
flach legen, während sie gegen die Tiefe steil, ja sogar senkrecht 
werden. Besonders bezeichnend dafür sind das I. und II. steile 
Blatt im IX. und XI. Laufe, welche Paralleldislocationen zum Nord- 
und Südcontacte darstellen. 

Ausser den NW—SO-Kluftflächen erscheint aber in der Südost- 
grube eine neue Dislocationsrichtung, welche im nordwestlichen Reviere 
nicht bekannt ist. 

Auf den Grubenkarten sind diese Klüfte mit den Buchstaben 
O0 und O0‘ bezeichnet. Das Streichen ist ONO, also nahezu quer auf 
die Hauptrichtung, das Fallen SSO. | 

Auch diese Klüfte sind für die Erzführung von ähnlicher Be- 
deutung wie das I. und Il. steile Blatt (vergl. 1. ec. Geologisch-berg- 
männ. Karte von Idria, S. 22). 


Zwischen den O und O‘-Klüften und der, Querstörung, welche 


an der Tagesoberfläche vom Ostabhange des Cerin (Rinnwerk) sich 
gegen die Mündung des Skonzagrabens fortsetzt, besteht eine ähnliche 
Beziehung, wie zwischen den Längsstörungen in der Grube (M und 
N-Klüfte) und jenen an der Oberfläche zwischen Öerin und Vogelberg. 
(Vergl. das schematische Profil 3 auf Taf. XI.) 

In einem eigenthümlichen Zusammenhange mit den Querstörungen 
steht das Auftreten der Cassianerkalke in der Südostgrube. 
Während man nämlich in der Umgebung des Josephischachtes im 
Ill. Laufe noch denselben Dolomit findet, wie in der Nordwestgrube, 
erscheinen in der nach SO zum Ferdinandischachte getriebenen 
Strecke, dem sogenannten Ferdinandi-Hoffnungsschlage, die 
typischen Cassianerkalke. Beide, die Dolomite und Cassianerkaike, 
treten hier aber nicht direct miteinander in ÖOontact, sondern sind, 
wie ich bei meiner letzten vorjährigen Grubenbefahrung beobachten 
konnte, durch eine Partie von glimmerigen, sandig-mergeligen 
Werfener Schichten voneinander getrennt. Diese Zone beginnt 
nahe vor der Querstrecke zum Brusgesenk und begleitet den SO- 
Schlag auf eine nicht ganz unbedeutende Strecke, da ihr Streichen 
durchschnittlich OSO, das Fallen SSW ist. Sie steht ohne Zweifel in 
directem Zusammenhange mit den obertags unmittelbar darüber ent- 
blössten Werfener Schichten des Uerin, gehört somit dem Dache 
der erzführenden Masse an und setzt nicht mit ihr in die Tiefe; in 
den unteren Läufen trifft man bereits beiderseits der Quer- 
störungen Dolomite und Lagerschieferschmitzen an. 

Die Cassianerkalke beginnen bereits vor der zweiten SW- 
Querstrecke des Hoffnungsschlages und halten an bis zum Ferdinandi- 
schachte. Es handelt sich hier um dieselbe Partie von Kalken, 
welche in unmittelbarer Nähe des Josephischachtes und im unteren 
Lubeucthale an der Tagesoberfläche erscheint und gleichfalls 
direct in Contact mit Werfener Schichten tritt. Das Fallen ist sowohl 


[23] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria.. 281 


in der Grube als auch obertags durchschnittlich SSW, das Streichen 
nach WNW gerichtet. 

Mit dem Ueberschreiten der genannten Zone von Werfener- 
schiefer im Ill. Laufe hat man das Gebiet der von dem 
Cerin überdeckten erzführenden Partie verlassen und 
tritt in jene Kalkzone ein, welche an der Tagesober- 
fläche entlang des Rinnwerkes und im Lubeucegraben 
erscheint. Bekanntlich hat man im Hoffnungsschlage keine Erz- 
vorkommnisse mehr angetroffen; ich halte es nicht für ausgeschlossen, 
dass dies in Zusammenhang mit der erwähnten tektonischen Er- 
scheinung steht. 

Unterhalb des Ferdinandischlages ist im Zwischenlauf zwischen 
dem III. und VI. Horizont (ca. 100 m SO des Josephischachtes) eine 
kleine Grubenpartie ausgerichtet (zwischen Bru$-Gesenk und Mayer- 
Gesenk), welche das folgende Bild zeigt: 


Fig. 5. Profil zwischen Brusfahrtl (NO) und Mayer-Gesenk (SW); Südost- 
grube, III!/,. Lauf. 


Dbr — Dolomit. — Cgl — Conglomerate. — Lsh = Lagerschiefer. — 
CK — Cassianerkalk. 


Nach meiner Ansieht ist an dieser Stelle gerade das untere 
Ende der Cassianerkalkzone, welche im III. Lauf durch den Ferdi- 
nandischlag ausgerichtet ist, erreicht, denn bereits im nächsttieferen 
Lauf, dem VI., trifft man nur mehr Dolomit (respective Dolomit- 
breccie) mit Schmitzen von Lagerschiefern (Wengener Schichten) an 
— die Cassianerkalke hätten demnach eine muldenartige Lagerung. 


Umgebung der Lagerstätte. 


Während das Hinabreichen des Quecksilbervorkommens von 
Idria in grössere Tiefen. ganz ausser Zweifel steht, bietet die 
Frage nach der horizontalen Verbreitung erzführender Partien 
in der Umgebung des heutigen Grubenbaues viel grössere Schwierig- 
keiten. Im Obigen wurde die Fortsetzung gegen SO behandelt: 
was die Ausdehnung gegen NW anbelangt, so ist darüber nur wenig 
zu bemerken. Im Ill. Laufe, in welchem die Ausrichtung am aller- 
weitesten gediehen ist, kann man eine gegenseitige Annäherung des 
Nord- und Südeontactes gegen NW beobachten, so dass man den Ver- 
einigungspunkt ziemlich nahe annehmen muss. 


282 Dr. Franz Kossmat. [24] 


Auch im VI. Lauf ist eine ähnliche Convergenz angedeutet, es 
scheint also nicht, dass sich die Lagerstätte gegen NW noch weit 
erstreckt. 

Nebenbei möchte ich bemerken, dass an der Tagesoberfläche 
der Calvarienberg, welcher ähnlich wie die Lagerstätte zwischen 
zwei Ueberschiebungen eingeschlossen ist, sich gegen WNW keil- 
förmig zuspitzt, eine Erscheinung, welche jedenfalls damit zusammen- 
hängt, dass die zahlreichen Ueberschiebungslinien von Idria sich in 
dieser Richtung sehr bald vereinigen und zu einer Hauptstörung 
zusammenfliessen (vergl. pag. 270 [12]). 

Dieser Umstand dürfte der Lagerstätte ziemlich bald eine 
Grenze gegen Nordwesten setzen. 

Was die Nordseite betrifft, so zeigt die Karte, dass man 
jenseits der Grenzdislocation unter die Masse des Jelitcen vrh 
kommen würde, welche nicht mehr von tiefreichenden Dislocationen 
durchsetzt ist, wie z. B. Cerin und Vogelberg, weshalb auch wenig 
Aussicht vorhanden ist, in dieser Richtung ein Analogon zu dem 
segenwärtig in Abbau begriffenen erzführenden Körper zu finden. 

Es erübrigt also noch die Betrachtung des jenseits vom 
Südceontacte liegenden Gebietes, über welches man vor allem 
durch zwei Querstrecken: 1. den Gersdorf-Liegendschlag, 2. den SW- 
Schlag in der Nähe des Josephischachtes, beide im VI. Lauf, einige 
Anhaltspunkte gewinnen kann. 


I. Gersdorf-Liegendschlag, VII. Lauf. 


Der Gersdorf- Liegendschlag beginnt nur circa 20—30 m vom 
Inzaghischachte entfernt, quert das Lager B und A, sowie die zwischen 
beiden liegende Partie von Dolomitbreccie und tritt jenseits des 
Lagers A über den Südeontact hinaus in den Werfenerschiefer ein. 
Seine Länge beträgt circa 400 m und übertrifft sogar etwas die Breite 
der Lagerstätte im VII. Lauf. 

Auf nebenstehender Seite gebe ich ein Profil durch den Gers- 
dorfschlag, wie es sich nach meinen im Vorjahre gemachten Beobach- 
tungen darstellt. 

Die Dimensionen sind nicht ganz in den richtigen Verhältnissen 
gegeben, doch dürften die in der Erklärung zum Durchschnitt ange- 
sebenen Maße genügende Anhaltspunkte für eine Richtigstellung liefern. 

Das Profil ist in zweifacher Beziehung von Interesse. 

Es zeigt: 1. Dass noch südlich des Südeontaerez 
Parallelklüfte vorhanden sind, welche man als Ueber- 
schiebungen aufzufassen hat, dasiez.B. das Auftauchen 
einerZone von Silberschieferzwischen den mergeligen 
Werfener Schichten und den Dolomiten bewirken. 

2. Dass auch die Erzführung nicht mit dem $Süd- 
contacteabgeschlossen ist, sondern dass noch jenseits 
desselben reiche Scheidgänge auftreten. Die Erzführung 
ist, wie man auch hier sehen kann, nicht an einen bestimmten 
Horizont gebunden, denn die Werfenerschiefer sind hier ebenso schön 
imprägnirt, wie anderwärts die Dolomitbreceien und Lagerschiefer. 


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28 


[25] Ueber die geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 


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284 | Dr. Franz Kossmat. 26] 


Das Auftreten freien Quecksilbers erinnert an die Verhältnisse 
entlang des Nordcontactes, wo das Ay an die Nähe der Lagerstätte 
gebunden ist. 

Nicht unerwähnt möchte ich an dieser Stelle lassen, dass 
Lipold an einer Stelle seiner grundlegenden Arbeit (Seite 24) 
wörtlich sagt: 

„Diese Beobachtung (nämlich das Auftreten 


mehrerer, zur Hauptdislocation paralleler Störungen 


an der Oberfläche) ist insoferne von Wichtigkeit, weil 
sie den Fingerzeig gibt, dass ähnliche Nebenspalten 
auch im Grubenbaue sich vorfinden, und dass demnach 
die Hoffnung vorliegt, im Hangenden und Liegenden 
des gegenwärtig imAbbau befindlichen ee: neue 
parallele Lagerstätten aufzuschliessen.“ — 

Diese Bemerkung kann nach meiner De ganz gut 
für den Gersdorf-Liegendschlag angewendet werden. 


Il. Südwestschlag bei Josefischacht. 


Der zweite grosse Südwestschlag des VII. Laufes beginnt etwas 
N vom Mayergesenk und quert ebenfalls den Südcontact sehr bald 
(vergl. das nebenstehende Profil). 

Auch dieser Durchschnitt beweist, dass noch jen- 
seits des Südcontactes und des daselbst auftretenden 
Werfenerschiefers Ueberschiebungen vorkommen, 
welche zu Schichtwiederholungen führen, und zeist, 
dass eingeklemmte Partien von Dolomit und Lager- 
schiefer auch noch südlich der heute in Abbau be- 
sriffenen Lagerstätte erscheinen. 

Zinnober-Scheidgänge fanden sich im Bereiche der Dolomit- 
partie 5, also ebenfalls schon ausserhalb der Hauptlagerstätte — ganz 
ähnlich wie im Gersdorfschlag. 

Der Abstand des Südcontactes von der Kreide- 
grenze scheint, soweit man es auf Grundlage der nach 
den bisherigen Erfahrungen gewonnenen Profile beur- 
theilen kann, im Südwestschlage der Josefigrube viel 
srösser zu sein als im weiter nordwestlich gelegenen 
Gersdorfschlage, wasdamitgutübereinstimmt,dassauch 
an der Oberfläche auf der Nordwestabdachung des 
Vogelberges die Grenze der Kreidekalke sehr rasch 
gegen die Fortsetzung des Südcontactes convergirt 
und sich in der Nähe des Nikovabaches mit ihr sogar 
vereinigt. 

Es wurde bereits früher (vergl. pag. 278 [20]) betont, dass der 
Vogelberg bereits jenseits des Südcontactes liegt; 
mithin gehören die Partien, welche durch die ge- 
nannten Südwestschläge erschlossen wurden, tekto- 
nisch bereits zum Untergrunde des Vogelberges, wenn 
auch ihre Projection wegen des nordöstlichen Verflächens des 
Südcontactes zum guten Theile noch in den Bereich des COerin fällt. 


285 


Ueber die. geologischen Verhältnisse des Bergbaugebietes von Idria. 


[27] 


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37 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichganstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (Fr. Kossmat.) 


286 Dr. Franz Kossmat. [28] 2 


Es ist somit erwiesen, dass der Vogelberg nicht auf einer 
ungestörten Basis aufruht, sondern dass in seinem Untergrunde eben- 
falls Ueberschiebungen vorhanden sind, welche mit Erzführung in 
Zusammenhang stehen. Es ist also Aussicht vorhanden, dass der 
Vogelberg, welcher obertags mit dem Üerin eine so auffällige 
Analogie zeigt, auch unterirdisch einen ähnlichen Bau aufweist wie 
letzterer und ebenfalls auf andere Gesteine der Trias aufgeschoben ist. 
Hiefür spricht in zweiter Linie auch der bereits auf pag. 266 [8] 
erwähnte Umstand, dass ausser der Grenzüberschiebung gegen die 
Kreide der „Grapa“ noch eine andere Störung durch den schmalen 
Aufbruch von Silberschiefer innerhalb des zur Grenzverwerfung pa- 
rallelen Zuges der Werfener Schichten angedeutet ist. 

Da auch die tektonische Lage des Vogelberges zur Querstörung, 
welche W des Rinnwerkes zutage kommt, ganz die gleiche ist, wie 
jene des Öerin, kann man an der geologischen Analogie beider wohl 
kaum zweifeln. Wenn man also nach den bereits von Lipold ver- 
mutheten oder erhofften erzführenden Parallelzügen zu der gegen- 
wärtig in Abbau stehenden Lagerstätte sucht, ist wohl der Unter- 
srund des Vogelberges das erste Terrain, welches einer eingehenden 
Durchforschung bedarf. 

Ein Weitertreiben des Gersdorf-Liegendschlages und 
einer der zu ihm parallelen Strecken (z.B. des Lamberg- 
schlages), bis zum Contacte mit dem Kreidekalke (resp. dessen 
Unterlage in der Tiefe), also bis zum Südcontacte des Vogel- 
berges, würde unter diesen Umständen sehr wichtig für die even- 
tuelle Erschliessung eines zweiten, südlich gelegenen Erzkörpers sein. 
Für die möglicherweise später einmal in Betracht kommende 
Anlage eines Schurfschachtes scheint mir aus geologischen Gründen 
der Nordabhang des Vogelberges zwischen dem Gipfel und dem oberen 
Brandgraben, jedoch etwas näher dem letzteren, die beste Lage zu 
besitzen. 

Jedenfalls aber ist der Vogelberg ein Gebiet, welches nicht nur 
ein hervorragendes theoretisches Interesse besitzt, sondern auch vom 
bergmännischen Standpunkte eine besondere Aufmerksamkeit verdient. 


4 
| 
% 


Das Salzburger Vorland. 


Von Eberhard Fugger. 
Mit 2 Tafeln (Nr. XTI- XIII) und 30 Zinkotypien im Text. 


Wo die Salzach die enge Schlucht zwischen Tännen- und 
Hagengebirge verlässt, betritt sie das weite Thal von Hallein, ein- 
geschlossen von Bergen, welche hauptsächlich der Trias- und Jura- 
formation angehören und an deren Fuss ceretacische Bildungen an- 
gelagert sind. Den Thalboden selbst bilden quartäre Ablagerungen, 
aus denen nur wenige Hügel theils cretacischen, theils tertiären 
Ursprunges hervorragen. Bei der Stadt Salzburg wird das Salzachthal 
durch einen Felsriegel abgesperrt, welcher sich quer durch dasselbe 
hinzieht, vom Kühberg, einem Ausläufer des Gaisberges, bis zum 
Rainberg. Zwischen diesem letzteren und dem Untersberg bleibt 
eine weite Lücke, durch welche die Wasser der Salzach ursprünglich 
ihren Abfluss hatten. Späterhin als sich der Fluss diesen Weg verlegt 
hatte, nagte er sich seine Bahn zwischen Neuhauser- und Kapuziner- 
berg aus; und noch im Jahre 1884 konnte man am Ostfusse des 
letzteren eine mächtige Schichte von Sand beobachten, welchen die 
Salzach seinerzeit dort abgelagert hatte. Viel später wurde auch 
dieser Weg, vielleicht durch die Schuttkegel der vom Gaisberg 
kommenden Bäche versperrt, und die Salzach bohrte sich zwischen 
Kapuziner- und Festungsberg ein, um sich ihre heutige Bahn zu 
erschliessen. Kühberg, Kapuziner- und Festungsberg gehören der 
oberen Trias an, an den Nordfuss derselben waren Kreideschichten 
angelagert, von denen sich Reste in Schallmoos und im südlichen 
Almstollen, der durch den Mönchsberg führt, erhalten haben. Die 
Fortsetzung dieser Kreidebank bildet das Liegende des Rainberges. 
Ueber dieselbe hin, concordant mit ihr gelagert, breiten sich auf 
dem Mönchs- und Rainberg geschichtete Conglomerate aus, welche 
ich — eben wegen dieser Concordanz — in Uebereinstimmung mit 
Hauer und Wähner für tertiär halte, im Gegensatz zu Gümbel 
und Penck, welche sie als diluvial, als eine Art Ueberguss an- 
sprechen. Die Conglomerate wie die Kreideschichten streichen fast 
Östwest (h0—1) mit einer Neigung von 20— 25°. 

Aus diesem Querriegel tritt die Salzach in ein Gebiet, welches 
sich von dem ihres bisherigen Laufes schon landschaftlich deutlich 
unterscheidet, aus dem Gebirgslande tritt sie in das Salzburger Vorland. 

Während im Gebirgslande die Berge meist schroff und steil 
ansteigen und kahle Wände und Felsen darbieten, steigen die Hügel 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 37* 


988 Eberhard Fugger. 


und Berge im Vorlande nur allmälig zu geringer Höhe an, sind 
überall mit Ortschaften, Feldern und Wäldern bedeckt und zeigen 
nur einige wenige unbedeutende Wandflächen. 

Die Südgrenze des Vorlandes ist markirt durch die schroffen 
Wände des Staufen, des Kapuzinerberges, des Küh- und Gaisberges, 
des Lidaunberges bei Hof, des Feldberges am Fuschler See, des 
Schober und der Drachenwand am Mondsee. Im Westen ist das 
Gebiet durch die Salzach, im Osten durch den Irrsee begrenzt, im 
Norden endigt es mit der Landesgrenze. 

Die geologischen Verhältnisse des Salzburger Vorlandes wurden 
bereits seit langer Zeit in einzelnen Partien studirt und bearbeitet. 
Schon zu Anfang des Jahrhundertes berichtet Wagner in Molls 
Ephemeriden über Wildshut, 18350 bis 1833 Lill über Högl und 
Mattsee, 1835 Russegger über das Vorland, 1847 Morlot, 1848 
bis 1855 Ehrlich, und seit Gründung der k. k. geologischen 
Reichsanstalt schrieben die Herren Hauer, Lipold, Seeland, 
Emmerich, Ettingshausen, G2jäck, Stur, Gümbel, 
Frauscher, Mojsisovies, Johannes Böhm, Bat an Paul 
u. &. über einzelne Theile des Gebietes. 

Ich habe das Salzburger Vorland seit mehr als 15 Jahren st 
allen Richtungen hin mit Hammer und Compass durchwandert, und 
wurde dabei häufig von meinem Freunde und Collegen Professor 
Karl Kastner begleitet, dem ich an dieser Stelle dafür meinen 
besten Dank sage. In den folgenden Blättern lege ich meine 
Beobachtungen und deren Resultate nieder. Nachdem das Gebiet 
eine immerhin bedeutende Fläche einnimmt, werde ich dasselbe in 
einzelnen Theilen behandeln, die sich durch natürliche Grenzen von 
einander abtrennen lassen. 

Am Ende eines jeden Abschnittes folgt eine Zusammenstellung 
der gemessenen Streich- und Fallrichtungen, deren Nummern mit den 
in den Text eingefügten und den in den Karten am entsprechenden 
Orte aufscheinenden Nummern übereinstimmen. In den Karten ist 
die Lage der Kegelwülste der Flyschsandsteine an den Zeichen für 
die Lagerung durch je zwei an der betreffenden Seite angefügten 


Halbringe bemerkbar gemacht; es bedeutet das Zeichen ... die Seite, 


auf welcher die Wülste vorkommen, ist der Fallrichtung entgegen- 
sesetzt, und das Zeichen oto : Die Wülste liegen auf derselben Seite, 
nach welcher die Schichten sich verflächen. Auch in den Profilen 
ist die Lage der Kegelwülste durch kleine Halbringe bezeichnet. 

Ich habe mich bemüht, meine Beobachtungen objectiv dar- 
zustellen und wenn dabei zahlreiche Wiederholungen vorkommen 
und das Ganze sich nicht gerade angenehm und fliessend liest, so 
liegt dies eben in der Natur der Sache. Die Ergebnisse meiner 
Beobachtungen aber dürften die Lagerungsverhältnisse des Salzburger 
Vorlandes unzweifelhaft feststellen, und so hoffe ich, im Nachstehenden 
einen brauchbaren, wenn auch bescheidenen Beitrag zur Kenntnis 
der geologischen Verhältnisse eines kleinen Theiles unserer Voralpen 
seliefert zu haben. 


[3] Das Salzburger Vorland 289 


% 


Il. Der Plainberg. 
(Vergl. hiezu die in den Text eingedruckte Kartenskizze Fig. 1 auf Seite 290.) 


Die Ebene nördlich der Stadt Salzburg am rechten Salzachufer 
zwischen Kapuzinerberg und dem Höhenzuge des Plain berges 
und Nussdorfer Hügels hat durchaus glacialen und alluvialen 
Untergrund. Die diluviale Uferterrasse, welche sich längs der Frosch- 
heimer Hauptstrasse und der Strasse nach Itzling bis zur Plainbrücke 
hinzieht, ist in ihren südlichen Partien durch Bauten schon ziemlich 
undeutlich geworden. Das mächtige Schotterlager, durch welches jene 
Bahnstrecke geführt ist, die den Frachtenbahnhof Itzling der Obern- 
dorfer Bahn mit dem Staatsbahnhof verbindet, enthält auch horizontal 
geschichtetes Conglomerat und lieferte reiches Material für den Bau 
der Bahnlinie Salzburg-Oberndorf. Es gehört der Diluvialterrasse an. 

Weiter gegen Osten dehnen sich weite Moorgründe aus, das 
Schallmoos und das Itzlinger Moos, deren Material zur Torf- 
gewinnung, deren Unterlage im nordöstlichen Theile zur Ziegelbe- 
reitung benützt wird. Im Schallmoos wurde im Jahre 1889 Dopplerit 
gefunden; derselbe ergab einen Wassergehalt von 71'3 und einen 
Aschengehalt von 1'3 Procent. 

Am Plainbache hin findet man an verschiedenen Stellen 
Moränen aufgeschlossen, unter anderen eine mächtige Moräne bei der 
Grabenmühle zwischen Plainbrücke und Pflanzmann. Dort wo der 
Eisenbahndamm der Staatsbahn vom Bahnhofe weg in der Richtung 
nach Seekirchen ziemlich stark ansteigt und etwa 120 m vor dem 
Wächterhaus 400, welches beim Eintritt der Balınlinie in den Wald 
steht, auf anstehendes Flyschgestein stösst, lagen noch im Jahre 1885 
zwei grosse erratische Blöcke von Gosauconglomerat, kaum 10 ın über 
der Ebene. In der Mulde zwischen dem Wirtshaus „zum grünen 
Wald“, dem „Jägerhaus“ und dem Schloss Radeck befinden sich 
mehrere auffallend abgerundete Flyschhügel, doch fanden wir keinerlei 
glacialen Schotter daselbst; dagegen liegen auf dem benachbarten 
Nussdorferhügel und in der Nähe der Rundhügel von Söllheim Gosau- 
conglomerate überall zerstreut umher. 

Das Thal nördlich des Plainberges, das weite untere Fischach- 
thal ist ebenfalls mit Schottermaterial erfüllt. Unmittelbar am nörd- 
lichen Ende des Dorfes Bergheim lagern an der Strasse glaciale 
Schotter. An der Strasse von Bergheim nach Lengfelden waren im 
Spätherbste 1896 zwei Schottergruben eröffnet; in diesen beobachtete 
man mehrere Zwischenlagen von feinem Wellsand, welche etwa 4 cm 
mächtig und horizontal gelagert waren. 

Zwischen dem unteren Fischachthale und der Itzlinger Ebene 
erhebt sich der Plainberg, welcher sich von West nach Osten hin- 
zieht und dessen höchste Erhebung 562 m ü. d. M. beträgt. An hervor- 
ragender Stelle steht die weithin sichtbare Wallfahrtskirche Maria Plain. 

Das Gestein des Berges gehört durchaus dem Flysch an. An 
seinem westlichen Fusse reichen die Mergel- und Sandsteinbänke bis 
in die Salzach hinein und ist daselbst die Lagerung derselben in h6, 10° 
mit einem südlichen Einfallen und 84° Neigung (1) deutlich messbar. 


Fig. 1. Der Plainberg und seine Umgebung. 
Maßstab: 1:30.000. 


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[5] Das Salzburger Vorland. 291 


Wenige hundert Meter stromabwärts befindet sich am (rechten) 
Ufer der Salzach der grosse Steinbruch von Bergheim (2). Die 
Schichten sind hier steil gelagert und laufen fast parallel zum Fluss- 
ufer; sie streichen ebenfalls in h6, 10—12° und ihr Fallen schwankt 
zwischen 76° gegen Süd und 86° gegen Nord, sie stehen also fast 
senkrecht. 

Die Basis des Steinbruches ist ein offenes Rechteck; die der 
offenen Seite gegenüberliegende Wand ist eine Schichtfläche, deren 
Länge im Jahre 1896 etwa 200 m betrug; seit 1897 ist derselbe ausser 
Betrieb. Die im Bergheimer Steinbruch auftretenden Gesteinsarten 
sind Mergel, und zwar Kalk- und Thonmergel und Mergelkalke, dann 
Mergel- und Thonschiefer, sowie fein- bis grobkörnige Sandsteine, mehr 
oder weniger kalkig oder mergelig, theilweise mit Ausscheidungen von 
ziemlich grossen, weissen Glimmerblättchen und von zahlreichen Kohlen- 
stückchen, oder auch mit Einschlüssen von Glauconitkörnern. 


Die Aufeinanderfolge der Schichten, wie sie im April 1896 an 
einer Seitenwand messbar war, ist, von aussen nach innen, nachstehende. 


Aussen ist das Gestein verschüttet, dann folgen: 


100 cm fester Sandstein, 
8 „ dünnplattige Mergel und Mergelschiefer, 
240 „ Sandstein, 
10 „ dünnplattige Mergel, 
30 „ Mergelbank, 
30 „ dünnplattige Mergel, 
30 „ Mergelbank, 
13 „ dünnplattige Mergel, 
50 „ Sandstein, 
10. 35 „ dunkle, dünnplattige Mergel, 
11. 100 „ Sandstein, 
12. 40 „ dünnplattige Mergel, 
13. 280 „ Sandstein, 
14. 60 „" dünnplattige Mergel, 
15. 15 „ Kalkmergelbank mit grossen Chondriten, G@yrophyllites und 
Pachydiscus Neubergicus Hawer, 
dünnplattige, dunkelgraue Mergel- und Thonschiefer, 
17. 10 „ hellgraue, dünnplattige Mergel, 
18. 175 „ sandige Mergel und Sandsteine, 
19. 250 „ verschiedene Lagen dünnplattiger Mergel, Sandsteine und 
Mergelbänke, 
20. 95 „ fester Sandstein, 
21. 75 „ dünnplattige Mergel, 
22. 165 „ Sandstein, 
23. 20 „ dünnplattige, zum Theil fast schwarze Mergel- und Thon- 
schiefer, 
24. 20 „ dünnschichtige Sandsteine, 
25. 210 „ compacter Sandstein, 
26. 23 „ dünnplattige Mergel, 
27. 100 „ Sandstein, 


IST Dr 


299 Eberhard Fugger. [6] 


28. 90 cm Mergel, 

29. 80 „ Sandstein mit Kohlensplittern, 
30. 50 „ dünnplattige Mergel, 

iR nördliche Wand: Sandstein. 


Die dünnplattigen Mergel gehen häufig in Mergel- und Thon- 
schiefer über. 

Vorstehende Schichtenfolge ist mit jener, welche ich im Jahre 
1882 mit Prof. Kastner in demselben Steinbruche, aber an einer 
anderen Stelle beobachtet und gemessen habe !), nicht in Einklang zu 
bringen. Aus dieser Thatsache lässt sich schliessen, dass die einzelnen 
Schichten nicht in gleicher Mächtigkeit fortstreichen und dass hie und 
da einzelne sich auskeilen. | 

Auf den Schichtflächen sieht man mehr oder weniger deutliche 
S förmige Wülste von 6—8 mm Breite und 2—3 mm Höhe, an der 
Nordseite der Sandsteinschichte 9 sind aber grobe Hieroglyphen ent- 
wickelt von jener Form, welche ich als Kegelwülste bezeichne. Die 
dünnplattigen Thonmergel 8 liegen scheinbar dicht an den Hiero- 
elyphen an; sie brechen aber sofort in kleine Stücke, wenn man 
einzelne Theile wegnehmen will, um zu sehen, ob die Hieroglyphen 
Abdrücke in den Mergeln gebildet haben. Diese Kegelwülste, auf 
welche ich später zurückkommen werde, befinden sich, wie schon er- 
wähnt, auf der Nordseite, also an der von dem Beschauer abge- 
wendeten Fläche der Sandsteinschichte. 

Prachtvolle, glänzend schwarze Rutschflächen, sowie Ausblühungen 
von Bittersalz und Alaun sind an den Wänden nicht selten. Zahlreiche 
Chondriten, insbesondere Oh. intricatus Brongn., arbusculus F. O., 
Targionii Brongn. und afinis Sternb., letzterer häufig in der Aus- 
bildung von Hormosira moniliformis Heer, d. h. senkrecht auf die 
Schichtung das Gestein durchquerend, Taenidium Fischeri Heer, Tao- 
nurus flabelliformis F. ©. und andere Formen dieses Genus, und 
Helminthoida labyrinthica Heer durchziehen die Mergel. Ausserdem findet 
man Hydrancylus geniculatus F. 0. und andere Arten, ferner ver- 
schiedene Species von @yrophyllites und Halymenidium, sowie Formen, 
die mit unseren Gräsern Aehnlichkeit besitzen. Das Salzburger 
städtische Museum Carolino-Augusteum besitzt auch je ein Exemplar 
von Caulerpa filiformis Sternb. und ©. eicatricosa Heer mit der Fundorts- 
angabe „Bergheim“; ob aber dieselben wirklich von dort stammen, 
muss dahin gestellt bleiben, da ich trotz ausserordentlich zahlreicher 
Besuche in den Flyschsteinbrüchen nie auch nur eine Spur einer 
Caulerpa sah. 

In den Mergeln — Schichte 15 — des Bergheimer Steinbruches 
fand Prof. Kastner den Abdruck eines Ammoniten: Pachydiscus 
Neubergicus Hauer, womit die Zugehörigkeit des Flysches von Berg- 
heim zur oberen Kreide zweifellos nachgewiesen ist. Auch ein Bruch- 
stück eines Krebses, sowie ein Fischwirbel und eine froschfussähnliche 
Bildung wurden daselbst aufgefunden. 


!) Siehe Fugger und Kastner: Studien und Beobachtungen aus und über 
Salzburg. Salzburg 1885, S. 63. 


17] Das Salzburger Vorland. 293 

In den Sandsteinen kommen eigenthümliche längliche Knollen 
vor, abgerundete Kegel von 25 cm Höhe und 12 cm Basisdurchmesser, 
aus genau demselben Materiale wie der umgebende Sandstein und 
von der gleichen Grösse der ihn zusammensetzenden Körner. Diese 
Knollen liegen der Länge nach in der Sandsteinschichte, und zwar 
sowohl mitten in einer Bank, als auch an der Aussenseite einer 
solchen, gleichviel ob Ober- oder Unterseite hervorragend. 

An einzelnen Stellen trifft man im Gesteine Thongallen, das 
heisst kleine Knollen von etwa 3 bis 5 cm Länge, 2 cm Breite und 
5 bis 8 mm Dicke aus Mergelthonsubstanz von rundlichen flachen 
Formen ohne jede Structur. Auf den ersten Blick könnte man sie für 
Ausfüllungen von Hohlräumen ansehen, welche durch Muscheln ent- 
standen sind; bei näherer Betrachtung jedoch sieht man, dass sie 
dies nicht sein können. Auch ähnliche Formen aus schwarzer Thon- 
schiefermasse findet man hin und wieder im Sandstein. 

An der Grenze zwischen den Schichten 12 und 13 werden 
die Mergel allmälig sandiger und gehen schliesslich in krummschalige 
Sandsteine über. In diesen beobachtet man Mergelknollen von 60 cm 
Länge und 45 cm Höhe, diese zeigen muschlige Bruchflächen und 
verwittern theilweise mit brauner Farbe. 

Eine ganz eigenthümliche Verwitterung zeigt die Schichte 18. 
Während sonst die Wände des feinkörnigen mergeligen Sandsteines 
derart verwittern, dass auf der fast verticalen Schichtfläche horizon- 
tale und verticale Spaltlinien entstehen, so dass eine solche Wand 
das Aussehen einer roh und unregelmässig aufgeführten Steinmauer 
hat (s. Fig. 2), ist hier (Fig. 3) die Oberfläche des mergeligen Sand- 
steines über eine ziemlich grosse Fläche hin in lauter Vierecke ge- 
spalten, die durch ziemlich regelmässige gerade Linien, welche nach 
rechts und links abwärts gehen, gebildet werden. Die Seiten eines 
solchen Viereckes sind 15 bis 20 cm lang. Stellenweise sind es wirk- 
liche Quadrate, deren Seiten gegen die Horizontale um 45° ge- 
neigt sind. 

An einer anderen Stelle dieser Schichte sieht man einen 
Knollen von 80 cm Länge und 25 bis 30 cm Höhe aus der carrirten 
Wand hervorragen. Der Sandstein, welcher zahlreiche kleine Kohlen- 
splitter enthält und sandig verwittert, zeigt auch Einschlüsse von 
härteren Sandsteinknollen, die theilweise von ockerigem Sand umhüllt 
sind; auch ziehen sich einzelne Ockerschnüre durch den lockeren 
Sandstein. 

Im März 1893 wurde beim Abräumen der Südostecke des Stein- 
bruches auf dem Flysch eine Moräne blossgelegt, welche mit Salzach- 
sand überdeckt war. Nachdem die Moräne theilweise weggeführt war, 
kamen auf den abgerundeten Schichtenköpfen der anstehenden Flysch- 
sandsteine Gletscherschliffe zum Vorschein, deren Streifen parallel zur 
Schichtung, also in der Richtung von Ost nach West, d.h. in der 
localen Flussriehtung gezogen waren. 

Am Nordrande des Steinbruches sind die Schichten durch den 
Bau der Eisenbahn Salzburg-Lamprechtshausen angeschnitten worden. 
Man beobachtet hier Kalkspathadern und krystallisirten Kalkspath 
im Sandstein; theilweise haben die Kalkeinschlüsse Streifungen, wie 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 38 


u Fig. > Ansicht einer Wand im Steinbruche von Bergheim. 


Eberhard Fugger. 


294 


- 


Fig. 3. Ansicht einer Wand im Steinbruche von Bergheim. 


[1 


Das Salzburger Vorland, 


38* 


295 


296 Eberhard Fugger. [10] 


man sie an Rutschflächen sieht. Auch Mergelknollen von 5 cm Höhe 
beobachtete ich daselbst. 

Kaum hundert Schritte unterhalb des Steinbruches steht Flysch 
direct an der Salzach an. Ganz Bergheim steht auf Flysch und 
ist derselbe an der Fahrstrasse im Dorfe blossgelegt. Beim Finanz- 
wächterhaus nördlich des Dorfes (3) war vor dem Neubau desselben 
Flysch mit 60° Neigung gegen Süd anstehend, messbar. 

Beim Dechanthof, sowie auf dem Wege "vonder Plainer 
Kirche gegen das Restaurationsgebäude sieht man die Schichten- 
köpfe auf eine ziemlich lange Strecke aus dem Boden hervorragen; 
(ie Streichrichtung bleibt auf der Höhe des Plainberges ziemlich 
unverändert; so ist die Lagerung beim Kreuz auf der Wiese am 
Fusswege von Bergheim nach Plain (4) h 8 mit 86° Fallen nach NNO 
und 80 bis 90% nach SSW ; westlich von den Kreuzwegstationen im 
Walde (5) fallen die Schichten steil nach SSW; an der Stiege, 
welche am Nordgehänge des Plainberges aus dem Fischachthale auf 
die Höhe führt, beobachtet man ebenfalls eine Neigung nach SSW (6); 


östlich vom Fahrwege von Salzburg nach Plain an der Südseite des Berges 


gegenüber der ersten Station (7) ziemlich steiles südliches Einfallen — 
die Mergel sind hier voll von Chondriten und auf den gegen N ge- 
richteten Sandsteinflächen zeigen sich riesige Kegelwülste; ich mass 


eine solche von 27 em Länge en Tcm Basisdurchmesser, > cm hoch. 


aus der Schiehtfläche ee 


Unterhalb dieser Stelle im Waldefallen die Schichten (8) wieder 


sehr steil gegen SSW, die Wülste!) befinden sich an der Nordseite. 

Weiter gegen Osten hin biegt die Streichrichtung immer mehr 
in die nordsüdliche über. So ist die Lagerung in der sumpfigen 
Mulde nordwestlich von Gagelham, am Waldsaum (9) h 8, 5% mit 
50° Fallen nach SW; ähnlich hinter dem Hause Gagelham (10) an 
zwei Stellen und im grossen Steinbruch östlich von Gagelham im 
Walde (11); hier sind die Kegelwülste gegen NO gerichtet. Weiter 
östlich von dieser Stelle, in einer Mulde im Walde (12) ist das 
Streichen h 9 mit 42° Fallen gegen SW. Zwischen diesem Punkte 
und der südlich davon gelegenen Häusergruppe Rauchenbichl 
befinden sich zwei Steinbrüche auf Flyschmergel (13); das Streichen 
ist hier h 11, 5° bis h 12, das Fallen 35° gegen W, die Wülste liegen 
an der Ostseite. 

Eine ähnliche Unregelmässigkeit zeigt sich am südwestlichen 
(rehänge des Berges. In einem Eisenbahneinschnitte der Lamprechts- 
hausener Bahn unterhalb der Plainbrücke, also in der Nähe von 
Bergheim, fallen die Schichten gegen NNW (14); im Bache längs 
des Fahrweges nach Plain, unterhalb Kematen, streichen sie 
in h 11 mit 50° Einfallen gegen WSW, die Wülste gegen ONO ge- 
richtet (15). 

Am Östfusse des Plainberges, zwischen diesem und dem Nuss- 
dorfer Hügel liegt die 


!) Wenn ich von Wülsten olıne nähere Bezeichnung spreche, sind stets 
Kegelwülste gemeint. 


N N 


[11] Das Salzburger Vorland. 297 


Mulde von Radeck, 


welche von einer Fahrstrasse und der Staatsbahn durchzogen wird. 
In dieser Mulde erhebt sich eine Anzahl isolirter Rundhügel; nur 
der Hügel, auf welchem Radeck steht, ist in direeter Verbindung 
mit dem Plainberge. An der Südseite dieses Hügels wechsellagern 
Mergelkalke und Sandsteine; letztere enthalten muschelartige Ein- 
drücke, welche mit einer thonschieferähnlichen Masse erfüllt sind, 
d. i. Thongallen, wie sie im Steinbruch von Bergheim vorkommen. 

Auf der Radeckerwiese, südöstlich von Radeck, erhebt sich ein 
isolirter Rundhügel, an dessen Südseite in den Achtzigerjahren ein 
kleiner Steinbruch eröffnet war. Hier liegen unten Mergelkalke, 
welche an ihrer oberen Grenzfläche Chondrites afinis und häufiger 
Ch. intricatus tragen; darüber folgen dünnschichtige Mergel und über 
diesen Sandstein mit den vorerwähnten Thongallen. Die Schichtung 
in diesem Steinbruch ist h 9, 5° mit Fallen nach SW, die Wülste an 
der NO-Seite (16). 

Oestlich der Fahrstrasse, hart an derselben, zieht sich ein lang- 
gestreckter Hügel hin; an seinem Südende, wo sich Strasse und Bahn 
kreuzen, nahe dem Wächterhause 400, ist die Schichtung h 11, 10° 
mit westlichem Einfallen und Wülsten an der Westseite (17); mehr 
gegen SW ist das Gestein in diesem Anbruch vollkommen verworfen. 
Weiterhin an der Strasse lagern Mergel und Sandsteine, auf einige 
zwanzig Meter blossgelegt, in h 10 mit südwestlichem Einfallen (18). 

Von Punkt 17 die Bahnlinie entlang findet sich ein Anbruch, 
eigentlich ein kleiner Bahneinschnitt, dann weiterhin gegen NO ein 
grösserer, aber verlassener Steinbruch und einige hundert Meter in 
derselben Richtung fort wieder ein Anbruch; an allen diesen drei 
Punkten ist die Lagerung der Mergel- und Sandsteinbänke h 12 mit 
mehr oder weniger steilem westlichen Einfallen, die Wülste an der 
Westseite (19). 

Nordöstlich von diesen Punkten erhebt sich aus der Wiese ein 
kleiner isolirter Hügel, welcher theilweise von Humus entblösst ist 
und von unten nach oben nachstehende Schichtenfolge zeigt: 


50 cm dichte compacte Mergelkalke in Platten von 15 —20 cm 
Dicke; auf der Oberseite der obersten Bank finden sich zahlreiche 
Chondriten, besonders Ch. intricatus, seltener Ch, inclinatus; 

21 cm dünnschichtige Mergel; 

22 cm dichter Mergelkalk; 

17 cm dünnschichtige Mergel; als Hangendes 200 cm geschichtete 
Sandsteine, welche in den unteren Partien grobkörnig, in den oberen 
feinkörniger sind. Die Unterseite der Liegendschicht des Sandsteines 
zeigt zahlreiche erhabene Kegelwülste, von denen man aber in den 
darunter liegenden dünnschichtigen Mergeln vergebens nach negativen 
Abdrücken sucht. Die Lagerung dieses Schichtencomplexes ist h 10 
mit Einfallen nach SW, die Wülste in SW (20). 


Im Osten und Südosten der Mulde von Radeck erhebt sich 
zwischen der Linie der Staatsbahn und jener der Salzkammergut- 
Localbahn der 


298 Eberhard Fugger. [12] 


Nussdorfer Hügel. 


An seinem Südfusse liegt die kleine Ortschaft Sam. Hier 
befindet sich fast in der Thalsohle ein Steinbruch auf Mergelkalke 
und Sandstein, in h 7 mit Einfallen nach S gelagert (21); die 
Wülste liegen an der Nordseite; auf der Südseite sieht man zahl- 
reiche Chondriten: inclinatus, Targionii und intricatus. Nordwestlich 
von diesem Punkte, etwas höher gelegen, ist ein Doppelsteinbruch 
(22), in welchem die Schichten derart verdrückt und verschoben sind, 
dass eine Lagerung derselben nicht bestimmbar ist. 

An der Staatsbahn, den Punkten 19 gegenüber, findet sich ein 
Anbruch (23) und etwas nordöstlich davon ein verlassener Steinbruch 
(24). Im ersteren ist die Schichtung vollkommen übereinstimmend 
mit jener der Punkte 19, nämlich h 12 mit steilem westlichen Fallen 
(23), im Steinbruche (24) dagegen ist die Lagerung in h 8 mit 
Einfallen nach SW. Wülste waren an den zuletzt genannten drei 
Stellen nicht aufzufinden. 

An dem Nordostgehänge des Nussdorfer Hügels, zwischen den 
Ortschaften Nussdorf und Söllheim, ist ein Aufschluss (25) in h 7 mit 
Fallen nach SSW — Thonschiefergallen und Wülsten an der NNO- 
Seite — vorhanden, und bei Söllheim selbst, an einem isolirten 
Rundhügel zwischen Bahn und Schloss, ein solcher mit h 9 und süd- 
westlicher Fallrichtung und Chondriten ; Wülste wurden nicht gefunden. 


Die Hieroglyphen oder Wülste, welche sich auf den 
Schichtflächen der Sandsteine vorfinden, gelten zum Theil wenigstens 
ziemlich allgemein als die Ausfüllung von Eindrücken, welche das 
Materiale, das seinerzeit die Oberfläche einer mit Wasser bedeckten 
Bank gebildet hat, auf irgend eine Weise erhalten hat. Woher diese 
Eindrücke stammen, soll hier nicht weiter berührt werden. Auf die 
eben besprochene Bank hat sich neues Materiale abgelagert und dabei 
auch die vorhandenen Vertiefungen ausgefüllt. Jene Seite einer Bank, 
welche derartige Ausfüllungen, also erhabene Wülste trägt, muss daher 
die Unterseite der betreffenden Schichte sein. 

So schreibt auch Zugmayer!), dass die Hieroglyphen „immer 
nur an Sandsteinplatten, und zwar naturgemäss nur an deren Liegend- 
tläche erscheinen“. Eine ähnliche Bemerkung machen Paul und Tie tze 
in ihren „Neuen Studien in der Sandsteinzone der Karpathen“ ?). Hilber 
sagt): „Wo man über das wahre Hangende nicht im Zweifel sein 
kann, treten die Hieroglyphen stets an der Unterseite der Sandstein- 
bänke auf“. 

Aber nicht alle Arten von Hieroglyphen charakterisiren die 
Unterseite einer Schichte. Schon Hauer) erwähnt, dass die Hiero- 
glyphen „wenigstens theilweise gewiss nicht blosse Ausfüllungen von 


!) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1875, S. 294. 

®) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879, S. 198 und 200. 
®) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1885, S. 408. 

*) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1859, S. 421. 


[13] Das Salzburger Vorland. 299 


Eindrücken an der Oberfläche der Schichten“ sind und Fuchs’) sagt 
mit Recht, „dass bestimmte Reliefformen regelmässig nur an der 
unteren, andere ebenso regelmässig nur auf der oberen Fläche der 
Gesteinsbänke gefunden werden“. 

Zu den Wülsten, welche stets nur an der Unterseite einer 
Sandsteinschichte auftreten und welche durch ihre Form besonders 
auffallen, gehören diejenigen, welche ich in Ermangelung eines treffen- 
deren Ausdruckes als Kegelwülste bezeichnen möchte. 

Diese Wülste gleichen einigermassen unregelmässigen Kegeln, 
deren Axe in der Schichtfläche liegt; die Basis des Kegels ist meist 
elliptisch. Die Wülste verlaufen an ihrer dickeren Stelle anfangs 
eylindrisch und verjüngen sich allmälig nach der einen Seite zur 
Kegelgestalt, nach der anderen verflächen sie sich rasch. Die Länge 
der Kegelaxe verhält sich meist zu den beiden Ellipsenaxen der 
Basis, wie 5:1:1!/,, wobei meist die längere Ellipsenaxe mit der 
Schiehtfläche zusammenfällt; es kommt aber auch, wenngleich selten 
vor, dass die längere Ellipsenaxe der Basis auf der Schichtfläche senk- 
recht steht und daher die kleine Axe in der Fläche selbst liegt. Nach- 
dem aber nur die Hälfte dieses unregelmässigen Cylinderkegels aus der 
Gesteinsfläche hervorragt, so sind die Wülste eigentlich nur Halbkegel. 

Bemerkenswert ist das Material der Wülste. Die Sandkörner 
derselben sind viel gröber und grösser als in der Sandsteinfläche, auf 
der sie sich befinden und sie enthalten stets zahlreiche silberweisse 
Glimmerblättchen beigemengt. Die Wülste sind aber trotz dieser Ver- 
schiedenheit im Materiale in innigem Zusammenhange mit der Schicht- 
fläche, aus welcher sie hervortreten und lassen sich nieht von der- 
selben ablösen. Häufig treten die Kegelwülste gesellig auf; dann sind 
sie meist in Reihen so nebeneinander gestellt, dass die Flachseiten 
der Wülste der einen Reihe von den Spitzen der Wülste der anderen 
Reihe umsäumt werden. Sie sind etwa 20—25 cm lang, 6—8 cm breit 
und 2—-4cm hoch. 

Solche Kegelwülste befinden sich, wie schon früher erwähnt, in 
dem Steinbruch von Bergheim an der dem Beschauer abgewendeten 
Nordseite ; die frei gelegten Wände bilden sohin die obere Seite der 
Sehichten. 

Paul?) schreibt zwar: „Die Greifensteiner Sandsteine der Gegend 
von Pressbaum sind vielfach als Beispiele für den Umstand angeführt 
worden, dass die Hieroglyphen stets nur an der Unterseite der Schichten 
zu finden seien, und aus diesem Umstande sind dann mannigfache 
theoretische Schlüsse gezogen worden. Da nun aber infolge der bei 
Pressbaum zweifellos herrschenden überkippten Schichtenstellung die 
dort unten erscheinende Seite der Schichten bei normaler Lagerung 
gerade die Oberseite repräsentirt, so sind selbstverständlich alle diese 
Schlüsse hinfällig“. 

Es fragt sich dabei nur, welche Art von Hieroglyphen hier auf 
der Oberseite sichtbar ist; Kegelwülste sind es wahrscheinlich nicht. 


!) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturwiss. Classe, 
1895, Band LXII, S. 370. 


?) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1895, S. 289. 


300 ... Eberhard Fugger. [14] 


Director Fuchs erklärt!) die Wülste als Fliesswülste, welche 
durch Bewegung einer Sandschichte direct an der Unterseite derselben 
entstanden und später verhärtet sind. Nach dieser Auffassung sind die 
Wülste keine negativen Abdrücke, sondern positive Erhabenheiten, 
welche aber ebenfalls die Unterseite einer Sandsteinbank kennzeichnen. 

Es ist aber eigenthümlich, dass diese Wülste, also die negativen 
Abdrücke von ursprünglichen Vertiefungen oder nach Fuchs positive 
Erhabenheiten, zwar sehr häufig vorkommen, dass man aber nie eine 
Spur der ursprünglichen Vertiefung selbst, oder einen negativen ver- 
tieften Abdruck der Fliesswülste an der Oberfläche der Liegendschichte 
findet. Einen stichhältigen Grund für diese Erscheinung habe ich bis 
jetzt nicht gefunden. 

Halten wir die Ansicht fest, dass die Kegelwülste auf den Sand- 
steinflächen wirklich die Unterseite der Schichten charakterisiren, so 
erhalten wir durch die Möglichkeit der Unterscheidung von oben und 
unten bei Beobachtung der Lagerung der Schichten ganz interessante 
Aufschlüsse über die Entstehung von Berg und Thal im Flyschgebiete. 


In dem eben geschilderten Gebiete Plainberg—Radeck—Nuss- 
dorfer Hügel streichen die Schichten am Westgehänge (1, 2, 3) und 
in den nördlichen Partien (6) ziemlich normal von West nach Ost mit 
steilem Einfallen gegen Süd; je weiter wir gegen Süden und Osten 
vorschreiten, desto mehr richtet sich das Streichen in ein nordwest- 
sirdöstliches, bis dasselbe auf dem Rauchenbichl (13), in der Südecke 
der Radecker Mulde (17, 19, 20) und am Südwestfusse des Nuss- 
dorfer Hügels (23) geradezu nordsüdlich wird. Auf dem Nussdorfer 
Hügel streichen die Schichten wieder beiläufig in der Richtung von 
West nach Ost. Die Unterseite der Schichten ist überall nach Norden 
gerichtet; nur dort, wo das Streichen nordsüdlich ist (13, 17, 19, 20, 
23), ist auch in Bezug auf das Unten und Oben eine Unregelmässig- 
keit bemerkbar. 

Auf dem Rauchenbichl (13) liegen die Wülste, übereinstimmend 
mit der allmäligen Biegung der Streichriehtung an der Ostseite, in 
der Südecke der Radecker Mulde (17, 19, 20), und am Südwestfusse 
des Nussdorfer Hügels (23) dagegen liegen sie an der Westseite. Es 
ist also hier gleichzeitig mit der Biegung ein Bruch zu constatiren, 
bei welchem die westlich gelegenen Partien ein blosses Einsinken gegen 
Westen um 35° erlitten, während die östlichen Partien um einen 
Winkel von 100—135° derart gedreht wurden, dass ihre Unterseite 
nach oben kam. Die verdrückten Schichten des Doppelsteinbruches 
bei Sam (22) kennzeichnen eine zweite Bruchstelle. 

Bergheim: (1) h 6, 10° » 84 8. — (2) h 6, 10—12° » 76 S bis 86 N; Wülste 
in N. — (8) h 6, 10° x» 60 S. 

Plainberghöhe: (4) h8 x 86 NNO bis SO SSW. — (5) h 8, 7° » 76 SSW. — 
(6) h7, 1—4° 0 50-53 SSW. — (7) h 6, 8° 9 738. — Bi hcres 
85 SSW; Wülste in N. 


!) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Classe, 
1895, Band LXII, S. 5. 


[15] Das Salzburger Vorland. 301 


Gagelham: (9) h 8, 5° 9 50 SW. — (10) h 8 0 48-58 SW. — (11) h8, 5° » 
45-SW; Wülste in "No. — (12) h 9° 42 SW., er 


an enhiähl: (15) h 11, 5° bis h 12 9 35 W; Wülste in O. 

Plainbrücke: (14) h 5 » 50 NNW. 

Kematen: (15) h 11 2 50 WSW; Wülste in ONO. 

Radeck: (16) h 9, 5° 9 36 SW;. Wülste in NO. — (17) h 11, 10% » 45 W,; 
Wülste in W. — (18) h 10 9 27 SW. — (19) h 12 « 42-80 W; Wülste in 
W. — (20) h 10 x» 44 SW; Wülste in SW. 

Nussdorfer Hügel: (21) h 7 » 51.8; Wülste in N. — (22) Verdrückt. — 
(23) h 12 »o steil W. — (24) h 8 4 52 SW. 

Söllheim: (25) h 7 » 50 SSW; Wülste in NNO. — (26) h 9 # 60 SW. 


II. Der Heuberg 


(vergl. hiezu die Kartenskizze Fig. 4 auf umstehender Seite) 


erhebt sich im Nordosten der Stadt Salzburg und wird im Süden vom 
Alter- oder Gotzenbach, der in seinem unteren Lauf den Namen 
Plainbach führt, und der Strasse, welche von Salzburg über Gnigl, 
Guggenthal und Pesteig nach Plainfeld zieht, begrenzt; im Osten 
bilden die Grenze der Plainfelder Bach und die Strasse Pesteig- 
Plainfeld—Kraiwiesen; im Norden die Eugendorf-Thal- 
gauer und im Nordwesten ein Theil der Linzer Reie hsstrasse, 
nämlich die Strecke Gnigl-Eugendorf und das damit parallel 
laufende Söllheimer Moos und der Hammerschmiedgraben. 
Der Berg erhebt sich in Süd und West ziemlich steil und erreicht 
in seinem höchsten Punkte, im Hochmais, die Höhe von 899 m 
über dem Meere; gegen Ost und Nord bildet er in etwa 750 m Meeres- 
höhe ein weites freundliches Plateau, das mit Wiesen und Aeckern, 
aber auch mit Sümpfen bedeckt ist, und gegen Norden verflacht er 
sich allmälig in das Kalhamer und Unzinger Moor. In der 
südwestlichen Hälfte des Berges trifft man anstehendes Flyschgestein 
und Moränenmaterial, in der nordöstlichen Hälfte dagegen ist der 
Boden ausschliesslich von glacialen Resten gebildet und zeigt sich 
nirgends ein Aufschluss in anstehendem älteren Gestein. 

Aber auch in der südwestlichen Hälfte findet man verhältnis- 
mässig selten anstehenden Fels. Bei der Alterbachbrücke an 
der Linzer Reichsstrasse in Gnigl, gegenüber der Leimsiederei (1), 
befindet sich ein Steinbruch, in welchem die Schichtung zwischen 
h6 und h 5, 50 schwankt, bei einem südlichen Einfallen unter 65 bis 
70 Grad. Die Kegelwülste befinden sich an der Nordseite, die Chon- 
driten auf der Südseite; die grossen Chondriten gehen nicht tief ins 
Gestein. Ein Taonurus fand sich an der Südseite einer Schichte, sich 
ins Innere hinein verjüngend. An dem Wege, der von der Kirche 
Gnigl auf den Dachslueg führt, zwischen der Brücke über den 
Alterbach und dem Walde (2), steht Flysch an in h 5, 8° mit nörd- 
lichem Einfallen; die Wülste liegen an der Südseite. 30 m höher an 
demselbeu Wege sind die Flyschmergel sehr verdrückt, an einer Stelle 
daselbst (3) fallen die Schichten nach NW. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 39 


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Die Südwesthälfte des 
Heuberges. 


Maßstab: 1:30.000. 


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Strasse nach Hof 


302 


17] Das Salzburger Vorland. 303 


Wenig weiter gegen Ost kommt ein Bach herab, der in der 
Nähe des Gruberlehens entspringt und in den Alterbach Niesst. 
Dieser zeigt an einer Stelle (4) ein Streichen in h 5, 70 mit nörd- 
lichem Einfallen, die Wülste an der Südseite, und wenige Schritte 
weiter oben (5) ein Streichen nach h 6 mit fast senkrechter, wenig 
nach Norden geneigter Schichtenstellung, die Wülste aber an der 
Nordseite. Wir befinden uns also hier wieder an einer Bruchlinie, 
die sich in der Terraingestaltung durch den Graben markirt, welcher 
sich zwischen Leiterbauer und Gruberbauer hinzieht. 

Im Alterbach selbst zwischen Kohlhub und Framleiten 
(6) steht Flysch an in h5 bis 6 mit nördlichem Einfallen ; weiter 
oben, etwas unterhalb der Mühle, ziehen sich die Schichten durch 
den Bach hin (7) und zeigen am rechten Ufer und im Bach ein 
Streichen in h 5, 7° mit ziemlich steilem südlichen Einfallen, am 
linken Ufer aber ein Streichen in h 6 mit demselben, wenn auch 
weniger steilen Fallen; die Wülste sind hier an der Südseite. 

Gerade gegenüber von Guggenthal, etwa nord-nordwestlich davon, 
mündet ein Seitenbach, der Sockererbach, in den Alterbach. 
Steist man im Bette dieses Seitenbaches am Heuberg aufwärts, so 
findet man nur Schutt und colossale Trümmer von Aigner Conglomerat. 
Dann durchquert ein Weg den Bach; weiter hinauf liegt ebenfalls 
nur Schutt, bis ein zweiter Weg über den Bach führt. Erst oberhalb 
dieser Stelle ist Flysch anstehend (8) und lässt sich an verschiedenen 
Punkten seine Lagerung messen. Das Streichen schwankt zwischen 
h 4, 5° und h 6 bei steilem Einfallen nach Nord, die Wülste eben- 
falls in Nord. Der Bach scheint nun aus einer Sumpfwiese zu ent- 
stehen; oberhalb der Wiese aber im Walde ist sein Bett wieder 
tiefer eingerissen, und hier sieht man (9) Flysehsandstein mit Kalk- 
spathadern, dann Mergelkalk und Kalksandstein in h 6 mit nördlichem 
Fallen. Auch tritt in diesem Theil des Bachbettes ziemlich viel Kalk- 
tuff auf. Fünfzehn Meter beobachtet man dieselbe Lagerung. Weiter- 
hin lagert ein grünlich-bläulicher Lehm, dann Schutt, in welchem ich 
einige abgerundete Findlinge eines Nummulitenkalksandsteines 
sammelte von dem Aussehen, wie er an der Hochburg bei Wolf- 
schwang, am Fusse des Untersberges anstehend, vorkommt. Auch 
Gosauconglomerate liegen umher. In der nun folgenden Strecke von 
etwa 50 m Länge tritt das Flyschgestein noch viermal zutage, zwar 
mit derselben Streichrichtung, aber an dem ersten Punkte mit sehr 
steilem, am zweiten mit ziemlich flachem Einfallen nach Süden, an 
den beiden letzten Punkten dagegen mit sehr steilem nördlichen 
Fallen. Von dem letzten Punkte sind noch etwa 30 m bis zur Quelle 
des Baches, welcher bei einem einzeln stehenden Baum auf der 
Wiese unterhalb des Sockerergutes entspringt. 

Oestlich der vorher erwähnten Sumpfwiese, an einem schlechten 
Fahrwege im Wald (10), etwa an der Isohypse 700 m, ist das Streichen 
h 7 bis 8 mit steilem nördlichen Einfallen. 

Der Graben bei Schernwies ist sehr steil, wild und tief in’s Gestein 
eingerissen, bietet aber nirgends Gelegenheit, die Schichtung zu messen. 

Dagegen ist bei der Brücke über den Alterbach oberhalb Guggen- 
thal, bei dem Buchstaben / des Wortes Gotzenbach der Generalstabs- 

39” 


304 Eberhard Fugger. [18] 


karte, am linken Ufer Flysch deutlich geschichtet von W nach O und 
ziemlich steil nach Norden fallend (11). Dasselbe Streichen, aber fast 
senkrecht stehende Schichtung (12) beobachtet man weiterhin i im Bache 
und an beiden Ufern. 

Im nun folgenden ersten rechtsseitigen Zufluss lagert Moräne 
mit gekritzten Steinen, und etwas oberhalb ist ein Steinbruch (13) 
auf Flyschsandstein eröffnet, dessen Platten nach Norden fallen. 

Zwischen den Quellen dieses Baches und dem Heubergbauer 
erhebt sich mitten im Walde der sogenannte Hochstein, ein 
Nummulitenkalkfels von etwa 30 m Länge, 30 m Breite und 
12 m Höhe, welcher reich an Petrefacten ist. Er ist hier dem 
Flysch aufgelagert und offenbar ein Rest einer ehemaligen, sehr 
ausgedehnten Decke von Nummulitenschichten. Das Gestein des Hoch- 
stein ist identisch mit jenem von Kressenberg, vom Haunsberg, 
von Mattsee und den westlichen Vorhügeln des Tannberges, gehört 
also dem älteren Nummulitenzuge, dem Parisien, an. 

Oberhalb der Mündung des vorher genannten Seitenbaches, 40 m 
von derselben entfernt, ist am linken Alterbachufer wieder Fiysch 
entblösst und zwar (14) graue Mergel mit Einlagerung von zwei 
Schichten von rothbraunen Mergeln, deren eine 30 bis 40, deren 
andere 60 bis 70 cm mächtig ist, dann dicke Bänke von Sandsteinen. 
In den letzteren eingeschlossen fanden wir mächtige Kugeln aus dem- 
selben Sandstein, und zwar mehrere kleinere von 4, 10 und 15 cm 
Durchmesser und fast geometrischer Kugelform, dann eine sehr 
grosse, breit gedrückte Kugel von 30 cm Durchmesser. Dichte und 
Material der Kugeln ist von dem umgebenden Sandstein nicht ver- 
schieden. Diese Kugeln befinden sich in der Sammlung des städtischen 
Museums Öarolino-Augusteum in Salzburg. Die Lagerung der Schichten 
ist ostwestlich mit steilem nördlichen und südlichen Einfallen. 

Der nächste Seitenbach am rechten Ufer enthält in seinen unteren 
Theilen nur überkalkten Flyschschutt, Moränenmaterial und erratische 
Blöcke; erst weit oberhalb der Gabelung dieses Seitengrabens trifft 
man im rechtseitigen Arme (15) anstehenden Sandstein, dann dünn- 
plattige, wulstige und gebogene Mergelkalke mit Einlagen von Kalk, 
alles mit Kalksinter überzogen; diesen Bänken sind nach Süden vor- 
gelagert graugrüne und braunrothe Mergel, etwa 1»n mächtig, mit 
nördlichem Einfallen. An der Nordseite der Sandsteinplatten sieht man 
zarte, erhabene Wülste, theils geradlinig, theils gewunden, welche ich 
als Wurmgänge bezeichnen möchte. Im linken Seitenarm finden sich 
unten (16) verdrückte und verbogene Sandsteine und Mergel anstehend; 
weiter oben, etwa in der Höhe wie (15), Mergelkalke, erst massig, 
dann plattig mit schwachem südlichen Verflächen. 

Unmittelbar westlich von Gschwand vereinigen sich wieder 
zwei kleine Seitengräben; im rechten Arm sieht man nur Moränen- 
schutt, im linken ausser diesem an einer Stelle (17) wieder Flysch 
mit steilem südlichen Fallen, und zwar Sandsteine und Mergelplatten. 
Besonders interessant ist das häufige Auftreten von mächtigen Blöcken 
von Kreideconglomerat. Nach der Vereinigung der beiden Arme, ganz 
nahe am Hauptbache (18), steht Flyschgestein an, dünnschichtig, mit 
sehr steilem nördlichen Einfallen und Kegelwülsten an der Südseite. 


[19] Das Salzburger Vorland. 305 


Geht man weiter am Hauptbache aufwärts, so trifft man nur 
Moränen und erratische Blöcke; unterhalb der Grabenmühle fällt 
ein erratischer Block von Gosauconglomerat auf, dessen Grösse 
mindestens 25 m? beträgt. Im Hauptbach zeigt sich bis hinauf an 
dessen Quelle bei Pesteig kein Aufschluss mehr. Dagegen findet man 
in den Gräben von Schwaighofen noch anstehendes Flyschgestein. 
Es sind hier zwei Gräben, die sich erst unten in der Thalsohle des 
Alterbaches vereinigen. 

Im westlichen Arm beobachtet man ganz wenig über dem Thal- 
boden (19) senkrechte Schichten mit Knoten an der Südseite; es sind 
meist Sandsteine. Ihr Streichen dreht sich allmälig, das Einfallen ist 
steil S bis SSW. Nun folgen senkrecht stehende Mergel in h6, 15°. 
Etwas unter der Höhe von Schwaighofen selbst (20) fallen die Mergel- 
schiefer bei gleicher Streichrichtung steil nach N. Unmittelbar bei 
Schwaighofen (21), bei der Brücke, ist: das Streichen der senkrechten 
Schichten fast von SO nach NW, weiterhin dreht es sich wieder 
allmälig in die Richtung OW zurück. Es zeigen sich etwa 20 m massige 
Sandsteine; dann folgt eine Stelle mit Kriechspuren an der Nordseite, 
kleinen wulstartigen Erhöhungen, welche an der Schichtfläche von oben 
OÖ nach unten W gerichtet sind. Schliesslich folgt 20 ım weiter oben 
ein Steinbruch in h6, 5° mit sehr steilem südlichen Einfallen und 
kleinen Kegelwülsten an der Südseite; die Wülste ziehen sich horizontal 
von W nach O, ihre Spitzen liegen gegen O. Weiter hinauf findet 
man nur Moränenmaterial. 

Im östlichen Arm des Grabens lagert oben Moräne, weiter ab- 
wärts steht Flysch an in h5, 10° mit steilem südlichen Einfallen, 
15 m weiter unten lagert er (23) in h7—8 mit steilem Fallen nach 
NNO, später nach SSW; dann folgt wieder Moräne. Etwas unterhalb 
der Isohypse 700 oder der Höhe von Schwaighofen tritt massiger Sand- 
stein auf, welcher tiefer unten (22) geschichtet erscheint in h 10 mit 
steilem Einfallen nach WSW, dann nach ONO; weiterhin folgen Mergel 
und Mergelkalke in h9—10 mit ostnordöstlichem Verflächen; dann 
werden die Schichten senkrecht in h7—8 und h6-8, und reichen 
diese Aufschlüsse bis etwa 15m über dem obersten Thalboden des 
Alterbaches. 

An Petrefacten fanden wir aus dem Gebiete des Alterbaches 
die überall vorkommenden Chondriten: Ch. affinis Sternb., patulus F. O. 
und intricatus Brongn., dann Hydrancylus geniculatus F. O., Taenidium 
Fischeri Heer und helveticum Schimper, sowie mehrere Taonurus- 
Arten. 

Die Gräben, welche sich östlich vom Schwaighofer Bach nach 
abwärts ziehen, münden in das Thal von Plainfeld und zeigen, 
wenn überhaupt irgendwo etwas aufgeschlossen ist, nur Moränenmaterial 
und erratische Blöcke, meist von Kreideconglomerat und gar nicht 
selten von gewaltigen Dimensionen. 

Im westlichen, rechtseitigen Arm des Grossöder Graben findet 
man viel Kalktuffbildungen, ebenso im östlichen, linkseitigen. Eigen- 
thümlich ist, dass in dem letzteren kein Centralgestein zu sehen ist, 
obwohl die Moräne daselbst auf mindestens 200 »n Länge bis zu 30 m 
tief eingerissen ist. 


306 Eberhard Fugger. [20] 


An der Strasse, die von Plainfeld nach Kraiwiesen führt, 
steht an der nordöstlichsten Ecke des Heubergs glaciales Conglomerat an. 

Die Bäche, welche im N vom Heuberg herabkommen, führen 
ebenfalls nur Moränenmaterial und die wenigen vorhandenen Auf- 
schlüsse zeigen gleichfalls nur Moränen, so der Gaschbach, welcher 
das Unzinger Moor durchfliesst und insbesondere der Gottsreuter 
Graben, dessen Richtung schon fast nordwestlich ist und der bei Strass 
in die Ebene tritt; dieser ist auf eine sehr bedeutende Strecke 60 bis 
80 m tief in die Moräne eingerissen, ohne irgend ein anderes Material 
als eben Moräne und höchstens an einzelnen Stellen grössere Mengen 
von Kalktuff zu zeigen. 

Auf dem Plateau der Ostseite des Berges tritt an zahlreichen 
Stellen die Moräne zutage. Interessant ist hier die Moräne von 
Schwellern (in der Generalstabskarte steht Schwodeln). Sie enthält 
nur Triaskalke und jüngere Gesteine, wie Kreideconglomerate, Flysch- 
brocken u. dgl., aber kein Centralgestein, nicht einmal Werfener 
Schiefer; dagegen fanden wir einen Nummulitensandstein aus dem 
jüngeren Nummulitenzuge (Bartonien), wie im Sockerer Graben, wie 
er bei Wolfschwang am Fusse des Untersberges ansteht. Dieses jüngere 
Nummulitengestein wurde bisher in Salzburg nur am Fusse des Unters- 
berges anstehend gefunden. Wir werden übrigens noch einen dritten 
Punkt kennen lernen, wo wir ebenfalls erratische Stücke dieser Gesteins- 
art auffanden. 

Kehren wir wieder an das Südwestende des Heuberges zurück 
und gehen wir längs der Linzer Reichsstrasse von der Alterbachbrücke 
am Nordende von Gnigl in der Richtung gegen Mayrwies, so finden 
wir im Walde zahlreiche Blöcke von Aigner Conglomerat zerstreut; 
ein Bach, der vom Gruberlehen kommt, zeigt keinen Aufschluss. Der 
nächste Graben kommt vom Schreyergute. In diesem Graben gibt 
es zahlreiche Aufschlüsse. Etwa 50 n über der Thalsohle (24) beob- 
achtet man am rechten Ufer- ein Streichen in h5 mit senkrechter 
Schichtenstellung oder sehr steilem Fallen nach S. Die Kegelwülste 
befinden sich an der Nordseite, Chondriten an der Südseite, und zwar 
die grossen bloss an der Oberfläche, während die kleinen auch tiefer 
ins Gestein gehen. Am linken Ufer gegenüber ist die Schichtung in 
h 4, 10° mit 55° Neigung nach SSO. Etwa 70m über der Thalsohle 
(25) streichen die Schichten am linken Bachufer in h4 mit Einfallen 
nach SO, am rechten Ufer daselbst, aber 10m über dem Bach, in 
h 6, 10° mit steilem nordwestlichen Einfallen. Noch weiter oben im 
Graben (26) ist die Lagerung am rechten Ufer im Bache selbst in 
h 4, 10° mit fast senkrechter Stellung oder äusserst steilem Fallen 
nach SSO; 10 ,n über dem Bach in h5, 10°, ebenfalls fast senkrecht; 
gegenüber am linken Ufer unten am Bach in h 5, 5° fast senkrecht 
mit Neigung gegen N. 

Wenig weiter oben kommt der Bach über ebenes Wiesenterrain, 
dann überquert man bei der grossen Lacke den Dachsluegweg und 
betritt, den Bach aufwärts entlang, den Wald. Hier fliesst dem Schreyer- 
bach an dessen rechtem Ufer ein Seitenbach zu, der bei dem Reut- 
bauer entspringt. In der Mulde dieses Reutbauerbaches unten im 
Walde (27) ist wieder Flysch entblösst und zeigt ein Streichen in 


u en nn a Zi 


[21] Das Salzburger Vorland. 307 


h 6 bei sehr steilem nördlichen Einfallen, die Wülste in Nord. 
Weiter oben im Reutbauerbach (28) ist das Streichen ähnlich, h 5 
bis 6, bei ebenfalls sehr steilem nördlichen Einfallen. 

Hinter dem Hause des Wieslehenbauers (29) steht eine 
kleine Flyschwand mit der Schichtung h 6, 10° bei südlichem Ein- 
fallen. Am Dachsluegwege oberhalb des Reutbauers im Walde (30) 
ist die Lagerung h 6, 6° und ebenfalls fast senkrecht oder sehr steil 
in Süd. 

Ziemlich parallel mit dem Schreyergraben verläuft nördlich von 
demselben der Dachslueger-Graben. Dieser entspringt südlich von 
der Meierei Dachslueg und trifft etwa dort die Linzer Reichsstrasse, 
wo der Weg nach Söllheim von derselben abzweigt. An der Stelle, wo 
der Berg von der Thalsohle aus ziemlich steil ansteigt, findet sich 
der erste Aufschluss (31) in diesem Graben, etwa in 500 m Meeres- 
höhe. Das Streichen ist hier bis in die Höhe 555 m ziemlich über- 
einstimmend in h 5 bis 6 mit steilem nördlichen Einfallen, die Wülste 
liegen an der Südseite; nur in 5l5 m Höhe fallen die Schichten 
unter einem Winkel von 65° nach Süd. In 560 m Höhe (32) dreht 


= 


31. 


Fig. 5. 
33; 


sich das Streichen plötzlich nach h 1 bis 2 mit steilem westlichen 
Einfallen, die Wülste gegen West gerichtet. Drei Meter höher am 
Bache streichen die Schichten wieder in h 5, 10% und stehen senk- 
recht mit den Wülsten in Süd. Bei 565 m ist ihr Streichen wieder 
h 2, 5° mit steilem nordwestlichen Einfallen; von 567 m aufwärts 
bis 575 m ist die Lagerung in h 4 bis 6 mit steilem nordwestlichen 
oder nördlichen Fallen und den Wülsten auf der Nordwest- oder 
Nordseite. In 630 m (33) haben sie sich gar nach h 9 gedreht mit 
Einfallen nach SW unter 30° Neigung. An diesem letzteren Punkte 
hat die Südwestseite der Schichten einen dünnen grünen Ueberzug. 

Die im Dachslueger Bach aufgeschlossenen Schichten zeigen 
demnach wiederholt wannenförmige Bildungen und horizontale Ver- 
schiebungen (siehe Fig. 5) 

Ungefähr nördlich von Dachslueg liegt am nordwestlichen Ge- 
hänge des Heubergs das Brunnwiesgut zwischen zwei Gräben, 
die sich unterhalb des Gutes vereinigen und in der Nähe von Mayr- 
wies das Thal erreichen. In diesen beiden Gräben sind wenig Auf- 
schlüsse zu sehen. In einem Zufluss des südlichen der beiden Gräben 
findet sich am rothmarkirten Wege von Dachslueg nach Söllheim 
in 645 m Meereshöhe ein Aufschluss (34) mit dem Streichen in h 7 
bei südlichem Einfallen, und an demselben Wege (610 m) an dem 
Ursprunge des nördlichen Grabens (35) ein Aufschluss mit gleicher 


308 Eberhard Fugger. | [22] 


Schiehtung. Dort, wo der Weg von Brunnwies nach Strass bei Mayr- 
wies den südlichen Graben überschreitet, schon nahe an der Ver- 
einigung beider Gräben, ist ein grösserer Aufschluss (36), welcher 
ein Streichen in h 6 bis 7 bei steilem südlichen Einfallen zeigt. 
Wülste konnte ich trotz. eifrigen Suchens nicht finden. 

Bevor die Linzer Reichsstrasse zum Rennerberg ansteigt, steht 
links an derselben das Wirtshaus Rechl und rechts einige "Bauern- 
häuser. Ein Bach, der Matzinger Bach, fliesst hier vom Lleuberg 
her und wird von der Strasse überbrückt. Dieser Bach bildet sich 
aus drei Hauptzuflüssen. Nahe oberhalb der Häuser kommt links der 
erste, südlichste Zufluss, weiterhin im Walde vereinigen sich in 
ziemlich tiefen Gräben der mittlere und der nördliche Bach. An 
dieser Stelle (37) streicht der Flysch in h 8, 6° mit sehr steilem 
nordöstlichen, und 3 n -weiter unten mit steillem südwestlichen Ein- 
fallen; die Wülste und die vorher erwähnte grüne Schicht liegen 
an der Südwestseite. Dieselbe Schichtung ist im nördlichen Zufluss 
auf 20 Schritte entblösst; weiterhin in diesem Graben, etwa 80 Schritte 
lang, treten wiederholt die Schichten deutlich zutage mit einem 
Streichen in h 8, 9°%, theils senkrecht, theils mit 75° südwestlichem 
Einfallen. Dann liegt ein riesiger Block von Gosauconglomerat im 
Bache und oberhalb desselben sind Wehren zur Gewinnung von Sand 
und Schotter angebracht. Im mittleren Graben maß ich 30 Sehritte 
oberhalb der Vereinigung desselben mit dem nördlichen (38) h 8 
mit steilem Fallen nach NNO; ebenso 10 Schritte weiterhin. Hier 
sah ich eine Helminthoida cerassa vertieft an der Nordnordostseite 
der Schichte. 20 Schritte von diesem Punkte aufwärts dreht sich 
das Streichen in h 6 bis 7 mit 60° südlichem Einfallen. Weiterhin 
liegt nur Schutt und Geröll: alle drei Gräben zeigen in ihren oberen 
Partien nirgends anstehendes Gestein. 

In dem Graben zwischen Matzing und Pebering reicht die 
Moräne bis über 600 m Meereshöhe; bei 590 m liegt am linken Ufer 
ein erratischer Block aus Kreideconglomerat von mindestens 25 
Cubikmeter Grösse. Bei 610 m steht Flysch an (39) auf mehr als 
30 m Länge, und zwar meist Sandstein, deutlich geschichtet in h5, 7° 
mit sehr steilem südlichen Einfallen. Weiter hinauf trifft man nur 
auf Flyschschutt. 

Es scheint dies die nördlichste Stelle des Heubergs zu sein, 
an welcher anstehender Flysch angetroffen wird. 

Der Heuberg gehört sohin dem Flyschgebiete an und ist in 
seiner Nordhälfte mit glacialem Materiale vollkommen überdeckt, 
während in dem südlichen Theile desselben die glacialen Gebilde 
vielfach weggeschwemmt und die Flyschgesteine blossgelegt sind. 
Eigenthümlich ist eine Linie von erratischen Blöcken, welche mit- 
unter mehrere CGubikmeter gross sind und meist aus Gosauconglome- 
raten bestehen, eine Livie, welche sich an der Südhälfte des Berges 
in einer Höhe von etwa 100 m über der Salzach auf eine weite 
Strecke verfolgen lässt. Von ganz besonderem Interesse .aber ist 
der Fels aus Nummulitenkalk, der Hochstein, in der Nähe des Heu- 
bergbauers, welcher einen neuerlichen Beweis dafür liefert, dass 
unser Flysch unter den Eocängebilden liegt. 


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[83] Das Salzburger Vorland. 309 


Die Streiehrichtung der Flyschschichten des Heubergs ist im 
allgemeinen von Westen nach Osten oder von WSW nach ONO mit 
steilem, bald nach N, bald nach S gerichtetem Einfallen. Von den 
79 Messungen, betreffend die Lagerung der Schichten, welche ich 
aus diesem Gebiete notirt habe, ergeben sich nur 15, also 16'/, Pro- 
cent oder ein Sechstel mit Neigungen unter 50°, 


Die Beobachtung der Lage der Kegelwülste ergibt — unter 
der Voraussetzung, dass es richtig ıst, dass diese stets nur an der 
Unterseite der Schichten liegen — mehrere Falten oder vielleicht 


auch Bruchlinien, die in der Richtung von WSW nach ONO ver- 
laufen. Eine Schiehtenmulde (Synklinale) zieht sich von der Süd- 
westecke des Berges bis zur Grabenmühle bei Gschwand; die süd- 
lich von dieser Linie liegenden Punkte 2, 4, 7. und 18 haben die 
Kegelwüste an der Südseite, die nördlich davon gelegenen Punkte 1, 
5 und 8 an der Nordseite. Auch bei Sam im Plainberggebiete, dann 
im Schreyerbach (24 und 27) liegen die Wülste an der Nordseite; 
in dem nördlich von letzterem laufenden Dachsiueger Graben sind 
sie hauptsächlich an der Südseite (31 und 32); zwischen diesen bei- 
den Gräben zieht sich also eine Antiklinale hin. 

Im Dachslueger Graben beobachtet man noch ausserdem locale 
Störungen. Zwischen dem Dachslueger Graben und Söllheim verläuft 
eine Schichtenmulde, zwischen Söllheim und dem Matzinger Graben 
(37) ein Schiehtensattel (Antiklinale), da in Söllheim die Wülste an 
der Nordseite, im Matzinger Graben. dagegen an der Südseite liegen. 

Das auf umstehender Seite befindliche Profil des Heubergs von 
der Gnigler Kirche bis zum Matzinger Graben (Fig. 6) soll diese 
Lagerungsverhältnisse anschaulich machen. 


Alterbach: (l) h 6 x» 65 S und h 5, 5° x 70 SSO; Wülste in N. 

Gruberbach: (2) h 5, 8°»56 N; Wülste inS. — 8) h 350 NW. — (4)h5, 
7°» 53 N; Wülste in 8. — (5) h 6 2 88 N; Wülste in N. 

Alterbach: (6)h5 bis 6 945 N. — ()h5,7° » 605 und h6 $ 4085; 
Wülste in S. 

Sockererbach: (8) h 4, 5°%65 N; Wülste in N. — h 4, 10° 9:70 N; Wülste 


in N. — h,5, 10° 5 86 N — hd, 7985 N. — 16085 N; Wüilste in N. 

— h5, 10° 5 86 N ()h69A0O N. — h6PpA40ON. —h 6, 3° 80 8. 

— h 5, 10" 4 30 8. — 1 5, 10° 4 94 N. — (10) 7 bis 8% 70N. 
Alterbach: (11) h 5, 10° 950 N. — (12) h5, I!» 87 N. — (13)h5, 5° p 


40 N. — (14) h 6, 1° 9 steil S und N 

Gräben bei Gschwand: (15) h 5, 12’ 945 N. — 16) h6 y 7T5N. —h5, 

00258 — (17) h 6, 5° © 60 8. 

Grabenmühle am Alterbach: (18) h 6, 5° x 80 N; Wülste in 8. 

Schweighofer Bach: (19) h 6, 10° a 90. — h 6, 12° » steil S. -- h 1; 5° o 
steil SSW. — h 6, 13° 9 90. — (20) h 6, 13°. 9 steil N. — (21) h 8, 5° © 
90. — h 7, 10°» 90. — h 5, 5" 2 90. — h 6 5°. 9 85 S, Wülste in 5 = 
(22) h 10 x steil. WSW und ONO. — h % bis 10 9 30 ONO. — h 7 bis 8 
o 90. — h 6 bis 8» 90. — (28) h 7 bis 8 » steil SSW. — h 5, 10° 4 85 8. 

Schreyerbach: (24) h5 » 88 S; Wülste inN. — h 4, 10° » 55 SSO. — 
(25) h 4 9 56 SO. — h 6, 10°» 70 NW. — A h 4, 10° » 87 SSO. — 
h5, 1009898. — h 5, 5°» 87 N. — (27) h 6 p 88 N; Wülste in N. — 
(28) h 5 bis 6 0 87 8. — (29) h 6, 10° 9 408 

Reutbauer: (30) h 6, 6° 9 88 8. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 40 


310 


'L:E 9IM 9duer] ap weual nz yoIs EyIaA ayoH Op qeIsgeM 19 


9 311 


-s93.19qn9H SOp [yoAd 


Eberhard Fugger. 


MS 


"IE 


129 
Pu 


ON 


[24] 


Gnigl. 


Gruberlehen. 


Kramlehen. 


Schreyer- 
graben. 


Dachslueger- 
Graben. 


Söllheim. 


Matzinger- 
Graben. 


| 


[25] Das Salzburger Vorland. 311 


Dachslueger Graben: (31) 510 m ü. d. M. h 5, 4° 9 82 N. — 5l5 m h 5, 
4° 065 8 — 540 m h 5 » steil N; Wülste in S. — 555 m h 5 bis 6 o 
steil N. — (32) 560 m h 1 bis 2 x 70 W; Wülste in W. — 563 m h 5, 10° 
2 90; Wülste in S. — 565m h 2, 5° y steil NW. — 567m h 4 9 steil NW; 


Wülste in NW. — 570 m h.5 bis 6 9 90. — 575 mh5% stellN. — 
(33) 630 m h 9 » 30 SW. 

Brunnwieser Graben: (34) 645 m h 7 9 35 S. — (35) 610 m h 7 bis 8 
35 S. — (386) h 6 bis 7 g steil S. 

Matzinger Graben: (37) h 8, 6° p steil S; Wülste in S. — h 8, 6° » sehr 


steil N. — h 8, 6° p sehr steil N. — h 8 bis 99 90. — n 8bis 94 75 8. 
8) h8Y%70N. — h8Yg 70ON. — h 6 bis 7 9 60 8. 
Beberinger Bach: (39) h 5, 7°» 80 8, 


Ill. Die Halwanger Höhe 


ist ein schmaler Höhenzug, welcher dem Heuberg gegen Nordwest 
vorgelagert ist und im Süden und Südwesten durch die Einsenkung 
Söllheim—Kasern— Lengfelden, im Südosten von dem Hammerschmid- 
bache und der mit letzterem parallel verlaufenden Linzer Reichsstrasse, 
der Wasserscheide von Strass und dem vom Heuberg kommenden 
westlichen Zuflusse des Eugenbaches, im Nordosten und Norden vom 
Eugenbach selber und im Nordwesten von der Fischach begrenzt wird. 

Der grösste Theil dieses Terrains ist von Moränen, glacialen 
Schottern und Conglomeraten bedeckt. So findet sich im Walde bei 
Söllheim junges, horizontal geschichtetes Conglomerat mit Zwischen- 
lagen von Sandstein. Auf der Höhe von Berg liegt glacialer Letten, 
welcher in einer grossen Ziegelei verarbeitet wird. Von der Halte- 
stelle Berg-Maria Plain der Staatsbahn führt ein Fahrweg hinauf 
zur Fabrik; etwa in halber Höhe desselben steht Flysch an, aber 
mit nicht messbarer Schichtung. Bei dem nördlichen der beiden 
Ziegelöfen steht Conglomerat an; hinter dem Ofen — gegen Nord — 
ist eine grosse Lettengrube, welche oben gelblichgrauen Mergelthon, 
darunter blauen Letten blosslegt. Beim südlichen Ziegelofen ist eine 
sehr grosse Lehmgrube, welche fast nur den gelblichgrauen, sandigen 
Mergelthon und wenig blauen Letten im Liegenden zeigt. Auf der 
Höhe zwischen Berg und Söllheim ist eine Moräne mit zahlreichen 
gekritzten Steinen aufgeschlossen. 

Der Halwanger Bach, welcher südlich von Halwang ent- 
springt und in nordsüdlicher Richtung dem Hammerschmidbach 
zufliesst, in welchen er zwischen Rechl und Söllheim mündet, zeigt nur 
glaciale Schotter. An seinem linken Ufer nimmt er den Zillingbach 
auf. Die Salzkammergut-Localbahn überquert diesen letzteren. Nahe 
unterhalb der Fisenbahnbrücke steht oben am rechtseitigen Gehänge 
(1) Flysch an in h 11 mit schwachem Fallen gegen O und Wülsten 
an der Westseite. Etwas oberhalb der Eisenbahnbrücke (2) sind die 
Schichten dem Laufe des Baches parallel gestellt in h 8. mit steilem 
Finfallen nach Südwest und Wülsten in Südwest. Noch weiter 
aufwärts im Bache (3) ist das Streichen in h 7, 5°, aber mit steilem 

46* 


312 5; Eberhard Fugger. - [26] 


Nordnordostfallen, die Wülste in Südsüdwest. Die Lagerung bleibt 
nun gegen die Quelle des Baches zu, soweit dieselbe aufgeschlossen 
ist, ziemlich constant. Beim Steg, der dort über den Bach führt, 
wo dessen Richtung senkrecht auf die Schiehtung steht (4), sowie 
bei dem kleinen, aber recht hübschen Wasserfall oberhalb desselben 
(5), ist das Streichen in h 7 bis 7, 2° mit steilem südlichen Einfallen, 
die Wülste an der Südseite. Beim Wasserfall fand ich Helminthoida 
labyrinthica und Chondrites Targionii in zahlreichen Exemplaren. 
Der Hammerschmidbach bildet zwischen Rechl und der 
Gritschmühle nächst Zilling einen tiefen Graben, längs welchem die 
Salzkammergut-Localbahn hinführt Am Ausgange des Grabens steht 
am rechten Ufer eine verfallene Flyschwand (6) inh 9 mit schwachem 
Fallen nach NO. Das Streichen bleibt bachaufwärts dasselbe (7 und 8), 
nur das Einfallen wird steiler. Bei Punkt 8, wo die Bachrichtung 
dem Streichen der Schichten parallel ist, beobachtete ich auch Wülste, 


Fig. 7. 


——> Hammerschmidbach 


A 


und zwar in SW. Weiterhin (9) bleibt die Schichtung und Lage der 
Wülste unverändert; es zeigt sich hier am linken Ufer eine Wand, an 
deren Oberseite (Nordostseite) zahlreiche Chondriten sichtbar sind; ein 
Taenidium Fischeri zieht sich von der Oberseite in das Innere der 
Bank hinein. Nun folgen verschiedene Verwerfungen und Verdrückungen. 
Einmal sieht man am rechten Ufer die steilen Schichten sich so 
biegen, dass sie nahezu horizontal werden; dann folgt wieder normale 
Lagerung (10) in h 8, 7° mit mässigem Einfallen nach NO. Weiterhin 
(11) wird das Streichen nordsüdlich mit steilem. Einfallen nach Ost 
und Wülsten in Ost. Wenig weiter aufwärts von dieser Stelle sind 
die Bänke zwar deutlich geschichtet, aber es zeigen sich in den ein- 
zelnen Bänken gewaltige Pressungen, Knickungen und Biegungen. 
So finden wir am linken Ufer eine vollkommene Biegung (12) derart, 
dass das bachabwärts gelegene Stück « der Schicht die Lagerung 
h 2960 SO, die Wülste in SO, und das bachaufwärts liegende Stück 
b h 9, 10°» 87 SW, die Wülste in NO. zeigt. Eine ähnliche Biegung 
findet sich unmittelbar daneben, und eine dritte, allerdings weniger 
deutlich, etwas weiter oben am gegenüberliegenden Ufer (Fig. 7). 


[27] Das Salzburger Vorland. 313 


‚Am rechten Ufer sind nun mehrmals Bänke blossgelegt (13); 14) 
in h7 bis h 7, 10° mit sehr steilem Fallen nach‘ SSW, die Wülste'eben- 
falls in SSW. Die letzte Bank (14), reicht theilweise- in das Bachbett 
selbst hinein ; ihr gegenüber am linken Ufer (15) ist die sehr steil: ge- 
stellte Bank wie ein Hufeisen gebogen und bildet eirie vollständige 
Nische; man kann dieselbe von oben auf. beiden Seiten, der Vorder- 
und Rückseite, deutlich übersehen, und; beobachtet dabei, dass die 
Wülste sich nur an der Aussenseite der Nische befinden. Die 
Stellung der Bank ist folgende (Fig. 8): 

bei'a: h 6, 70 0768, Wülste in S; 

‚bei db: h 4, 120 9 80 SO, Wülste in SO; 

bei ch 0,4980 77 0, Wülste' in 'OF% 

bei d: h 9, 7% 86 NO, Wülste in NO! 


Fig. 8. 


Wenige Schritte weiter oben im Bache ist noch eine Bank 
blossgelegt, sowohl am linken Ufer als im Bachbett selbst (16) in 
h 9, 3° mit sehr steilem Einfallen nach SW, die Wülste in NO, also 
dem Stücke d der zuletzt erwähnten Bank parallel, IE 

Nun folgt noch eine grosse Moräne, oberhalb derselben führt 
eine Brücke über den Bach und hier steht. die Gritschinühle. Wenig 
oberhalb derselben ist noch ein Flyschaufschluss im Bache zu sehen, 
dann keiner mehr bis hinauf zur Wasserscheide von Strass. 

Der Hammerschmidgraben, dessen Länge, soweit die Flysch- 
aufschlüsse reichen, etwa 800 m beträgt, zeigt so recht deutlich 
(Fig. 9) die Zerdrückungen und Biegungen, welche hier im Flysch 
vorkommen, und lässt sie um so besser hervortreten, weil die Bänke 
fast vertical stehen oder wenigstens steil gelagert sind. Aus dem 
Hammerschmidbache besitzt das Salzburger Museum Carolino-Augusteum 
ein paar hohle Erbsensteine von 4 cm Länge und 2 cm Breite, doch 
kenne ich die Findstelle, aus der sie stammen, nicht genau. 

Das Haus des Grundnerbauern nächst Guggenberg, nördlich 
von Zilling, steht auf glacialem Conglomerat, welches theilweise hori- 
zontal geschichtet, theilweise wenige Grade gegen NW geneigt ist. 
Dasselbe Conglomerat ist an der Strecke der Salzkammergut-Localbahn 
bei Guggenberg auf eine Länge von etwa 60 Metern aufgedeckt. 


314 Eberhard Fugger. [28] 


In dem nördlichen Theil des Halwanger Höhenzuges sind überall 
nur glaciale Schotter sichtbar. 

Aufschlüsse im Flysch finden sich dagegen an der Strecke der 
Staatsbahn und im Fischachthale äusserst zahlreich. Noch bevor 
die Bahn in das Fischachthal einbiegt, sieht man bei dem Wächter- 
haus 397 Flyschmergel und -Sandstein anstehend in h 6, 5° mit ziem- 
lich steilem nördlichen Einfallen und Kegelwülsten in Süd (17). Die 
Aufschlüsse im Fischacbthale zwischen Lengfelden und dem Wallersee 
werden im Abschnitte VIII (Waldprechting) besprochen. Das Streichen 
der Schichten ist im allgemeinen ein normales von West nach Ost, 
nur an einzelnen Stellen beobachtet man Biegungen bis h 9; das 
Einfallen ist vorherrschend nördlich, obwohl Punkte mit südlicher 
Fallriehtung nicht gerade selten sind. Ueber den anstehenden Flysch- 
bänken lagern häufig glaciale Conglomerate oder Moränen. 

Die Seitengräben, welche am linken Ufer, also aus der Hal- 
wanger Höhe in die Fischach münden, enthalten nur glaciale Reste; 
im Graben, welcher zwischen Dorf und Station Halwang herabzieht, 
steht Conglomerat und junger Sandstein an; im Graben südlich von 
Eugendorf liegt eine schöne Moräne. 


Fig. 9. 


Das Gehänge bei der Haltstelle Halwang der Staatsbahn ist 
eine durchnässte Moräne, die bei anhaltendem Regen leicht in Be- 
wegung kommt und bei den Ueberschwemmungen Ende Juli 1897 
bedeutende Verkehrsstörungen verursachte. 


Zillinggraben: (1) h 11 » 20 O; Wülste in W. — (2) h 8 x 72SW; Wülste 
in SW. — (8) h 7,5° » 72 NNO; Wülste in SSW. — (4) h 7,2° o 78 SSW; 
Wülste in SSW. — (5) h 7 2 82 SSW. 


a (6) h 9925 NO. — (7) h 9% 45 NO. — S)h 9 
v 80 NO; Wülste in SW. — (9) h 9 x 77 NO, Wülste ih SW. — (10) 8,7 
055 No. = (11) h 12 % 72 O; Wülste in 0. — (12) a: h 20 & So: 
Wülste in SO. — db: h 9, 10° 0) 87 SW; Wülste in NO. — (13) h 7 10 { 85 
SSW; Wülste in SSW. — (14) h 7 x 85 S; Wülste in $. — (15) a: h 6, 7° 
u en S; Wülste in = —'b: 4, 2° 9 S0 SO, "Wülste inS0O.— ce: h 0,5%.0.808 
; Wülste in 0. 9,7270 86. NO; Wülste in NO, — (16) h ‚9, 379781 
sw. Wülste in wo. 


Berg: (17) h, 6,5° 0 67 N; Wülste in S. 


[29] Das Salzburger Vorland. 315 


IV. Plainfelder Höhe. 


Ich möchte die Höhe, welche westlich vom Plainfelder Bach 
und östlich von der Fuschler Ache umflossen wird, nach dem grössten 
Orte, der am Fusse dieses Höhenzuges liegt, die Plainfelder Höhe 
nennen. Im Süden reicht sie an die triadischen und rhätischen Kalk- 
berge und die Strasse, welche von Salzburg über Hof gegen Sanct 
Gilgen und Ischl führt, bildet hier die Grenze. 

Im Plainfelder Graben findet man von dem Punkte an, 
wo er die Kalkberge verlässt, nur mehr Schotter und junge Bildungen. 
Bei Plainfeld selbst ist ein mächtiges Lager von Kalktuff aufge- 
schlossen, welches zahlreiche Einschlüsse von Blättern und recenten 
Schnecken enthält. Prof. Kastner konnte folgende Arten be- 
stimmen: 


Hyalina erystallina Müll. 

Y nitens Mich. 
Helix unidentata Drap. 

„  sericea Drap. 

„  incarnata Müll. 

„. arbustorum L. 

„. pomatia L. 
Bythinella Schmidtii Charp. 


Der Kalktuff wird steinbruchmässig gewonnen und als Bau- 
materiale verwendet. In der Nähe von Bodenschwand steht oben 
im Walde glaciales Conglomerat an, und auf der ganzen Höhe hin 
zeigen die Aufschlüsse nur Schotter und Moränen. Bloss im Gebiete 
der Fuschler Ache, und auch hier fast nur an deren rechtem Ufer, 
ist fester Fels anstehend. 

Das ganze Gebiet ist von glacialem Materiale erfüllt, das bis 
in gewaltige Tiefen reicht; so sind z. B. bei Elsenwang nach 
Brückner!) Moränen in einer Mächtigkeit von 135 m aufge- 
schlossen, ohne dass das Liegende derselben blossgelegt wäre. 

Wandert man von Hof auf der Reichsstrasse dem Fuschlsee zu, 
so erreicht man nach kurzer Strecke das Wirtshaus „zur alten 
Tanne“ am linken Gehänge des Fuschler Achenthales. Der Mühlen- 
bach stürzt hier über Kalkwände herab gegen Waldach zu. Die Kalke 
scheinen den Raibler Schichten anzugehören; sie sind schwarz mit 
weissen Adern und dünn geschichtet. Die Dicke der Platten beträgt 
4—5 cm. Ihre Lagerung (1) ist in h 7 mit Einfallen nach Süd. 
Diese Kalke bilden jedenfalls das Liegende des Flysches. 

Hofd)hn 72228 

!) Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Geogr. Abhandl., herausg. von 
Penck, Wien 1886, Bd. I, Heft I, S. 38. 


316 - Eberhard Fugger. [30] 


V. Eggerberg 


ist der Bergrücken, welchen die Fuschler Ache von ihrem Ausflusse 


aus dem‘ Fuschlsee bis zu ihrer Mündung in den Mondsee umzieht. 
Im Norden des Eggerberges bildet sie das breite Thal von Thalgau, 
im Süden und 'Westen fliesst sie in enger Schlucht. Anschliessend 
an ‚die Fuschler Ache bildet der Fuschlsee die Südgrenze; an diesen 
reiht sich dann der Schober und die Drachenwand als Grenze gegen 
Süd und Ost. \ | 

Folgen wir der Fuschler Ache von ihrem Ausflusse aus dem 
See, so kommen wir zuerst über Schotterboden, welcher so weit 
reicht, bis die ‘Ache ihre Richtung nach West lenkt. Nun folgt eine 


Mühle nach der anderen. Bei der ersten Mühle. steht am rechten 


Ufer junges Conglomerat an, darunter eine Moräne; am linken Ufer 
befindet sich eine Schottergrube. Etwa 100 m abwärts am Bach ist 
wieder eine Moräne blossgelegt; unmittelbar oberhalb der zweiten 
Mühle sind an beiden Ufern Schottergruben. Zwischen der zweiten 
und dritten Mühle lagern wieder Moränen. Unterhalb der fünften 
und letzten Mühle beobachtet man zuerst wieder anstehenden Flysch 
(1), und zwar mit einem Streichen in h 10 bei nordöstlichem Fallen ; 
die Wülste befinden sich an der Südwestseite. 

Nach weiteren 400 Metern (2) streichen die Schichten in h 9, 
fallen ebenfalls nach NO und haben Wülste an der Südwestseite ; 
am linken Ufer, gegenüber dieser Stelle, liegt eine Moräne. Circa 
80 m abwärts (3) beobachtet man abermals eine Biegung in der 
Streichrichtung, die Schichten stehen sehr steil gegen Nord gerichtet 
und ihr Streichen dreht sich von h 7 nach h 4 ohne einen Bruch. 
Wieder 50 m am Bache abwärts (4) streichen sie rein Ost— West 
und stehen fast senkrecht oder sehr steil nach Süd geneigt, die 
Wülster an der Südseite. Noch weiter unten (5) — nach 120 m — 
ist das Streichen ziemlich dasselbe, das Fallen steil nach Süd. 
Nach 30 m wendet sich der Lauf des Baches nach Nord, die Schichten 
stehen senkrecht zur Bachrichtung (6) mit steilem Einfallen bald 
nach Nord, bald nach Süd; die Wülste sind undeutlich, scheinen 
aber an der Südseite zu liegen. Nun ist auf eine längere Strecke 
nirgends anstehendes Gestein zu sehen, erst nach 150 m treten wie- 
der deutlich ‚Schichtungen auf (7), und zwar in h 6, 7° mit steilem 


südlichen Einfallen, die Wülste ebenfalls in Süd. Der Bach hat hier 


eine Biegung gemacht, so dass die Schichten zur Flussrichtung 
parallel stehen. 


Nach weiteren 40 Metern (8) hat sich die Streichrichtung nach’ 


h 5 gewendet, das Einfallen ist dasselbe geblieben. Von hier ab 
folgt wieder glaciales Terrain; 60 m von Punkt 8 entfernt, liegt ein 
grosser erratischer Block aus körnig-krystallinischem Kalk, 10 m 
lang, 8 m breit und etwa 6 m hoch. Von dem Kalkblock 120 m aus- 
wärts (9) ist die Streichrichtung unverändert geblieben, aber dafür 
(das Einfallen nach Norden gerichtet; an der Südseite sind sehr deut- 
liche, erhabene Curven von der Form wie sie uns Figur 10 auf der 
folgenden Seite zeigt, 


[31] Das Salzburger Vorland. 317 


Nach weiteren 100 Metern mündet am linken Ufer in Schotter- 
terrain der Elsenwanger Bach, und 300 m unterhalb dieses Punktes, 
bei 10, steht noch einmal Flysch an, und zwar in h 2 bis 3, mit 
Fallen nach SO, die Wülste in NW. Noch 20 »n unterhalb maß ich 
ebenfalls eine Schichtung, diesesmal in h 4 bis 5, mit sehr steilem 
nördlichen Einfallen; es ist aber fraglich, ob hier wirklich anste- 
hendes Gestein vorliegt. Von diesem Punkte aus findet man im 
Graben nur mehr Schotter und nirgends anstehenden Fels. 

Im allgemeinen streichen also im Graben der Fuschler Ache 
die Flyschschichten ziemlich regelmässig von Ost nach West, nur 
bei Punkt 3 ist eine Biegung direct sichtbar; die Punkte 9 und 10 
aber lassen wegen der verschiedenen Lage der Wülste eine Biegung 
der Streichrichtung constatiren, deren Krümmung am linken Ufer 
liegen muss. 

Auf der Höhe desEggerberges und am südlichen Gehänge 
desselben fand ich nur glaciales Material, auf der Südseite auclı 
einzelne Flyschtrümmer, und an einer Stelle der Strasse von Hof 
nach Thalgau, 60 m über dem Fuschlsee, auch anstehenden Flysch 
(11) mit schwachem Einfallen gegen NNO. Am Nordgehänge jedoch 
von dem Punkte, wo die Fuschler Ache in das weite Thal von Thal- 


Fig. 10. 


IN AIR Ca 


sau eintritt. bis in die Nähe der Teufelsmühle trifft man im Walde, 
im sogen. Langenholz, an mehreren Stellen anstehendes Flysch- 
gestein, aber nirgends so deutlich geschichtet, dass man ein sicheres 
Urtheil über die Lagerung fällen könnte. 

Meist ist der Flysch mit einer ziemlich mächtigen glacialen 
Lehmschichte überdeckt, die in mehreren Lehmgruben, z. B. westlich 
von der Ortschaft Leiten, aufgedeckt ist. Am linken Ufer des 
Baches, welcher in der Nähe dieser Lehmgruben vom Eggerberg 
herab der Fuschler Ache zufliesst, befindet sich etwa 15 m über der 
Thalsohle eine Schottergrube, d. i. der Rest eines glacialen, hori- 
zontal geschichteten Conglomerates mit Sandsteinzwischenlagen, 
welches stark verwittert ist und leicht zerfällt. Unter dem Conglo- 
merate lagert der glaciale Lehm. 

Erst in dem Graben, der sich von der Ruine Wartenfels 
zur Teufelsmühle herabzieht, ist der Flysch mehr oder weniger 
deutlich geschichtet. Schon bei Kohlhütte oberhalb der Teufelsmühle 
trifft man anstehenden Flyschmergel. 300 Schritte weiter oben (12) 
treten schön geschichtete Mergel und Sandsteine auf in h 6, 5° mit 
steilem südlichen Einfallen; 100 Schritte weiter aufwärts (13) die- 
selbe Schiehtung; wieder nach etwa 200 Schritten (14) ist: das 
Streichen nach h 7, das Einfallen unverändert in Süd, die Wülste 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2 left. (E. Fugger.) 41 


318 Eberhard Fugger. [32] 


in Nord; 20 Schritte weiter dieselbe Lagerung. Nach 200 Schritten 
(15) stehen die Schichten fast senkrecht, wenig weiter oben fallen 
sie wieder nach Süd. Nun folgt auf mindestens 300 Schritte Moränen- 
material, dann abermals Flysch, wenn auch nicht mit meßbarer 
Schichtung. Im Bache selbst liegen nur Flyschtrümmer, kein Kalk 
oder Dolomit, obwohl das dahinter und höher liegende Felsgebiet aus 
triadischen und rhätischen Kalken und Dolomiten besteht. Diese 
Flyschtrümmer im Bache reichen bis an seine Quelle, noch minde- 
stens 400 Schritte weit. Nach weiteren 150 Schritten hat man die 
Höhe des Eggerberges erreicht. 

Zwischen dem Südfusse des Eggerberges und dem Fuschlsee 4 
erhebt sich der Feldberg, welcher aber bereits aus Dolomit 
besteht. 1 

In dem Graben südlich von St. Lorenz, am unteren Rande 
des Waldes (16), steht ebenfalls Flysch an in h 6, zuerst mit sehr 
steilem südlichen, wenig weiter oben mit fast ebenso steilem 
nördlichen Einfallen. Der Flysch reicht etwa bis in die Meeres- 
höhe von 700 bis 720 m. Dann folgt ein Plateau, welches mit 
Trümmern von Raibler Kalken überdeckt ist. Von hier zieht sich 
eine Schutthalde hinauf an den Fuss der Drachenwand, wo die Raibler 
Kalke mit einem Streichen in h 6 bis 7 und sehr steilem südlichen 
Einfallen anstehen. Die Raibler Kalke bilden also hier wie bei Hof 
das Liegende der Flyschschichten. 

Der Einfluss der Flyschmergel auf das Auftreten von Quellen 
lässt sich recht deutlich erkennen, wenn man von dem vorher er- 
wähnten Plateau am Fusse der Schutthalde, die von der Drachen- 
wand und dem Schober herabzieht, gegen Westen auf Wartenfels zu 
wandert. Ueberall trifft man hier auf Quellen, und überall findet 
man in den Bächen ganz nahe unterhalb ihres Ursprungs Flysch- 
trümmer. Die Wässer des Eggerberges sind meist selır kalkreich 
und man findet am Fusswege von Thalgau nach Fuschl sowohl am 
Nord- als am Südgehänge des Berges manches kleine Bächlein, 
welches sich sein Bett mit Kalktuff auspflastert. 


Fuschler Ache: (1) h 10 » 45 NO; Wülste in SW. — 
Wülste in SW. — (8)h 7 be h 4 schr steil N. — 
Wülste in 8. — (5) h 5, 10° » 77 u _ we h 7.80 
7° 9 75 8; Wülste in Bi (8) h5»70S8. — 9) ı 
Be 39 70 SO; Wülste in NW. 


Eggerberg: (11) h 7, 5° » 20 NNO. 


Teufelsgraben: (12) h 6, 5°» 60 S. — (13) h 6, 5° x 60 8. — (14) h7 o55 
S; Wülste in N. — (15) h 6, 7’ 9 90 bis 86 S. 


St. Lorenz: (16) h6 848. — h6Y TEN. 


(2) h 55 NO; 
4) h6 Ei: steil 8: 
N bis 85 8. — (7) h6, 
5945 N. — (10) h 2 


— 


[33] Das Salzburger Vorland, 319 


VI. Der Hochgitzen. 


Das Gebiet desselben wird im Süden durch die Fischach, im 
Osten durch den Ehrenbach und die demselben folgende Strasse 
von Lengfelden nach Ursprung, im Norden durch die Ursprunger 
Teiche und deren Abfluss, den Berlinger Bach, und im Westen durch 
die Salzach und die damit parallel laufende Strecke der Salzburg- 
Öberndorfer Bahn begrenzt. Der Hochgitzen, der eulminirende Punkt 
dieses Terrains, ist ein kegelförmiger Berg, dessen Spitze die Meeres- 
höhe von 674 m erreicht; gegen Norden dacht sich der Berg zu der 
Hochfläche von Vockenberg ab, während er nach den übrigen 
Richtungen steiler abfällt. 

Eine selbständige Vorlagerung im Südwesten bildet der Muntig], 
ein kleiner niedriger Hügel bei dem gleichnamigen Dorfe, welcher, 
frei in die Ebene gestellt, eine herrliche Rundsicht gewährt. An 
seinem Fusse mündet die Fischach in die Salzach, und in dem Winkel, 
den diese beiden Flüsse miteinander bilden, liegt der berühmte 
Steinbruch von Muntigl (Fig. 11 bis 13). 

Er misst die Schichtflächen entlang mehr als 300 m und über 
die Schichtenköpfe hin etwa 50 ın; die Lagerungsverhältnisse sind denen 
vom Bergheimer Steinbruch scheinbar ähnlich: wechselnde Schichten 
von Sandsteinen und Mergeln oder Mergelkalken in h 6, 6° bis h 6, 
10° miı sehr steilem südlichen Einfallen. Er ist der reichste Fund- 
ort von Flyschpetrefacten. Ende Mai 1882 war dort eine grosse 
Sandsteinfläche abgedeckt, welche zahlreiche mächtige, erhabene 
Kegelwülste von mindestens 25 cm Länge und 8 cm grösster Breite 
zeigte; zwischen den Wülsten befanden sich kleine, wurmartige, 
S-förmige Erhöhungen von 20 cm Länge und 8 mm Dicke. Auf einer 
zweiten Wand waren eine Menge stangenförmiger Erhabenheiten von 
3—D5 m Länge zu sehen. 

Die Schichtflächen sind vielfach mit Eisenrost überzogen, ent- 
halten auch Krystalle von Eisenkies, sowie Drusen von Kalkspath; 
die Schichtenköpfe tragen häufig Ausblühungen von Alaun und Bitter- 
salz. Die Sandsteine enthalten stellenweise Kohlensplitter, an anderen 
Stellen Glaukonite. An einigen wenigen Punkten gehen sie in 
feinkörnige Conglomerate oder Breccien, an anderen in sandige 
Mergel über. 

An Petrefacten findet man daselbst: 

Chondrites affinis Sternbg., auch in der Ausbildung von Hormosira 
moniliformis, d. h. die Aeste senkrecht zur Schichtfläche gestellt; 

Chondrites Tergioniü Brongn., 


R expansus F. O., 
® arbusculus F. O., 
» patulus F. O. und 


intricatus Brongn. in zahlreichen Abarten. 
Taenidium helveticum Schimp., 
Fischeri Heer, vorzugsweise in der nordwestlichen 


” 
Partie des Steinbruches; und eine sehr grosse Art, die ich 
41* 


mn 
= 
jemin 
Fig. 11. Grundriss des Steinbruches von Muntigl. 
Aufgenommen December 1898. 

Maßstab: 1: 1700. 
Pe on re ee 
& JG 18,9° 
= 
[e3 
Bi; C 
=: a 
& h18,10° A 18,6° 
Si T 

A18,6° 
b GG h18,6° = 
et were 
h A S 
West. s — Schutthalden. Ost. 


320 


[35] Das Salzburger Vorland, 39] 


Taenidium grande nennen möchte, Ferner 
Hydrancylus genicularus F,O. und andere Arten dieses Genus; dann 
Helminthoida crassa Schafh. und 


labyrinthica Heer, Ich sah ein Exemplar einer Hel- 
minthoida mit 8 mm breiten erhabenen Gängen. Ausserdem finden 
sich mehrere grosse Pflanzenformen, von denen Herr Hofrath J. v. 
Lorenz-Liburnau eine als Halimeda Fuggeri beschrieb und ab- 
bildete (Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien CVI, Abth. L. 
1897, S. 174—178, Taf. I). | 


Die grossen Chondriten und Taenidien sind meist längs und 
parallel den Schichtflächen ausgebreitet, sie gehen aber auch quer 
durch die Schicht durch und finden sich sowohl an der Ober- als 
auch an der Unterseite. Die kleinen Chondriten sind überall, auch 
mitten im Gestein, beginnen auch in der Mitte und hören im Inneren 
auf. Besonders an einer Stelle im südöstlichsten Theile des Stein- 
bruches zeigen sich an völlig parallel gelagerten Schichten zu beiden 
Seiten der Bänke Chondriten, dann wieder an der einen Bank auf 
der Unterseite, an der anderen auf der Oberseite der Schichte, so 
dass man die Ueberzeugung gewinnen musste: die Chondriten wuchsen, 
solange der Boden ruhig war und die Ablagerung nicht zu massig 
erfolgte; sie starben aber ab, wenn die Ablagerung des Sandes oder 
Mergels constant vor sich ging. 

Ausser den genannten Petrefacten finden sich noch viele, bisher 
unbestimmte Formen, die entweder Pflanzenreste sind oder als Kriech- 
oder andere Spuren von Thieren gedeutet werden können. 

An Muscheln kommen gar nicht selten vor der grosse /noceramus 
salisburgensis Fugger et Kastner, sowie der kleinere I. monticuli F, et K. 
und Uebergangsformen zwischen beiden Arten, dann Austernschalen, 
nicht selten auf den Schalen des grossen /noceramus aufsitzend. Die 
Inoceramen liegen sowohl auf Sandstein als auch auf Mergel. An 
der Südostecke des Steinbruches steht ein Sandmergel an, welcher 
zahlreiche kleine, glänzende Muscheln — nach Dr. A. Bittner’s 
gütiger Bestimmung Anomien aus der Gosauformation — und Kohlen- 
splitter enthält. 

Ausserdem findet man Wülste, die einer Schnecke gleichen, 
Echinodermenstacheln und undeutliche Formen, die man als Inseeten- 
reste deuten könnte. 

Die Schichten sind ziemlich normal gelagert, nur an einzelnen 
Stellen zeigen sich locale Verdrückungen. Eigenthümliche Wickelungen 
finden sich in einzelnen Sandsteinen. Sandsteinlagen von eirca 1 cm 
Dicke sind so ineinander gewickelt, wie man etwa einen Strudelteig 
einrollt. Diese „gewickelten Schichten“ sind wohl auf locale Druck- 
erscheinungen, welche gleich nach Ablagerung der Schicht stattfanden, 
zurückzuführen. 

An Wülsten beobachtet man ausser den vorher angeführten 
Kegelwülsten, dann den S-förmigen und den Stangenbildungen zahl- 
reiche andere Formen‘: etwa kleinfingerdicke und entsprechend lange 
erhabene Bildungen, welche in verschiedenen Winkeln einander dureh- 
kreuzen; Knollen von fast kugelförmiger Gestalt; eine Aneinander- 


Eberhard: Fugger. [36] 


322 


7 


Fig. 12. he der Ecke A im Steinbruch von Muntigl. 


Nach: einer - Photographie von Richard Freiherrn von Schwarz in Salzburg. 


Au% 
RE, 


Ale 


Das Salzburger Vorland. 323 


[37] 


Ziugzeg UT ZAem og UOA uAdogIodg Pıwyory oA oıydeadogogg aus YoeN 


-[SIJunK uoA yonaqupa)g ur 7 97 Op IUaIsuy "EL "rd 


394 Eberhard Fugger. [38] 


reihung von erhabenen Knollen, derart, dass das Ganze einem Stück 
einer Wirbelsäule nicht unähnlich sieht; dann wieder Formen, die 
mit den von Th. Fuchs beschriebenen Fliesswülsten die grösste 
Aehnlichkeit besitzen; kleine wellige Erhabenheiten, und viele andere 
Formen. 

Nachdem die Kegelwülste im Steinbruch von Muntigl ausschliess- 
lich auf der Südseite auftreten, muss man annehmen, dass die Wände 
dem Beschauer die Unterseite der Schichtflächen darbieten. 

Die Gesteinsarten sind, wie erwähnt, dieselben wie im Stein- 
bruch zu Bergheim; auch die Verwitterung auf den Schichtflächen 
(vergl. Fig. 12) ist eine ähnliche. Am westlichen Ende des Muntigler 
Bruches, nahe der Haltstelle Muntigl der Oberndorfer Bahn, findet 
man Mergel, welche von aussen gegen innen eine Reihe schmaler 
brauner Schichten zeigen und so gewissermassen den Beginn der Bil- 
dung von Florentiner Marmor darstellen. Diese Mergel lassen aber 
auch zugleich constatiren, dass die Florentiner Marmore ein Product 
der von aussen nach innen fortschreitenden Verwitterung sind. 

Am oberen, südlichen Ende des Steinbruches sah man im Juli 
1897 die letzte Schicht etwa einen Meter hoch über die vorliegende 
hervorragen, und konnte auf dieser letzten Schichtfläche einen schönen 
Gletscherschliff von 5 »n Länge beobachten. 

Auf der Höhe des Muntigl (2) steht Flyschsandstein an in 
h 6, 5° mit südlichem Einfallen. Zwischen der Ortschaft Muntigl 
und dem Bauernhause Kerist (in der Generalstabskarte steht Kerath) 
(3) nahe der Salzburg-Oberndorfer Strasse in einem Hohlwege am 
Fusse des Gitzen sind Flyschbänke meßbar in h 6, 7° bis h 7, 5° 
mit steilem Einfallen nach Nord, Wülste an der Südseite, mit 
Chondrites Targionii Brongn. Auch südlich von diesem Punkte, an 
dem Fahrwege, der von der Furtmühle nach Vockenberg führt, ist 
anstehender Flyschfels, jedoch eine Schichtung nicht zu messen. 

Oestlich von der Furtmühle zieht sich ein Graben vom Hoch- 
gitzen in fast südlicher Richtung gegen die Fischach zu, der Furt- 
müller Graben. Wenig über der Thalsohle, etwa in 480 m 
Meereshöhe, befindet sich ein Steinbruch (4), der sich den Bach 
entlang 25 m weit erstreckt, während der Graben selbst hier einen 
Einriss von S bis 10 m Tiefe zeigt. Die Schichtung ist n h 5 mit 
nördlichem Einfallen und Wülsten an der Südseite. In diesem Stein- 
bruche wurde ein Exemplar eines /noceramus montieuli F, et K. ge- 
funden. Nahe an den Quellen dieses Baches, in 595 m Meereshöhe 
(5), streichen die Flyschschichten in h 7 mit steilem Fallen nach 
NNO; auch hier sind Wülste an der Südsüdwestseite. Fünf Meter 
höher (6) findet sich ebenfalls ein Aufschluss mit ähnlicher Lagerung. 

An der Fischach, an deren rechtem Ufer, zwischen Leng- 
felden und dem Ehrenbach, ist hart an der Strasse ein grosser 
Steinbruch (7); hier streichen die Schichten in h 5, 10° mit sehr 
steilem Einfallen nach N. 

Der Ehrenbach zeigt in seinem unteren Laufe von seiner 
Mündung in die Fischach bis aufwärts zur Einmündung des Gitzen- 
baches keinen Aufschluss. Dieser letztere kommt von der Höhe 
des Hochgitzen in fast östlicher Richtung; hier findet man, sowie 


[39] Das Salzburger Vorland. 395 


das Terrain steiler ansteigt, häufig anstehenden Fels. Das Streichen 
bleibt ziemlich constant, das Fallen wechselt in der Richtung; deut- 
liche Wülste liessen sich nirgends constatiren. In 490 m Höhe über 
dem Meere (8) ist das Streichen fast rein ostwestlich mit südlichem 
Fallen, bei 518 m (9) ist das Streichen dasselbe, das Fallen jedoch 
sehr steil nördlich. In 530 m Höhe (10) ist die Lagerung in h 7, 5° 
ziemlich steil nach SSW und bei 580 m (11) nahezu dieselbe. 

Im oberen Ehrenbache beobachtet man mehrere Ver- 
werfungen oder Verschiebungen: so streichen die Schichten nahe 
oberhalb der Mündung des Gitzenbaches (12) in h 1 mit schwachem 
Fallen nach OSO; etwa 200 »n weiter hinauf am Bache (13) in h 2, 
50 mit sehr geringem Gefälle nach SO; 270 m von Punkt 13 auf- 
wärts (14) in h 10, 100 mit sehr schwachem ostnordöstlichen Ein- 
fallen; nach weiteren 50 m (15) in h 3, 5° mit ebenfalls sehr geringer 
Neigung nach SO. Nun folgt eine Strecke ohne jeden Aufschluss 
bis zur Vereinigung zweier Gräben. Der rechtsseitige Zufluss ent- 
blösst bis zu seinen Quellen hinauf nirgends anstehendes Gestein, 
der kürzere, linksseitige dagegen bietet etwa 350 m oberhalb der 
Vereinigung der beiden Bäche nacheinander mehrere Aufschlüsse 
mit gleichförmigem Streichen von West nach Ost. Der südlichste 
derselben (16) zeigt ziemlich steiles Fallen nach Süd, weiterhin (17) 
fallen die Schichten steil nach Nord, und wenig nördlich vom zuletzt 
genannten Punkte fallen sie wieder nach Süd. In den obersten 
Partien des Ehrenbaches, in nächster Nähe von Elixhausen, steht 
interglaciales Conglomerat an. 

Das Salzburger Museum besitzt ein Stück bearbeitetes Holz, 
wahrscheinlich ein Hammerstiel, welches vollkommen mit kleineren 
und grösseren Rollsteinen überdeckt, ich möchte sagen, überwachsen 
ist; ferner ein Stück Eisenblech in Conglomerat eingewachsen. Beide 
Stücke sind selbstverständlich sehr jungen Alters und stammen aus 
einer Schottergrube in der Nähe von Elixhausen. 

Auf dem Gipfel des Hochgitzen liegt ein erratischer Block 
von Gosauconglomerat. Am nordwestlichen Gehänge des Berges, 
zwischen Reith und Vockenberg, entspringt der Lehenbach, der 
. in seinen unteren Partien einen engen, tiefen und wilden Graben 

bildet und dann bei Lehen die Salzburg-OÖberndorfer Strasse, d.h. 

den Thalboden erreicht. In diesem unteren Theile des Grabens, 
der sehr schlecht und mühsam zu begehen ist, findet man eine 
grosse Reihe von Aufschlüssen vor. 

Schon ganz wenig oberhalb Lehen (18) ist die Schichtung am 
linken Ufer in h 6, 5° mit Fallen und Wülsten in Süd blossgelegt; 
dann ist das Terrain verbrochen. Weiter oben am rechten Ufer (19) 
ist das Streichen in h 6 mit sehr steilem nördlichen Einfallen, theil- 
weise stehen die Schichten fast senkrecht, die Wülste in Süd. Die 
Wände sind auf eine lange Strecke blossgelegt; nach 30 m sieht 
man die Schichten steil nach Süd geneigt auf 16 Schritte, dann folgt 
Schutt. Nach weiteren 70 Schritten lagern die Flyschplatten am 
linken Ufer (20) in gleichem Streichen steil nach Süd. Das Streichen 
sowohl als das Einfallen bleibt nun ziemlich unverändert, soweit sich 
noch im Bache Aufschlüsse zeigen. Nach 52 Schritten (21) fliesst 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsaustalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 49 


326 Eberhard Fugger. [40] 


der Bach parallel zu den Schichtflächen, späterhin (26 Schritte) 
sehen die Schichtenköpfe (22) quer über den Bach und geben Ver- 
anlassung zur Bildung eines kleinen Wasserfalles. 7 Schritte ober- 
halb des Wasserfalles steht eine steile Wand am rechten Ufer (23); 
diese ist 25 Schritte lang, 5 bis 6 m hoch und zeigt sehr deutliche 
Kegelwülste an der Südseite. 20 Schritte weiter oben überquert der 
Bach wieder die Streichrichtung und bildet abermals einen Wasser- 
fall. Nach 30 Schritten (24) beginnt am rechten Ufer nochmals eine 
Wand, welche sich in den hier von Norden herkommenden Zufluss 
hineinzieht und daselbst Veranlassung zur Bildung mehrerer kleinen 
Cascaden gibt. 

Der Hauptbach, der im allgemeinen seine Richtung aus Südost 
nach Nordwest beibehält, bildet weiterhin (25) nacheinander mehrere 
Terrassen, empfängt noch einen kleinen seitlichen Zufluss und bildet 
dann nochmals einige kleine Cascaden (26). Von Punkt 24 bis hie- 
her (26) sind höchstens 70 Schritte. An dieser letzten Stelle sind 
die Aufschlüsse im Flysch zu Ende; man findet nur mehr glaciales, 
Materiale, darunter allerdings erratische Blöcke von Gosauconglomerat 
von 4—5 Cubikmetern Grösse. Der Bach fliesst in vollkommen 
ebenem Terrain. 

Der vorher erwähnte, bei Punkt 24 zufliessende, rechtsseitige 
Nebenbach zeigt (27) in seinen untersten Partien noch dieselbe 
Streichriehtung in h 6, 5° mit südlichem Einfallen und Wülsten in 
Süd, wie unmittelbar an seiner Mündung; man erreicht aber, seinem 
Laufe aufwärts folgend, sehr bald ebenen Wiesenboden. 

Schreitet man wieder am Lehenbache weiter aufwärts, so über- 
quert man den Fahrweg, welcher von der Furtmühle nach Vocken- 
berg führt; der Graben wird steiler, theilt sich auch mehrmals, 
zeigt aber nirgends anstehendes Gestein, sondern nur Moränenmateria] 
und ziemlich grosse erratische Blöcke. 

In der Ortschaft Vockenberg an der nördlichen Abdachung 
des Gitzen befindet sich ein kleiner Steinbruch (28), in welchem das 
Gestein in h 8 mit nordnordöstlichem Einfallen streicht. 

Auf der Hochfläche, welche sich am Nordfusse des Hocheitzen 
ausbreitet, liegen die Teiche von Ursprung, und zwar westlich 
von dem eben genannten Orte zwischen den Bauerngütern Racking, 
Gaspoding, Reitbach und Winding. Brückner bezeichnet sie in 
seiner „Vergletscherung des Salzachgebietes“ Seite 106 als Moränen- 
seen; es sind aber, wie ich in den „Mittheilungen der Gesellschaft 
für Salzburger Landeskunde“ 1891, Band XXXI, Seite 256 nachge- 
wiesen habe, künstliche Teiche, welche zum Zwecke der Fischzucht 
schon im 16. Jahrhundert oder noch früher in natürlichen Gräben 
abgedämmt wurden. Die Dämme und der künstliche Ablass sind 
deutlich sichtbar. Es waren seinerzeit vier solcher Teiche, die mit 
einander in Verbindung standen. 

Der Abfluss des untersten Teiches, des sogen. Rackinger oder 
Berlinger Sees, ist der Berlinger Bach, welcher wieder einige 
hübsche Aufschlüsse im Flysch bietet. Er fliesst in der Richtung 
nach Westen ab und erreicht die Thalsohle zwischen Lehen und 
Anthering. Etwa 400 m vom Ausflusse aus dem Berlinger See be- 


[41] Das Salzburger Vorland. 327 


sinnt der Graben sich zu vertiefen, und hier trifft man das erstemal 
(29) anstehenden Fels in h 6, 10° mit südlichem Einfallen; 100 
Schritte weiter unten (30) dieselbe Lagerung. An der Mündung des 
an der linken Seite zufliessenden Vockenberger Baches (31) 
aber fallen die Schichten steil nach Nord, 30 Schritte unterhalb (32) 
stehen sie senkrecht. Hier zeigt sich schon eine Biegung der 
Schichten, und weiter hinab ist alles verdrückt und verbrochen. 
Erst nach 400 Schritten (33) ist die Lagerung wieder normal mit 
steilem nördlichen Einfallen; 260 Schritte tiefer mündet der Königs- 
berger Bach am rechten Ufer; hier (34) ist die Lagerung unver- 
ändert, nur das Einfallen weniger steil. 

Geht man im Königsberger Graben 25 Schritte aufwärts, 
so treten am liuken Ufer die Wände coulissenförmig vor (35) in h 4, 
50 mit steilem nordnordwestlichen Einfallen, und zeigen schöne Wurm- 
gänge an der Nordseite. Zwei Meter weiter oberhalb tritt wieder 
eine Coulisse vor in h 5, 5° mit steilem nördlichen Einfallen; im 
Ganzen beobachtet man auf etwa 30 Schritte vier oder fünf solcher 
Coulissen. Die Sandsteine daselbst zeigen grossschalige Structur. 
Nach 70 Schritten fallen die Schichten ziemlich steil, nach weiteren 
10 Schritten sehr steil gegen Süd. Wenig weiter oben findet man 
Chondrites affinis und eine sehr grosse Taenidium - Art. Nach 70 
Schritten beobachtet man den letzten Aufschluss, ebenfalls mit sehr 
stellem südlichen Einfallen; dann ist auf 200 Schritte nur mehr 
Moräne zu sehen, und 50 Schritte weiter steht man an den Quellen 
des Königsberger Baches. 

Wenig unterhalb der Mündung des eben besprochenen Seiten- 
baches ist im Berlinger Graben (36) das Streichen wieder in 
h 5, 10° mit senkrecht stehenden Schichten; weiterhin ziehen diese 
als Felswehr quer durch den hier 3 m breiten Bach (37) in h 4, 5° 
mit südsüdöstlichem Fallen. Abwärts von dieser Stelle findet man, 
kaum 10 m über der Strasse, noch einen Aufschluss in h6 mit 
südlichem Verflächen. Im Berlinger Bache und seinen Zuflüssen 
konnte ich nirgends Kegelwülste wahrnehmen. 

Nach dem Vorhergehenden scheint sohin im Gebiete des Hoch- 
sitzen die Lagerung ziemlich normal zu sein, eine Streichrichtung von 
West nach Ost mit bald südlichem, bald nördlichem Einfallen. Nur 
im Ehrenbach treten einige bedeutendere Störungen auf. 


Muntigl: (1: b 6, 6° bis 10°%, 85 S; Wülste in 8. — (2) h 6, 5° 9 56 8. 

Kerist: ı8) h 6) 7° bis h 7, 5° 9 70 N; Wülste in's. 

Furtmüller Graben: (4) h5 » 65 N; Wülste inS. — (5) h 7 p 72 NNO; 
Wülste in SSW. — (6) h 6, 7° # 75 N. 

Lengfelden: (7) h 5, 10°» 83 N. 

Gitzenbach: (8) h 5, 10° » 428. — (9)h 6985 N. — (10) h 7, 5° 9 63 SSW. 
— (11) h 7, 2° 9 63 SSW. 

Ehrenbach: (12) h 1 x 20 0SO. — (15) h 2, 5‘ 
10 0. — (15) h 3, 5°» 108. — (16) h 6» 6 
h 5, 5° 9558 

Lehenbach: (18) h 6, 5° » 45 8; Wülste in S. — (19) h 6 x 85 N; Wülste 
in S. — h 6 p 83 S; Wülste in S. — (20) h 5, 5° x 65 S; Wülste in S. — 
(21) h6% 75 S Wülte nSs. — 2)h6%758 —(8)h6 858; 

49* 


980 — (14) h 10, 10° % 


Ss.— Ad) h5, 5 oT5 N. — 


328 Eberhard Fugger. [42] 


Wülste in S. — (24) h 6, 5° 9 65 S; Wülste inS — (25)h 685965989. — 
(26) h 6, 5 2 60 8. — (2%) h 6, 5 9 65 S; Wülste in S. 

Vockenberg: (28) h 8 x 75 NO. 

Berlinger Bach: (29) h 6, 10° 9 40 S. — (80) h 6, 5°» 308. — (31) h 6 
5° 9 70 N. — (82) h 6, 5° 9 90. — (83)h6 9 75 N. — (M)h6Y45N. 

Königsberger Graben: (35) h 4, 5° 9 70 NNW. — h5, 5’ 978 N. —h6, 
7967N.— h69 808 —h69 858. 

Berlinger Bach: (36) h 5, 10°» 90. — (87) h 4, 5° 9 40 8SO. — h 69 308. 


VII. Die Höhe von Mödlham 


ist dem Gebiet des Hochgitzen im Norden unınittelbar vorgelagert; 
sie wird im Westen vom Salzachthal, speciell der Salzburg-Obern- 
dorfer Strasse, im Osten durch den nach Norden fliessenden Ober- 
trumer Bach. mit dem die Strasse Lengfelden—Obertrum parallel 
läuft, und im Nordwesten durch den Achartinger Bach einerseits und 
den Bruckmoosbach andererseits begrenzt. Die Hochfläche selbst ist 
durchaus Culturland, und wenn sich hie und da ein kleiner Aufschluss 
zeigt, so bietet er überall nur glaciales Material und nirgends an- 
stehenden Fels. Auch einzelne kleine Teiche finden sich in dem 
Gebiete zerstreut, bei denen man überall deutlich wahrnehmen kann, 
dass sie durch künstliche Abdämmung eines natürlichen Grabens 
hergestellt wurden. Solche Teiche existiren bei Wurmassing, Mühl- 
bach, Schönberg, Kobl u. a. ©. 

Nur zwei grosse und ein kleinerer Graben sind in dem Gebiete 
bis in das Flyschgestein eingerissen, der Antheringer, der Rieder und 
der Achartinger Graben; letzterer mit seinem linksseitigen Zufluss, 
dem Strahwiesbach. 

Der Antheringer Bach entspringt auf der Höhe bei Schwaig, 
hat einen südwestlichen Lauf und erreicht im Dorfe Anthering die 
Thalsohle. Er bietet zahlreiche und mitunter bedeutende Aufschlüsse. 
Der unterste befindet sich zwischen dem Dorf und der oberen 
Mühle (1); die Bänke liegen sehr flach in h 2, 5° mit südöstlichem 
Fallen, daneben in h O0, 5° und nicht weit davon in h 11, 5° mit 
östlichem Verflächen und Kegelwülsten in West. 25 Schritte ober- 
halb der genannten Mühle (2) sind die Schichten auf eine Strecke 
von 25 Schritten am rechten Ufer blossgelegt mit ostwestlichem 
Streichen und steilem südlichen Einfallen, die Wülste in Süd. Nach 
150 Schritten fallen die Schichten (3) nach SO, 8 m weiter oben nach 
NW; dazwischen ist die Krümmung der Bänke deutlich sichtbar. 

Nach etwa 10 Schritten beginnt der Wald und hier (4) ist das 
Streichen nach h 3, 5° mit Wülsten in SO; am linken Ufer stehen 
die Schichten senkrecht im Bache und am rechten Ufer fallen sie 
unter 45° nach Südost. Dieser Aufschluss ist etwas über 10 an 
lang; daneben befindet sich an der linken Bachseite ein grosser 
Schwellteich. Nach 25 Schritten steht man bei einem hölzernen 
Wehr (5); unmittelbar unterhalb desselben sind die Schichten im 


'[43] Das Salzburger Vorland. 399 


Bach gebogen und gebrochen, dass sie eine Nische oder Wanne 
bilden, wobei die Kegelwülste die Aussen- und Innenseite gut unter- 
scheiden lassen. 

Nun findet sich auf eine lange Strecke (445 Sehritte) kein 
Aufschluss; an einer Stelle dieser Strecke liegen mehrere grosse 
Blöcke von Gosauconglomerat beisammen. 

Weiterhin (6) ist die Schichtung wieder normal in westöstlicher 
Richtung mit Einfallen nach Süd und Wülsten in Süd auf 10 Schritte 
am rechten Ufer blossgelegt, und wenige Schritte später sieht, man sie 
mitten im Bach. Nach 64 Schritten (7) ziehen die Schichten mit 
fast unveränderter Lagerung quer durch den Bach; 10 Schritte weiter 
(8) haben sie sich in h 7, 5° gedreht mit steilem Fallen nach 
NNO und Wülsten in SSW. Nach 50 Schritten (9) lagern sie in 
h 4, 5° mit Einfallen nach SSO auf eine Strecke von 35 Schritten 
blossgelegt; nach weiteren 110 Schritten (10) ist dieselbe Schichtung 
mit zwei kleinen Unterbrechungen auf 107 Schritte zuerst am linken, 
dann am rechten Ufer entblösst und zeigt die Wülste an der Süd- 
seite. Dann folgen kleine Katarakte (11) auf 25 Schritte, hierauf 
verdrückter Fels (12) am rechten Ufer, hier aber mit steilem nord- 
westlichen Fallen. Die Sandsteine sind theilweise reich an Kohlen- 
splittern. Zehn Schritte weiter (13) steht eine Mergelwand am 
rechten Ufer wieder mit Einfallen nach Süd, mit grossen Chondriten 
und einem Zaenidium an der Südseite. 

In einer weiteren Strecke von 162 Schritten (14, 15, 16) sieht 
man die Lagerung mit südlichem Einfallen und Wülsten in Süd an 
drei verschiedenen Stellen des linken Ufers; nach 8 Schritten ist sie 
im Bach zu sehen und nach weiteren 4 Schritten steht eine Wand 
am rechten Ufer. 25 Schritte weiter oben (17) beobachtet man einen 
Bruch in den senkrecht stehenden Schichten, indem die untere Bank 
in h 6, ihre unmittelbare Fortsetzung bachaufwärts in h 4, 5° streicht. 

Nach 118 Schritten. (18) ist das Streichen dasselbe, wie das 
zuletzt beobachtete, nur fallen die Schichten nach Süd. 25 Schritte 
weiter ist wieder ein Bruch im Bachbette zu sehen (19), indem die 
unterste Bank in h 8 mit südwestlichem Fallen, die zweite in h 2 
mit südöstliebem, die dritte in h 5, 5° ebenfalis mit südöstlichem 
Fallen streicht, während die vierte Bank in einem Winkel gebogen 
ist, dessen längerer Schenkel in h 10, 5°, der kürzere in h 2, 5" 
streicht mit westsüdwestlichem, beziehungsweise nordwestlichem Ein- 
fallen. Diese ganze Brucherscheinung umfasst eine Strecke von 37 
Schritten. 

Während der nächsten 200 Schritte (20, 21) beobachtet man 
drei Aufschlüsse in h 4; die beiden ersten steil nach NNW, der 
letztere nach SSO einfallend. Auf der folgenden Strecke von 165 
Schritten ist die Schichtung an zwei Stellen messbar, jedesmal in 
h 3, 5°, das erstemal (22) fast senkrecht, das zweitemal (23) nach 
NW fallend; beidemale die Wülste in SW. Durch 203 Sehritte ist 
nun nichts zu beobachten, als einmal ein grosser Block von Gosau- 
conglomerat; dann folgt eine Schichtung :24) in h 4, 5° mit steilem 
Einfallen nach SSO; nach weiteren 155 Schritten ist allerdings ein 
Aufschluss (25) zu finden, jedoch derart, dass die Lagerung nicht mit 


330 Eberhard Fugger. [44] 


Sicherheit angegeben werden kann. 25 Schritte weiterhin stehen die 
Schichten seitwärts auf dem linken Ufer (26) in h 6 mit südlichem 
Verflächen und nach abermals 65 Schritten am rechten Ufer (27) 
in h 4, 50 senkrecht und bald mehr nach N, bald nach S geneigt. 
120 Schritte weiter ist am linken Ufer eine Wand (28) auf 15 
Schritte entblösst in h 5 mit sehr schwachem südlichen Verflächen, 
nach 140 Schritten ein Aufschluss (29) am rechten Ufer in h 6, 5° 
ebenfalls mit südlichem Verflächen, die Wülste in Süd. 

Zehn Schritte später folgt am linken Ufer (30) eine Mergelwand 
mit südöstlichem Einfallen, weiterhin (60 Schritte) liegt wieder Gosau- 
eonglomerat im Bache; nach abermals 30 Schritten (31) ist noch ein 
Aufschluss in h 4, 10° nach 55 Schritten (32) ein solcher in h 7 
und wieder nach 90 Schritten (33) einer in h 4, 10° aile drei mit 
südlichem Einfallen. Von hier sind noch etwa 250 Schritte durch 
Wiesengrund bis zur Quelle des Baches bei dem Weiler Schwaig. 

Der Rieder Bach entspringt zwischen Ried und Schönberg 
im NNW von Anthering, fliesst ziemlich parallel dem Antheringer 
Bach zu Thal und mündet unterhalb Göllacken in die Au. In seinen 
oberen Partien liegen zahlreiche Flysehtrümmer; unterhalb der Kapelle 
ist Flysch in einer Strecke von 10 bis 12 m deutlich viermal an- 
stehend, und zwar jedesmal (34) mit südlichem Einfallen ; 5 m oberhalb 
dieser Stelle steht am linken Ufer eine Flyschbank in gleicher 


Lagerung an, ihre einzelnen Schichten — es ist feinkörniger Sand- 
stein -— sind kugelschalenförmig gebogen, die einzelnen Schalen sind 


etwa l cm dick und lassen sich leicht ablösen. Der Halbmesser der 
Krümmung ist etwa 230 cm, da die Länge der Bogensehne 60 und 
die Höhe circa 8 cm beträgt. 

Einen Theil der Nordwestgrenze des Gebietes bildet der Achar- 
tinger Graben, dessen Lagerungsverbältnisse bei Besprechung des 
Haunsberges werden erörtert werden, da seine meisten Zuflüsse vom 
Haunsberg kommen. An der linken Seite nimmt der Achartinger 
Bach nur einen einzigen grösseren Seitenbach auf, den Strahwies- 
bach. Dieser entspringt zwischen Kobl und Schmieding und richtet 
seinen Lauf nach Westsüdwest. In der Nähe von Kobl, nordöstlich 
davon, nahe dem linken Bachufer befindet sich eine Ziegelei auf 
glacialem Lehm, in welchem zahlreiche verkalkte Wurzelstöcke zu 
finden sind. 

Von hier im Bache abwärts trifft man anfangs Moränenmaterial, 
bald darauf aber Flysch anstehend (35) in h 2, 10° mit steilem süd- 
östlichen Einfallen und Wülsten in NW. Das Gestein enthält Chon- 
drites affinis Sternbg., Targionii Brongn. und arbusculus F. O0. und 
ist meist muschelig zerdrückt. 

Zwischen dem Stege, der von Kobl nach Anzfelden, und jenem, 
der von Kobl nach Wald führt, sind zahlreiche Aufschlüsse (36) 
meist in h 4, 5°, nur einige in h 3, 5° bis h 4, fast stets mit steilem 
nördlichen oder südlichen Fallen, die Wülste in Nord. Dann folgt 
ein Sandstein (37) mit Kohlensplittern und reichlichen Glimmer- 
blättchen in h 5, 5° mit Einfallen nach Süd, und mehrere Aufschlüsse 
in Kalkmergeln in demselben Streichen, theils senkrecht, theils steil 
nach Norden fallend. Unterhalb des Walder Steges ist auf eine 


[45] Das Salzburger Vorland. 331 


lange Strecke nur Schutt und Schotter zu sehen, dann folgt wieder 
ein Aufschluss (38) in h 4, 5° mit nordnordwestlichem Einfallen und 
Wülsten in NNW. Unterhalb der fahrbaren Brücke zwischen Schön- 
berg und Wald ist abermals auf eine lange Strecke kein anstehendes 
Gestein sichtbar, dann zeigt sich Fels (39) in h 6 mit südlichem 
Fallen, und ganz nahe der Mündung des Strahwiesbaches in den 
Achartinger Graben (40) in h 5, 5° mit nördlichem Fallen oder in senk- 
rechter Stellung. 

Am Fahrwege zwischen Schönberg und Wald an der linken 
Seite des Grabens ist Flysch auf eine Strecke von mehr als 10 m 
aufgeschlossen und lagert hier (41) in h 4 mit südöstlichem Verflächen. 

Der Bruckmoosgraben, welcher die nördliche Hälfte der 
Nordwestgrenze des Gebietes bildet und durch den Trumer Bach in 
den Trumer See abfliesst, zeigt keinerlei Aufschlüsse. 

Die Lagerungsverhältnisse am Hochgitzen, sowie auf der Höhe 
von Mödlham sind im allgemeinen ziemlich normal, die Streich- 
richtung ist von West nach Ost, nur im Ehrenbach (Punkte VI, 12 
bis einschliesslich 15) und bei der Mühle im. Antheringer Graben 
(VII, 1 bis 5) beobachtet man grössere Unregelmässigkeiten und 
horizontale Verschiebungen. Das Einfallen ist meist steil nach 
Süd oder Nord, die Wülste liegen durchaus nur an der Südseite der 
Schiehten. Erst im Strahwiesgraben beobachtet man die Wülste an 
der Nordseite der Bänke. 

Nachdem die Schichtung bei Bergheim und in der Nähe der 
Kirche Maria Plain eine derartige ist, dass die Unterseite der 
Platten gegen Norden gerichtet ist, ergeben sich in einem Profil von 
Maria Plain zum Strahwiesgraben: zwischen Plainberg und Hochgitzen 
ein Sattel, dessen Kuppe zerstört und durch das Thal der unteren 
Fischach markirt ist, dagegen eine Mulde zwischen Antheringer und 
Strahwiesgraben. Ueberkippungen gehören auch in diesem Gebiete 
durchaus nicht zu den Seltenheiten. 


Antheringer Bach: (1) h 2, 5° # 20 SO. — hı 0, 5° x 7 O; Wülste in W. — 
h 11, 5° 9 20 O; Wülste un W. — (2) h5 u 72 S; Wülste in 8. — (3) h 
© 045 NW. — h3 » 45 SO. — (4) h 3, 5° » 90; Wülste in SO. — h 8,5 
45 SO. — (d) a: h5 #65 5; Wülste in 8. — b:hh 3, 11° » 45 SO. — 
c:h 3, 2° 954 NW; Wülste nSO. — d h6.35 8; Wülste in N. — 
(6) h 5, 5° 9 45 S; Wülste inS. — (9) h 5, 5° + 55.8; Wülste in,S. — 
(8) h 7, 5°975 NNO; Wülste in SSW. — (9) h 4, 5° © 50 SSO. — (10) h 4, 
1° 9 57 SSO. — h 4, 3° » 70 SSO; Wülste in SSO. — h 2.30% 70 880: — 
(11) h 4, 5° o 65 SSO; Wülste in SSO. — (BP) h 8, 10° © 75 NW. — 


T 


(13) bh 5yg 508. — (14) h5 » 70.8; Wülste ins. — (15) 15 708. — 
10 no eh as - ame 
Wülste in Süd. — h 4, 5° x 90; Wülste in SSO. — (18) h 4, 5° # 61 SSO. 


— (19) h 8965 SSW. 2075 080. —h3, 5° 65 SO; Wüiste in SO' 
— h 10,5 270 WSW. — h 2, 5° 80 NW. — (20) h 4 p 87 Sereig Wülste 
in SSO. — h4 9 87 NNW; Wülste in SSO. — (21) h 4 y 65 ST 
(22) Iı 3, 5° » S8 NW; Wülste in SO. — (23) h 3, 5° 4 50 NW; Wülste in 

SO. — (24) h 4, 5° 9 75 SSO. — (25) h 20 25 som). — (%) h69258. — 
(27) h 4, 5° p Wu. — 2@8)h5e15 8 — (29) h 6, 5° 25 S; wen in S. 
— (80) h 3, 5° » 62 SO. — (31) h 4, 10° 9 60 Toy (32) h7u35 8. — 
(33) h 4, 10° » 42 SSO. 


Rieder Bach: (34) h 4, 10° » 55 SSO. 


332 Eberhard Fugger. [46] 


Strahwiesbach: (35) h 2, 10° x 80 SO; Wülste in NW. — (36) h 4, 5° » 90. 
— h4x80S0. — h 3, 9° 4 90. — h+, 5° o 85 SSO. — h 4, 5° 9.84 NNW;. 
Wülste in NNW. — h 4, 5° a 35 SSO. — h 4, 5°» 85 NNW; Wülste in 
NNW. — (87) h 5. 5°% 508. — hı 5, 5°» 90. — h 5,5°987 N. —_h5, 
5° 84 N. — (38) h 4, 5° 9 45 NNW; Wülste in NNW. — (39) h 6% 
50.8. — (40) ı 5, 5°% 70N. — h5, 5° 90. — h5, 5°» 50N. 

Schönberg: (41) h 4 » 40 SO. 


VIII. Die Höhe von Waldprechting 


zwischen Ehrenbach und Fischach im Süden, hat als Westgrenze die 
Linie Ehrenbach—Trumerbach, welche sie vom Hochgitzen und der 
Mödlhamer Höhe scheidet, und reicht im Norden bis an das Süd- 
ufer des Obertrumer Sees uud den Südfuss des Buchberges. Dieser 
letztere wird durch zwei Bäche markirt, den Riederbach, der in den 
Trumer See, und den Waldbach, der in den Wallersee abfliesst und 
bei Zell, nächst der Haltestelle Wallersee der Staatsbahn, mündet. 
Die Ostgrenze bildet der südwestliche Theil des Wallersees und der 
Lauf der Fischach. 

Die Fischach ist der Abfluss des Wallersees und fliesst 
im allgemeinen in südwestlicher Richtung der Salzach zu; nur m 
ihrem unteren Laufe, etwa von Lenefelden ab, zieht sie fast rein 
westlich hin und mündet neben dem Steinbruch von Muntigl. Ver- 
folgen wir ihren Lauf vom Wallersee an. Hier durchfliesst sie ein 
weites Moor, bei Seekirchen nimmt sie am rechten Ufer einen 
Seitenbach auf, der von Waldprechting und aus dem Walde an der 
Trumer Strasse kommt und in glaciale Ablagerungen eingerissen ist 
Nur bei Waldprechting selbst steht an der Strasse seitwärts von 
diesem Bache an einer Stelle Flysehgestein an, aber so verdrückt, 
dass eine Schiehtung nicht messbar ist. 

Unterhalb Seekirchen beginnt die Fischach einen Graben 
zu bilden, ebenfalls in glacialem Terrain; seitwärts am rechten Ufer 
sind mehrere Schotterlager und Moränen entblösst. Oberhalb Eugen- 
dorf mündet am linken Ufer der Eugen bach, der in seinem 
Laufe nur glaciales Terrain durchfliesst. Zwischen der Kirche und 
der Haltestelle Eugendorf der Staatsbahn sind mehrere Moränen 
aufgedeckt; eine solche liegt auch gerade bei der Haltestelle am 
rechten Ufer. 

Unterhalb der Eugendorfer Mühle steht unmittelbar am linken 
Fischachufer das erstemal Flysch an, zwar mit Trümmermaterial 
überdeckt und daher die Schichtung nicht messbar, aber reich an 
Flyschversteinerungen, hauptsächlich an verschiedenen Chondriten; 
besonders interessant ist hier das Vorkommen von Hydrancylus-Arten, 
sowohl des einfachen FH. geniculatus F. OÖ. als einer verzweigten 
Form. Weiterhin bei km 3031 der Staatsbahn findet sich Flysch 
deutlich geschichtet, auf etwa 30 m blossgelest in h 5 bis 6 mit süd- 
lichem Einfallen (1). Bei km 3052 lagert Schotter... Nun folgt die 
erste Eisenbahnbrücke unterhalb Eugendorf; die Balın setzt auf das 


[47] Das Salzburger Vorland. 333 


- rechte Ufer über. Hier steht direct an der Bahnstrecke bei km 3035 
| geschichteter Mergel an in h 6, 5° mit südlichem Fallen (2). Am 
linken Ufer dagegen steht weiter flussabwärts an der Mündung eines 
kleinen Nebenbaches mergeliger Kalksandstein in h 7, ebenfalls mit 
| südlichem Einfallen an (3). Nun folgt wieder glacialer Schotter bis 
zur zweiten Fisenbahnbrücke. 

Jenseits dieser Brücke, in der Nähe von km 303°6, mündet am 
linken Fischachufer ein kleiner Graben, der sogenannte Höllgraben, 
in die Fischach. Zwischen dieser und dem Eisenbahndamm wurde 
im Mai 1898 im Höllgraben eine Bank von Kalktuff blossgelegt, von 
3 bis 4 m Länge und 3 m Höhe. In dem Kalktuff findet man zahl- 
reiche Blattabdrücke, sowie Hohlräume, die mit Erde und Holzmulm 
ausgefüllt sind; diese Hohlräume sind von langeylindrischer Form 
und mehrfach verzweigt. Es waren offenbar ziemlich mächtige Baum- 
wurzeln, welche allmälig in Kalktuff begraben wurden und in dieser 
Hülle vermoderten. 

Etwa 100 Schritte unterhalb der zweiten Fisenbahnbrücke 
streichen die Flyschschichten am linken Ufer in h 9 und stehen fast 
senkrecht (4). Weiterhin, etwas unterhalb km 303°9 und nahe der 
dritten Eisenbahnbrücke (5), ist wieder am linken Ufer ver- 
witterter Sandstein in h 5, 130 mit nördlichem Fallen auf 40 Schritte 
blossgelegt. Zwischen der dritten und vierten Bahnbrücke — die 
Bahn führt jetzt am rechten Ufer hin — stehen unmittelbar am 
Bahnkörper (6) die Flyschschichten in h 5, 5° mit nördlichem Ver- 
flächen ; weiterhin beobachtet man Sandsteine, am linken Ufer und 
durch den Bach sich durchziehend (7), mit h 5, 10% und etwas 
steilerem nördlichen Einfallen. 

Nun hat man die vierte und letzte Eisenbahnbrücke erreicht; 
die Bahn setzt wieder auf das linke Ufer über, um längs desselben 
fortzuziehen. Hinter dem Bahnwächterhaus 387, hart an der Brücke 
am linken Ufer, ist verwitterter Sandstein aufgedeckt. Zwischen 
km 3044 und 3045 befindet sich ein Steinbruch des Mathias 
Kemetinger in Halwang, der sogen. Mühlthalbruch (8). Es werden 
‘hier Mühlsteine und Stufensteine gebrochen. Es sind fein- und grob- 
körnige Sandsteine in h 9, 5° mit südwestlichem Fallen gelagert; 
besonders von dem feinkörnigen werden schöne Platten gewonnen. 
Man findet hier Chondrites affinis Sternbg., Targionii Brongn., 
arbusculus F. 0. und intricatus Sternbg., Helminthorida labyrinthica 
Heer, Kohlensplitter u. dgl. Eigenthümlich sind gabelästige Figuren von 
1 cm Breite und umstehenden Formen (Fig. 14); sie sind vollkommen 
gleichmässig schwarz, aber ohne die Taonurus-Structur. Ausserdem 
findet man daselbst grosse Knollenwülste, hübsche federartige Wülste 
von fast Meterlänge; wir sahen die Form einer vollkommen geraden 

i Rahmenleiste, 14 m lang, 6 bis 8 cm breit und 1'5 cm über die Sand- 
steinfläche hervorragend ; ebenso eine gerade Stange von 90 cm Länge, 
l cm breit und 1 bis 2 mm erhaben; ferner Sandsteinbänke mit 
schaliger Structur. Ueber den Sandsteinen liegt die Moräne. 

Weiter flussabwärts lagert auf dem Flysch direct ein glaciales 
Conglomerat, und ist diese Auflagerung zwischen der letzten Bahn- 
brücke und der Wimmmühle besonders deutlich sichtbar. 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 43 


334 Eberhard Fugger. 


Gegenüber dem vorher besprochenen Steinbruch steht am 
rechten Ufer (9) Flysch an in h 5, 5° mit nördlichem Verflächen. 
Auch hier ist die Ueberlagerung durch Moräne zu beobachten. Bei 
der Wimmmühle selbst (10) steht Flysch an in n 9, 50 mit südwest- 
lichem Verflächen, von Conglomerat überlagert. Hier mündet am 
rechten Ufer der Fischach der Wimmbach, in dessen oberen Partien 
horizontal geschichtetes, junges Conglomerat ansteht. 

Neben dem Eisenbahndamm, bei km 3048, ist (11) ein Sand- 
stein blossgelegt in h 9, 5° bis h 10, ebenfalls mit südwestlichem 
Verflächen, eine Lagerung, welche mit jener von der Wimmmühle 
correspondirt. 400 Schritte unterhalb der Mühle steht Conglomerat 
direct am rechten Bachufer, und 300 Schritte weiter abwärts stehen 
die Flyschschichten senkrecht in h 8 im Bachbette selbst (12). 

Weiterhin mündet am rechten Ufer bei der Bruckmühle der 
Prosingbach. In diesem Seitenbach stehen oberhalb der Mühle 
Flyschmergel und Sandsteine an (28), und zwar in h 4 bis 5 mit 


Fig. 14. 


IF 


nordwestlichem Verflächen; die Wülste liegen an der Südostseite. 
Etwa 200 m weiter oben im Bach (29) bildet sich ein kleiner Wasser- 
fall; die Schiehtung ist ähnlich sowohl hier wie nach weiteren 25 
Metern (30). Etwa 100 »n von Punkt 30 entfernt, zeigt sich wieder 
ein kleiner Wasserfall (31); hier ist das Streichen genau nach h 3 
gerichtet. Nach 50 mn Wanderung beobachtet man im Bach an einer 
Stelle, wo rechts ein Seitenbach zufliesst, der viel Kalksinter ab- 
setzt (32), eine Drehung des Streichens nach h 6 bei nördlichem 
Einfallen. Wieder nach 50 m (33) streichen die Schichten in h 5 
und nach weiteren 10 Metern (34) in h 3, 10° mit Einfallen nach 
Nordwest. Nach einer längeren Strecke (von 200 Metern) dagegen 
(35) sehen wir die Lagerung in h 8 mit südsüdwestlichem Fallen, 
die Wülste in NNO. Weiterhin sind keine Aufschlüsse mehr im 
Prosingbach. 

Unterhalb der Mündung des Prosingbaches erweitert sich das 
Fischachthal, die beiderseitigen Gelände sind mit Moränen über- 
deckt, von denen besonders jene am linksseitigen Gehänge stark 
(urchnässt und bei anhaltendem Regen häufig in Bewegung ist. 


[49] Das Salzburger Vorland, 335 


Am Fusse dieses Gehänges liegt die Haltestelle Halwang bei km 305°6, 
ihr gegenüber am rechtsseitigen Gehänge die Tiefenbachmühle. 

Das Thal verengt sich wieder allmälig, und nach etwa 600 m 
steht am rechten Ufer auf einer Strecke von mindestens 80 Schritten 
(135) Sandstein an in h 5 mit geringem nördlichen Verflächen; dann 
ist in den Bach ein Wehr gebaut, und gerade an dieser Stelle ist 
am rechten Ufer ein Steinbruch (14) auf Mergel und Sandsteine, 
von denen die letzteren mächtige Sandsteinknollen eingelagert ent- 
halten. Die Lagerung der Bänke ist in h 5, 5° mit nördlichem Ein- 
fallen. Es finden sich daselbst Ohondrites affinis Sternbg., arbusculus 
F. O0. und intricatus Sternbg. Vor Jahren bestanden hier Kugel- 
mühlen. Aus diesem Steinbruche stammen wahrscheimlich die schönen 
Stücke Ruinenmarmor und Florentiner Marmor, welche im Salzburger 
städtischen Museum mit der Fundortsangabe „Tiefenbach bei Hal- 
wang“ aufgestellt sind. Vom Steinbruch abwärts ist die Lagerung 
den Bach entlang entblösst bis zur nächsten Mühle, auf etwa 30 m 
Entfernung. Oben an der Bahnstrecke steht hier — bei km 3064 — 
olaciales Conglomerat an. Unterhalb der Mühle ragen im Bachbette 
(15) die Schichtenköpfe fast senkrecht hervor in h 5, 5%  Fünf- 
hundert Schritte von der Mühle abwärts stehen die Schichten am 
rechten Ufer (16) fast senkrecht in h 6, 5°. 

Die Bahnlinie zieht nun hoch oben am linksseitigen Thalgehänge 
in einem Einschnitte hin, etwa von km’ 306'6 bis 3078, also durch 
1200 m, und in diesem Einschnitte ist fast ununterbrochen zu beiden 
Seiten der anstehende Flysch blossgelegt (17). Bei km 306°8 ist es 
ein Sandstein, der in h 7, 5° streicht und sehr steil nach SSW fällt; 
er enthält bei km 3071 riesige Knollen, dann wieder Bänke mit 
schaliger Structur; zwischen km 3073 und 3074 hat sich die 
Schichtung in h 6, 10% gedreht und fällt steil nach Nord. Bei km 3075 
sind es Mergelbänke mit Kalkspathadern und Sandsteine mit Kegel- 
wülsten an der Südseite, die Lagerung ist dieselbe geblieben. 

Unten im Bachbette sieht man am linken Ufer zwischen km 306°8 
und 306°9 steile Wände (18) mit der Lagerung in h 7, 5°, aber — 
entgegengesetzt der entsprechenden Schichtung im Bahneinschnitte — 
mit steilem Fallen nach NNO. Die Bänke ziehen sich auch durch 
das Bachbett hindurch. Nach weiteren 180 Schritten zeigt sich am 
rechten Ufer ein Streichen in h 6, 5° mit nördlichem Fallen (19) 
und 40 Schritte weiter bei einem einzeln stehenden Hause am linken 
Ufer (20) dasselbe Streichen, aber mit südlichem Fallen. 80 Schritte 
weiter unten steht eine Mühle (21); hier zeigt sich am rechten Ufer 
dasselbe Streichen mit nördlichem Einfallen; daselbst sah ich schöne 
Exemplare von Helminthoida labyrinthica Heer und crassa Schafh, 
Vor Jahren war hier ein grosser Steinbruch, in welchem wir Knollen 
von fast einem Meter Durchmesser sahen. Ueber dem Flysch, etwa 
25 m über der Fischach, liegt eine Moräne mit schön gekritzten 
Geschieben. Oben an der Bahnstrecke ist die Marke km 3073. 
350 Schritte unterhalb der Mühle stehen am rechten Ufer (22) die 
Schichten in h 6, 100 mit schwachem, und 300 Schritte weiter in 
h 6, 5° mit steilem nördlichen Einfallen. Letzterer Aufschluss lässt 
sich am rechten Ufer durch 155 Schritte verfolgen. Nach weiteren 

43* 


336 Eberhard Fugger. [50] 


20 Schritten hat sich das Streichen in h 7 gedreht, das Fallen ist 
unverändert geblieben (23). 

Nun erweitert sich wieder das Thal. Man kommt zu den Resten 
von Kugelmühlen, und diesen gegenüber ist ein grosser aufgelassener 
Steinbruch (24) am linken Ufer mit senkrechter Schichtenstellung in 
h 6, 10°, welcher grosse Chondriten enthält. 200 Schritte weiter 
abwärts ist seitwärts an der rechten Thalseite eine Moräne bloss- 
gelegt. Unmittelbar oberhalb der Gebäude der alten Papiermühle, 
nunmehr Niederlassung der afrikanischen Mission, ist wieder am 
rechten Ufer ein verlassener Steinbruch (25) mit der Lagerung in 
h 6, 10° mit südlichem Einfallen, mit Chondrites affinis Sternbg., 
arbusculus F. O., intricatus Sternbg. und Taenidium Fischeri Heer. 
Bei Lengfelden, an der Strasse nach Elixhausen (26), war vor mehreren 
Jahren ein Kalksandstein in h 6, 10° mit steilem nördlichen Fallen 
entblösst; ferner befindet sich etwas unterhalb der Ehrenbachbrücke 
an der Strasse am rechten Fischachufer ein Steinbruch (27) auf 
Sandstein, der ähnliche Lagerung besitzt. | 

Nun verengt sich das Thal wieder. Im Bache beobachtet man 
an einigen Stellen die Schichtenköpfe mit dem gleichen Streichen 
hervorragen, und am Ende der Schlucht ist ein Aufschluss am linken 
Ufer in demselben Sinne. Bei Lengfelden tritt die Fischach in das 
weite Thal zwischen Plainberg und Gitzen; sie nimmt rechts den 
Furtmüller Bach und links den Plainer Bach auf, und mündet un- 
mittelbar bei dem Steinbruch von Muntigl in die Salzach. 

In dem Moränenterrain auf der Höhe zwischen Elixhausen 
und Obertrum, also in der Westhälfte des Gebietes, ist mir nur 
ein einziger Aufschluss bekannt, der etwas anderes als Schotter und 
Moräne zeigt; es ist dies ein Steinbruch (36) westlich von Matsch- 
berg im Trumer Graben an dem Fahrweg, der von Kraiham über 
Matschberg nach Wendling führt. Hier lagert Flyschmergel und 
-Sandstein in h 7 mit nördlichem Einfallen, darüber Moräne. 

Am Südgehänge des Buchberges entspringt in der Nähe des 
Weilers Hof der Rieder Bach, welcher in ziemlich genau west- 
licher Richtung fliesst, in seinen oberen Partien einen tiefen Graben 
bildet, weiter unten die Riedergut-Mühle treibt und dann in den 
Obertrumer See mündet. Dieser Bach erhält in der Nähe von Hof 
an seiner rechten Seite einen kleinen Zufluss, der etwa Tm 
über der Sohle des Grabens in den letzteren eintritt, über das 
Gehänge desselben mit 20 bis 25° Neigung herabfliesst und dabei 
sein Bett vollständig mit Kalksinter auspflastert. Im Graben sah ich 
sonst nur glaciales Material. 

In nächster Nähe des eben genannten Weilers Hof liegen die 
Gehöfte Engerreich und Mayr; bei diesen Häusern befinden sich die 
Quellen des Waldbaches, welcher bei Oberkriechham (in der 
Generalstabskarte steht Kirchham) bereits einen Graben bildet, der 
bis zu den Häusern von Mannberg hin schöne Aufschlüsse im Flysch 
zeigt. Oberhalb Mannberg nimmt er am rechten Ufer den Schön- 
bach auf, der in seinem unteren Laufe ebenfalls in den Flysch ein- 
gerissen ist. Weiter unten, bei der Lohmühle, nimmt der Waldbach 
rechts noch einen Zufluss auf, der in dem Riedlwald oberhalb See- 


[51] Das Salzburger Vorland. 337 


kirchen aus einer hübschen Quelle entspringt, dann an der Hammer- 
schmiede, der Stühner- und der Leim-Mühle vorüberfliesst, in seinem 
ganzen Laufe aber nirgends anstehenden Fels darbietet. 

Bei dem Stege, der bei Oberkriechham über den Waldbach 
führt, steht Flysch an (37) senkrecht in h 6, 5° mit Wülsten in Nord. 
Nach 150 Schritten nimmt der Bach links einen Zufluss auf, in 
welchem nur Schotter und Moränenmaterial liegt. 110 Schritte 
unterhalb dieses Zuflusses beginnt nun eine fast ununterbrochene 
Folge von Aufschlüssen im Bach, und zwar ist das Streichen fast 
durchaus von West nach Ost, während das Einfallen wechselt; 
Wülste sind sehr häufig blossgelegt und stets nur an der Nordseite 
der Schichten. 

Den ersten Aufschluss bietet ein Steinbruch am linken Ufer (38) 
mit verticalen Schichten; er ist 20 Schritte lang. Zwanzig Schritte 
unterhalb desselben (39) stehen die Schichten im Bache, senkrechte 
Wände bildend, parallel dem Flusslaufe. Nach 90 Schritten bilden 
die Wände eine förmliche Schlucht (40) von etwa 90 Schritt Länge 
und fallen sehr steil nach Süd. Nun folgen etwas weniger steil ge- 
neigte Flächen (41, 42), nach 122 Schritten stehen sie wieder senk- 
recht (43), nach weiteren 113 Schritten fallen sie nach Nord (44), 
und 58 Schritte weiter unten (45) stehen sie wieder senkrecht. 

Nach 20 Schritten (46) beobachtet man eine Aenderung im 
Streichen; die Schichten, welche bisher ein ziemlich constantes 
Streichen in der Richtung Westost gezeigt haben, ändern dieses nach 
h 4 bis 5, aber nur auf die kurze Strecke von 19 Schritten; dann 
stehen dieselben (47) wieder senkrecht in Westost durch 74 Schritte 
bis zur Mündung des Schönbaches. 35 Schritte unterhalb derselben 
(48) fallen sie wieder steil nach Nord, nach 20 Schritten stehen sie 
senkrecht, 70 Schritte später (49) fallen sie nach Süd, und nach 
weiteren 35 Schritten ist der letzte Aufschluss im Waldbach (50), 
etwa 100 »n oberhalb der Mannberger Brücke, mit Streichen von 
West nach Ost und nördlichem Einfallen, die Wülste in Nord. 

Der Schönbach beginnt nordöstlich von Unterkriechham in 
das Terrain einzuschneiden und hier steht Flysch an (51) in h 7 mit 
nördlichem Einfallen und Wülsten an der Nordseite. Durch 41 
Schritte läuft der Bach parallel zur Schichtung, dann überströmt er 
auf 5 Schritte einige Schichtenköpfe und nun fliesst das Wasser durch 
20 Schritte wieder parallel zu den Schichten. Nach 110 Schritten (92) 
ist das Streichen noch immer in h 7 mit sehr steilem nördlichen 
Fallen; nach 130 Schritten (53) biegt esin b 6, 7° und nach weiteren 
100 Schritten (54) in h 6 um, hier aber mit steilem Einfallen nach 
Süd. In dem folgenden Laufe (55) bis zur Mündung in den Waldbach 
nach 200 Schritten bleibt die Lagerung constant in h 6 mit vertical- 
stehenden Schichten und Wülsten in Nord. 

Der Waldbach fliesst von der Mannberger Brücke durch 
flache Wiesen weiter und mündet bei Zell, der Haltestelle Waller- 
see der Staatsbahn, in den Wallersee. In nächster Nähe dieser 
Haltestelle befindet sich ein Steinbruch auf ungeschichtetes Con- 
glomerat, ganz ähnlich einer zusammengebackenen Moräne. Dasselbe 
Conglomerat steht auch am Bahnkörper zwischen Zellund Bayrham 


358 Eberhard Fugger. [52] 


an; an der Fahrstrasse liegen grosse erratische Blöcke von Rossfelder 
Sandstein. Gerade unterhalb Bayrham, dann zwischen Bayrham und 
Zipf sind am Bahnkörper, etwa 15 m über dem Seespiegel, Moränen 
blossgelegt; ebenso circa 200 m landeinwärts der letzteren und etwa 
20 m höher gelegen als diese. Hinter dem Wirtshaus Zipf bei Seeburg 
enthält eine Schottergrube horizontal geschichteten Schotter mit 
Zwischenlagen von Sand. 

Die Höhe von Waldprechting ist nach dem Vorhergehenden 
recht eigentlich glaciales Terrain, und nur wenig Einrisse in dasselbe 
legen die Flyschunterlage bloss, die Fischach und der Waldbach. Im 
Fischachthal liegen die Kegelwülste an den wenigen Punkten, wo 
solche überhaupt auftreten, an der Südseite. Nur im Prosingbache, 
einem Zufluss der Fischach, tritt eine Störung insofern auf, als im 
südöstlichen Theile desselben die Wülste in SO, im nordwestlichen 
in NNO liegen, eine Erscheinung, die wohl nur auf eine locale Dis- 
location zurückzuführen ist. Im Waldbach und Schönbach dagegen zeigen 
sich die Wülste in Nord. Das Streichen ist im allgemeinen wieder 
von West nach Ost oder richtiger von WSW nach ONO. 

Die Lagerung in Bezug auf Ober- und Unterseite der Schichten 
ist sonach im Gebiete von Waldprechting mit jener am Hochgitzen 
und auf der Höhe von Mödlham insofern übereinstimmend, dass am 
Hochgitzen und im Süden der Mödlhamer Höhe, sowie im oberen 
Fischachthale die Unterseite nach Süd, im nördlichen Theile der 
Mödlhamer Höhe, nämlich im Strahwiesgraben, sowie im Waldbach- 
graben, d. i. im nördlichen Theile des Gebietes von Waldprechting, 
die Unterseite nach Nord gerichtet ist. 

Es scheint sohin, dass die Schichtenmulde, welche zwischen 
dem Antheringer- und Strahwiesgraben liegt, sich in der Richtung nach 
ONO unverändert fortzieht, und dass die Bänke des Waldbachgrabens 
ungefähr die Fortsetzung der Bänke vom Strahwiesgraben bilden, 
während die Synklinale sich südlich der beiden genannten Gräben, 
etwa längs der Orte Ried, Untermödlham, Schöngumprechting, 
Gösting und Huttich gegen den Wallersee erstreckt. Südlich dieser 
Linie, d. h. zwischen dieser und dem unteren Fischachthale scheint 
eine im Grossen und Ganzen ziemlich ungestörte Lagerung -zu 
herrschen. Die Breite dieser Strecke oder die Entfernung zwischen 
Ried und Lengfelden beträgt gegen 6 km Luftlinie. 


Oberes Be N halz-(1):h:5 bis 610 "bBu8. (2) bh 6, 5Nron 658. 
)h7»6 08. —-(M).h9 9 85 NO..—(b).h.5,.13% 2,45 bie 
(6) ı 5, 5° 0 25 N. — (7) h 5, 10° © 45 N..— (8) .h,9,. 5° 0 50-S 75 
)h5,5 025 N. — 40) h 9, 5° © 25 SW. — (11) h 8, 5° bish 10 % 
een — (1) a 
(15) h 5, 5° 0 85 N. las h 6, 5° 0 85 8. — (17) h 7, 5° 9 80 8SW. — 
h 6, 10° 2 85 N. — h 6, 10° x 90; Wülste in s. — (18) h7, 5° +85 NNW. 
(19) h 6, 5° © 60 N. — (20) h 6, 5° 055 8. — (1) h 6,5.» 0N — 
(22) h 6, 10° 0 30 N. — h 6, 5° » &0. N. — (28) We 80 N. — (24) h 6, 
10° 5 90. — (25) h 6, 10° u 63 8. — (26) h 6, 10° # 76 N. — (27) h 5, 10° 
083 N. 

Prosingbach: (28) h 4 bis 5 x 36 NW; Wülste in SO. — (29) h 4 2 20 NW 
— (30) h 3, 10°» 25 NW. — (31) h3 © 25 NW. — (3Bh6yA5N. — 
(33) h 5 » 30 NNW. — (34) h 3, 10° + 25 NW. — (35) h 8 p 31 SSW; 


Wülste in NNO, 


y 


> 
a » 


[53] Das Salzburger Vorland. 339 


Matschberg: 86) h 7 @ 45 N. 

Waldbach: (37) h 6, 5’ x 90; Nur in N. — (38) h:6, 7° @ 90. — (39) h 6, 
7° » 90; Wülste in N. — 40) h 6, 5° » 84 S; Wülste in N. — (41) h 6, 7° 
vo 64 S; Wülste in N. — (42) h 6, 7. Ei 52 S; Wülste inN. — (43) h 6. TE 
» 90; Wülste nN. — (4)h6% 46 N; Wiilste in N. — ı 5, 7°% 836 N: 
Wülste in N. — (45) h 6 + 90. — (46) h 4 bis 585 N; Wülste in N. — 
(47) h 6, a bis 9° 9 90; Wülste in N. — Iı 6, 9° x 90; Wülste in N. — 
R.:0..9° © 9 ‚48).h 6, 6° #2 80 N; Wülste inN. — h 6, 3’ »o 90. — 


(49) h 6, 2° Bi 75 Wülste in N. — (50) h 6, 2° o 50 N; "Wülste in N. 


DU S5 
Schönbach: en.h 7% er N; Wülste in N. — 6 2)h7o85N. (53) h 6, 
T’o84N. — (54) h6 9 » SO S; Wülste in N. (5) h f © 90; w ülste in N. 


IX. Der Colomannsberg. 
(Hiezu die Kartenskizze auf Tafel XII.) 


Dieses Gebiet besitzt eine Ausdehnung von mehr als 130 
Quadratkilometern und liegt an der Ostgrenze des Landes Salzburg 
zwischen Waller- und Irrsee einerseits und der Staatsbahn. und Salz- 
kammergut-Localbahn andererseits. Die Grenze des Gebietes bildet 
im Süden der Eugenbach von seiner Mündung in die Fischach nächst 
Eugendorf aufwärts bis zu seinen Quellen bei Kraiwiesen und Neu- 
hofen, dann die Wasserscheide zwischen Salzach und Traun bei 
Neuhofen, endlich weiterhin das Thal von Thalgau bis zum Mondsee. 
Im Westen wird das Gebiet begrenzt von der Fischach von der 
Mündung des Eugenbaches aufwärts bis zu ihrem Ausfluss aus dem 
Wallersee, dann vom Wallersee selbst bis zur Mündung des Waller- 
baches, und vom Wallerbach, an diesem aufwärts bis Neumarkt. Die 
weitere Grenze bildet nun im Norden die Einsenkung, welche durch 
die Staatsbahn und die Orte Neumarkt, Steindorf, Strasswalchen, 
Irrsdorf und Rabenschwand markirt ist und den Irrsberg in weitem 
Bogen umzieht; im Osten endlich das Thal des Irrsees und seines 
Abflusses, des Zellerbaches bis zum Mondsee, dann der Mondsee 
selbst. von der Mündung des Zellerbaches bis zur Mündung der 
Fuschler Ache. 

Der Colomannsberg ist ein Höhenzug, der sich in der 
Riehtung von Süd nach Nord erstreckt und über dessen Kamm die 
Grenze zwischen Salzburg und Oberösterreich hinzieht. Die nörd- 
lichste Erhebung dieses Zuges bildet der Irrsberg mit 346 m Meeres- 
höhe. Derselbe dacht gegen Süden allmälig ab bis 660 »n, dann 
nimmt die Kammhöhe allmälig zu bis zum Hasenkopf, 912 m, 
sinkt wieder bis 860 m und steigt abermals bis zum sogenamnten 
Colomannstafer|, circa 1000 m. Hier zweigt ein Kamm, anfangs 
in westlicher, dann in südwestlicher Richtung ab init der mittleren 
Höhe von 980 m und mehreren Culminationspunkten von mehr 
als 1000 ın. Der höchste Punkt dieses Kammes ist die Grosse 
Plaik, 1052 m. Von hier setzt sich der Kamm in gleicher Richtung 
fort zur Kleinen Plaik und endigt mit dem Zifanken. Der 
Hauptkamm zieht sich vom Colomannstaferl nach Süden weiter mit 


340 Eberhard Fugger. [54] 


der durchschnittlichen Höhe von 1000 m und steigt endlich steil auf 
zum höchsten Punkte des ganzen Salzburger Vorlandes, dem Colo- 
mannskopf oder Colomannsberg, 1115 m. Von hier fällt der Berg 
allmälig ab in das Thal von Thalgau und ostwärts etwas steiler 
gegen den Zeller Graben. 

Der Thalboden des Gebietes ist mit glacialen Resten überdeckt; 
auf den Höhen, sowie in tieferen Einrissen tritt Flyschgestein zutage. 

Die Gegend von Brunn südlich vom Wallersee ist zum Theil 
Sumpf-, zum Theil Schotterboden; ebenso die Umgebung von Schaming 
und Unzing. In nächster Nähe des Unzinger Moores gegen 
den Zifanken zu ist eine mächtige Moräne blossgelegt, welche theil- 
weise in Conglomerat übergegangen ist. Der Hügel von Kirchberg 
ist Flysch, an der Nordostseite in einem Steinbruche (1) aufgedeckt, 
mit der Lagerung in h 5 mit sehr steilem Einfallen nach Südost. 
Der Rücken zwischen dem Unzinger Moor und Kirchberg einerseits, 
und dem Kirchberger Graben, jenem Graben, der unmittelbar östlich von 
Kirchberg sich gegen Norden zieht, andererseits, zeigt nur Schotter und 
Moräne ; im Graben selbst ist auch nichts anderes zu sehen, nurin einem 
rechtseitigen Zufluss, der zwischen den Weilern Hof und Fuchshof 
entspringt, liegen Flyschtrümmer. Etwa 200 Schritte oberhalb der 
Mündung dieses Zuflusses steht auf etwa 3 m Flysch an (2) in h 9 
mit nordöstlichem Verflächen. 

Beim Stallerwirt beobachtet man im Bache auf einige Meter 
Länge anstehenden Flysch (3), und zwar in h 4 mit nordwestlichem 
Einfallen. | 

Beim Fuchshof, etwa 6 Kilometer südlich von Henndorf, 
wurde im Jahre 1894 zum Neubau des abgebrannten Hauses am - 
Wege ein kleiner Steinbruch eröffnet. Hier (4) steht Flysch in h 2, 8° 
mit steilem Fallen nach NW und Wülsten in NW. Näher gegen 
Henndorf hin liegt der Weiler Hof mit einem Steinbruch (5), in 
welchem Flysch auf etwa 20 m Länge blossgelegt ist, in h 1, 70 mit 
westnordwestlichem Verflächen. Am Fusse des Zifanken, genau 
östlich von Hof, in dem Graben, der an den Bauerngütern Moser 
und Staller vorüber nach Norden zieht, befindet sich ein grosser 
Steinbruch (6) auf Flysch in h 9 mit fast senkrecht stehenden, nach 
SW geneigten Schichten und Wülsten in NO. Es finden sich hier 
auf der Südwestseite der Bänke grosse und kleine Chondriten, Ch, 
affinis Sternbg. und Oh. intricatus Sternbg., dann eine Einlagerung jener 
eigenthümlichen Breccie mit grünen Einschlüssen, welche an einzelnen 
Punkten im Flysch auftritt, in einer Mächtigkeit von 5 bis 6 cm. 

Bei Biehl ist eine Moräne aufgeschlossen. Bei dem Huber- 
gute ist in dem Graben, einem linkseitigen Zuflusse des Henndorfer 
Fischergrabens, ein Steinbruch (7), in welchem die Flyschplatten 
in h 4, 10° pis h 5, 10° mit südlichem Einfallen gelagert sind. Die 
Wülste befinden sich an der Nordseite der Sandsteine, zahlreiche 
Exemplare von Helminthoida labyrinthica Heer und einige von H. crassa 
Schafh. auf der Südseite der Mergelschichten. Das Hangende bildet 
ein sehr harter, splittriger Kalk mit muscheligem Bruch, eoncordant 
mit den übrigen Schichten. 


[55] Das Salzburger Vorland. 341 


Der Grabelgraben ist ein rechtseitiger Zufluss des Henn- 
dorfer Fischergrabens und entsteht durch die Vereinigung zweier 
Bäche, von denen der eine von der Grossen, der andere 
von der Kleinen Plaik herabkommt, und welche nirgends an- 
stehendes Gestein zeigen; er fliesst an Geizing vorüber und mündet 
unterhalb Altentann in den Fischerbach. Unterhalb Geizing sind die 
Schichten auf eine Strecke von mehr als 100 m deutlich entblösst 
und lagern (8) stetig gleichmässig in h 6 mit südlichem Verflächen. 
Kegelwülste beobachtet man an der Nordseite. Meist sind es Sand- 
steinbänke, doch finden sich auch Mergel und diese sind häufig reich 
an grossen und kleinen Chondriten. Am Wege zur Plaik hinauf 
beobachtet man häufig anstehenden Flysch, aber nirgends messbar; 
nur an der kleinen Plaik selbst (9) ist eine grosse Flyschwand in 
h 6 mit südlichem Verflächen blossgelegt; Wülste sind jedoch nicht 
zu sehen. Unterhalb Henndorf im Fischergraben (10) sieht 
man am rechten Ufer und im Bache anstehenden Flysch in h 6, 
5° mit südlichem Einfallen; weiter unten steht am linken Ufer Con- 
glomerat an, geschichtet und gegen den See zu fallend. Gerade 
östlich von Henndorf, bei Vierling, nahe der Quelle des nörd- 
lichsten rechtseitigen Zuflusses des Fischergrabens, ist noch ein Auf- 
schluss (11) im Flysch in h 7, 2° mit ziemlich steilem südlichen Ein- 
fallen. 

Die ganze Umgebung von Henndorf ist Moränenlandschaft; 
langgestreckte Hügel und dazwischen Mulden, die nicht selten abfluss- 
los sind, charakterisiren die Gegend, Moränen und gekritzte Steine 
finden sich überall. Zwischen Henndorf und dem Bauer am See- 
selände am Wege nach Seekirchen sieht man eine solche abflusslose 
Mulde, einen ehemaligen Moränensee., 

Am Wallersee selbst. nahe der Mündung des Fischerbaches 
steht wiederholt Conglomerat an. Am Seeufer liegen zahlreiche, 
durch Algen zerfressene Rollsteine, und zwar meist Kalke. 

Im Henndorfer Wald, in der Gegend von Lichtentann, ent- 
springt eine Anzahl kleiner Bäche, die sich unten im Thale zu einem 
einzigen vereinigen, der zwischen Kienberg und Neufahrn Brenness- 
graben, weiterhin bis Neumarkt Mühlbach heisst, hier aus seiner 
südnördlichen Richtung scharf nach Südwest umbiegt und als Waller- 
bach in den Wallersee mündet. In seinem Oberlauf, im Brenness- 
graben ist zwischen Eberschlager und Ebmont (12) der Flysch auf 
etwa zwei- bis dreihundert Schritte blossgelegt mit Streichen von West 
nach Ost und südlichem Verflächen. Wülste konnte ich nicht erkennen. 
Weiter abwärts im Graben ist das Streichen in h 7 bis 8. 

In der Bucht, welche der Wallersee am Nordfusse des Spiel- 
berges bildet, ist ebenfalls ein Aufschluss im Flysch (13) in h 7, 3° 
mit südsüdwestlichem Einfallen. Weiterhin am Ufer, in der Richtung 
gegen NO, findet man ein kleines Lager von Kalktuft. 

Bei Schalkham an der Reichsstrasse liegt eine Moräne. 
Zwischen Mayrhof und Wied am Wallersee liegt Wiedweng; hier 
ist ein Steinbruch auf Flysch; unten am und im See (14) ragen die 
Schichtenköpfe aus dem Boden und aus dem Wasser in einer Ge- 
sammtmächtigkeit von eirca 20 m in h 8, 70 entweder senkrecht oder 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 44 


342 Eberhard Fugger. [56] 


steil nach SW fallend, mit Wülsten in SW. Hier findet man auch 
von Algen zerfressene Sandsteine. 

Der Glemeckgraben erhält seine Wässer von dem Kamm, 
der sich vom Colomannstaferl auf der Höhe des Neufahrner Waldes 
zum Hasenberg hinzieht, nimmt bei Glemeck und dann bei Sieghart- 
stein am rechten Ufer je einen Zufluss auf und mündet nördlich von 
Neumarkt als Starzenbach in den Waller-(oder Mühl-\bach. In 
dem Quellgebiete dieses Baches steht sehr häufig Flysch an, aber 
obwohl ich in fast allen Gräben bis auf den Bergkamm gestiegen, 
konnte ich doch nur in einem einzigen die Lagerung mit Bestimmtheit 
constatiren. Es ist dies der rechtseitige Zufluss des Baches, der an 
der Sägemühle vorbeifliesst. In diesem fand ich, 650 m über dem 
Meere, die Schichtung (15) in h 4 bis 5 mit nordnordwestlichem 
Verflächen und Wülsten in SSO. Weiter hinaus im Graben bei dem 
Wehr oberhalb Haslach (16) steht wieder Flysch an in h 8, 10° 
mit südwestlichem Einfallen. 

Der Hügel von Albering, südlich von Sieghartstein, ist Con- 
glomerat, horizontal geschichtet; darüber liegt Moräne. Schloss 
Sieghartstein steht ebenfalls auf Conglomerat. Der Höhenzug 
zwischen Pfongau und Neumarkt, offenbar die Fortsetzung des 
Zuges Albering-—Sieghartstein, zeigt übereinander zwei verschiedene 
Conglomerate: das untere zeigt die Schichtung in h 6 mit nordöst- 
lichem Einfallen (17), das darüber liegende ist horizontal geschichtet 
und wenig verfestigt; über demselben trifft man häufig Moränen. 
Ebenso ist eine Moräne unmittelbar hinter den Häusern an der Ost- 
seite von Neumarkt aufgeschlossen. 

Von der Kirche Sommerholz auf dem Kamme zwischen Hasen- 
berg und Irrsberg zieht sich der Hattinger Bach in einem ziem- 
lich tiefen Graben gegen Westen ins Thal, erreicht dieses in der 
Nähe von Sieghartstein, fliesst an dem künstlichen Schlossteiche 
vorüber, vereinigt sich mit dem Glemeckgraben und ergiesst sich 
als Starzenbach bei Neumarkt in den Wallerbach. Schon am unteren 
Ende des Hattinger Grabens, wo der Bach in die Thalsohle eintritt, 
ist Flysch anstehend: Sandstein und schwarze, schieferige Mergel. 
Weiterhin zeigen sich graue Mergel (18) in h 5, 5° mit südlichem 
Einfallen an mehreren Stellen, auch schwarze Mergel, dann Sand- 
steine mit kleinen, wurmgangähnlichen Wülsten an der Nordseite. 
Nun folgt eine Mühle im Graben. Wenig oberhalb derselben lagern 
Sandsteine (19) fast senkrecht, etwas gegen Nord geneigt in h 6, 5°; 
an ihrer Nordseite zeigen sie grosse, unregelmässige, aber nicht 
zaptenförmige Wülste. Ueber den Sandsteinen lagern Mergel. Weiter 
oben ist seitwärts des Baches ein gemauerter Kanal unterhalb eines 
Wehrs; hier sieht man an der linksseitigen Wand des Grabens 
Sandstein (20) in h 6, 10° steil nach S fallend, daneben im Bach 
dasselbe Streichen, aber mit steilem nördlichen Fallen. Weiterhin 
(21) folgen senkrechte Schichten von Sandsteinen und dichten Mergeln 
in h 5, 5° die Mergel haben an der Südseite kleine gewundene 
Wülste; dann folgen (22) sandige Mergel mit Einschlüssen von kleinen 
Knollen und Sandsteine mit demselben Streichen, aber südlichem 
Einfallen. 


[57] Das Salzburger Vorland, 543 


Nun zeigt sich eine Drehung der Streichrichtunge. Die Flysch- 
platten bilden am rechten Ufer eine Art natürlicher Uferböschung 
in h 8, 10° mit südwestlichem Verflächen (23) auf eine Strecke von 
70 Schritten, dann erfolgt eine Biegung nach h 10, 50%, welche auf 
30 Schritte hin aufgeschlossen ist. in der Ostnordostseite der Platten 
beobachtet man nussgrosse Knollen. Dann treten am linken Ufer (24) 
dicke Sandsteinbänke in h 9, 5° mit südwestlichem Verflächen auf. 
Beim Weiterschreiten sieht man auf eine sehr lange Strecke hin 
Flysch anstehend, fortwährend in derselben Lagerung. Die fein- 
körnigen Sandsteine zeigen theilweise schalige Formen; an einer 
Stelle befindet sich im nein ein ovaler Ribsenknollen von 60 em 
Länge und 35 cm Breite. 

Weiterhin bilden die Flyschplatten wieder am rechten Ufer 
auf 50 Schritte die Böschung (25) mit dem bisherigen Streichen, 
aber etwas steilerem Einfallen. Gegenüber am linken Ufer sahen 
wir im Sandstein einen Knollen von 80 cm Länge und 60 cm Breite. 
Weiter aufwärts ist der Bach an einer Stelle durch eine Erdrutschung 
vollkommen zugedeckt, so dass das Wasser auf 2m Länge unter- 
irdisch durchfliesst. Nun folgen die Reste einer Brücke, dann ein 


Fig. 15. 


> 


Wehr, überall ist Flysch in der gleichen Lagerung (26) anstehend: 
dann bilden die Flyschplatten wieder auf eine Strecke von 60 Schritten 
am rechten Ufer die Böschung (27), aber bereits mit einer anderen 
Streichrichtung — inh$8, 50. und nach einer Unterbrechung von 
20 Schritten in h 6, 10° mit südlichem Einfallen 40 Schritte lang. 
Nach weiteren 150 Schritten streichen aber die Sandsteine (28) 
wieder in h 8 mit südsüdwestlichem Verflächen und grossen Kugel- 
wülsten in NNO. Die Sandsteine zeigen häufig orossschalige Structur, 
an einer Stelle beobachtet man auf denselben deutliche Karren- 
rinnen von mehr als 10 cm Tiefe; auf den Mergeln findet man Chon- 
drites Targionii. Bei dem nächsten Wehr ist das Streichen nahezu 
normal: h 6, 50 mit südlichem Fallen (29), an der Südseite sind 
kleine Kegelwülste, welche an ihren Enden kugelförmige Knöpfe 
tragen (Fig. 15). Wenig oberhalb von diesem Wehr sieht man eine 
Biegung der senkrechten Sandsteinschichten (30) von h 5, 5° bis 
h 7, 5°. Nach einer kurzen Unterbrechung sind am linken Ufer 
die Schichten wieder ziemlich steil gegen "Süd fallend, in h 5, 5° 
gelagert (31). Zehn Schritte weiter aufwärts (32) hat sich die Streich- 
richtung in h 6, 5° umgeändert, die Sandsteinplatten tragen an ihrer 
Südseite kleineWülste und Knollen, dann eierschnurartige Bildungen, 
gerade Stäbe von 10 cm Länge und 1 mm Breite, grosse Knollen und 
Kegelwülste mit kugelförmigen Knöpfen an den Enden. 
44* 


344 Eberhard Fugger. [58] 


Nun folgt eine verlassene Mühle am rechten Ufer (33), der 
Bach fliesst quer über die Schichtenköpfe, die Lagerung ist unver- 
ändert. 20 Schritte unterhalb der hölzernen Mühle bildet der Flysch 
wieder die Uferböschung am rechten Ufer (34) in h 8, 5° mit süd- 
westlichem Einfallen und Kegelwülsten in NO. Bei der Mühle selbst 
stehen graue Mergelkalke mit weissen Adern in 70 bis 80 cm 
mächtigen Bänken, dazwischen dünnschichtige Mergel. Dies ist der 
letzte Flyschaufschluss in diesem Graben; wenig oberhalb befindet 
sich Wohnhaus und Oekonomiegebäude der Hattinger Mühle in circa 
700 m Meereshöhe. Etwa 10 m höher, bei dem Wehr, an welchem 
das Rinnwerk zur Mühle abzweigt, ist eine Moräne blossgelegt, 
weiter auf der Höhe, nahe den Quellen des Hattinger Baches, trifft 
man viel Kalktuff. 

Der Irrsberg, der nördlichste Höhenpunkt des Gebietes, 
sendet zwar eine Reihe Gräben ins Thal, doch fand ich wenig Auf- 
schlüsse in denselben. Der Berg selbst gehört dem Flysch an, an 
seinem Nordwest- und Nordfusse dagegen lagert horizontal geschich- 
tetes, junges Conglomerat, und an seinem westlichen Gehänge reichen 
die erratischen Geschiebe nach Brückner bis in die Meereshöhe 
von 690 m. 

Im Diesenbachgraben, dessen Wässer nach Steindorf 
fliessen, ist die Lagerung der Flyschgesteine in der Meereshöhe von 
605 m (35) in h 6 mit schwachem, 1 m höher mit steilem Einfallen 
nach Süd; wieder 1 m höher (36) schwankt das Streichen zwischen 
h 6 und 7, während das Einfallen 40° beträst; in 620 m Höhe (37) 
ist es Ih 7 mit gleichbleibendem südlichen Einfallen, und diese 
Lagerung trifft man noch unverändert in 645 m Höhe (38), wo ein 
Steg über den Bach führt. An dieser Stelle beobachtet man Wülste 
an der Südseite. 

Nördlich vom Diesenbach kommen, ebenfalls gegen Westen ge- 
richtet, zwei kleine Gräben vom Berge herab, die sich etwas unter- 
halb der Isohypse 600 vereinigen und dann als ein Bach bei 
Stadelberg vorüberfliessen. Der linksseitige Graben zeigt in 605 m 
Höhe die Schichtung in h 4 bis 5 mit südsüdöstlichem Einfallen (39), 
die Mergelplatten zeigen an der Südseite eine dichte grüne Schichte 
von etwa 1 mm Dicke. Bei 610 m findet sich ein kleiner Steinbruch 
am Bach mit gleichbleibendem Streichen, aber nordnordwestlichem 
Einfallen und Wülsten in Süd (40). Der rechtseitige Graben zeigt 
in 635 »n Höhe ein Streichen in h 9 mit geringem, weiter oben mit 
steilerem Einfallen nach Südwest (41); deutliche Wülste waren nicht 
aufzufinden. 

Bei Strasswalchen, Irrsdorf und Rabenschwand 
lagern glaciale, horizontal geschichtete Conglomerate; an der Nord- 
nordostseite des Irrsberges, etwa 100 m über Rabenschwand, steht 
Flysch an, aber die Lagerung ist nicht messbar. 

Die Höhe Böndlich. der Balance Strasswale her Rabe 
auf welche die Eisenbahn ansteigt und deren höchsten Punkt die 
Haltestelle Ederbauer markirt, zeigt überall, wo der Boden bloss- 
liegt, Conglomerat oder Moräne oder beides. Beim Ederbauer, 
nahe dem Grenzpfahl gegen Oberösterreich, lagert Conglomerat unter 


[59] Das Salzburger Vorland. 345 


der Moräne. Dreihundert Schritte nördlich der Grenze ist längs der 
Bahn in einem Steinbruche eine Conglomeratwand entblösst, die ihr 
interglaciales Alter nicht verkennen lässt; die Schichtung ist im all- 
gemeinen horizontal, doch sehr unregelmässig und grobbankig, und 
neigt an einigen Stellen nach Ost, an anderen nach Nordost (42). 

Das Ostgehänge des Irrs- und Colomannsberges fällt ab in das 
Thal des Irr- oder Zeller Sees. Auf der Höhe von Sommerholz, 
nahe der Kirche, steht junges, nahezu horizontal geschichtetes Con- 
glomerat an. Auf der Kammhöhe zwischen dem Hasenkopf und der 
Kapelle auf dem Colomannskopfe trifft man häufig anstehenden Flysch, 
jedoch nirgends so, dass eine Bestimmung der Lagerung möglich wäre. 
Ebenso sah ich am Ostgehänge zwischen Sommerholz und Dorferwirt 
nirgends einen deutlichen Aufschluss. 

An der Lehne oberhalb des Dorferwirtes, etwa 80 m über 
dem See, liegt ein mächtiger erratischer Block aus Hierlatzkalk mit 
Encrinitenstielgliedern und Cephalopodenresten. Dieser Block, sowie 
zahlreiche andere am östlichen Seeufer gelegene, von denen die 
letzteren meist Hippuritenkalke sind, wurden und werden noch in 
der Gegend häufig zum Kalkbrennen benützt; auch von dem zuerst 
genannten Hierlatzblocke ist bereits ein gewaltiges Stück verarbeitet 
worden. Die Hierlatz- und Hippuritenkalke stammen höchst wahr- 
scheinlich vom Schafberg und von St. Gilgen)). 

Im Haunstädter Graben, welcher am Südwestende des 
Irrsees mündet, steht an sehr vielen Punkten Flysch an, und zwar 
schön und deutlich geschichtet; so in 625 m Höhe (43) in h 8 bis 9 
mit sehr steilem nordöstlichen Einfallen, in 650 » (44) mit ähnlichem 
Streichen und weniger steil, ebenfalls nach NO fallend. In einem 
linksseitigen Zufluss des Grabens in 860 m Meereshöhe (45) stehen 
die Schichten in h 11, 2% und zwei Meter höher in h 1, 11° mit 
sehr steilem Fallen nach Ost. 

In einem Steinbruche an der Strasse von Zell am Moos nach 
Mondsee, etwa 300 Schritte von Kasten, fanden Prof. Kastner 
und ich im Juni 1894 im Flyschmergel schlecht erhaltene, aber 
deutlich erkennbare Reste von /noceramus salisburgensis und JInoc. 
monticeuli. Weiter unten im Zeller Graben maßen wir die Flysch- 
schichten mit Streichen in h 9 und ziemlich steilem südwestlichen 
Fallen und Wülsten an der Nordostseite (46). 

Beim Hochkreuz, einer Kapelle am Nordende des Marktes 
Mondsee, befindet sich eine Lelhmgrube. Es ist Flyschmergel, der in 
Lehm übergeht; auf den Schichtflächen lagert hellblauer Vivianit, 
an einzelnen Stellen bildet derselbe Knollen. Herr Rob. Gemböck 
fand daselbst im Jahre 1895 (Linzer Tagespost Nr. 89 v. 20. April 
1898) Holz- und Rindenstücke, sowie Coniferenzapfen, alles mit 
Vivianit überzogen, ferner Flügelfrüchte, Coniferennadeln, Reste von 
Käfern und anderen kleinen Insecten. 

Ausserhalb Mondsee bei den Brauereikellern an der Salz- 
burger Strasse, dort, wo Bahn und Strasse unmittelbar nebeneinander 
laufen (bei der Eisenbahnhaltestelle „Keller“), befinden sich vier 


!) Siehe auch Verhandlungen der k. k geol. R.-A. 1894, Seite 185 u. 209. 


346 Eberhard Fugger. [60] 


Steinbrüche im Flysch (47); alle zeigen dieselbe Schichtung in h 6 
bis 7 mit südlichem Einfallen. 

Im ersten Graben östlich der Haltestelle Vetterbach 
der Salzkammergut-Localbahn steht, etwa 50 Schritte von den Schienen 
entfernt, Flysch an (48) in h 5 bis 6 mit nördlichem Einfallen; nach 
weiteren 50 Schritten mit sehr steilem südlichen Fallen. Im ersten 
Graben westlich der Haltestelle, sehr nahe derselben (49), ist die 
Schiehtung dieselbe, auch mit steilem südlichen Einfallen. Im zweiten 
Graben westlich der Haltestelle (50) sah ich das Fallen steil nach 
Nord mit Wülsten an der Südseite. 

Bei der Ortschaft Obervetterbach überbrückt die Bahn einen 
ziemlich breiten Bach, den Vetterbach, den östlichsten Zufluss 
des Fischbachs. (Siehe die Kartenskizze auf Taf. XI.) Etwa 450 
Schritte von der Eisenbahnbrücke bachaufwärts beobachtet man den 
ersten deutlichen Aufschluss (5l) in h 7 mit nördlichem Fallen; 
nach weiteren 100 Schritten stehen am rechten Ufer (52) massige, 
fast metermächtige Bänke in h 9 mit Fallen nach SW; am linken 
Ufer in einem Steinbruch (53) streichen sie nach h 7 mit südlichem 
Fallen. Vierzig Schritte weiter aufwärts steht die erste Steinbruch- 
hütte, hier (54) ist das Streichen Südnord mit westlichem Verflächen. 
Nach 150 Schritten erreicht man das zweite „Bruchhäusl“, das 
Streichen ist hier (55) von Südwest nach Nordost mit Einfallen nach 
Nordwest. 80 Schritte weiter ist die Lagerung im Bachbette ent- 
blösst (56) in h 4 bis 5 mit Fallen nach NNW und Wülsten in SSO; 
diese Schichtung lässt sich 70 Schritte weit im Bache aufwärts ver- 
folgen. Nach einer Strecke von weiteren 180 Schritten ist am linken 
Ufer ein grosser Steinbruch (57) auf Sandsteinplatten eröffnet, in 
demselben mass ich die Schichtung mit h 2 und westuordwestlichem 
Verflächen. Man findet hier Chondrites Targionii Brongn. und intri- 
catus Sternbg., Kohlensandsteine und hübschen Florentiner Marmor. 

Bald oberhalb dieses Steinbruches erhält der Bach einen seit- 
lichen Zufluss, und es ist sowohl im rechten, wie im linksseitigen Arm 
auf eine lange Strecke nirgends mehr die Lagerung blossgelegt. 

Erst oberhalb der Isohypse 600, an welcher Stelle eine Strasse 
durch den rechtsseitigen Zufluss führt, findet man wieder anstehendes 
Gestein, Mergel und Sandsteine (58) am rechten Ufer in h 2, 10° 
mit nordwestlichem Einfallen; auf den Schichtflächen der letzteren 
sieht man an der Südostseite kleine Knoten und cylindrische Wülste. 
Weiter aufwärts (59) ist das Streichen in h 5, 10% mit südlichem 
Fallen und Wurmgängen und Wülsten mit kugelförmigen Knöpfen 
an der Nordseite. Weiterhin ziehen die Schichten quer durch den 
Bach, es bilden sich mehrere kleine Wasserfälle über dieselben. 
Beim ersten (60) streichen die Schichten in h 5, 5° mit südlichem 
Verflächen; beim zweiten Wasserfall (61) ist das Streichen unver- 
ändert, die Schichten stehen fast senkrecht und tragen Kegelwülste 
und kleine fingerförmige Wülste an der Südseite. Die mergeligen 
Sandsteine zeigen schalige Structur. Nach 35 bis 40 Schritten zieht 
sich eine Wand etwa 6 m den Bach entlang (62), anfangs in h 11, 5° 
mit westlichem Einfallen, dann in h 10, 5°. Zehn Schritte weiter 
oben (63) stehen die Schichten wieder senkrecht in h 6, 10%. Nun 


[61] Das Salzburger Vorland. 347 


folgen nacheinander in grösseren oder kleineren Abständen fünf 
Wasserfälle (64) mit Streichen in h8 bis h 8, 5° und Einfallen nach 
SW mit dem unveränderten Neigungswinkel von 50°. 

Weiter oben bilden die Flyschplatten (65) am linken Ufer die 
Böschung in h 8, 10° mit südwestlichem Einfallen auf eine Strecke 
von 30 Schritten; dann veranlassen die quer durch den Bach ziehen- 
den Schichten (66) wieder einen kleinen Wasserfall, die Lagerung 
ist in h 7, 5° mit sehr steilem südsüdwestlichen Finfallen. Die 
schalige Structur der Sandsteine ist hier sehr häufig. Wenig weiter 
aufwärts am Bache befindet sich wieder ein Aufschluss (67) mit 
gleichem Streichen und nur weniger steilem Einfallen; an der NNO- 
Seite der Schichten beobachtet man kleine Kegelwülste mit Knopf. 
Weiterhin ist die Lagerung (68) h 6, 5° mit südlichem Verflächen. 

Nun führt in etwa 750 m Meereshöhe eine Strasse durch den 
Graben. Oberhalb derselben trifft man auf mehrere Wasserfälle oder 
Stufen über Flyschplatten (69), welche in h 5, 5° streichen und steil 
nach Norden fallen; und in der Höhe von 780 m findet man den 
letzten Aufschluss von Flysch (70) mit derselben Lagerung. Weiter 
hinauf beobachtet man nur Moränen bis etwa in die Meereshöhe von 
800 m. Höher hinauf ist im Graben durchaus bloss Schutt zu sehen. 

Brückner!) fand überhaupt am Südgehänge des Colomanns- 
berges drei verschiedene Ufermoränenwälle mit den Culminationen 
in 798, 705 und 640 m Meereshöhe. Auch am Westgehänge desselben 
konnte er ähnliche Moränenwälle nachweisen. 

Der nächste Graben westlich vom Vetterbach ist der Pfarrer- 
Graben. Er entspringt im Tanzberger Moos, etwa 730 m über dem 
Meere, bildet stellenweise einen sehr tiefen Einriss, erreicht beim 
Pfarrhofe die Thalsohle und mündet unterhalb Thalgau in den Fisch- 
bach. In unmittelbarer Nähe des Pfarrhofes beobachtet man anstehen- 
den Flysch (71) in h 7 mit sehr steilem nördlichen Einfallen; dann 
folgt am rechten Ufer ein verfallenes Kellerhäuschen und unmittelbar 
hinter demselben ein Steinbruch (72) mit Mergelkalkbänken, die eine 
Mächtigkeit bis zu 90 cm besitzen; die Lagerung ist in h6 mit 
steilem Fallen nach Nord und Wülsten an der Südseite. Ohondrites 
intricatus Sternbg. ist hier sehr häufig. 

Diese Lagerung lässt sich vom Kellerhäuschen weg bachaufwärts 
durch eine Strecke von mehr als 60 m verfolgen. Etwa 150 Schritte 
weiter oben (73) ist wieder dieselbe Schichtung blossgelegt. Nach 
weiteren 80 Schritten ist der Graben auf eine Strecke von beiläufig 
150 m sehr tief eingerissen und bildet der Bach zahlreiche Cascaden 
über die Schichtenköpfe der Sandsteine und Mergel, welche auch 
weiterhin (74) durch mehr als 70 m Länge bei geringerem Gefälle 
dasselbe Streichen, aber ein schwächeres Einfallen zeigen. Nun führt 
eine fahrbare Brücke über den Bach. Oberhalb derselben (75) ist 
noch auf 20 Schritte das anstehende Gestein mit dem bisherigen 
Streichen und Fallen entblösst; dann sieht man auf 50 Schritte nur 
Schutt im Bachbette. Hierauf zeigt sich eine veränderte Streich- 
richtung (76) und anderes Einfallen; die Schichten haben sich nän- 


!) Vergletscherung etc., Seite 36, 


348 Eberhard Fugger. [62] 


lich nach h 9 mit Einfallen nach SW gedreht, und diese Lagerung 
lässt sich mit geringer Unterbrechung durch 115 Schritte verfolgen. 

Nun ist abermals auf circa 40 m Länge nur Schutt sichtbar, 
dann (77) tritt wieder anstehendes Flyschgestein in der normalen 
Streichriehtung von West nach Ost mit nördlichem Einfallen auf. 
An dieser Stelle führt ein Steg über den Bach, der die rothe 
Markirung für den Weg auf die Höhe des Colomannsberges trägt. 
Oberhalb des Steges ist nur Flyschschutt im Bachbette bemerkbar 
und weiterhin bis zu seinen Quellen nur mehr Lehm. 

Das Felsgestein ist am Gehänge fast überall von einer sehr 
mächtigen lehmigen Schichte überdeckt, die an einzelnen Stellen 
die Dicke von zwei und mehr Metern besitzt; bei einer Grabung 
nächst der Villa Gärtner hat man in der Tiefe von 3m das 
Liegende der Lehmschichte noch nicht erreicht. 

An der Fahrstrasse, welche westlich der Villa Gärtner vom 
Bräukeller aufwärts gegen Thalgauberg führt, steht kaum 15 m 
über der Thalsohle (78) wiederholt Flysch an in h 6, 5° mit nörd- 
lichem Einfallen. 

Der nächstfolgende Graben gegen Westen ist der des Tanz- 
berger Baches. Er entspringt ebenfalls im Tanzberger Moos 
und mündet in den Fischbach. Etwa 25 m über der Thalsohle 
von Thalgau trifft man hier anstehende Mergel (79) in h 7, 5° 
mit sehr steilem Fallen gegen NNO; weiter oben (80) Sandsteine 
in h 6 mit mehr oder weniger steilem nördlichen Fallen. In etwa 
670 m Meereshöhe geht das bisher nördliche Einfallen bei gleich- 
bleibender Streichrichtung in ein steiles südliches über (81); das 
Flyschgestein ist durch 40 m blossgelegt, dann kommen einige kleine 
Wasserfälle, darunter einer von 4m Höhe; nach 30 m Weges folgt 
ein Wasserfall von 2m Höhe, und von hier beobachtet man die 
gleichbleibende Lagerung noch durch beiläufig 50 m. Nun folgt eine 
grosse Krümmung des Baches, das Gefälle wird bedeutend geringer. 
Nach 40 bis 50 m steht wieder Flysch an in derselben Lagerung. 
Nach kurzer Unterbrechung beobachtet man fast ununterbrochen 
auf eine Strecke von 190 Schritten wieder anstehenden Flysch in 
unveränderter Schichtung, bis man das Moor erreicht, in welchem 
sich die Quellen des Baches befinden. 

Bei Alberstadt, zwischen dem Tanzberger- und dem Mittellauf 
des Fischbachgrabens, fanden wir in den glacialen Schottern einzelne 
Stücke von Nummulitengesteinen aus dem Bartonien; der dritte Punkt 
im Vorlande, wo diese Gesteine als Findlinge auftreten. Es müssen 
daher irgendwo im Süden des Heuberges und Colomannsberges jün- 
gere Nummulitenschichten anstehen, von denen bisher nichts bekannt 
ist, oder es hat der Salzach-Gletscher einmal einen Arm durch das 
Thal des Alterbaches bis in die Gegend von Thalgau gesendet. Im 
letzteren Falle bleibt es immer noch schwer verständlich, wie Gesteine 
vom linken Gletscherufer in einen nach rechts abzweigenden Arm des- 
selben gekommen sind. 

Der Fischbachgraben ist der interessanteste des Colomanns- 
berges. Er erhält sein Wasser von den Gehängen der Höhenzüge 
zwischen Zifanken, Plaik, Colomannstaferl und Colomannskopf, nimmt 


[63] Das Salzburger Vorland. 349 


unten im Thal den Brunnbach und Vetterbach auf, um sich bei Ober- 
vetterbach mit der Fuschler Ache zu vereinigen. 

Zwischen der Station Irlach und dem ersten steinernen Wehr 
der Wildbachverbauung. beobachtet man (82) das Streichen in h 6 
mit südlichem Einfallen; gerade unterhalb dem Wehr (83) in h 4 
mit sehr steilem südöstlichen Fallen; 400 Schritte oberhalb dem 
Wehr (84) dasselbe, nur mit weniger steilem Einfallen. 150 Schritte 
weiter ist das Streichen (85) nach h 8 mit südsüdwestlichem Fallen 
gedreht, und nach weiteren 50 Schritten (86) in h 1, 10° mit west- 
nordwestlichem Verflächen. Diese letztere Lagerung ist auf 150 
Schritte im Bachbette und am Ufer blossiiegend; dann beobachtet 
man wieder (87) das Streichen in h 11 mit westlichem Fallen und 
nach 80 Schritten (88) ist die Schichtung normal in h 6 bis 7, jedoch 
mit Einfallen nach Süd. Nach 20 Schritten sind Schichten bloss- 
gelegt (89) mit Streichen nach h 7 und südlichem Einfallen, welche 
an der Nordseite Wülste tragen. 70 Schritte weiter aufwärts beob- 
achtet man die Lagerung (90) in h 12 mit westlichem Fallen und 
Wülsten an der Ostseite. Diese Lagerung ist deutlich erkennbar 
durch eine Strecke von 90 Schritten, dann dreht sie sich (91) nach 
h 11, 50 mit demselben Fallen nach West; auch hier sind Wülste 
an der Ostseite bemerkbar. Nach 120 Schritten (92) beobachtet 
man wieder das Streichen nach h 7 mit Einfallen nach Süd, nach 
weiteren 164 Schritten (95) in h 5 mit steilem südlichen Fallen und 
Wülsten in Nord, und nach 70 Schritten (94) bei einem Stege, der 
über den Bach führt, h 4, 7° mit steillem Einfallen nach NNW. 
Zehn Schritte oberhalb des Steges ist das zweite Steinwehr der 
Wildbachverbauung. Hier vereinigen sich die beiden Arme des 
Fischbaches, von denen der eine aus dem Gärtnermoos im Nordosten, 
der andere von der Plaik im Nordwesten herabkommt. 

Steigen wir zunächst im Gärtnermoosarm aufwärts Hier 
beobachten wir 30 Schritte oberhalb dem zweiten Wehr (95) die 
Lagerung in h 3 mit steilem Fallen nach Südost, 30 Schritte 
weiterhin (96) mit steilem nordwestlichen Einfallen. Bis zum dritten 
Wehr, etwa 400 Schritte, ist nirgends eine Schichtung blossgelegt. 
Bei dem dritten Wehr (97) steht Flyschmergel an in h 4, 10° in 
senkrechten Schichten, 50 Schritte weiter (98) fast ebenso (in h 5) 
und auch senkrecht. Nach 150 Schritten (99) beobachtet man das 
Streichen in h 7 mit Fallen nach Süd und Wülsten in Nord; diese 
Lagerung ist auf 60 Schritte hin entblösst. Nach weiteren 80 Schritten 
(100) ist das Streichen stark gedreht, in h 3, 7° mit sehr steilem 
Einfallen nach Nordwest. An der Nordwestseite der Schichten sind 
zahlreiche Chondriten, an der Südostseite Wülste. Nun bleibt die 
Lagerung durch eirca 340 Schritte ziemlich unverändert (101 bis 
106) in h 4 mit nordwestlichem Einfallen und Wülsten an der Süd- 
ostseite. 200 Schritte oberhalb Punkt 100 ist den Mergeln und 
Sandsteinen, welche im ganzen Gebiete fortwährend wechsellagern, 
eine Breccie von etwa 12cm Mächtigkeit eingelagert. 

140 Schritte oberhalb der Breceie zeigt sich abermals eine 
Aenderung in der Lagerung (107), die Schichten streichen in h 7 
mit flachem Einfallen nach Süd, nach 30 Schritten (108) fallen sie 


Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. left. (E. Fugger.) 45 


350 Eberhard Fugger. [64] 


steil nach Nord und zeigen Wülste an der Südseite, 40 Schritte 
weiterhin beobachtet man dieselbe Lagerung; dann nach 25 Schritten 
(109) folgt abermals eine Drehung, das Streichen geschieht in h 11 
mit Fallen nach West und Wülsten in Ost, zu beobachten durch 
40 Schritte; nach weiteren 40 Schritten (110) dreht sich das Streichen 
nach h 11, 10°, ebenfalls mit westlichem Verflächen und Wülsten in 
Ost; und nach wieder 30 Schritten (111) beobachten wir abermals 
eine veränderte Lagerung, und zwar in h 2 mit Einfallen nach Nord- 
west und Wülsten in Südost. Nach 40 Schritten sehen wir dieselbe 
Schichtung und ebenfalls Wülste in SO Nach abermals 40 Schritten 
bildet der Bach einen kleinen Wasserfall, die Schichtung ist unverändert 
und enthält die Einlagerung einer Breccie. 10 Schritte weiter oben 
fanden wir prächtige Exemplare von Taenidium Fischeri Heer, sowie 
Chondrites afinis Sternbg. und Ch. intricatus Sternbg. im Mergel. 
Nach 80 Schritten (112) ist das Streichen in h 3, nach weiteren 
50 Schritten (113) wieder in h 2 mit Fallen nach Nordwest. An der 
Südostseite der Sandsteine befinden sich Kegelwülste von merk- 
würdiger Grösse; ich mass eine Wulst mit 40 cm Länge und 25 cm 


Fig. 16. 


Breite; an dem breiten Ende erhob sie sich steil aus der Sand- 
steinplatte, 15 cm hoch, um dann am entgegengesetzten Ende spitzer 
zulaufend, sich wieder allmälig in die Platte zu verlieren. 

Nach 83 Schritten (114) stehen die Schichten senkrecht in h 4 
bis 5, nach weiteren 40 Schritten (115) zeigt sich ein Wasserfall und 
Reste von Kugelmühlen; die Schichten stehen noch unverändert 
senkrecht in h 4 bis 5 und ist diese Schiehtung durch weitere 40 
Schritte blossgelegt, dann drehen sie sich nach h 3 mit nordwest- 
lichem Verflächen. Nach 30 Schritten beobachtet man im Bache 
eine Höhlung von eirca 1'’5 »n Tiefe zwischen den Schichten, die 
etwa 1m weit ist: eine förmliche Wanne mit parallelen Wänden. 
Zwei Schritte oberhalb dieser Stelle (116) ist die Schichtung 
am linken Ufer (Fig. 16) in h 3 mit nordwestlichem Fallen (a) und 
am rechten Ufer wenig weiter oben in h 6 theils senkrecht, theils 
steil nach Süd fallend, mit Wülsten in Nord (b). 20 Schritte weiter oben 
erreicht man die Brücke und bald darauf die Steinschlagermühle 
(117). Bei derselben ist die Schichtung in h 7, 5° mit steilem süd- 
lichen Einfallen und Wülsten an der Südseite. Gegenüber der Mühle 
am rechten Bachufer zeigt sich eine eigenthümliche Schichtenbiegung, 
die sich am besten durch die nachstehende Zeichnung (Fig. 17) dar- 
stellen lässt, Die Schichten stehen im allgemeinen vertical. 


[65] Das Salzburger Vorland. 2351 


Weiterhin zeigt sich im Bach aufwärts nur Moränenschutt bis 
zum Gärtnermoos, einem mächtigen Torfmoor. 

Im Plaiker Arm trifft man 80 Schritte oberhalb des zweiten 
Wehrs der Wildbachverbauung, d. i. oberhalb der Vereinigung der 
beiden Arme des Fischbachgrabens, eine Brücke und 27 Schritte 
oberhalb dieser einen Steinbruch am rechten Ufer im Flyschgestein; 
eine Schichtung ist jedoch nicht erkennbar. 200 Schritte weiter 
oben im Bach (118) beobachtet man die Lagerung in h 6 mit süd- 
lichem Einfallen und daneben in h 1, 6° mit Fallen nach WNW:; 
nach 65 Schritten (119) h 1 mit westlichem Fallen; nach weiteren 
30 Schritten (120) h 9 mit schwachem Verflächen nach SW und 
wieder nach 30 Schritten (121) h 6 mit südlichem Einfallen. Hier 
erhält der Bach am rechten Ufer einen Zufluss und nun ist auf 
210 Schritte kein Aufschluss bemerkbar. 

Nach dieser Strecke ist die Lagerung (122) in h 3, 10% und 
90 Schritte später (123) in h 2, 4°, beidemale mit südöstlichem Ein- 
fallen; nach weiteren 16 Schritten (124) aber fallen die Schichten 
unter 60° nach Nordwest. An dieser Stelle sind den Mergeln schwarze 


Fig. 17. 


5 9 N 

Schiefer eingelagert und unter den Schiefern bemerkt man an der 
Nordwestseite der Mergel zahlreiche Chondriten. Nach 100 Schritten 
ist die Lagerung wieder normal, d. h. die Schichten streichen von West 
nach Ost; anfangs (125) fallen sie nach Süd, ebenso 20 Schritte weiter 
oben (126), nach 303 Schritten aber (127) fallen sie steil nach Nord, 
mit Wülsten in Nord, aber schon fünf Schritte später wieder steil 
nach Süd; nach 34 Schritten (128) fallen sie wieder sehr steil nach 
Nord und zeigen Wülste an der Nordseite, nach 150 Schritten (129) 
aber ziemlich steil nach Süd. Hundert Schritte weiter oben nimmt 
der Bach rechts einen Zufluss auf, nach weiteren 340 Schritten (130) 
befindet sich eine Brücke, und hier stehen die Schichten senkrecht 
in h 4, sich mehr oder weniger biegend und parallel zur Bach- 
richtung. Sie sind hier auf eine lange Strecke blossgelegt; nach 
75 Schritten erhält der Bach rechts wieder einen Zufluss, die Lagerung 
bleibt unverändert durch weitere 110 Schritte, dann (131) biegen 
sich die Schichtplatten nach h 5 bis 6 mit steilem südlichen Einfallen. 

Nach 30 Schritten trifft man wieder eine Brücke und 55 Schritte 
oberhalb derselben (132) eine neue Schichtenstörung. Diese streichen 
inıh 9 mit steilem Fallen nach Südwest, und unmittelbar daneben 
in h 3, 7° mit ziemlich steilem nordwestlichen Fallen. An den Mergeln 


der ersteren Partie befinden sich Chondriten und schön erhaltene 
45* 


352 Eberhard Fugger. [66] 


Spiral- Taonurus an ihrer Südwestseite, an den Mergeln der letzteren 
Lagerung Chondriten an der Südostseite der Schicht. Nach 30 
Schritten (133) ist das Streichen in h 10, 10° mit Fallen nach WSW 
und Chondriten in WSW. Hier fanden wir einen Taonurus mit zwei 
Seitenästen von untenstehender Form (Fig. 18) und gewaltigen 
Dimensionen: der gerade Stamm zeigte eine Länge von 23, der obere 
Seitenarm 22 cm, und die Breite eines Armes betrug 2 bis 3 cm. 
10 Schritte weiterhin stehen die Platten senkrecht in h 7, 10%, 
nach abermals 10 Schritten in demselben Streichen, aber in sanftem 
Fallen nach NNO. 

100 Schritte später steht wieder eine Brücke, 175 Schritte (135) 
oberhalb derselben ist die Schichtung in h 7 mit steilem nördlichen 
Einfallen, nach 180 Schritten (155) in h 12 mit östlichem Verflächen 
und nach 16 Schritten (156) in h 6 mit südlichem Verflächen. Hier 
zeigen sich an der Südseite deutliche Kegelwülste und ebenso jene 


Fig. 18. 


eigenthümliche grüne Schichte. Nach 115 Schritten steht wieder 
eine Brücke über den Bach, dieser selbst aber wird eng und unbe- 
deutend, und zeigt weiterhin keinen Aufschluss mehr. 

In dem kleinen Graben, welcher in der Einsenkung zwischen 
der Kleinen Plaik und dem Zifanken entspringt und sein Wasser 
dem Plaiker Arm des Fischbachgrabens an dessen rechtem Ufer 
zuführt, beobachtet man etwa in der halben Höhe zwischen der 
Quelle und der Mündung dieses Zuflusses (137) die normale Lage- 
rung in h 6, 10° mit südlichem Einfallen, aber schon 80 Schritte 
weiter abwärts (138) biegt sich dieselbe in h 8, 5° mit südwestlichem 
Fallen. 

Bei der Haltestelle Enzersberg sind sehr steinige Moränen 
blossgelegt, welche sich bis in die Nähe von Irlach verfolgen lassen; 
weiter thalabwärts geht die Moräne in eine erdiglehmige Masse über, 
welche vereinzelte grössere oder kleinere, abgerollte oder kantige 
Steine enthält, die von der Lehmmasse innig umschlossen werden. 
Dieser Lehm bedeckt den Boden des Thales von Thalgau in einer 


[67] Das Salzburger Vorland. 355 
Mächtigkeit von 5 bis 4 m, darunter folgt Schotter, in welchem eirca 
7 m unter der Thalsohle das Niveau des Grundwassers liegt, wie 
durch verschiedene Brunnenbohrungen im Dorfe Thalgau nachgewiesen 
wurde. 

Die Zahl der Aufschlüsse in dem grossen Gebiete des Colomanns- 
berges ist mit Ausnahme des Hattinger Grabens und der-Gräben von 
Thalgau eine verhältnismässig geringe. Noch geringer: ist die. Zahl 
der Punkte, an welchen Kegelwülste auftreten. Trotz dieser Ver- 
hältnisse scheint sich eine Antiklinale und eine Synklinale feststellen 
zu lassen, welche sich quer durch das Gebiet hinziehen. Eine Linie, 
die von Henndorf über Licehtentaun durch den Neufahrnwald nach 
Zell am Moos führt, kennzeichnet sich als Antiklinale, indem die 
nördlich derselben gelegenen Schichten die Kegelwülste an der Süd- 
seite, die südlich davon auftretenden an der Nordseite haben. Eine 
zweite Linie, etwa von Neuhofen über Enzersberg und Stollberg nach 
Kasten am Zeller Bach, entspricht der Lage der Wülste nach einer 
Synklinale, die allerdings im Fischbachgraben durch gewaltige Störungen 
unterbrochen ist. 

Mit Ausnahme des eben genannten Grabens ist das Streichen 
der Schichten im ganzen Gebiete im allgemeinen von West nach Ost 
oder von Westsüdwest nach ÖOstnordost, während das Fallen bald 
gegen Nord, bald gegen Süd gerichtet ist, meist mit steilem Einfalls- 
winkel, eine Lagerung, die ebenso auch in den anderen Theilen. des 
Salzburger Vorlandes, soweit dieses dem Flyschgebiete angehört, 
die vorherrschende ist. 


Kirchberg: (1) h 3 » 85 SO. — (2) h 9 x 40 NO. 

Staller: 8) h4y» 25 N. 

Fuchshof: (4) h 2, 8° 0 75 NW; Wülste in NW. 

Hot: 9), 61,7 %.40 WNW. 

Zifanken: (6) h 9 x» 86 SW; Wülste in NO. 

Hubergut: (7) h 4, 10° bis h 5, 10° # 50 S; Wülste in N. 

Grabelgraben: (8) h 6 x 35 S; Wülste in N. 

Kleine Plaik: (9)h 6 9 20 8. 

Henndorfer Fischergraben: (10) h 6, 5° % 45 8. 

Vierling: (11) h 7, 2° 0708. 

Brennessgraben: (12) h 6, 12° 0358. — h 7 bis 8% 45 8. 

Spielberg: (13) h 7, 3° 9 50 8. 
Wiedweng: (14) h 8, 7° o 90. — h 8, 7° » 84 a Wülste in SW. 
Glemeckgraben (15)h4 bs 5 o20N; Wülste inS — (16) h 8, 10° #45 SW. 
Pfongau: (17) h 9 x 27 NO. 

Hattinger Graben: (18) h 5, 5° 9 508. — (19) h 6, 5° 9 85 N. — (20) Iı 6, 


10° #818. — h 6, 10° 2 83 N — (21) h 5, 5° 9 9. — (22) h 5, 5° 9 
60 8. (23) h 8, 10° 9 40 SW. — h 10, 5° 9 40 WSW. — (24) h 9, 5° + 
30 SW. — (25 h 9, 5° 9 50 SW. — (26) h 9, 5° » 45 SW. — (27) h 8, 5° 
4 50 8W. — h 6, 10° 4 30. 8. — (88) h 8 9 35 SSW. — (29) h 6,5° 4 
60 3. — (80) h 5, 5°o 9%. — h 7, 5° 90. — (81) h 5. 5° 608. 


(32) h 6, 5° » 558. — (89) h 6, 50 o 40 S. — (34) I 8, 5° » 50 SW; 
Wülste in NO. 

Diesenbachgraben: (5) h 6% 288. — h69%808. — (86) h6 bis 7 x 
48 — 8) h6Y% A408. _ 88) h 6 4 40 8; Wülste in S. 


354 Eberhard Fugger. [68] 


Stadelberggraben: (39) h 4 bis 5 » 40 SSO, — yei h 4, 7°» 85 NNW; 
Wülste in SSO. — (41) h 9, 6° x 12 SW. — h 9, 6°» 65 sw. 


Ederbauer: (42)h22200. — h6s8N. 


Haunstätter ar (43) h 8 bis 9 » 85 NO. — (44) h 8, 3° u» 65 NO. — 
(45, h 11, 2° x 90. — h 1, 11° 9 74 OSO,. 


Zeller EEENER (46) h 9 x 60 SW; Wülste in NO. 
Mondsee: (47) h 6 bis 7 ©» 50 8. 


Haltestelle Vetterbach: (48)h5 bs 6% 50N. — h5bis 6 9858. — 
(49) h 5 bis 6 © 75 S. — (50) h 6 » 75 N; Wülste in 8. 


Unterer Vetterbach: 5l)h 7% 50 N. — (52)h9 025 SW. — (53) h7 
y 30.8. — (54) h 12 o 15 W. * 65) h 3 bis 4 0 60 NW. — (56) h 4 bis 
5 #50 NNO; Wülste in SSO. — 679) h2v% 15 WNW. 


Vetterbach, rechtseitiger Zufluss: (88) h 2, 10° » 55 NW. — (69) h 5, 
10° » 40 S; Wülste in N. — (60) h 5, 5° x 40 8. — (61) h 5, 5° » 84 N; 
Wülste in $. — (62) h 11,5°9 45 W. — h 10, 5° x 45 WSW. — (63) h 6, 
10° 9 90. — (64) h 8 y 50 SSW. — h 8, 5° » 50 SW. — (65) h 8, 10° » 
55 SW. — (66) h 7, 5° x SO SSW. — (67) h 7, 5° » 50 SSW; Wülste in 
NNO. — (68) h 6, 5° o 45 S. — (69) h 5,5° » 80 N. — (70) h-5,5°%80N. 


Pfarrergraben: ((I) h 7% 75N. — (72) b 6 % 75 N; Wülste in S. — 
(73) h6 # SON. — (74) h 6 x 30 bis 50N. — (75) h 6% 30N — (76) h9 
o 45 SW. — (77) h5, To 60 N. 


Bräukeller: (78) h 6, 5° 9 65 N. 


Tanzberger Graben: (79) h 7, 5° # 85 NNO. — (80) h 6, 2° @60N. — h5 
75 N. — h6,5°% 80 N. — (81) h 6, 5° 4 708. — h 6, 10° © 80 8, 


Fischbachgraben, Mittellauf: (82) h6 » 488. — (8) h4 9 85 SO. — 
(84) h 4 x 50 SO. — (85) h 8 u 45 SSW. — (86) h 1, 10° » 30 WNW. — 
(87) h11 9 52 W. — (88) h 6 bis 7 9 40 8. — (89) h 7 9 55 S; Wülste 
inN. — (90) h 12 x 45 W; Wülste in OÖ. — (91) h 11, 5° 9 55 W; Wülste 
in O0. — (92) h 7 » 45 bis 608. — (9%) h5 o70S; Wülste inN. — 
(94) h 4, 7°» 80 NNW. 


Fischbachgraben, linkseitiger Arm: (95) h 3 0 70 SO. — (9%) h 3 bis 4 v 
80 NW. — ı97) h 4, 10° » 90. (98) h 5 o 90. — (99) h 7 © 35 his 55 $; 
Wülste in N. — ı100) h 3, 7° x» 80 NW; Wülste in SO. — (101) h 3» 
65 NW. — (102) h 4, 4°» SO NNW. — (105) h 4 » 80 NW; Wülste in SO. 
_ (eh) h4o89 NW. — 02) h4 80 NW. — (106) h 4 2 80 NW. — 
(107) h7 20 8. — (108) h 7 + 80 N; Wülste in S. — (109) h 11 #45 W; 
Wilde in.0, © (110) h 11, 10 » 30 an Wülste nO0. — 1) h2y 
60 NW; Wülste in SO. — (112) A 3 0835 NW. — (1138) h 2 » 35 NW, 
Wülste in SO. — (114) h 4 bis 5 90. — (115) h4 bis 50 90. — h3% 
40 NW. — (116) a: h 3 x 40 NW. ab: h6 9 90. — h 6 2 80 S; Wülste 
inN. — (ily)h 7,5% 9 75 SSW; Wülste in SSW. 


Fischbachgraben, rechtseitiger Arm: (118) h6 60S —h 1, 6° g 40 NW. 
— (119) h 1» 15 W. — (120) h 9220 8SW. — (12Dh6%38 — 
(122) h 3, 10° » 50 SO. — (123) h 2, 4° % 40 SO. — (124) h 2» 60 NW. 
(125) h 7 » 30 s _ (126) h6 o 408. — (127) h 6, 10° 9 88 N; Wülste 
in N. — h 6, 10° 9 84 S. — (128) h 6, 5° » 85 N; Wülste in N. — 
(129) h 6, 10° o Rn 8. — «s0) h 49 90; Wülste inSO. — h4»90. — 
(131) h 5 bis 6 0 80 8. — (132) h 9 4 70SW. — h 8,7°065 NW. — 
(133) h 10, 10° o 0 WSW. — h7, 10°» 90. — h 7, 10% 2 350.080. — 
(134) h 7 x 70 Ne (155) h 12 © 25 O0. — (136) h 6 » 30 S; Wülste in S. 

6 


Graben zwischen dem Zifanken und der Kleinen Plaik: (137) h 
10° 60 8. — (138) h 8, 5° o» 60 SW 


[69] Das: Salzburger Vorland. 355 


X. Die Hochebene von Lamprechtshausen 


wird begrenzt im Westen und Südwesten von der Salzach zwischen 
Oberndorf und St. Georgen, im Süden und Osten von der Oichten, 
welche in der Nähe des Dorfes Oichten entspringt und bei Obern- 
dorf in die Salzach mündet, im Norden endlieh von der Salzburger 
Landesgrenze. Das Gebiet wird durch die Strasse, welche von Obern- 
dorf in fast nördlicher Richtung über Lamprechtshausen nach Moos- 
dorf und Eggelsberg in Oberösterreich zieht, in zwei ziemlich gleiche 
Hälften getheilt; die westliche Hälfte bildet eine weite Hochebene 
mit ausgedehnten Mooren, dem Bührmoos und Waidmoos, die östliche 
ein Hügelland, welches allmälig in das Oichtenthal abfällt und einige 
kleine Erhebungen trägt, wie den Wachtberg im Süden und den Lielon 
im Norden. 

Die Uferlinien der alten Salzach, welche von der Mündung der 
Saalach bei Muntigl abwärts sowohl am rechten als am linken Ufer 
weit auseinander biegen und in dem weiten Inundationsgebiete mächtige 
Auen einschliessen, treten bei der S-förmigen Krümmung des Flusses 
zwischen Laufen und Oberndorf wieder nahe zusammen und direct an 
den Fluss. Kaum 100 m unterhalb der Oichtenmündung, etwa bei 
km 325 der Flussregulirungsarbeiten !), zeigt sich am rechten Salzach- 
ufer auf eine Strecke von 30 m horizontales Conglomerat anstehend als 
das Material der rechtsseitigen Uferterrasse oberhalb Oberndorf. 

Die Stadt Laufen am linken Ufer bietet zwei Uferterrassen dar; 
auf der unteren steht die Stadt selbst, auf der oberen der Bahnhof. 
Am rechten Ufer, Laufen gegenüber, bei Oberndorf streben Steil- 
wände in die Höhe, welche nur hinter den Häusern von Altach durch 
eine schmale, eirca 100 m lange untere Terrasse unterbrochen sind. 
Am linken Ufer haben sich abwärts von Laufen bei Arbesbichl 
beide Terrassen in eine hohe Uferterrasse vereinigt, ebenso gegen- 
über am rechten Ufer bei den letzten Häusern von Altach. Am 
linken Ufer zieht sich die eine hohe Uferwand etwa 1500 m lang hin, 
dann sieht man auf 150 m zwei Terrassen, und nach dieser Strecke 
drei. Auf der mittleren dieser drei Terrassen liegt die Ortschaft 
Ösing. Am rechten Ufer beginnt eine untere Terrasse etwa bei 
km 34'5 der Flussregulirungsbauten und reicht bis gegen km 357; 
sie erreicht eine Breite von mehreren hundert Metern. Eine dritte, 
tiefere Terrasse trennt sich von der eben genannten bei dem zweiten 
Steinbruch, etwa bei km 34:7, und reicht bis etwas unterhalb km 34°. 
Die zweite Terrasse erreicht, wie erwähnt, bei km 357, beim sogen. 
Mühlthaler Bruch, ihr Ende, und von da an bis zu km 369, wo ein 
Bach am rechten Ufer mündet, der in der Nähe von Wimpassing 
seinen Ursprung hat, stehen steile Wände von mindestens 50 m Höhe. 

Unterhalb dieses Baches beginnt bei Vollern erst die eigent- 
liche Terrassirung und entwickeln sich den Lauf des Flusses entlang 


!) Die österreichischen Salzachfluss-Regulirungsbauten haben ihren Anfangs- 
punkt mit km 0'0 etwas oberhalb der Hauptbrücke von Hallein, die bayerischen 
bei der Mündung der Saalach in die Salzach, 


356 Eberhard Fugger. [70] 


von hier bis Unterehing fünf hintereinander liegende Stufen, die 
aber weiterhin immer undeutlicher werden und bei St. Georgen 
bereits wieder zu einer einzigen Stufe vereinigt sind. Am linken Ufer 
beobachtet man die Terrassen bis Geisenfelden. 

Als im Jahre 1895 die Bahnlinie Salzburg Lamprechtshausen 
gebaut wurde, gaben die verschiedenen Einschnitte manchen interes- 
santen Aufschluss über die Bodenverhältnisse.. Der interessanteste 
Aufschluss war unbedingt jener, der sich etwa 80 m nördlich der 
Oichtenbrücke ergab: es lagert hier an der Sohle bis zu I’ m 
Höhe miocäner mariner Tegel, und war zu beiden Seiten des 
Einschnittes ein sandiger Mergel zu sehen mit beiläufigem Streichen 
von West nach Ost und nördlichem. Einfallen, welcher zu einer blau- 
grauen, fast lettigen Masse verwittert ist. Im Graben längs der 
der Bahnlinie benachbarten und parallelen Strasse ist dieser Letten 
ebenfalls auf eine kurze Strecke sichtbar; das Materiale, in das hier 
die Oichten eingebettet ist, ist dasselbe und fand man daselbst beim 
Bahnbau auch einige leicht zerbrechliche Petrefacten. Nach 67 m, 
bei Kilometer 16 der Bahnstrecke, verliert sich der Mergel unter 
dem Schotter, der von nun an die Sohle des Bahnkörpers bildet. 

Weiterhin beobachtet man in dem Einschnitte einzelne Mulden, 
die von oben her in den Schotter hineinreichen und mit Sand erfüllt 
sind. Bei km 16'2 beobachtet man unter dem Schotter ein zweites 
Sandlager, welches aber bald untertaucht, um sich nach wenigen Metern 
wieder aus der Sohle zu erheben. Dieser untere Sand steigt nun auf- 
wärts bis an den oberen Rand des Einschnittes, nach 15 Metern folgt 
unter diesem unteren Sand abermals eine aufsteigende (untere) Schotter- 
schichte. In diesem unteren Schotter beobachtet man weiterhin etwa 
30 bis 40 cm unter der Basis des unteren Sandes eine Schichte ziem- 
lich feinen, mit rothbraunem Ocker überzogenen Schotters von 20 bis 
30 cm Mächtigkeit aufsteigen, welche unmittelbar von einer schwarzen, 
etwa 2 cm dicken, torfigen Schicht bedeckt ist. Diese letztere erhebt 
sich bis höchstens 80 cm über die Schienenhöhe, senkt sich dann 
wieder gegen den Boden und verschwindet in demselben. Nach einer 
Strecke von 135 m kommt. sie wieder aufsteigend. zum Vorschein, ist 
durch einige Meter hin sichtbar und keilt sich dann im unteren 
Schotter aus. 

Und nun folgt, soweit der Hinschnd noch reicht, schön horizontal 
geschichteter (unterer) Schotter an der Basis, darüber theilweise lettiger 
(unterer) Sand von 1 bis 3 m Mächtigkeit. 

Die torfige Schichte bildet in dem Einschnitt eine Mulde und 
markirt daher einen alten Sumpf oder See, der einmal in dem Schwemm- 
lande vorhanden war. Seitwärts (östlich) von dieser Stelle steht an der 
Reichsstrasse in kaum 50 Schritt Entfernung junges Conglomerat an, 
welches in einer Schottergrube ausgebeutet wird. 

Bahn und Strasse haben hier eine Terrasse erklommen, welche 
sich vom Bahnhof wieder gegen den Markt Oberndorf hinab senkt 
und welche in weitem Bogen” von der vorher genannten Schottergrube 
nach Osten ausbiegend, von einer zweiten Terrasse begrenzt wird, 
welche erst in Oberndorf selbst wieder direct an die Salzach tritt 
und die untere Terrasse überdeckt. Auch gegenüber am linken Ufer 


[71] Das Salzburger Vorland. 357 


lassen sich diese beiden Terrassen gut unterscheiden: die bayerische 
Stadt Laufen liegt, wie schon erwähnt, auf der ersten Stufe, welche 
als vorstehende Zunge weit in die Salzach reicht und diese zu der 
für Oberndorf so unheilvollen Krümmung zwingt, der bayerische Bahn- 
hof liegt auf der zweiten Stufe. 

Die gewaltige S-förmige Krümmung der Salzach war und ist 
für das tief gelegene Oberndorf eine beständige Gefahr und die Ur- 
sache von zahlreichen grossartigen Ueberschwemmungen, deren Wasser- 
höben sowohl an vielen Häusern von Oberndorf, als auch an manchen 
tiefer gelegenen von Laufen verzeichnet sind und gar nicht selten 
über das Erdgeschoss hinauf bis an die Fenster des ersten Stockwerkes 
reichen. Einer Ueberschwemmung im August 1896 ist die Ver- 
bindungsbrücke zwischen Oberndorf und Laufen zum Opfer ge- 
fallen. Bei der Neuherstellung der Brücke im Winter 1896 auf 1897 
wurden an beiden Ufern und in der Mitte des Flussbettes Bohrungen 
unternommen, und hatte der Herr k. k. Baurath Sigmund Beer 
die Güte, mir ein Schema der erbohrten Profile, sowie die erhaltenen 
Bohrproben zu überlassen. 


Bohrloch 1 wurde auf dem linken, bayerischen Ufer aus der 
Meereshöhe 39239 m eingetrieben, und zwar im Flussbette, wenige 
Meter von der Uferböschung entfernt. Es ergab Schotter bis 385°59, 
also bis 680 m Tiefe; dann wurde in „weichem Uonglomerat“ weiter 
gebohrt bis 379'85 m und endete das Bohrloch im Conglomerat. 


Bohrloch 2 wurde in der Mitte des Flussbettes eingetrieben ; 
der Wasserstand war in 390°14 m Höhe; die Wassertiefe betrug kaum 
ein Decimeter, dann begann Schotter, welcher wie im Bohrloch 1 bis 
385°59 reichte. Unter dem Schotter folgt das „weiche Gonglomerat 
mit einzelnen Schotterlassen“ und reicht bis 37809, sohin beträgt 
die Mächtigkeit des Conglomerates 7:50 mm. Das Conglomerat wird 
unterlagert von „blauem Tegel“, in welchem das Bohrloch in 36851 m, 
d. i in 958 m Tiefe endet. 

Bohrloch 3 befand sich im Flussbett nahe dem rechten, öster- 
reichischen Ufer; das Wasser war 1 m tief; bei 389'18 begann das 
Conglomerat, ohne eine Ueberlage von Schotter, und reichte bis 
379-38, also 9'80 m tief; unter demselben fand sich wieder der blaue 
Tegel, und in demselben endete das Bohrloch bei 368°97 m. 

Die neue Verbindungsbrücke war noch nicht lange vollendet, so 
wurde sie von dem Hochwasser des Sommers 1897 — Ende Juli — 
wieder fortgeschwemmt. 

In Laufen steht von dem Brückenthor abwärts am äusseren 
Ende der Parkanlagen Conglomerat an, welches unterhalb der Stadt 
das linke Steilufer der Salzach bildet und in dem Steinbruch von 
Arbesbichl bereits in einer Mächtigkeit von 52 m blossgelegt ist. Am 
rechten Ufer in Oberndorf beobachtet man dasselbe häufig an den 
Steillehnen hinter den Häusern; an der Strasse, welche vom Markte 
aufwärts gegen die Höhe der oberen Terrasse führt, sieht man es 
schön horizontal geschichtet und findet in demselben gar nicht selten 
deutlich gekritzte Steine als Beweis dafür, dass diese Schotterterrassen 
umgeschwemmte Moränen sind. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 46 


358 Eberhard Fugger. [72] 4 


Wandert man am rechten Salzachufer von der Oberndorfer Brücke 
flussabwärts, so beobachtet man an den Häusern von Altach, dass 
die Strassensohle — infolge ‘der zahlreichen Inundationen — wieder- 
holt künstlich erhöht wurde, denn die Hausthüren führen alle meter- 
tief und noch tiefer abwärts in das eigentliche Erdgeschoss. Hinter 
den Häusern tritt überall das Conglomerat zutage. Bei km 340 der 
Flussregulirungsbauten verlässt man die letzten Häuser von Oberndorf- 
Altach; zur Rechten hat man die steile Conglomeratwand und unter 
dem Congelomerat konnte man im Jahre 1893 wenige Meter über der 
Strasse die Liegendmoräne sehen. Heute ist sie vollkommen verdeckt. 
Wenig unterhalb km 343 beginnt der erste Steinbruch, der sogen. 
obere Schuhmannbruch, welcher in der Uferterrasse und weiter- 
hin nach Beginn der unteren Terrasse nur mehr in der oberen Stufe 
etablirt ist. Es lagert horizontal geschichtetes Conglomerat bis auf 
die Uferhöhe ; unter demselben beobachtet man an dem grasbewachsenen 
(Gehänge der unteren Terrasse, etwa 4 bis 5 m über der Salzach, einen 
graubraunen Lehm von 20 cm Mächtigkeit, der von Schotter unter- 
lagert wird. Es ist ungefähr die Stelle. wo Brückner seinerzeit 
(1884) einen Kalkschlamm mit schön gekritzten Geschieben fand. 
Es ist dieser Lehm nun allerdings nicht im mindesten kalkig und da- 
her jedenfalls nicht der Brückner’sche Blocklehm; doch muss dieser 
hier liegen. Die Brückner’sche Fundstelle befand sich 1:5 m über der 
Salzach. Gegenwärtig reicht aber der Uferschutzdamm mehr als 2 m 
über das Niveau derselben und verdeckt die Brückner’sche Fundstelle. 
Der graubraune Lehm gehört aber sicher der Liegendmoräne an. 

100 Schritte unterhalb dieser Stelle, also etwas unterhalb km 34°5, 
ist am Gehänge unten am Quai wieder auf eine kurze Strecke das Gestein 
entblösst. Es zeigt sich 3 bis 4 m über der Salzach unter dem Con- 
glomerat auf 12 Schritte ein Sandstein; dieser ist jedoch nur eine 
Einlagerung von höchstens 1 »» Mächtigkeit im Conglomerat; ich konnte 
unter Ihm mit dem Hammer stellenweise das liegende Conglomerat 
blosslegen. 

Aber nach weiteren 57 Schritten, d. i. etwa in der Mitte zwischen 
km 34'5 und 34'6, sieht man unter dem Conglomerat eine horizontale 
Sandsteinbank von 10 cm Dicke auf 2 m Länge entblösst, etwa 5 m 
über der Salzach. Dieser Sandstein ist hart und ziemlich grobkörnig ; 
ich halte ihn für noch diluvial. Unmittelbar darunter liegt der 
weiche, feinkörnige Sandstein, von welchem Brück ner Seite 66 spricht 
und der dem marinen Miocän angehört, derselbe Sandstein, welcher 
am Haunsberg, Immersberg und Lielon auftritt. Man kann ihn 
mit Unterbrechung 36 Schritte weit verfolgen bis zu einer Quelle, 
welche etwa !/); m über dem Wege direct über diesem Sandstein 
zutage kommt. 

Der zweite Steinbruch, der untere Schuhmannbruch, ist 
etwa bei km 34'7 in die oberste Terrasse getrieben; man beobachtet 
hier nur horizontal geschichtetes Conglomerat. Im Mühlthaler 
Bruch (km 35°6) wird unter dem Conglomerat eine Moräne mit schön 
gekritzten Steinen sichtbar. 

In den Conglomeraten des oberen Schuhmannbruches und des 
Mühlbacher Bruches fand man in den Jahren 1893 bis 1896, etwa 


[73] Das Salzburger Vorland 359 


14 m unter der Uferhöhe, also 36 m über der Salzach, eine Anzahl 
Mammuthzähne, von denen dermalen vier im Besitze des Salz- 
burger Museum Carolino-Augusteum sind. 

Unterhalb des zuletzt genannten Steinbruches tritt die Moräne 
völlig zurück und steigt der miocäne Sandstein auf, welcher bei km 358 
schon 5 bis 6 m über den Salzachspiegel reicht. Ueber der fast hori- 
zontalen Hangendfläche dieses Sandsteines kommen zahlreiche Quellen 
zutage, welche mittels hydraulischer Widder auf die Höhe der Ufer- 
terrasse getrieben werden. Das über dem miocänen Sandstein lagernde 
Conglomerat enthält einzelne Sandsteinschichten von 10 bis 20 und 
mehr Oentimeter Mächtigkeit, unterhalb km 36°0 erreichen diese Bänke 
sogar eine Dicke von 50 bis 60 cm. Conglomerat und miocäner Sand- 
stein sind in gleicher Weise auch auf dem linken Ufer sichtbar. 

Auf dem Conglomerate liegt, 1 bis 2 m mächtig, eine erdige 
Schotterschichte, welche wahrscheinlich eine Moräne ist. Die Steilheit 
der Wände erlaubte mir nicht. mich genauer zu überzeugen. 


Fig. 19. 


Wimpassing. 


Con glomerar 


No BIETE Km.36'0 Moränenletten 


Bei kn 36°0 kommt wieder die Liegendmoräne zum Vorschein ; 
man sieht unten den miocänen Sandstein 5 m mächtig, darüber die Moräne 
mit 1'5 »» und über dieser das Conglomerat. Weiterhin — zwischen 
km 36'1 und 36:2 — verschwindet die Moräne wieder ganz und das 
Conglomerat liegt direct auf dem tertiären Sandstein. Einige 20 
Schritte unterhalb km 36°2 ist wieder die Liegendmoräne vorhanden, 
der tertiäre Sandstein taucht unter und ist nach weiteren 20 Schritten 
ganz verschwunden. Die Moräne steigt nun auf bis gegen 8 m über 
der Salzach, sinkt dann wieder bis auf 4 m zurück, steigt wieder auf 
und reicht wenige Schritte oberhalb km 36°4 bei den Häusern Nr. 7 
und 8 von Wimpassing (Thomerl- und Essergut) bis auf die Höhe 
des Ufers, welche hier mindestens 50 m beträgt, während das Üon- 
glomerat ganz aufhört (Fig. 19). Die Moräne enthält einzelne Schichten 
von Letten und von Schotter von je 30 cm Dicke. 

Die Moräne ist hier eigenthümlich ausgewaschen und zeigt einen 
thurmähnlichen Hügel, auf dem als Fortsetzung des dahinter befind- 
lichen Waldes einzelne Fichten stehen. Die Gegend heisst die Lehm- 
srube. 15 m über der Salzach beobachtet man an diesem Hügel, 

46* 


360 Eberhard Fugger. [74] | 


3 bis 4 m mächtig, gelben Sand in die Moräne eingelagert; der darüber 
liesende Theil der Moräne ist sehr stark sandig. Weiter flussabwärts 
bildet die Moräne auf eine Strecke von 80 Schritten eine steile, fast 
senkrechte Wand. Die Salzach hat hier eine genau ostwestliche 
Richtung. 

Ein Graben, der bei Wimpassing seinen Ursprung hat, dann eine 
längere Strecke zur Salzach parallel läuft und beim Kellerwirt an der 
Strasse Oberndorf—St. Georgen gegen die Salzach hin abbiegt und 
zwischen Wimpassing und Vollern in dieselbe mündet, schneidet tief 
in die Moräne ein; von seinem rechten Ufer weg zeigen sich ziemlich 
weithin wieder Terrassen, anfangs zwei, bei den Häusern von Vollern 
drei; beim Kreuz, welches etwas flussabwärts von Vollern auf der 
obersten Terrasse am Wege steht, beobachtet man sogar vier Stufen. 
Alle sind mehr oder weniger bewachsen, auf den obersten Stufen 
zeigen sich an mehreren Stellen zwischen Vollern und dem Kreuze nicht 
unbedeutende Abplaikungen. Die unterste Stufe besteht bei Vollern 
aus der Moräne, diese ist mehr lehmig als sandig und etwa 10 m 
hoch ; die oberen Stufen bestehen aus Conglomerat und Schotter. 

Etwas unterhalb 374 km zeigt ein kleiner Anbruch in dem 
dicht überwachsenen Gehänge der unteren Terrasse bereits wieder 
den miocänen Sandstein, der beiläufig 8 m über die Salzach, an das 
Niveau der unteren Terrasse emporreicht. Weiterhin steigt die untere 
Terrasse auf. Bei km 37°6 ist der Sandstein nur mehr 6 m hoch, 
darüber Jagert Conglomerat, das schön horizontal geschichtet ist; auf 
dem Sandstein spielt wieder ein hydraulischer Widder. 

Vom Kreuz flussabwärts erhebt sich zwischen Zeltsperg und 
der Salzach, nahe der letzteren, ein Hügel, an dessen südöstlichem 
Ende sich eine Schottergrube mit nahezu horizontal geschichtetem, 
glacialem Conglomerat befindet. 

Etwa 120 m unterhalb km 37°8 verschwindet das Conglomerat 
von der unteren Stufe und der weiche Sandstein reicht bis auf die 
Höhe des Ufers, welche hier etwa 15 bis 20 m beträgt. Bei km 38:05 
ist der miocäne weiche Sandstein bereits erhärtet, die ganze Wand 
besteht aus demselben; bei km 3815 erscheint über dem 15 m hohen. 
Sandstein wieder das Conglomerat. Unterhalb km 38:5, oberhalb der 
Ortschaft Lettensau, ist der Sandstein schön horizontal geschichtet 
und besteht aus mehr oder weniger festen Bänken von etwa 10 bis 
20 cm Dicke. 

Es sind hier wieder nur zwei Terrassen entwickelt; gegenüber 
am bayerischen Ufer sieht man deutlich unten den miocänen Sandstein 
und darüber das elaciale Oonglomerat. Der Bach, der hier am rechten 
Ufer oberhalb Lettensau in die Salzach mündet, hat einige Meter vor 
seinem Absturz über die Wand der unteren Terrasse sein Bett in den 
miocänen Sandstein eingerissen. Diese Sandbank lässt sich von der 
Mündung des Baches mit Unterbrechungen noch über 1500 Schritte 
weit flussabwärts verfolgen. 

Etwa 200 Schritte unterhalb des Baches stehen die Häuser von 
Lettensau. Der Sandstein und das glaciale Conglomerat sind auf eine 
längere Strecke überwachsen, dann erscheint als Hangendes eine 
ungeschichtete, bräunlichgraue Sandmasse auf einige Meter Länge 


[75] Das Salzburger Vorland, 361 


aufgeschlossen ; weiterhin zeigt sich unter ihm das glaciale Conglomerat 
und später unter diesem, etwa 8 bis 10 m über der Salzach, die Liegend- 
moräne. Das Liegende ist verdeckt. Dieser Aufschluss befindet sich 
eirea 200 Schritte unterhalb Lettensau. 

280 Schritte von diesem Punkte ist die Moräne besonders schön 
aufgeschlossen und reich an gekritzten Steinen. Nach 50 Schritten 
bemerkt man ganz unten auf etwa 20 cm über dem Boden den tertiären 
Sandstein auf die kurze Strecke von sechs Schritten. Nach weiteren 
220 Schritten ist die miocäne Sandsteinbank wieder sichtbar; sie 
reicht bis 8m über die Salzach und ist vollkommen horizontal ge- 
schichtet, der Stein aber härter. Auf der Hangendschichte derselben 
fliesst viel Wasser und liegt Kalksinter. Darüber lagert die Moräne 
und über ihr das Conglomerat. 

Diese Lagerung lässt sich an der Salzach abwärts 370 Schritte 
weit verfolgen, und hier unterscheidet man im wmiocänen Sandstein 
deutlich drei Schichten: eine obere, grünlichgraue, von 30 cm Dicke, 
eine mittlere, dunkelblaugraue, von 1'6 m Mächtigkeit und wieder eine 
grünlichgraue als Liegendschichte, welche 3 m über die Salzach reicht. 
Die obere Schichte enthält eigenthümliche Einschlüsse, welche mit 
Bruchstücken eines Daculites Aehnlichkeit zeigen. Die Einlagerung 
des blaugrauen Sandsteines beobachtet man mit Unterbrechungen und 
bald mehr, bald weniger deutlich auf eine Strecke von etwas über 
100 Schritten, dann hört sie auf; der Sandstein wird grobbankig. 

Nach 82 Schritten mündet gegenüber am linken Ufer schluchtartig 
der Schinderbach und nach weiteren 20 Schritten verschwindet 
der miocäne Sandstein auf der österreichischen Seite, die Uferterrasse 
wird sehr niedrig und hat nur mehr eine Höhe von etwa 3 m. 

Nun tritt am Ufer ein bräunlichgrauer Sand auf, ähnlich der 
hangenden Sandmasse unterhalb Lettensau; er unterscheidet sich vom 
alluvialen Salzachsand deutlich durch seine dunklere Farbe und 
sein gröberes Korn und ist mit kurzen Unterbrechungen noch 600 
Schritte weit zu beobachten. 

Weiterhin sieht man nur alluvialen Salzachsand und alluvialen 
Sehotter, die Terrasse am rechten Ufer tritt weit zurück, und weite 
Auen begleiten den Lauf des Flusses. An der bayerischen Seite dagegen 
ist die Uferterrasse noch sehr hoch, zeigt schöne, pyramidenartige 
Auswaschungen und lässt unten die miocäne Sandsteinbank durch ihre 
grünlichgraue Färbung und ihren grösseren Widerstand gegen die 
zerstörende Einwirkung des Wassers hervortreten. 

Die unterste Terrasse am rechten Ufer zieht sich die Au ent- 
lang, die zweite Terrasse tritt in einem weiten Bogen von der Salzach 
weg, auf ihr und der folgenden dritten Terrasse liegt Unterehing, 
Westlich der Kirche von Unterehing ist an dem Fahrwege in einer 
Sehottergrube geschichteter Schotter mit Sandsteinzwischenlagen bloss- 
gelegt. Auf einer vierten Terrasse liegt Oberehing, und an ihr 
ist stellenweise eine fünfte Stufe abgegrenzt, aus welcher sich der 
Hügel zwischen Lettensau und Vollern, sowie jener von Zeltsperg 
erhebt. 

Diese fünf Terrassen, welche sich unterhalb Lettensau allmälig 
entwickeln, verwischen sich unterhalb Unterehing ebenso allmälig 


362 Eberhard Fugger. [76] 


wieder; es ist dann nur mehr eine einzige Terrasse zu constatiren und 
diese zieht sich weit zurück vom heutigen Flusslaufe und überlässt 
das Terrain zwischen sich und dem Flusse ausgedehnten Auen. 

Zwischen Lettensau und Oberehing, dann im Bette des Bladen- 
baches bei dem letztgenannten Orte finden sich Schotteraufschlüsse ; 
hinter dem Wirtshausstadel in Oberehing steht über dem Schotter- 
conglomerat Letten an, und zwar in bedeutender Mächtigkeit. An der 
Terrasse bei Irlach ist ein Lehmlager und weiter nördlich davon 
eine Schotterbank aufgeschlossen. Das ganze Terrain ist hier von 
glacialen Schottern, Conglomeraten und Moränen gebildet. 

Bei St. Georgen ist die Grenze zwischen Salzburg und Ober- 
österreich; diese biegt aber etwa 1!/, Kilometer östlich von Sanet 
Georgen weit nach Norden aus, und darum erscheint es mir gerecht- 
fertigt, den wenige Kilometer nördlich von St. Georgen gelegenen 
ehemaligen Kohlenbergbau Wildshut hier zu besprechen, wenngleich 
er schon in oberösterreichischem Boden liegt. 

Der Bergbau am Brandenberge, d. h. am Gehänge gegen 
die Salzach bei Wildshut!), wurde im Jahre 1756 unter dem 
Churfürsten Maxmilian von Bayern durch fünf Arbeiter begonnen, 
aber das Werk gerieth bald darauf wieder ins Stocken und selbst in 
Vergessenheit. Erst 1795 wurde auf Aerarialkosten ein ordentlicher 
Stollenbau eingeleitet und mit mehr oder weniger gutem Erfolge be- 
trieben. Anfangs der Vierzigerjahre des 19. Jahrhunderts ging das 
Werk in das Eigenthum eines Herrr Alois Miesbach über, welcher 
anfangs jährlich gegen 100.000 Wiener Centner Kohle erzeugte, die 
grösstentheils zu Wasser nach Wien verführt wurde Die Hauptmasse 
des Braunkohlenflötzes war bald verhaut ?), überdies erzeugte die Nähe 
der Salzach derartige Störungen im Betriebe, dass die Erzeugung 
1851 nur 33.000 und 1852 nur mehr 28.000 Centner betrug, obwohl 
40 Mann als Arbeiter beschäftigt waren. Da die Wässer selbst mit 
einer Dampfmaschine nicht mehr bewältigt werden konnten 3), wurde 
der Betrieb im Jahre 1853 gänzlich eingestellt. Nun erwarb ein Herr 
Drasch das Werk, da noch mindestens 20.000 Kubikmeter der 2 m 
mächtigen Kohle zu gewinnen waren. Drasch kam aber sehr bald 
zu der Ueberzeugung, dass der Abbau ohne sehr kostspielige Vor- 
riehtungen nicht mehr möglich sei, und so wurde der Bau in Frist 
gelegt, bis vielleicht durch die Flussregulirung günstigere Verhältnisse 
werden eingetreten sein ®). 

Die durch den Kohlenbau aufgeschlossene Lagerung ist nach 
Lipold°) und Seeland®) von oben nach abwärts folgende (siehe 
das nachstehende Profil Figur 20): 


!) Erlich, Ueber die nordöstlichen Alpen. Linz 1850, Seite 39. 

2) Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen; von Freih v. Hingenau. 
1853, Seite 206. 

®) Mitth. aus dem Gebiete der Statistik, 1864, X. 4, Seite 104. 

*) Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen; von Freih. v. Hingenau. 
1860, VIII, Seite 157. 

5), Jahrbuch d k. k. geol R.-A. Wien 850. I, Seite 599—602. 

®) ibid. 1850. I, Seite 613—616. — Siehe auch: Guembel, Geogn. Be- 
schreibung des bayerischen Alpengebirges. Gotha '861, Seite 773—774. 


[77] Das Salzburger Vorland. 365 
l. Conglomerat ; 

2. feiner, glimmeriger Sand, abwechselnd mit Schotterlagen ; 

3. eine lichte Thonmasse mit bläulicher, ins bräunliche spielender 


Farbe, 3 bis 6 m mächtig; 

4. wieder derselbe feine, glilmmerige Sand, wie 2., abwechselnd mit 
Schotterlagen, in der Gesammtmächtigkeit von 5 bis gegen 7 m; 

5. ein bläulicher, fettig anzufühlender Thon, der sog. Hangendtegel, 
der eine Mächtigkeit von 8 bis 10 m erreicht, und in dessen 
untersten, kaum 10cm dicken Thonlagen sich Conchylien und 
Pflanzenreste vorfinden ; 

6. das Braunkohlenlager, 3 m mächtig; und endlich 

7. als Liegendes leichter, sandiger Thon (Liegendtegel), welcher hin 
und wieder Geschiebe krystallinischer Felsarten enthält, aber 
durchaus leer an Pflanzenresten erscheint. 


Fig. 20. Profil des Braunkohlenlagers in Wildshut. 
Nach Lipold, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1850. I, S. 600. 


Maschinen- 
haus 


Nord Süd 


Das Kohienlager besteht aus vier Flötzen, welche durch zwischen- 
gelagerte Schichten von fetten Thonen (Tegeln) getrennt sind, und 
von denen das oberste, das Firstenflötz 23 cm, das zweite oder so- 
genannte Mittelflötz 53, das dritte oder Liegendflötz 90 und endlich 
das vierte und tiefste Flötz, die Plätte genannt, 32 cm mächtig ist. 
Die Kohle selbst besitzt sohin eine Mächtigkeit von fast 2, die tauben 
Zwischenschichten eine solche von ungefähr 1 m. Die Schichtung 
ist im allgemeinen horizontal. Die Ausdehnung des Kohlenlagers 
ist durch Aufschlüsse in der Grube und durch Bohrungen genau 
ermittelt, und beträgt gegen 270.000 Quadratmeter, die eirca 7 Mil- 
lionen Metercentner reiner Kohle enthalten haben mochten, wovon je- 
doch im Jahre 1850 bereits zwei Diittel abgebaut waren. Die Kohle 
besteht zum Theil aus braunen Ligniten, an denen die Holzstructur 


364 Eberhard Fugger. [78] 


noch wahrnehmbar ist, zum Theil ist sie dicht, schwarz und glänzend, 
im Längenbruch faserig, im Querbruch flach muschelig. Die Dichte 
betrug 1'269 bis 1'306 bei 18° C., die Kohle enthielt im Mittel 26-15 
Procent Wasser, welches bei 100° entfernt werden kann; die bei 100° 
getrocknete Kohle enthielt 53:79 Procent Kohlenstoff, 4:26 Wasserstoff, 
26°37 Sauerstoff, 15°58 Asche und 0'985 Procent Schwefel. 

Die Pflanzenreste dieser Localität wurden von Constantin 
v. Ettingshausen!) bestimmt, welcher das Kohlenlager in das 
miocäne Alter verwies (Obere Süsswassermolasse nach Gümbel, 
Congerienstufe nach Hauer). Es fanden sich folgende Arten: 


Culmites ambignus Ett. 

N arundinaceus Ung. 
Taxodites oeningensis Endl. 
Abietites oceanicus GFöpp. 
Tazxites Langsdorfü Brongn. 
Betula macrophylla Ett. 

„ Brongniartü Ett. 
Almus Kefersteinii Ung. 
Planera Ungerü Eitt. 
Quercus Simonyi Eitt. 
Artocarpidium cecropiaefolium Ett. 
Daphnogene polymorpha Eitt. 
Dombeyopsis grandifolia Ung. 
Acer trilobatum Al. Braun. 


J. R. Ritter v. Lorenz-Liburnau?°) und mit ihm Gümbel‘%) 
leiten die Entstehung des Braunkohlenlagers von Wildshut nach dem 
Vorkommen von Lignit mit beigelagerter erdiger Braunkohle aus einer 
Massenvegetation her, analog der Torfvegetation. Besonders interessant 
ist das Vorkommen abgebrochener, nach einer und derselben Richtung 
hin geneigter Wurzelstöcke, welche Erscheinung nicht von der Strom- 
richtung der sie herveiführenden Gewässer, sondern von der Wirkung 
eines Windbruches im ehemaligen Torfmoore herrührt. Das Vorkommen 
bituminösen Holzes im Schlichtergraben bei Titmoning scheint mit 
dem Wildshuter Kohlenlager im Zusammenhang zu stehen und eine 
Fortsetzung der Flötze unter der Salzach nach Bayern anzudeuten, 
umsomehr, als nach den Beobachtungen in den Wildshuter Gruben 
die Mächtigkeit der Flötze gegen Westen zunimmt. 

(regenwärtig ist von dem Bergbau nichts mehr zu sehen als eine 
kleine Schutthalde an der Stelle, wo der Schacht abgeteuft war. 

Oberbergrath Lipold?) fand in der Dammerde auf dem Plateau 
von Wildshut einen erratischen Block aus Gneis von 2 m Länge und 
l m Höhe. 


!) Sitzungsber der math.-naturwiss. Classe der kais. Akad. d. Wissensch. 
Wien 1852. IX, Seite 40 ff. 

?) Die Geologie der österr.-ungar. Monarchie. Wien 1878. Seite 629 

°) Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch Wien. XXII, Seite 660. 

*) Geogn. Beschr. d. bayer. Alpen. 1861. Seite 773. 

°®) Jahrb. d. k. k. geol. R-A. Wien 1850. I, Seite 602. 


[79] Das Salzburger Vorland. 365 


Der westliche Theil der Hochebene von Lamprechts- 
hausen jst zum grossen Theil mit Mooren bedeckt. Nördlich von 
der kleinen Ortschaft Loipferding zieht sich ein Sumpf hin, rechts und 
links von Wald umgrenzt; unmittelbar am Waldrande befindet sich ein 
kleiner Seerest, der sogen. Egelsee'). Er ist halbmondförmig, 150 m 
lang, 50 bis 60 m breit und in der Mitte etwa 80 cm tief. Nördlich 
davon dehnt sich das Bührmoos und Waidmoos aus; in beiden 
Mooren ist der Torf etwa 1'’5 bis 2 m mächtig, darunter lagert Lehm. 
Es finden sich daher hier bedeutende Torfstechereien und Ziegeleien, in 
welch letzteren der gewonnene Torf als Brennmaterial benützt wird. Im 
Lehm von Bührmoos kommen Sperrkiesknollen nicht selten vor. 

Bei St. Georgen mündet der Oellinger Bach in die Salzach. 
Wandert man von St. Georgen im Graben des Baches, welcher durch- 
. schnittlich 15 bis 20 m tief in den Diluvialboden eingerissen ist, auf- 
wärts bis Oelling, so erhält man stellenweise hübsche Profile in der 
Diluvialablagerung. Im Bachbette liegen alpine Rollsteine, wie Gneis, 
Serpentin, Ohlorit u. a. Am linken Ufer, oberhalb der Mühlberg- 
mühle, ist ein grosser Steinbruch auf horizontal geschichtetes Sand- 
und Schotterconglomerat, in welchem sich etwa 5 m unter dem Niveau 
der Hochebene Kohlenputzen befinden. Etwas weiter oben lag bis zum 
Jahre 1896 ein erratischer Block eines lichten Kreideconglomerates 
mit eingeschlossenen Rollsteinen von Tithonkalk, mehr als 2 m lang 
und breit und 1 m hoch, also mindestens 90 Metercentner schwer, 
mit sehr schön geschliffenen Flächen. Er wurde in jüngster Zeit zu 
Bauzwecken verarbeitet. Weiterhin zeigt sich am rechten Ufer ein 
Lettenlager, und noch weiter aufwärts ein Aufschluss: oben 2:5 m 
Conglomerat, darunter Sand und Schotter. 

An einer Stelle des Jinken Ufers hatte man in den fünfziger 
Jahren einen Schacht auf Kohle gegraben von etwa 36 m Tiefe und 
richtig Braunkohle gefunden, der Schacht wurde aber ersäuft. Im 
Jahre 1872 grub man aber 20 m abwärts im Bachbette, auch am 
linken Ufer, wieder einen Schacht; in demselben beobachtete man, dass 
der Schotter oder das Schotterconglomerat etwa bis auf die Sohle des 
Grabens reicht, dann arbeitete man 31 m tief im Letten. Der Schacht 
wurde jedoch ersäuft, bevor man die Kohle erreicht hatte. 

Vergleicht man die Tiefen, in denen der Letten an den Punkten: 
ÖOberndorfer Brücke, Wildshut und im Oellinger Graben im Boden auf- 
geschlossen wurde, so kommen wir für Wildshut etwa auf die Meeres- 
höhe 376 m, im Oellinger Graben etwa auf 380 m und in Oberndorf 
auf dieselbe Höhe; es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die Sande 
und Schotter über dieser Höhe hier alle dem Diluvium, der Letten 
oder Tegel jedoch bereits dem Miocän angehören. 

Oberhalb der Kohlenschürfe im Oellinger Graben ist am rechten 
Ufer lettiger Sand und Schotter blossgelegt, weiterhin bei Oelling 
am linken Ufer Schotter und Conglomerat. Etwas oberhalb Oelling 
lagert Schotter und Conglomerat horizontal geschichtet mit localen 
Zwischenlagen von lettigem Sand. 


1) Mitth. d. Gesellsch. f. Salzburger Landeskunde. Salzburg 1895. XXXV, 
Seite 203—204. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (E. Fugger.) 47 


366 Eberhard Fugger. [80] 


Oestlich von Moospirach (in der Generalstabskarte 1: 75.000 
steht Moospriach) nächst Oelling befinden sich zwei Lettenbrüche. 
An der Strasse von Moospirach zur Glasfabrik Bührmoos liegt ein 
kleiner Hügel, welcher aus dem Moorboden emporragt und in der 
Generalstabskarte die Höhenangabe 447 trägt; er besteht aus hori- 
zontal geschichtetem Schotter. 

In der Nähe der Ziegelei am Ostrande des Bührmooses befindet 
sich ein See in 442 m Meereshöhe, der sogenannte „grundlose See“, 
der aber seiner torfigen Ufer wegen fast unzugänglich ist. Zwischen 
dem Fabriksgebäude und dem Bahnhof Lamprechtshausen, einige 
hundert Meter nordwestlich von letzterem, liegt im Walde eine Schotter- 
grube, in welcher Schotter und Conglomerat zutage treten, beide 
horizontal geschichtet, darüber etwa 1 m mächtig eine Moräne. 

Aus dem oberösterreichischen Ibmer Moos führt ein künstlicher 
Abfluss, der Franzenscanal, in die Moosach, welche bei Oelling 
in den Oellinger Graben mündet. Franzenscanal und Moosach bilden 
auf eine ziemlich lange Strecke die Grenze zwischen Salzburg und Ober- 
österreich. An der Strasse, die von Holzhausen nach St. Pantaleon führt, 
liegt unmittelbar an der Moosachbrücke die Ortschaft Moosach, und 
hier ist am linkseitigen Ufer an der Strasse und weiter nördlich am 
bewaldeten Gehänge wieder die (Hangend-) Moräne aufgeschlossen. 

Oestlich davon, auf der Höhe bei Roding, liegt eine Schotter- 
bank mit‘ gekritzten Steinen. Dieselbe Schotterbank ist jenseits des 
tiefen und weiten Grabens, der sich von Reith gegen Roding hinzieht, 
auf der Höhe der Strasse in der Nähe der Ortschaft Königsberg 
aufgeschlossen. Der Schotter ist hier 2 m mächtig, darunter lagert 
glaciales Conglomerat. Dieses Gonglomerat trifft man auch an einigen 
wenigen Stellen am Westgehänge des Höhenzuges zwischen Königsberg 
und Reith. Ebenso steht Conglomerat an auf der Höhe zwischen Königs- 
berg und Seethal beim Wallnerbauer, dem Punkte 450 der 
Generalstabskarte. 

Im Osten und Nordosten von Holzhausen breitet sich das Waid- 
moos aus, jenseits desselben an der Strasse, die nach Maxdorf 
hinaufführt, ist wieder die Moräne blossgelest. 

Geht man an der Dichten von ihrer Mündung in die Salzach 
bachaufwärts, so hat man am rechten Bachufer eine ziemlich steile Lehne, 
welche jedoch ununterbrochen mit Vegetation bedeckt ist. Erst wenn 
man in die Nähe der Bahnlinie kommt, treten an der Lehne Con- 
glomerate auf und Quellen mit Kalksinterbildungen. Weiterhin beob- 
achtet man einen diluvialen Sandstein. Dort, wo an der oben hin- 
führenden Eisenbahnstrecke der miocäne Mergel auftritt, zeigt sich 
unten am Gehänge gegen die Qichten hin miocäner Sand und Sandstein 
(1) in h 1 mit westlichem Einfallen; der Sandstein enthält Kohlenstücke 
und zerbrechliche Conchylien. Darüber lagert Sandmergel mit einzelnen 
eingestreuten kleinen runden Quarzen und Petrefacten. Ueber dem Mergel 
folgt wieder Sandstein, darüber junges, geschichtetes Conglomerat mit 
Rollsteinen aus den Centralalpen. Dieser Aufschluss besitzt eine Länge 
von etwa 15 m und zeigt die Schichten in einer wellenförmigen Krüm- 
mung. Beim Bau der Eisenbahnbrücke über die Oichten soll man, wie 
schon erwähnt, zahlreiche Versteinerungen gefunden haben. 


[81] Das Salzburger Vorland. 367 


Von der Oichtenbrücke aufwärts bis Lukasöd zeigt das Bett 
des Baches meist die miocänen Sande und Sandmergel. Etwas unterhalb 
der unteren Mühle in Lucasöd mündet am rechten Ufer ein kleiner 
Bach in die Oichten. Dieser Bach hat eine Länge von etwa 100 m, 
ist tief eingerissen und legt in seiner ganzen Länge den miocänen 
Sandstein bloss, über welchen er hinfliesst. An seinem Beginne ist 
die Schichtung sehr deutlich (2) in h 3 mit Einfallen nach NO zu 
beobachten. Die Sandsteine sind bald geschichtet, bald massig, bald 
oberflächlich zu Sand zerfallend; es sind Bänke von 15 bis 20 cm, 
dann .wieder solehe von 1 m Mächtigkeit und darüber. Der Bach 
bildet häufig Caseaden über die Schichtenköpfe hin. Der Sandstein 
ist ziemlich reich an Glimmer und enthält stellenweise einzelne 
Steinchen und Conchylienschalen. 

An der Leiten gegenüber der Mühle ist am rechten Oichtenufer 
ebenfalls der Sandstein blossgelegt, ebenso bei dem Wehr oberhalb der 
Mühle. Die Höhen am linken Oichtenufer zeigen dasselbe Gestein. 

Oberhalb der Dampfsäge von Lukasöd (3) stehen die Sandsteine 
in h 3, 5° mit nordöstlichem Einfallen an. Zwischen der unteren und 
oberen Häusergruppe ist an der Strasse ein Keller in den Sandstein 
hineingebaut. Bei der Obermühle findet man glacialen Letten mit 
sehr dünnen Sandadern; er lieet nach Angabe der Bewohner der 
Mühle direct auf dem miocänen Sandstein, auf welchen noch der Stall 
der Obermühle aufgebaut ist. Der glaciale Letten reicht etwa ein 
Kilometer weit an der Oichten aufwärts und geht dann in Moräne über. 

Der Bahnbau von der Haltestelle Bührmoos bis zum Bahnhof 
Oberndorf erforderte mehrere Einschnitte, von denen der eine nächst 
Oberndorf mehr als 1!/, km Länge besitzt. Diese Einschnitte führen 
meist durch glacialen Letten, welcher nur hie und da gekritzte Steine 
einschliesst; nur an wenigen Stellen sind eigentliche Moränen und 
Glacialschotter blossgelegt. 

Vom Bahnhof Oberndorf aus bemerkt man auf der Höhe 
der Uferterrasse zwischen der Strasse Oberndorf—Ziegelheide und jener 
nach Kemating einen Anbruch von Conglomerat. Dort, wo der 
Gömminger-Bach aus der Uferterrasse heraustritt und von der 
Strasse Oberndorf— Kemating überbrückt wird, liegt aber schon in 
der Tiefe Moräne. Nach alledem scheint die Moräne das Uonglomerat 
zu unterteufen und dürfte daher die Liegendmoräne sein. 

Auf der Höhe bei Oberndorf ist bei Ziegelheide eine Lehm- 
grube, welche wahrscheinlich mit den Lehmmassen des vorhergenannten 
Eisenbahneinschnittes in Zusammenhang steht. 

Der Gömminger Graben, der sich durch seine ausserordent- 
lich zahlreichen Windungen auszeichnet und besonders in seinem 
mittleren Laufe tief in das Terrain eingeschnitten ist, ‘zeigt von 
Gunfering an bis zum Bahnhof Oberndorf nur glaciales Materiale: 
theils Moräne, theils festen, dichten Letten mit Einschluss von grösseren 
oder geringeren Mengen kleinerer Steine. Der Bach fliesst eine längere 
Strecke seines Mittellaufes neben der Bahnlinie hin und mündet in 
Oberndorf selbst in die Salzach. 

Bei Kirehgömming beobachtet man nahe dem Bache einen 
ehemaligen Teich; auf der Höhe von Kemating liegt glacialer Lehm. 

47* 


368 Eberhard Fugger. [82] 


Von grossem Interesse ist der Wachtberg. In dem Kema- 
tinger Bach, welcher von Reinberg gegen Süden fliesst und in die 
Oichten mündet, findet man von dessen Mündung aufwärts sandigen 
glacialen Letten, bei Fürth tritt am Bache eine Moräne mit gekritzten 
Steinen auf; bei und oberhalb der Fürther Brücke ist wieder der 
glaciale, steinfreie, bläuliche Lehm wiederholt blossgelegt. Weiter 
aufwärts tritt der miocäne Sandstein (4) im Bachbett zutage in h 3, 5° 
mit Fallen nach NO, das Wasser läuft über die Schichtenköpfe. Nach 
etwa 80 m, bei der nächsten Brücke lagert wieder Schotter und gla- 
eialer Lehm. Erst oberhalb der Stelle, wo die Strasse von Oberndorf 
nach Nussdorf den Bach übersetzt, treten wieder miocäne Gesteine auf; 
man findet da am westlichen Fusse des Wachtberges an vielen Stellen 
tertiären Schotter und Conglomerate; die einzelnen Steine erreichen 
Grössen von 5 bis 6 cm Länge und sind vorrherrschend Quarze, doch 
kommen auch Gneisse, Glimmerschiefer, Silurkalke und jüngere Kalke 
darin vor. Das Bindemittel ist feinkörniger Quarz und Feldspath. 

Zwischen Strasse und Bach ist ein alter Teich, weiter nördlich 
im Walde ein zweiter, grosser Teich, der als Schwimmanstalt und 
zur Eisgewinnung benützt wird. An der Nordwestseite des Berges 
befinden sich mehrere Aufschlüsse von tertiärem Schotter, manche von 
ziemlich bedeutender Ausdehnung. 

Nördlich von Punkt 483 der Generalstabskarte, südwestlich von 
Bulharting, schneiden sich mehrere Wege; hier befindet sich eine 
Schottergrube, welche eine Moräne blosslegt. 

Ein unbedeutender Bach, der östlich vom Kematinger Graben 
entspringt und nach Süden fliesst, zeigt das kleinkörnige tertiäre 
Quarzconglomerat, weiter abwärts im Graben wird es gröber. Noch 
weiter unten in demselben Graben lagert der tertiäre Sandstein (5) 
in h 5, 5° mit steilem nördlichen Einfallen und enthält einige wenige, 
sehr leicht zerbrechliche Petrefacten und Kohlenschmitzen. Einige 
hundert Meter oberhalb der Strasse hört der Graben auf und der 
Bach hat nur ein ganz seichtes, unbedeutendes Bett. 

Im nächsten Graben gegen Osten, etwa 40 m von der Strasse, 
steht wieder der tertiäre Sandstein an (6) mit fast ebenso steilem 
nördlichen Einfallen; er enthält Kohlenschmitzen, ist petrefactenleer 
und verwittert gelbbraun. Fünf Meter unterhalb dieser Stelle ist im 
Bachbette anstehend und mit den Schichtenköpfen kleine Cascaden 
bildend ein harter Sandstein, auf dem frischen Bruche blau und sehr 
reich an zerbrochenen Petrefacten. 


Herr Dr. Bittner konnte aus denselben wegen ihres schlechten 
Erhaltungszustandes nur einige Genusbestimmungen vornehmen, und 
diese ergaben: 


Haifischzähne, 

Venus spec., 

Ostrea spec., 

? Cardita Schwabenaui Hörn., 
? Cardita oder ? Cardium spee., 
Corbula cf. gibba Oliv., 


[83] Das Salzburger Vorland. 369 


Fissurella spec., 
Fissurella cf. graeca Linn., 
Tellina (oder Syndesmya ?) spec. 


Diese Lage ist (7) das Liegende des petrefactenleeren Sand- 
steines und auf zwei Meter aufgeschlossen. 

Dort, wo in der Generalstabskarte die Buchstaben htB des Wortes 
Wacht-Berg stehen, zieht ein Graben gegen Ost. In diesem _ findet 
man an 3 bis 4 Stellen den Schliersandstein (8) blossgelegt mit ähn- 
lichem Streichen und sehr geringer Neigung; weiter oben, also darüber, 
steht das kleinkörnige tertiäre Quarzconglomerat an. 

Südlich vom Wachtberg, bei Eberharding, befindet sich eine 
Lehmgrube; nördlich des Berges sind bei Reinberg, Hainbach 
und Mayrhof Schotterlager aufgeschlossen. Die Umgebung von St. 
Alban ist eine charakteristische Moränenlandschaft. 

Am Südostgehänge des Immersberges, der mit dem Höhen- 
punkte 504 m culminirt, beobachtet man im Walde nördlich von 
Schliping zahlreiche kleine Rollquarze herumliegen, wie sie im 
miocänen Conglomerate des Wachtberges vorkommen. Im Bache, der 
von der Höhe des Immersberges herab der Oichten zufliesst, steht 
feinkörniger miocäner (Schlier-) Sandstein an; darüber liegt die Moräne. 


Auch die kleinen Rollquarze fehlen nicht. 


Zwischen Michelbeuern und der Zweitheilung der Strasse 
in der Nähe des Punktes 429 der Generalstabskarte befindet sich 
eine Conglomeratgrube; das Conglomerat ist glacial, horizontal ge- 
schichtet, darüber liegt Moräne. An der Strassenkreuzung Vorau— 
Dorfbeuern—Michelbeuern ist ebenfalls horizontal geschichtetes, 
glaciales Conglomerat aufgeschlossen, darüber Moräne von 1 bis 2 m 
Mächtigkeit. An der Strasse von Michelbeuern nordwärts liegen glaciale 
Schotter an mehreren Stellen entblösst, an der Strassenbiegung bei 
Thalhausen eine Moräne. 

Unmittelbar nördlich von Michelbeuern erhebt sich der Lielon, 
560 m, welcher sich gegen Norden zu einem weiten Plateau ausbreitet. 
An dem südöstlichen Gehänge dieses Berges befindet sich der Kloster- 
keller von Michelbeuern, eingebaut in feinkörnigen miocänen Sand- 


_ stein, welcher fast horizontal geschichtet ist und hier eine Wand von 


nahezu 20 m Höhe bildet. Seitwärts darüber liegt glaciales Conglomerat. 
In das Thal, welches sich zwischen Lielon und Hafenberg gegen Westen 
zieht und auf kurze Strecke die Landesgrenze gegen Oberösterreich 
bildet, mündet von Süden her, vom Plateau des Lielon herabkommend, 
ein Graben, und in diesem ist an einer Stelle derselbe feinkörnige 
Sandstein wie beim Klosterkeller blossgelegt und, unmittelbar diesen 
überlagernd, das miocäne Conglomerat mit den charakteristischen 
kleinen Quarzen, welche die Hauptmasse des Gesteines ausmachen. 

Auf der Höhe des Lielon liegt nur Moräne; ebenso bei Wild- 
mann zwischen Dorfbeuern und Maxdorf. 

Die Hochebene von Lamprechtshausen ist sohin dem Flysch- 
gebiete vorgelagert und zeigt nirgends einen Aufschluss, der bis in den 
Flysch hinabreicht. Das Liegende des Gebietes sind die miocänen 
Sandsteine und Thonmergel, welche an der Oichten, an der 


370 Eberhard Fugger. [84] 


Salzach unterhalb Oberndorf bis Oberehing, am Wachtberg und Lielon 
aufgeschlossen sind. 

Ueber den Sandsteinen und Mergeln, welche dem oberöster- 
reichischen Sehlier entsprechen, lagern die feinkörnigen Con- 
slomerate, welche hauptsächlich aus Quarzen gebildet sind und 
ebenfalls noch dem Miocän zuzurechnen sind. Die Quarzconglomerate 
treten am Wachtberg, Immersberg und Lielon auf. 

Nun folgen glaciale Ablagerungen, und zwar zunächst die 
Liegendmoräne, welche an der Salzach und im Bahneinschnitte 
zwischen Bahnhof Oberndorf und Ziegelheide auf grosse Strecken 
aufgeschlossen ist, sowie bei Lukasöd, im Gömminger Graben und an 
anderen Orten. Sie besteht häufig nur aus reinem Letten mit wenig 
eingemengten Rollsteinen und ist stellenweise sogar ganz frei von 
solchen. 

Ueber der Liegendmoräne folgen die interglacialen Con- 
slomerate, grobkörnigen Sande und Schotter, welche über das ganze 
Gebiet verbreitet und in den Steinbrüchen an der Salzach unterhalb 
Oberndorf in mächtigen Wänden blossgelegt sind. 

Die Hangendmoräne ist nur an wenigen Punkten intact er- 
halten, meist ist sie ausgewaschen und umgeschwemmt. Ueber ihr 
oder in dieselbe eingebettet befinden sich die zahlreichen grösseren 
und kleineren Moore, welche einen grossen Theil des Gebietes 
bedecken. 

Oichtenbrücke: (1) h1x»3CW. 

Lukasöd: (2) h 3 » 30 bis 40 NO. — (3) h 3, 5° © 55 NO. 

Kematinger Bach: (4) h 3, 5° » 35 NO. 

Wachtberg: 6) h 5, 5° 70N. — ()h5,5° 466 N. — (W)h 5, 5° 9 60 
N. — 8)h 5, 10 98 N. 


XI. Der Haunsberg. 


Von Acharting zieht sich in fast nördlicher Riehtung der Hauns- 
berg in einer Erstreckung ven 16 Kilometern an die Landesgrenze, 
welche seine Ausläufer bei Perwang überschreiten; im Westen trennt 
ihn die Oichten von der Hochebene von Lamprechtshausen, im Süd- 
westen tritt er an die Salzach ; die Südostgrenze bildet der Achartinger 
Graben und der in den Trumer See mündende Bruckmoosbach, die 
Östgrenze endlich der Trumer und der Graben-See. Im Süden hat 
der Berg seine höchste Erhebung in 833 m Meereshöhe, von hier 
verflacht er sich plateaubildend sehr allmälig gegen Norden und Osten, 
während er gegen Westen ziemlich steil abfällt. Das Süd- und West- 
gehänge ist durchaus bewaldet, das Plateau sowie die nördliche ‚und 
östliche Abdachung grösstentheils mit Wiesen und Aeckern bedeckt 
und trägt zahlreiche Ortschaften und zerstreute Gehöfte. 

Von Pabing zieht sich in einer Linie nach Nordost die Nord- 
grenze der Flyschzone bis gegen Mattsee; über dem Flysch liegen 


[85] Das Salzburger Vorland. 371 


Nierenthaler Schichten, über diesen Nummulitenschichten und jüngere, 
miocäne und endlich diluviale Ablagerungen. 

Der Pabinger Bach entspringt am Nordgehänge des Fürwag, 
des südwestlichsten Theiles des Berges, fliesst seicht über eine Wald- 
wiese, wird dann zu einem Teiche gestaut und bildet unterhalb des- 
selben im Walde einen tiefen Einriss mit der Flussrichtung nach 
Norden. Neben dem Bach an dessen rechtem Ufer zieht sich ein mit 
rothen Strichen markirter Weg zur Kaiserbuche hin. In dem Einriss 
ist Flysch anstehend und an vielen Punkten (1) messbar in h 5 mit 
sehr steilem nördlichen oder auch südlichen Einfallen und Wülsten 
an der Nordseite. Es sind wechselnde Lagen von Mergel und Sand- 
stein in Bänken von 25 bis 40 cm Dicke. Der Bach selbst nimmt 
dann in der Ebene eine nordwestliche Richtung an, fliesst in Windungen 
um die Pabinger Schottergrube herum und überquert beim Wirts- 
haus Weitwörth die Fahrstrasse, um in die Salzachau abzufliessen. 

Vom höchsten Punkte des Haunsberges löst sich ein Bergkamm 
ab, welcher in westsüdwestlicher Richtung gegen die Salzach zieht, 
der Götzenberg, und zwischen sich und dem eigentlichen Hauns- 
berg einen weiten Graben lässt, den Götzenberggraben. Zwei 
Wände der rechten Thalseite des letzteren sind auf grosse Flächen 
hin blossgelegt, die eine weiter oben, die andere weiter unten im 
Graben. An der oberen Wand treten die Schichtenköpfe zutage und 
diese sind vielfach mit Flyschschutt und -Sand überdeckt. Die Bänke 
sind theils Mergel, theils Sandstein und 25 bis 40 cm mächtig. Das 
Streichen ist hier im allgemeinen nordsüdlich (2) mit schwachem west- 
lichen Einfallen. An einer Stelle sah ich an der Ober- (d. i. West-) 
Seite grosse Ohondriten, auf der entgegengesetzten Fläche Wülste. 

Die untere Wand, südwestlich von der oberen, hat ähnliche Ver- 
hältnisse und ähnliche Lagerung (3), es ist auch hier alles meist ver- 
brochen und verschüttet. 

In den oberen Partien des Grabens findet sich in und an den 
kleinen Quellbächlein ziemlich viel Kalksinter. 

Die linke Seite des Götzenberggrabens, der Götzenberg, be- 
steht aus einer Reihe von vier hintereinander folgenden kegeliörmigen 
Gipfeln, von denen der vierte, oberste, vollkommen bewaldet ist, 
während die unteren drei abgeholzt und mit jungen Bäumchen be- 
pflanzt sind. Diese Hügel werden von abwechselnden Schichten von 
Mergeln und Sandsteinen gebildet, welche von OSO nach WNW 
streichen und an den beiden ersten Hügeln (4) ziemlich, am dritten 
(5) wenig steil nach NNO oder NO fallen. Am ersten und zweiten 
Hügel beobachtet man Wülste in SSW. Die Sandsteine zeigen theil- 
weise schalig-blätterige Structur. 

Trägt man die Lagerung der Flyschbänke des Götzenberggrabens 
in eine Karte (siehe die auf umstehender Seite befindliche Fig. 21) 
ein, so ergibt sich eine merkwürdige Störung: die Schichten der rechten 
Thalseite fallen nach West, die Unterseite gegen Ost gewendet; die 
Sehichten der linken Thalseite dagegen fallen nach NO, die Unterseite 
gegen SW gerichtet. 

Der Graben, welcher südlich vom Götzenberg nahe bei Wurzen- 
berg entspringt, anfangs gegen SW verläuft, dann am rechten Ufer 


372 Eberhard: Fugger.- [86] 


einen Seitenbach aufnimmt, hierauf westwärts und später nordwestlich 
abbiegt, ist der Wurzenberggraben und enthält bis etwa 25 m 
über der Thalsohle Schotter- und Moränenmaterial mit deutlich ge- 
kritzten Steinen, in welches er stellenweise bis zu 5 m tief eingerissen 
ist, ohne die Flyschunterlage zu zeigen. Weiter hinauf findet man 
nur Flyschtrümmer. und blaugrauen, selten gelblichen Letten, nirgends 
anstehenden Fels. Dieselben Verhältnisse, nur minder tiefe Einrisse 
zeigen sich in dem vorhergenannten rechtsseitigen Nebenbache. 

Der Achartinger Bach entspringt in den Sümpfen auf der 
Höhe zwischen Hohengarten und Mühlbach, und beginnt erst unter- 
halb Mühlbach einen eigentlichen Graben zu bilden, der allerdings 


- Fig. 21. Der Götzenberggraben. 
Maßstab: 1:15.000. 


unterhalb Raith einen mächtigen Einriss von mindestens 80 m Tiefe. 
darstellt. Am linken Ufer ‘nimmt er den Strahwiesgraben, am 
rechten Ufer eine ganze Reihe von Zuflüssen auf. Unterhalb Ace 
ergiessen sich seine Wasser in die Salzach. 

Betreten wir den Achartinger Graben an seinem unteren Ende, 
so - passiren wir von der Strasse weg zunächst nacheinander zwei 
Mühlen, welche sich beide am linken Ufer des. Baches befinden; 
250 Schritte oberhalb der: zweiten Mühle treffen wir zum erstenmale 
Flysch anstehend (6) mit sehr steilem nördlichen Einfallen,. 30 Schritte 
weiterhin . (7) bei einem Wehr fallen sie wieder ‚steil nach Süd. 
Nach 45 Schritten trifft man einen Steg und am rechten Ufer ein Haus, 
und 135 Schritte oberhalb des letzteren im Bache (8) ein’ Streichen 
in.h 4 mit. südsüdöstlichem . Verflächen. Zwölf Schritte . weiterhin: 


e RER 


[87] Das Salzburger Vorland. 373 


stehen die Schichten (9) in demselben Streichen, aber steil, fast senk- 
recht, und nach abermals 15 Schritten lässt sich auf eine Strecke von 
93 Schritten (10) das Streichen in h 5 mit gleichmässigem Einfallen 
von 50° nach Süd verfolgen. Am Ende dieser Strecke befindet sich 
sowohl am rechten als am linken Ufer ein Steinbruch. Im rechts- 
seitigen Steinbruch (11) fallen die Schichten sehr steil nach Süd; 
hier fand ich eine auffallend dicke Chondritenform an der Südseite 
der Schichten. &6 Schritte oberhalb der Steinbrüche (12) ist das 
Streichen zwar unverändert, doch fallen die Schiehten in einer Strecke 
von 30 Schritten mehrmals bald steil nach Süd, bald steil nach Nord. 

Am rechten Ufer liegt hier eine Hammerschmiede und bei der- 
selben führt ein Steg über den Bach. Wenige Schritte unterhalb des 
Steges findet man am linken Ufer an der Nordseite der Flysch- 
bänke, also an der dem Bache zugewendeten Seite, deutlich Kegelwülste, 
welche als der Unterseite einer Bank angehörig betrachtet werden. 


Wenige Schritte oberhalb des Steges sieht man — die Schichten sind 
anscheinend concordant — am rechten Bachufer ganz dieselben kegel- 
Fig. 22. 


förmigen Wülste an der Südseite der Bänke, also ebenfalls an der 
dem Bache zugewendeten Seite; und gegenüber dieser Stelle sah ich 
am linken Ufer diese Wülste auf einer Platte an der Südseite. 

Man gewinnt daher den Eindruck, als ob hier die Kegelwülste 
bald auf der Ober-, bald auf der Unterseite der Schichtfläche auftreten 
würden, und dass daher die Ansicht, Kegelwülste seien ein sicheres 
Kennzeichen der Unterseite, durch dieses Vorkommen hinfällig ge- 
worden sei. Geht man aber im Bachbette vom Stege weg einige 
Schritte abwärts (13), so beobachtet man (Fig. 22) am linken 
Ufer zwei Schichtenköpfe aus dem DBache ragen, a und 5b; a mit 
der Lagerung in h 5 # 70 S, Wülste in N, und 5 in. h 3, 5° @ 
55 NW, Wülste in SO, und bei ce lagern Schichtenplatten, deren 
Richtung jene der Platten « und b fast überquert. Es kann also hier 
keineswegs von einer normalen Ueberlagerung die Rede sein, sondern 
wir stehen vor einem Bruche, und der Graben ist an dieser Stelle eine 
Bruchlinie, ein durch Bruch und Einsinken der Flyschplatten ent- 
standenes Thal, oder mindestens eine Antiklinale von bedeutender 
Steilheit.. An den Schichtflächen fand ich hier auch verschiedene 
Chondriten, darunter den seltenen Oh. avbusculus F. O., Taenidien und 
einen grossen Taonurus. 

Dreissig Schritte oberhalb der Hammerschmiede (14) fallen die 
Schichten ziemlich steil nach Nord; dieselbe Lagerung trifft man noch 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (BE. Fugger.) 48 


374 Eberhard Fugger. [88] 


nach 180 Schritten. Nach weiteren 50 Schritten dagegen (15) ist eine 
Sehichtenbiegung eingetreten, das Streichen erfolgt in h 9 mit schwachem 
südwestlichen Fallen und Wülsten in NO. Nach 200 Schritten mündet 
rechts der Mausgraben und 20 Schritte weiter oben links der Strah- 
wiesgraben. Hier ist wieder das Streichen (16) in h 4, 5° mit senk- 
recht stehenden Wänden entblösst. 227 Schritte oberhalb ist die 
Lagerung (17) in h 2, 12° mit sehr steilem Nordwest-Einfallen, 
30 Schritte später (18) in h 3, 5° mit steilem Fallen nach SO. Nun 
folgt eine fahrbare Brücke und 5 Schritte oberhalb derselben (19) 
fallen die Schichten steil nach NW; dieselbe Lagerung zeigt sich (20) 
44 Schritte später auf eine Strecke von 20 Schritten mit Wülsten an 
der Nordwestseite. Nach 150 Schritten (21) stehen die Platten senk- 
recht in h 4, 5°, nach weiteren 90 Schritten (22) ebenso in h 6 mit 
Wülsten an der Nordseite, nach abermals 45 Schritten (23) misst man 
wieder h 4, 5° an den senkrechten Schichten. 

Der Graben hat hier seine wildeste Stelle, welche am tiefsten 
eingerissen ist, die Wände sind fast nur mit Schutt überdeckt und 
tragen nur wenig Sträucher und Bäume; dadurch erscheint er dem Auge 
noch enger. Fels ist hier nirgends blossgelegt bis zum oberen Ende 
dieser wilden Grabenpartie bei der Würfl’schen Sägemühle (24). Hier 
stehen die Schichten noch immer senkrecht in h 5 und ebenso noch 
etwa 200 Schritte oberhalb der Sägemühle (25). Nach 40 Schritten 
führt eine Brücke über den Bach und nach weiteren 450 Schritten 
eine zweite. Diese befindet sich unterhalb Mühlbach und hier liegt 
der Beginn des eigentlichen Grabens. Die Schichtung ist an dieser 
Stelle (26) in h 6 mit ziemlich steilem nördlichen Einfallen. 


Der Mausgraben entspringt nördlich vom Bauerngute Adelsberg 1 


am Südostgehänge des Götzenberges. In seinen obersten Partien zeigt er 
nirgends anstehendes Gestein, an seinen Quellbächen bilden sich 
ziemlich bedeutende Mengen von Kalksinter. Erst unterhalb der Brücke, 
welche östlich von Adelsberg über den Mausgraben führt, wird der- 
selbe sehr tief, bis zu 30 Metern, und entblösst das Flyschgestein. 
Unmittelbar unterhalb der Brücke streichen die Schichten (27) in h 6 
und stehen senkrecht, weiter unten im Graben (28 und 29) ist die 
Lagerung wenig abweichend und findet man Wülste an der Nordseite. 
Nun führt ein Weg — etwas unterhalb des Buchstabens 5 des Wortes 
Adelsberg der Generalstabskarte — quer durch den Graben; gleich 
unterhalb dieses Weges (30) stehen die Schichten fast senkrecht in 
h 4 mit Wülsten an der Nordseite; ich sah daselbst auch eine Wulst 
von der Form eines Stückes eines grossen Elephantenzahnes, es war 80 cm 
lang, 12 cm breit und 2cm erhaben aus der Schichtfläche hervor- 
ragend. Weiterhin (31) wechselt die Lagerung zwischen h 11 bis 14 
mit steilem östlichen Einfallen und Wülsten an der Westseite. Hier 
fanden sich auf der Unterseite (Westseite) eines Sandsteines wurm- 
förmige Erhabenheiten. Noch eine kurze Strecke (32) ist die Schichtung 
nach h 11 mit steilem östlichen Fallen; dann aber (33) wendet sich 
die Lagerung nach h 3, 10° und gegen die Mündung zu (34) in h 5 


mit fast senkrechter Stellung und Wülsten an der Nordseite. Dieser 


Graben ist dadurch ausgezeichnet, dass die Wülste sehr zahlreich 
vorhanden und schön ausgebildet sind. 


[89] Das Salzburger Vorland, 375 


Der nächste rechtseitige Zufluss des Achartinger Grabens — 
nach aufwärts gerechnet — ist der Doppelgraben, ein kleiner, 
unbedeutender Graben, welchen der Fahrweg nach Obertrum östlich 
von dem Wirtshause Doppel überschreitet. Bei dieser Brücke (35) 
beobachtet man ein Streichen der Flyschbänke von West nach Ost 
mit sehr steilem südlichen Einfallen und Wülsten an der Nordseite; 
einige hundert Schritte oberhalb der Brücke ist die Lagerung dieselbe. 

Die Quellen des folgenden Seitenbaches, des Gauseder Grabens, 
liegen zwischen den Bauernhöfen Gaused und Kravogl. An dem öst- 
lichen Quellarme (36) ist Flysch entblösst in h 8 mit fast senkrechter 
Schichtung; dort, wo sich dieser mit dem westlichen Arm vereinigt 
(37), ist dagegen das Streichen in h 10 mit nordöstlichem Einfallen. 
Unterhalb des oberen Steges (38) und weiter unten, wo der Graben 
an seiner rechten Seite einen neuen Zufluss aufnimmt (39), sowie 
unterhalb dieser Stelle (40) ist die Schichtung mehr oder weniger 
steil nach NNO fallend und streicht in h 7 bis 8. Nun mündet links 
ein Nebenbach; eine kurze Strecke (41) unterhalb dieser Stelle ist 
die Lagerung noch unverändert, dann aber (42) tritt eine grobe Breceie 
auf, das Streichen verläuft jetzt in h 6 mit sehr steilem nördlichen 
Einfallen und Wülsten an der Südseite. Unterhalb des unteren Steges 
(43) bleibt die Lagerung auf eine ziemlich lange Strecke unverändert, 
nur einmal beobachtet man ein sehr steiles Einfallen gegen Süd. An 
einer Stelle fanden wir Ostreen auf einem Sandstein, an anderen grosse 
und kleine Chondriten. Weiterhin gegen das untere Ende des Grabens 
(44) wird das Streichen wieder h 7 bis 8, doch bleibt das steile nörd- 
liche Fallen unverändert. Kurz vor der Einmündung des Glauseder 
Baches in den Achartinger Graben wird der erstere von dem schon 
früher erwähnten Fahrwege nach Obertrum überbrückt. 

Den vierten rechtseitigen Zufluss des Achartinger Grabens bildet 
der Kravoglgraben. Seine Quellen entspringen unterhalb des 
Bauernhofes Kravogl im Walde und vereinigen sich zu einem kleinen 
Bache. Folgt man dem Laufe dieses Bächleins nach abwärts, so trifft 
man auf den oberen Trumer-Weg, ohne irgendwo anstehendes Gestein 
oder Moränenmaterial gesehen zu haben. Erst unterhalb dieses Weges 
vertieft sich der Bach, bildet einen eigentlichen Graben und zeigt an- 
stehenden Fels. Gleich unterhalb des Weges (45) steht Flysch auf 
eine längere Strecke an in h 5 bis 6 und fast senkrechter oder steil 
nach Norden geneigter Stellung mit Wülsten an der Südseite. Weiter 
unten (46) dreht sich das Streichen in h 3 mit sehr steilem südöst- 
lichen Fallen, und gegen das untere Ende des Grabens hin (47) tritt 
wieder die ursprüngliche Lagerung in h5 bis 6 mit sehr steiler 
Schichtenstellung nach Süd oder Nord auf. Am Ausgange des Grabens 
stehen zwei Häuser, und nachdem man noch etwa 200 Schritte längs 
einer Wiese im Angesichte der Ortschaft Mühlbach hingewandert ist, 
steht man an der Mündung des Kravoglbaches in den Achartinger 
Bach, der hier aus dem Sumpfe in den Wald eintritt und damit seine 
eigentliche Eintiefung beginnt. 

Oberhalb, d.i. östlich von Mühlbach, erhält der Achartinger Bach 
seinen obersten und letzten rechtseitigen Zufluss, den Sulzbergbach. 
Dieser wird aus zwei Bächen gebildet, von denen der eine bei Dorfleiten, 

45% 


376 : Eberhard Fugger. [90] 


der andere bei Knollened — beide Güter nahe unterhalb der Kaiser- 
buche — entspringt. Die beiden Bäche umschlingen die Höhe von 
Sulzberg und vereinigen sich im SSO von Sulzberg zum Sulzberggraben, 
welcher unmittelbar neben der Trumer Fahrstrasse in den Achartinger 
Bach mündet. 

Bei Dorfleiten (Ortschaft Au, Haus Nr. 20) wird eine Moräne 
als Schottergrube benützt; diese ist mindestens 6 m hoch offen und 
enthält Blöcke von einem halben Kubikmeter Grösse, meist Aigner- 
Conglomerat, Flyschsandsteine und -Mergel, sowie verschiedene Kalke. 
300 Sehritte von dieser Moräne entfernt ist im Dorfleitner Graben 
Flysch anstehend (48) in h 7 bis 8 mit Einfallen nach NNO, und 
diese Lagerung bleibt ziemlich unverändert bis zum nächsten links- 
seitigen Zufluss; derselbe ist nur kurz und hat seine Quelle auf einer 
Wiese ; in ihm beobachtet man die Lagerung (49) in h 5 mit südlichem 
Fallen. Wenig unterhalb dieses Zuflusses (50) beobachtet man im 
Dorfleitner Graben ein Streichen in h 3 mit Fallen nach NW. Nun 
folgt ein Wasserfall über eine Felswand von etwa 5 m Höhe, an deren 
Fuss ein Felskessel ausgewaschen ist, aus welchem sich abermals ein 
Wasserfall von einigen Metern Höhe in einen zweiten Kessel ergiesst. 
An allen diesen Felsen und noch unterhalb des zweiten Kessels (51) 
ist die Lagerung in h 4 mit südsüdöstlichem Einfallen zu beobachten. 
Bald aber biegt sich das Streichen (52) in h 3 über mit sehr steilem 
Einfallen nach SO und bleibt nun auf eine lange Strecke unverändert. 
Wülste waren nirgends zu sehen, wohl aber Chondrites intricatus, 
Targionii und inclinatus. 

Unterhalb des Steges (53), der hier über den Bach führt, wech- 
selt die Lagerung zwischen h 3 und 5 und auch das Fallen wechselt 
zwischen NW und SO oder N und S. Bevor der Bach den Wald ver- 
lässt, bildet Moräne seine Sohle. Nun fliesst er durch eine Wiese, 
erhält daselbst an seiner rechten Seite einen Zufluss von Mühlbach 
her, in welchem an einer Stelle (54) Flyschmergel in h 6 mit süd- 
lichem Einfallen und Wülsten in Süd blossgelegt ist. Dann bildet der 
Bach wieder im Walde einen ziemlich tiefen Graben (55), in welchem 
die Lagerung zwischen h 6 und 7 wechselt mit fast senkrecht stehen- 
den oder nur wenig gegen Süd geneigten Bänken und Wülsten in Süd. 
Bald darauf erfolgt die Vereinigung mit dem Knolleneder Bach. 

Dieser letztere entsteht durch den Zusammenfluss zweier kleinen 
Bäche, von welchen der eine bei Knollened, der andere bei Schörg- 
hof entspringt und welche in seichtem Gerinne über Wiesenboden 
fliessen. Erst einige hundert Meter nach ihrer Vereinigung, nachdem 
der Bach in grossen zahlreichen Windungen durch den Wald gezogen 
ist, vertieft sich das Bett des Knolleneder Baches und trifft man 
anstehenden Flysch (56) mit südlichem Einfallen. Etwas über 70 Schritte 
weiter abwärts (57) ist derselbe in h 6, 5° mit ebenfalls südlichem 
Fallen auf einige Schritte blossgelegt. Nach 36 Schritten führt eine 
fahrbare Brücke und nach abermals 36 Schritten ein Steg über den Bach. 

Vom Stege abwärts verfolgt man fast ununterbrochen durch 265 
‚Schritte die Schichtenköpfe im Bachbette mit der Lagerung (58) in h 3 
mit nördlichem Einfallen. 176 Schritte vom Steg zieht eine Sandstein- 
schichte durch den Bach, in welcher kugelförmige Sandsteinknollen von 


[91] Das Salzburger Vorland. 377 


20 bis 30 cm Durchmesser eingeschlossen sind. Wenige Schritte unter- 
halb dieser Stelle zeigt die Nordseite einer Sandsteinbank untenstehende 
erhabene Wulstform (Fig. 23), deren Länge etwa 40 cm beträgt: Auch 
weiter abwärts zeigen sich Wurmgänge und eigentliche Kegelwülste an 
der Nordseite der Bänke. 283 Schritte vom Steg entfernt steht am 
linken Ufer auf einige Meter hin eine Flyschwand aus Sandstein, jedoch 
(derart von Spaltflächen durchzogen, dass es unmöglich ist, Spalt- und 
Sehichtflächen zu unterscheiden. Von dieser Stelle 108 Schritte abwärts 
steht Flysch (59) fast senkrecht in h 7, 10°; 20 Schritte weiter in 
h 6 (60) mit sehr steilem südlichen Einfallen, und nach 27 Schritten 
beobachtet man dieselbe Lagerung. Hier zieht wieder eine Sandstein- 
bank mit kugelförmigen Sandsteinknollen durch den Bach, deren. Durch- 
messer jedoch von 30 bis 80 cm schwankt. Nach 10 Schritten (61) ist 
die Schichtung in h 6 fast senkrecht, 4 Schritte weiterhin (62) in 
h 7, 20 ebenfalls fast senkrecht. 

Nun ist auf eine Strecke von 190 Schritten nur Schutt .zu sehen, 
dann folgt (63) im Bach und am linken ‚Ufer eine Flyschbank in h 4, 5° 
mit sehr steilem südlichen Fallen. Nach 250 Schritten steht am rechten 
Ufer Flysch an, fast horizontal gelagert, aber vollständig verdrückt 


Fig. 23. 


und verbrochen. . Von 'hier fliesst der Knölleneder Bach in weitem 
Bogen etwa 200 Schritte bis zur: Vereinigung mit dem Dorfleitner 
Bach, und hier steht noch einmal eine Flyschbank an (64) in h 4 mit 
nördlichem Verflächen. 

Bei Sulzberg befindet sich ein: Teich von 80 m Länge und 
eirca 20 m Breite; der künstliche Damm, weicher den Teich aufstaut 
und in welchem sich der Ablass befindet, ist deutlich sichtbar. 

Der Bruckmoosgraben!) entspringt in der Nähe von Hohen- 
garten und mündet im Dorfe Obertrum in die Mattig. Sein Ober- 
lauf fliesst in einem Jungwalde; dann folgt eine Brücke und späterhin 
ein Steg und nun erst vertieft sich der Graben. 120 Schritte unterhalb 
des Steges trifft man Flyschbänke (65) in h 5, 5° mit nördlichem Einfallen‘; 
76 Schritte weiter unten (66) ist die Lagerung dieselbe, nur steiler geneigt. 
Nach 47 Schritten stehen die Schiehten senkrecht in -h 4 bis 5 (67). 
Nach 280 Schritten sind anfangs am linken Ufer, ‚dann an beiden Ufern 
glaciale Conglomerate aufgeschlossen, welche von. Moränen überlagert 
werden; das Conglomerat reicht 7 bis 8 m über das Niveau des Baches, 


1) Auf Seite 331, Absatz 2 soll es richtig heissen: Der Bruckmoosgraben 
zeigt .... keinerlei nennenswerthe Aufschlüsse. ih 


378 Eberhard Fugger. [92] 


die Moräne ungefähr ebenso hoch über das Conglomerat. Diese glacialen 
Aufschlüsse reichen etwa 250 Schritte weit, dann folgt wieder (68) am 
rechten Ufer Flysch in h 4, 5° mit südlichem Verflächen, und nach 
25 Schritten am linken Ufer eine Bank von grobkörnigem Sandstein 
fast zu Sand zerfallend. Zwischen dieser Stelle und der 270 Schritte 
weiter unten liegenden oberen Mühle steht noch an einigen Stellen 
Flysch an, jedoch ohne messbare Lagerung, ebenso noch einmal unter- 
halb derselben. 90 Schritte oberhalb der unteren Mühle dagegen 
ist nur mehr Moräne und Moränenmaterial zu sehen. 

Der Bach, weleher bei ÖObertrum westlich vom Dorfe vom 
Haunsberg herabkommt und sich bei Staffel in den See ergiesst, 
zeigt keinerlei Aufschluss. 

Bei Matzing mündet der vom Haunsberg kommende Teufels- 
graben. Wenige Schritte oberhalb Matzing erhält er an der rechten 
Seite einen Zufluss, der keinen Aufschluss zeigt. Im Teufelsgraben 
selbst geht man eine ziemlich lange Strecke aufwärts und beobachtet 
nichts als Schutt und Moräne, erst etwa 80 m unterhalb des Wasser- 
falles, im Wildenkar, beobachtet man im Bachbette (59) anstehende 
Nummulitensandsteine in h 5 mit schwachem nördlichen Einfallen. 
Diese lassen sich bis zum Wasserfalle verfolgen; beim Wasserfalle 
selbst (70) stehen senkrechte Schichten von Lithothamnienkalk mit 
grünen Glaukoniteinschlüssen; der Kalk zeigt zahlreiche Karrenrinnen 
und andere Erosionsbildungen. Weiterhin folgt der nunımulitenreiche 
. Sandstein, wie er am Wartstein bei Mattsee ansteht. 100 Schritte 
oberhalb des Wasserfalles ist die Grubermühle, hier stehen noch die 
Wartsteinsandsteine an; etwa 150 Schritte oberhalb der Mühle stehen 
graue Nierenthaler Mergel an, welche ausserordentlich flyschähnlich 
sind und daher mit dem Flysch selbst verwechselt wurden. Ihre 
Lagerung (71) ist mit dem Nummulitensandsteine concordant. Sie 


stehen auf eine Strecke von 60 Schritten ununterbrochen im Bach E 


an bis zu einem Wehr, das in denselben gebaut ist. Weiterhin zeigt 
sich kein Aufschluss. Nach 50 Schritten kommt man zu einer Brücke 
und 60 Schritte oberhalb derselben stehen am linken Ufer (72) wieder 
die grauen Nierenthaler Mergel mit steilem nördlichen Einfallen an; 
sie sind auf 30 Schritte sichtbar; 75 Schritte weiterhin beobachtet 
man sie abermals auf 15 Schritte, darüber lagert Moräne. 

Nun wandert man mindestens eine Viertelstunde lang nur in 
Moränenmaterial. Oberhalb der Jägermühle, etwa 30 Schritte, 
beginnen am linken Ufer wieder die Nummulitenschichten mit steilem 
Fallen nach Norden und bilden hier eine malerische, dem Wildenkar 
ähnliche Scenerie. Die Nummulitenschichten sind hier auf eine Strecke 
von 100 Metern blossgelegt. Weiterhin, bei der Teufelsmühle, ist 
ein Steinbruch am rechten Ufer, weleher Nummuliten und Seeigel in 
Menge enthält. Etwa 10 Minuten weiter oberhalb ist die Stock- 
hammermühle. Bis daher beobachtet man nur Moränenmaterial 
und weiterhin Sumpf. Der rechtseitige Zufluss des Teufelsgrabens, 
der von Ausserwall kommt, zeigt westlich von Kothingstrass 
eine schöne Moräne, die oben mit Lehm überdeckt ist. 


!) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1858, IX, Seite 119. 


[93] Das Salzburger Vorland. 379 


Ueber das Vorkommen im Teufelsgraben schreibt Hauer!'): 
„Ein sehr beschränktes Vorkommen von Nummulitensandsteinen zeigt 
sich SSW von Seeham im Teufelsgraben mitten im Flyschgebiete mit 
einem Fallen der Schichten gegen Süd.“ Nach Lipold!) wären 
die Nummulitenschichten hier dem Flysch von unten keilförmig ein- 
geschoben. Auch Frauscher?) glaubt im Teufelsgraben Flysch 
gefunden zu haben. 

Dass die Mergel des Teufelsgraben nicht dem Flysch, sondern 
den Nierenthaler Schichten, den Mergeln mit Belemnitella mucronata 


Fig. 24. Im Teufelsgraben bei Seeham. 


0 
eulsniih 


Strockkammerrmuühle 
oO 


d’Orb. angehören, habe ich in Uebereinstimmung mit Prof. Kastner 
bereits erwähnt. Die Lagerung daselbst ergibt sich ganz ungezwungen 
aus der Karte (Fig. 24). Die Nummulitenschichten überlagern normal 
die Nierenthaler Mergel. 

Parallel zum Teufelsgraben zieht sich der Vackelgraben hin, 
welcher bei Seeham mündet. Auch hier tritt — unterhalb der Brücke 
im Walde — Nummulitenkalk und graulichweisser Lithothamnienkalk 
mit Glaukonitkörnen auf (73), ebenfalls in h 5, 5°, aber mit sehr steilem 
südlichen Einfallen. 


1) Ebendaselbst 1851, II, 3. Heft, S. 118. 
?) Verh. d. k, k. geol. Reichsanstalt 1885, S. 175 und 177. 


380 Eberhard Fugger. [94) 


Ausserhalb des Waldes im Wiesengrund findet man braunrothen 
Nummulitensandstein mit Einschlüssen von Bohnerz in derselben 
Lagerung (74). | 

Das Quellgebiet des Teufels- und Vackelgraben an der östlichen 
Abdachung des Haunsberges ist grösstentheils Sumpfland, und die 
Gräben, die das Gebiet nördlich der Sümpfe durchziehen, zeigen keine 
anderen Aufschlüsse als nur Moränen. Nur unterhalb Eisenharting, 
nahe an der Strasse nach Perwang, sind noch zwei Stellen, an denen 
älteres Gestein zutage tritt. Hinter dem Zulehen von Fraham 
sind Mergel blossgelegt, welche sich unzweifelhaft als den Nierenthaler 
Schichten angehörig charakterisiren. Unten an der Strasse selbst, bei 
Punkt 540 der Generalstabskarte, sind einige kleine Steinbrüche. Der 
südlichste (75) zeigt einen Kalksandstein in h 4 mit einem Einfallen 
von 40 bis 500 nach Südost, der vielleicht ein abgebrochenes Stück 
ist; im Bruche daneben (76) tritt Nierenthaler Mergel auf, in welchem 
eine Kalksteinbank von 30 bis 40 cm Mächtigkeit eingelagert ist; 
die Schichtung ist in h 4 mit nordwestlichem Verflächen. Lipold') 
hielt diese Gesteine für eocän, Frauscher?) spricht sie als cretaeisch 
an ohne nähere Altersbezeichnung. 

Von Fraham nordwärts gegen Berndorf und Perwang, und. 
in dem Graben, der von Hub, ostwärts von Grossenegg, gegen 
Berndorf zieht, findet man nur glaciale Reste: Schotter, Conglomerate 
und Moränen. 

Betrachten wir jetzt die Westseite des Haunsberges, und zwar 
ebenfalls in der Richtung von Süd nach Nord. 

Nördlich vom eigentlichen Pabinger Graben ziehen sich vier 
Seitengräben desselben zu Thal; in allen vieren trifft man Flysch 
anstehend, aber nirgends ist die Lagerung derart, dass sie sich mit 
Sicherheit bestimmen liesse. In dem letzten, d. i. nördlichsten der 
vier Gräben liegt ausserdem sowohl am als im Bach ein grauer, weicher 
Mergel, von dem sich schwer sagen lässt, ob er noch dem Flysch oder 
einer höheren Etage angehört. Unten im Thale, in der Nähe von 
Pabing, ist eine Schottergrube. 

Der nächste Graben gegen Norden ist der Oberndorfer 
Graben; sein Bach tritt beim Schloss Weitwörth an die Strasse, 
welche von der Eisenbahnstation gleichen Namens an der linken Seite 
des Oichtenthales nordwärts nach Lauterbach führt. In diesem 
Graben sieht man in ca. 550 m Meereshöhe, wenige Schritte oberhalb 
einer fahrbaren Brücke am rechten Ufer, rothe Nierenthaler 
Mergel (77) auf etwa 10 »m Länge in h 5. 5° mit nördlichem Ein- 
fallen blossgelegt. Seitwärts dieser Stelle bemerkt man am Wege, der 
längs des rechten Ufers hinführ, Nummulitensand, wie er in 
St. Pancraz auftritt. Weder aufwärts, noch abwärts im Bach sah 
ich sonst anstehendes Gestein, auch nicht in dem Jinkseitigen Zufluss 
desselben. Der Aufschluss im Oberndorfer Graben ist der einzige an 
der Westseite des Haunsberges, welcher das Auftreten der Nierenthaler 
Schichten sicher nachweist. Die vorhin erwähnten grauen Mergel im 


1) Jahrb d. k. k. geol. Reichsenstalt 1858, IX, S. 119. 
2) Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1885, S. 178. , 


[95] Das Salzburger Vorland. 381 


nördlichsten Zufluss des Pabinger Grabens können ebensogut den 
Nierenthaler Schichten als dem Flysch angehören. 

Der Gasteiner Graben, so genannt nach der Ortschaft 
Gastein, bei welcher er zu Thale kommt, setzt sich aus fünf Gräben 
zusammen, deren nördlichster seine Quelle wenig unterhalb der 
Kaiserbuche hat. Im ersten und zweiten Graben treten in den 
unteren Partien Nummulitensand und weiche Nummnlitensandsteine zu- 
tage, während in den oberen Theilen nur Moränenmaterial sichtbar 
ist. Im dritten Graben sind die Nummulitenschichten meist durch 
Schutt und Moräne überdeckt. Der vierte Graben zeigt unten dieselben 
Verhältnisse, in der Meereshöhe von 620 m aber (78) beobachtet man 
Flysch anstehend in h 7, 130 mit südlichem Verflächen. Im Walde 
zwischen dem vierten und fünften Graben (79) stehen Nummuliten- 
sandsteine mit Nummuliten an, deutlich geschichtet in h 5 bis 6 mit 
nördlichem Einfallen. Im fünften Graben tritt unten Nummulitensand 


Fig. 25. Grundriss des südlichen Steinbruches von St. Pancraz. 


Aufgenommen im Jahre 1882. 


auf, weiter oben in 580 m Höhe, unterhalb Hochbersg, trifft man 
südlich vom Wege, der von St. Pancraz zur Kaiserbuche führt, im 
Graben rothen Nummulitensandstein; und oben nahe dem Kamme, 
in der Nähe der Kaiserbuche, ist in einer Grube wieder Nummuliten- 
sand blossgelegt. 

Nun folgen zwei Gräben, von denen der eine südlich, der andere 
nördlich von St. Paneraz den Thalboden erreicht; sie vereinigen 
sich wenig unterhalb der Strasse und fliessen nach ihrer Vereinigung 
in fast nördlicher Richtung der Oichten zu. Kurz vor ihrer Mündung 
nehmen sie den Kroisbach auf, welcher sich unmittelbar bei der gleich- 
namigen Ortschaft durch die Vereinigung zweier Bäche bildet. 

Der südlichste dieser vier Gräben, der Schlösslgraben, enthält 
die bekannten Steinbrüche von St. Pancraz. An seinem linken 
Ufer befindet sich ein Steinbruch, dessen Horizontalplan im Jahre 1832 
ungefähr die obenstehende Skizze (Fig. 25) zeigt. A bedeutet rothen, 
petrefaetenreichen, harten Sandstein, der bei « in grauen übergeht, in 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 49 


382 Eberhard Fugger. [96] 


weichem besonders viele Gastropoden und Bivalven, aber leider in sehr 
schlechtem Erhaltungszustande vorkommen. W ist weisser bis gelber 
Sandstein, ziemlich weich und leicht zu Sand zerfallend; m Mergel 
und s grauer Sandstein mit unbestimmbaren braunen Pflanzenresten. 

Gegenwärtig (1899) ist von den Mergeln (m) und den grauen 
Sandsteinen (s) nichts mehr zu sehen, dagegen zeigen die aufgeschlos- 
senen gelben und grauweissen Sandsteine eingelagerte Trümmer von 
Flyschmergeln in allen Grössen: diese sind 10 cm lang und 2 cm 
dick, die grössten aber meterlang und darüber und 30 bis 50 cm dick. 
Diese plattigen Trümmer sind meist abgerundet, selten mit scharf- 
kantigen Contouren. Im feinkörnigen Sandstein findet man auch hie 
und da dünne Kohlenadern; nur an wenigen Stellen sind die Sand- 
körner grösser und entsteht dadurch grobkörniger Sandstein. Der 
weiche Sandstein ist fast versteinerungsleer, der harte rothbraune 
dagegen ist reich an Petrefacten, besonders an Nummuliten. Dieser 
führt auch häufig grössere Mengen von Bohnerz,. Nach Ehrlich!) 
wurden am Haunsberg „in alter Zeit“ auf dieselben Untersuchungs- 
schächte abgeteuft, „doch jetzt sind -— so schreibt Ehrlich 1849 — 
keine Spuren von Bergarbeiten mehr zu sehen“. Der weiche Sandstein, 
der als Sand gewonnen wird, da er sehr leicht zerfällt, bildet keine 
durchgehende Schichte, sondern mehrere, mitunter sehr mächtige Ein- 
lagerungen im harten rothbraunen Sandstein. 

Am rechten Ufer des Schlösslgrabens führt eine Stiege von oben 
herab nach St. Pancraz. Am oberen Ende dieser Stiege in etwa 550 m 
Höhe beobachtet man den rothen, harten, petrefactenreichen Sandstein, 
dessen Farbe aber an vielen Stellen in Grau übergeht; in 510 m Höhe 
folgt sodann weisser oder gelber, leicht verwitternder Sandstein, arm 
an Petrefacten; weiter unten kommt man wieder auf rothen, harten 
Sandstein, auf diesem steht Schule und Kirche St. Pancraz; und schliess- 
lich den Abhang gegen das Oichenthal zu bildet wieder der leicht ver- 
witterbare gelbe Sandstein. Im weichen Sandstein oberhalb der Kirche 
sind mehrere Steinbrüche eröffnet; der gewonnene Sand wird theils zur 
Glasfabrikation in Bührmoos, theils als Scheuermaterial in der Stadt 
Salzburg verwendet. 

Die Lagerung in diesen Steinbrüchen (80) zeigt h 4 mit Fallen 
nach NW. Der Sandstein, auf welchem Schule und Kirche stehen, 
streicht in h 6 mit nördlichem Verflächen (81). 

Nachstehend folgt das Verzeichnis der Versteinerungen 
von St. Pancraz, soweit ich dasselbe aus der Literatur und aus 
der Sammlung des städtischen Museums in Salzburg zusammenstellen 
konnte. 

Orbitolites spec. div. 
Nummunlites spec. div. 
Conoclypus conoideus Ag. 
Prenaster spec. 

Serpula spirulaea Lam. 
Terebratula spec. 

Ostrea (Exogyra) eversa Desh. 


!) Haidimger: Berichte über die Mitth. v. Fr. d. Nat., V, 81. 


[97] Das Salzburger Vorland. 383 


Ostrea (Gryphaea) Escheri M. E. 

„ gigantea Brand. 

„ef. sella Schafh. 

»„ praerupta Schafh. 

„ rarilamella Desh. 
Spondylus radula Lam. 

Pecten multistriatus Desh. 

»„ Parisiensis d’Orb. 
Cardium gratum Defr. 
Protocardia Plumsteadiensis Sow, 
Öytherea ambigua Desh. 

2 Schafhäutli M. E. 
Teredo Tournali Leym. 
Ovula gigantea Lam. 
Voluta spec. 
Nautilus Bouchandianus Schafh. 

„ef. ellipticus Schafh. 

” ziezac Sow. 

it; spec. 


Von der Kirche St. Pancraz lässt sich der harte Nummuliten- 
sandstein in der Richtung gegen Osten als eine Felswand von 5 bis 
20 m Höhe fast ununterbrochen verfolgen durch eine Strecke von un- 
gefähr 2 km Länge. Die Schichtung (82) ist stets h 5 bis 6 mit sehr 
steilem nördlichen Einfallen. Von besonderem Interesse sind an dieser 
Strecke die beiden Arme des Kroisbaches. Diese zeigen in ihren 
unteren Partien nur Schutt und Moräne. In etwa 580 m Meereshöhe 
trifft man am rechten Ufer des linkseitigen Armes auf die eben er- 
wähnte Felswand von 10 bis 15 m Höhe, welche fast ohne Unter- 
brechung das Gebiet des Kroisbaches und des Olchinger Grabens 
durchquert. Die Wand ist fast vertical und besteht aus dem harten, 
rothen Nummulitensandstein. 

An einzelnen Stellen (83) lässt sich die Schichtung mit Sicherheit 
messen; sie ist h 6 mit nördlichem Einfallen, aber häufig auch fast 
senkrecht. Hie und da sind die senkrechten Schichtflächen durch 
horizontale Spaltflächen derart unterbrochen, dass es den Anschein 
hat, als wären Bänke von 1 bis 4 m Mächtigkeit horizontal über- 
einander gelagert. An den Wänden zeigen sich Spuren davon, dass 
man hier seinerzeit Mühlsteine gebrochen hat. Im Sandstein fand ich 
eine Ovula Mwuensteri, zahlreiche Nummuliten und andere, aber schlecht 
erhaltene Petrefacten. 

Etwa 150 » östlich von den Quellen des Kroisbaches befindet 
sich an derselben Felswand die sog. Frauengrube, ein theilweise 
verfallener tiefer Schacht, der unten in eine weite und hohe Halle 
ausläuft. Hier soll man zu Ende des 16. Jahrhunderts auf Silber 
gegraben !), doch eine zu geringe — wahrscheinlich wohl gar keine — 
Ausbeute erhalten haben. Die an den Wänden der Frauengrube aus- 
gehauenen kreisförmigen Vertiefungen beweisen zur Genüge, dass die 


) J. N. Hall, Beschreibung des Haunsberges. Salzburg 1854. - 
49* 


384 Eberhard Fugger. [98] 


Höhle nichts anderes als ein ehemaliger unterirdischer Mühlstein- 
bruch ist. | 

Wenig oberhalb der Frauengrube, beim Austritt aus dem Walde 
auf die Wiese, steht weicher, gelber Sandstein an mit kohligen Ein- 
schlüssen. 

Bei der Ortschaft Olching vereinigen sich die beiden Arme 
des Olchinger Grabens. Im linkseitigen Graben liegt in den 
unteren Partien fast nur Schutt und Moräne, nur an einer Stelle 
trifft man sehr feinkörnige, mergelige Sandsteine von dunkelgrauer 
Farbe. In der Höhe der Frauengrube (580 m) zieht sich die vor- 
erwähnte Felswand in östlicher Richtung durch den Graben und 
zwingt die von oben kommenden Bächlein zu kleinen Wasserfällen. 
Die Wand erreicht stellenweise eine Höhe von 25 und mehr Metern. 
Unmittelbar östlich der Frauengrube zeigen die Sandsteine auf etwa 
10 m hin wieder die scheinbar horizontale Schichtung, wie im Krois- 
bachgraben, als 1 und 2 m dicke Bänke, dann zeigt sich wieder die 
steil nach Norden fallende Schichtung, und der Sandstein ist über- 
lagert, wenn man diese fast senkrechte Vorlagerung eine Ueber- 
lagerung nennen kann, von lichtgrauem Lithothamnienkalk. Diese 
Ueberlagerung ist an einigen Stellen deutlich sichtbar; besonders 
an einem Punkte ziemlich im Osten des Gebietes des ÖOlchinger 
Grabens entblösst ein frischer Bergbruch diese Lagerung sehr schön 
und zeigt, dass die verticale Kalkbank kaum 30 cm mächtig ist. An 
der rechten Seite der ziemlich grossen Grabenmulde fliesst ein kleiner 
Wasserfall über die senkrechte Wand; hier ist die Kalkbank schon 
wieder verschwunden und fliesst das Wasser nur über den harten 
Nummulitensandstein, der auch wieder in fast horizontale Bänke von 
unregelmässiger Dicke gespalten ist. Oestlich von diesem Wasserfall 
reicht die Wand noch etwa 50 m weit, dann hört sie auf; es zeigen 
sich daselbst noch Spuren, dass auch hier Mühlsteine gebrochen wurden. 

Der rechtseitige Arm des Olchinger Grabens zeigt nahe 
dem unteren Waldrande auf eine Strecke von 8m theils in der Bach- 
sohle, tneils am Ufer einen schwarzen Mergel, der sich mit dem 
Messer schneiden lässt, und stellenweise braun bis ockergelb verwittert. 
Seine Lagerung lässt sich nicht messen. Etwa 100 m weiter oben 
und beiläufig 15 bis 20 m höher ist dieser schwarze Mergel wieder 
auf 2 m blossgelegt. Ungefähr 50 m weiter und 10 bis 15 m höher 
liegt ein grosser Findlingsbloc — 3 m lang — von rothem Nummu- 
litensandstein im Bach, und nach weiteren 50 m vereinigen sich 
zwei Gräben. 

Im linken Arm steht der Mergel an mehreren Stellen an, etwa 
60 m oberhalb seiner Vereinigung mit dem rechten Arme ist die 
Schichtung messbar (84), sie ist inh 5 mit fast senkrechtem Ein- 
fallen; nach etwa 80 Schritten findet man in demselben kleine, 
undeutliche Versteinerungen: Korallen, (Trochocyathus dwodecimco- 
status?), kleine Bivalven (Corbula?) Buccinum - Fragmente, Seeigel- 
stacheln, Foraminiferen, Krebsreste. Diese Mergel sind miocäner, 
mariner Tegel una werden von den vorher erwähnten, mehr oder 
weniger mergeligen, feinkörnigen Sandsteinen überlagert. Tegel und 
Sandsteine dürften der ersten Mediterranstufe, dem oberösterreichischen 


[99] Das Salzburger Vorland. 385 


Schlier (der oberen Meeresmolasse in Bayern und der Schweiz) an- 
gehören. 300 Schritte weiter oben liegt ein riesiger Felsblock von 
rothem Nummulitensandstein, 6 m lang, 4 m diek und 6 m hoch. 
Nach weiteren 250 Schritten trifft man horizontal geschichtetes, junges 
Conglomerat, darüber Schotter; und nach abermals 250 Sehritten hat 
man den Ursprung dieses Grabens, an der oberen Grenze des Waldes, 
in eirca 680 m Meereshöhe erreicht. 

Der rechte Arm zeigt in etwa 480 m Höhe ebenfalls die schwarzen 
miocänen Mergel, dann nach 409 bis 500 Schritten junges Conglo- 
merat und darübergelagerte Moräne. Dieser Aufschluss wiederholt 
sich während des Aufwärtssteigens noch zweimal. Oben am Waldrande 
endlich sieht man den Beginn des Grabens in einer mächtigen Moräne. 
In beiden Armen des Grabens sind Kalktuffbildungen sehr häufig. 

In den Gräben von Waidach sah ich nur Schutt und Moränen, 
in den oberen Partien an der Waldgrenze das junge, horizontal ge- 
schichtete Conglomerat und darüber wieder die Moräne. 

Der Graben oberhalb Nussdorf entblösst kaum 15 m über 
der Strasse den miocänen Mergel (85) in h 5 mit fast senkrechter 
Stellung; weiter oben wird derselbe von sehr feinkörnigen Sandsteinen 
überlagert. In den oberen Theilen findet man wieder den Mergel, 
theilweise von Kalktuff zugedeckt. 

Unterhalb Irlach findet man im Graben ebenfalls die Mergel, 
und zwar ungefähr in der gleichen Höhe, wie in dem vorher genannten 
Graben von Nussdorf. 

Im Graben oberhalb Irlach steht nahe an der Strasse 
tertiäres Conglomerat an, welches durch die zahlreichen kleinen Quarze 
charakterisirt ist, wie wir es am Wachtberg und am Nordabhange 
des Lielon fanden. In einer Schottergrube am unteren Waldrande, am 
rechten Ufer des Bächleins, ist ein zweiter Aufschluss. Das Conglomerat 
ist sehr bröckelig und es ist sehr schwierig, ein einigermassen brauch- 
bares Handstück davon zu erhalten. Es repräsentirt wahrscheinlich 
die Congerienstufe in unserem Gebiete. 

Im Steinbachgraben, nicht hoch über der Thalsohle, liegt 
am Wege am linken Bachufer der tertiäre Schotter, eonglomeratartig 
mit weissem Bindemittel und den zahlreichen kleinen Quarzen, theils 
weich, theils als wirkliches Conglomerat an fünf Stellen als Schotter- 
gruben aufgeschlossen, aber auch als Conglomerat im Bache anstehend. 
Wenig oberhalb dieser Schottergruben findet man Kalktuffbildungen 
im Bache. Das tertiäre Conglomerat reicht weit auf die Höhe und ist 
in den obersten Theilen des Grabens von Moräne überlagert. 

Im Graben von Eisping, in etwa 560 m Meereshöhe, trifft 
man den feinkörnigen miocänen Sandstein anstehend, darüber das 
weisse, quarzreiche Uonglomerat. 

Im ersten Graben, nördlich von Eisping, ist nichts 
aufgedeckt; im zweiten Graben steht in circa 530 m Höhe ‘das 
tertiäre Conglomerat an. Der dritte Graben entblösst dasselbe in 
540 m Höhe; weiter oben liegt ein Findling von stark verwittertem 
Kreideconglomerat von etwa 5 m? Grösse. Der Graben unterhalb Pins- 
wag zeigt nur Schutt und Moräne; im Graben oberhalb Pinswag 
endlich war anfangs August 1897 — nach den grossartigen Ueber- 


386 Eberhard Fugger. [100] 


schwemmungen — eine Murre sichtbar und an deren Anbruchsstelle, 
560 m ü. d. M., das tertiäre Conglomerat. In den Gräben von Lauter- 
bach findet man nur Moräne, zahlreiche Kalktuffbildungen und Ueber- 
kalkungen der Schutt- und Rollsteine. 

Auf dem höchsten Punkte des Haunsberges (833 m) steht 
eine quadratische Säule mit der Aufschrift: Astr. geod. Operat. für 
die europäische Gradmessung 1874. Von hier weg gegen Norden, gegen 
die Kaiserbuche zu, findet man kleine weisse Rollquarze, die möglicher- 
weise dem tertiären Conglomerat entstammen. Bei der Kaiserbuche 
findet man, wie bereits erwähnt wurde, in einer Grube den gelben 
Nummulitensand blossgelegt; sonst ist auf dem ganzen Plateau des 
Haunsberges nur Moränenmaterial zu finden. So insbesondere bei 
Schwandt, in der Nähe von Grossenegg und auf der Höhe von. 
Kalchgrub (683 m). Der Name Kalchgrub stammt offenbar davon 
her, dass man aus dem Boden die grossen Kalksteine der Moräne 
ausgrub, um daraus Kalk zu brennen; anstehender Kalkstein oder 
überhaupt anstehendes Gestein ist hier nirgends zu sehen. 

Brückner!) unterscheidet am östlichen Gehänge des Hauns- 
berges „drei bis vier Moränenwälle, deren höchster gleichsam den 
Rücken des Haunsberges bildet und sich bis zur Kaiserbuche nach 
Süden verfolgen lässt.“ 


Das wichtigste Ergebnis der Untersuchungen am Haunsberg be- 
steht in der definitiven Feststellung der Aufeinanderfolge der 
einzelnen Gesteinsarten. Diese ist von oben nach unten folgende: 


Glaeiale Reste: 
Schotter; 
Hangendmoräne; 
horizontale diluviale Conglomerate; 
Liegendmoräne. 
Mioeän: 
Conglomerate und Schotter, zusammengesetzt hauptsächlich aus 
kleinen Quarzen mit einem weissen, sandigen Bindemittel; 
feinkörniger weicher Sandstein ; 
dunkler weicher Mergel mit wenig Petrefacten. 


| Eocän: 
Lichtgrauer Lithothamnienkalk ; 
dichte, harte, petrefactenreiche Nummulitensandsteine von rother, 
rothbrauner oder grauer Färbung, mit Einlagerungen von weissen oder 
gelben, leicht zerreiblichen Sandsteinen oder Sanden. 


Oberkreide:; 
Nierenthaler Mergel, roth oder grau, theilweise sandig, zum 
Theil mit Einlagerung von Kalksandstein; 


') Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Wien 1886, Seite 36. Vergl. 
auch Penck, Vergletscherung der deutschen Alpen. 1382, 8. 41. 


- [101] Das Salzburger Vorland. 387 


Liegend: Flysch, wechselnde Schichten von Mergeln und Sand- 
steinen mit häufigen Zwischenlagen von schwarzen Thonschiefern, 
seltener mit Einlagerung von Mergelkalken. 


Im Flysch verläuft etwa von Pabing über den Hochstein 
nach Gaused und Obermödlham eine Antiklinale, deren nörd- 
licher Abhang unter die Nierenthaler Schichten eintaucht, während 
der südliche Abfall des Sattels das Nordgehänge der Synklinale Ried- 
Untermödlham bildet. Eine locale Störung dieser Falte ist im 
Götzenberggraben zu beobachten. Die Nierenthaler- und Num- 
muliten - Gebilde ziehen von St. Pancraz in gerader Linie gegen den 
Öbertrumer See, die miocänen (Gebilde dagegen scheinen nur auf die 
Westseite des Haunsberges beschränkt zu sein. 

Die Vorlagerung der Nierenthaler Schichten von Eisenharting 
und Fraham vor den Nummulitenschichten dürfte sich dadurch erklären, 
dass die Nummulitensandsteine in einer Mulde der Nierenthaler Mergel 
eingebettet sind (Fig. 26). 


Fig. 26. Profil von Gaused nach Fraham. 


Gaused. Teufelsgraben. Fraham. 


IT: 7 Ni Nu Ni 
F = Flysch. — Ni = Nierenthaler Schichten. — Nu = Nummuliten-Schichten. 


Pabinger Bach: (1) h 5 g 83 N und 81 $S; Wülste in N. 


5 
Götzenberg-Graben: (2) h 11, 13° 9 25 W, daneben h 1, 13° 4 35 WNW, 
10 m höher h 12, 5° g 25 O; Wülste in 0. — (3) h 11, 10° 9 15 W. 


Götzenberg: (4) h 7, 9° 9 54 NNO; Wülste in SSW. - (5) h 8, 10° 9 35 NO. 


Achartinger-Graben: 6)h5 SON — Qh5y, 328. -- (8) h 4 op 35 
SSO. — (9) h 4 85 SSO — (10) h 5 p 50 SO. — (11) ıı 4, 10° 9 80 SSO. 
— (12) h 4, 10° # 85 SSO bis 84 NNW; Wülste in NNW. — (13) a:h5 
» 70 S; Wülste in N. — b: h 3, 5° 55 NW; Wülste in SO. — ,:(14).h 4, 
10° 9 50 NNW. — h 4, 10° 9 50 NNW. — (15) h9 925 SW; Wülste in 
NO. — (16) h A, 5° 9 90. — (17) h 2, 12° 9 80 NW. — (18) h 3, 5° 9 70 
SO. — (19) h 3,5° #85 NW. — (20) h 3, 5° » 83 NW; Wülste in NW. — 
(21) h 4. 5° © 90. — (22) h 6 y 90; Wülste in N. — (23) h 4, 5%. 9 90. — 
(24) h 5 © 90. — (25) h 4, 5° 9 90. — (26) h 6 9 50 N: 


Mausgraben: (27) h 5, 5° » 90. — (28) h 4, 5° » 85 NNW; Wülste in NNW. 
— (29) h 6, 10° 9 85 S; Wülste in N. — (80) h 3, 5° 9 85 SO. . h 3, 10° 
o 90; Wülste in NW. — h 3, 10° 4 85 SO; Wülste in NW. — (31) h l, 5 
» 80 OSO; Wülste in WNW. — h 0 9 80 0; Wülste in W. — h 10, 10° 9 
85 ONO. — h 11, 12°» 65 O; Wülste in W. — h 0 » 60 0; Wüste in W. 
— (82) h 10, 5° » 75 ONO. — (83) h 3 9 65 NW. — h3 90; Wülste in 
NW. — (34) h4, 5° 0 84 NNW; Wülste in NNW. — h 4, 5° 9 80 SSO; 
Wülste in NNW. 


Doppelgraben: (8) h 6 9 85 S; Wülste in N. 


388 Eberhard Fugger. [102] 


Gauseder Graben: (36) h 7, 5° 9 90. — h 7, 5° 9 80 NNO. — (37) h 9,5° # 50 
NO; Wülste in SW. — (38) h.7,.5%,9,45 NNO. — (39) h 6, 5° 835 N. — 
h 6, 18° 9 88 N. — (40) h 6, 13° 9 88 N. — (41) h 7 9 88 NNO. — (42) 
h6985 N. — (43) h 5, 8%.» 80 N; Wülste in S. — h5, 5°9858. — 
h 4, 13° 9 70 NNW. — hs, 10° 9 5 N. — h5,10°985 N. — (44) h 6, 
10° x 75 N. — h 7, 8° 9 90. — h 6, 8° 9 80 N; 

Kravoglgraben: (45) h5 9 90.— h5p 60 N; Wülste inS. — h5,5°» 
85 N. — (46) h 2, 5° 0 88 SO. — 49h 5,59 868. —h5y8B5N. 
Dorfleitner Graben: (48) h 7, 5° 4 50 NNO. — h 7, 10° » 45 NNO. — h 7, 

2°» 30 NNO. -- h 7, 5° 9 25 NNO. — (49) h 5 x 40 S. — (50) h 2, 5° 9 


40 NW. — (51) h 4 o 45 SSO. — (52) h 2, 10° 0 80 SO. — (63) h 3, 5° 
o 80 SO. — h 3 p 35 SO. — h 4, 13° 9 84 SSO. -- h 3, 5° 9 90. — h 2, 
10° » 50 NW. — (54) h 5, 10° 9 57 8; Wülste in S. — (55) h 5, 5° » 90. 


—;h6, 10° 9 85 S. — h 6, 5° y 90; Wülste in $. — h5,5°g% 80 8. 

Knolleneder Bach: (56) h 5 9 608. — (87) h 6, 5° 708. — (88) h 3 
» 75 NW; Wülste in NW. — (59) h 7, 10° o 85 NNO. — (60) h 6,2° 80 8. 
— (61) h 6,985 8. — (62) h 7, 2° » 85 SSW. — (65) h 4, 5° » 80 SSO. 
(64) h 4 9» 30 NNW. 

Bruckmoosgraben: (65) hı 5, 5° # 45 N. — (66) h 5, 5° 9 SO N. — (69) h4 
bis 5 o 90. — (68) h 4, 5° 9 35 8SO. 

Teufelsgraben: (69) h 5 bis h 5,5° 9 25 N. — (%0) h 5, 5° 9 90 und 9 828, 
— (1)h5, ?y4oN. — (W)h5,5p60N. 

Vackelgraben: (9)h5,5°9 788. — (4Wh5,5°9 758. 

Fraham: (75) h 4 » 40 bis 50 SO. — (76) h 4 y 25 NW. 

Oberndorfer Graben: (77) h 5, 5° y 30 bis 40 N. 

Gasteiner Graben: (78) h 7, 13° # 25 SSW. — (9) h 5 bis 6 g 40 N. 

St. Pancraz: (80) h 4» 36 NW. — (Sl) h 6 y 12 N. — (82) h 5 bis 6 p 80 
bis 85 N. 

Kroisbach: &8)h69 50 bs 65 N. — h6yp 55 N. 

Ölchinger Graben: (&4)h5yYyB85N. 

Graben oberhalb Nussdorf: (5) h5 9 88 N. 


XII. Der Buchberg. 


Das Gebiet des Buchberges grenzt im Westen an den Ober- und 
im Norden an den Nieder-Trumersee, im Osten an die Egelseen und 
ihren Abfluss, den Fischerbach und schliesslich an den Unterlauf des 
Wallerbaches, im Süden aber an den Wallersee und den ihm zu- 
fliessenden Waldbaech und den Riederbach, der sich in den Ober- 
Trumersee ergiesst. Die höchste Erhebung bildet der Buchberg mit 
1796 m Meereshöhe, welcher durch die Einsattelung bei Obernberg mit 
dem Tannberg zusammenhängt. Das Niveau der beiden Trumer Seen 
liegt 500, jenes der Egelseen 594 und des Wallersees 504 m über 
dem Meere. Ausser den bereits als Grenzen genannten fliessenden Ge- 
wässern durchzieht kein Bach von einiger Bedeutung das Gebiet, daher 
auch die verhältnismässig geringe Menge von geologischen Aufschlüssen. 

Die Aufschlüsse des Rieder- und des Waldbaches sind 
schon im Abschnitte VIII (Höhe von Waldprechting) besprochen worden ; 
der Fischerbach zeigt in der wilden Schlucht zwischen Fischer- und 
Grabenmühle an vielen Stellen horizontal geschichtetes Conglomerat in 
mächtigen Bänken. 


[103] Das Salzburger Vorland, 389 


Oestlich von Weng gegen den Wallersee hin steht an zwei 
Punkten Conglomerat an, an einem dieser beiden Punkte ist auf das 
Conglomerat ein Steinbruch eröffnet und beobachtet man in demselben 
eine Breceie von 1 m Höhe und einigen Metern Länge eingebettet. 
Geht man von Weng über Döttleinsdorf, Ried, Engerreich, Nussbaum 
in.den Riedergraben und hinaus gegen den Ober-Trumersee, so 
beobachtet man auf dem ganzen Wege nirgends anstehendes Flysch- 
gestein; die wenigen Aufschlüsse zeigen nur Moränen, Schotter und 
Conglomerat. 

Bei Mitterhof hinter dem Wirtshaus „zum goldenen Sitz“ 
ist in einem Steinbruch Flysch blossgelegt, es sind mächtige Sandstein- 
bänke und Mergellagen (1) in h 6 mit sehr steilem südlichen Ein- 
fallen. Die Mergel enthalten Einschlüsse von Eisenkies. 

Nördlich von Mitterhof an der Strasse von Ober-Trum nach 
Mattsee ist eine Schottergrube, deren Steine in Bezug auf ihre Lage- 
rung sie als Moränen kennzeichnen. Gekritzte Steine sah ich jedoch 
nicht daselbst. 

Die eigentliche Erhebung des Buchberges gehört dem Flysch 
an, doch findet man wenig Aufschlüsse. Die Strasse von Ober-Trum 
nach Mattsee wird von mehreren kleinen Gräben durchquert, welche 
vom Buchberg herabkommen; der Graben unmittelbar südlich von 
Ochsenharing, der Feuchtengraben, zeigt ungefähr 100 Schritte 
von der Strasse gegen den Buchberg hinauf (2) Flysch in h 4, 13° 
mit Einfallen nach SSO. 15 Schritte weiterhin ist eine Breccie von 
2 m Mächtigkeit normal eingelagert, darüber folgt ein Sandstein. Nach 
20 Schritten (3) hat sich das Streichen nach h 2, 5° mit südöstlichem 
Einfallen gedreht und zeigen sich Wülste an der Nordwestseite. Nach 
80 Schritten (4) ist die Lagerung wieder in h 4, 5° mit steilem Fallen 
nach SSO; an der NNW-Seite beobachtet man wenige und undeut- 
liche Chondriten. Nun bleibt die Lagerung unverändert; nur das Ein- 
fallen wird allmälig steiler, nach 65 Schritten (5) beobachtet man 
wieder Wülste in NNW. Nach weiteren 8 Schritten (6) dreht sich das 
Streichen in h 5, die Schichten stehen fast senkrecht durch 20 Schritte 
und an der Nordseite zeigen sich Wülste. Nach 16 Schritten (7) neigt 
sich das Fallen eher gegen Nord. Diese Lagerung ist durch 10 Schritte 
sichtbar; nach weiteren 27 Schritten durchquert ein Fahrweg den Bach; 
oberhalb desselben sind keine Aufschlüsse mehr zu finden. 

In der Nähe des Feuchtengrabens, ebenfalls an der Strasse ist 
im Walde eine Moräne, reich an gekritzten Steinen entblösst, welche 
sich nach Dr. Frauscher hoch auf den Buchberg hinaufzieht. Auch 
der Südwest- und Südabhang des Berges ist mit Glacialresten überdeckt 
und reichen diese nach Brückner!) bis in die Meereshöhe von 767 m, 
also etwa 30 »m unter die Berghöhe. Beim Giger] unterhalb des Buch- 
berggipfels ist ein Lehmlager aufgedeckt und an der Ostseite in der Nähe 
des Schrattenwinkelbauers ist eine Moräne aufgeschlossen. 

Ich bin den verschiedenen Gräben des Buchberges gefolgt, ohne 
jedoch. irgend einen anderen nennenswerten Aufschluss in festem: Ge- 
stein zu finden, ausser in dem vorher besprochenen Feuchtengraben. 


!) Vergletscherung, S. 44. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 50 


390 Eberhard Fugger. [104] 


Auf der Höhe des Buchberges an der Westseite, wenige Meter 
unter der Pyramide, zeigt sich Flysch, welcher anstehend zu sein scheint 
(8) einmal in h 2, 5° mit schwachem Fallen nach NW, meist (9) aber 
in h 5 mit gleich schwachem nördlichen Einfallen. In den Gräben am 
Ostabhange gegen Schindelmoser fand ich nichts als Schutt. 

An der Strasse, die von der Höhe von Obernberg hinab: nach 
Mattsee führt, ist im Strassengraben auf eine längere Strecke hin röth- 
lich-gelber Nierenthaler Mergel entblösst. 

Der interessanteste Theil des Gebietes ist der Schlossberg und 
der Wartstein in Mattsee selbst und der denselben vorgelagerte 
Nunerseeberg. Wartstein und Schlossberg bilden eine von West nach 
Ost ziehende Felsmasse, welche durch einen Einschnitt unterbrochen 
wird, in dem sich der Ort Mattsee befindet. 

Der Schlossberg besteht aus einem grobbankigen, ungeschich- 
teten, grosskörnigen, rothen bis rothbraunen Nummulitensandstein, 
welcher sehr reich an Petrefacten ist. Der Wartstein!) dagegen 
zeigt einige Gliederung. Die Hauptmasse bildet auch hier der rothe 
oder rothbraune Nummulitensandstein von grosser Festigkeit, zum 
Theil mit Bohnerz- und grossen Quarzkörnern gemengt und reich an 
Versteinerungen; an manchen Stellen, besonders an der Westseite, 
wird die Farbe des Gesteines grau bis grünlichgrau. Seine Lagerung 
ist an einigen Pnnkten (10) messbar und zeigt h 6 mit steilem süd- 
lichen Einfallen. Stellenweise verwittert er zu einem mürben, gelben, 
zerklüfteten Gestein und auch zu gelbem, ganz losem Sand. An manchen 
Punkten der Nordseite tritt auch ein schieferiger, geschichteter Kalk 
auf von graulich-weisser Farbe, welcher viel Körner grüner Eisenerde 
und zahlreiche Versteinerungen enthält. Auch grauer Lithothamnienkalk 
ist im Nordwesten des Berges aufgeschlossen. Bei einer Kellergrabung 
wurden nach Lipold blauer Thon und ein sandiger, dunkelblaugrauer 
Mergel mit Petrefacten blossgelest. 

An dem südwestlichen Ende des Wartstein war im December 1881 
und noch im April 1882 grauer Nierenthaler Mergel und südlich davon 
Flyschmergel mit Fucoiden zu sehen. Heute (Jänner 1898) sind nur 
mehr die Nierenthaler Schiehten in einem unbedeutenden Aufschluss 


?) Die wichtigsten neueren Berichte und Notizen über Mattsee lieferten: 


Morlot: Berichte über die Mitth. v. Freunden der Natırwissenschaften. 
Wien 1847. II, S. 224. 

Karl Ehrlich, Ibidem 1848, IV, S. 347 und 1849, V, S. 80, ferner: Ueber 
die nordöstlichen Alpen. Linz 1850, S. 20; Geognostische Wanderungen im Ge- 
biete der nordöstlichen Alpen. Linz 1852, S. 67, und: Beiträge zur Palaeontologie 
und Geognosie von Oberösterreich und Salzburg. Linz 1855. 

Franz Ritter von Hauer: Jahrb. d. k k. geol. R.-A. Wien 1850. I, 
S. 51 und 1858, IX, 8. 117. 

V. Lipold: Ibidem 1851, II, Heft 3, S. 118, 

Karl Frauscher: Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. Wien 1885, S. 173—183, 
und: Das Untereocän der Nordalpen und seine Fauna. Denkschriften der math.- 
naturw. Classe der kais. Akademie der Wissensch. Wien 1886. LI, S. 226. 

C. W.v. Gümbel: Verhandl. d.k.k. geol. R.-A. Wien 1886, S 367 u. 368. 

E. v. Mojsisoviecs: Ibid. 1890, S. 30 und 31. 

Johannes Böhm: Die Kreidebildungen des Fürberges und Sulzberges bei 
Siegsdorf in Oberbayern. Palaeontographica. 1891. XXXVIIL 


[105] Das Salzburger Vorland. 39] 


zu beobachten, nachdem der grösste Theil der Mergel zur Düngung 
der Felder weggeführt wurde. 

Am Wartstein lässt sich, und zwar an seinem Westende, nach- 
stehende Schichtenreihe verfolgen : 


Nord. Hangend. Grüne, dichte Kalksandsteine, reich an 

Muscheln. 

Lithothamnienkalke, 4 m mächtig. 

Weicher, gelber Sandstein. 

Harte, nummulitenführende Sandsteine, meist rothbraun, aber 
auch grün. 

Dichte, petrefactenleere Sandsteine, roth und grün. 

Harte, nummulitenführende Sandsteine, meist rothbraun. 

Graue, harte Sandsteine mit Muscheln. 


Süd. Liegend. Nierenthaler Mergel, am Gehänge wenig 
blossgelegt. | 


Als Liegendes der Nierenthaler Schichten sah man, wie vorher 
erwähnt, noch im Jahre 1882 Flyschmergel mit Fucoiden, welche 
Schichte auch Frauscher in den Verhandlungen der k. k. geo- 
logischen Reichsanstalt 1835, Seite 175 und, in seinem „Untereoeän“ 
Seite 226 als Schichte 6 des Wartstein, allerdings als Hangendes 
desselben anführt. 

Ehrlich!) und Hauer), sowie Frauscher?) und Gümbel®) 
veröffentlichten Profile des Wartstein, die untereinander leidlich 
gut stimmen, aber doch darthun, dass sich eine Gliederung der 
Nummulitenschichten hier kaum durchführen lässt, sondern dass die 
einzelnen Gesteinsarten, wie schon Hauer?) schrieb, einen Schichten- 
complex ausmachen, in welchem die verschiedenen Gesteine bald 


höhere, bald tiefere Stellen einnehmen, während — möchte ich hinzu- 
fügen — die Lithothamnienkalke stets in den hangenden Schichten 
auftreten. 


In den Zeichnungen der Profile von Frauscher und Hauer, 
welch letztere aus Lipold’s Tagebuch stammt, sind die Weltgegenden 
unrichtig angegeben, nämlich Nord und Süd verwechselt. 

Die Nummulitenschichten von Mattsee gehören, wie die vom 
Haunsberge, dem Parisien an. 

Am Nunerseeberg (Frauscher schreibt irrthümlicherweise 
Nunerberg, Gümbel dagegen Nunberg), nördlich von Mattsee, direct 
am Seeufer, grösstentheils von Gesträuch überwachsen, stehen graue 
Sandsteine und Mergel an (ll) in h 6 mit südlichem Einfallen. Die 
letzteren sind mehr oder weniger sandig und gehören der obersten 
Kreide, den Nierenthaler Schichten an. Man findet daselbst Einschlüsse 
von rothgelben Knollen in ziemlicher Menge. Ausserdem fand ich 


1) Ber. Mitth. v. fr. d. Nat. 1849, V, S.81, und „Nordöstl. Alpen“ 1850, 8. 21. 
?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, IX, S. 118. 

®2) An dem soeben eitirten Orte. 

*) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1886, S. 368. 

5) ]. c. Seite 120. 


892 Eberhard Fugger. [106] 


eine gut erhaltene Delemnitella mucronata d’Orb. und beide Schalen 
eines grossen Inoceramus, welche jedoch bei dem Herausarbeiten aus 
dem Mergel in lauter kleine Stücke zerfielen. Mojsisovics!) fand 
daselbst ebenfalls Inoceramen, die an Grösse denen von Muntigl nicht 
nachstehen. Ausserdem erhielt ich einige schlecht erhaltene, unbestimm- 
bare’ Steinkerne von Muscheln. 

Von Interesse sind auch eigenthümliche kleine, knollige, scheu 
weisse Kalkeoncretionen, die am Gestade des Sees, am "Fusse des 
Nunerseeberges, an einzelnen Stellen auf dem Schotter in zahlreichen 
Stücken herumliegen. 

Schon Lipold?) und nach ihm Hauer?) erwähnen, dass am 
Seeufer Belemnitellen gefunden wurden; Frauscher*) spricht 
ebenfalls von der Belemnitella mucronata vom Nunerseeberg und aus 
den glimmerigen Sandsteinen von Ganzgrub (richtiger Ganzergrub), 
„in welchen sich nicht selten Belemnitella mucronata d’Orb. findet, 
von welcher Species das Stift Mattsee über 100, zum -Theil gut 
erhaltene Exemplare besitzt“. Eigenthümlich ist es nun, dass trotz 
dieser mehrfachen, übereinstimmenden Angaben sich weder im Wiener 
Hofmuseum, noch in der Sammlung der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt, weder in der palaeontolögischen Sammlung des bayerischen 
Staates zu München, noch in der Stiftsammlung von St. Peter in 
Salzburg, ja nicht einmal in der in Bezug auf Mattsee ausserordentlich 
reichen Sammlung des dortigen Stiftes, welche Herr Dr. Frauscher 
selbst geordnet und katalogisirt hat, auch nur ein einziges Exemplar 
einer Delemnitella von Mattsee vorfindet. Auch das Salzburger städtische 
Museum Carolino-Augusteum besitzt nur das eine Exemplar einer Bel. 
mucronata aus Mattsee, welches ich vor kurzem selbst aus den | Mergeln 
des Nunerseeberges her ausarbeitete. 

Herr Stiftscapitulur Simon Hotter in Mattsee war so gütig, 
mir und Herrn Prof. Kastner die reiche Stiftssammlung zu zeigen 
und zu gestatten, dass wir sie auf das eingehendste besichtigen; er 
hatte überdies die Freundlichkeit, mir den Katalog der Sammlung 
zur Verfügung zu stellen. Nach diesem lasse ich hier das Verzeichnis 
der Petrefacten aus den Nummulitenschichten von 
Mattsee folgen, ergänzt durch das Verzeichnis Frauscher’s in 
seinem „Untereoeän“ und durch die Petrefacten des Salzburger 
Museums. 


I. Foraminiferen. 


Orbitolites submedia ®Arch.. . . 2» ...0 

Opereulina ammonea Hantkn . . ... 1 

Nummulites Sismondei Lam. . . ....%0 
A complanatus Lam. . wem 0 
2 spee. div! EINER, A ACKlpi ua 


1) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1890, S. 31. 

?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1851, II, 3. Heft, S. 118. 

°) Ebendaselbst 1858, IX, 1. Heft, S. 118. 

) Verb... JKE geol. R.-A. 1885, S. 177 u. 178. 

5) Zahl der in der Stiftssammlune zu Mattsee vorhandenen Fxeriplarll 


[107] 


Das Salzburger Vörland, 


Orbitoides papyracea Boub. . 
” spec. 


II, Spongien. 
Spongia saxonica Gein. 
Öylindrites spongioides Goepp. . 


Ill. Anthozoen. 


Conotrochus vermicularis . 
Trochoeyathus conulus Edw. et 


n 


IV. Crinoiden. 
Rhizocerinus cornutus @bl. 
Pentaerinus spec. 


V. Echinoiden. 


Oidaris sp. 
Glyptieus sp... . 
Conoclypus galerus 'Schafh. . 
subeylindricus Mü. 
costellatus Ag. s 
aequidilatatus Ag. . 
conoideus Ag. 
nov. gen. cf. Amblypygus 
Bothriopygus obovatus d’Orb. .\. 
ER RORR carinatus Schafh. 
SDOC AI . 

Wichinolamipde Escheri Ag. 
subeylindrieus Desor. 
silensis , 
cf. scutiformis Desor. 
Echinanthus bavarieus Desor. 
Cuvieri: Desor. 
depressus Desor. 

. Pellati Cotteau . 
Prenaster alpinus Desor. . 

5 Speer. 23 : 
Oolaster Mattseensis Laube . 
Micraster Michelini Ag. 
brevis ‚Desor. 

SPIELE us Te 
cf. Linthia Blombergensis MEY « 
Schizaster similis Schafh. 


$)] 


» 


” 


” 


sinuosus Edw.,et Haime . 


6 


m 


SHDUDDSIOOSOIDOSO OS Oo DO DS STH OS m DD © 


333 


394 Eberhard Fugger. 


VI. Würmer. 


Serpula spirulaea Lam. nu. ser... 
Rotularia bognorensis M.E. . . :...9 
Spirorbis subcarinatus Edw. . . . . . 62 

: EDRO el pet ua ra Ba 


VII. Brachiopoden. 


Urania nummulitica Gbl. . 40 
Terebratula aeqwivalvis Schafh. ; Ah 
e % var. subalpina Mü. AR: 
5 bisinuata Lam. . 39 
> Escheri Meyer . 8 
” eudichotoma @bl. ' 8 
> Hilarionis var. acuminata Menegh. 7 
” Ä var. plicata 5 
" Pellati M. E. 1 
E picta Schafh. 0 
x striatula Schafh. 18 
5 tamarindus Sow. 0 
» spec. 9 


VII. Pelecypoden. 
Ostrea (Exogyra) eversa Desh.. . . . . 16 


»„.  (@ryphaea) Brongniarti Br. 65 

5 R Escheri M. E. 35 

4 5 Guembeli M. E. 2 

e R Mayeri F'rauscher 21 

3 : Kaufmanni M. E. 4 

a pileopsis M. E. 0 

i an Lam; ». 0; 1 
»„. . decurtata Schafh. $ 1 

» gigantea Brand. . 1 
„cf. cephaloides M. E. 0 

„ eymbula Lam. . l 

„. orientalis M. E. 2 

„.. rarilamella Desh. h sit 

» (Alectryonia) eymbalaris Mü. 4 

a * Martinsi d’Ar % 2 
SDOCHeR ä 4 
Oyelostreon internostriatum Gbl. 1 
arvulum Gbl. 1 
Pseudoplacuna helvetica M. E. 3 
Plicatula Caillaudi Bell. 12 
tenera Frrauscher : 20 

Spond ylus bifrons Mü. . 1 
A Eichwaldi Fuchs . 6 

5 cf. granulosus Desh. 1 

33 


S Muensteri Gbl. 


[109] 


Das Salzburger Vorland. 


Spondylus multistriatus Desh. . 
2 cf. paucispinatus Bell. 
ie radula Lam, 

y rarispina Desh. 
cf. subspinosus d’ Arch. 

Lima cf. interlyrata Bayan 

„ plicata Lam. . 

»  Trabayensis d’ Ar ch. 

„  undulata Frauscher 
Pecten multicarinatus Desh. . 
„  . multistriatus Desh. 

»„ Parisiensis Desh. . 

„ . plebejus Lam. 

; »„ var. alpinus.. 

„ .  subimbricatus Mü. 

„ . suborbicularis Mü. 

»„ tripartitus Desh. 

spec. 3 

Avicula media Sow. 

ulsella falcata Mü. . . 

cf. trigona Schafh. 

Mı ytilus afınis Sow. . . 

Modiola flabellum Schafh. 

’ sulcata Lam. . 

Arca Abbatiscellana M. E. 

»  biangula Lam. 

„ distinctissima M. E. . 
Öueullaea cf. incerta Lam. . 
Pectunculus alpinus M. E. 

pulvinatus Lam. 

Nucula cf. fragilis Desh. 

R Parisiensis Desh. 


r submargaritacea Rouault . 


Cardita acuticostata L. 
r imbricata L. . 
; cf. trigona Leym. 
3 spec. 

Crassatella Dumi Fr Busch er 


R cf. Halaensis ne | 


x plumbea Chemn. . 
. spec. e 
Chama calcarata Lam. 
„ sublamellosa Mü. 
» turgidula Lam. 
Lucina consobrina Desh. . 
e contortula  Desh. | 
# Schafhäutli Frauscher . 
Cardium Brongniarti d’ Arch. 
£ galaticum d’Arch. . 
; gigas Defr. 


u) 
SAH, DBOH PO PODHHOSH- N HH oO 


ou 


pt 


or 
HOÄN19OoonlVvoVvrmrrm km 


395 


396 


Eberhard  Fugger. 


Cardium gratum Defr. 11 

n cf. porulosum Lam. 0 

R Parisiense d’Orb.ss\. ya: 8 0 

a SPEL.- ı. 2 

Protocardia artum Schafh. 10 

2 brevis Frauscher 1 

„.. Plumsteadiensis Sow. 100 

5 cf. semistriata Desh. 0 

5 Wateleti Desh. 7 

Cyprina scutellaria Lam. 4 

C ‚ypricardia cf. acuminata Schafh. 1 

Parisiensis Desh. 2 

Schafhäutli Frauscher. 3 

Venus Aglaurae Brogn. 1 

Cytherea ambigua Desh. 13 

$ laevigata Lam. . | 

Mr mendax M. E. 9 

a Meriani. M. E.. 2 0 

n nitidula Lam. 10 

3 Parisiensis Desh. ö 

= Schafhäuti M. E. . Bat 

e cf. suber N Desh. 2 

SDecH,/Y% 1 

Tellina biangularıs Desh. 5 

„ef. patellaris Desh. 1 

Glycimeris intermedia Sow. a 

Wateleti Desh. ! 

Pholadomya nummulitica Fr auscher 1 

a Puschi .Mü. . 2 

R speciosa M. E. 2 

sulcata Frauscher . 8 

Thracia Bellardiüi Pict. 1 

Corbula gallicula Desh. 1 

& gryphus Schafh. . 0 

Fistulana elongata Desh. ”# 

Clavagella coronata Desh. Mi: 

Teredo angusta Desh. 2 

nummulitica Gbl. 1 

»„.  Tournali. Lam. 110 
IX. Gastropoden. 

Dentalium cf. eburneum Lam. . 3 

Pleurotomaria gigantea Dow. . =; 

5 Kadin-Kewiensis d’ ch 1 

„. 2 Lamarcki Ma E. I) 

a nicaeensis Bayan 35 

EN punctinulosa Gbl. 13 

spe... ‚4 

Turbo Guembeli M..E. 8 


[111] 


Das Salzburger Vorland. 


Turbo spee. 

Trochus_ spee. 

Solarium numisma Schaf 
R spec. . 

Scalaria eirrata Sec hafh. 

Turritella carinifera Desh. 

R. imbricataria Lam. 
Serpulorbis tortrie M. E. 
Siliquaria enitens Schafh. 
Xenophora agglutinans Desh. 

& patellata. Desh. 
Calyptraea trochiformis Desh. 
Natica acuminata Lam. 

Brongniarti Desh. 
conica Lam. 
„..  epiglotind Lam. 
B Hantoniensis Pilk. 
„» .. Hugardiana d’Orb. 
„... ef. patula Desh. 
Bi sigaretina Lam. . 
“ cf. Suessoniensis d’ Orb: 
spec. 


Cerithium cf. ‚eristatum Lam. 
h cf. giganteum Lam. 
M Parisiense Desh. 
A pyramidale M. E. . 
5 spec. 


cf. Pereiraea Deshayesi m. E. 
Strombus Fortisi Brongn. 

5 procerus Schafh. 

5 piriformis Schafh. 


= spec. e 

Brehm carcassense "Leym. 
5 distortum d’ Arch. 
n sopitum Brander 


Terebellopsis cf. cylindrica Schafh. 
Rostellaria af. Baylei Desh. 


$ columbaria Lam. 
5 crassa. Schafh. 
n lineata Schafh. 
- masxima Rouault 


; aff. Murchisoni Desh. 
. procera M..E. . 


» spirata kouault . 
„ ....8turgescens M. E.. =» 
spec. i 


Cypraea acuminata Schafh. .. 
9... cf. globularis Edw. 
„. ..helvetica M. E. 

oblonga ‚Sehafh. 


». 


_— 


oo» — 
SHAp$puNDSsJHmprmmm 


es 


m 
RAalwoyomm NOV DVP OH mom 


DOOOOPRNW 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Eugret) 


öl 


398 


Eberhard Fugger. 


Cypraea cf. oviformis Sow. . 
2 peregrina M. E. 
a SPEL, : ; 
Ovula depressa d’ Arch. 
„ . gigantea Lam. 
» Muensteri 
Cassidaria carinata Lam. 
” diadema Desh. 
5 enodis Desh. 
. nodosa Lam. 
SDEL. aha: 
Cussis Aeneae A. Br. 
Be SRECEN. 
Ficula arata M. E. . 
„.. Escheri M. E.. 
RESDOCB IR, 
Tritonium nodiferum Schaur. 
” octogonum Schafh. 
„ spinosum M. E. . 
BROR en 
Ranella tuberosa Bon. 
Fusus bifasciatus Sow., 
„ bulbiformis Lam. . 
„ conjunctus Desh. 
„ exaltatus Schafh. 
» Malcolmsoni d’Arch. et Haime 
„ ef. Marrotianus Schafh. 
»„ ef. maximus Desh. 
»„ operculatus Schafh. 
„ : procerus Schafh. 
»„ rugosus Lam. 
»„ ef. scalarinus Lam. 
DREH, 
Fasciolaria ef. Beyr ichi Mm. B; 
Pyrula spee. . \ { 
Mitra elongata Lam. x 
„. af. plicatella Lam. 
Voluta ambigua Rouault 
. angustata Desh. 
R eithara Lam. . 
“ conica Schafh. . 
»„ ef. Mithrata Desh. 
R muricina Lam. 
n subala Schafh. 
“ torta Schafh. 
Dee. - 
Harpa Baylei M. E. 
mutica Lam. 
sper. . . 
Har popsis str omboides Lam. 


n 


ee 
nos 


ICE4t) MHrAae 
SH DO m 1X 


jr 


So) 
POP DD + nm 


— I) 
DPNOooaNDWVWoORrOoOoHr 


u N) 
DoOw-— 


113] Das Salzburger Vorland. 399 


Cancellaria spec. ah 1 

Pleurotoma attenuata Sow. 1 

2 crassa Edw. . 2 

N 1 ss Ra DR Be HE 2 

Conus af. diversiformis Desh. . 0 

„ nisoides Schaur. 0 

»„ Parisiensis Desh. 4 

„ pyramidalis Mü. 32 

Actaeon sulcatus Schafh. . 3 

Bulla Parisiensis d’Orb. . 2 

EUDUBDRE SER "SU 0 
X. Crustaceen. 

Ranina cf. Aldrovandi Ranzani . . . . 0 

XI. Cephalopoden. 

Nautilus crassus Schafh. 1 

F ellipticus Schafh. 6 

4 imperialis Sow. . l 

R lingulatus Mü. 0 

5 umbilicaris Desh. t 

ii ziezac Dow. 15 

spec. 0 
XI. Fische. 

Lamna elegans Ag. . 10 

»„ longidens Ag. . 16 

Otodus macrotus Ag. 2 

42. sserrabls Anne „ 

Carcharodon heterodon Ag. . 2 

5 leptodon Ag. 5 

5 suleidens Ag. 12 

; turgidus Ag. er 6 

Myliobatis giganteus Schafh., . , 1 

Ooelorhynchus spec. Er fe) 


Am Haunsberg sahen wir im Liegenden Flysch, darüber Nieren- 
thaler Schichten und über diesen Nummulitengebilde; im Gebiete 
des Buchberges ergibt sich dasselbe Profil. Der Buchberg selbst ist 
Flysch, an der Strasse von Mattsee nach Obernberg sind ihm Nieren- 
thaler Mergel vorgelagert. Am Wartstein salı ich selbst noch 1882, 
von Süd nach Nord vorschreitend, den Flysch, dann Nierenthaler 
Mergel, hierauf Nummulitenschichten. Allerdings sind die Bänke hier 
durchaus nach Süden fallend und trifft man nördlich vom Wartstein 
wieder auf Nierenthaler Schichten. Diese Lagerung erklärt sich wohl 
wahrscheinlich in der Art (siehe die Fig. 27 auf umstehender Seite), 
dass die Nummulitenschichten in einer schiefen Mulde der Nieren- 

51* 


Kronwald. 


400 Eberhard Fugger. [114] 


thaler Schichten liegen, wobei die Nordseite der Nummulitenmulde 
bereits verschwunden. ist. 

Aehnliches sehen wir auch an der Ostseite des Haunsberges. 

Morlot (1847) und Lipold (1851) lassen allerdings die 
Nummulitenschichten unter die Flyschschichten einfallen, und zwar 
deshalb, weil das Verflächen der Bänke. nach Süden gerichtet ist. 
Auch Frauscher (1885) und Gümbel (1886) stellen den Flysch 
über die Nummulitenschichten. Ehrlich dagegen schreibt bereits 
1848, „dass die Nummulitensandsteinformation hier dem älteren 
Wiener Sandsteine aufliegen müsse.“ Und Mojsisovies berichtet 
1890: „Die scheinbare Unterlagerung des . Flysches durch die 
Nummulitenformation von Mattsee muss auf tektonische Störungen 
zurückgeführt werden, mit welcher Ansicht die. ausserordentlich 
scharfe, einer Ueberschiebungsfläche zu vergleichende Grenze zwischen 
den Nummulitenkalken und dem Flysch im Einklange steht.“ 


Fig. 27. Profil von Mattsee. 


Ganzergrub 
Niedertrumer 
See 
Nunerseeberg 

Wartstein. 


n 


! = Lithothamnienkalk. — ns = Nummulitensandstein. — » = Nierenthaler 
Schichten. — f = Flysch. 


Mitterhof: (1) h 6.2 65 bis 84 S. 


Feuchtengraben: (2) h 4, 13° 9 40 SSO. — (8) h 2, 5° » 55 SO; Wülste 

in NW. — (4) h 4, 5° 9 60 SSO. — h 4, 5° 9 82 SSO. — (5) h 4, 5° x 85 

.. ‚850; -Wülste in NNW. — (6) h 5, 5° 9 86 S; Wülste inN. — ()h5% 
88. N. er 


Buchberggipfe): (8):h 2, 5°» 20 NW. — (9) h5 y 20 bis 30 N. 


Wartstein: (10) h6 » 76 8. 
Nunerseeberg (ll)hhy658. 


| la Buchberg. 


uf [115] Das Salzburger Vorland. 401 


XIII. Der Tannberg. 


Das Gebiet des Tannberges wird umgrenzt im Westen durch 
den Grabensee, die Enge zwischen Nieder- und Obertrumer See. 
die Einsenkung auf der Strassenhöhe von Obernberg und Schalkham 
und die Mulde der FEgelseen, im Süden durch den Fischerbach, 
den Abfluss der letzteren, und den Wallerbach, im Osten durch die 


‚Einsenkung, welche durch die Strasse Neumarkt— Strasswalchen 


markirt ist, und im Norden durch das vorliegende oberösterreichische 
Flachland. Der Tannberg selbst zieht sich im allgemeinen von West 
nach Ost und bietet zwei Culminationspunkte: einen westlichen mit 
771 m und einen östlichen mit 754 m Meereshöhe. Letzterer Punkt 
ist der von den Touristen häufig besuchte und trägt das Jägerhaus. 
Eine eigentliche Plateaubildung tritt nirgends auf; die oberen Partien 
des Berges, besonders jene an der Nordseite, sind ziemlich dicht 
bewaldet. Verhältnismässig wenige Gräben führen die Wässer in die 
Tiefe, daher sind auch die geologischen Aufschlüsse, welche der Berg 
bietet, ziemlich sparsam. 

Im Südwesten des Gebietes liegt das Schleedorfer Moor, 
in welchem vier kleine Seen, die sog. Egelseen, eingebettet sind. 
Sie hängen untereinander durch natürliche Kanäle zusammen . und 
haben ihren Abfluss im Fischerbach. Die grösste Tiefe beträgt zehn 
Meter !). Der Rand des Moores, welcher längs der Isohypse 600 
verläuft, ist durch Moränen markirt, die in einzelnen Schottergruben 
blossgelegt sind. Oestlich vom obersten, längsten See zeigt die 
Schichtung der Moräne deutlich eine Neigung gegen den letzteren. 
Seitwärts zwischen dem grossen und mittleren See liegen Findlinge 
von Gosauconglomerat. 

Im Walde bei Schleedorf und in den Gräben zwischen Mölk- 
ham und Wallsberg, sowie in Wallsberg selbst sieht man zahlreiche 
erratische Blöcke, meist Gosauconglomerate, dann Schotter und Flysch- 
brocken, aber nirgends anstehendes Gestein. Unmittelbar ausserhalb 
Schleedorf, nordwestlich vom Dorfe, ist eine Moräne aufgeschlossen; 
nordwestlich von Mölkham, an der Strasse nach Mattsee, ist ebenfalls 
eine solche zu sehen. Ebenso findet man im Steinerbach, ob- 


wohl er in seinen oberen Partien tief eingerissen ist, nur Moränen- 


material. Auch bei Horussel und Spanswag sind Moränen bloss- 
gelegt, an letzterem Orte lagert in der Moräne eine horizontale 
Schliech- oder Sandschichte, an einer anderen Stelle bei Spanswag 
ist die Moräne in Conglomerat übergegangen. Im Schreiberbach 
und im Schreiberwald dagegen liegt eine Menge von Flysch- 
trümmern umher, ohne dass man irgendwo anstehendes Gestein fin- 
den kann. 

Dagegen findet man nach einer Privatmittheilung des Herrn 
Dr. Frauscher unterhalb des Bauernhauses Gotteswinden, 
welches auf der Höhe des Berges, östlich vom Jägerhause liegt, im 


!) Fugger, Salzburgs Seen. Mitth. d. Gesellsch. f. Salzburger Landeskunde. 
1891. Bd. XXXI, Seite 241. 


402 Eberhard Fugger. 1 16] 


Walde (1) anstehenden Flyschsandstein in h 6 mit südlichem 
Einfallen. 

Wie schon Brückner!) beobachtete, ziehen sich am Südfusse 
des Tannberges zwei Moränenwälle hin, von denen der eine ungefähr 
in der Höhe von 650 m, der andere in einer solchen von 700 m liegt. 

Zwischen der Station Köstendorf—Neumarkt der Staats- 
bahn und der Fahrstrasse von Neumarkt nach Köstendorf liegt an 
der Bahnstrecke eine Schottergrube mit ziemlich horizontal einge- 


lagerten Sandschichten, welche etwa Dem dick sind; über dem Schotter 


lagert Moräne. Zwischen Klein- und Gross-Köstendorf ist an der 
Strasse eine Schottergrube, ebenfalls mit horizontalen Sandlagen 
von 4cm Dicke; seitwärts davon, links, eine grössere, welche deut- 
lich gekritzte Steine enthält. Bei der Sägemühle befindet sich wieder 
eine kleine Schottergrube, hier aber mit unregelmässig eingelagerten 
Sandschichten. Geht man von Gross-Köstendorf nordöstlich, so trifft 
man links von Gramling einen bedeutenden Aufschluss in einer 
Moräne, die nach unten in Conglomerat übergeht. Auch in dem 
Conglomerat findet man zahlreiche gekritzte Steine. Auf der Höhe 
zwischen Köstendorf und Tannham liegen eine Menge Findlinge 
herum, grösstentheils Gneisse und Gosauconglomerate in der Grösse 
bis zu einem halben Cubikmeter. Nordwestlich von Tannham, ganz 
nahe am Orte, am linkseitigen Gehänge des Thales, das sich vom 
Schreiberwald gegen Ost hinzieht, ist in einigen Steinbrüchen einmal 
auf 20, daneben auf etwa 10 m Länge Kalktuff blossgelegt. In einem 
Bächlein, ziemlich parallel und nördlich der Linie Tannham— 
Enharting traf ich einen gelbgrauen Lehm, der, seinem Aussehen 
nach zu urtheilen, entweder glacial ist oder vielleicht den Nieren- 
thaler Schichten angehört. 

Längs der Bahnstrecke Köstendorf—Steindorf—Strass- 
walchen und über letztere Station hinaus beobachtet man an mehreren 
Stellen nahezu horizontal geschichtete glaciale Conglomerate. 

Unmittelbar hinter der Station Steindorf befindet sich am 
Fusse des Tannberges ein Steinbruch auf dieses Conglomerat; das- 
selbe ist wie an vielen anderen Punkten horizontal geschichtet, ent- 
hält aber eigenthümliche verticale Rinnen von halbkreisförmigem 
Querschnitt und 15—30 und mehr Oentimeter Durchmesser. Ich konnte 
nieht in Erfahrung bringen, ob diese Rinnen natürlichen oder künst- 
lichen Ursprunges sind. Etwa 1'5 km westlich von Steindorf ist im 
Walde eine grosse Grube, in welcher dasselbe Conglomerat ge- 
brochen wird. Hier sahen wir keine verticalen Rinnen. 

Die Gräben, welche sich in den Roitwalchener Bach er- 
giessen, gehören dem Flysch an, zeigen aber nirgends messbare 
Schichtung. 

In dem Graben, westlich der Ortschaft Tannberg und der 
breiten Hügelzunge mit dem Höhenpunkte 632 der Generalstabskarte, 
stehen in 620 m Höhe Flyschbänke an, und zwar (2) Mergelschiefer, 
darüber Flyschbreccie in h 6 # 45 S; dreissig Schritte weiter oben 
in h 7 mit demselben Finfallen (3). In dem nächsten Graben gegen 


') Die Vergletscherung des Salzachgebietes. Seite 36. 


[117] Das Salzburger Vorland, 403 


West steht in 599 »n Höhe (4) Mergelkalk mit Kalkspathausscheidungen 
an in h 5, 90 mit demselben Verflächen; weiter oben im Graben 
beobachtet man dieselbe Lagerung an noch zwei anderen Stellen 
aufgeschlossen. 

Bei Gutferding wird Weisskalk und Cement gebrannt, die 
Steine dazu sind Findlinge, welche aus dem Boden gegraben werden; 
sie gehören nur zum Theil dem Flysch an. Eben bei diesem Orte 
wurde vor etwa sechzig Jahren, also Ende der dreissiger Jahre dieses 
Jahrhunderts, ein Schacht auf Kohle gegraben, welcher 64 m tief ge- 
sangen sein soll. Die betreffende Stelle im Walde wurde uns gezeigt; 
die Berghalde ist sehr gross und dieht überwachsen. Die Steine, die 
sich dort vorfinden, sind meist dunkle Mergel, welche roth verwittern; 
auch fanden wir einige Stücke von Flyschbreecie. Der Punkt liegt 
h 0, 70 südlich von Lochen und ist derselbe, den Ehrlich') wie 
folgt beschreibt: 

„Eine Stelle... . gestattet einige Einsicht in die Verhältnisse 
der Wiener Sandsteinformation. Das Fallen der Schichten ist hier 
südwestlich und die Aufeinanderfolge derselben, wie sie die gepflogene 
Schürfung aufdeckte, weiset von oben nach unten: 

1. Mergel, aussen röthlich, innen grau; 

2. Kohle, deren Mächtigkeit 4 Zoll (= 105 cm) betrug, und die 
zum Theil noch haftete an der folgenden Lage; 

3. Sandstein; 

4, Schichten eines mürben, grünlichen und dunkelgrauen 
Mergels. Ein daraus erhaltenes Stück schwärzlich-grauen Mergels 
enthielt, wie ein gleiches Gestein aus der Gosaubildung, eine ziemliche 
Anzahl kleiner weisser Conchylien, die durch ihre lichte Farbe aus 
der dunklen Masse, welche sie umschliesst, besonders hervortreten.“ 

Die letztere Beschreibung der Conchylien erinnert an die kleinen 
Muscheln von Muntigl, welche ebenfalls den tieferen Partien des 
Flysch angehören. 

Bei Lassberg, westlich von Gutferding, 610 m über dem Meere, 
sind zwei Gruben, in denen im Jahre 1895 auf Kohle geschürft 
werden sollte. Man kam aber nur wenige Meter tief. Als ausge- 
fördertes Gestein fanden wir Flyschbreccie und -Mergel. 

In dem Graben westlich von Lassberg, in Lochener Schlag, 
stehen schwarze Mergel an mit gelben Einlagerungen (5) in h 6 mit 
südlichem Verflächen, dann Flyschbreccie mit undeutlichen Versteine- 
rungen, ähnlich einer sehr dünnen Belemnitella, weiter oben Sandstein. 

Der folgende Graben ist der Steinbachgraben, der grösste 
an der Nordseite, derjenige, welcher die Eintiefung zwischen den 
beiden Culminationspunkten des Tannberges bildet. Er nimmt an 
seinem rechten Ufer nacheinander den Lassberger, Gutferdinger 
und Tannberger Graben auf und fliesst dann durch Stullerding 
(östlich von Lochen), um schliesslich als Mühlgrabenbach in die 
Mattig zu münden. 

Geht man von Stullerding am Bache aufwärts, so sieht man 
nur Moränenmaterial in seinem Bette. Einige hundert Schritte ober- 


') Nordöstliche Alpen, 1850, 8. 28. 


404 Eberhard Fugger. [118] 


halb der Mündung ‘des Tannberger Baches (Punkt 531 der General- 
stabskarte) sieht man am Ufer unmittelbar auf der Moräne und unter 
dem Letten eine horizontale Schichte von 25 cm Dicke eines schwarzen, 
eisen-, vielleicht auch manganhältigen Lehms auf 8 bis 10 m Länge 
aufgeschlossen. In diesem schwarzen Lehm findet man auch läng- 
liche Hohlräume von Eisenocker umschlossen, welche offenbar von 
Wurzelstücken stammen, die im Lehm eingebettet waren. 

Weiterhin beobachtet man im Bache wieder nur Schutt und 
Moräne. Erst oberhalb des Jungmaises, welches er durchfliesst, steht 
grauer Flyschmergel an, dann folgt eine Strecke von 35 Schritten 
nur Schutt, hierauf wieder grauer Mergel mit Zwischenlagen von 
rothbraunem Mergel. Durch weitere 130 Schritte lagert wieder Schutt, 
dann trifft man anstehenden Sandstein (6) in h 6, 10° mit südlichem 
Fallen; nun folgt abermals nur Schutt durch 130 Schritte, dann 
Sandstein, hierauf durch 140 Schritte Schutt und dann wieder (7) 
Sandstein, sowie rothe und dunkelgraue Mergel mit sehr steilem 
südlichen Einfallen auf einige Meter blossgelegt. 

Nun trifft man nach 60 Schritten nochmals auf eine Mergel- 
schicht und nach abermals 80 Schritten (8) auf harte Mergelkalke 
und Sandsteine mit Mergelzwischenlagen in h 6, 5° mit südlichem 
Einfallen, dann folgen mit wenig Unterbrechung durch eine Strecke 
von 150 Schritten Mergel und Sandsteine, welche letztere zum Theil 
krummschalig sind, in steter Wechsellage; an drei Stellen sind Brecceien- 
schichten von 20 bis 30 cm Mächtigkeit zwischengelagert. 


Nach weiteren hundert Schritten steht in 610 m Höhe, wenige 


Meter unterhalb der Brücke, abermals Breccie an in der Mächtig- 
keit von 2 m, darüber Sandstein (9), beide mit ziemlich steilem süd- 
lichen Einfallen. Im Bache fand ich Sandsteine mit Kohlenflecken 
von mehr als zwei Quadratcentimeter Fläche. Weiter aufwärts im 
Graben stehen Kalkmergel an (10) mit fast unveränderter Lagerung. 
In 615 m Höhe (11) dreht sich das Streichen aus h 6 gegen h8 mit 
Einfallen in SSW. Filyschbreccien sind. nicht selten eingelagert. 
Weiterhin folgt wieder die normale Lage (12) in h 6 mit südlichem 
Einfallen; an den Sandsteinen beobachtet man Kegelwülste an der 
Nordseite — die einzige Stelle am Tannberge, wo ich Kegelwülste 
fand. In 650 m Höhe (13) fallen die Schichten steil nach Süd. Wenig 
weiter oben lagern schwarze, stark bituminöse Mergel. 

In der Meereshöhe von 680 m (14) treten rothe Mergel auf, 
1 m mächtig in h 1, 5° mit nordnordwestlichem Verflächen, 
darüber graugrüne, sehr bröckelige Mergel, vollkommen versteine- 
rungsleer. Da diese Mergel zu den übrigen Schichten discordant 
liegen, können sie vielleicht den Nierenthaler Schichten angehören; 
ihre Färbung würde dieser Ansicht nicht entgegen sein. 

10 »n höher (690 m) steht wieder Flyschsandstein an (15) in der 
normalen Lagerung mit südlichem Einfallen. 

Auf der Höhe der Einsattelung beim Höllerbauer steht 
Moräne und glaciales Conglomerat an, letzteres ebenfalls mit ge- 
kritzten Steinen. 

Weiter gegen Westen hin findet man am Nordgehänge des 
Tannberges nur wenige deutliche Aufschlüsse im Flyschgestein. Im 


[219] Das Salzburger Vorland. 405 


Schwabenroider Bach, welcher sich von Schwabenroid nach 
Reitsham hinabzieht, von da gesen Dirnham und dann in nörd- 
licher Richtung nach Feldbach fliesst, sieht man in dessen oberen 
Partien zwar überall Flyschgestein anstehend, jedoch nur an einer 
Stelle ist die Lagerung messbar (16); die Schichten streichen hier 
normal von West nach Ost und fallen unter 65° nach Süd. Das 
Gestein ist wie überall eine Wechsellagerung von Mergeln und Sand- 
steinen. An der eben bezeichneten Stelle befindet sich eine Ein- 
lagerung eines Flyscheonglomer ates von kaum 10 cm Mächtig- 
keit, weiter abwärts eine solche der am Nordgehänge des Tannberges 
häufig auftretenden Flyschbreecie. 

Bei Schalkham, am westlichen Fusse des Berges, fand Frauscher!) 
anstehenden Flysch, jedoch derart, dass die Lagerung sich nicht mit 
Sicherheit bestimmen liess. 

An der Nordwestseite des Tannberges zieht sich ein Hügel hin, 
welcher besonders in seiner nördlichen Hälfte durch eine ziemlich 
bedeudente Einsenkung vom Tannberg getrennt ist und die Fortsetzung 
des Wartstein und Schlossberges von Mattsee bildet; der Hügel 
endet bei der Ortschaft Dirnham. In der Einsenkung zwischen 
diesem Hügelzuge und dem eigentlichen Tannberg lagert Moränen- 
material, und dieses reicht hier” bis in die Höhe von 690 m, und ist 
in den oberen Partien mit Flyschtrümmern gemengt, welche über 
690 m allein den Boden bedecken. Die Moräne reichte sohin an der 
Nordwestseite des Tannberges nicht über 690 m hinauf. In der 
Mulde zwischen dem genannten Hügelzuge und dem Tannberg ist die 
Moräne an mehreren Stellen blossgelegt; so zwischen der Kapelle 
(Punkt 626 der Generalstabskarte) und dem Orte Schalkham westlich 
vom Wege. Nicht weit davon ist östlich vom Wege an einem kleinen 
Hügel, der sich aus der Mulde erhebt, ebenfalls eine Moräne bloss- 
gelegt, ebenso nördlich von Schalkham am nordwestlichen Höhenzuge. 

Der vielfach genannte Hügelzug ist nicht bloss orographisch, 
sondern auch in geologischem Sinne die Fortsetzung der Hügel von 
Mattsee, er zeigt mehrere Aufschlüsse in den Nummulitenschichten. 

Frauscher?) schreibt: Bei Dirnham fallen die Nummuliten- 
schichten flach, etwa 40° in Süd. Prof. Kastner und ich konnten 
im Mai 1897 bei Dirnham weder einen Steinbruch, noch sonst an- 
stehendes Gestein weder sehen noch erfragen; wo irgend der Boden 
vegetationsfrei war, zeigte er nur Moräne. Der von Frauscher ceitirte 
Aufschluss ist sohin in den letzten Jahren vollständig überwachsen. 

Ein ähnliches ist der Fall mit den Steinbrüchen von Reits- 
ham). Es befanden sich seinerzeit an der Nordseite des Hügels 
westlich von Reitsham mehrere Brüche, von denen man gegenwärtig 
kaum mehr als Spuren findet; dagegen ist an der Südseite des Hügels 
ein grosser Steinbruch auf harten, rothbraunen Nummulitensandstein 
(17) eröffnet, welcher in h 5 mit südlichem Einfallen gelagert ist. 


1) Verh. der k. k. geol. R.-A. 1885, S. 177. 

2) ]oc. c. Seite 175. 

3) Nicht Roitsham, wie Hauer, Jahresb. d. k k..geol. R.-A. 1358, S. 117, 
schreibt. 


Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 52 


En 


406 Eberhard Fugger. [120] 


Weiterhin trifft man auf der Höhe des wiederholt genannten 
nummulitisechen Höhenzuges in der Nähe seines Culminationspunktes 
(655 m der Generalstabskarte) auf der Innenseite der Schalkhamer 
Mulde ausgedehnte Anbrüche desselben Nummulitensandsteines (18) 
mit westöstlichem Streichen; ob die Schichten nach Nord oder Süd 
fallen, ist an vielen Punkten kaum zu erkennen, da die Schicht- und 
Spaltflächen sich schwer unterscheiden lassen. An einigen Stellen 
dagegen lässt sich die südliche Fallrichtung deutlich bestimmen. 
Es treten übrigens auch mehrfach gebogene Schichten auf. 

An der Nordseite des Höhenzuges im Angesichte des Sees, 
aber ebenfalls noch auf der Höhe, findet man einen Anbruch von 
mindestens 150 m Länge (19), mit demselben Streichen und südlichem 
Einfallen. Der rothbraune Sandstein ist sehr hart und reich an 
Nummuliten und kleinen Bohnerzen. Fünfzig Schritte weiter westlich 
(20) liegt wieder ein verlassener Steinbruch auf dasselbe Gestein 
und in derselben Lagerung. Steigt man von hier in nordwestlicher 
Richtung gegen den See hinab, so hat man zwei Terrassen zu pas- 
siren, bis man die Ortschaft Sauloch!) erreicht, welche sich auf 
der dritten Terrasse — von oben gerechnet — befindet. Am Gehänge 
zwischen der zweiten und dritten Terrasse liegt der verlassene Stein- 
bruch von Sauloch. Hier sieht man ebenfalls rothbraunen Nummuliten- 
sandstein (21) in h 6, aber mit ziemlich steilem nördlichen Einfallen ; 
an einer Spaltfläche mit südlichem Einfallen beobachtet man Rutsch- 
flächen. 

In dem Graben südwestlich von Sauloch tritt an einigen Stellen 
ein grauer Leiten zutage, welcher Moränenlehm zu sein scheint; 
unten, kaum 10 m über dem See, ist die Moräne deutlich aufge- 
schlossen, 

Westsüdwestlich von Sauloch liegt auf einer vierten Terrasse 
Ramoos; am Gehänge zwischen der dritten und vierten Terrasse 
gegen Ramoos hin sind die Nummulitenschichten auf eine Strecke 
von mindestens 300 Metern in der Richtung von Ost nach West bloss- 
gelegt. Vorerst trifft man eine Sandsteinschichte voll Schnecken, 
Muscheln und Seeigeln, aber in einer Lagerung, dass sich Streichen 
und Fallen nicht gut bestimmen lassen. Weiterhin ist das Streichen 
(22) des Sandsteines in h 5 mit nördlichem, nicht weit davon mit 
steilem südlichen Einfallen, welches sich aber bald wieder in nörd- 
liches umwendet. Nun folgt eine Wand von lichtgrauem Litho- 
thamnienkalk, 2 bis 5 m mächtig und den rothbraunen Sandstein 
deutlich überlagernd (23); der Kalk ist stellenweise von Karren- 
rinnen durchzogen, an anderen Stellen beobachtet man schön weisse 
Gebilde von Kalktuff. Weiterhin tritt wieder der rothbraune, harte 
Sandstein zutage, und am westlichen Ende des Aufschlusses ist ein 
Steinbruch auf gelben Sand oder sandigen Sandstein (24). Der letztere 
ist deutlich geschichtet in h 4, 10% mit nordnordöstlichem Verflächen. 
Im Liegenden der Sande tritt wieder der harte, rothbraune, nummu- 
litenreiche Sandstein auf; über dem weichen gelben Sandstein lagert 
der rothbraune, harte Sandstein, welcher stellenweise reich an Petre- 


!) Saubach bei Hauer, loc. c. 


[121] Das Salzburger Vorland. 407 


facten ist und die Hauptmasse des Gesteines zu sein scheint; und 
das Hangende dieses Nummulitenzuges ist der Lithothamnienkalk. 

Von Ramoos, den See entlang, gegen Mattsee hin sind Moränen 
gelagert mit Schlichzwischenlagen, welche gegen den Seespiegel ge- 
neigt sind. 

Der Graben, welcher auf der Höhe der Mattseer Strasse bei 
OÖbernberg seinen Ursprung nimmt und sich gegen Nord rasch in 
die Tiefe senkt, zeigt in seiner ganzen Länge nur Moräne. 

Wandert man von Ramoos über Gebertsham gegen das 
Nordende des Sees nach Niedertrum gegen Rockersing, 
so trifft man nur auf Moränenmaterial. Ebenso zeigen sich 
glaciale Reste in dem Gebiete, welches dem Tannberg im Norden 
vorliegt. An der Eisenbahnlinie zwischen Steindorfund Lengau 
beobachtet man horizontales Conglomerat. An dem Hügel westlich 
von Lengau treten glaciale Schotter auf und ist im Walde an zwei 
Stellen junges Conglomerat aufgedeckt; bei Flörplein lagert eine 
Moräne mit deutlich gekritzten Kalksteinen; weiter oben auf der 
Höhe, 590 m ü. d. M., bei Kranzing am Östabhange liegt eine 
Moräne, und weiter gegen Westen hin, am Westabhange des Höhen- 
zuges, 570 m, ein ganz charakteristisches Stück einer Endmoräne. 
Oben liegt 15 m Lehm mit Einschluss von gekritzten Steinen, dann 
folgt in einer Zwischenschicht von 21 cm Schlich, darunter wieder 
4 m Moräne. Sie enthält sehr viele grosse Blöcke, der Schlich zeigt 
deutlich eine Neigung von etwa 15° gegen Ostnordost. 

Nördlich von Reitsham!) liegt eine Moräne; südlich von 
Dirnham sahen wir drei Moränen, der Höhenzug von Dirnham 
nördlich bis Sprinzenberg entblösst dieselben an mindestens vier 
Stellen, an einer Stelle zwischen Dirnham und Petersham mit 
einer Schlichzwischenlage; im Walde südlich von Wichenham, 
und westlich sowie nordwestlich von dieser Ortschaft sahen wir je 
eine Moräne; letztere mit Endmoränencharakter enthält sehr viel 
Schlich, welcher schief gegen den Niedertrumer See abfällt in h 7, 
70 «30 SSW. An der Strasse von Wichenham nach Astätt, am 
Östgehänge des Kronberges sind noch zwei Moräunen als Schotter- 
sruben blossgelegt, in eine dritte ist ein Keller eingebaut. 

Von Wichenham zieht sich ein Kranz von Moränen west- 
wärts um den Nordrand des Niedertrumer und des Graben-Sees 
herum; so. lagert eine Moräne bei Mahlstätt und bei Nieder- 
trum. In Brandstatt ist eine Moräne, deren Schlichschichten 
wieder gegen den See hin abfallen; ausserhalb Brandstatt, nördlich 
davon, ist ebenfalls eine Moräne blossgelegt; ebenso sieht man an 
der Mattigbrücke bei der Sägemühle Lehmhaus, kurz nach dem 
Ausflusse der Mattig aus dem Grabensee, am rechten und linken Ufer 
Moränen. 

Die Nordseite des Tannberges selbst, sowie die vorliegende 
hügelige Fläche zwischen der Linie Lengau— Flörplein—Kranzing 
einerseits und der Linie Dirnham —Sprinzenberg— Wichenham an- 
dererseits scheint fast frei von Glacialresten zu sein; wir fanden 


!) Fugger u. Kastner, Nat. Studien u. Beob. 1885. Seite 54 ff. 
52* 


408 Eberhard Fugger. [122] 


wenigstens in dem bezeichneten Terrain ausserordentlich wenig 
Spuren davon. Der Gletscher scheint sich am Tannberg 'gestaut 
und dessen Höhe nur vorübergehend erreicht zu haben. Dass die 
Höhe an einzelnen Stellen auch wirklich überschritten wurde, beweist 
die Zertrümmerung des Gesteines auf der Höhe und die in diese 
Trümmer eingestreuten alpinen Steinblöcke, sowie die glacialen Reste 
beim Hollerbauer. Die Gletscherzungen scheinen den Tannberg von 
rechts und links umfangen zu haben, haben sich aber an der Nord- 
seite desselben nicht mehr miteinander vereinigt, sondern scheinen 
bei den Orten Lengau und Kranzing einerseits, bei Petersham und 
Wichenham andererseits ihr Ende erreicht zu haben. 
Auf dem Plateau des Kronberges entspringt der Nieder- 
trumer Bach, der in einem ziemlich tief eingerissenen Graben 
nach Süden gegen Niedertrum fliesst. Er enthält fast nur Moränen- 
material. Erst etwa 30 m unter der Plateauhöhe ist ein weisser, 
weicher, feinkörniger Sandstein blossgelegt, ohne Versteinerungen ; 
er wird von einer gelblichen, sandig-mergeligen Schichte durchzogen 
(25), welche flach nach NNO fällt. In dieser Schichte fanden wir 
Belemnitellen-ähnliche Einschlüsse, die sich aber als Sandconeretionen 
erwiesen. 
Weiter westlich, in der Ortschaft Rockersing, ist derselbe 
weiche, weisse Sandstein in einer Sandgrube am Wege blossgelegt. 


Bei dem kleinen Vorgebirge Ganzergrub — in der Generalstabs- 
karte steht Gausgrub — findet man wieder denselben Sandstein 


anstehend. Schon im See selbst, etwa 10 m vom Ufer entfernt, sieht 
man (26) fast senkrecht stehende Platten von Sandstein in h 6; im 
Steinbruch am Ufer (27) zeigen sie dasselbe Streichen mit steilem 
südlichen Einfallen. Es sind schwach gelbliche, etwas glimmerhältige 
Sandsteine, in welchen nach Frauscher!) Belemnitella mucronata 
d’Orb. nicht selten vorkommt. Ehrlich?) rechnet diese Sandsteine 
zum Flysch. a 

Ich habe zwar weder die Belemnitellen, von denen Frauscher 
spricht, noch irgend eine Spur von anderen Petrefacten in den 
Sandsteinen von Ganzergrub gesehen, halte aber das Gestein seinem 
ganzen Aussehen nach doch wie Frauscher als den Nierenthaler 
Schichten angehörig. Die Sandsteine sind ziemlich hart und enthalten 
zahlreiche Bohrlochausfüllungen und stellenweise eigenthümliche 
muschelförmige, thonige Einschlüsse, welche an der Oberfläche aus- 
wittern und ausfallen, und dann dem Gestein ein schalig-löcheriges 
Aussehen geben. Solche Schichten zeigen dann eine gewisse Aehn- 
lichkeit mit dem Flyschsandstein. Eine Bank besteht fast nur aus 
Mergelknollen, die durch ein sandiges Bindemittel zusammengehalten 
werden. Diese Schichte ist 3 bis 4m mächtig, dann folgt wieder 
harter Sandstein mit 50 cm Mächtigkeit, hierauf wieder der luckige 
Sandstein mit den ausgewitterten flachen Löchern. Manchmal ist das 
Gestein schalig, so dass es ebenfalls wieder Aehnlichkeit mit dem 
Flyschgestein erhält; die Form der Schalenbildung zeigt Aehnlichkeit 


Re =" 
°) Nordöstliche Alpen, 1850, S. 27. 


[123] Das Salzburger Vorland. 409 


mit den Flyschwülsten, doch sind letztere selbst nie schalig, sondern 
stets massiv. 

Zwischen Ganzergrub und Aug (28) treten dieselben Sandsteine 
wieder auf mit schwachem nördlichen Verflächen ; sie sind aber weicher 
als in Ganzergrub und überall von Moränen überlagert. Bei Aug (29) 
lagert der Sandstein in h 6 mit sehr steilem nördlichen Einfallen. 
Der Höhenzug von Zellhof endlich zwischen Grabensee und Trumer 
See ist junges Conglomerat. 


Die Lagerungsverhältnisse im Tannberggebiete sind ziemlich 
einfach. Ein Profil von SSO nach NNW ergibt als Liegendes: 

Flysch mit mehr oder weniger steil nach Süden einfallenden 
Schichten und mindestens einer Antiklinale, da im Steinbachgraben 
in circa 620 m Meereshöhe (12) die Unterseite der Sandsteine gegen 
Norden gerichtet ist: ‘Diese Stelle gehört sohin der Südflanke der 
Antiklinale an. Darüber lagern, allerdings nirgends aufgeschlossen, 

Nierenthaler Schichten als Untergrund der Schalkhamer 
Mulde. Diese ziehen sich vom Teufelsgraben längs der Südseite des 
Wartstein und am Nordgehänge des Buchberges hin und sind in der 
Mulde von Schalkham ausgewaschen und mit glacialen Resten überdeckt. 
Ueber ihnen treten die 

Nummulitenschichten auf in dem Höhenzuge Obernberg— 
Dirnham, und zwar als deren Hangendes Lithothamnienkalk. Nördlich 
davon breiten sich abermals 

‚Nierenthaler Schichten aus in einem Zuge von Eisen- 
harting und vom Nunerseeberg über Aug und Ganzergrub zum Kron- 
wald. Es ist also hier dieselbe Ueberschiebung, deren westliche 
Fortsetzung wir am Nunerseeberg und am Haunsberg wahrgenommen 
haben. Besonders reich ist die Gegend an 

glacialen Resten; in ihr befinden sich Theile der End- 
moräne des Salzachgletschers. 


Gotteswinden: (l)h6 9 30 8. 

Oestlicher Tannberger Graben: 2) 69458. — 99h 79458. 

Westlicher Tannberger Graben: (4) h 5, 9 9 45 8. 

Lassberggraben: (5) h 6 x 30 8. 

Steinbachgraben: (6) h 6, 10° 9 50 8. — (%) h 6, 10° % 84 8. — (8: h 6, 
5935 8. — h 6, 59° 9608. — (9)h5, 10° 0 65 8. — (10) ı 5, 10° 9 
508. — (ID h7, 13° 9 55 SSW. — (12) h 6 4 45 S; Wülste in N. — 
(13) h 6 9 80 8. — (14) u 1, 5° 9 30 NNW. = (15) h 6, 18° 9 50 8. 

Schwabenroider Bach: (16) h 6, 1° x 65 8. 

Reitsham: 1)h5945 8. 

Schalkhamer Höhe: (18) h6 958 8. — (19) h 6 458 8. — (20) h 6 958 8. 

Sauloch: (21) h 6 p 50 bis 60 N. 

Ramoos: 22)h5 80. N. — h5 88. <h5e85N. — )h5y55N. 
— (24) b 4, 10° 9 40.N. 

Kronwald: (25) h 7, 5° 9 12 NNO. 

Ganzergrub: (26) h’6 0 90. — (27) h 69 808 — 28) h7Y25N. 

Aug: 29) h6Y% 85 N. 


410 Eberhard Fugger. [124] 


XIV. Die Ebene zwischen Saalach und Salzach. 


In das Salzburger Vorland ist eigentlich nur noch jener Theil 
der Ebene zwischen Salzach und Saalach zu rechnen, welcher nörd- 
lich der Strasse von Salzburg nach Reichenhall, oder der Linie 
Maxglan—Walserberg liegt, da der weitaus grössere südliche Theil 
dieser Ebene mit dem Leopoldskronmoor, sowie die Stadt selbst mehr 
dem Kalkgebirge angehört. Das Terrain ist von diluvialen Ablage- 
rungen bedeckt, aus denen an wenigen Stellen kleine Flyschrücken 
hervorragen. 

Von der Rochuskaserne zieht sich über Maxglan hin, 
dann aber besonders deutlich vom Beginne der Klessheimer Allee 
über Lehen zur Philomena-Kapelle und durch Liefering das 
diluviale Gestade der alten Salzach, welchem ein ähnliches, aber 
bereits mehr zerstörtes Ufer an der rechten Seite der Salzach — 
bei Itzling — entspricht. Das Terrain zwischen diesen Uferhöhen 
ist alluvialer Boden: Schotter und Sand, während der Diluvialboden 
vorzugsweise aus Schotter, Lehm und Torf gebildet ist. 

In derselben Weise lässt sich die rechtseitige Uferterrasse der 
Saalach verfolgen von der Stelle, wo der Fuss des Walserberges 
von den Wellen der Saalach bespült wird, über Käferham, Wals, 
Siezenheim bis in den mit einer Mauer umfriedeten Park von 
Klessheim. In der Nähe von Rott, bei dem Bahnwächterhause 
der Eisenbahnstrecke Salzburg—Freilassing, welches wenige Meter von 
der Ecke der Klessheimer Mauer entfernt steht, treffen sich die 
Uferterrassen der alten Saalach und Salzach unter einem nahezu 
rechten Winkel. Das Material der Terrasse ist hier durch eine 
Grube blossgelegt, in welcher nur sehr feiner Schotter und Sand zu 
beobachten ist. Bei Käferham sieht man gegenüber der Mühle 
am Abhange der Diiuvialterrasse eine Schotterbank mit undeutlich 
horizontaler Schichtung. ö 

Ueber die Zusammensetzung der Diluvialablagerungen geben 
mehrere grosse Lehm- und Schottergruben Aufschluss. 


Zwischen Gois und dem Walserberge liegt eine verlassene 
Schottergrube mit folgendem Profil: 


Oben: Humus, dann 
13 m Torf, 
90 cm Letten, endlich 
Schotter- und Sandschichten 


als Liegendes. Torf und Letten keilen sich gegen den Walserberg 
hin aus. 


Die grosse Lehmgrube bei der Ziegelei nächst Himmelreich 
enthält sandigen Lehm mit Schnecken, darunter ist an einzelnen 
Stellen der glaciale Schotter aufgedeckt. 

Gegen den Walserberg hin nehmen auch hier die Lehmmassen 
ab und treten fast nur die Schotter auf, wie z. B. in der grossen, 
6 m tiefen Schottergrube an der Strasse westlich von Himmelreich. 


[125] Das Salzburger Vorland. 411 


Bei der Rochuskaserne am linken Ufer der Glan befindet 
sich ebenfalls eine Schottergrube; sie zeigt: 
Oben: Humus, darunter 
1 m Schotter, 
20 cm rothbraunen Schotter, 
1 m Schotter, 
20— 30 cm rothbraunen Schotter, 
70 cm Schotter, 
60 cm Letten 


mit einzelnen dünnen, kohligen Schnüren und Bändern; auch ein 
Stück eines Baumstammes fand sich in dieser Schichte vor; 


20 cm Sand. 
Liegend: Schotter. 


Der Schotter ist in dieser Grube in vielen dünnen Lagen 
geschichtet und enthält locale, linsenförmige Finlagerungen von 
sandigem Lehm. Die Schichtflächen sind meist durch organische 
Substanzen schwarz gefärbt oder eisenschüssig roth und braun. 

An der Strasse über den Walserberg, etwa an der Stelle, 
wo die eigentliche Steigung derselben beginnt, steht junges, horizontal 
geschichtetes Conglomerat an. Die Kirche von Wals steht eben- 
falls auf einer Conglomeratbank. Diese ist aus horizontalen Schichten 
aufgebaut, welche meist nur 10 bis 15 cm dick sind, während einzelne 
andere eine grössere Mächtigkeit besitzen; das Conglomerat ist weniger 
fest als das des Rainberges und meiner Ansicht nach auch jünger. 
Lipold!) bezeichnet diese Conglomerate als tertiär und speciell 
als miocän. 

Der Hügel von Liefering gehört dem Flysch an, welcher 
jedoch nur an wenigen Stellen blossgelegt ist; ich fand daselbst 
Chondrites intricatus und Targionii in den Mergeln, sowie Kohlen- 
splitter in den Sandsteinen. An der Lieferinger Strasse ist ein 
Mergelkalk sichtbar, der zwar ebenfalls dem Flysch angehört, aber 
den Glanecker Mergelkalken zum Verwechseln ähnlich ist. Die 
Schichtung lässt sich nirgends bestimmen. 

Dort, wo die Saalach zwischen den Hügeln am linken und dem 
Walserberge am rechten Ufer durchzieht, stehen an letzterem 
Flyschschichten an, und zwar an vielen Punkten. Es sind meist graue 
Mergel, deren Farbe jedoch hie und da ins grünliche oder röthliche 
übergeht; sie enthalten Chondrites Targionii und Kohlensplitter. 
Die Art ihrer Lagerung lässt sich bier nicht feststellen. 

Der westlichste Punkt des Walserberges, an welchem ich noch 
einen Flychaufschluss fand, befindet sich bei Bichlbruck. Es sind 
hier Sandsteine blossgelegt, welche durch ihre Wülste den Flysch- 
charakter nicht verleugnen können. Ueber ihnen liegen direct, mit 
der Fallrichtung nach SSW, grünlichgraue und darüber hellrothe 
Nierenthaler Mergel. 


!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. IV, 1853, Seite 857, und V, 1854, Seite 258. 


412 Eberhard Fugger. [126] Bi 


Südlich vom Zollamtsgebäude Walserberg, in der Nähe des 
Kaindlgutes, wurde im Jahre 1896 vom österreichischen Wasser- 
bauärar an der Westseite des Berges ein Steinbruch eröffnet. In 
demselben beobachtet man den Flysch, und zwar fast nur Sandsteine, 
deutlich geschichtet in h 7, 5° mit 18° Einfallen nach SSW. Die 
Mächtigkeit der Sandsteinbänke schwankt zwischen 8 und 70 cm. Man 
findet darin zahlreiche Kohlenschmitzen, sowie verschiedene mehr 
oder weniger gut erhaltene Chondriten. 

Auf der Höhe des Wartberges, der die Fortsetzung des 
Walserberges gegen Südosten bildet, beobachtet man an einigen 
wenigen Punkten Nummulitenschichten anstehend, und zwar aus dem 
Bartonien, wie sie in den . Vorbergen, welche dem Nordfusse des 
Unterberges vorgelagert. sind, sehr verbreitet auftreten.  Dieselben 
Schichten setzen den kleinen Hügel zusammen, auf welchem die 
Kirche des Dorfes Gois steht. 

Vom Südende des Wartberges kommt der Neckerthalbach, 
der in der Nähe von Marzol in den Schwarzbach mündet. Im unteren 
Laufe des Neckerthalbaches stehen im Bachbette selbst graue Mergel 
an, welehe ich für Nierenthaler Mergel halte, und einige hundert 
Schritte weiter unten treten unterhalb der Mündung dieses Baches 
in den Schwarzbach unmittelbar an der Brücke über denselben, 
wieder die jüngeren Nummulitenschichten auf, ein dichter Kalksand- 
stein, stellenweise reich an kleinen Nummuliten. 

Es ergibt sich also auch am Walser- und Wartberge die überall 
auftretende Schichtenfolge: Flysch, darüber Nierenthaler Seblohten 
und über diesen eocäne Nummulitengesteine. 

Weitaus der grösste Theil des Walser- und Wartberges ist mit 
glacialem Material "überdeckt. 

Die Ebene südlich der Strasse von Maxglan zum Walserberg 
ist fast ausschliesslich zusammenhängendes Torflager, in welchem 
die Mächtigkeit des Torfes zwischen 1 und 8 m schwankt. Die Unter- 
lage des Torfes ist Lehm, der ebenfalls stellenweise eine bedeutende 
Mächtigkeit erreicht. Den Untergrund bildet Schotter, dessen Liegen- 
des bei Bohrungen bis zu 245 m noch nicht erreicht wurde. 

Eduard Suess hat daher vollkommen recht, wenn er in 
seinem „Antlitz der Erde“ !) schreibt: „Ein leicht kennbarer Streifen 
von eocänem, petrefactenreichen Grünsand und Eisenoolith, begleitet 
von zuweilen riffartig hervortretendem, gleichfalls eocänem Litho- 
thamnienkalk, streicht an dem äussersten Saume des Gebirges von 
Bayern her gegen Ostnordost, bricht ab und taucht mit gleichem 
Streichen jenseits der Salzach bei St. Pankraz, am Wartberg bei 
Mattsee und anderen Stellen wieder hervor. Innerhalb dieses äusser- 
sten Saumes und grösstentheils mit demselben ist die Flyschzone 
ihrer vollen Breite nach gegen Ost bis an die Salzach und gegen Süd 
bis an die Kalkwände des Untersberges zur Tiefe hinabgesunken. 
Es fehlt daher dieser Gegend das waldige Vorgebirge, welches sonst 
das landschaftliche Mittelglied zwischen dem Flachlande und den 
schroffen Abstürzen des Hochgebirges bildet; aber gerade der hie- 


28 Bd. I, Seite 175. 


[127] Das Salzburger Vorland. 413 


durch hervortretende, ungewohnte Gegensatz bedingt die unvergleich- 
liche Lage der Stadt und den gewaltigen Eindruck, welchen die Höhen 
des Staufen und des Untersberges hervorbringen.“ 


XV. Das benachbarte Bayern. 


Die Flyschzone, welche von der Schweiz bis nach Wien dem 
Zuge der nördlichen Kalkalpen vorgelagert ist und sich stets, um 
mit Emmerich!) zu sprechen, „zu einer Stufe höherer bis zu den 
Gipfeln meistentheils bewaldeter Berge hinter den Nummulitenhügeln 
erhebt“, nimmt von Maria Eck bei Traunstein bis gegen die Högel 
bedeutend an Breite zu, bricht an der Salzach ab und taucht durch 
eine weite Ebene, das Senkungsfeld von Salzburg getrennt, erst am 
rechten Ufer der Salzach wieder auf, um zwar mit demselben Streichen, 
aber um ein Bedeutendes nach Norden verschoben ?), im Salzburger 
Vorlande seine Fortsetzung zu finden. 

Nordwärts der Flyschbildungen folgt nach Johannes Böhm?) 
eine Zone von Nierenthaler Mergeln, sodann tertiäre Gebilde. Infolge 
tektonischer Störungen tritt in Verbindung mit den Tertiärschichten 
häufig der (senonische) Gerhartsreiter Kreidemergel zutage. 

Am Nordfusse des Sulzberges® und Teisenberges, 
welche dem Flyschzuge angehören, liegen Nierenthaler und Nummu- 
litenschichten, und überall bilden die Nierenthaler Mergel die Zwischen- 
schichten zwischen dem Flysch und den Nummulitengesteinen. Um 
den Waginger See und an der Salzach bei Laufen treten jung- 
tertiäre Ablagerungen auf, von denen die am linken Salzachufer zutage 
liegenden mit denen am rechten Ufer vollkommen übereinstimmen. 

Die dem Sulzberg, Teisenberg und Högelberg vorgelagerte Hoch- 
ebene gehört dem Diluvium an, aus welchem nur an einzelnen Stellen 
an der Bahnstrecke Freilassing— Traunstein Flyschklippen hervorragen. 

Sulzberg und Teisenberg sind von Schafhäutl?), Emmerich) 
und Gümbel?), ersterer besonders eingehend von Joh. Böhm?) 
untersucht und beschrieben worden. Ich beschränke mich hier nur 
auf einige Angaben über den der Salzburgischen Grenze am nächsten 
liegenden Högelberg und die demselben vorgelagerte Ebene. 

Der Högelberg (oder die Högel), dessen höchster Punkt die 
Meereshöhe von 753 m erreicht, wird durch das Thal von Anger 


1), Jahrb. der k. k. geol. R.-A. II, 1851, S. 19. — Vergl. auch: Gümbel. 
Geogn. Beschr. d. bayer. Alpengeb. Gotha 1861, S. 643, und Joh. Böhm, Palaeonto- 
graphica XXXVIIL, S. 12. 

2) Suess, Antlitz der Erde, I. S. 287. 

2 Leer B%, 

Joh: Böhm; !. 0:.8:1% 

5) Geognostische Untersuchungen des südbayerischen Alpengebirges. 1351. 
— Südbayerns Lethaea geognostica. 1863. 
6) Jahrb. der k. k. geol. R.-A. II, 1851, S. 1 ff. 
?) Geogn. Beschr. d. bayer. Alp. 1861. 
°) Die Kreideablagerungen des Fürberges und Sulzberges. Paläont. XXXVII. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 53 


414 Eberhard Fugger. [128] 


und Högelwört von seinem westlichen Nachbar, dem Teisenberg, 
getrennt und liegt zwischen den drei Ortschaften Steinhögel im 
Westen, Ainring im Osten und Piding im Süden, welche ein 
fast oleichseitiges Dreieck markiren, dessen Spitze gegen Süden ge- 
richtet ist. Der Berg ist von Wald, Wiesen und Aeckern bedeckt 
und zeigt an den wenigen Aufschlüssen, die er im festen Gestein 
bietet, nur Flyschgebilde. Bloss an einer einzigen Stelle, nämlich 
an dem nordwestlichsten Punkte des Högelberges” bei der Leiten- 
bachmühle, in der Nähe von Vachenlueg unterhalb Steinhögel, 
stehen nach Gümbel!) — dieser und nach ihm Joh. Böhm 
schreiben irrthümlich Vachenbichl statt Vachenlueg — gelbe eisen- 
hältige Nummulitenschichten an, auf welche in früherer Zeit Ver- 
suchsbaue nach Eisenerzen geführt wurden. 


Fig. 28. 
Horizontalplan des Nummulitenvorkommens im Leitenbachgraben, 


Nw = Nummulitenschichten. — Ni — Nierenthaler Schichten. 


Prof. Kastner und ich besuchten die Stelle im März 1899 


und können die Angaben Gümbel’s bestätigen. Die Leitenbach- 


mühle liegt am Ausgange des Leitenbachgrabens; etwa hundert 
Schritte von der Mühle entfernt, liegen im Bachbette Nierenthaler 
Mergel (Fig. 28), welche nach Aussage des Müllers im Jahre 1896 
durch ein Hochwasser blossgelegt wurden. Schon weiter draussen 
beginnen an der rechten Uferwand des Grabens Nummuliten- 
schichten. Die Mergel lassen sich im Bache aufwärts durch 70 
Schritte verfolgen, dann treten nach einer Krümmung des Baches 
im Bachbette selbst auf eine Strecke von etwa 20 Schritten Nummu- 
litensandsteine auf und hierauf wieder auf 3 Schritte Nierenthaler 
Mergel. Am oberen Ende dieser Stelle befindet sich ein Wehr im 
Bache und an eben dieser Stelle hören auch die Nummulitensand- 
steine an der Grabenwand auf, sichtbar zu sein. 

Die hier auftretenden Nierenthaler Schichten sind theils rothe, 
theils licht- oder dunkelgraue, mehr oder weniger sandige Mergel 
mit dem charakteristischen muscheligen Bruche und der splitterigen 


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[129] Das Salzburger Vorland. 415 


Verwitterung. Die Nummulitenschichten bestehen aus harten, dichten, 
rothbraunen und grauen Sandsteinen, welche reich an Nummuliten 
und stellenweise auch an grossen Austern sind, dann wieder aus 
liehten und dunklen, weicheren, meist petrefactenarmen Sandsteinen. 
Etwa dort, wo man im Bachbette zuerst die Nierenthaler Mergel 
wahrnimmt, trifft man an der rechten Grabenseite einen Stollen im 
Nummulitengestein von etwa 10 m Länge, welcher mit Ausnahme 
des ziemlich verdeckten Mundloches noch ganz gut gangbar ist. 
Eigenthümlich sind die Lagerungsverhältnisse aufgeschlossen 
(Fig. 29). Die Nierenthaler Mergel streichen im Norden der Nummu- 
litensandsteine (bei a) in h 6 bis 7 mit sehr steilem südlichen Ein- 
fallen (1); die Nummulitenschichten haben an ihrem oberen Ende, 
d. h. zunächst dem Wehr (bei b) ein ähnliches Streichen — in h 6, 


Fig. 29. 
Profil des Nummulitenvorkommens im Leitenbachgraben. 


Loytag 


Nut — Nummulitenschichten. — Ni 


ierenthaler Schichten. 


30° — mit sehr steilem nördlichen Fallen. Es bilden daher die Nieren- 
thaler Schichten eine Mulde, in welche die Nummulitensandsteine 
eingebettet sind. 

Weiter aufwärts im Graben trifft man auf eine Strecke von 
etwa 400 m nur auf Moränen. Erst in der Nähe der Brücke der 
Fahrstrasse, welche von Rossdorf nach Steinhögel führt, tritt 
wieder anstehendes Gestein auf, und zwar Flysch. Hier (2) stehen 
die Sandsteine und sandigen Mergel in h 12 mit 60° Fallen nach Ost; 
auf den Spaltflächen sieht man schöne Skalenoäder von Kalkspath. 
Etwa 100 Schritte weiter oben beobachtet man eine Biegung der 
Schichten (3) nach h 8 bis 9 mit sehr steilem Fallen nach SW, und 
wenige Schritte oberhalb der Brücke (4) das normale Streichen in 
h 6 mit 75° Fallen nach Süd und Kegelwülsten in Süd. 

Nach Ehrlich) streichen die Flyschschichten auf dem Högel- 
berge im Allgemeinen (5) von West nach Ost und fallen mit 50 bis 
55° in Süd; doch finden in dieser Beziehung mehrfache Abänderungen 
statt. So ist nach Gümbel?) die Lagerung in den Steinbrüchen 
im Wiesbachwalde (6) h 9, 7° mit südwestlichem, bei Ulrichs- 


!) Nordöstliche Alpen. Seite 28. 
?) ]. c. Seite 644. 
53* 


416 Eberhard Fugger. [130] 


högel (7) h 10 mit nordöstlichem, bei Doppelrain (8) h 9, 7° 
mit südwestlichem Einfallen. Nach meinen Beobachtungen lagern die 
Flyschplatten in dem Steinbruch bei Ainring (9) in h 3, 7° mit 
Einfallen nach Südost, zwischen Ainring und Ulriehshögel stehen sie 
nach Ehrlich auf eine Strecke von etwa 40 »n senkrecht; östlich 
von Ulrichshögel, nahe bei dem Orte, fand ich sie (10) in nor- 
malem westöstlichen Streichen mit südlichem Verflächen, und diese 
Lagerung zieht sich durch das ganze Dorf hin, wo die Schichten- 
köpfe an verschiedenen Stellen aus dem Boden hervorragen. In dem 
grossen unterirdischen Mühlsteinbruch bei Ulrichshögel (11) 
zeigt sich eine ähnliche Lagerung; ebenso bei Gerling, westlich 
von Ulrichshögel (12). Im Walde oberhalb Gerling (15) fand ich 
die gleiche Schichtung. 

Unmittelbar beim Bahnhof Hammerau ist ein ziemlich 
grosser Steinbruch (14) in neuester Zeit eröffnet worden. Die Schich- 
tung ist h 5 mit steilem südlichen Einfallen und Wülsten an der 
Nordseite. Man findet dort grosse Knollen von 30 bis 50 cm Durch- 
messer und 15 cm hoch in vielen Schichten des Mergelkalkes. Petre- 
facten sind nicht häufig: Chondrites affinis Sternb., inclinatus Brongn. 
(1-5 mm dick), und arbusculus F. O., IHelminthoida labyrinthica Heer 
und crassa Schafh., sowie Taenidium Fischeri Heer. Auf den Spaltflächen 
treten Kalkspathkrystalle auf. Das Gestein des Steinbruches ist fast 
nur Mergelkalk mit wenig Thonschieferzwischenlagen, wenig Mergel 
und Thonmergel, kein Sandstein. Manche Mergelkalke haben gross- 
und dünnschalige Structur. 

Die Steinbrüche von Bicheln (15) oberhalb Hammerau am 
linken Saalachufer zeigen zahlreiche Rutschflächen, die Flyschschichten 
stehen steil gegen SO und streichen in h 2, 5°, an vielen Stellen 
sind sie verdrückt. In dem Steinbruch oberhalb Bicheln im Walde 
(16) ist die Lagerung ähnlich; hier finden sich viele Chondriten: 
affinis Sternbg, inclinatus Brongn., Targionii brongn. und intricatus 
brongn. Am Wege von Piding zum Johannshögel (17) steht 
Flysch in demselben Streichen an, aber mit nordwestlichem Einfallen. 

Die diluviale Saalachterrasse lässt sich an ihrem linken 
Ufer von der Stauferbrücke über Mauthausen, Piding und Hammerau 
bis zur Mündung der Saalach bei Salzburghofen verfolgen. An der 
Fahrstrasse zwischen der Stauferbrücke und dem Dorfe Mauthausen 
steht wiederholt glaciales Conglomerat an. Oestlich von der Ortschaft 
Strass an der Strasse nach München steht unten am Gehänge gegen 
die Eisenbahn hin horizontal geschichtetes Conglomerat an; etwa 
80 m näher gegen Strass hin lagert über demselben ein ebenfalls 
geschichtetes Conglomerat, aber in h 7, 5° mit 12 bis 15° Neigung 
gegen NNO; es sind hauptsächlich Kalke, wenig Urgebirgsgesteine, 
welche dieses Conglomerat zusammensetzen. Gekritzte Steine konnten 
wir in demselben nicht auffinden. 

Längs der Salzach, an deren linkem Ufer, ist das glaciale 
Conglomerat häufig aufgeschlossen, bei Triebenbach und an anderen 
Orten ist es von Moräne überlagert. Moränen treten auch am Nord- 
abhange des Högelberges häufig auf, so bei Gerling, Thundorf .... 
und reichen am Nordabhange des Staufen bis in die Meereshöhe von 


[131] Das Salzburger Vorland. 417 


570 m. Glaciale Findlinge liegen fast überall umher: auf der Höhe 
des Högelberges, bei Högelwört, Teisendorf, bei Steinbrünning, Abts- 
dorf u. Ss. w. 

Das Salzachufer von Laufen abwärts wurde bereits im Ab- 
schnitt X (Die Hochebene von Lamprechtshausen) geschildert. 

In der Ebene liegen, wie am rechten Salzachufer unterhalb 
Oberndorf, viele Moorgründe: das Adelstätter Moor, der 
Schönramer Filz, das Haar- und Weidmoos am Abtsdorfer See, der 
Kulblinger Filz u. a. 


Högelberg: (Il) a:h 6 bis 7 9 87 8. — b: h 6, 3° 9 87 N. — (2) h 12 x 60 
0. — B) h 8 bis 9 u 80 SW. — Mh 6758: Wülste in 8. — 65) h6 
» 50 bis 55 S. — (6) h 9, 7° 960 SW — (7) h10 x 35 NO. m ze 
ee 707 54.80. — (10) hs, 59358 — MW)h7e 25 
S. — (12) h 6, 79358 — 1)h6%9408 — (14)h5y»78 8; Wülste 
in.N. — (15). h 2, 5° 2 70.80..— (16) h2,7°9 7580 — (17) h 2, 9° 
v 50 bis 70 NW. 


XVI. Das benachbarte Oberösterreich. 


Die Berge und Hügel des Salzburger Vorlandes ziehen sich in 
gleicher Art nach Osten: als Hauptmasse des Zuges die Gebilde der 
Flyschzone, dieser vorgelagert, aber meist überdeckt oder wegge- 
schwemmt, die Nierenthaler und Nummulitenschichten, und nordwärts 
von diesen jungtertiäre Ablagerungen. 

Nierenthaler und Nummulitengesteine sind meines Wissens nur 
bei Gmunden bekannt !), und zwar liegen nach einer Mittheilung 
des Herrn Prof. Dr. G. A. Koch auch hier Nummulitenschichten und 
Flysch durch die Nierenthaler Mergel getrennt. 

Die Flyschbänke scheinen auch in diesem Gebiete von West 
nach Ost zu streichen und meist nach Süden einzufallen. Bei Kasten 
(1), an der Ostseite des Thales des Irrsees, stehen die Schichten 
fast senkrecht mit Wülsten an der Südseite; an einer anderen Stelle 
des Thales trifft man dieselbe Lagerung und grosse Inoceramen; 
in Haarpoint, nahe an den Quellen der Vöckla (2), lagern die 
Schichten in h 7 mit südlichem Verflächen. Hier und längs des 
Östgehänges des Irrseetliales befinden sich mehrere Steinbrüche, 
welche prächtige Sandsteine liefern, die zu Portalen und Stufen ver- 
wendet werden. 

Die Hippuriten und andere Gosauversteinerungen, welche an 
diesem Gehänge auftreten, und welche schon Ehrlich?) erwähnt, 
sind glaciale Findlinge. 

Auf der Halbinsel, welche westlich von Bichl-Auhof in den 
Mondsee hineinragt, erhebt sich der Heissberg. An seiner Nord- 


!) Siehe Ehrlich, Nordöstliche Alpen. 1850, Seite 21. — Hauer Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. IX, 1858, Seite 117. — Frauscher, Denkschr. d. kais. Akad. 
d. Wissensch. LI, 1886. Seite 227. 

?) Nordöstliche Alpen. Seite 30 und 31. 


418 Eberhard Fugger. [1 32] 


seite (3) ist die Lagerung in h 0, 5° mit sehr geringer Neigung 
gegen Ost, am Westabhange (4) in einem Keller in h 8 mit Einfallen 
nach SSW und einige hundert Schritte südlich davon in h 4 mit Fallen 
nach SSO. Nicht weit von dieser Stelle entfernt befindet sich direct 
am Seeufer ein Steinbruch, in welchem die gleiche Lagerung sicht- 
bar ist. Hier wurde im Jahre 1893 gegen die Höhe des Berges 
hin über die Schichtenköpfe eine Rösche gezogen von 11 m Länge, 
und zeigten sich hier auf die ganze Strecke nur drei Sandsteinlagen 
von zusammen 1» Mächtigkeit; alle übrigen Schichten waren Mergel- 
bänke, deren Dicke zwischen 0'2 und 2°0 »» schwankt. Der Kalk- 
gehalt von fünfzehn untersuchten Mergelschichten betrug zwischen 
61 und 73 Procent. 

Am gegenüberliegenden Ufer des Mondsees treten nur mehr 
mesozoische Kalke auf. Die Südgrenze der Flyschzone zieht sich 
hier vom Mondsee längs der Seeache hin an das südliche Ufer des 
Attersees und von diesem am Nordfusse des Höllengebirges etwa in 
der Linie Weissenbach - Traunkirchen an den Gmundner See. Die 
Breite der Zone beträgt ungefähr 15 Kilometer und reicht nur wenig 
über den Nordrand der beiden grossen Seen hinaus. 

Eingehendere Schilderungen dieses Gebietes sind mir nicht 
bekannt geworden. | 


Kasten: (1) h 6, 6° » 85 S; Wülste in S. 

Haarpoint: (2) h7 308. 

Heissberg: (8) bh 0, 5° 080. — (4) h 8 » 40 SSW. — h4, 10° » 35 SSO.-— 
h 4, 5° » 60 SSO. | 


XVIl. Flysehvorkommen am Untersberg und auf dem 
Gersberg. 


„Die Schichten des Högels (oder Högelberges) ziehen sich bis 
an den Fuss des benachbarten Untersberges, wo sie im sog. Kühbach- 
graben (richtig Kühlbachgraben) dasselbe nördliche Einfallen wie der 
Kalk des letzteren Berges zeigen. .... Die nächste Umgebung der 
Stadt Salzburg bildet zum grossen Theile der Wiener Sandstein, 
welcher südöstlich in der Einsattelung des Kalkgebirges zu Gersperg 
auftritt.“ So schreibt Ehrlich!) im Jahre 1850; aber nur theilweise 
mit Recht. Es liegt hier zum Theil wieder eine Verwechslung mit 
den Nierenthaler Schichten vor; auch Ehrlich’s Wiener Sandsteine 
vom Rainberge sind Nierenthaler- und ältere Gosaumergel. 

Vom Högelberge löst sich ein Höhenzug, der Walser- 
und Wartberg, ab, welcher die Verbindung mit dem Untersberg 
herstellt, und im Kühlbachgraben, in der Nähe des Veit]- 
bruches, wo der genannte Höhenzug an den Untersberg tritt, 
findet man flyschartige Gesteine. Die Sandsteine, welche hier 
auftreten, sind an manchen Stellen allerdings flyschähnlich, aber 


1) Nordöstliche Alpen. S. 29 u. 30. 


[133] Das Salzburger Vorland. 419 


zeigen keine Spur von Chondriten oder ähnlichen Algen; sie sind 
mit den Nierenthaler Mergeln wechsellagernd oder bilden mehr oder 
weniger mächtige Einlagerungen in denselben. Die tieferen Partien 
der Glanecker Kalkmergel sind auch flyschähnlich, aber ebenfalls 
obne Algen. Auch ist die Structur der Sandsteine des Kühlbaches 
von jener des echten Flysches verschieden. Am Fusse des Unters- 
berges ist sohin kein echter Flysch zu sehen. 

Dort, wo das Profil der den Plateaukalken angelagerten Schichten 
vollständig aufgeschlossen ist, an der Mündung des Klausbaches 
nächst dem Veitlbruche, ist die Lagerung nachstehende): 


Hangend. Eocän. Graue Mergel, Sandmergel und Sandsteine; 
Breecie und Nummulitensandsteine in wiederholter Wechsellagerung. 


Obere Kreide (Gosauformation). Nierenthaler Schichten: Graue 
und rothe Thonmergel; graue Sandsteine wechsellagernd; 

Glanecker Schichten: Graue, stark mergelige Kalke; 

Dichte, feste Mergelkalke; 

Röthlich grauer, sehr feinkörniger, mergeliger Kalk; 

Rother, etwas grobkörniger Kalk; 

Untersberger Marmor; 

Reibungsbreccie. 


Liegend. Tithon: Weisser Nerineenkalk. 


Es tritt sohin auch hier echter Flysch nicht auf. 


Dagegen tritt im Steinbruch am Gersberg, einem Theile 
des Gaisberges, echter, charakteristischer Flysch auf. Der Gersbach 
ist jener Bach, weicher längs der Imbergstrasse in der Stadt Salzburg 
in einem langen, geradlinigen Canal der Salzach zufliesst und etwas 
oberhalb der Karolinenbrücke mündet. Er entspringt auf dem 
Gersberg in der Mulde zwischen Gaisberg und Kühberg und legt 
an mehreren Punkten seines Laufes Nierenthaler und Glanecker 
Schichten bloss. Die Glanecker Schichten sind meist Kalkmergel, die 
theilweise in Kalksandsteine übergehen; die Nierenthaler Schichten 
sind Thonmergel oder sandige Mergel theils von rother, theils von 
grauer Farbe. 

Am Fusse des Berges fliesst der Gersbach über Gosau- 
conglomerat; in etwa 520m Höhe sind im Bachbette Glanecker 
Schichten und etwa 5 m höher Nierenthaler Mergel anstehend. 
Weiterhin ist das Bachbett mit Schutt bedeckt. Erst bei der fahr- 
baren Brücke in 580 m Höhe treten auf einige Meter Länge Glanecker 
Schichten, dann diese überlagernd Flyschbänke auf, concordant 
mit den Glanecker Schichten inh 7240 S. 

Von der Brücke aufwärts führt hart am Bache die Fahrstrasse 
und ist der Bach an seinem linken Ufer durch einen steinernen 
Uferschutzbau eingedämmt. Längs dieser steilen Strassenstrecke 
von etwa 130 m Länge sind im Bach die Flyschschichten, meist 


!) Fugger und Kastner. Vom Nordabhange des Untersberges, Mitth, 
d. Ges. f. Salzburger Landeskunde. 1886, Bd. XXVI, S. 432. 


420 Eberhard Fugger. [134] 


Mergel, blossgelegt. Unmittelbar oberhalb dieser Strecke befindet 
man sich bei den ehemaligen Steinbrüchen am Gersberg. 

Das Liegende derselben bilden Flyschmergel in der vorher 
angegebenen Lagerung, darüber liegen Flyschsandsteine, fein- und 
srobkörnig in dünnen Platten und über denselben graue und rothe 
Nierenthaler Mergel. Auf den Flyschplatten findet man, wenn 
auch nicht häufig, Chondriten, sodann Kohlensplitter und Flyschwülste. 
Kohle muss seinerzeit wenigstens in einigermassen grösseren Blättchen 
vorgekommen sein, denn es wurde daselbst anfangs der Siebziger 
Jahre dieses Jahrhunderts ein Schurfbau auf Kohle eröffnet und ein 
Stollen von etwa 26 m Länge gegraben, selbstverständlich ohne den 
gewünschten Erfolg. Auch jene eigenthümlichen, grünen Schichtflächen 
sowie Breceien findet man an einzelnen Stellen. 

Nierenthaler Mergel sind in der Stadt Salzburg und 
deren Umgebung nicht selten; sie sind am Rainberg auf- 
geschlossen, sie wurden bei Grabungen in der Bucklreutstrasse 
sowohl am Fusse des Rainberges, als auch am Fusse des Mönchs- 
berges, ferner am Fusse des Festungsberges in der Brunnhausgasse 
blossgelegt, sie kommen am Fusse des Kapuzinerberges sowohl in 
Schallmoos, als in der Nähe des Kalkofens am Fürberg zutage. Am 
Gaisberg findet man sie in der Nähe des Schlosses Neuhaus, an 
vielen Stellen in der Mulde des Gersbaches und am Gänsbrunner 
Bache. Glanecker Schichten dagegen sind ausser ihrem Vorkommen 
am Fusse des Untersberges und am Morzger Hügel bisher nur von 
der Gersbergmulde bekannt. 

Das Liegende der Flyschschichten in der Gersbachmulde sind 
Glanecker Schichten, unter diesen folgen die Gosauconglomerate; die 
Unterlagerung der Glanecker Schichten durch die Gosauconglomerate 
scheint zwar nicht direct auf, doch findet man am Fusse des Berges 
und ebenso wieder oberhalb der Steinbrüche Glanecker Schichten 
und weiterhin die Gosauconglomerate. Unter diesen letzteren sind 
am Neuhauser Berg die Untersberger Marmore aufgeschlossen. Es 
ergibt sich daher hier die Reihenfolge: 


Hangend: Nierenthaler Mergel, Flysch; 
Glanecker Schichten; 
(sosauconglomerat. 


Liegend. Untersberger Marmor. 


XVII. Sehluss. 


Die vorstehende Schilderung der geologischen Verhältnisse des 
Salzburger Vorlandes zeigt uns eine Reihe von aufeinanderfolgenden 
Formationen und als deren tiefste den Flysch. Die Unterlage des 
letzteren ist an wenigen Stellen direct sichtbar. Am Fusse des 
Staufen sind es wahrscheinlich triadische Kalke, am Gersberg Kalke 


[135] Das Salzburger Vorland. 49] 


der Gosauformation, längs des Kühberges bis über Hof hinaus der 
Hauptdolomit, östlich von Hof und an der Drachenwand am Mondsee 
Raibler Mergelkalke. 


Der Flysch 


bildet den Boden des grössten Theiles des Gebietes. Die südliche 
Grenze desselben wurde oben angeführt, die Nordgrenze zieht sich 
längs der Eisenbahnlinie Teisendorf—Freilassing hin, bricht an der 
Salzach ab und setzt 10 km nördlich von diesem Punkt weiter fort 
in der Richtung nach Ostnordost, und zwar in einer Linie von Pabing 
bei Weitwörth quer über den Haunsberg und durch den Öbertrumer 
See nach Mattsee und von da durch das Thal von Obernberg und 
Schalkham entlang den Nordabhang des Tannberges bis zur Ortschaft 
Tannberg, dann biegt die Richtung nach Ostsüdost ab längs des 
Irrsberges und des Köglerberges bei Oberhofen. 

„Das ganze Flyschgebiet ist ein intensiv bewirtschaftetes Cultur- 
land, welches natürliche und künstliche Aufschlüsse nur in sehr 
beschränkter Zahl und in ungenügender Ausdehnung zeigt. Dazu 
kommt noch, dass der weitaus grösste Theil desselben von einer 
mächtigen Decke von Glacialschottern überzogen ist, aus welcher 
nur vereinzelte Flyschberge inselartig hervorragen !).“ 

Die auftretenden Gesteinsarten sind Mergel, Mergelkalke und 
Sandsteine, welche sich in steter Wechsellagerung befinden ; die 
Zwischenschichten sind häufig dünnschichtige Thonschiefer und Schiefer- 
thone. Selten treten rothe Thone auf, ziemlich selten feinkörnige 
Breccien, wohl auch vereinzelte Lagen von Conglomeraten, und sehr 
selten harte, splitterige Kalke. Gewisse Sorten von harten Flysch- 
sandsteinen werden als Baumateriale für Uferschutzbauten verwendet. 

Rothe Thone und Mergel sah ich nur am Heuberge im Thale 
des Alterbaches (II, 14 und 15) und im Steinbachgraben an der 
Nordseite des Tannberges (XIH, 7). Breccien treten auf im Steinbruch 
von Muntigl, am Südfuss des Zifanken (IX, 6) und im Fischbach- 
graben am Colomannsberge (IX, 106 und 111), ferner im Gauseder- 
Graben am Haunsberg (XI, 42), im Feuchtengraben am Buchberg 
(XH, 2), sowie im Schwabenroider Graben (XIII, 16), Stermnbach- 
sraben (XIV, 8, 9, 11), bei Gutferding und Tannberg (XIII, 2) am 
Nordabhange des Tannberges und im Steinbruch am Gersberg. 

Das Vorkommen der rothen Thone und Mergel ist zu un- 
bedeutend und selten, als dass man aus demselben irgend eine 
Gesetzmässigkeit oder einen Zusammenhang nachweisen könnte. Anders 
ist es mit dem Auftreten der Breceien. Ohne den Verhältnissen Zwang 
anzuthun und ohne besonders grosse Phantasie lassen sich zwei Linien 
eonstatiren, in denen die Breccien auftreten, eine südliche: Muntigl 
— Zifanken—Fischbach, und eine nördliche: Gaused—Feuchtengraben 
— Gutferding. Ob diese Linien wirklich zusammenhängende Züge der 
Breceien vorstellen oder ob die Breccie nur zufällig gerade in diesen 
Linien aufgeschlossen ist, muss bei der geringen Zahl der Aufschlüsse 


!) Mojsisovies. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1890, S. 30. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 2. Heft. (E. Fugger.) 54 


422 Eberhard Fugger. [136] 


allerdings dahingestellt bleiben. Für den Nordabhang des Tannberges: 
Schwabenroider Graben— Ortschaft Tannberg ist allerdings die Wahr- 
scheinlichkeit eines zusammenhängenden Breccienzuges vorhanden. 
Ein eigentliches Flyscheonglomerat sah ich nur im Schwaben- 
roider Graben (XIII, 16) in der Nähe der Breccien, und harten, 
splitterigen Kalk nur beim Hubergut (IX, 7) nächst Henndorf. 
Von einem gewissen Interesse ist der grüne Ueberzug, welcher 


an einzelnen Punkten — am Heuberg, im Zilling- und Hammer- 
schmidgraben, am Irrsberg, im Fischbachgraben, bei Hammerau, am 
Gersberg u. a. a. O. — die Flyschplatten bedeckt; es ist eine sehr 


dünne Schichte von Glimmer, welcher im frischen Zustande lebhaft, 
fast grasgrün erscheint, durch Verwitterung aber hell und matt- 
grün wird. 

Der Salzburger Flyschzug, der eine durchschnittliche Breite 
von 15km besitzt, ist ein „einheitlich zusammengesetztes Terrain“ '); 
eine Gliederung ist weder in lithologischer, noch in irgend einer 
anderen Hinsicht bemerkbar. Dieselben Gesteinsarten, dieselbe steile 
Schichtenstellung, dieselben Pflanzenversteinerungen sind sowohl im 
Süden als im Norden, als auch an irgend einem anderen Punkte 
des Gebietes zu finden. Paul, Mojsisovies, Joh. Böhm u.a. 
bezeichnen unseren Flysch, ob er sich bei Traunstein oder Wien 
vorfindet, als Muntigler Flysch. 

Und dieser Muntigler, resp. Salzburger Flysch gehört der 
oberen Kreide an. Dies beweisen nicht bloss die Lagerungsverhältnisse, 
sondern auch die Petrefacteu. Stur?) schreibt: „Im Salzburger 
Museum fand sich ein allerdings nur sehr unvollkommener evoluter 
Cephalopode, der uns sagt, dass die betreffende, Inoceramen ent- 
haltende Schichtenreihe von Muntigl sicher der Kreide angehört.“ 
Weiters kommt hiezu der Fund eines Acanthoceras Mantelli Sow. im 
Flysch des Leopoldsberges bei Wien durch Prof. Toula im Jahre 1893 
und der Fund eines Pachydisceus Neubergieus Hauer durch Professor 
Kastner in Bergheim in demselben Jahre. Ausserdem sind von 
beweisender Kraft die zahlreichen grossen Inoceramen, welche in 
dem ganzen Zuge von Traunstein bis Wien und in den betreffenden 
Schichten der Karpathen gefunden wurden. 

Die Behauptung der galizischen Geologen, die Inoceramen 
befänden sich hier auf secundärer Lagerstätte, wird sofort hinfällig, 
wenn man die 80 Stück Inoceramen sieht, welche im Salzburger 
Museum allein aus Muntigl aufgestellt sind, und die wohl kaum den 
dritten Theil der Zahl derer bilden, die überhaupt in Muntigl gefunden 
wurden. Dabei sind die Schalen dieser Muscheln so dünn, dass sie 
nicht den leisesten Stoss vertragen, ohne zu brechen; und überdies 
finden sich diese Inoceramen sowohl auf Sandstein als auch auf 
Mergel. Die gleichen Inoceramen finden sich nach Joh. Böhm in 
den obercretacischen (Nierenthaler u. a.) Mergeln von Traunstein, 
wie in den Nierenthaler Schichten des Nunerseeberges, wo sie von 
Mojsisovies und mir gefunden wurden. Die Geologen, welche im 


1) Mojsisovicsl. c. 
?) Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1889, XXXIX, S. 440. 


[137] Das Salzburger Vorland. 423 


ostalpinen Flysch gearbeitet haben, sind übrigens alle der eben dar- 
gelegten Ansicht )). 

Aber auch die Lagerungsverhältnisse bezeugen die Zugehörigkeit 
des Salzburger Flysches zur oberen Kreide. Ich habe an manchem 
Punkte nachweisen können, dass der Flysch von Nierenthaler 
Schichten überlagert wird. 

In dem Flyschzuge lassen sich mehrere Falten auf eine 
kürzere oder längere Strecke nachweisen. So zieht sich eine Syn- 
klinale vom Südwestende des Heuberges — bei der Leimsiederei — 
am rechten Ufer des Alterbaches entlang bis zur Grabenmühle 
oberhalb Guggenthal in der Richtung von WSW nach ONO. Eine 
kurze Antiklinale liegt, ebenfalls auf dem Heuberge, zwischen dem 
Schreyer- und Dachslueger Graben gegen den Hochstein hin in fast 
westöstlicher Richtung. Eine zweite Synklinale bildet die Linie 
Nussdorf (bei Radeck) — Hochmais (auf dem Heuberg) in west- 
östlicher Richtung und scheint. ihre Fortsetzung über Neuhofen — 
Enzersberg — Stallberg am Südgehänge des Colomannsberges bis 
Kasten am Zellerbach zu finden, wobei die letzte Strecke Stallberg — 
Kasten eine bedeutende Biegung gegen NO zeigt. Eine zweite Anti- 
klinale bildet das Thal der unteren Fischach bis Lengfelden, von da 
zieht, sie über Berg nach Matzing am Fuss des Rennerberges; bis 
hieher ist die Richtung von W nach OÖ, nun scheint sie nach NO 
abzubiegen bis gegen Henndorf, von hier lässt sie sich weiter ver- 
folgen in fast westöstlicher Richtung über Lichtentann und den Hasen- 
kopf nach Zell am Moos. 

Eine dritte Synklinale ist durch die Linie Göllacken—Ried— 
Untermödlham in der Richtung von WSW nach ONO markirt und 


‚scheint ihre Fortsetzung in der Linie Neumarkt—Irrsdorf zu haben. 


Endlich eine dritte Antiklinale zieht anfangs von W nach O von 
Pabing über den Hochstein und Gaused auf dem Haunsberg gegen 
Obermödlham und scheint in der Richtung gegen Köstendorf oder 
Steindorf hin ihr Ende zu haben. 


Ueber dem Flysch lagern 


die Nierenthaler Schichten, 


welche sich nur in einem schmalen Bande an den Nordrand der Flysch- 
zone anlagern, zwischen Haunsberg und Tannberg aber auch wieder 
im Norden der Nummulitenschichten, und zwar in einem verhältnis- 
mässig breiten Zuge, auftreten. Die Benennung „Nierenthaler 
Schichten“ stammt von C. W. v. Gümbel?), welcher die Mergel 
aus dem Nierenthal, einer Localität zwischen Hallthurn und Berchtes- 
gaden am Fusse des Untersberges, zufolge des Fundes von Belem- 
nitella mucronata d’Orb. und anderer Petrefacten, als dem Senon an- 


!) Mojsisovies. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1890. — Bittner. 
ibid. 1890, S. 170—171. — Joh Böhm. ibid. 1890, S. 241, und Palaeontographica 
1891, XXXVII, S. 11—12. — Paul. Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1896, 
S. 311—313; ibid. 1897, S. 203—204; Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt 1898, 
XLVTII, S. 64. 

?) Geogr. Beschr. d. bayer. Alpengebirges. 1861, Seite 559 u. 575. 

54* 


494 Eberhard Fugger. [138] 


gehörig erkannte. Später fanden Prof. Kastner und ich, dass diese 
Schichten sich am ganzen Nordfusse des Untersberges hin, und zwar 
stellenweise in sehr mächtiger Entwicklung, ausbreiten. Die Gesteine 
der Nierenthaler Schichten sind grüne oder graue Sandsteine mit 
Thonknollen, dann dichte oder schieferige, graue oder ziegelrothe 
Mergel und Mergelthone. 

Bei der Leitenbachmühle nächst Teisendorf findet man Nummu- 
litensandstein in einer Mulde der Nierenthaler Schichten; bei Bichl- 
bruck am Walserberge liegen die grauen und rothen Mergel direct 
auf dem Flysch; am Westabhange des Haunsberges, in der Nähe 
von St. Pancraz, sieht man zwar die directe Ueberlagerung nicht, 
allein, wie schon im Abschnitte XI angeführt wurde, ist der Auf- 
schluss dort ein derartiger, dass eine andere Ansicht als die der 
Zwischenlagerung zwischen dem Flysch und den eocänen Schichten 
ausgeschlossen erscheint. Im Teufelsgraben bei Seeham sind die 
Nierenthaler Schichten das Liegende der Nummulitensandsteine; am 
Wartstein bei Mattsee sah ich sie vor Jahren als Zwischenschichte 
zwischen Flysch und Eocän; am Nordabhange des Buchberges treten 
sie wieder an einer Stelle auf, dass man sie nothgedrungen als das 
Hangende der Flyschschichten und das Liegende der Nummuliten- 
schichten ansehen muss; und auf dem Gersberge liegen sie wieder 
direct auf dem Flysch. 

Die Nierenthaler Mergel des Leitenbaches, von Fraham und 
vom Nunerseeberg sind durch Faltung und theilweise auch durch 
Ueberschiebung an die Nordseite der Eocänformation gekommen; 
die Sandsteine von Ganzergrub und dem Kronwalde endlich bilden 
— wenn sie wirklich obersenon sind — einen Theil der Schichten 
vom Nunerseeberg oder sie sind tertiär und bilden die Fortsetzung 
der tertiären Gebilde des Westgehänges des Haunsberges. 


Die Nummulitenschichten 


stellen einen fast ununterbrochenen Zug dar, der bei St. Pancraz 
am Westfusse des Haunsberges beginnend — als Fortsetzung der 
Nummulitenschichten von Kressenberg und des Leitenbaches bei 
Teisendorf — diesen in der Richtung von West nach Ost durchsetzt, 
im Teufelsgraben bei Seeham wieder zutage tritt, und in der weiteren 
Linie Seeham—Mattsee—Ramoos nur durch die beiden Trumer Seen 
unterbrochen, bei Dirnham am Nordfusse des Tannberges endigt. 
Ein isolirter Nummulitenfels ist der Hochstein auf dem Heuberg, 
der Rest einer seinerzeit jedenfalls viel ausgedehnteren Fläche. 

Die Gesteine, welche diese Formation zusammensetzen, sind 
graue und rothbraune, harte Sandsteine und Kalksandsteine, sowie 
heller gefärbte, weiche Sandsteine und Sande, in manchen Schichten 
sehr reich an Versteinerungen, besonders Nummuliten. Die harten 
Sandsteine sind ein sehr geschätztes Baumateriale; die Sande werden 
zum Theil in der Glasfabrik von Bührmoos, zum Theil als Scheuer- 
material in der Stadt Salzburg verwendet. 

Das Hangende der Sandsteine bilden dünne Lagen von Litho- 
thamnienkalk. 


425 


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426 Eberhard Fugger. [140] 


Die Nummulitensandsteine des Salzburger Vorlandes gehören 
den älteren Nummulitenschichten, dem Parisien an; nur die Num- 
mulitenkalke und Sandsteine, welche dem Untersberg direct vor- 
gelagert sind, repräsentiren den jüngeren Nummulitenzug, das Bar- 
tonien. 

Auch in den Nummulitensandsteinen fanden wir einen Beweis, 
dass dieselben jünger sind als der Flysch. Prof. Kastner und ich 
sahen nämlich, wie bereits erwähnt, Flyschtrümmer mitten in den 
weichen Sandsteinen von St. Pancraz eingebettet. 


Die miocänen Schichten - 


sind, wie es scheint, nur auf die Westseite des Haunsberges, d. i. 
auf das Oichtenthal und den Salzacheinschnitt unterhalb Oberndorf 
beschränkt. Als Liegendes sehen wir feinkörnige Sandsteine und 
Mergel am Haunsberg und an den Bergen am rechten Oichtenufer, 
sowie an der Salzach; darüber feinkörnige Conglomerate am Hauns- 
berg, Wachtberg und Lielon. Die Versteinerungen in den miocänen 
Schichten sind selten, und wo sie auftreten, schlecht erhalten. 


Den grössten Theil des Bodens bedecken 


glaciale Bildungen, 


deren unterste Lage die Liegendmoräne bildet, welche an der Salz- 
ach und im Bahneinschnitte zwischen Oberndorf und Ziegelheide 
aufgeschlossen ist. Ueber ihr lagern interglaciale Conglomerate, 
welche in den Steinbrüchen an der Salzach gebrochen und zu Ufer- 
schutzbauten verwendet werden, aber auch an vielen anderen Punkten 
zutage kommen. Darüber tritt die Hängendmoräne, meist aber statt 
dieser umgeschwemmte glaciale Schotter auf, in welche stellenweise 
sehr ausgedehnte Moore eingebettet sind. Die „Unzahl von namen- 
losen Tümpeln und Teichen“, welche im Salzburger Vorlande vor- 
kommen und von Brückner!) als Moränenseen angesprochen werden, 
reducirt sich auf einzelne meist wasserlose und zugleich abflusslose 
Mulden, während die wasserhbältigen „Tümpel und Teiche“, soweit 
ich sie untersuchte, durchaus künstlich abgedämmt, also eigentliche 
Teiche sind. 

Die echten Seen des Gebietes sind der Wallersee, Ober- und 
Niedertrumer und Grabensee, die vier Schleedorfer Egelseen und 
der Irrsee. Der Fuschl- und Mondsee liegen bereits an der Süd- 
srenze des Vorlandes; der sogenannte „Grundlose See“ im Bührmoos 
bei Lamprechtshausen ist wahrscheinlich nichts anderes als eine ehe- 
malige und nun ersäufte Torfgrube; der Egelsee von Loipferding 
endlich einer der Brückner’schen „Tümpel“. 


Fassen wir zum Schlusse die Schichtenfolge im Salzburger Vor- 
lande zusammen, so erhalten wir nachstehendes Schema von oben 
nach unten: 


') Vergletscherung, Seite 106. 


3 141] Das Salzburger Vorland. 437 


Alluvium. 
Diluvium. Hangendmoräne, glaciale Schotter, Moore. 
Interglaciales Conglomerat. 
Liegendmoräne. 
Miocän. Quarzreiche, kleinkörnige Conglomerate. 
Feinkörnige Sandsteine, Mergel und Thone (Schlier). 
Eocän. Lithothamnienkalk. 
Nummulitensandstein (Parisien). 
Obere Kreide. Nierenthaler Mergel und Sandsteine. 
Flyschsandsteine und -Mergel. 


Das auf Seite 425 eingeschaltete Profil (Fig. 30) vom Wachtberg 
zum Plainberg mag dieses Schema wenigstens theilweise anschaulich 
machen. 


428 Eberhard Fugger. 


Inhalts-Verzeiehnis. 


Einleitung 27: 8er et EEE TEE ET EEE HERR 287 
1. Der Plamberg - „NFRIR I PRINTER NIE 289 
Mulde von, Radeak FE Ne A ee a 297 
Nonsderfer,Häsel-....  .,7 00%. 8° aim. 2 5 a 

Il. Der Heuberg . FF en 2 
III. Die Halwanger Höhe Be a Se a a Yes 1 sıl 
IV. Plainfelder Höhe. . FRE BER RETEEREERE N 315 
ar NT 17 A N Re RL na Fe 316 
SI er lachgitipn 1 te 5 ter Be Se 
WAT: Be Hahe"von. Mödlham ;... 2.5: 2 ap... 22. A 328 
WAU-- Die Höhe von Waldprechting .7.:. - 12, >.» Area 332 
IX. Die Bolomannsberg 7 . - „neu 20 NEE 339 
X. Die Hochebene von arprer ee ee - 355 
X. Der Hatmsberg:. . tyra Sr. Share 370 
Bar. Der Buchberg: .. ... 2; > 29 rn 2 ee 388 
RIM Der Danubers... 7... 2u..2 2... 00 me ne A 401 
XIV. Die Ebene zwischen ni inbe und Sälzleh ne 2 410 
XV. Dag benachbarte Bayern . , in... un u 413 
XVI. Das benachbarte Oberösterreich . . . 2. 22 2 222 u 417 
XVII. Flyschvoıkommen am Untersberg und auf dem Gersber g. . 1 238 
YES. Bichlapes 3 05. en a ee ee NR 420 
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Gesellschafts-Buchdruckerei, Brüder Hollinek, Wien, III., Erdbergstrasse 3. 


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Tafel VI (). 


Wr Brachiopoden des Stramberger Tithons. 


A 


Fie.=1} 
Fig. 2. 
Fig. 3. 
Fig. 4. 
Fig. 5. 
Fig. 6. 
Fiei; 7. 
E28, 
Bi0.2%9, 
Fig. 10. 


Erklärung zu Tafel VII (1). 


Terebratula n. sp. ex aff. Ter. mitis E. Swess. In drei Ansichten («—e). 
Vergr. 2:1. Aus dem weissen Stramberger Kalkstein. 

Waldheimia trigonella Schloth. sp. In 4 Ansichten (a—d). Vergr. 3:1. 
Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Dietyothyris altirostris n. sp. In.4 Ansichten (@«—d). (Figuren um einen 
kleinen Betrag vergrössert.) Aus dem rothen Kalkstein von Nessels- 
dorf. 

Dietyothyris altirostris n. sp. var, notoptycha. In 4 Ansichten (a—d). 
Vergr. 2:1. Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Dictyothyris Chaperi Douv. In 4 Ansichten («—d). (Figuren etwas grösser 
als das Original.) Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Dictyothyris Kopiivnicensis n. sp. In 4 Ansichten (a—d). Aus dem rothen 
Kalkstein von Nesselsdorf. 

Megerlea tithonia n. sp. In 4 Ansichten (a—d). Vergr. 2:1. Aus dem 
rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Megerlea ef. tatrica Zitt. In 4 Ansichten (a—d). Vergr. */,:1. Aus dem 
rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Megerlea proloricata n. sp. In 4 Ansichten («—d). (Figuren etwas grösser 
als das Original.) Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Lyra angustirostris n. sp. In 4 Ansichten (a—d). Vergr. */,:1. Aus dem 
rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 


Die Figuren sind, wo keine besondere Angabe vorliegt, in natürlicher Grösse 
gezeichnet. Die Originale befinden sich in der Sammlung des Autors. 


M. Remes: Brachiopoden des Stramberger Tithon. Tafel VII (1). 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. 


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VII (2). 


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des Stramberger Tithons. 


den. 


Fig. 1. 
Fig. 2. 
Bug. 23. 
Fig. 4. 
Fig. 5. 
Fig. 6. 
Fig. | 7. 
Fig. 8. 
Fig. 9. 
Fig. 10. 


Erklärung zu Tafel VIII (2). 


Rhynchonella Hoheneggeri Suess. Var. I. In 2 Ansichten (a—b). Aus 
dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Rhynchonella Hoheneggeri Suess. Var. II. In 2 Ansichten (a—b). Aus 
dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Ichynchonella cf. Hohrneggeri Suwess. In 4 Ansichten (a—d). Vergr. 2:1. 
Aus dem rothen Kalkstein von Nesselsdorf. 

Rhynchonella @Glockeri n. sp. In 4 Ansichten (a—-d). Aus dem rothen 
Kalkstein von Nesselsdorf. 

Rhynchonella sp. In 4.Ansichten (a—d). Vergr. */,:1. Aus dem rothen 
Kalkstein von Nesselsdorf. 

Rhynchonella, Frici nov. sp. In 4 Ansichten (a—d). Aus dem rothen 
Kalkstein von Nesselsdorf. (In der Stirnansicht 6d ist der leitende 
Buchstabe d durch die Aetzung undeutlich geworden.) 

Rhynchonella Pompeckji n. sp. In 4 Ansichten (@—d). Aus dem weissen 
Stramberger Kalk. 

Ihynchonella Pompeckji var. In 5 Ansichten (a—e). Aus dem weissen 
Stramberger Kalk. (Die Seitenansicht wurde durch ein Versehen des 
Zeichners mit 8c statt mit 8e signirt.) 

Rhynchonella strambergensis n. sp. In 5 Ansichten («—e). Aus dem 
weissen Stramberger Kalk. 

Rhynchonella cf. sparsicosta Oppel. In 4 Ansichten (a—d). Aus dem 
weissen Stramberger Kalk. 


Die Figuren sind, wo keine besondere Angabe vorliegt, in natürlicher Grösse 
gezeichnet. Die Originale befinden sich in der Sammlung des Autors. 


M. Remes: Brachiopoden des Stramberger Tithon. Tafel VIII (2) 


| Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill., Rasumoffskygasse 23. 


Dr Gorjanovie - Kramberger : Oberpontische Faunen von Podgradje u Vizanovec. Taf.IX. 


Lith.Anst v. Th Bannwarth,Wien. 


A .Swoboda ndNat gezuhith. 


Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX 1899. 
Verlagder kk.beologischen Reichsanstalt,Wien.Ill.Rasumoffskygasse 23. 


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von Idria. 


Erklärung zu Tafel X. 


Geologische Karte von Idria. 
Maßstab: 1:11.500. 


(Topographische Grundlage copirt von Lipold’s geologischer Karte, Jahrbuch 
der k. k. geol. Reichsanstalt 1874, Taf. IX.) 


Erklärungen: 


I-1 — Projection des „Nordcontactes‘ der Erzlagerstätte im VII. Lauf. 
II—II = Projection des „Nordcontactes“ der Erzlagerstätte im III. Lauf. 
1—1 = Projection des „Südcontactes“ der Lagerstätte im VII. Lauf. 
2—2 — Projection des „Südcontactes“ der Lagerstätte im III. Lauf. 
3—3 = Projection des „Südcontactes“ der Lagerstätte im II. Lauf. 

4—4 — Ausbiss des „Südcontactes* im Brandgraben. 


aa = Profil durch die NW-Grube (Taf. XI, Fig. 1). 
bb —= Profil durch die SO-Grube (Taf. XI, Fig. 2). 


Anmerkung. Durch ein Versehen erscheint der Inzaghischacht in der 
vorliegenden Karte etwas zu weit nach Süd gerückt. 


Dr. F. Kossmat. Bergbaugebiet von Idria. Tan 


oz 77 


Na Tratan® < 


Massstab 
1:11500 
Zeichenerklärung:: 

I, I Projectionslinien des 
Nordcontactes. 


1, 2, 3, 4 Projectionslinien 
des Südcontactes. 


a, b Profillinien. 


Farbenerklärung: 


Palaeozoischer 
Schiefer. 


/ agda Ien astollen\ 


Werfener 
Schichten. 


Kovacouroufz 


Dolomitbreccie. 


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Wengener 
Schichten. 


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Cassianer 
Schichten. 


Kreidekalk. 


Alluvium. 


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Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. Geologischen Reichsanstalt, Wien, Ill. Rasumoffskygasse 3. 


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Erklärung zu Tafel XI. 


Fig. 1. 
NO-SW., Schnitt durch die Nordwestgrube von Idria. 
(Linie aa auf Tafel X.) 

Anmerkung. Die Meeresliöhen einer Anzahl der wichtigeren Punkte sind 
angegeben. 

Vergl. mit diesem Profil jenes von Lipold in der Festschrift: „Das k. k. 
Quecksilberbergwerk zu Idria in Krain“, Wien 1881, welches übrigens gleichfalls 
keine Cassianerkalke angibt, während die spätere officielle Publication solche 
irrthümlich ausscheidet. 


Fig. 2. 
NO-SW. Schnitt durch die Südostgrube von Idria. 
(Linie 5b auf Tafel X.) 


Anmerkung. Die conglomeratische Ausbildung der Dolomit- und Breccien- 
stufe in der Nähe der Lagerzüge ist auf den beiden Durchschnitten durch grobe 
Punktirung angedeutet. 


Fig. 3. 
Schematisches Profil in der Richtung von WNW nach 0SO 


durch die von Querstörungen durchsetzte Grubenpartie nahe dem Josefischachte 
(Südostgrube.) 
Anmerkung. 00 und 0‘0‘ sind zwei der wichtigsten, im Bergwerke auf- 
geschlossenen Querspalten. chem: 
Höhe und Länge der Profile wurde aus Raumrücksichten 
vom Katastralmaßstabe annähernd auf das Verhältnis 1:7000 
reducirt. 


Anmerkung. Nach den mir vorliegenden Angaben (vergl. vor allem „Das 
k. k Quecksilberbergwerk zu Idria in Krain“, Wien 1881) beträgt die Tiefe des 
Josefischachtes 237 m, jene des Inzaghischachtes 312 m. 

Die Entfernung der einzelnen Läufe von einander, welche allerdings für 
verschiedene Grubenpartien beträchtliche Differenzen aufweist, 
ist nach derselben Quelle folgende: 0 (Tagkranz des Josefischachtes)—I = 60 m, 
I—II=33 m, II—II = 25 m, IHI—-IV = 23 m, IV—-V = 11 m, V—-VI= 22m, 
VI-VI = 2 m, VI—-VII = 14m Y\NI—-IX = 13m IX-X—= 2, 
X—XI = 31 m. 


Für die Construction meiner Profile wurden die einzelnen Läufe durch 
Herrn Bergadjuncten M. Holler nach den neueren Vermessungsdaten eingetragen. 


F. Kossmat: Geologische Verhältnisse von Idria Taf. XI. 


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Fig. 1. Vogelberges S 
Brandgraben 
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Josefi Schacht 
st — 350 


WNW. "Fig. 3. 0SO. 


Kreideformation. 


Cassianerkalk. 


Wengener Schichten. 
(Lagerschiefer.) 


Dolomitbreceie. 


Werfener Schichten. 


Palaeozoischer Schiefer. 
(Silberschiefer.) 


Maßstab: 1 cm = ca. 70 m. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 23, 


Eberhard Fugger: Das Salzburger Vorland Tafel XII. 


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Der Fischbach am CGolomannsberg und seine Zuflüsse. 


Maßstab: 1:30.000. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 23. 


Eberhard Fugger. Karte des Salzburger Vorlandes. 


Tafel XII. 


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Zeichen-Erklärung: 


Synklinale 
Antiklinale 
oe. — [ndmoräne 


— — — — Äußere Endmoräne 


Farben-Erklärung: 


Alluvium und Diluvium 


Oberes Tertiär 
Obere Nummulitenschichten 
Untere Nummulitenschichten 
Nierenthaler Schichten 
Flysch 
Glanecker Schichten 


Gosauformation im Allgemeinen 


Ältere mesozoische Ablagerungen 


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Photolithographie und Druck des k. und k. militär-geographischen Institutes. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasumofiskygasse 23. 


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Ausgegehen am 30. Norenher 1899, 


JAHRBUCH 


DER 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


I RILOISHEN BEICHSÄNSLL 


JAHRGANG 1899: XLIX. BAND. 
3. Helt. 


Mit Tafel XIV. 


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% Wien, 1899. 


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or 1 Commission bei R. ee Mi Müller), k. u. k. Hofbuchhandlung, 


‚Graben 81. 


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Geologische Studien 
in den nordmoldauischen Karpathen. 


Von Dr. Sava Athanasiu. 


Mit 15 Zinkotypien im Text. 


Vorwort. 


Mit Unterstützung der königl. rumänischen Regierung habe ich 
im Sommer 1897 und 1898 das geologische Studium der nordmoldau- 
ischen Karpathen unternommen. Dieser Theil der Ostkarpathen reicht 
im Norden und Westen bis an die Bukowinaer, bezw. siebenbürgische 
Grenze, im Süden bis in das Thal der Bistrieioara und des Neamtzu 
und wird im Osten durch den Moldovafluss von der sarmatischen 
Platte abgegrenzt. 

Wie bekannt, gehört PER Gegend zu denjenigen Gebieten der 
rumänischen Karpathen, über deren "geologischen Bau bis vor kurzer 
Zeit sehr wenige Daten vorlagen. Die Ursache davon liegt vor allem 
in der geologischen Beschaffenheit dieses Gebirges selbst. Ein Gebiet, 
welches hauptsächlich aus fossilarmen Fiyschbildungen und krystal- 
linischen Gesteinen besteht, kann im allgemeinen als wenig anlockend 
für den Geologen betrachtet werden. In der krystallinischen Masse 
können uns nur ein eingehendes petrographisches Studium der Ge- 
steine und die genaueste Beobachtung ihrer stratigraphischen Ver- 
hältnisse zu den allgemeinen Resultaten über den geologischen Bau 
führen. In der Flyschzone fehlt die schöne Aussicht, in verhältnis- 
mässig kurzer Zeit durch eine reiche Ausbeute an organischen Resten 
zu zuverlässigen Schlüssen über die geologische Vergangenheit der- 
selben zu gelangen und vielleicht auch neue Arten aufzufinden. 

Den ersten Aufnahmsbericht über die Geologie des Distrietes 
Suceava verdanken wir Prof. Gr. Stefanescu!), der im Jahre 1895 
auch eine geologische Karte dieses Gebietes im Maßstabe 1:175.000 
entworfen hat. Diese Karte aber konnte mir wegen ihrer mangel- 
haften Darstellung nicht als Orientirung auf dem Terrain dienen. 

Die wichtigsten Beobachtungen über den geologischen Bau der 
nordmoldauischen Karpathen finden sich verstreut in verschiedenen 


1) Anuarul biuroului geologic III, 1888, und‘ Charta geologica, Blatt A, 
III—-XXXVI. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 55 


430 Sava Athanasiu. [2] 


Arbeiten Prof. Vietor Uhlig’s über die Ostkarpathen, welche ich an 
den betreffenden Stellen erwähnen werde. Diese Beobachtungen allein 
waren mir vom grössten Nutzen und haben mir das Verständnis des 
allgemeinen geologischen Baues meines Gebietes wesentlich er- 
leichtert. 

Für das Eintragen der Beobachtungen hat mir die neue topo- 
graphische Karte im Maßstabe 1:50.000 des rumänischen General- 
stabes gedient. Das gesammelte Material habe ich im palaeontolo- 
gischen und dem mineralogisch-petrographischen Institute der Wiener 
Universität bearbeitet. : 

Ueber die allgemeinen Resultate dieser Studien’habe ich bereits 
in den Verhandl. der k. k. geol. R.-A. berichtet!). Was den oro- 
graphischen Bau, die hydrographischen Verhältnisse und die Haupt- 
züge der Tektonik des in Rede stehenden Gebietes betrifft, so ver- 
weise ich auf meine Arbeit „Morphologische Skizze der nordmoldau- 
ischen Karpathen“ 2). 

Den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet die geologische 
Beschreibung eines Tbeiles der nordwestlichen Ecke der Moldau in 
der Nähe des sogenannten „triplex confinium“, nämlich: 


I. Die Geologie der Umgebung von Giodu und 
Il. die andesitische Masse des Calimangebirges. 


I. Die Geologie der Umgebung von Glodu. 
Mit einer Kartenskizze (Fig. 1) und 5 Profilen (Fig 2—6). 


Die Gegend, mit welcher wir uns hier beschäftigen, liegt am 
Innenrande der moldauischen krystallinischen Masse in unmittelbarer 
Nähe der siebenbürgischen Grenze. Dieselbe wird im Norden durch 
Piciorul Calimanel (1500 m) und Dealu Vänät (1640 m), im 
Osten durch den Rücken des Dealu Glodu (1450 m), im Süden. 
durch Piciorul Vacariei und den Grenzbach Neagra Broste- 
nilor und im Westen durch .die andesitische Masse des Caliman- 
gebirges begrenzt. Morphologisch und geologisch gehört diese Gegend 
dem Westrande des Bistritzagebirges an und findet ihre Fortsetzung 
gegen Süden über die Gegend von Bilbor und Borszek in das 
Gyergyogebirge. 

Wie man aus der beigefügten geologischen Karte (Fig. 1) sieht, 
betheiligen sich an der Zusammensetzung dieser Gegend folgende 
Bildungen: 

Krystallinische Schiefer, 
Oberkreide, 
Trachyttuff. 


!) Geologische Beobachtungen in den nordmoldauischen Karpathen. Verhandl. 
d. k. k. geol. R.-A. 1899, Nr. 5. 

?) Morphologische "Skizze der nordmoldauischen Karpathen. Bullet. soc. sc. 
Bucuresci 1899, Nr. 3. - 


GER 


Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 431 


Fig. 1. 
Geologische Karte der Umgebung von Glodu, 


Maßstab: 1:50.000, 


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Zeichen-Erklärung: 


Br] Glimmerschiefer. 

RI Krystallinischer Kalk. — 
Schwarze Kieselschiefer. 
ee deren 


K — Kaolin. — & = Säuerlinge. — A----- B — Bruchlinie. 


Turon-Inoceramenmergel. 


-x] Trachyttuff. 


ze  Pyroxen-Andesit. 


439 Sava Athanasiu. [4] 


Krystallinische Schiefer. 


Die kıystallinischen Schiefer sind in unserer Gegend durch 
quarzreiche Glimmerschiefer, gewöhnliche Glimmer- 
schiefer, schwarze Kieselschiefer, Sericitglimmer- 
schiefer und krystallinische Kalke vertreten. 

Der quarzreiche Glimmerschiefer kommt nur unter- 
geordnet in den untersten Lagen der krystallinischen Schiefer vor. 
Am Westabhange des Paltinisch, auf Piciorul Florenilor, sieht 
man zwischen dem Trachyttuff und dem krystallinischen Kalk das Aus- 
streichen einer solchen Glimmerschieferbank. Das Gestein ist schwärz- 
lich, ziemlich hart und bildet hier im Liegenden des krystallinischen 
Kalkes einige Felsen. Der Biotit bildet niemals ausgedehnte parallele 
Membranen, sondern erscheint auf den Spaltungsflächen als ordnungs- 
lose Lage von isolirten Schuppen. Der Quarz tritt am deutlichsten 
auf dem Querbruche des Gesteins in sehr feinen Körnern hervor. 
U. d. M. stellt sich die Masse des Gesteins als ein Aggregat von 
Biotitblättchen mit sehr starker Absorption und von Quarzkörnern dar; 
diese letzteren überwiegen über den Biotit. Ganz untergeordnet beob- 
achtet man zwischen den Quarzkörnern auch einzelne zerstreute 
Muscovitlamellen und sehr selten einen mikroklinartigen Feld- 
spath. Einige gelblichbraune, stark lichtbrechende Körner scheinen 
dem Titanit anzugehören. Magnetit und Eisenglanzlamellen 
beobachtet man häufig. Der Reichthum an diesen Erzen bedingt das 
verhältnismässig grosse Gewicht des Gesteins. | 

Auf Piciorul Vacariei, am linken Ufer der Neagra, beob- 
achtet man unter dem gewöhnlichen Glimmerschiefer einen selır quarz- 
reichen Glimmerschiefer, welcher in Quarzitschiefer übergeht 
und die von Paul bei den Gesteinen aus der unteren Abtheilung der 
krystallinischen Schiefer der Bukowina beschriebenen Merkmale zeigt, 


d. h. eine „wellen- und winkelförmige Fältelung der Quarzlamellen, 


wodurch das Gestein auf den senkrecht gegen die Schichtung stehen- 
den Bruchflächen stets eine eigenthümliche Zeichnung zeigt, die man 
als winkelig gebändert bezeichnen könnte.“ 

Der Glimmerschiefer bildet den grössten Theil der kry- 
stallinischen Unterlage unseres Gebietes. Der Quarz zeigt sich manch- 
mal als dicke Lage oder in grossen Linsen nach den Schichtungs- 
flächen ausgeschieden, wie man das am Ufer des Calimanel bei Pal- 
tinisch beobachten kann. Auch hier sieht man im untersten Theile 
der krystallinischen Schiefer einen sehr quarzreichen Glimmerschiefer, 
welcher N—S streicht und schwach gegen Östen fällt: weiter oben 
aber auf Piciorul Calimanel und auf dem Gipfe) des Dealu 
Vänät herrscht fast ausschliesslich der gewöhnliche Glimmer- 
schiefer vor. ' 

Der Kieselschiefer tritt auf dem linken Ufer der Neagra 
am Bache Chiruta als eine mächtige Einlagerung im Glimmerschiefer 
auf (Fig. 2). Er ist schwarz, meist dünngeschichtet und besteht der 
Hauptsache nach aus einem schwarzen, kohlenstoffhaltigen Quarz; selten 
beobachtet man auf Bruchflächen auch weisse oder weniger gefärbte 


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[5] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 433 
Quarzlamellen. Die kieselige Substanz ist manchmal durch Schwarz- 
eisenstein ersetzt. 

Man konnte dieses Gestein mit einem manganerzführenden 
Quarzitschiefer verwechseln; eine nähere Untersuchung hat aber ge- 
zeigt, dass das schwarze. stark abfärbende Mineral nicht aus Mangan- 
oxyd, sondern hauptsächlich aus einer kohligen Substanz besteht. 

Serieitglimmerschiefer tritt im Liegenden der cenomanen 
Conglomerate von Glodu am Bache Primavaratecu auf (Fig. 3). Er 
hat eine grünliche Farbe, ist ausgezeichnet schiefrig und besteht aus 
einem seidenglänzenden, grünlichen Mineral und ganz untergeordnet 
aus sehr dünnen Lagen von Quarz. U. d. M. sieht man neben dem 
grünen, feinfaserigen sericitischen Mineral und den Quarzkörnern 
auch einige Muscovitblättchen und sehr selten Plagioklaskörner. Das 
Gestein kommt in Verbindung mit dem gewöhnlichen Glimmer- 
schiefer vor. | 

Die krystallinischen Kalke nehmen im westlichen und 
nördlichen Theile unseres Gebietes eine grosse Fläche ein und stellen 
die directe nördliche Fortsetzung des Kalkzuges von Borszek und 
Bilbor im nordöstlichen Siebenbürgen dar. 

Die petrographische Beschaffenheit dieser Kalke ist ziemlich 
verschieden. Es sind theils weisse, marmorartige, krystallinische Kalke, 
welche manchmal durch das häufige Vorkommen der Muscovitblättchen 
in Kalkschiefer übergehen, theils graue oder gelbliche, unreine, ziem- 
lieh dolomitische Kalksteine. Ueberall, wo die Kalke auftreten, sind 
die Berggehänge waldlos und haben eine sterile Beschaffenheit. 

Der krystallinische Kalk, welcher die Kalkscholle zwischen 
Paltinisch und Dragoiasa-Mündung bildet, ist bläulich weiss mit einer 
körnigen, zuckerähnlichen Structur, im frischen Bruche glänzend und 
auf den Kanten durchscheinend. Der Tremolit kommt in weissen, 
seidenglänzenden, bis 53 cm langen Säulen vor, welche in einigen 
Partien des Gesteins recht häufig sind. U. d. M. zeigt sich ein 
Aggregat von Kalkspathindividuen. Im polarisirten Lichte zeigen einige 
Körner verschiedenfarbige Streifen, was auf eine Zwillingsbildung aus 
polysynthetischen Lamellen hindeutet. Die Längsschnitte von Trembolit 
erscheinen faserig und zeigen im polarisirten Lichte ein solches far- 
biges Bild, wie es gewöhnlich im Muscovit vorkommt; die senkrecht 
laufenden Quersprünge zeigen aber, dass wir es mit Tremolit zu thun 
haben. Der Muscovit tritt selten in kleinen Schüppehen auf. 

Dieselbe petrographische Beschaffenheit zeigen auch die Kalke 
auf Piciorul Nicanilor, nur sind sie mehr als Kalkschiefer aus- 
gebildet. 

Am Südabhange des Dealu Vänät kommen Kalke vor, die 
steilen Felsen des Dealu Chifenilor bildend, welche petrographisch 
von den vorigen auffallend sich unterscheiden. Es sind weissgelbliche, 
unreine, in scharfkantigen Bruchstücken brechende dolomitische Kalk- 
steine. Auf den ersten Blick konnte man diese Kalksteine mit den 
triadischen dolomitischen Kalken aus der Klippenzone des Raräu 
verwechseln. Ihre Unterlage aber bildet hier der gewöhnliche Glimmer- 
schiefer, nicht das sogenannte Verrucano-Conglomerat und die Perm- 
sandsteine, wie auf Raräu. 


434 Sava Athanasiu. [6] 


Was die Lagerungsverhältnisse der Kalke unserer Gegend be- 
trifft, so stellt die westliche Kalkscholle von Paltinisch eine ‘Einlage- 
rung in dem gewöhnlichen Glimmerschiefer dar, wie aus dem Profil 
auf der linken Seite der Neagra (Fig. 2) ersichtlich ist. In dem 
nördlichen Theile aber, auf Pieiorul: Nicanilor und Dealu Glodu, 
kommen die Kalke schollenartig den.-krystallinischen Schiefern auf- 
gelagert vor; sie sind also als das oberste Glied der oberen Abthei- 
lung der krystallinischen Schiefer zu betrachten. 

Es fehlen uns nähere Anhaltspunkte über das geologische Alter 
der Kalksteine von Bätcele Chifenilor; sie sind aber nicht in die 
archäischen krystallinischen Schiefer oder in die altmesozoischen 
Kalksteine einzureihen, sondern als palaeozoische Gesteine zu be- 
trachten. £ 

Aus den oben angeführten Thatsachen geht hervor, dass die 
krystallinischen Gesteine, welche an dem Aufbau der Umgebung von 


Fig. 2. 


Gura Dragoiosa. 
Dealu Chiruta. 
P. Chiruta. 

D. Dragoiasa. 


W. 


1 3 zn Neagra. 7 


1. Glimmerschiefer. — 2. Schwarze Kieselschiefer. — 3. Krystallinischer Kalk, — 
4. Cenoman-Exogyrensandstein. 


Glodu theilnehmen, der oberen Abtheilung der krystallinischen 
Schiefer angehören. Der quarzreiche Glimmerschiefer, welcher nur 
in einzelnen Aufbrüchen, wie am Ufer des Oalimanel, auf Piciorul 
Florenilor und auf Piciorul Vacariei, zum Vorschein kommt, ist viel- 
leicht als der unteren Abtheilung angehörig zu betrachten. 


Die Oberkreide. 


Die obercretaeischen Ablagerungen bilden in unserer Gegend 
einen ununterbrochenen Streifen, welcher im Nordwesten bei Palti- 
nisch, nahe am Rande der andesitischen Masse des Calimangebirges 
beginnend, sich gegen SSO bis an die Mündung des Glodubaches in 
die Neagra an der siebenbürgischen Grenze erstreckt. Ueberall von 
krystallinischen Schiefern umgeben, ist die eretacische Scholle von 
grossen Gebirgshöhen umrahmt, wie: Dealu Vänät (1640 m) im 
Norden, Dealu Glodu (1450 m) im Osten, Alunisch (1445 m) im 
Süden auf der siebenbürgischen Seite, und Dealu Drägoiasa mit Dealu 
Paltinisch (1445 m) im Westen; in der Mittellinie aber haben wir 


[7] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 435 


eine Meereshöhe von 1000 bis 1300 m. Die grösste Entwicklung er- 
reichen die Kreideablagerungen in ihrer südlichen Hälfte im Gebiete 
des Glodubaches, zwischen Dealu Glodu im Osten und Dealu Dragoiasa 
im Westen. In der nördlichen Hälfte, d. h. in dem Sattel zwischen 
Dealu Vänät und Dealu Paltinisch bilden die Kreideschichten die ge- 
rundeten Hügel des Dealu Catrinarilor und kommen auf der Fahrstrasse 
zwischen Brosteni und Dorna zum Vorschein. Diese Ablagerungen sind 
ganz auf moldauischen Boden beschränkt; jenseits der Grenze, am 
rechten Ufer der Neagra, erhebt sich mit steilem Abfall der Berg 
Alunisch, aus krystallinischen Schiefern bestehend. 

Wenn wir die geographische Lage. dieser cretacischen Scholle 
am Innenrande der moldauischen krystallinischen Masse berücksich- 
tigen und von der später entstandenen eruptiven Masse des Caliman- 
gebirges absehen, so liegt die Vermuthung nahe, dass die Kreide- 
schichten von Glodu ursprünglich in einer fjordartigen Vertiefung des 
obereretacischen Meeres am inneren Rande der krystallinischen Masse 
abgelagert wurden. 

Der erste Bericht über die Kreideablagerungen von Glodu datirt 

kaum aus dem Jahre 1888. In seinem Aufnahmsbericht über den 
Distriet Suceava, erwähnt Prof. Gr. Stefanescu bei Glodu „une 
succession de gres bleu blanchätres, d’autres fois bigarres, A inter- 
calations de conglomerats; puis vient une serie de couches de gres 
argileux, de marnes dures, en couches, et surtout en plaquettes de 
differentes couleurs, bleues, rougeätres, les unes noirätres et d’autres 
grises, tachtees de rouge* '). Auf Grund einer irrigen Bestimmung 
der Fossilien schreibt Gr. Stefaneseu diese Ablagerung dem Neocom, 
Gault, Cenoman und Turon zu, ohne etwas Näheres über die Lage- 
rungsverhältnisse dieser verschiedenen Schichten anzugeben. 
Sehr wichtige Kenntnisse über das Alter und die theoretische 
Bedeutung der Kreide von Glodu verdanken wir dem Karpathen- 
geologen Herrn Prof. Vietor Uhlig, welcher diese Gegend im Jahre 
1889 in Begleitung des Prof. Gr. Stefanescu- besucht hat. In seinen 
Arbeiten über die Ostkarpathen erwähnt Uhlig mehrmals die Kreide 
von Glodu und überall finden wir dieselbe Behauptung ausgesprochen, 
dass diese Schichten nur der oberen Kreide ‚angehören. 

Schon im Jahre 1889 macht Uhlig auf die rothen und grauen 
Fleckenmergel mit Inoceramen aus ‘der Nordmoldau aufmerksam: 
„diese Schichten ... . scheinen mir auch desshalb besondere Beach- 
tung zu verdienen, weil sie eine ebenso auffallende petrographische 
Aehnlichkeit mit den. Puchower Mergeln der südlichen Klippenzone 
aufweisen, wie die Exogyrensandsteine der. Ostkarpathen mit den 
Exogyrensandsteinen desselben westkarpathischen Gebietes“ ?). In der 
Arbeit ‘über den pieninischen Klippenzug aus dem Jahre 1890 finden 
wir in Bezug auf Glodu: „über den Exogyrensandsteinen folgt eine 
Wechsellagerung | von dünnschichtigen Sandsteinen mit srünlichen und 


.') Anuarul Biuroului geologic IIT, 1388, pag. 50. 

») V. Uhlig. Vorläufiger Bericht über eine geologische Reise in das Gebiet 
der Goldenen Bistritz. Sitzungsberichte der kais.. Akademie der W ee 
Wien, October 1889. Bd. XCVIII, pag. 15. 


456 Sava Athanasiu. [8] 


röthlichen Schiefern und darüber graue und grünliche Fleckenmergel, 
verbunden mit spärlichen rothen Schiefern, welche zahlreiche Inoce- 
ramen und, als äusserste Seltenheit, Ammoniten enthalten. Es kann 
nicht der geringste Zweifel bestehen, dass die Inoceramenmergel von 
Glodu nichts anderes sind als die Puchower Mergel, die demnach 
mit erstaunlicher Constanz aus dem Waagthale bis in die Moldau ver- 
folgt werden“). Ebenfalls in seiner letzten Arbeit über die Ost- 
karpathen sagt Prof. Uhlig: „Wie im Westen über den Exogyren- 
sandsteinen des Waagthales rothe und weisslich- und grünlich-graue 
Inoceramenmergel, die Puchower Schichten Stur’s liegen, so stellen 
sich auch im Osten in der Marmarosch, in der Moldau und der Buko- 
wina über petrographisch vollkommen gleichartigen Sandsteinen und 
Conglomeraten mit Exogyra columba ebenfalls rothe, grünlich und grau 
gestreifte, oder einfach grünlich-graue Inoceramenmergel ein“ 2), und 
auf der beigegebenen schematischen Karte der Karpathen ist bei 
Glodu „Oberkreide“ („Klippenhülle*) eingezeichnet. Wie wir sehen, 
erwähnt Prof. Uhlig nirgends etwas von Neocom oder Gault bei 
Glodu. 

Auf der rumänischen geologischen Karte aus dem Jahre 1895 
von Gr. Stefanescu?°) ist bei Glodu eine Mulde dargestellt, welche 
in der Mitte aus „oberer Kreide“, am Rande aber aus „unterer 
Kreide“ besteht. 

Im Jahre 1898 habe ich gezeigt, dass nach meinen im Sommer 
1897 bei Glodu durchgeführten Untersuchungen *) die Behauptung von 
Uhlig die einzig richtige ist. Ueber den krystallinischen Schiefern 
folgt überall das unterste Glied der Oberkreide — die Conglomerate 
und Sandsteine mit Kxogyra columba, die stratigraphischen Verhält- 
nisse sind so klar, dass es keinem Zweifel mehr unterliegt, dass die 
Behauptung von Gr. Stefanesceu von der Zugehörigkeit eines 
Theiles dieser Ablagerungen zum Neocom oder Gault auf einer irrigen 
Bestimmung der Fossilien beruht. Im Sommer 1898 habe ich diese 
Gegend aufs neue durchforscht und neues Material gesammelt. Im 
Folgenden will ich die Ergebnisse dıeser Untersuchungen darlegen. 


Stratigraphische Verhältnisse. 


Wie man auf der beigegebenen geologischen Karte sieht, liegen 
die obercretacischen Ablagerungen von Glodu in einer fjordartigen 
Vertiefung am inneren Rande der moldauischen krystallinischen Masse ; 
ihre Unterlage bilden also überall die verschiedenen Gesteine der 
krystallinischen Schiefer: Glimmerschiefer, Serieitschiefer und krystal- 


1) V. Uhlig. Der pieninische Klippenzug. Jahrb. d. k. k. geol R.-A. 1890, 
pag. 784. 

?) V. Uhlig. Ueber die Beziehungen der südlichen: Klippenzone zu den 
Östkarpathen. Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wissensch., Wien 1897. CVI. 
Band, pag. 3. 

°) Charta geologica romänä, Blatt A, III--XXXVI, 1395. 


*) Ueber die Kreideablagerungen bei Glodu. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, 
1898, pag. 81. — Depositele cretacice de la Glodu. Bullet. de la soc. de sc. 
Bucarest 1898. 


5 1) 


[9] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 437 


linische Kalke. Selbst in der Mitte der Kreidescholle, in einigen 
tiefen Einschnitten, z. B. neben der Kirche von Glodu und zwischen 
Dealu Glodu und Dealu Surduc, kommt die krystallinische 
Unterlage zum Vorscheine. In der nördlichen Hälfte auf Dealu 
Catrinarilor sieht man sogar einige Kalkfelsea wie kleine Klippen 
aus der cretacischen Hülle hervorragen. 

Abgesehen von einigen localen Abweichungen stimmt das Streichen 
der Schichten im allgemeinen mit der Längsachse der ceretacischen 
Scholle überein, d.h. NNW—SSO; auf dem Westabhange des Dealu 
Glodu aber streichen die cretacischen Schichten mehr nordöstlich, 
während die Schichten der krystallinischen Unterlage NNW-—-SSO 
gerichtet sind; eine transgredirende Lagerung ist also hier deutlich 


Fig. 3. 


P. Prima- 
varatecului. 
Pieiorul 
Vacaria. 


Piciorul Primavaratecului. 


- nr rue 


NNW. 
1. Glimmerschiefer. — 2. Serieitglimmerschiefer. — 3. Conglomerat. — 
4. Exogyrensandstein. — 5. Wechsellagerung von Sandstein und Mergel. — 


6. Inoceramenmergel. 


zu erkennen. Am Rande der cretacischen Schollen auf den Abhängen 
des Dealu Dragoiasa und D. Glodu fallen die Schichten überall 
gegen die Mittellinie; in deren Mitte aber treffen wir ein mehrmals 
wiederholtes entgegengesetztes Fallen, woraus zu schliessen ist, dass 
diese Schichten wenigstens zwei kleine Antiklinalen zwischen. den 
krystallinischen Schiefern bilden. 

Die stratigraphische Aufeinanderfolge ist überall, wo der ganze 
Schichtencomplex vollkommen aufgeschlossen und vertreten ist, von 
unten nach oben die folgende, wie sich das in der südöstlichen Ecke 
unserer Gegend auf Piciorul Primavaratecului (Fig. 5) sehr deut- 
lich zeigt: 


1. Conglomerate, 
2. Sandsteine mit Exogyra columba, 
3. Wechsellagerung von Sandsteinen und Mergeln, 
4. Mergel mit Inoceramen. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 56 


438 Sava Athanasiu. [10] 


1. Die Conglomerate. Dieselben bilden das unterste Glied 
der Kreide von Glodu und liegen überall, wo sie vertreten sind, 
auf krystallinischem Schiefer im Liegenden der Exogyrensandsteine; 
niemals habe ich sie als Einschaltungen in dem letzteren getroffen. 
Sie sind häufig am Rande der cretacischen Scholle vertreten; gegen 
die Mitte derselben hin gehen sie in einen grobkörnigen Sandstein 
über oder fehlen gänzlich, in welchem Falle der Exogyrensandstein 
unmittelbar auf dem krystallinischen Schiefer liegt. An einigen 
Stellen unter dem Rücken des Dragoiasa erreichen sie kaum eine 
Mächtigkeit von 15 m. Es sind hier röthliche, nicht sehr feste, 
kleinkörnige Quarziteonglomerate. Ein etwas gröberes Gonglomerat, 
aus bis faustgrossen Quarzit- und Glimmerschiefer-Geröllen beste- 
hend, sieht man in dem Bacheinschnitte zwischen Dealu Surduc 
und D. Glodu, und an manchen anderen Stellen auf D. Catrinarilor. 
Am schönsten aber sind die Conglomerate in der südöstlichen Ecke 
der Kreidescholle entwickelt. Hier, ganz am Rande der Kreide, 
auf dem rechten Ufer des Baches Primavaratec (Fig. 5), 
sieht man im Liegenden des Exogyrensandsteins und über dem Serieit- 
und Glimmerschiefer eine bis 4m mächtige Felswand von Conglo- 
meraten, welche aus faust- bis kopfgrossen Quarzitgeröllen und Bruch- 
stücken von krystallinischem Schiefer bestehen. Die Oberfläche des 
krystallinischen Schiefers am Contact mit dem Conglomerat ist stark 
erodirt und bildet häufige, mit Conglomeraten erfüllte Nester. Wir 
haben es also hier mit echten Strandconglomeraten zu thun. Aus 
allen diesen Betrachtungen geht hervor, dass das Conglomerat innig 
mit dem darüberliegenden Exogyrensandstein verbunden ist, also nur 
eine Strandfacies desselben darstellt. Organische Reste habe ich in 
diesem Conglomerate nirgends gefunden; der innige Zusammenhang 
aber, welchen er mit dem Exogyrensandstein aufweist, spricht für 
das cenomane Alter. 


2. Sandsteine mit Kxogyra coiumba. Auf dem Conglomerate 
oder unmittelbar auf den krystallinischen Schiefern liegt das bis 
30 m mächtige Glied ..der Kreide von Glodu, der Exogyrensand- 
stein. Er ist ein harter, bald fein-, bald grobkörniger, in klein- 
körniges Conglomerat übergehender Sandstein. Derselbe hat ein 
kalkiges Bindemittel, ist im frischen Bruche graulich, gelblich oder 
grünlich, auf der verwitterten Oberfläche aber immer schwärzlich 
gefärbt und weich. In Dünnschliffen sieht man spärlich eingestreute 
Glaukonitkörnchen; fast immer in dicken Bänken abgesondert, zeigt 
dieser Sandstein manchmal auch eine auf der Schichtfläche senk- 
rechte Zerklüftung. ‚Sehr schön .entwickelt sieht man den Exogyren- 
sandstein an beiden Rändern der Kreidefläche, d. h. am Abhange 
des D. Dragoiasa und D. Glodu (Fig. 4). Auf der rechten Seite der 
Neagra erreichen die Sandsteine eine überaus grosse Mächtiekeit. 
Die Sandsteinbänke bilden hier eine bis 30 m hohe Wand, welche 
sich, wie eine Festungsmauer, auf hunderte von Metern weiter gegen 
Norden fortsetzt. Diese Felsenscenerie ist in der Localität unter 
dem Namen Pietrele Ciuntului bekannt. Am gegenüberliegenden 
Rande, auf Dealu Glodu, bildet der Exogyrensandstein auf dem 


_ 


[11] Geologische Studien in den nordmoldanischen Karpathen. 439 


rechten Ufer des Baches Pästinäresti ebenfalls steile Felsen, an 
deren Fuss Schutthalden von weichen, schwärzlichen Sandsteinbrocken 
sich befinden. Die Schichten streichen hier ungefähr NO und fallen 
unter 45° gegen NW. Auch in der Mittellinie der Kreidefläche am 
Bache Glodu kommt der Exogyrensandstein in manchen Aufbrüchen 
zum Vorschein, z. B. am Fusse des Dealu Surduc. In der nordwest- 
lichen Hälfte der Kreidescholle, auf Dealu Catrinarilor, habe ich 
nirgends Sandstein mit Exogyren beobachtet; es kommt hier nur 
eine Wechsellagerung von grünlichen, glimmerreichen Sandsteinen 
und grauen und röthlichen Mergeln vor. Aus dem Exogyrensandstein 
habe ich folgende Fossilien gesammelt: 


Fig. 4. 

ee 

an 

o 

. - 

5 E E 

3 3 52 
[e} > & 3 
n, ©) A 3 
En . — 
N r& ja [de 


1. Glimmerschiefer. — 2. Conglomerat. — 3. Exogyrensandstein. — 4. Sandstein 
und Mergel. — 5. Inoceramenmergel. 


Exogyra columba Lam. 

2 cf. conica Sow. 

E lateralis Nilss. 
Östrea Hippopodium Nülss. 
Anomia subtruncata d’Orb. 
Lima pseudocardium Reuss. 

„ semisulcata Nilss. 
Pecten Dujardini A. Römer. 

» ef. inserens Gein. 
Natica Gentii Sow. 
Callianassa antiqua Otto. 
Pyrina inflata d’Orb. 
Serpula granulata Sow. 


Auf Bruchflächen des Exogyrensandsteins sieht man häufig 
Durchschnitte von Echiniden -Tafeln und Stacheln. Chondrites oder 
andere Fucoidenformen habe ich nicht beobachtet. 

Von diesen Formen tritt Exogyra columba überall in dem Sand- 
stein massenhaft auf und bildet manchmal förmliche Muschelbänke, 
welche fast ganz nur aus den Schalen dieser Muschel bestehen, 

56* 


440 Sava Athanasiu. 1 2] 


Die meisten von den andern hier angeführten Formen lassen, was 
ihren Erhaltungszustand betrifft, viel zu- wünschen übrig und sind nur 
in wenigen Exemplaren vorhanden. 

Für das Alter des Exogyrensandsteines von Glodu kommt vor 
allem Kxogyra columba, das verbreitetste Fossil, in Betracht. Schon 
seit lange sind aus dem Waagthale in den Nordkarpathen Sandsteine 
und Coglomerate mit Zxogyra columba, der sogenannte Orlowe- 
Sandstein, bekannt und dem Oenoman zugeschrieben worden, weil 
sie unter dem Öonglomerate von Upohlav mit Hippurites sulcata 
Defr. liegen '). In der Bukowina, im Cibothale, kommt sie zusammen 
mit Acanthoceras Mantelli, einer echten cenomanen Form, vor?). 
Ueberall in den Karpathen, wo solche Sandsteine und Conglomerate 
mit Exogyra columba vorkommen, wurden dieselben überhaupt der 
Cenomanstufe zugeschrieben. Diese Form ist aber nicht nur auf das 
Cenoman beschränkt, sie steigt zuweilen, wie in der böhmischen und 
sächsischen Kreide, auch ins Turon hinauf?). Bei Glodu liegen die 
Exogyrensandsteine überall unter den Inoceramenmergeln, welche, 
wie wir bald sehen werden, der Turonstufe angehören. Es sprechen 
also auch die stratigraphischen Verhältnisse dafür, dass die Exogyren- 
sandsteine und die mit ihnen innig verbundenen Oonglomerate von 
Glodu dem CGenoman angehören. 

Die anderen, aus dem Exogyrensandstein erwähnten Formen 
haben ihre Hauptverbreitung im Cenoman, einige aber reichen auch 
bis ins Turon und selbst ins Senon hinauf. 


3. Wechsellagerung von Sandsteinen und Mergeln. 
Der Uebergang zwischen Exogyrensandstein und den Inoceramen- 
mergeln wird durch eine mächtige Wechsellagerung von meist’ fein- 
körnigen, grauen Sandsteinen und harten, grauen oder röthlichen 
Mergeln gebildet. Diese letzteren erscheinen im unteren Theile in 
dieken Bänken geschichtet; in dem oberen Theile aber herrschen 
dünnschichtige, grünliche und röthliche Mergel vor. Am besten sieht 
man diese Wechsellagerung am linken Ufer der Neagra, zwischen 
Pietrele Ciuntului und der Mündung des Glodubaches (Fig. 4), 
dann auf Piciorul Primavaratee (Fig. 3) und in manchen Aufschlüssen 
im Innern des Glodubeckens. In der nördlichen Hälfte, zwischen 
Catrinar und Paltinisch, ist, wie ich schon erwähnt habe, nur dieses 
stratigraphische Glied vertreten. An Fossilien zeigt es sich sehr arm; 
trotz meiner Aufsuchungen konnte ich in dieser Wechsellagerung nur 
zwei Formen finden, nämlich: Exogyra columba Lam. aus dem Sand- 
stein und /noceramus latus Mant. aus dem Mergel, dann einige un- 
bestimmbare Echiniden. 


') Dionys Stur. Geologische Uebersichtsaufnahme des Wassergebietes 
der Waag und Neutra. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XI, 1860, pag. 87. 


?) L. Szajnocha. Ueber eine cenomane Fauna aus den Karpathen der 
Bukowina. Verhandl. der k. k. geol. R-A. 1890, pag. 87. 
°) Geinitz. Elbethalgebirge. Palaeontogr. X. Bd., I. Th, pag. 181. — 


Hauer. Geolog v. Oesterr., pag. 528. -- E. Tietze. Die geognostischen Ver- 
hältnisse der Gegend von Krakau. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1837, pag. 468. 


[13] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen, 441 


4. Inoceramenmergel. Als oberstes Glied der oberen 
Kreide von Glodu treten endlich meist dünnschichtige, harte, graue, 
srünliche oder röthliche Mergel auf, welche eine grössere Mächtigkeit 
erreichen, als ich ihnen nach meiner ersten Untersuchung in dem 
Profile von Dealu Surduc gegeben habe !). f 

Einzelne Schichten von Sandsteinen erscheinen auch in dieser 
obersten Partie, aber ganz untergeordnet. Die Inoceramenmergel 
bilden in der südlichen Hälfte der Kreidefläche isolirte Lappen und 
krönen gewöhnlich die Erhebungen zwischen den Bacheinrissen des 
Glodugebietes. Ursprünglich haben sie sicher eine ununterbrochene 
Decke im Gebiete des Glodubaches gebildet, deren von der Erosion 
und Abspülung verschonte Reste wir heute vor uns sehen. Man kann sie 
gut beobachten an der Mündung des Glodubaches (Fig. 4), an manchen 
Stellen auf dem Westabhange des Dealu Glodu, z. B. auf Piciorul 
Primavaratee (Fig. 3), ferner auf der rechten. Seite des Baches 


Fig. 5. 
2 = E 
= ‘zn S = ; 
& = 3 E 3 
Ss r - ” (=) 
= . [= | . - 
A a n ja) (<>) 


l. Glimmerschiefer. — 2. Exogyrensandstein. — 3. Inoceramenmergel, 


Pästinaresti und ganz oben auf dem Rücken des Dealu Glodu, 
nördlich vom Ursprunge des obenerwähnten Baches. Die schönsten 
Aufschlüsse sieht man aber auf dem Abhange des Dragoiasa nördlich 
von der Kirche und auf Dealu Surduc (Fig. 5). Hier ist in einer 
mitten durchschnittenen Antiklinale am rechten Ufer des Baches 
Vasileani die vollständige stratigraphische Aufeinanderfolge der 
Kreide von Glodu aufgeschlossen. Im untersten Theile sieht man 
Exogyrensandsteine, dann folgen röthliche und grauliche Mergel mit 
einzelnen Sandsteinlagen, in der obersten Partie endlich herrschen 
dieselben Mergel nur mit zwei oder drei Sandsteinbänken vor. Es 
zeigt sich also hier ein allmäliger Uebergang von dem Exogyren- 
sandstein zu dem Inoceramenmergel. Die Wechsellagerung von Sand- 
steinen und Mergeln, welche wir an manchen Stellen mächtig ent- 
wickelt finden, scheint hier ganz zurückzutreten, so dass wir es auf 


1) Ueber die Kreideablagerungen bei Glodu. Verhandl. der k. k. geol. R.-A. 
1898, pag. 81. 


442 Sava Athanasiu. [14] 


dem Dealu Surduc hauptsächlich nur mit zwei stratigraphischen 
Gliedern: Exogyrensandstein und Inoceramenmergel, zu thun haben. 

Die oberen Mergel von Glodu sind sehr reich an Inoceramen 
und der Name Inoceramenmergel erscheint voll berechtigt. Als Fund- 
stellen für Fossilien sind insbesondere Pie. Primavaratee und der Ost- 
abhang des Dragoiasa, nördlich von der Kirche, zu bezeichnen; hier 
bilden die Mergel eine steile Wand, an derem Fusse grosse Mergel- 
blöcke liegen. 

Die Fossilien, welche ich aus den Inoceramenmergeln Besauutene 
habe, sind folgende: 


Inoceramus labiatus Schloth. 
Brongniarti Sow. 
latus Mant. 
striatus Mant. 

3 Decheni A. Römer. 

r Orispii Mant. 
Pecten Dujardini A.: Römer. 
Cardiaster Italicus d’Orb. 
Micraster gibbus Goldf. 
Lytoceras (Gaudryceras) cfr. mite v. Hauer. 
Ammonites, unbestimmbar. 
Serpula rotula Goldf. 


Die angeführten Arten beweisen zur Genüge, dass die Inoceramen- 
mergel von Glodu der Turonstufe angehören. Die Arten, welche 
auch auf das senone Alter eines Theils dieser Mergel hinweisen 
könnten, sind: Inoc. Orispii und Lytoceras mite. Diese Formen aber 
kommen in denselben Mergelschichten mit /noc. labiatus und Inoc. 
Brongniarti vor, also mit Formen, welche für das Turon höchst 
charakteristisch sind. Auf Grund der palaeontologischen Daten konnte 
man in den u von Glodu von unten nach oben drei 
Zonen unterscheiden: . Zone des Inoc. labiatus, 2. Zone des Inoc. 
Brongniarti und : ah "des Inoe. Orispü. Stratigraphisch aber ist es, 
soweit meine Bu reichen, unmöglich, bei Glodu eine 
Grenze zwischen diesen Zonen zu ziehen. Alle die erwähnten Formen 
stammen nur aus zwei Fundstellen: auf Primavaratee und. aus dem 
erwähnten Einrisse auf Dragoiasa; die Mächtiekeit der Mergelschichten 
an diesen beiden Stellen kann man höchstens auf 10 m schätzen. Auf 
Primavaratec habe ich aus derselben Mergelschichte Inoe. Brongniarti, 
Inoc. labiatus, Inoc. Orispii und Lytoceras mite, also Formen, welche 
in anderen Kreidegebieten den zwei Stufen der oberen Kreide — dem 
Turon und dem Senon — angehören, gesammelt. Auf Dragoiasa habe 
ich aus einem und demselben Mergelblock Inoc. labiatus und Micraster 
gibbus herausgeschlagen. Die Fossilien also, welehe anderwo in ver- 
schiedenen höheren Niveaus der Oberkreide auftreten, kommen bei 
(lodu nebeneinander vor, und die Grenze zwischen Turon und Senon 
scheint ganz verwischt zu sein. 

Dieselbe Mischung der obercretacischen Formen wiederholt sich 
in den Ostkarpathen auch bei Ürmös im Persanyer Gebirge, wovon 


[15] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 443 


c 


Herbich'!) aus einer wenig mächtigen Schichtfolge eine sehr reiche 


Fauna erwähnt hat. Nach der Revision, welche mein Freund Dr. 
J. Simionescu?), an dieser Fauna ceübt hat, kommen in der 
Oberkreide von: Urmös Formen vor, welche, trotz der geringen 
Mächtigkeit der Schichten, aus welchen sie gesammelt wurden, den 
verschiedenen Stufen der Oberkreide, nämlich: dem Cenoman, Turon 
und Senon, angehören. 

Was die Inoceramenmergel von Glodu betrifft, so haben alle 
die angeführten Formen ihre Hauptverbreitung im Turon, nur /noe. 
Crispü und Lytoceras cf. mite deuten auf Senon hin. Wie bekannt, 
ist das Hauptniveau des /noc. Orispii das Senon; in der böhmischen 
und sächsischen Kreide aber nimmt er seinen Ausgangspunkt schon 
im Turon (Mittelquader). Prof. Toula?) hat in den Nordalpen Acan- 
thoceras Mantelli in den Inoceramenschichten gefunden; dieselben 
Inoceramen, die in Senon vorkommen, können also auch in tieferen 
Schichten, im Turon, selbst im Cenoman erscheinen. Was Lytoceras 
mite betrifft, wenn unser Fragment überhaupt dieser Art angehört, 
so kommt diese Species in der Gosaukreide und in Südfrankreich 
ebenfalls im Senon vor; eine scharfe Grenze zwischen Turon und 
Senon ist aber, soviel mir bekannt ist, auch in den Gosaugebilden 
nicht zu ziehen. 


Vergleich der oberen Kreide von Glodu mit gleichalterigen Bildungen 
aus den Karpathen. 


Schon seit lange sind in den Nordkarpatben im Waagthale 
(Com. Trenesen) Sandsteine und Conglomerate mit Exogyra columba, 
die sogenannten Schichten von Orlowe und Praznö bekannt, die 
bereits Dionys Stur zum Cenoman gerechnet hat). Auch in diesen 
Sandsteinen erscheinen, wie bei Glodu, häufig Bänke, die einzig und 
allein aus Exogyra columba bestehen. Ueber den Sandsteinen folgen 
die zum Turon gehörigen Conglomerate von Upohlav mit HAtippurites 
sulcata Defr. und endlich rothe und graue Mergel, die sogenannten 
Schichten von Puchö mit /noceramus Orispü Goldf., welche theilweise 
zum Senon gestellt worden sind; auch hier wechseln einigemale graue 
Sandsteinschiefer mit den Mergeln, wie wir bei Glodu auf Surduc 
gesehen haben. Wie ich im Anfang erwähnt habe, hat Prof. Uhlig 
zuerst die Aehnlichkeit der Schichten von Glodu mit denjenigen aus 
dem Waagthale erkannt. 


!) Fr. Herbich. Ueber Kreidebildungen der siebenbürgischen Ostkarpathen. 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 368. 

2). ER Öbercretacische Fauna von Urmös. Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A. 1899, Nr, 

®) In Uhlig. BTRE"- zur Gliederung karpathischer- Bildungen. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 223. 

#) D. Stur. Geologische Uebersichtsaufnahme des Wassergebietes der Waag 
und Neutra. Jahrb. d k. k. geol. R-A. XI, 1869, pag. 87. — Kurze Uebersicht 
der. geologischen Verhältnisse der Länder der ungarischen Krone. Text zur geo- 
logischen Uebersichtskarte von Ungarn. Budapest 1897, pag, 43—49: 


444 Sava Athanasiu. [16] 


Fr. Herbich!) hat von den siebenbürgischen Ostkarpathen 
bei Urmös am östlichen Abhange des Persanyer Gebirges Kreide- 
ablagerungen beschrieben, welche neben vielen Ammoniten auch 
kExogyra columba, Exogyra lateralis und alle Inoceramenformen 
von Glodu enthalten; dieses letztere Genus ist sowohl an Individuen 
als auch Arten sehr stark vertreten. 

Diese Fauna gehört dem ganzen Complex (der oberen Kreide 
an und weist die grösste Aehnlichkeit mit derjenigen von Glodu auf; 
die Inoceramenformen, ZLytoceras mite und Cardiaster Italicus lassen 
keinen Zweifel darüber bestehen. Selbst die stratigraphische Auf- 
einanderfolge der Schichten ist dieselbe wie bei Glodu, nämlich: 
1. polygene Conglomerate; 2 feine oder grobkörnige Sandsteine und 
3. graue Mergel. Aus den Karpathen der Bukowina, bei der dreifachen 
Landesgrenze zwischen Siebenbürgen, Bukowina und Marmaros (Cibo- 
bache), haben Paul?) und L. Szajnocha?) eisenreiche Sandsteine 
und Siderit mit Exogyra columba, Alectryonia earinata, Acanthoceras 
Mantelli und anderen cenomanen Formen beschrieben. Auch aus der 
Marmaros sind von Zapalowicz*) obercretacische Bildungen mit 
Exogyra columba und Inoceramus striatus beschrieben worden. 

In allen diesen Gebieten der Ostkarpathen, d. h. im Persanyer 
Gebirge, der Nordmoldau, der Bukowina und der Marmaros, hat die 
Fauna denselben Charakter, d. h. den Typus der böhmisch-sächsischen 
Kreide. Ganz anders gestaltet sich die obercretacische Fauna im 
westlichen Grenzgebirge Siebenbürgens und in den Südkarpathen. In 
diesen letzteren Gebieten, in den Comitaten Szilägy und Bihar, 
und im Oltuthal enthalten die Schichten der oberen Kreide zahlreiche 
Rudisten, Actaeonella ete., kurz eine Fauna, welche in Ganzem 
betrachtet jener der Gosaukreide entspricht 5). 

Am Aussenrande der Karpathen finden wir das nächste Aequi- 
valent der Inoceramenmergel von Glodu in den Inoceramenschichten 
der Flyschzone, in den sogenannten Ropiankaschichten der West- 
und Ostkarpathen. Wie bekannt, stellen sich die Inoceramen als die 
charakteristischen Fossilien der obereretacischen Flyschfacies dar. 
Schon im Jahre 1882 haben Walter und Dunikowski in den 
Ropiankaschichten Westgaliziens, in der Umgebung von Przemysl, Inoec. 
Crispit Mant., Inoc. Brongniarti Sow., Inoc. Haueri Zugm. und Inoe. 
concentricus? Sow. (wahrscheinlich /noc. labiatus) erwähnt, woraus die 
beiden Geologen auf obereretacisches Alter der betreffenden, früher 


!) Fr. Herbich, a. a. O. Verhandl. d. k k. geol. R.-A. 1886, pag. 368. 

?) C. M. Paul. Geologie der Bukowina. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1876, 
pag. 322. 

®) L. Szajnocha, a. a. OÖ. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 87. 

‘) H.Zapalowiez. Eine geologische Skizze der Marmaroser Grenzkarpathen. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1896. pag. 504. 

°) Karl Hofmann. Bericht über die im östlichen Theile des Szilägyer 
Comitates vollführten geologischen Specialaufnahmen. Földtani közlöny 1879, 
pag. 231. — Text zur geologischen Uebersichtskarte von Ungarn. 1897, pag. 63. 
— Fr. Baron Nopcesa. Vorläufiger Bericht über das Auftreten von oberer Kreide 
im Hätszeger Thale. Verhandl. d.k.k geol. R.-A. 1897, pag. 273. — K. A. Redlich. 
Geologische Studien im Gebiete des Olt- und Oltetzthales in Rumänien. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1899, Heft 1. 


[17] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 445 


von Paul und Tietze als Neocom betrachteten Schichten geschlossen 
haben!). Auch in den Ropiaukaschichten Ostgaliziens haben Olszewsk y 
und andere Geologen Inoceramen gefunden. Nach Prof. Uhlig gehören 
die Ropianka- und die Inoceramenschichten Westgaliziens überhaupt 
dem Senon an, diejenigen Ostgaliziens aber scheinen einem tieferen 
Niveau, dem Turon oder vielleicht selbst dem Cenoman anzugehören 2). 
Weiter südlich in der Flyschzone der Bukowina sind bis jetzt Ropianka- 
schichten mit Inoceramen nicht gefunden worden, doch zweifelt Uhlig 
nicht, dass sie in einzelnen Aufbrüchen ebenso aus den Paleogen her- 
vortreten wie in Galizien, und in der That findet sich im Südosten 
der Bukowina eine Zone von Schiefern und Sandsteinen, welche die 
petrographische Beschaffenheit der obereretacischen Ropiankaschichten 
Galiziens zeigen ?). 

Was die nordmoldauische Flyschzone betrifft, so habe ich ge- 
zeigt *), dass die mächtigen Conglomerate mit Blöcken von Requienien- 
kalk und die darüberliegenden Sandsteine und Mergel mit Ammoniten- 
spuren auf dem Stanisoara-Bergzuge der oberen Kreide angehören. 

Weiter südlich in der Flyschzone der moldauischen Karpathen 
sind bis jetzt obercretacische Bildungen nicht mit Bestimmtheit nach- 
gewiesen worden. Herbich erwähnt, dass an der moldauisch-sieben- 
bürgischen Grenze im Uz-, Ghimesch- und Oituzthale Inoceramen 
vorkommen, und obwohl diese Formen nicht näher bestimmbar sind, 
parallelisirt er den von ihm benannten Uzersandstein mit dem 


galizischen Jamnasandstein und mit dem Horizonte der sandigen 


Mergel von Urmös°®). Aus dem Gesagten geht hervor, dass auch in 
der Fiyschzone auf der Aussenseite der West- und OÖstkarpathen die 
Exogyrensandsteine, Conglomerate und die Inoceramenmergel von 
slodu ihre Aequivalente haben. 

Bemerkenswert ist die Thatsache, dass, soviel bis jetzt bekannt 
ist, das Turon in den rumänischen Südkarpathen nicht nachgewiesen 
wurde, während das Cenoman und das Senon mächtig entwickelt 
sind 6). Trotzdem kann man nicht behaupten, dass hier eine Lücke 
in der Entwicklung der oberen Kreide vorhanden ist. Eine nähere 
Untersuchung der mächtigen Schichtfolge von Mergeln und Sand- 
steinen, welche in diesem Gebiete zwischen Cenoman und Senon 
liegen, wird sicher auch das Vorhandensein des Turon ergeben. In 
den Nord- und Ostkarpathen und in der polnischen Kreide sind 
Cenoman und Turon fast immer miteinander verbunden und es liegt 
kein Grund vor, dass in den Südkarpathen zur Zeit der oberen 


!) Geologischer Bau des Naphtadistrictes der westgalizischen Karpathen. 
Lemberg 1882 (polnisch). In Uhlig. Beiträge zur Geologie der westgalizischen 
Karpathen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1683, pag. 453, 454. 

2) V. Uhlig. Bemerkungen zur Gliederung karpathischer Bildungen. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1894 pag. 223. 

>) V, Uhlig. Op. cit. 1894 unter dem Titel „Die Verhältnisse der Bukowina“. 

4) Geologische Beobachtungen in den nordmoldauischen Karpathen. Ver- 
handl. der k. k. geol. R.-A. 1899, Nr. 5 

5) Herbich, a. a. O. Verhandl, d. k. k. geol. R.-A. 1886, pag. 374. 

6) Popovici-Hatzeg. Etude geologique des environs de Cämpulung. 
These. Paris. 1898, pag. 108-126. — K. Redlich. Op. eit. Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1899. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (8. Athanasiu.) 57 


446 Sava Athanasiu. [18] 


Kreide andere Verhältnisse geherrscht haben. Ausserdem ist in 
Dobrodgea und im nordöstlichen Serbien das Turon nachgewiesen 
worden ?). 

Die faunistische Verwandtschaft zwischen der oberen Kreide 
der Ostkarpathen und jener der polnisch-podolischen Platte wurde 
von den galizischen Geologen mehrmals betont. L. Szajnocha?) 
hat darauf hingewiesen, dass in der podolischen Kreide bei Przewtoka 
an der Strypa (Seredthale) von Zareczny Acanthoceras Mantells und 
Alectryonia carinata gefunden worden ist, also dieselben Formen wie 
in der Bukowina am Cibobache. In der oberen Kreide aus der 
Umgebung von Krakau kommen conglomeratische Bildungen mit 
Exogyra columba und Mergel mit Inoceramus labiatus, Inoc. Brongniartı, 
Inoc. Crispü, Micraster cor testudinarum und Mier. gibbus vor ?), also 
eine Fauna von demselben Typus wie bei Glodu. 

Die Inoceramenschichten Westgaliziens setzen sich gegen Westen 
in den Karpathen bis in den Wienerwald und von hier noch weiter 
gegen Westen in die Flyschzone der Ostalpen im Muntigler 
Flysch Oberösterreichs und Salzburgs fort ®). 

Eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den Inoceramenschichten 
des karpathischen Flysch und zwischen dem oberitalienischen Flysch 
in der Facies der sogenannten „argille scagliose“ hat man seit 
langem erkannt’); auch hier, wie in den Karpathen, stellen sich 
die Inoceramen als charakteristische Fossilien der obercretacischen 
Flyschfacies dar. Die Echinidenform Infulaster aus der „Scaglia“, 
welche dem Cardiaster Italicus aus dem Inoceramenmergel von Glodu 
sehr nahe steht, scheint diese Aehnlichkeit noch mehr zu bekräftigen. 

Nun soll eine andere Frage von grösster Wichtigkeit für die 
geologische Vergangenheit des grossen alten Gebirgskerns der Ost- 
karpathen, oder, wie Prof. Uhlig ihn benannt hat, der grossen ost- 
karpathischen Klippe erörtert werden. Was für ein Verhältnis zwischen 
Land und Meer bestand im Bereich der Ostkarpathen zur Zeit der 
oberen Kreide? Von wo kam der schmale Meeresarm von Glodu am 
Innenrande dieser alten Masse her? Diese Frage hat Prof. Uhlig®) 
gelöst. Die faunistische Aehnlichkeit der obercretacischen Bildungen 
auf der Innenseite der Ostkarpathen (Persany, Glodu, Bukowina) mit 
denjenigen auf der Aussenseite der Karpathen und mit der böhmisch- 
sächsischen und polnisch-podolischen Kreide zeigt uns, dass das 


‘) E Tietze. Auffindungen von Neocom und Turon im nordöstlichen 
Serbien. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1870, pag. 324. — V. Anastasiu. 
Terrains secondaires. Dobrodgea. These. Paris 1898, pag. 114. 

°?) L. Szajnocha, a. a. O. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1890, pag. 88. 

°, E. Tietze. Geognostische Verhältnisse der Gegend von Krakau. Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1887, pag. 468. 


*) Paul. Der Wienerwald. Ein Beitrag zur Kenntnis der nordalpinen Flysch- 
bildungen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1898, pag. 174. 


°) V. Uhlig. Beiträge zur Geologie der westgalizischen Karpathen, Jabrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1883, pag. 453. — Stur. Eine flüchtige, die Inoceramen- 
schichten des Wienersandsteins betreffende Studienreise nach Italien. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1889, pag. 445. 


DW. Uhlig. Ueber die Beziehungen der südlichen Klippenzone zu den 
Ostkarpathen. Sitzungsber. der Akad. d. Wiss. Wien, CVI. Bd., 1897, pag. 3—6. 


er ee 


_ De 
BR - 


[19] Geologische Studien in den nordmoldanischen Karpathen 447 


Kreidemeer am Innenrande der Ostkarpathen mit demjenigen am 
Aussenrande in Verbindung stand. Fine zusammenhängende Ueber- 
deckung der ostkarpathischen Klippe durch das Kreidemeer ist 
wenigstens für die moldauische Masse ausgeschlossen, da man nirgends 
auf dieser alten Masse obercretacische Schollen, als diejenige von 
Glodu am Innenrande, findet. Die Verbindung geschah, wie Uhlig 
gezeigt hat, durch einen schmalen Arm in der Gegend nördlich von 
Kirlibaba über den Luczinaberg. Hier, am Ursprungsgebiete des 
Kirlibababaches, erscheinen unten Exogyrenconglomerate und massige 
Sandsteine, oben ein grauer oder grünlich-grauer, plattiger Mergel- 
schiefer, der hier wohl die Inoceramenschichten vertritt. 

Dieser obercretacische Streifen greift über das krystallinische 
Grundgebirge und von Luczina kann man ihn ununterbrochen am 
Aussenrande der alten Masse bis in die Gegend östlich von Kimpolung 
verfolgen. Wir haben es also hier mit einer Transgression des ober- 
cretacischen Meeres von der Aussenseite der ostkarpathischen Klippe 
gegen das Innere zu thun. 


Die Kreidefossilien von Glodu. 


Die Fossilien, welche ich aus dem Exogyrensandstein und aus 
den Inoceramenmergeln von Glodu angeführt habe, liegen meist nur 
in wenigen Exemplaren vor und lassen, was ihren Erhaltungszustand 
betrifft, viel zu wünschen übrig. Um eine Öontrole zu erleichtern, 
wird es nothwendig sein, jede Form mit der Angabe der betreffenden 
Abbildungen zu begleiten. Was das geologische Vorkommen betrifft, 
habe ich mich vor allem auf die Karpathen und die böhmsich-deutsche 
Kreide beschränkt. 


Exogyra columba Lam. 


A. Goldfuss. Petrefacta Germaniae. Il. Th., pag. 32, Taf. LXXXVIL, 
Fig. 9. 
Geinitz. Das Elbthalgebirge. Palaeont. XX. Bd., I Th., pag. 131, 
Taf. 40, Fig. 4—7. - 
Einige Exemplare erreichen eine Länge von 7 cm und eine 
ebenso grosse Breite; man könnte diese Form als Ex. columba var. 
gigas der französischen Autoren bezeichnen. Andere Exemplare sind 
ganz kleine Jugendformen. Der Wirbel ist mehr oder weniger um- 
gebogen. Die Schale ist glatt oder zeigt feine Anwachslinien. 
Tritt überall massenhaft, manchmal förmliche Bänke bildend, 
in den Exogyrensandsteinen auf. 


kExogyra cf. conica Sow, 


Drei grosse Exemplare weisen eine gewisse Aehnlichkeit mit 
dieser Form auf. Die grosse Schale fällt von dem Rücken nach 
vorne ganz allmälig ab, und der Wirbel ist fast in derselben Ebene 
umgebogen, wie bei Ex. conica, der Kiel auf dem Rücken ist aber 
nicht so ausgesprochen wie bei dieser Art. 

57* 


448 Sava Athanasiu. [20] 


wogyra (Ostrea) lateralis Nelss. 
A. Goldfuss. Op. eit., pag. 23, Taf. 82, Fig. 1. 
Geinitz. Op. cit., H. Th, pag. 179, Taf. 8, Fig. 17, 


Kleine Exemplare. Kommt nicht so häufig vor; reicht vom 
Cenoman (unterer Quadersandstein) bis ins Senon. 


Ostrea Hippopodium Nilss. 
A. Goldfuss. Op. eit., pag. 21, Taf. 81, Fig. Ih. 


Einige grosse, obere Schalen. Häufig im Uenoman, reich aber 
auch bis ins Senon hinauf. 


Anomia subtruncata d’Orb. +lnataas 
Geinitz. Das Elbthalgebirge. II. Th., pag. 30, Taf. 8, Fig. 22 u. 23. 


Eine kleine, fast kreisrunde, kaum 5 mm erosse, auf einer 
Östrea-Schale aufgewachsene Jugendform. Die Schale ist sehr flach 
gewölbt und am Schlossrande etwas abgestutzt. Der kleine Wirbel 
liegt in der Mitte des Schlossrandes.. Kommt im Cenoman: und. 
Turon vor. 


Lima pseudocardium Reuss. 
Geinitz. Op. eit., I. Th., Taf. 42, Fig. 14—15. 
Ein einziges Exemplar; kommt im Cenoman vor. 


Lima semisulcata Nilss. 
Geinitz. Op. cit.,. 1. Th., pag. 53, Lat, 16. Po az 


Eine kleine, 13 mm lange Form. Die Schale länglich, och 
gewölbt. Der Wirbel etwas stärker nach links umgebaBeR als die 
Abbildung zeigt. Kommt im Turon und Senon vor. . 


Peceten Dujardini A. Römer. 


Geinitz.Op.,cit.,. 1. Ih.; Taf 10, :Kı.20 1% 


Ferd. Römer. se von Oberschlesien. Taf. 29, Fig. 2 und 
Tal. 3T.3kje..5 


Kommt im Cenoman und Turon vor; bei Glodu im BR 
sandstein und auch im Inoceramenmergel. 


Pecten cf. inserens Gein. 
Geinitz. Op. eit., 1.. Th. Taf. 44, Fig. 7 
Ein Exemplar. Kommt im Cenoman vor. 


iur 


[21] Geologische Studien in den nördmoldauischen Karpathen. 449 


Inoceramus labiatus. Schloth. — Inoe., inytiloides Mant. 7 St. 


- Geinitz. Das Elbthalgebirge. II. Th., Taf. 12. 


Die Beschreibungen und Abbildungen stimmen in allen Büchern 
überein; wie Schlüter bemerkt, gehört diese Species zu den 
wenigen Inoceramen, an die sich wohl, kaum . jemals ein Zweifel 
geknüpft hat. Die ovale, zungenförmige Gestalt, die deutliche Biegung 
der Schale.nach hinten, die gerundete und stärker 'gewölbte. vordere 
Seite unterscheidet diese Art leicht von allen anderen. Ein junges 
Individuum mit feinen concentrischen Streifen zeigt auch eine gewisse 
Aehnliehkeit mit den Abbildungen von’ /noceramus coneentiicus Park 
aus dem Gault (X’Orbigny, Terr. eret.,: pl. 404, und Goldfuss, 
Petref. Gerin., Taf. 109, Fig. 8). Eine solche Form ist wahrscheinlich 
der: Jnoc. labiatus, welchen Gr. Stefaneseu mit dem Inoe. con- 
eentrieus verwechselt und ‘daraus auf die Anwesenheit des Gault 
bei: Glodu geschlössen hat; übrigens erwähnt Stefanescu bei 
Glodu auch’ Inoe. mytiloides. Wie. allgemein bekannt, ist diese Art 
das gemeinste ‚und verbreitetste Fossil im Turon, und zwar ist es 
auf. das Unter-Turon beschränkt. Kommt. im 'Persany und ‘nach 
Zareczny in: dem: Unter-Turon der Umgebung von Krakau vor. 


Inoc. latus Mant. 6 St. 


Geinitz. Op. eit., H. Th, Taf. 13, Fig. 5, pag. 45. 
Ferd. Römer. Geologie von Oberschlesien. Taf., 34, Fig. 12. 

Nach Schlüter (Palaeontogr., 24. Bd., pag. 260) ist diese Art 
nicht gut begrenzt, indem von manchen ‘Autoren Formen, welche 
dem Inoec.: orbieularis aus dem Cenoman und dem .Inoc. planus Münst. 
aus dem Senon ‘angehören, unter dem Namen /noc. latus beschrieben 
würden. Meine Exemplare gehören ‚den beiden ‚Abänderungen, der 
sehmalen 'und ‚der breiten. Varietät bei Geinitz, an. Eine grosse, 
flache, sehr breite Schale zeigt auch eine gewisse Aehnlichkeit mit 
der Abbildung von Inoc. planus Münst. bei Goldfuss (Petref. Germ. 
II, Taf. 113, Fig. 1b); Geinitz aber stellt in Frage, ob Inoe. 
planus bei Goldfuss nicht .Inoc. latus, breite Varietät, wäre. 

Inoc.. latus kommt sehr häufig im mittleren Turon (Scaphiten- 
Pläner) vor. 3 | 


Inoc. Brongniarti Sow 4 St. 
Geinitz..Op. eit., IL Th., Taf, 11, pag 44. 
Schlüter. ‚Palaeontogr. 24 Bd., pag. 263. 


Ein grosses Bruchstück mit wellenförmig gebögener Schale 
und sehr dicken, faserigen Schichten stimmt mit den Abbildungen 
überein. Die anderen, fast vollständig erhaltenen, kleineren Schalen 
sind hochgewölbt, mit breiten Runzeln und regelmässigen Streifen 
bedeckt; sie stimmen. mit ‚der Abbildung von Inoc. striatus, Mant. 
in d’Orbigny (Terr. eret., pl. 405, Fig. 2) überein. Nach der 


450 Sava Athanasiu. [22] 


Beschreibung aber bei Schlüter gehören diese Formen ebenfalls 
dem Inoc. Brongniarti an. Wie bekannt, ist diese Art auf das Turon 
beschränkt, und zwar auf einen höheren Horizont als /noc. labiatus ° 
(Brongniarti-Pläner). 


Inoc. striatus Mant. 20 St. 


Geinitz. Das Elbthalgebirge. II. Th., pag. 41, Taf. 13, und I. Th., 
Taf. 46. 


Schlüter. Palaeontogr. 24. Bd., pag. 257 u. 265. 


Die grösste Zahl der Inoceramen von Glodu gehören dieser 
Formengruppe an. Die Oberfläche der Schale ist bei allen mit 
kantigen Runzeln bedeckt, die allgemeine Gestalt ist aber .bei den 
einzelnen Individuen ziemlich verschieden; es kommen breitere und 
schmälere und mehr oder weniger hochgewölbte Formen vor. Auch 
diese Art ist nicht gut begrenzt. Nach Schlüter ist es sehr 
unsicher, was unter dem Namen /noc. striatus Mant. zu verstehen 
sei, da dieser Name von d’Orbigny, Goldfuss etc. für sehr 
verschiedene Formen beansprucht worden ist. Ein Individuum stimmt 
vollständig mit dem von Goldfuss (Petref. Germ., Taf. 112, Fig. 2) 
unter dem Namen Inoc. striatus abgebildeten Exemplare überein. 
Diese Form aber ist nach Schlüter Jnoc. inaequivalvis Schlüt. aus 
dem Turon. Einige hochgewölbte Individuen könnte man bei der 
jetzigen Tendenz, neue Arten aufzustellen, als besondere Formen 
betrachten !); man beobachtet aber einen allmäligen Uebergang von 
den kleinen, weniger gewölbten, mit feinen concentrischen Streifen 
bedeckten Jugendformen zu den grösseren, hochgewölbten Individuen. 
In der Begrenzung, welche Geinitz dieser Art gegeben hat, ist 
Inoc. striatus nicht auf einen bestimmten Horizont der oberen Kreide 
beschränkt; in der böhmisch-sächsischen Kreide hat er seine Haupt- 
verbreitung im Cenoman, kommt aber auch im Turon vor, Bei Glodu 
habe ich ihn nur in den Inoceramenmergeln getroffen. 


Inoc. Decheni A. Römer. 3 St. 


A. Römer. Die Versteinerung des norddeutschen Kreidegebirges, 
pag. 60, Taf. 8, Fig. 10. 


Schlüter. Palaeontogr. Bd. 24, pag. 284. 


Die stark gewölbten, mit schmalem Rücken versehenen Schalen. 
stimmen am besten mit der Abbildung und der Beschreibung von 
Inoc. Decheni. Nach Schlüter kommt diese Art im Emscher Mergel 
Westphalens, also im obersten Turon, vor. Auch im Persanyer Ge- 
birge ist sie von Herbich erwähnt worden. 


naP an seiner Arbeit über die obercretacische Fauna von Ürmös, hat 
Simionescu einige von diesen hochgewölbten Inoceramenformen als Gruppe des 
Inoc. globatus abgegrenzt. 


I 


[23] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 451 


Inoe. crispri Mant. 


Zittel. Die Bivalven der Gosaugebilde. Denkschr. d. Akad. d. Wiss., 
XXV. Bd., Taf. 15, Fig. 2—4. 


Es liegt nur ein einziges, vollständig erhaltenes Exemplar vor; 
die anderen sind nur in Bruchstücken vorhanden. Dieselben sind stets 
kleine Individuen, welche am besten mit den Abbildungen von Inoe. 
erispü bei Zittel, Geinitz (Op. eit. II., Taf. 13, Fig. 11—15) und 
Ferd. Römer (Geolog. v. Oberschlesien, Taf. 39, Fig. 9) überein- 
stimmen. Wie bekannt, ist das Hauptniveau dieser sehr verbreiteten 
Art das Senon; in der böhm.-sächsischen Kreide aber nimmt sie 
ihren Ausgangspunkt schon im Turon. 


Natica Gentii Sow. 1 St. 
Geinitz. Op. cit. I, Taf. 54, Fig. 16; II, Taf. 29, Fig. 12 —14. 


Ein kleines, zusammengedrückes Exemplar, aus drei rundge- 
wölbten Umgängen bestehend. Bei Glodu im Exogyrensandstein, 
in der deutschen Kreide im Cenoman und Turon. 


Lytoceras (Gaudryceras) cf. mite v. Hauer. 


1866. Amm. mitis. v. Hauer. Neue Cephalopoden aus den Gosau- 
gebilden der Alpen. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, 
53. Bd., pag. 6, Taf. II, Fig. 3—4. 


Diese Art ist durch ein einzelnes kleines Bruchstück vertreten. 
Es ist ausgezeichnet durch einen elliptischen Querschnitt und zahl- 
reiche S-förmige Streifen, welche nicht alle bis an den Nabelrand 
reichen. Zwischen diesen Streifen befinden sich in verschiedenen 
Abständen je zwei stärkere, durch vier Streifen getrennte Rippen. 
Kommt in der Gosaukreide, im Senon von Süd-Frankreich und im 
Persanyer Gebirge vor. 

Ich habe diese Art zuerst als eine Form aus der Gruppe des 
Lytoceras sacya Forbes betrachtet, welche auch von Prof. Uhlig in 
den Inoceramenmergeln von Glodu erwähnt wurde. In der That steht 
sie der Beschreibung und Abbildung von Lytoceras sacya aus der 
Kreideformation von Hokkaidö ziemlich nahe. (K. Jimbö: Beiträge 
zur Kenntniss der Fauna der Kreideformation von Hokkaidö [Japan]. 
Palaeontol. Abhandl., VI. Bd. 1892 —18396, pag. 180, Taf. XXII, Fig. 1). 
Der Vergleich mit besser erhaltenen Exemplaren von Urmös, welche 
Simionescu als Lytoceras mite bestimmt hat, zeigte aber, dass mein 
Exemplar auch dieser Art sehr nahe steht. 


Ammontites. 


Ein Fragment eines grossen Ammoniten. Die Oberfläche trägt 
entfernte Rippen, welche auf dem Rücken eine Biegung nach vorne 
zeigen. Der Erhaltungszustand erlaubt nicht einmal eine generische 
Bestimmung. 


452 Sava Athanasiu [24] 


Callianassa antigua Otto. 
Geinitz. Op. eit. I, Taf. 64, Fig. 1—8. 
Scheren in grosser Anzahl in dem Exogyrensandstein von Pietrele 
Ciuntului. Vorkommen: Cenoman und Turon. 


Pyrina inflata d’Orb. 
Geinitz. I."Th.; Taf.”19, Fig. 2,.pag. "30: 
Ein kleines, ziemlich gut erhaltenes Exemplar; stimmt voll- 


ständig mit der von Geinitz gegebenen Abbildung aus dem sächsi- 
schen Cenoman. Bei Glodu im Exogyrensandstein. 


Cardiaster Italicus d’Orb. 

D’Orbigny. Terr. cret. Vol. VI, pag. 142, Taf. 831, Fig. 1—-5. 

Diese Art ist durch ein einzelnes, nicht vollständig erhaltenes 
Exemplar vertreten; der Vergleich mit gut erhaltenen Exemplaren 
von Urmös, welche nach der Bestimmung von Dr. J. Simioneseu 
dem Card. Italicus sehr nahe stehen, hinterlässt keinen Zweifel mehr, 
dass die betreffende Form dieser Art angehört. Wie ich in den 
Sammlungen der Wiener Museen gesehen habe, stimmt diese Form 
auch mit der unter dem Namen Infulaster aus der „Scaglia“ be- 
zeichneten Form vollständig überein. 

Kommt in scaglia, in "Vieentin vor. 


Micraster gibbus Goldf. sp. 
Goldfuss. Petref. Germ. Taf. 48, Fig. 4. | 
Ferd. Römer. Geolog. v. Oberschlesien. Taf. 39, Fig. 2. 


Ein ziemlich gut erhaltenes Exemplar. Die Schale ist herzförmig, 
nach vorn erweitert, nach hinten verengt und an ihrem Ende gerade 
abgestutzt. Die obere Fläche ist nach hinten gekielt und der Scheitel 
erscheint sehr erhöht. Ein Theil der Schalenschicht ist abgebrochen, 
so dass die Ambulacren nicht alle sichtbar sind. Es zeigt sich aber 
deutlich, dass diese Ambulacren petaloid sind, die betreffende Form 
aleo nicht zu Cardiaster gehört. Das vordere Amb. ist in einer etwas 
tieferen, gerundet begrenzten Furche gelegen. After marginal. Diese 
Art ist sehr verbreitet im Turon der schlesischen und polnischen 
Kreide. Bei Glodu habe ich diese Form aus derselben Mergelschicht 
mit I/noc. labiatus herausgeschlagen. Bekanntlich ist diese Art nach 
vielen Autoren als eine Varietät des Mier. cortestudinarum zu be- 
trachten. | 


Serpula rotula Goldf. 
Goldf. Petref. Germ. I, Taf. 70, Fig. 7. 
Geinitz. Serpula Gamigensis. Op. eit. 1, Taf. 63, Fig. 19—21. 
Eine kleine, kaum 5 mm im Durchmesser betragende, schnecken= 


förmige, in einer Ebene gewundene Form. Auf dem vorerwähnten 
Ammonitenstück aufgewachsen. 


[25] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 453 


Schluss. 


Aus allen bis jetzt bekannten Thatsachen geht hervor, dass 
in den Kreideablagerungen von Glodu zwei Abtheilungen zu unter- 
scheiden sind: 


l. Cenoman, welchem die Conglomerate und die Sandsteine 
mit Exogyra columba angehören. 


2. Turon, durch die Inoceramenmergel vertreten, in welchen 
wir auf Grund palaeontologischer Daten drei Zonen unterscheiden 
könnten: a) Zone des /noceramus labiatus, Inoc. latus und Micraster 
gibbus; b) Zone des /noc. Brogniarti, Inoc. striatus und Inoc. Decheni ; 
c) Zone des /noc. Crispii und Lytoceras mite, welche vielleicht schon 
auf Untersenon hindeuten. 


Was das Alter der zwischen diese beiden Stufen eingeschalteten 
Wechsellagerung von Sandsteinen und Mergeln betrifft, habe ich schon 
erwähnt, dass sie nur als ein petrographischer Uebergang zwischen 
dem Exogyrensandstein und dem Inoceramenmergel anzusehen sind; 
manchmal, wie z. B. auf Surduc, tritt sie ganz zurück und die 
Mergel mit Inoceramen kommen fast in Berührung mit den Exogyren- 
sandsteinen. Auch die zwei Formen: ZKxogyra columba und Inoe. 
latus, welche ich aus dieser Wechsellagerung erwähnt habe, sprechen 
für diese Mittelstellung zwischen Cenoman und Turon. Von Neocom 
cder Gault, wie Gr. Stefanescu auf Grund einer irrigen Bestimmung 
der Fossilien angenommen und auf der geologischen Karte (1895) 
bei Glodu eingetragen hat, kann nicht mehr die Rede sein. 

Der Charakter der Fauna ist nach dem Typus der böhmisch- 
sächsischen und der polnischen Kreide ausgestaltet, was auf eine 
Verbindung des ausserkarpathischen Kreidemeeres mit jenem an. der 
Innenseite der Ostkarpathen hinweist. Im westlichen Grenzgebirge 
Siebenbürgens (Comit. Szilägy und Bihar) und in den Südkarpathen 
treten Kreidebildungen von dem Charakter der Gosaukreide auf, die 
wahrscheinlich durch wärmere Temperatur des Meeres bedingt waren. 
Wo lag die Grenze für diese zwei klimatisch verschiedenen Theile 
des Oberkreidemeeres’? 


Trachyttuffe. 


Am Westrande unseres Gebietes zwischen den krystallinischen 
Schiefern des Dealu Paltinisch und der andesitischen Masse des 
Calimangebirges tritt ein schmaler Streifen von Trachyttuff auf, 
welcher von dem Grenzbach Dragoiasa mitten durchschnitten wird. 
Auf moldauischer Seite erreichen die Trachyte nur eine geringe 
Mächtigkeit und liegen auf dem Glimmerschiefer und dem krystal- 
linischen Kalk des westlichen Abhanges des Virful Paltinischului; 
auf der siebenbürgischen Seite aber bilden sie einen rundlichen Hügel, 
Piciorul Burla genannt, zwischen dem Dragoiasa- und Tom- 
natecubach, und erreichen hier eine Mächtigkeit von wenigstens 
100 m. Gegen Norden, zwischen Piciorul Corganului und 
Deluganu verschwinden die Trachyte unter den mächtigen Andesit- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 58 


454 Sava Athanasiu. [26] 


decken des Calimangebirges. Das Profil (Fig. 6) zeigt die Lagerungs- 
verhältnisse zwischen Andesiten und Trachyten, und gibt uns einen 
Beweis, dass die Trachyte älter als die Andesite sind. 

Ein anderes, ganz kleines Trachyt-Vorkommen sieht man am 
Ostrande des Glodugebietes, auf dem Rücken des Dealu Glodu. 

An diesen beiden Stellen treten die Trachyte als Trachyttuff 
auf, in welchem zahlreiche Bruchstücke oder Blöcke von Trachytlava 
eingeschlossen sind. In den kleinen Aufschlüssen, welche sich auf 
moldauischer Seite befinden, sieht man nirgends grosse Trachytfelsen, 
sondern nur im allgemeinen weiche, meist deutlich geschichtete 
Trachyttuffe. 


Die petrographischen Charaktere dieser Gesteine sind folgende: 


Trachytlava aus dem Trachyttuff des Dragoiasabaches. 


Das Gestein ist weisslich-grau, ziemlich hart, porös, rauh, kurz 
von sehr deutlichem trachytischen Habitus. In der Grundmasse liegen 
zahlreiche sechsseitige Biotittäfelchen und kleine glasige Feldspath- 


Fig. 6. 
Deluganu. Paltinisch. 


1. Glimmerschiefer. — 2. Krystallinischer Kalk. — 3. Trachyttuff. — 4. Pyroxen- 
Andesit. — db = Bruchlinie. 


krystalle; die grösseren Sanidinkrystalle sind meist ganz in Kaolin 
umgewandelt; es bleiben in solchen Fällen in der Grundmasse Hohl- 
räume, welche entweder leer sind und sehr deutlich die Umrisse des 
verschwundenen Krystalls zeigen, oder noch mit Kaolinpulver erfüllt 
sind. U.d. M. sieht man, dass die Grundmasse der Hauptsache nach 
aus einem Aggregat von Feldspathkörnchen und Feldspathkrystallen, 
fast durchwegs in quadratischen oder kurz rectangulären Durch- 
schnitten besteht, seltener in langen und schmalen Leistchen. Diese 
Feldspath-Durchschnitte der Grundmasse sind entweder einfache oder 
nur aus zwei Individuen zusammengesetzte Krystalle und gehören 
zum grössten Theile dem Sanidin an; einige von den länglichen 
Leistehen mit kleinen Auslöschungswerten deuten auf den Oligoklas 
hin. Neben diesem farblosen Feldspathaggregat betheiligen sich an 
der Zusammensetzung der Grundmasse spärliche Biotitleistchen 
und Magnetitkörnchen. Eine glasige Basis ist nicht deutlich 
zu erkennen; vielleicht ist sie nur wie ein Hauch zwischen den 
krystallinischen Partien vorhanden. Die Structur der Grundmasse 
hat also den Charakter einer solchen, die von Rosenbusch als 


[27] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 455 


orthophyrisch bezeichnet wird. Die Wände der in der Grund- 
masse vorhandenen Hohlräume sind entweder nackt oder mit einem 
braungelben Ausscheidungsproduct bekleidet, 

Die in der fast holokrystallinen, feinkörnigen Grundmasse vor- 
handenen grossen Einsprenglinge sind: 

Sanidin in grossen, wasserhellen Durchschnitten, manchmal 
mit Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetze und prachvoller 
zonarer Structur; in diesem Falle löschen die äusseren Schalen ge- 
wölmlich unter einem kleineren Winkel als die inneren aus; es ist 
also zu vermuthen, dass wir es hier mit einer Mischung von Natrium- 
und Kalifeldspath, nicht mit einem eigentlichen reinen Kalifeldspath 
zu thun haben. Selten beobachtet man durch die magmatische Re- 
sorption angegriffene Sanidinkrystalle mit von der Grundmasse aus- 
gefüllten Einbuchtungen. Glasige Einschlüsse sind verhältnismässig 
nicht häufig. 

Als krystalline Interpositionen treten sehr häufig Apatit, 
seltener auch Biotit auf. Der Sanidin dürfte also jünger als der 
Biotit sein. 

Oligoklas ganz untergeordnet, in einzelnen gebrochenen 
Krystallen aus Zwillingslamellen, welche unter 18° auslöschen; auch’ 
sind senkrecht sich kreuzende Zwillingsstreifungen nach dem Albit- 
und Periklingesetz zu beobachten. 

Biotit sehr verbreitet, gewöhnlich in unregelmässig begrenzten, 
gelappten Blättchen oder in schmalen Leisten; er ist braun gefärbt, 
mit einem Stich ins Grünliche und deutlicher Absorption. Als kry- 
stalline Interpositionen beobachtet man häufig Magnetit und Apatit. 

Magnetit ziemlich häufig Apatit in farblosen oder grau- 
blauen, langgestreckten und quergegliederten Säulchen; man findet 
ihn häufig in der Grundmasse und als Einschluss in Feldspath- und 
Biotitkrystallen. Pyroxen sehr selten in braungrünlichen Körnern. 

Das Gestein ist also als ein Biotit-Trachyt (Zirkel) oder 
eigentlicher Trachyt mit orthophyrischer Structur (Rosen- 
busch) zu bezeichnen. 

Phonolitischer Trachyt. Ich bezeichne unter diesem. 
Namen das Gestein, welches in Blöcken zwischen den Trachyttuffen 
des Piciorul Burlä auf siebenbürgischer Seite vorkommt. Es ist 
dies ein sehr dichtes, grünlichgraues, einem Phonolit sehr ähnliches 
Gestein mit splitterigem Bruche. In der dichten, sehr harten Grund- 
masse sieht man kleine Spaltungsflächen von Sanidin und schwarzen 
Biotitleistehen. U. d. M. erkennt man eine mikrolithische, an 
glasiger Basis sehr reiche Grundmasse, in welcher grössere Ein- 
sprenglinge von wasserhellem Sanidin und grünlich-braunem Biotit 
eingebettet sind. Den charakteristischen Bestandtheil dieses Gesteins, 
den Nephelin, konnte ich in einem Dünnschliffe nieht erkennen. 

Trachyttuffe. Die Trachyttuffe auf Dragoiasa sind grau oder 
gelblich gefärbt, zerreiblich, mit feinerdigem Aussehen; manchmal 
aber zeigen sie eine gröbere, einem schwach cementirten Sandsteine 
ganz ähnliche Beschaffenheit. In der Hauptmasse des Gesteins sieht 
man neben den fremden Einschlüssen zahlreiche tombackbraune oder 


schwarze Biotitschüppchen und sparsam verstreute, glasige Sanidin- 
58* 


456 Sava Athanasiu. [28] 


krystalle.. U. d. M. erkennt man keine bestimmte Structur, sondern 
nur ein Trümmerwerk, aus Bruchstücken von Sanidin, stark zer- 
setzten Fragmenten von Biotit und zahlreichen braunrothen Partien 
von Eisenoxyd, wahrscheimlich aus einer Umwandlung des Biotits 
hervorgegangen, bestehend. Auch amorphe Partien beobachtet man 
häufig. Das Gestein ist also ein Biotit-Trachyttuff. 
Trachyttuff auf Dealu Glodu. Auf dem Rücken des 
Dealu Glodu, am Ursprunge des Baches Pästinaresti, befindet 
sich ein kaum 500 m langer Fetzen von Trachyttuff. Das Gestein 
ruht hier wie eine sehr dünne, durchlöcherte Hülle auf dem Glimmer- 
schiefer; nirgends beobachtet man ausgedehnte, zusammenhängende 
Tuffschichten, sondern nur Platten und kleine Blöcke. Die Lage 
dieser Tuffe auf dem Rücken eines Berges lässt keinen Zweifel mehr, 
dass sie dort „in situ“ sich befinden und nur das von der Denudation 
verschonte Ueberbleibsel einer früher mächtigen Decke. darstellen. 
Das Gestein ist weisslich, mit einem Stich ins Grüne, ziemlich 
hart, mit sehr feinem Korn, wie bei einem festen Mergel. Auf den 
Bruchflächen sieht man auch violette Streifen durch die Masse des 
Gesteins durchziehen. U. d. M. zeigt sich ein Aggregat von farblosen 
Körnchen und länglichen Säulchen von Feldspath und braun- 
gefärbten Fragmenten von Biotit. Die beigemengten grösseren 
Krystalle gehören dem Sanidin an. Oligoklas kommt selten vor; 
eine mikrochemische Probe mit Flusssäure hat aber gezeigt, dass 
neben Kalifeldspath auch ein natronhaltiger Feldspath vorhanden ist. 
Biotit sehr verbreitet, aber fast immer in unregelmässigen Frag- 
menten und länglichen Leistehen. Magnetit und Eisenglanz 
kommt ‚seltener vor. Eine deutliche Struetur, d. h. eine Trennung in 
eine’ Grundmasse und eingesprengte Gemengtheile, wie bei der oben 
erwähnten Trachytlava beschrieben wurde, ist hier nicht zu beob- 
achten. HN 
Aus den gegebenen Merkmalen geht hervor, dass das Gestein 
von Glodu den Charakter eines Biotit-Trachyttuffes hat, nur 
scheint es aus einer feineren vulkanischen Asche als die ‘Tuffe des 
Dragoiasa entstanden zu sein. 


Tektonik. 


In einer Arbeit (morphologische Skizze) habe ich gezeigt, dass 
der Innenrand der moldauischen krystallinischen Masse durch eine 
N—S laufende Bruchlinie gekennzeichnet ist. Diese Linie stimmt im 
Westen unseres Gebietes, am Dragoiasa- und Calimanelbache, fast 
genau mit der geologischen Grenze zwischen der eruptiven Masse 
des Calimangebirges und der krystallinischen Masse überein (Fig. 6). 
Die stratigraphischen Verhältnisse der obereretaeischen Ablagerungen 
(Fig. und 5) haben uns ferner gezeigt, dass diese Schichien gefaltet 
sind und das Streichen ihrer Falten im allgemeinen mit demjenigen 
der krystallinischen Unterlage übereinstimmt. Das deutet darauf hin, 
dass die bereits vor der Ablagerung der oberen Kreide gefalteten 
krystallinischen Schiefer nach der Zeit der oberen Kreide 
noch eine gemeinsame Faltung bestanden haben. 


[29] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 457 


Verwendbare Mineralstoffe: 


Kaolin tritt am Südabhange des Pieciorul Calimanel auf. In 
seiner weissen, zerreiblichen Masse sind kleine Fragmente von Quarz 
und Muscovitschüppchen vermengt, welche durch Schlämmen ganz 
leicht getrennt werden könnten, In einigen Partien ist das Mineral 
seidenglänzend, fettig anzufühlen und nähert sich mehr einer talk- 
ähnlichen Substanz. Eine flüchtige Löthrohrprobe hat aber gezeigt, 
dass der Hauptbestandtheil Thonerde ist. Wegen seiner Wichtigkeit 
verdient dieses Mineral’ eine nähere chemische Untersuchung. Die 
Quarzkörner und die spärlich verstreuten Glimmerblättchen zeigen, 
dass dieses Mineral aus der Verwitterung eines Gneisses hervorgegangen 
ist. Das anstehende Gestein habe ich aber nicht beobachtet. 


Eisenstein. Ich habe schon erwähnt, dass der schwarze 
Kieselschiefer am Bache Chiruta in grosser Menge Schwarzeisenstein 
enthält. Es liegt bis Jetzt keine chemische Analyse dieses Minerals vor. 


Der körnige Kalkstein würde dort, wo er nicht in zer- 
klüfteten Schichten, sondern in zusammenhängenden Bänken erscheint, 
einen schönen Kunststein liefern. 


DerPyroxen-Andesit auf Deluganu und von den anderen 
Stellen des Calimangebirges, wo er in grossen, compaecten Blöcken 
oder in dieken Bänken vorkommt, könnte zur Anfertigung schöner 
Kunststeine (Säulen, Grabsteine ete.) verwendet werden. 


Quellen von kohlensaurem Wasser. In unserem Gebiete 
kommt nur eine solche Quelle bei Paltinisch vor, welche aus dem 
Glimmerschiefer entspringt und sich durch einen hohen Gehalt an 
Kohlensäure auszeichnet. Andere Mineralquellen kommen an der 
Mündung der Dragoiasa auf siebenbürgischem Boden vor. Wie aus 
der Kartenskizze (Fig. 7), welche die unmittelbare Fortsetzung des 
Glodugebietes gegen Norden darstellt, ersichtlich ist, sind die saueren 
Quellen in der nordmoldauischen Ecke auf einer N—S laufenden Linie 
angereiht, welche der oben erwälnten Bruchlinie am Innenrande der 
krystallinischen Masse entspricht. 


II. Die andesitische Masse des Calimangebirges. 
Mit einer Kartenskizze (Fig. 7) und 8 Profilen (Fig 8—15). 


Morphologische Orientirung. 


An der Innenseite der moldauischen und siebenbürgischen Ost- 
karpathen und am Östrande des siebenbürgischen tertiären Beckens 
erhebt sich eine der mächtigsten jungvuleanischen Massen der Karpathen, 
welche in der geologischen Literatur unter dem Namen Hargittamasse 
bekannt ist. Dernördlich von dem Durchbruche des Marosflusses gelegene 
Theil dieser Masse, bis an die Linie Dorna, Borgo-Pass und Bistritz 
reichend, bildet das Calimangebirge. Die Länge des Hargitta— Caliman- 


458 Sava Athanasiu. [30] 


Fig. 7. 
Geologische Karte des Neagra-Gebietes. 


Maßstab: 1: 200.600. 


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EL PER EREEETE Ba "3 
ES RE Caliman'* 
+ + 


Zeichen-Erklärung: 


Krystallinische Schiefer 
IM (obere Abtheilung). PRRARR : 
et)  Pyroxen-Andesit. 


Andesittuff. 
el Diluvial-Terrasse. “; 


"| Palaeozoische Gesteine. 


Eo Eocän und unt. Oligocän. 


vr:23 Trachyttuff. 


© = Quellen von kohlensanerem Wasser. — AB —= Bruchlinie. 


[51] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 459 


zuges von dem Badeorte Mälnas bis an den Borgo-Pass beträgt 
etwa 150 km, die grösste Breite aber (60 km) erreicht diese Masse in 
ihrem nördlichsten Theile, im Calimangebirge. Auf den moldauischen 
Boden fällt nur der nordöstlichste Rand dieses Gebirges bei der 
dreifachen Landesgrenze zwischen der Bukowina, Siebenbürgen und 
der Moldau, wo er die westliche und südliche Umrahmung des 
Neagra-Saruluigebietes bildet. 

Nördlich vom Bache Neagra-Sarului breitet sich der Rand 
der eruptiven Masse wie eine mächtige Decke über die palaeogene 
Scholle der Neagra-Erweiterung, südlich von diesem Bache aber über 
die krystallinischen Schiefer aus. 

Wie ich in der „morphologischen Skizze der nordmoldauischen 
Karpathen“ näher beschrieben habe, hat das Calimangebirge den 
Charakter eines Tafelberges, Auf den Gipfeln des Lucaciu 
(1777 m) und der Pietrele rosie (1700 m), beim „triplex con- 
finium“ breiten sich gegen Westen plateauähnliche, durch senkrechte 
Wände unterbrochene Flächen aus, welche immer höher ansteigen 
und in dem Gipfel des Timeu (1860 m) am Quellgebiete der Dorna 
eulminiren. Denselben Eindruck einer Hochplateaulandschaft bekommt 


'man auch auf den Höhen des Caliman Ciribuc (1860 m), Piatra 


Caliman (2015 m), Caliman Isvoru (2051 m) und Pietrosu 
(2102 m) auf der siebenbürgischen Grenze. Der Rand der moldauischen 
eruptiven Masse fällt überall sehr steil, treppenförmig, gegen die 
Neagraniederung ab. Von den Höhen des Serba (1650 m), Lucaciu, 
der Pietrele rosie und des Caliman Ciribuc, erstrecken sich 
strahlenförmig gegen die Neagraniederung, als Wasserscheiden zwischen 
den verschiedenen Bächen, breite Rücken, welche mit sehr steilem 
Abfall enden. Solche Rücken, welche die Thäler mit einem Gebirgs- 
kamme verbinden, heissen bei den Gebirgsbewohnern in Nordmoldau 
Picior-Fuss, weil sie sich vorstellen, dass sie als Piedestal dienen, 
auf welches die Gebirgshöhe sich stützt. In der andesitischen Masse 
des Calimangebirges machen diese „Füsse“ den Eindruck von Lava- 
strömen, in der That aber stellen sie nur den durch die Erosion 
zerschnittenen Rand des Tafelberges vor. 

Auf diesen breiten Rücken des Calimangebirges sieht man 
einzelne Pfeiler oder manchmal thurmförmige Erhebungen, welche 
nur die Reste einer einst viel beträchtlicheren Höhe des Plateau- 
randes darstellen. 

Die enorme Mächtigkeit der andesitischen Masse auf moldauischen 
Boden geht aus den folgenden Höhenverhältnissen hervor. Die Thal- 
sohle des Calimanelbaches, am Ostrande der eruptiven Masse, 
hat eine Meereshöhe zwischen 1100-1200 m, der Gipfel des Cali- 
man Isvoru 2031 m und der in der Nähe auf ungarischer Seite 
gelegene Pietrosu eine solche von 2102 m. Die Thalsohle des 
Neagrabaches an seinem Ausgange aus der eruptiven Masse befindet 
sich in einer Meereshöhe von ungefähr 1000 m, die Gipfel des 
Lucaeiu und des Timeu in einer solchen von 1777 m beziehungs- 
weise 1860 m. Es ergiebt sich also für die andesitische Masse des 
Calimangebirges eine Mächtigkeit zwischen 900 m und 1100 m, welche 
sicher nicht die ursprüngliche ist, sondern nur den jetzigen, erhalten 


460 Sava Athanasiu. [32] 


sebliebenen Rest einer früher viel bedeutenderen Höhe der eruptiven 
Decke darstellt. Von unten bis oben sieht man nur horizontale Lagen 
von Andesitlava, welche mit solehen von Andesittuffen und -Breceien 
wechseln. Man kann diese Mächtigkeit mit derjenigen der nord- 
amerikanischen andesitischen Masse aus dem Cascade-Mountain 
zwischen Mount Baker und Lassen’s Peak (600—1200 ın) vergleichen. 

Die Thäler, welche die eruptive Masse durchbrechen, sind 
überall eng, mit sehr steilen Gehängen, manchmal mit senkrechten 
Wänden und schluchtartig gestaltet. Die mächtigen Aufschlüsse, welche 
uns in diesen Einschnitten sich darbieten, und der Umstand, dass 
die Waldbedeckung nicht sehr dieht ist, macht diesen Theil des 
Calimangebirges zu einer der geeignetsten Gegenden für das Studium 
der eruptiven Masse. Als sehr lehrreiche Exceursionen möchte ich die 
im Einschnitte des Deluganu- und Buceinischbaches, vor 
allem aber entlang des Päräu Täetura und Baucabaches 
anführen. 

Die Waldgrenze, wie in diesem Theile der Karpathen überhaupt 
ist durch die 1700 m Höhenlinie gegeben. Ueber dem dunklen Mantel 
von Fichtenwald beobachtet man auf Lucaciu Buschwerk von Vac- 
cinum und Juniperus und auf Caliman auch einzelne Partien von 
Krummbholzbeständen. 


Literatur. 


Die eruptive Masse des Calimangebirges ist verhältnismässig 
viel weniger erforscht als der südlich von dem Marosdurchbruche 
gelegene Theil des Hargittazuges. Ferd. v. Richthofen!), welcher 
die Grundlage des Studiums der tertiären eruptiven Gesteine der 
Karpathen gelegt hat, erwähnt, dass die Hargittamasse in ihrer ge- 
sammten Ausdehnung fast nur aus einem Gestein besteht, nämlich 
aus dem sogenannten „grauen Trachyt“; die anderen Abänderungen 
bilden nur einzelne Gangzüge oder Kuppen. Richthofen hat den 
Namen Andesit gar nicht gebraucht, weil dieser Name damals keine 
Anerkennung fand und erst iin Jahre 1861 der Begriff dieses Gesteins 
von J. Roth näher bestimmt und der alte Name Andesit wieder 
in die Wissenschaft eingeführt wurde 2). Als charakteristischen Be- 
standtheil seiner Trachytgruppe nahm Richthofen nicht den Sani- 
din, sondern einen triklinen Feldspath an. Der Einfluss Richt- 
hofen’s hat sich auch in den späteren Arbeiten erhalten, indem 
manche Autoren für die Gesteine der Hargittamasse den Namen 
Trachyt als Familienname oder zusammengesetzten Namen, welche 
nach dem heutigen Standpunkte der Petrographie nicht mehr be- 
rechtigt sind, angewendet haben 

Nach Stache?°) besteht die Hauptmasse des ganzen Hargitta- 
gebirges aus Trachyt, dann Trachyttuffen md Conglome- 


') Ferd. v. Richthofen. Studien aus den ungarisch-siebenbürgischen 
Trachytgebirgen. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XI, 1860, pag. 214 und 159. 
ih ®) Ferd. Zirkel. Lehrbuch der Petrographie, 1895, II. Bd., pag,.. ‚358 
und 595. 
») Hauer und Stache. Geologie Siebenbürgens, 1863, pag. 314 und 324. 


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[33] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 461 


raten. Von dem Trachyt selbst herrscht das von Stache als „ande- 
sitischer Trachyt“ bezeichnete Gestein vor. Ueber den nördlichen 
Theil der Hargittamasse gibt Stache keine näheren Daten. sondern 
spricht nur die Meinung aus, dass auch im Calimangebirge dieselbe 
Zusammensetzung wie in der südlichen Masse vorauszusetzen ist. 
Was die Trennung der Andesite in Pyroxen-Andesite und Horn- 
blende-Andesite betrifft, so lässt sich dieselbe nach Stache 
auf die siebenbürgischen Andesitgesteine kaum. anwenden, da ihm 
kein Gestein bekannt ist, in welchem Augit auch nur vorherrscht?). 
Aus der Nähe des „triplex confinium“* führt Stache, nach v. Alth, 
das Vorkommen eines porösen lavaartigen Gesteines an, dessen Lagen 
am Fusse der Pietrele rosie mit ganz dichtem Gesteine wechseln, 
„wie Lavaströme an Vulcanen“ 2). 

Vineenz Hansel?°) beschreibt aus den nördlichsten Ausläufern 
des Calimangebirges in der Bukowina (Piatra Dorna, Magura, Neagra- 
und Dornathale) einige Hornblende-Andesite; der in diesen 
Gesteinen vorwaltende Feldspath ist Plagioklas, Sanidin kommt 
nur untergeordnet vor; als accessorische 'Gemengtheile sind besonders 
hervorzuheben: Augit, Magnetit und Eisenglanz.: Die Grund- 
masse besteht aus einer glasigen Basis mit zahlreichen Mikrolithen. 

Fr. Herbich ®%) beschreibt aus dem Hargittagebirge drei 
Gruppen von Trachyten: 1. Gruppe des sauersten Oligoklas-Trachytes, 
auf den südlichsten Theil der Hareitta (Büdosstock) beschränkt; 
2. Andesin-Amphibol-Augit-Trachyte von mittlerem Kiesel- 
säuregehalt, welche die Hauptmasse des Hargittagebirges bilden ; 
9. die basischesten Andesin-Augit-Trachyte oder die Gruppe 
der Augit-Andesite im ganzen Zuge des Hargittagebirges, haupt- 
sächlich im centralen Theile verbreitet. Aus dem Calimangebirge 
(Kelemenhavas) erwähnt Herbich Gesteine vom Augit-Andesit-Typus: 
Bemerkenswert ist die Thatsache, dass in allen diesen Gesteinen, 
selbst in der Gruppe der sauersten Trachyte, das charakteristische 
Element der Trachyte, der Sanidin, fast gänzlich fehlt und doch 
der Name Trachyt beibehalten ist. Man erkennt hier den Einfluss 
Ricehthofen’s. 

Schon in demselben Jahre bemerkt F. v. Hauer), dass für 
die Gesteine der ganzen Hargittamasse man am besten den Namen 
Andesit in Anwendung bringen könnte. Auch der Name Propylit- 
Grünstein-Trachyt könnte für diese Gesteine nicht angewendet 
werden. „In chemischer und mineralogischer Beziehung“, sagt Hauer, 
„unterscheiden sich die Hargitta-Andesite in der That kaum von den 
Propyliten; es sind Andesite mit dichter Grundmasse, die neben 
trielinem Feldspath untergeordnet, auch orthoklastischen Feldspath, 
dann Hornblende und oft auch Angit ausgeschieden enthalten; ihre 


1) Stache a. a. O,, pag. 70. 

2) Stache a. a. O., pag. 325. 

2). V. Hansel. Die petrographische Beschaffenheit des Trachytes der süd- 
lichen Bukowina. Verh. d. k. k. geol. R. A. 1872, pag. 150. 

*) Fr. Herbich. Das Szeklerland. Mitth. a. d. Jahrb. d, k. ung. geol. Anst, 
1878, Budapest, pag. 318—321 u. 337. 

5) Fr. v. Hauer. Die Geologie der österr.-ung. Monarchie. 1878, pag. 645; 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 59 


469 Sava Athanasia. [34] 


Farbe ist stets grau, oft dunkelgrau bis ins Schwärzliche, so dass sie 
oft den Basalten sehr ähnlich sind.“ 

Im Jahre 1879 beschreibt G. Primies?) die von Herbich 
und A. Koch aus dem nördlichen Theile des Caliman gesammelten 
Gesteine, welche früber meistens als Grünsteintrachyte be- 
zeichnet wurden. Diese Gesteine sind: 1. Amphibol-Andesite 
in verschiedenen Varietäten; 2. Amphibol-Augit-Andesite; 
3. Augit-Andesite und 4. doleritische Basalte. In der 
Gruppe der Augit-Andesite erwähnt Primics „schöne Augite in gut 
ausgebildeten, länglichen Krystallschnitten mit starkem Dichroismus“. 

In allen bis jetzt angeführten Arbeiten finden wir keine Er- 
wähnung von dem Vorhandensein eines rhombischen Pyroxens 
in den Andesiten der Hargittamasse. 

Schon im Jahre 1883 machte Whitmann Cross?) auf die 
ungeahnte Verbreitung des Hypersthen in den nordamerikanischen 
Andesiten aufmerksam. In demselben Jahre zeigte Prof. F. Becke°), 
dass manche Andesite aus der Hargittamasse, von A. Koch, Herbich 
und Primics als Augit-Andesite beschrieben, sehr häufig Bronzit 
in schöner Entwicklung enthalten. In manchen Varietäten verschwindet 
der Augit fast völlig und es bleibt ein reiner Bronzit-Andesit. 
Unter diesen Andesiten erwähnt Becke aus dem Caliman die Ge- 
steine von den Bergen.: Timeu, Lucaciu und Piatra Dorna. 

Im Jahre 1885 hat Alex. Schmidt von Bad Mälnäs (am süd- 
lichsten Ausläufer der Hargittamasse) einen hypersthenhaltigen Augit- 
Andesit beschrieben, zweifelt aber daran, dass dieses Mineral ur- 
sprünglich in dem Gestein eingeschlossen war, sondern spricht die 
Ansicht aus, dass der Hypersthen, ein secundäres Product, durch die 
Thätigkeit der Fumarolen in den Klüften und Spalten des Andesits 
gebildet sei. 

Ant. Koch) bespricht gleichfalls diese Frage und bezeichnet 
es nur als wahrscheinlich, dass die Hypersthenkrystalle zu den eigent- 
lichen Gemenstheilen des Andesits gehören. 

Das Verdienst, die grosse Verbreitung des Hypersthens in den 
Andesiten der Karpathen gezeigt zu haben, gebürt aber dem ungari- 
schen 'Petrographen Fr. Sehafarzik°). In seiner umfangreichen 
Arbeit aus dem Jahre 1895 zeigte Schafarzik, dass der grösste 
Theil der ÜCserhät - Andesite, früher als Basalte und Augit- 
Andesite angesehen, dem Hypersthen-Andesit oder einen 
Pyroxen-Andesit, in welchem beide Pyroxene, rhombische und 


!) G. Primics. Petrographische Untersuchung der eruptiven Gesteine des 


nördlichen Hargittazuges. Földtani Köziöny IX, 1879, Nr, 9—12. 

°) Whittman Cross. On hypersthen ’andesite and triclinie pyroxene in 
augitic rocks Bull. of the U. St Geol. Sur. Vol. I, pag. 31, und Amer. Journ. of 
Science 1883, XXV. 

DER, Becke. Ueber die Unterscheidung von Augit und Bronzit in Dünn- 
schliffen. Min. u. petrogr. Mitth. V, 1883, pag. 529. 

*) A. Koch. Ueber die Verhältnisse des Vorkommens des hypersthen- 
haltigen Augit-Andesits von Mälnäs in Osisiebenbürgen. Medie.-naturwissenschaftl. 
Mitth. 1888, pag. 297. 

5) Fr. Schafarzik. Die Pyroxen-Andesite des Cserhät. Mitth. a. d. Jahr- 
buch d. k. ung. geol. Anst., IX, Bd., Heft 7, 1895. 


ER 


[35] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 463 


monocline (Hypersthen und Augit), in gleicher Menge vertreten sind. 
angehören. Sehr selten findet man Varietäten von reinem Augittypus 
oder solche, in welchen der Hypersthen eine ganz untergeordnete 
Rolle spielt. 

Im Jahre 1895 hat M. Pälfy'!) aufs neue das Studium der 
im Klausenburger Museum aus dem Hargitta- und Calimangebirge 
gesammelten Gesteine wieder vorgenommen, eben zu dem Zwecke, 
um die Verbreitung des Hypersthens in diesen Gesteinen zu beweisen. 
Die Zahl der untersuchten Exemplare beträgt 300 in 160 Dünnschliffen. 
Nach diesen Studien unterscheidet Pälfy in den Andesiten des 
Hargitta-Calimanzuges folgende Gruppen: 


1. Biotit- und Quarz-Andesite — Dacite, nur an zwei 
Localitäten. 


2. Amphibol- und Biotit-Andesite, auf den südlichen 
Theil der Hargitta beschränkt. 


3. Amphibol-Andesite, und zwar: a) reine Amphibol- 
Andesite, b) Amphibol- und Hypersthen-Andesite, und «) Amphibol- 
und Augit-Andesite. 


4. Pyroxen-Andesite, in welchen er unterscheidet: «) An- 
desite mit einem unbestimmten Pyroxen, 5b) Hypersthen- und Augit- 
Andesite, c) reine Hypersthen-Andesite, d) Augit- und Hypersthen- 
Andesite, e) reine Augit-Andesite, und f) Pyroxen-Andesite mit Olivin. 
Diese letztere Gruppe ist die verbreitetste unter der Hargitta- 
Caliman-Masse. 


Auf der neuen geologischen Uebersichtskarte von Ungarn 2) 
sind die Gesteine der Hargittamasse unter einer gemeinsamen 
Farbe als Andesit, Trachyt und Daecit eingetragen. In dem 
erläuternden Text?) aber erwähnt man, dass „der Name Trachyt 
als Gesteinsfamilienname verwendet wurde, in dem sowohl die 
eigentlichen Orthoklas- Trachyte im engeren Sinne, als auch die 
plagioklasführenden Andesite enthalten sind. Diese letzteren über- 
wiegen die Orthoklas-Trachyte räumlich um ein Vielfaches“. 

Was den moldauischen Theil des Calimangebirges anbelangt, 
so blieb es bis vor kurzem ganz unerforscht. Den älteren geo- 
logischen Karten und Beschreibungen der österreichischen ' und 
ungarischen Geologen entsprechend, hat man auch auf rumänischen 
geologischen Karten beim „triplex confinium“ schlechtweg den 
Namen „Trachyt“ eingetragen, ohne dass irgend ein Gestein 
beschrieben wurde. | 

Nach meinen ersten Untersuchungen im Sommer 1897 habe 
ich gezeigt, dass in der Zusammensetzung des moldauischen Caliman- 
gebirges die Pyroxen-Andesite weitaus vorherrschen. Neben 
diesem Typus, in welchem der Hypersthen stark vertreten ist, 
kommen untergeordnet auch Hornblende-Andesit, Pyroxen- 


!) M. Pälfy, Petrographische Studien über die Andesite des Hargitta- 
gebirges. Ertesitö XX. Jahrg. Kolozsvär 1895, ungarisch. Referat v. Szadeczky 
in Földtani-Közlöny 1896, pag. 315. 

?) Geolog. Uebersichtskarte von Ungarn. 1897. 

®) Text zur geolog. Uebersichtskarte von Ungarn. Budapest 1897, pag. 93. 

59” 


464 Sava Athanasiu. [36] 


Hornblende-Andesit und olivinführende Augit-Ande- 
site vor!). Im Sommer 1898 habe ich die andesitische Masse aufs 
neue - durehforscht, insbesondere um die Verbreitung der Andesit- 
tuffe, -Conglomerate und -Breceien näher kennen zu lernen. Wie 
ich schon berichtet habe, sind die Andesittuffe auf der moldauischen 
Seite des Calimangebirges sehr mächtig entwickelt und gehören 
demselben Andesittypus wie die Andesitlava an). Trachyte im Sinne 
der heutigen Petrographie, wie ich sie aus der Umgebung von 
Glodu beschrieben habe, sind nur am östlichen Rande des Caliman 
(Dragoiasabach) vertreten. | 

Aus der oben angeführten Literatur geht hervor, dass die 
Namen Trachyt, Grünsteintrachyt, oder. die zusammen- 
gesetzten Namen, wie Andesit-Trachyt etc. für die Masse der. 
Hargitta nicht mehr berechtigt sind, da diese in ihrer ganzen Aus- 
dehnung fast nur aus Andesiten besteht. 

Wo echte Trachyte in vereinzelten kleinen Massen am Rande 
oder als Brocken in den Andesitbreccien der Hargittamasse vorkommen, 
müssen wir sie als die Reste einer älteren eruptiven Decke betrachten, 
über welche die jüngeren Andesitlaven und -Tuffe sich ausgebreitet 
haben. Auch das Vorhandensein des Basaltes, wie es Stache 
und Primics unter dem Namen „anamesitartige oder doleritische 
Basalte“ aus dem Caliman erwähnen, ist bis jetzt durch die neueren 
Untersuchungen nicht festgestellt worden. Es kommen zwar, wie wir 
weiter sehen werden, auch auf der moldauischen Seite dichte, schwarze, 
basaltähnliche, olivinführende Augitgesteine vor, welche aber geologisch 
und petrographisch mit ‘den Andesiten innig verbunden sind und viel- 
leicht in petrographischer Hinsicht nur Uebergangsglieder zu den 
Basalten darstellen. Ich habe erwähnt, das die Gesteine des Czerhat- 
gebirges früher von Stache zu den Basalten gestellt wurden), 
während Schafarzik*) ihre Stellung unter den Andesiten fixirt hat 
und sie als Pyroxen-Andesite bezeichnet. 

Interessant ‘ist die. Analogie, welche die Andesite des Caliman 
mit denjenigen ‘der Anden aus Peru), vom Lassen’s Peak in Cali- 
fornien und anderen nordamerikanischen Eruptivgebieten aufweisen ®). 
Schon v.:Richthofen?) hat die Gesteine des Hargittazuges direct 
mit dem Hauptgestein der Anden verglichen. Jetzt, nachdem man 
die ungeheure Verbreitung ‘des Hyperthens in allen diesen vonein- 
ander soweit entfernten Gegenden näher studirt hat, erscheint diese 
Apoplelchmie noch mehr bekräftigt zu sein. 


1) Masa eruptiva a Calimanilor si Tufurile trachytice de pe Dragoiasa. 
Bullet. d. soc. de sc. Bucarest. An. VIII, Nr. 3 u 4, 1898. 


?) Geologische Beobachtungen in den nord la Karpathen. Ver- 
handl. der k. k. geol. R.-A. 1899, NT; 75. 


°) G. Stache. Die geologischen Verhältnisse der Umgebung von Waitzen 
in Ungirh: Jahrb. der k. k. geol. R.-A 1866, pag. 314—322. 


“) Schafarzik a. a. O. pag. 196. 


°) Friedr. Hatch. Hypersthen-Andesit aus Peru. Neues Jahrb. für = u. 
Geol. 1885, II, pag. 73. 


°) Zirkel. Lehrbuch der Petrographie II, 1894, pag. 617. 
’) In Stache, Geologie von epenbiisen pag. 69. 


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[37] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 465 


Die geologischen Verhältnisse der andesitischen Masse 
des Calimangebirges. 


Wie aus der beigegebenen Kartenskizze ersichtlich ist, wird 
die moldauische Masse des Oalimangebirges durch den Neagra- und 
Haitabach in zwei Abschnitte getrennt: «) einen südlichen, welcher 
sich zwischen dem Neagrabache im Norden und der siebenbürgischen 
Grenze im Süden erstreckt, und b) einen nördlichen, welcher sich an 
die Bukowinaer Grenze anlehnt. 

a) Der südliche Abschnitt bildet die südliche Umrandung 
des Neagrabeckens und kommt an seinem Ostrande mit der krystal- 
linischen Masse in Berührung entlang einer N—S laufenden Bruch- 
linie, welche auf dem Terrain durch den Calimanel- und 
Dragoiasabäch angezeigt ist. Wie wir in dem ersten Theile 
dieser Arbeit (Fig. 6) gesehen haben, : breiten sich die Andesite des 
Ostrandes des Calimans üper die Trachyte des Dragoiasabaches aus: 
etwas nördlicher aber, auf dem Calimanelbache, kommt die 
Unterlage der Andesitdecke nirgends zum Vorschein. Der linke 
Flügel des Bruches erscheint also in die Tiefe abgesunken. In einer 
anderen Arbeit!) habe ich gezeigt, dass die Bruchlinie Dragoiasa- 
Calimanel sich weiter nach Norden bis an die Mündung des 
Grenzbaches Sarisoru fortsetzt und mit den peripherischen Brüchen 
und Senkungen am Innenrande der ostkarpathischen krystallinischen 
Masse im Zusammenhange steht. 

Das umstehende Profil (Fig. 8), von dem Gipfel des Caliman- 
Isvoru bis an den Westrand der moldauischen krystallinischen Masse 
geführt, zeigt uns den Tafelbergcharakter des Ostabhanges der an- 
desitischen Masse. Die Stufen dieses Theiles des Calimangebirges 
bestehen überall aus dichten, grauen, meist in dünnen Platten abge- 
sonderten Pyroxen-Andesiten. In dem unteren Theile, an der 
Basis der Stufen des Deluganu und Buccinisch, kommen auch 
Einschaltungen von Andesittuffen zum Vorschein, nie aber in grösseren 
Aufschlüssen, wie wir sie an anderen Profilen sehen werden. Die 
Tuffe bilden hier unter der dieken Gras- und Moosbedeckung die 
Oberfläche der Stufen, und der treppenförmige Charakter ist durch 
diesen Wechsel der weichen Tuffe und der gegen die Verwitterung 
und Abspülung' sehr wıderstandsfähigen Andesitlaven hervorgerufen 
worden. In dem obersten Theile, auf Piatra-Caliman und 
Caliman-Isvoru, sieht man nur Andesitlaven. Interessant ist 
noch die Thatsache, dass die obersten Lagen der Andesitlaven fast 
nur aus reinem Augit-Andesit bestehen, während in den unteren 
Lagen neben dem Augit auch der Hypersthen stark vertreten ist. 
Ob die Tufflagen sich mit derselben Mächtigkeit von dem Rande 
gegen Westen ununterbrochen fortsetzen oder ob sie gegen das 
Innere der eruptiven Masse auskeilen, kann man aus den vorliegen- 
den Aufschlüssen nicht feststellen. Wir werden weiter unten auf 
diese Frage zurückkommen. 


!) Morphologische Skizze der nordmoldauischen Karpathen. Bullet. de la 
Soc. de sc. Bukarest 1899, Nr. 3. 


466 Sava Athanasiu. [38] 


Gehen wir jetzt zu dem nördlichen Rande des südlichen Ab- 
schnittes über. 
Der Charakter des Tafelrandes zeigt sich auch hier sehr aus- 
gesprochen. Das Gehänge fällt im obersten Theile sehr steil ab, 


Fig. 8. 
Ostabhang des Caliman. 
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a RENDITEN RETTET ERS 2,Km 
RN 2 
1. Quarzreicher Glimmerschiefer. — 2. Glimmerschiefer. — 3. Andesittuff. — 


4. Pyroxen-Andesit. — 5. Augit-Andesit. — 5 — Bruchlinie. 


manchmal durch sehr schmale Stufen unterbrochen; im unteren Theile 
aber geht es allmälig zuerst in eine breite, flach geneigte Stufe aus 
Andesittuffen und dann in die Diluvialterrassen des rechten Neagra- 


Fig. 9. 
Nordrand der andesitischen Masse. 
Taetura. Pic. Popei. Neagra. 


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1. Palaeogen. — 2. Andesittuff und Breceie. — 3. Pyroxen-Andesit. — 4. Terrasse. 


ufers über. Ein Profil (Fig. 9) quer durch die Mitte dieser Masse 
veranschaulicht uns diese Verhältnisse. Die Bäche Deluganu, 
Bueeinisch, Taetura und Bäuca schneiden tief, fast bis an die 
siebenbürgische Grenze, in diesen Rand ein und gewähren uns einen 
Einblick in die fast 1000 m mächtige andesitische Masse. Nirgends 


u u A 


[39] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 467 


vielleicht im Calimangebirge kann man die eruptiven Massen be- 
quemer studiren als hier; von unten bis oben sieht man nur hori- 
zontal ausgebreitete Decken von Andesitlaven, durch mächtige Lagen 
von Tuffen, Conglomeraten und Breecien getrennt. Die krystallinische 
Unterlage beobachtet man nirgends innerhalb der andesitischen Masse, 
so wie es Gr. Stefanescu auf der geologischen Karte dargestellt 
hat; die Bäche schneiden überall nur in Andesite ein. 

Die Andesittuffe und -Breccien erscheinen an diesem Rande 
sehr mächtig entwickelt; sie bilden hier einen ununterbrochenen, 
mehr als 1 km breiten Saum, welcher fast in seiner ganzen Mächtig- 
keit nur aus vulcanischen Auswürflingen besteht. Die geologische 
Grenze zwischen der Tufidecke und der krystallinischen Unterlage 
ist auf dem Terrain durch zahlreiche Quellen und morastige Stellen 
gekennzeichnet. Die auf den benachbarten Höhen gefallenen Nieder- 
schläge treten hier zwischen den durchlässigen Tuffen und wasser- 
undurchlässigen krystallinischen Schiefern zu Tage. 


Fig. 10. 


Buceinis. P. Calimanel. 


Sestina. 


3: i \ 
sw? a GREEN NO, 
— Buceinis. 1 
1. Krystallinische Schiefer. — 2. Pyroxen-Hornblende-Andesit. — 3. Andesittuff. 


— 4. Pyroxen-Andesit. 


Im Westen, am Ende des Piciorul Buceinisului, nahe 
der Mündung des Bucceinisbaches in den Calimanel (Fig. 10), 
breitet sich über die krystallinischen Schiefer, welche hier eine fast 
ebene Fläche — Sestina genannt — bilden, eine mächtige Decke 
von Andesittuffen und -Breccien aus. Weiter oben auf dem Rücken 
des Piciorul Buceinisului folgen dünnplattige Pyroxen-Andesite. 
Bachaufwärts sieht man im Liegenden der Andesittuffe und der 
Pyroxen - Andesite dunkelgraue oder röthliche, grobkörnige 
Pyroxen-Hornblende-Andesite. Wie wir bei der petro- 
graphischen Beschreibung näher sehen werden, gehören diese Ande- 
sitlaven einem mehr saueren Andesittypus, als die gewöhnlichen 
grauen, dichten Pyroxen-Andesite, an. Es ist hier nur zu constatiren, 
dass diese weniger basischen Andesitlaven älter als 
die basischen dichten Pyroxen-Andesite sind. 

Westlich von Pieiorul Buccinisului sieht man die Unterlage der 
Tuffe nicht mehr aufgeschlossen. Weil aber auf dem gegenüber- 
liegenden linken Ufer der Neagra und etwa 2 km westlich am rechten 
Ufer unter den Tuffen und Breecien die palaeogenen Schichten zum 
Vorschein kommen, so liegt es nahe, zu vermuthen, dass auch hier 


468 'Sava Athanasiu. | [40] 


die alttertiären Ablagerungen die Unterlage der Tuffe bilden, so wie 
das in dem Profil (Fig. 9) dargestellt wurde. 

Sehr schöne Aufschlüsse in der andesitischen Masse bieten 
sich uns am Bache Täetura, auf welchem der bequemste Fussweg 
von Negra-Sarului zu dem Gipfel des Caliman-Isvoru führt. Nahe 
an seinem Ursprunge, an der Stelle,‘ wo der Bach sich zweigt, 
zwischen Obeina Täeturei im Osten und Piciorul Tziganului 
im Westen, beobachtet man das folgende Profil (Fig. 11). Beiderseits 


Fig. 11. 


Bätca Tziganului. P. Taetura. Obeina Taetura. 


1530 | 


' 
' 
D 
D 
‘ 
' 
D 
‘ 


1230 


1. Andesittuff. — 2. Pyroxen-Andesit. — 3. Olivinführender- Augit-Andesit. 
— Quelle. 


des Bacheinschnittes sieht man unten sehr mächtige vulcanische 
Auswurfsproducte, welche aus feinen oder sandartigen, weichen Tuffen 
und Brocken von Andesitlava bestehen. Nicht selten beobachtet man 


Caliman FRBiG 
Ciribue. Bauea. Seurt. 


1300 


1. Pyroxen-Andesit. — 2. Andesittuff. — 3. Augit-Andesit (Schlacke). 


auch grosse, bis 0°5 m im Durchmesser betragende Andesitblöcke. 

Etwa in der Mitte kommen eingeschaltet zwischen Tuffe und Breeeien 
auch eine oder zwei Andesitlagen von kaum 1'5 m Mächtigkeit vor. 
Am Üontacte zwischen den Tuffen und Andesitlaven entspringen 
(Quellen. In dem obersten Theile auf Bitea Tziganului breitet 
sich eine mächtige Decke von schwarzem, basaltähnlichem, olivin- 
führendem Augit-Andesit aus. Es ist also auch hier zu constatiren, 
dass der basischeste Andesittypus in dem obersten Theile vorkommt. 


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[41] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 469 


Südlich vom Piciorul Tziganului, auf Bitea Sfacanilor 
und bis zu dem Gipfel des Caliman-Isvoru erscheinen die Tuffe und 
Breccien nicht mehr, obwohl mächtige Aufschlüsse vorhanden sind. 

Wichtige Beobachtungen über die geologischen Verhältnisse 
zwischen den Andesitlaven und den Tuffen kann man im Westen 
des südlichen Abschnittes, am Bache Bauca, machen. Am Ur- 
sprunge dieses Baches, unter den Gipfeln der Bitca Sfacanilor, 
des Caliman-Ciribuc und in dem oberen Theile des Piciorul 
Scurt, sieht man nur Andesitlaven auf Hunderte von Metern auf- 
geschlossen. Etwas nördlich aber, zwischen dem Caliman-Ciribuc 
und Piciorul Scurt, beobachtet man einen sehr deutlichen 
Wechsel von Andesitlava und Andesitbrececien (Fig. 12). Diese 
letzteren überwiegen nur wenig vor den Andesiten. In dem obersten 
Theile beobachtet, man auf Caliman-Ciribuc eine aus Augit- Andesis 
bestehende, schwammig-poröse Schlacke. 


Fig. 13. 


Neagra. Smida nona. Bätea Sfacanilor. 


Pie. 
Paleului. 


un n un rnenen m 


ee Banon. 
1. Andesittuff- und Breccie. - 2. Pyroxen-Andesit. 
—= Alluvial. — d = Diluvial. 


Bachabwärts, gegen die Bauca - Mündung beginnen die Tuffe 
und Breccien vorzuherrschen, bis schliesslich an der Mündung dieses 
Baches nur eine ganz untergeordnete Andesitlage sichtbar ist. An 
dieser Stelle sieht man am rechten Ufer der Neagra die Andesit- 
breecien sehr schön aufgeschlossen; die eckigen Blöcke erscheinen 
unter der Diluvialdecke wie eine gemauerte Wand. Die vulcanischen 
Auswürflinge bestehen hier aus einer grauen Andesitasche, mit eckigen 
Brocken und sehr grossen Blöcken von verschiedenen Andesittypen 
beladen. Fremde Einschlüsse von alttertiären Sandsteinen und Mergeln 
beobachtet man selten. Auf der linken Seite der Neagra, auf Piciorul 
Paleului, erscheinen die Tuffe und Breceien ebenfalls sehr mächtig 
entwickelt. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass am Rande 
des südlichen Abschnittes der andesitischen Masse fast nur die Tuffe 
und Breecien vorherrschen ; gegen das Innere der andesitischen Masse 
aber beginnen die Laven immer häufiger aufzutreten, bis sie schliesslich 
den Gipfel des Caliman allein bilden. Die vulcanischen Auswürflinge 
keilen also gegen das Innere der eruptiven Masse aus. Dieses Ver- 
hältnis zwischen den Laven und Tuffen habe ich in dem oben- 
stehenden Profil (Fig. 13) zu veranschaulichen versucht. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 60 


Br 


470 Sava Athanasiu. [42] 

Die Andesitbreecien setzen sich Neagra aufwärts bis an die 
Mündung des Paraul Bradului und Paraul Jidanului in der 
Nähe von Gura Haitei fort. 

b) Der nördliche Abschnitt der moldauischen eruptiven 
Masse wird im Süden bis Gura Haitei (= Haitamündung) durch 
den Neagrabach, weiter westlich aber bis zum „triplex confinium“ 
durch die siebenbürgische Grenze begrenzt. An ihrem Östrande 
zwischen dem Neagra- und Grenzbache Sarisoru breitet sich die 
andesitische Masse über die palaeogene Scholle des Neagrabeckens 
aus. Derselbe Tafelbergeharakter, vielleicht noch deutlicher als in 
dem südlichen Abschnitte, begegnet uns auch hier auf den Gipfeln 
des Piciorul Serba, Lucaciu und der Pietrele rosie. 

Wir haben schon erwähnt, dass am Ausgange der Neagra aus 
der eruptiven Masse die Andesitbreceien und -Tuffe vorherrschen. 
Bei der Mündung des Haitabaches in die Neagra (Gura Haitei) zeigen 
sich schon im untersten Theile die Andesitlaven in einer grossen 
Mächtigkeit aufgeschlossen. Das folgende Profil (Fig. 14), von Gura 


Fig. 14. 
Pietrele Pic. : P. Pic. 
rosie. Muncel. Panacu. Paltin. Rachitis. 


120. 


=> nsita. ö 
W.H.Gura Haita. 
1. Pyroxen-Andesit. — 2. Basaltähnlicher Augit-Andesit. — 3. Andesittuff. — 
4. Augit-Andesit (Schlacke). 


Haitei bis zum „triplex confinium“ (Pietrele rosie), zeigt uns im 
unteren Theile, am linken Ufer der Haita und am Bache Panacu, 
diekbankige, basaltähnliche Augit-Andesite, welche auch Olivin 
enthalten; über denselben kommen auf Piciorul Muncel die ge- 
wöhnlichen grauen Andesitlaven, nur durch untergeordnete Tufflagen 
unterbrochen, vor. 

In dem obersten Theile, auf dem tafelförmigen Gipfel des 
Pietrelerosie, sieht man schwärzliche, poröse, manchmal cavernöse 
Andesitschlacken, welche ohne Zweifel auch hier wie in dem obersten 
Theile des Caliman-Ciribue (Fig. 12) die Oberfläche eines Lava- 
ergusses darstellen. 

Ein Durchschnitt zwischen Lucaciu und Dealu Maganu 
(Fig. 15) zeigt uns die Verhältnisse des Ostrandes des nördlichen 
Abschnittes. Die Andesiteonglomerate und -Tuffen herrschen auch an 
diesem Rande vor. Die Unterlage der Tuffdecke ist hier überall’ 
dureh die alttertiären Schichten gebildet: die geologische Grenze 
zwischen diesen beiden Bildungen ist manchmal, wie z. B. auf Pieiorul 


B 
z 


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BE Zu; -— 2 2 ud 


[43] Geologische Studien in den nordinoldauischen Karpathen. 471 


Serba, durch Quellen gekennzeichnet. Zwischen Piciorul Serba 
und Pic. Latu, am Bache Pricobenilor, beobachtet man im 
untersten Theile sehr mächtige Andesitconglomerate mit Bänken von 
gelblichem, vulcanischen Sande wechsellagernd. Die grossen Bomben, 
welche das Conglomerat bilden, zeigen manchmal eine schalenförmige 
Absonderung. Auf einem Hügel, welcher deshalb Bombenhügel (Pieiorul 
Boambelor) heisst, sind diese Conglomerate aus ungeheuren, ge- 
rundeten Blöcken und Bomben sehr mächtig entwickelt und erscheinen 
am Bache Melintenilor in sehr grosser Menge zerstreut. 

Wie man am linken Ufer der Neagra unter Bitea Runeului 
und am Bache Pricobeni zwischen Pic. Latu und Dealu Ma- 
ganu sehr gut beobachten kann (Fig. 15), haben die kräftigen Andesit- 
ausbrüche keine Störung in der ursprünglichen Lage der alttertiären 
Schichten hervorgebracht; dieselben streichen überall N—S und bilden 
regelmässige Falten unter der Tuffdecke. Es unterliegt also keinem 
Zweifel mehr, dass die alttertiären Schichten schon vor der Zeit der 


Fig. 15. 


Lucaci. Pie. Latu. P. Pricobeni. Maganu. 


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1. Sandstein, Mergel und Numulitenkalk (Barton-Ligurische Stufe). — 2. Andesit- 
tuff und Conglomerat. — 3. Pyroxen-Andesit. 


Andesiteruption gefaltet wurden. Auf diesem schon gefalteten und 
erodirten alttertiären Lande haben sich die Lavaergüsse und die 
vulcanischen Auswürflinge ruhig verbreitet. Diese passive Rolle der 
Andesiteruptionen in den Karpathen wurde bereits mehrmals betont. 
Neumayr und Uhlig!) haben gezeigt, dass die Durchbruchmassen 
aus dem Gebiete der südlichen Klippenzone keinen Einfluss auf den 
geologischen Bau dieser Gegend ausgeübt haben. 


Wenn wir alle die oben angeführten Beobachtungen vom vulkano- 
logischen Gesichtspunkte zusammenfassen, so gelangen wir zu dem 
Schlusse, dass die Eruption der Caliman-Andesite mit einem kräftigen 
Aschen- und Blockauswurf angefangen hat. Die mächtig entwickelten 
Tuffe und Breecien, welche wir am Rande der andesitischen Masse 
im unteren Theile angetroffen haben, liefern uns einen Beweis dafür. 
Hierauf sind die Lavaergüsse, in verschiedenen Intervallen durch 


ı) V. Uhlig. Der Pienninische Klippenzug. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1890, pag. 810-811. 
60* 


472 Sava Athanasiu, [44] 


weniger heftige Aschenregen unterbrochen, gefolgt. Den Schluss der 
Eruption bildeten die dünnflüssigen Laven des Oaliman Isvoru und 
Lucaciu, welche nicht die ganze Tuffdecke bis an ihren Rand be- 
decken konnten. 

Auch im Cserhatgebirge ist die Eruption der Pyroxen-Andesite 
in vielen Fällen von Aschenregen und Bombenstreuung eingeleitet 
worden und erst hierauf ist der Erguss der Lava erfolgt '). Auch hier, 
wo die Tuffe-in grösserer Mächtigkeit vorkommen, findet man zwischen 
ihren Schichten hie und da auch eine feste Lavabank, was darauf 
hinweist, dass der Aschenregen mitunter durch Lavaergüsse unter- 
brochen wurde. Im allgemeinen aber liegt die mächtigste Lavadecke 
über den Tuffen. 

Es ist noch zu bemerken, dass die untersten Lagen von Tuffen 
und Breeeien aus der moldauischen eruptiven Masse nicht das erste 
Product der Andesiteruption darstellen, da auch diese Breccien aus 
den versehiedensten Andesitvarietäten bestehen, welche sichtlich von 
einer noch älteren Andesitdecke herrühren. 

Was die Eruptionsform der Oaliman-Adesite betrifft, so ist auch 
hier, wie bei den anderen tertiären eruptiven Massen der Karpathen, 
anzunehmen, dass dieselben aus einem System von fast N—S laufender 
Spalten emporgequollen sind; durch die wiederholten Ausbrüche 
wurden die einzelnen Massen miteinander vereinigt und schliesslich 
zu einem weit ausgebreiteten Plateau aus übereinander gelagerten 
Decken von Lava und losen Auswürflingen gestaltet. Von Kratern, 
vulkanischen Kegeln und Lavaströmen im Hargittazuge hat man bis 
jetzt nie gesprochen. In seiner ganzen Länge von 150 km bildet 
dieser Zug eine zusammenhängende Masse, welche, wie schon F. v. 
Richthofen bemerkt hat, fast nur aus einem Gestein besteht und 
sehr wahrscheinlich nur einer grossen Eruptionsperiode angehört. 

In Bezug auf das Alter der Andesiteruption ist hier anzuführen, 
dass ich in den alttertiären Conglomeraten des Neagrabeckens, in 
unmittelbarer Nähe der andesitischen Masse, niemals Einschlüsse von 
Andesit oder Tuff gefunden habe, während man in den Tuffen und 
Breccien Bruchstücke von alttertiärem Sandstein beobachtet. Diese 
beiden Umstände weisen darauf hin, dass die Eruption der Andesite 
erst nach der palaeogenen Zeit eingetreten ist. Wir werden übrigens 
auf diese Frage noch am Ende dieser Arbeit zurückkommen. 


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Die Beschreibung der Andesite des Calimangebirges. 


Die, von mir in den Jahren 1897—1898 an den verschiedensten 
Punkten des Calimans gesammelten Gesteine (etwa 80 Exemplare) 
habe ich in 75 Dünnschliffen im mineralogischen und petrographischen 
Institute der Wiener Universität besonders vom geologischen Stand- 
punkte aus studirt. Wie schon erwähnt, gehören alle diese Gesteine, 
seien es Lava oder Tuffe, einem und demselben Andesittypus, nämlich 
dem Pyroxen-Andesit an. Einen Hornblende-Andesittypus 
mit einer Neigung zu einer propylitischen Modification habe ich nur 


) Fr. Schafarzik. Op. eit. pag. 360. 


[45] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 473 


ganz untergeordnet zwischen Lucaciu und Pietrele rosie beob- 
achtet. In petrographischer Hinsicht können wir in diesen Andesiten 
folgende Gruppen unterscheiden: 


I. Pyroxen-Andesite. 


A) Augit-Hypersthen-Andesite. Graue, dichte Gesteine, 
welche die Hauptmasse des Calimangebirges von dem untersten Theile 
bis zum Gipfel des Caliman-Isvoru und Lucaciu bilden. Die Haupt- 
gemengtheile sind: Labrador oder ein noch basischerer Plagioklas 
aus der Labrador-Bytonitreihe, Augit, Hypersthen und 
Magnetit. In der Mehrzahl der Fälle herrscht der Augit vor, in 
anderen tritt derselbe neben dem Hypersthen stark zurück und es 
bleiben fast reine Hypersthen-Andesite. In einem beobachteten Falle 
tritt der Bronzit an Stelle des Hypersthens auf. Accessorisch beob- 
achtet man ganz untergeordnet: Hornblende, Olivin und Quarz. 
Was die Structur der Grundmasse betrifft, so ist sie fast immer stark 
mikrolitisch mit einer mehr oder weniger glasigen Basis. 

B) Augit-Hypersthen-Hornblende-Andesite. Es sind 
dies meistens poröse, dunkelgraue oder röthliche Gesteine, manchmal 
mit einer sehr ausgesprochenen porphyrischen Structur. Sie sind sehr 
verbreitet im unteren Theile der andesitischen Masse als Lava, 
meistens aber als Tuffe, und gehören wahrscheinlich zu den ältesten 
Fruptionsgliedern. 

©) Augit-Andesite. Dunkelgraue oder schwarze, basalt- 
ähnliche Gesteine, manchmal als Schlacken vertreten. Sie kommen 
auf dem Gipfel des Caliman-Isvoru, der Pietrele rosie und 
des Piciorul Tziganului, aber auch im unteren Theile am Bache 
Haita und Panacu vor. Als ein treuer Begleiter des Augits kann 
der Olivin bezeichnet werden, in welchem Falle dann diese Gesteine 
einen Uebergang zu den Basalten darstellen. 


I. Amphibol-Andesit. 


Graugrünliche, porphyrische Gesteine. Der Amphibol nähert sich 
der sogenannten propylitischen grünen Hornblende. Kommt ganz 
isolirt zwischen Pyroxen-Andesiten beim „triplex confinium“ vor. 

Es ist selbstverständlich, dass, wie in allen petrographischen 
Detaileintheilungen, auch hier keine scharfe Grenze zwischen den 
verschiedenen Gruppen der Pyroxen-Andesite zu ziehen ist. 
Uebergänge zwischen diesen Gruppen findet man sehr häufig, sowohl 
nach den makroskopischen Merkmalen, als auch im mineralogischen 
Bestande, so dass also in vielen Fällen das Einreihen eines Gesteins 
in eine gewisse Gruppe ganz künstlich erscheint. Auch vom geo- 
logischen Standpunkte können wir nicht immer aus den Lagerungs- 
verhältnissen mit Sicherheit schliessen, ob eine Gruppe älter oder 
Jünger ist als eine andere. Alle diese petrographischen und geologischen 
Verbindungen zwischen den Pyroxen-Andesiten deuten eben darauf 
hin, dass dieser Typus ein sehr einheitlicher ist und einer und der- 
selben grossen Eruptionsperiode angehört. 


474 Sava Athanasiu. [46] 


Vom vulkanologischen Standpunkte können wir in den Pyroxen- 
Andesiten des Calimangebirges unterscheiden: 1. langsam erstarrte, 
dichte, plattenförmig abgesonderte Andesitlaven (die sogenannte 
Plattenlava); 2. an der Oberfläche der Lavaergüsse rasch erstarrte, 
schwammig-poröse Laven. oder Schlacken, und 3. lose vulkanische 
Auswürflinge von den feinsten Aschen, groben vulkanischen Sanden 
und kleinen Brocken, bis zu den grössten Bomben und Blöcken, 
kurz, wir haben es mit Andesittuffen und Andesitbreccien 
und -Conglomeraten zu thun. 


Die mineralischen Bestandtheile der Caliman-Andesite. 


Zu den aus der Grundmasse porphyrisch ausgeschiedenen Haupt- 
gemengtheilen der Pyroxen-Andesite des Calimangebirges gehören: 
Plagioklas, Augit, Hypersthen und Magnetit. Als accessorische 
Gemengtheile beobachtet man: Hornblende, Sanidin, Olivin, 
Bronzit und sehr selten Quarz. 

Plagioklas. Derselbe überwiegt sowohl in der Zahl als auch 
in der Grösse der Individuen weitaus über die anderen Einsprenglinge. 
Auf den Bruchflächen des Gesteines sieht man ihn als glasglänzende, 
schmale Leisten, auf welchen man schon mit freiem Auge die Zwillings- 
streifung bemerken kann, oder als fettglänzende Täfelchen, auf 
welchen keine Streifung sichtbar ist; manchmal ist der Feldspath 
verwittert und zeigt sich als weisse Partie. 

U. d. M. erscheint der Plagioklas in grossen Tafeln oder in 
länglichen Leisten, welche fast immer aus Zwillingslamellen aufge- 
baut sind. Diese Lamellen sind in einzelnen Krystallen verschieden 
dick; neben den Individuen mit zahlreichen dünnen Lamellen beob- 
achtet man auch solche mit verhältnismässig breiten Lamellen, was 
nach Rosenbusch!) besonders bei den basischen Plagioklasen vor- 
kommt. Die Auslöschung zweier polysynthetischer Lamellen in der 
Symmetriezone (001.010) beträgt in den meisten Fällen 250-350, 
was nach Levy?) auf Labrador hindeutet; nicht selten beobachtet 
man auch grössere Auslöschungswerte, einem noch basischeren Pla- 
sioklas aus der Labrador-Bytownitreihe oder dem Anorthit 
entsprechend. Neben diesen, aus zahlreichen polysynthetischen La- 
mellen zusammengesetzten Tafeln sieht man auch fast quadratische 
Schnitte oder längliche Leistchen, welche einfache Krystalle sind 
oder blos nur aus zwei Individuen bestehen. Ob diese Feldspäthe, 
welche immer eine kleinere Auslöschung aufweisen, dem Sanidin 
oder vielleicht dem Oligoklas angehören, konnte ich nicht er- 
mitteln. In einigen Fällen beobachtet man grosse Schnitte mit 
Zwillingsstreifungen in zwei verschiedenen Richtungen, fast senkrecht 
sich schneidend, was auf einen nach dem Albit- und Periklingesetze 
zusammengesetzten Zwilling hindeutet. Nicht selten beobachtet man 
Plagioklasschnitte mit zonaler .Structur, welche unter gekreuzten 
Nicols eine undulöse Auslöschung zeigen, 


!) Rosenbusch. Mikroskopische Physiographie der Mineralien, pag. 05 
2) M. Levy. Etude sur la determination de Feldspath, pag. 31. 


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[47] Geologische Studien in den nordmoldanischen Karpathen. 475 


Die grösseren Plagioklaskrystalle sind meistens ganz erfüllt 
von amorphen Interpositionen der glasigen Basis, welche manchmal 
ganz regelmässig in der Richtung der Streifen angeordnet sind 
Eine äussere Zone bleibt fast immer klar, einschlussfrei, während 
das Innere als ein trüber Kern erscheint, was auf ein anfänglich 
rasches, späterhin aber langsames Wachsthum hindeutet. 

Augit. Der zweite Hauptgemengtheil ist der monoklinische 


- Pyroxen. Derselbe erscheint u. d. M. in blassgrünen oder gelblichen, 


gut ausgebildeten Krystallen oder in grossen Körnern. Häufig beob- 
achtet man achtseitige Querschnitte, begrenzt durch eine fast gleich- 
mässige Entwicklung der Flächen (100).(010).(110). Die Längs- 
schnitte nach (O10) zeigen eine ZI Is cheasserlueie zwischen 25° bis 
40%. Unter gekreuzten Nicols beobachtet man häufig Zwillinge nach 
(100) aus zwei Individuen; seltener sieht man ein drittes Individuum 
als eine schmälere Lamelle in der Mitte eingeschaltet. Die Inter- 
ferenzfarben sind gewöhnlich lebhaft, mit gelben und blauen Tönen. 
Der Pleochroismus ist sehr schwach, bräunlich gelb und blass- 
grün wie im Hypersthen, manchmal aber unmerkbar. 

Als krystallinische Einschlüsse beobachtet man im Augit häufig 
den Magnetit und seltener auch den Feldspath, was darauf hin- 
deutet, dass diese beiden Bestandtheile früher aus dem Magma aus- 
geschieden worden sind als der Augit. 

Hypersthen. Neben dem Augit kommt auch der rhombische 
Pyroxen sehr verbreitet vor. Derselbe erscheint in länglichen Schnitten 
mit Pyramiden- oder Domenflächen, manchmal aber auch in langen 
Säulehen, welche eine deutliche Quergliederung zeigen. Einige 
Schnitte zeigen eine Faserung ||e. Die Querschnitte sind ebenfalls 
achtseitig, wie beim Aueit, aus den Flächen (100). 010). (110) ge- 
bildet; die Prismenflächen aber sind weniger entwickelt. Im gewöhn- 
lichen Lichte erscheinen die Hypersthenschnitte blassgrünlich oder 
bräunlich, manchmal, wenn der Dünnschliff genug dünn ist, fast farb- 
los. Die Interferenzfarben sind viel schwächer als beim Augit. 
Der Pleochroismus ist gewöhnlich sehr ausgesprochen im Blass- 
srün, Bräunliehroth und Bräunliecehgelb. Als Einschlüsse 
sieht man Magnetitkörner, sehr häufig rostähnliche Flecken, welche 
die unregelmässigen Risse des Krystalls erfüllen und ihm eine tief 
rothbraune Farbe geben; seltener beobachtet man eingeschlossene 
Feldspathkryställchen. In einigen Fällen habe ich einen Hypersthen- 
krystall, umgeben von einer Augithülle, beobachtet, woraus zu 
schliessen ist, dass der Hypersthen älter ist als dieser. 

Für die Gliederung der Pyroxen-Andesite in Gruppen 
kommt natürlich zuerst das Mengeverhältnis zwischen dem Augit 
und Hypersthen in Betracht. Wie bekannt, ist aber das Unter- 
scheiden dieser beiden Pyroxene in den Dünnschliffen in manchen 
Fällen nieht ganz leicht. Die Augitquerschnitte genau senkrecht zur 
Prismenzone und die Längsschnitte nach (100) löschen ebenfalls 
gerade aus, wie der Hypersthien 1), und eben diese Schnitte zeigen 


1) F. Becke. Ueber die Unterscheidung von Augit und Bronzit in Andesit. 
Min. u. petrogr. Mitth. V..Bd., 1885, pag. 527. 


476 Sava Athanasin. [48] 


oft einen sehr deutlichen Pleochronismus in denselben Farbentönen 
wie beim Hypersthen '). In solchen zweifelhaften Fällen kann nur 
eine genaue optische Prüfung im parallelen und im eonvergenten 
Lichte eine Entscheidung liefern. 

In den Pyroxen-Andesiten des Oaliman ist der Hyperstben in 
den beiden Gruppen der Augit-Hypersthen- und der Augit- 
Hypersthen-Hornblende-Andesite stark vertreten. Gewöhn- 
lich überwiegt der Augit über den Hypersthen an Grösse der. Körner 
und auch an Zahl der Individuen; es kommen aber auch Dünnschliffe 
vor, in welchen das pyroxenische Element fast nur durch den 
Hypersthen vertreten ist. Es scheint mir aber nicht genug begründet, 
aus diesen hypersthenreichen Andesiten eine besondere Gruppe — 
der Hypersthen-Augit- oder der reinen Hypersthen-Ande- 
site — zu machen, und zwar aus dem Grunde, weil die Beurtheilung 
des Mengenverhältnisses zwischen dem Hypersthen und Augit in 
manchen Fällen ziemlich unsicher ist, und dies von der Zahl der 
Dünnschliffe abhängt, welche man aus einem und demselben Gesteins- 
exemplar angefertigt hat. Auch vom geologischen Standpunkte aus 
sibt es keinen Unterschied zwischen diesen Pyroxen-Andesiten mit 
vorherrschendem Hypersthen und zwischen den gewöhnlichen Augit- 
Hypersthen-Andesiten. | 

Wir haben es also mit einem und demselben Magma zu thun, 
in dessen einzelnen Partien der Hypersthen reicher als der Augit 
ausgeschieden wurde. 

Magnetit Sehr verbreitet in allen Dünnschliffen, erscheint 
er in der Grundmasse als dicht gesäeter Staub und in der Form 
schwarzer, scharf umgrenzter Körner; manchmal beobachtet man 
mehrere aneinander gewachsene und zu Haufen gruppirte Körner. 
Dieselben zeigen fast immer eine dunkelbraune Umrandung; grosse, 
rostähnliche Flecken, manchmal mit einem schwarzen Kern in der 
Mitte, beobachtet man sehr häufig in der Grundmasse. Diese braunen 
Flecken und Partikeln sind also, wie die erwähnte Umrandung, als 
ein Umwandlungsproduct des Maenctits zu betrachten. Wie bekannt, 
liefert der Magnetit bei der Verwitterung durch die Einwirkung von 
kohlensäurehaltigem Wasser Brauneisenerz oder auch Rotheisenerz. 
Als Einschluss findet man den Magnetit sehr häufig in den Pyroxen- 
krystallen, seltener im Feldspath; er ist also das erste Mineral, 
welches aus dem Magna ausgeschieden wurde. 

Die bis jetzt beschriebenen Minerale können als Hauptbestand- 
theile betrachtet werden. Als acecessorische Gemengtheile kommen 
in den Pyroxen-Andesiten des Caliman basaltische Hornblende, 
Olivin, Bronzit, Sanidin und Quarz vor. 

Basaltische Hornblende. Die Schnitte haben fast niemals 
regelmässige krystallographische Umrisse, sondern treten als Bruch- 
stücke von grossen Individuen oder als kleine Körner auf. Sie sind 
immer braun gefärbt, mit sehr kräftigem Pleochroismus im Braun- 
gelb und Dunkelbraun. In der Mehrzahl der Fälle zeigen die 
Hornblendekrystalle eine mehr oder weniger dicke, dunkle Um- 


') Rosenbusch. Mikroskopische Physiographie. I, 1892, pag. 522. 


[49] Geologische Studien iu den nordmoldauischen Karpathen. 477 


randung; höchst selten trifft man Schnitte ohne eine solehe Zer- 
setzungszone. Bei den kleinen Fragmenten beobachtet man nur in 
der Mitte einen kleinen braunen Kern, der übrige Theil aber ist in 
diese schwarze Substanz umgewandelt worden, und es ist sehr wahr- 
scheinlich, dass manche schwarze Körner, welche man als Magnetit 
ansprechen könnte, nur solche, in diese schwarze Substanz voll- 
kommen umgewandelte Hornblendekörner darstellen. Auch an den 
Stellen, wo der Krystall quer gebrochen erscheint, sieht man sehr 
häufig die dunkle Umrandung sich als eine ununterbrochene Zone 
fortsetzen; das deutet darauf hin, dass einige Hornblendekrystalle 
schon während der Umwandlung im fragmentarischen Zustande waren, 
andere aber wurden erst später, nachdem die Zersetzung sich bereits 
vollzogen hatte, gebrochen. Selbst unter der stärksten Vergrösserung 
erweist sich die dunkle Zone als eine vollkommen homogene, iso- 
trope Masse, also nicht als ein peripherisches Ageresat dunkler 
Augitpartikelchen oder Magnetitkörnchen. 

Man hat mehrmals über den Ursprung der dunklen Umrandung 
der Hornblende diseutirt !). Einige Petrographen sprechen von einem 


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4 „Magnetit- oder Augitmikrolithenrande“, als von einem randlichen 
R Zersetzungsproducte der Hornblende. Zirkel hat die Ansicht ge- 
K äussert, dass die Hornblendekrystalle, als zuerst erstarrte Körper, 
H von der umgebenden, noch geschmolzenen Masse oberflächlich alterirt 
? wurden, und dass der schwarze Opacitrand das Product dieser cau- 
A stischen Einwirkung darstelle. Wir hätten es also mit einer Zone 
: magmatischer Umwandlung zu thun ?). 

; A. Becker hat es versucht, auf dem Wege des Experimentes 


einen solchen schwarzen Rand bei den Hornblendekrystallen, welche 
ihn nicht besassen, künstlich zu erzeugen. In den Experimenten 
mit glutflüssigem Amphibol-Andesit und Basalt gelang es ihm 
nicht, die Hornblende mit einem Saum schwarzer Körner zu um- 
geben, sondern nur mit einem coınpacten dunklen Rande, d.h. eben 
das, was wir bei der Hornblende aus den Andesiten des Caliman be- 
obachten. 

Wie Becker bemerkt, besteht diese dunkle Zone aus eisen- 
haltigen Silicaten, welche wohl entstehen müssen, wenn ein kiesel- 
säurehaltiges, glutflüssiges Magma mit bereits vorhandener Horn- 
blende in Berührung tritt. 

Ganz merkwürdig ist die Thatsache, dass man an den benach- 
barten Pyroxenkrystallen niemals eine solche dunkle Umrandung 
sieht. Dieser Umstand kann dadurch erklärt werden, dass der Augit 
schwerer schmelzbar als die Hornblende ist, also nicht von dem 
slutlüssigen Magma alterirt werden konnte, oder dass die Hornblende- 
krystalle unter anderen Erstarrungsbedingungen als die Pyroxene 
gebildet worden sind. Diese letztere Voraussetzung scheint mehr 
Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Das Auftreten der Hornblende 


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1) Arthur Becker. Ueber die dunklen Umrandungen der Hornblenden und 
Biotite in den massigen Gesteinen. Neues Jahrb. f. Min., Geolog. u. Pal., 1883, 
III, pag. 1. 

®) Lehrb. d. Petrographie. 1894, II. Bd., pag. 599. 


Jahrbuch d./k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) Al 


AT8 Sava Athanasiu. 3:0 [50] 


im fragmentarischen Zustande, ihr häufigstes Vorkommen 'in dem 
unteren Theile der andesitischen Masse und in den Tuffen, lässt in 
erösserer Tiefe des vulkanischen Herdes einen älteren, reinen 
Hornblende-Andesit voraussetzen, aus welchem die Hornblende- 
krystalle stammen, die wir soeben betrachtet haben. 

Die basaltische Hornblende kommt ziemlich häufig in der Gruppe 
der Augit-Hypersthen-Hornblende-Andesite und in den 
Tuffen vor, niemals aber herrscht sie über die pyroxenischen Ele- 
mente vor. In der Gruppe der Augit-Hypersthen- -Andesite erscheint 
die Hornblende äusserst selten. 

Olivin. Derselbe kommt gewöhnlich in unregelmässigen, manch- 
mal zersetzten Körnern vor. Wegen seiner starken Doppelbrechung 
erscheint er mit scharfer Umrandung und runzeliger Oberfläche. 
In den basaltähnlichen Augit-Andesiten kommt der Olivin recht 
häufig vor; in den gewöhnlichen Augit-Hypersthen-Andesiten habe ich 
ihn nur in einigen Fällen beobachtet. Wie bekannt, scheint „mit dem 
Eintreten des Olivins in einen Pyroxen-Andesit auch die Menge des 
monoklinen Augits zu wachsen, beides auf Kosten des Hypersthens ?). 
Dasselbe Verhältnis wurde auch von Schafarzik an den Pyroxen- 
Andesiten des Cserhätgebirges constatirt; der Olivin tritt auch dort 
in constanter Begleitung des Augits auf, während er die Gesellschaft 
des Hypersthens meidet ?). 

Bronzit. In einigen Dünnschliffen aus den Prkoxdie -Andesiten 
des Pieiorul Latu (unter dem Gipfel des Lucaciu) habe ich einen 
rhombischen Pyroxen ‚beobachtet, welcher die von Prof. Becke?°) 
segebenen Merkmale des Bronzits zeigt. Die Schnitte, welche am 
meisten vorkommen, sind breit rechteckig durch die Flächen (100) 
und (010) gebildet, an. den Ecken aber durch die weniger ent- 
wickelten (110) abgestumpft. Solche Querschnitte zeigen im parallel 
polarisirten Lichte, bei der gewöhnlichen Dieke guter Dünnschliffe, 
gelblich-weiss I Ord, und eine Auslöschung nach den Rechteckseiten. 
Zwillingsbildung habe ich nicht beobachtet. Es ist noch zu bemerken, 
dass der Hypersthen in solchen bronzitführenden Andesiten ganz 
zurückzutreten scheint. 

Sanidin. Der monokline Feldspath spielt in den Andesiten 
des Caliman eine ganz untergeordnete Rolle. Vielleicht gehören auch 
viele Feldspathschnitte aus der Grundmasse dem Sanidin an. | 

Quarz. In einem Dünnschliffe aus dem grauen Andesit des 
Deluganu habe ich ein einziges Quarzkorn beobachtet. Wahrscheinlich 
ist es als eine den Andesiten ganz fremde Partie oder als ein secun- 
däres Ausscheidungsproduet zu betrachten. 

Die Grundmasse der Pyroxen-Andesite des Caliman besteht 
aus einer mehr oder weniger reichen glasigen Basis, zahlreichen 
Augit- und Feldspathmikrolithen und Opaeciten; eine Anordnung der 
Mikrolithe im Sinne einer fluidalen Structur ist selten deutlich zu 
erkennen. Die Feldspathmikrolithe gehen allmählich übe? in sehr . 


') Zirkel. Lehrb. d. Petr., II. Bd., pag. 813. 
?) Schafarzik. Op. cit. pag. 319. 
®) F Becke. Op. eit. 


Br 


[51] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 479 


schmale, wasserhelle Feldspathleistchen, welche fast immer einfache 
oder nur aus zwei Lamellen bestehende Individuen sind. Ein soleher 
Structurtypus der Grundmasse aus mehr oder weniger reichlicher 
amorpher Substanz und wesentlich aus idiomorphen Feldspathmikro- 
lithen bestehend, wurde von Rosenbusch!) als hyalopilitische 
Struetur bezeichnet. Zirkel hat es einfach mikrolithische 
Struetur oder mit dem sehr plastischen Ausdrucke „ein glasge- 
tränkter Mikrolithenfilz“ genannt. Diese hyalopilitische Structur 
bildet nach Rosenbusch den normalen Typus der Hypersthen- 
Andesite und auch Schafarzik beschreibt sie in den meisten Fällen 
bei den Pyroxen-Andesiten des Cserhätgebirges. Eine pilotaxitische 
Structur, d.h. eine glasfreie, nur aus Feldspathleistchen bestehende 
Grundmasse, konnte ich nicht sicher erkennen. Die vitrophyrische 
Struetur, d. h. wesentlich aus einer glasigen Basis mit noch nicht 
vollständig individualisirten Mikrolithen bestehend, welche also keinen 
Einfluss auf das polarisirte Licht haben, konnte ich in einigen Fällen 
beobachten. Der Unterschied zwischen der Grundmasse und den Ein- 
sprenglingen tritt gewöhnlich sehr ausgesprochen hervor, manchmal 
aber ist es schwer, eine scharfe Grenze zwischen diesen beiden 
zu ziehen. 


Die nähere petrographische Beschreibung der einzelnen 
Andesitgruppen des Calimangebirges. 


I. Pyroxen-Andesite. 
A) Augit-Hypersthen-Andesite. 


1. Deluganu (Fig. 8). Die Andesite, welche am Ostabhange 
des Caliman, auf Dealu Deluganu vorkommen, sind graue, dichte, 
sehr harte und gegen die Verwitterung widerstandsfähige Gesteine. 
Sie zeigen gewöhnlich eine plattenförmige Absonderung und erscheinen 
auf den Schutthalden, welche sie am Fusse der Wände bilden, als 
scharfkantige Bruchstücke oder Scherben. In der. Grundmasse sieht 
man Krystalle von Plagioklas und Pyroxen, was dem Gestein 
eine kleinkörnige, manchmal sehr ausgesprochen porphyrische Structur 
verleiht. Der Plagioklas erscheint in glasglänzenden, schmalen 
Leisten oder in matten, weissverwitterten Täfelchen. Der Pyroxen 
tritt am deutlichsten aus der grauen Grundmasse auf den frischen 
Bruchflächen in der Form dunkelgrüner Körner oder kurzer Prismen 
hervor. Auf den der Verwitterung ausgesetzten Flächen sind die 
Pyroxenkrystalle manchmal herausgefallen und es bleiben an ihrer 
Stelle prismatische, leere Räume. 

U. d. M. besteht die hellgraue Grundmasse aus einer Glasbasis, 
zahlreichen Feldspath- und Augitmikrolithen und Opaeiten. Die glasige 
Basis erscheint in einigen Dünnschliffen sehr reich vertreten, in 
anderen aber wurde sie durch die Bildung der Mikrolithe fast gänzlich 
aufgezehrt. 


!) Rosenbusch. Mikroskopische Physiographie. II. Bd. 1896. pag. 898. 
61* 


480 Sava Athanasiu. [52] 


Die in der Grundmasse ausgeschiedenen Einsprenglinge sind: 
Labrador, Augit, Hypersthenund Magnetit. Als accessorisches 
Element kommt in einem Falle Olivin, in einem anderen Quarz vor. 

Das Mengeverhältnis zwischen Augit und Hypersthen ist 
schwankend. Von sechs Dünnschliffen herrscht in einem der Hypersthen, 
in einem anderen der Augit vor, und in den übrigen sind beide 
Pyroxene fast in gleicher Menge vertreten. 

Diese Gesteine sind also Augit-Hypersthen-Andesite mit 
einer hyalopilitischen Structur der Grundmasse )). 


2. Buccinis (Ostabhang des Caliman in 1530 m Meereshöhe. 
Fig. 8). Das Gestein ist grau mit einem Stich ins Grüne, fühlt sich 
rauh an, besitzt eine ausgesprochen mittelkörnige porphyrische Structur. 
In der Grundmasse sieht man ziemlich grosse Plagioklaskrystalle 
und Pyroxenkörner. U. d. M. Die Grundmasse besteht aus einer 
sehr reichen, dunkelgrauen, glasigen Basis. Die Feldspathmikrolithe 
sind manchmal von solcher Kleinheit, dass eine Wirkung auf polari- 
sirtes Licht kaum wahrnehmbar ist. Wir haben es also hier mit einem 
vitrophyrischen Structurtypus zu thun, was auf eine ziemlich 
rasch erstarrte Lava hindeutet. In einem scharfen Gegensatz zu der 
Grundmasse treten die ausgeschiedenen Gemengtheile in grossen und 
gut ausgebildeten Formen auf, nämlich: basische Plagioklase aus der 
Labrador-Bytownitreihe, Augit typisch entwickelt, Hypersthen 
untergeordnet, manchmal mit einem rostbraunen Rande umgeben, 
und Magnetit. 

Das Gestein ist also als ein Augit-Hypersthen-Andesit mit 
beinahe vitrophyrischer Structur der Grundmasse zu bezeichnen. 


3. Piatra Caliman (unter dem Gipfel des Caliman-Isvoru, 
1860 m Meereshöhe. Fig. 8). Das Gestein hat eine sehr schöne klein- 
porphyrische Structur, ist dicht, sehr hart, in dicken Platten und 
Bänken abgesondert und bildet gegen Osten hohe, senkrechte Wände. 
In der schwärzlichen Grundmasse sieht man kleine Plagioklas- 
krystalle, dunkelgrüne Pyroxenkörner und schwarze, glänzende 
Hornblendeleisten. 

U. d. M. In einer an Mikrolithen sehr reichen glasigen Basis 
sieht man frische Plagioklaskrystalle, deren breite polysynthetische 
Lamellen und grosse Auslöschungswerthe auf einen sehr basischen 
Plagioklas aus der Labrador-Bytownitreihe hinweisen. Schnitte 
mit zonarem Aufbau beobachtet man häufig; die glasigen Interpositionen 
sind mehr auf die Mitte des Krystalls beschränkt, während eine äussere 
Hülle hell bleibt. Augit tritt in unregelmässigen Körnern mit zahl- 


') Die von V. Butureanu aus der andesitischen Masse des Calimans (Delu- 
ganu) als „Diabase ä labrador“ und „Gabro A olivine“ bezeichneten Ge- 
steine (Bull. de la Soc. des Sciences, Bucarest 1899, Nr. 1-2, pag. 102), sind 
höchst wahrscheinlich Pyroxen-Andesite mit ausgesprochen porphyrischer 
Structur. Ueber das geologische Vorkommen dieser palaeovulcanischen Gesteine 
in der andesitischen Masse gibt uns-übrigens Herr Butureanu keine Daten. 
Ebenso sind die Gesteine aus der krystallinischen Masse des Holditzabaches, 
welche Butureanu unter dem Namen „Phonolit“ (Nr. 3—4) erwähnt (a. a. O. 
pag. 97), Diabasporphyrite, so wie ich sie von derselben Stelle beschrieben 
habe (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1899, pag. 142). 


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[53] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 481 


reichen Magnetiteinschlüssen auf, zeigt häufig Zwillingsbildung und 
nur undeutlichen Pleochroismus. Hypersthen ist nicht so häufig 
wie der Augit, mit einem ausgesprochenen Pleochroismus in grünen 
und röthlichen Farbentönen. Basaltische Hornblende, ganz 
untergeordnet, in kleinen Körnern oder Bruchstücken von Krystallen, 
immer von einer schwarzen Zone umgeben; manchmal besteht das 
Hornblendekorn fast ganz aus der dunklen, isotropen Substanz und 
es bleibt nur in der Mitte ein unzersetzter Kern. 

Das betreffende Gestein ist also ein Augit-Hypersthen- 
Andesit mit accessorischer Hornblende und hyalopilitischer Structur 
der Grundmasse. Dieselbe Beschaffenheit zeigen auch die Gesteine 
aus der Bitca Sfacanilor unter dem Gipfel der Piatra-Caliman. 


4, Bach Buccinisch (in der Nähe des Austrittes aus den 
Tuften. Fig. 10). Das Gestein ist schwarz, pechsteinähnlich, fettglänzend 
mit ebenem Bruche. In der Grundmasse sieht man frische, glasige 
Feldspathkrystalle und Pyroxenkörner. U. d. M. Eine glasige Basis 
ist sehr reich vertreten, mit vielen Mikrolithen und schwarzen 
Partikelchen; in der Nähe der grossen Krystalle kann man deutlich 
eine fluidale Anordnung der Mikrolithe beobachten. Die ausgeschiedenen 
Elemente sind: Labrador, dessen grosse Schnitte von zahlreichen 
mit braunem Glas erfüllten Hohlräumen durchzogen sind. Diese 
Interpositionen sind stellenweise parallel den Krystallumrissen ange- 
ordnet. In einem solchen Feldspathschnitte habe ich zwei einge- 
schlossene Augitkrystalle beobachtet. Hypersthen in krystallo- 
graphisch gut begrenzten Säulen mit pyramidalen Flächen, Magnetit, 
Augit untergeordnet. Das Gestein ist also ein Pyroxen-Andesit mit 
vorherrschendem Hvpersthen und sehr reicher glasiger Basis. 


5. Caliman Ciribuc (Ursprung des Baches Bauca in Wechsel- 
lagerung mit Breccien und Tuffen. Fig. 12). Das Gestein ist sehr 
dicht, grau, mit einem Stich ins Grüne, in dünnen Platten abgesondert. 
Die Grundmasse besteht fast nur aus Feldspath- und Pyroxenmikrolithen 
mit einer sehr geringen glasigen Basis. Die grossen Einsprenglinge 
sind: Bytownit und Hypersthen. Das Gestein ist also als 
Hypersthen-Andesit mit stark mikrolithischer Structur der Grund- 
masse zu bezeichnen. 


6. Bach Taetura (Andesitlage zwischen Breccien und Con- 
glomeraten. Fig. 11). Graues, dichtes Gestein mit kleinkörniger, por- 
phyrischer Strucetur. Die Grundmasse mit wenigem Glas und zahl- 
reichen Mikrolithen und Opaciten. Basischer Plagioklas, 
Hypersthen sehr reich, Augit untergeordnet, Magnetit. Wir 
haben es also mit einem Hypersthen-Augit-Andesit von 
hyalopilitischer Struetur mit wenig Glas zu thun. 


7. Neagrabach (an der Mündung der Haita—Gura Haita. Fig. 14.) 
In einer grauen, dichten Grundmasse sieht man schillerspathglänzende 
Plagioklastäfelehen und vereinzelte schwarze Pyroxenkömer, was dem 
Gesteine eine deutlich kleinkörnige, porphyrische Structur verleiht. 
Die Grundmasse, aus einer glasigen Basis bestehend, ist sehr reich 
an Mikrolithen und Magnetitstaub. Die Plagioklaskrystalle sind frisch 


482 Sava Athanasiu. [54] 


und gehören dem Anorthit an. Hypersthen sehr reich in kleinen 
Krystallen. Augit zweifelhaft. Das Gestein ist also ein Hypersthen- 
Andesit mit hyalopilitischer Struetur. 


8. Pieiorul Panaec (linke Seite des Haitabaches. Fig. 14). 
In einer schwärzlichen, diehten Grundmasse sieht man glasglänzende 
Plagioklasleistehen und Pyroxenkörner. U. d.M. erscheint die Grund- 
masse ganz trübe wegen der zahlreichen Opacite. Der Plagioklas ist 
sehr basisch. Hypersthen typisch entwickelt; in einem Schnitte 
sieht man einen Plagioklaskrystall eingeschlossen. Augit in grossen 
Körnern, seltener als der Hypersthen. Hornblende selten. Magnetit. 
Das Gestein erscheint somit als ein Hypersthen-Augit-Andesit 
mit hyalopilitischer Structur. 


9. Lucaciu (beim „triplex confinium“, 1730 m. Fig..15). Das 
Gestein ist dünnplattig abgesondert und bildet auf dem Gipfel des 
Berges eine breite Tafel, welche allseitig von senkrechten Wänden 
umgeben ist. Die dichte, graugrünliche Grundmasse ist stark mikro- 
lithisch mit geringer Glasbasis. Die grossen Einsprenglinge sind: ein 
sehr basischer Plagioklas, Augit und Hypersthen, fast in 
gleicher Menge vertreten; die schmalen Hypersthensäulchen zeigen 
eine Quergliederung. Das Gestein ist als ein Augit-Hypersthen- 
Andesit mit hyalopilitischer Structur zu bezeichnen. 


10. Pieciorul Latu (unter dem Gipfel des Lucaciu. Fig. 13). 
Das Gestein ist demjenigen auf Lucaciu ganz Ähnlich. Neben dem 
basischen Plagioklas aus der Labrador-Bytownitreihe und 
Augit zeigt sich aber auch Bronzit mit den beschriebenen 
Charakteren. Wir haben es also mit einem Augit-Bronzit-Andesit 
zu thun. 


11. Pieiorul Tzarcä. Die Gesteine, welche als Lavabänke 
eingeschaltet in den Andesittuffen und -Conglomeraten am Rande des 
nördlichen Abschnittes, auf Piciorul Tzarcä, Bitca Buzulenilor, 
Piceiorul Serba etc. vorkommen, haben dieselben Eigenschaften, 
wie die oben beschriebenen Pyroxen-Andesite. Der Augit herrscht 
über den Hypersthen vor. Der Plagioklas gehört wahrscheinlich 
Si Bytownit an, die Grundmasse hat eine beinahe pilotaxitische 
Structur. 


B) Pyroxen-Hornblende-Andesite. 


Neben den pyroxenischen Elementen nimmt auch die basal- 
tische Hornblende eine wichtige Rolle an der Zusammensetzung 
dieser Andesite ein; manchmal ist sie fast in gleicher Menge wie 
der Augit und Hypersthen vertreten. Ich kenne aber kein Beispiel, 
wo die Hornblende über die pyroxenischen Elemente vorherrscht. 
Ich betrachte deswegen die Gesteine, in welchen die Hornblende als 
ein sehr häufiger, accessorischer Gemengtheil vorkommt, als einer 
Gruppe der Pyroxen-Andesite, nicht dem reinen Hornblende-Andesit- 
typus angehörig. 

Diese Andesite erscheinen in dem südlichen Abschnitte am 
Buceinischbache aufgeschlossen (Fig. 10). Die sehr steilen Gehänge 


[55] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 483 


dieses Baches, manchmal senkrechte Wände bildend, bestehen in 
ihrem obersten Theile aus mächtigen Decken von Pyroxen-Andesit, 
welchen wir unter Nr. 2 beschrieben haben. Unter dieser Lavadecke 
kommen mächtige Tuffe und Breceien vor, und im untersten Theile 
des Gehänges, im Bette des Baches, erscheinen wieder Andesitlaven, 
welche aber einen ganz anderen Habitus als die bis jetzt beschriebenen 
Andesite zeigen und auch petrographisch sich durch das häufige Vor- 
kommen der basaltischen Hornblende auszeichnen. 

In dem nördlichen Abschnitte der andesitischen Masse habe ich 
die Pyroxen-Hornblende-Andesite nirgends als anstehende Lavabänke 
beobachtet; sie kommen aber als Tuffe sehr verbreitet vor. 

Das Auftreten im unteren Theile der eruptiven Masse, die mehr 
grobkörnige Ausbildung des Gesteins und der wenig basische Feld- 
spath, wie wir bald sehen werden, sprechen dafür, dass dieser 
gemischte 'Andesittypus zu den älteren Lavaergüssen des Caliman- 
gebirges gehört. 

Um die Eigenschaften dieser Andesite näher zu zeigen, werden 
wir die Beschreibung zweier Gesteine von verschiedenem Aussehen 
geben. 


12. Bueeinischbach. Die Exemplare, welche wir hier beschreiben 
wollen, weichen in ihrem äusseren Habitus von den anderen Andesiten 
sehr stark ab. Es sind im frischen Zustande schwarzgrünliche oder 
dunkelbraune, poröse, raulıe Gesteine. mit einer sehr ausgesprochenen 
mittelkörnigen, porphyrischen Structur, so dass man sie makroskopisch 
sar nicht zu den Andesiten rechnen würde, sondern vielmehr als 
porphyritähnliche Gesteine oder als eine Abänderung der Trachyte 
zu betrachten geneigt wäre. Manchmal ist das Gestein schwammig- 
porös und rostbraun oder ziegelroth gefärbt. 

Die Poren und Hohlräume sind ganz erfüllt von eisenschüssigen 
Umwandlungsproducten. In der Grundmasse sieht man glasige Feld- 
spathkrystalle, schwarz-grünliche Pyroxene und schwarze Horn- 
blende. U. d. M. Die Grundmasse besteht aus einer sehr reichen 
dunkelgrauen, glasigen Basis. kleinen Mikrolithen und Magnetitstaub; 
in den verwitterten Exemplaren besteht die Grundmasse fast ganz 
aus einer dunkelrothen Substanz, in welcher schwarze Flecken zer- 
Streut sind. Unter gekreuzten Nicols erscheint diese Substanz im 
durchfallenden Lichte schwarz, im auffallenden aber dunkelroth 
gefärbt. Wir haben es also hier mit einem Umwandlungsproduct 
eines Eisensilicats oder vielleicht auch des Magnetits zu thun. 

Der Feldspath kommt in grossen Tafeln und Leisten vor. 
Die grossen Krystalle erscheinen ganz erfüllt von schlackigen, rost- 
braunen Partiken, nur eine schmale Umrandung bleibt ganz klar. 
Seinen optischen Eigenschaften nach scheint dieser Feldspath einem 
weniger basischen Plagioklas anzugehören. In einem zonalen Schnitte 
beträgt die Auslöschungsschiefe auf (001) — 5°, was einem Andesin 
entspricht; in einem anderen Schnitte war dieselbe auf (010) + 4°, 
was auf einen basischen Oligoklas von der Zusammensetzung 
Ab, An, hindeutet’). 


!) Rosenbnsch. Mikroskopische Physiographie, I. Bd., 1892, pag. 664. 


484 Sava Athanasiu. [56] 


Bei der mikrochemischen Untersuchung mit Kieselflusssäure habe 
ich wasserhelle, isotrope Würfelchen von K, Si Fl, bekommen, was 
für das Vorhandensein eines Kaliumfeldspaths spricht!). Im Ver- 
hältnisse zu den hexagonalen Combinationen des Na, Si FI, ist aber 
die Menge dieser Krystalle verschwindend klein. 

Auch Feldspathschnitte, welche ungestreift sind oder blos aus 
zwei Lamellen bestehen, beobachtet man häufig; es ist wahrscheinlich, 
dass ein Theil dieser Krystalle dem Sanidin angehört. 

Die anderen Bestandtheile sind: Augit in grossen Individuen, 
basaltische Hornblende reich vertreten, Hypersthen und 
Magnetit. Als accessorisch sehr selten Olivin. Es folgt aus dem 
Gesagten, dass die vorliegenden Gesteine einen gemischten Typus 
aus Pyroxen- und Hornblende-Andesit darstellen. Sie sind 
also als Pyroxen-Hornblende-Andesite mit hyalopilitischer 
Structur der Grundmasse zu bezeichnen. Die schwammig-porösen 
Abänderungen stellen die Schlackenschicht dar. 


13. Bucceinisehbach. Das Gestein ist dunkelgrau, porös, 
rauh, mit kleinkörniger, porphyrischer Structur. In der Grundmasse 
sieht man Plagioklaskrystalle, Pyroxenkörner und Hornblende. 
U. d.M. Die dunkelgraue Grundmasse besteht aus einer reichen 
glasigen Basis mit Mikrolithen. Die grossen Einsprenglinge sind: 
Labrador, Augit sehr häufig, Hypersthen untergeordnet, Horn- 
blende in grossen Individuen, Magnetit und selten Olivin. 
Das Gestein ist also, wie das oben beschriebene, en Pyroxen- 
Hornblende-Andesit, nur überwiegt hier der Pyroxen- 
Andesittypus. | 


C) Augit-Andesite. 


Makroskopisch sind diese Andesite manchmal gar nicht von den 
gewöhnlichen Augit-Hypersthen-Andesiten zu unterscheiden; 
meistens sind sie schwärzlich, sehr dicht, einem Basalt ziemlich 
ähnlich. Neben dem sehr basischen Plagioklas aus der Labrador- 
Bytownitreihe oder Anorthit, ist der Augit sehr verbreitet, 
während der Hypersthen nur eine ganz untergeordnete Rolle 
spielt. Als ein fast constantes accessorisches Mineral der Augit- 
Andesite kann der Olivin angesehen werden. Die Augit-Andesite 
treten fast immer in der obersten Partie der andesitischen Masse 
auf, wie auf dem Gipfel des Caliman -Isvoru, Caliman - Ciribuc, 
Pietrele rosie ete.; nur am Haitabache habe ich sie im untersten 
Theile beobachtet. 

Es ist noch zu bemerken, dass die schwammig-porösen, schlackigen 
Laven nur aus Augit-Andesit bestehen. In keinem Dünnschliffe von 
solchen Schlacken habe ich andere Bestandtheile als Plagioklas 
und Augit beobachtet. Es scheint, dass bei der Erstarrung eines 
Lavaergusses sich dieselbe magmatische Separation wie in dem. 
andesitischen Magma des vulcanischen Herdes vollzogen hat. Ich 
werde hier zuerst einige Beispiele von dichten Augit-Andesiten und 
dann von solchen porösen, schlackigen Laven beschreiben. 


') Rosenbusch. Mikroskopische Physiographie, I. Bd., pag. 227—229. 


[57] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 485 


a) Dichte Augit-Andesite. 


14. Caliman-Isvoru (2051 m. Fig. 8). Den breiten, plateau- 
ähnlichen Gipfel des Caliman bildet ein graues, dichtes, in dieken 
Platten abgesondertes Gestein. Die Grundmasse besteht aus einer 
geringen Glasbasis, zahlreichen Plagioklas- und Augitmikrolithen und 
Opaciten. Labrador oder vielleicht ein noch basischer Plagioklas 
gewöhnlich in frischen Krystallen. Augit sehr reich vertreten in 
unregelmässigen Körnern und in krystallographisch gut ausgebildeten 
Schnitten. Magnetit sehr häufig. Das Gestein ist also als Augit- 
Andesit mit mikrolithischer Structur der Grundmasse zu bezeichnen. 


15. Pieiorul Tziganului (1530 m, Ursprung des Baches 
Taetura. Fig. 11). Das Gestein ist schwarz, sehr dicht, in sehr dünnen 
Platten (bis zu lem Dicke) abgesondert. Ausser vereinzelten Olivin- 
körnchen sieht man in der Grundmasse kaum andere krystallinische 
Ausscheidungen. U. d. M. erscheint die Grundmasse trüb und stark 
mikrolithisch; die krystallinen Gemengtheile sind ziemlich zersetzt, 
man kann aber doch Labrador, Augit und zahlreiche Olivin- 
körner erkennen. Wir haben es also hier mit einem Augit-Andesit 
zu thun, den man ganz gut als einen Basalt betrachten könnte. Auch 
die Lagerungsverhältnisse sprechen, wie man aus dem Profil Fig. 11 
ersieht, dafür, dass dieses Gestein jünger als die gewöhnlichen grauen 
Andesite ist. 


16. Haitabach (Fig. 14). Am Ufer des Haitabaches, jenseits 
der moldauischen Grenze, an der Stelle, wo Spuren von alten Berg- 
werken sich befinden, kommen unter den Tuffen und Breceien 
schwärzliche, sehr dichte Gesteine vor. Unter der Lupe sieht man 
auf den Bruchflächen glänzende Leistchen und Täfelchen von Plagioklas 
und Pyroxenkörner. U. d. M. zeigt sich, dass die Grundmasse aus 
einer nicht reichen Basis, vielen Mikrolithen und Magnetitstaub 
besteht; zwischen den kleinen Krystallen der Grundmasse und den 
orossen Einsprenglingen bemerkt man alle Uebergänge. Der Plagioklas 
mit sehr breiten Zwillingslamellen und grossen Auslöschungswerten 
gehört dem Anorthit an. Augit typisch. Einige längliche Schnitte 
mit feiner faseriger Structur, gerader Auslöschung und ohne Pleo- 
chroismus gehören wahrscheinlich einem rhombischen Pyroxen an. 
Olivin, in einigen Dünnschliffen sehr reich vertreten, fehlt in 
anderen. Dieselbe Eigenschaft haben auch die Gesteine, welche am 
Bache Panacu unter den Tuffen vorkommen. 


b) Schlackige Augit-Andesite. 


Eine geschmolzene Gesteinsmasse überzieht sich äusserlich in- 
folge einer raschen Abkühlung mit einer blasigen oder schlackigen 
Schichte, der sogenannten „Schlackenschichte‘. Dort, wo die Lava 
nicht in Berührung mit der freien Luft oder mit kalten Gegenständen 
kam, erstarrte sie langsam zu dichter Plattenlava, ohne eine Schlacken- 
schicht an ihrer Oberfläche zu bilden. Bei den mehrmals wiederholten 
Lavaergüssen der mächtigen Eruptivmasse des Caliman ist voraus- 
zusetzen, dass mehrere solche in verschiedenen Niveaus gelegene 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (S. Athanasiu.) 62 


486 Sava Athanasiu, [58] 


Schlackenschichten anzutreffen sein werden. In der That habe ich 
dieselben in verschiedenen Punkten der andesitischen Masse getroffen, 
sowohl als zusammenhängende Lavabänke, wie auch als Blöcke in 
den Andesitbreceien und -Tuffen. Solche Vorkommnisse sind zu er- 
wähnen: auf Piciorul Caliman-Ciribue in ungeheuren Blöcken, 
auf BiteaRuncului, am Bache Buccinisch und Deluganu etc. 
Am schönsten aber sind die Andesitschlacken auf dem Gipfel der 
Pietrele rosie beim „triplex confinium* zu beobachten. Ich werde 
hier die Beschreibung dieser schon von Alth erwähnten Gesteine geben. 


17. Pietrele rosie (1700 m. Fig. 14). Die Gesteine, welche 
die Felsen der „rothen Steine“ bilden, sind grob porös oder schwammig, 
schwärzlich, mit dem ausgesprochensten Charakter einer Schlacke. 
Die Hohlräume sind nicht nach einer Richtung hin ausgezogen, sondern 
haben mehr runde oder vielfach verzweigte Formen, was auf ein 
rasches Erstarren an der Oberfläche eines gestauten oder sehr langsam 
fliessenden Lavaergusses hindeutet. Die inneren Wandungen der Blasen- 
räume sind gewöhnlich glatt, nur mit einem dunkelgrauen Häutchen 
bekleidet; die Poren und die kleineren Hohlräume aber erscheinen 
manchmal ganz erfüllt von einer gelblichen zeolitartigen Ausscheidung, 
welche u. d. M. eine feinfaserige Structur zeigt und als doppelbrechend 
sich erweist. In der schwarzen Grundmasse sieht man unter der Lupe 
Plagioklasleistechen und einzelne Pyroxenkörner. U. d. M. erkennt 
man, dass die Grundmasse fast ausschliesslich nur aus einer dunkel- 
grauen Glasbasis besteht. Die grossen Einsprenglinge sind: Labrador 
in grossen Tafeln, meistens von schlackigen Einschlüssen erfüllt, nur 
am Aussenrande von einer klaren Zone umgeben; häufig sieht man 
eine zonale Anordnung dieser Einschlüsse. Bei dem einfachen oder 
zonal struirten Schnitte beobachtet man eine verschiedene Auslöschung 
zwischen Kern und äusserer Zone. Schlackige, isotrope Partien mit 
einer. Feldspathhülle umgeben, sind ziemlich häufig, Augit typisch 
entwickelt. Hypersthen fehlt fast gänzlich, wenigstens von 6 Dünn- 
schliffen habe ihn nur in zwei erkannt. 

An den Wandungen der Hohlräume sieht man nicht selten, dass 
die Plagioklas- und Augitkrystalle mit ihren Ecken in die Hohlräume 
hinausragen, was darauf hindeutet, dass zuerst diese Krystalle aus 
dem Magma ausgeschieden wurden und erst später, während die Lava 
noch im zähflüssigen Zustande war, die Blasenräume durch das 
Entweichen der Gase an der Oberfläche des Lavaergusses ent- 
standen sind. 

In der Nähe der Pietrele rosie, auf dem Rücken zwischen „triplex 
confinium“ und Lucaciu, kommen Andesitschlacken vor, welche wie 
diejenigen am Buccinisch ziegelroth gefärbt sind. Wahrscheimlich ver- 
danken diesem Umstande die „rothen Steine“ ihren Namen. Solche 
poröse, eisenschüssige Laven sind oftmals von der Oberfläche der 
Lavaströme der heutigen Vulcane beschrieben worden. 

Aus den angeführten Merkmalen ergibt sich, dass die vor- 
liegenden Gesteine als Augit-Andesite mit vitrophyrischer 
Structur zu bezeichnen sind. Sie stellen die Schlackenschichte an 
der Oberfläche eines Lavaergusses dar, 


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[59] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 487 


II. Hornblende-Andesit. 


Dieser Andesittypus kommt in unserem Gebiete ganz isolirt auf 
dem Rücken zwischen „triplex confinium“ und Lucaciu vor. Ob er in 
der Form eingeschalteter Lavabänke oder von Gängen oder Stöcken 
in den Pyroxen-Andesiten auftritt, konnte ich nicht feststellen. Die 
Eigenschaften dieses Gesteins sind folgende: 

In einer fast dichten, graugrünlichen Grundmasse sieht man 
kleine, meistens weissverwitterte Plagioklaskrystalle und zahlreiche 
Säulen von Hornblende, was dem Gestein eine sehr ausgesprochene 
mittelkörnige, porphyrische Structur verleiht. 

U. d. M. erscheint die Grundmasse fast holokrystallinisch aus- 
gebildet; eine glasige Basis ist vielleicht nur als ein Häutchen zwischen 
‚den krystallinischen Gemengtheilen vertreten. 

Der Plagioklas gehört dem Labrador an. Die Hornblende- 
schnitte haben eine braungrünliche oder braungelbe Farbe mit 
kräftigem Pleochroismus. Eine dunkle Zone magmatischer Umwandlung 
habe ich ganz vereinzelt beobachtet; im allgemeinen nähert sich 
diese Hornblende mehr der sogenanuten propylitischen grünen Horn- 
blende als der basaltischen. Wir haben es also mit einem Horn- 
blende-Andesit mit gewissen Anklängen an die propylitische 
Facies zu thun. 

Solche Gesteine mit Uebergängen gegen die sogenannte Grün- 
stein-Modification sind mehrmals von A. Koch ') und Doelter?) 
aus Siebenbürgen beschrieben worden. An mehreren Stellen in der 
(zegend von Rodna und Olähläposbänya sind diese Andesite mit den 
normalen Andesiten innig verbunden. Ein typischer Propylit mit 
den von Zirkel?) gegebenen Merkmalen ist in dem vorliegenden 
Gesteine nicht vorhanden. 

Es ist noch zu bemerken, dass dieser Andesit in dem obersten 
Theile der andesitischen Masse des Caliman auftritt. 


Andesittuff. 


Ein Blick auf eine geologische Karte des Hargittazuges *) zeigt 
uns, dass diese eruptive Masse ihrer ganzen Länge nach im Osten 
und Westen von einer sehr breiten Zone von Tuffen, Breccien und 
Conglomeraten umgeben wird, welche auf den betreffenden Karten 
unter dem allgemeinen Namen „Trachyttuff“ eingezeichnet sind. 
Ein eingehenderes Studium dieser Bildungen fehlt bis jetzt beinahe 
gänzlich und es ist nicht bewiesen, dass alle diese Auswürflinge 
derselben Eruptionsperiode, wie die Andesitlaven, angehören. 

Wie aus den Beschreibungen von Herbich hervorgeht, ist die 
petrographische Zusammensetzung dieser Auswurfsproducte sehr ver- 


!) A. Koch. Petrographische Untersuchungen der trachytischen Gesteine 
des Czibles und von Olählaposbänya. Földt. Közlöny 1880, pag. 219. 
2) C. Doelter. Ueber das Vorkommen von Propylit und Andesit in Sieben- 
bürgen. Min. u. petrogr. Mitth., 1I. Bd., 1880. pag. 1. 
®) Zirkel. Lehrb. der Petrogr., II. Bd., pag. 586. 
*) Herbich. Op. eit. 1878 und die geolog. Uebersichtskarte v. Ungarn, 1396. 
62* 


488 Sava Athanasiu. [60] 


schieden; einige von diesen Tuffen sind echte trachytische Tuffe 
und stellen eine ältere vulkanische Decke dar, über welche die 
Andesiteruptionen sich verbreitet haben; ein anderer Theil sind 
quarzführende Andesittuffe oder dacitische Tuffe (der sogen. 
Palla) und gehören ebenfalls einer älteren Eruptionsperiode an, ein 
Theil endlich sind echte Andesittuffe. 

Auf der moldauischen Seite des Calimangebirges sind die Andesit- 
tuffe und -Breceien sehr mächtig entwickelt. Wie ich schon bei der 
Beschreibung der geologischen Verhältnisse erwähnt habe, bilden 
diese Tuffe an der westlichen und südlichen Umrandung des Neagra- 
beckens einen ununterbrochenen Saum; die Lavabänke erscheinen 
hier ganz untergeordnet. Gegen das Innere der andesitischen Masse 
wird die Lava immer häufiger angetroffen, bis sie auf dem Gipfel 
des Caliman-Isvoru und der Pietrele rosie allein vorherrscht. 
Aus diesen Beobachtungen haben wir geschlossen, dass die Tuffe 
segen das Innere der andesitischen Masse auskeilen (Fig. 13). Wir 
müssen noch in Betracht ziehen, dass die Breite der andesitischen 
Masse des Caliman etwa 60 km beträgt und auf die moldauische 
Seite nur ein verhältnismässig schmaler Streifen fällt, weleher im 
südlichen Theile zwischen Caliman-Isvoru und Paltinisch 12km, im 
nördlichen Theile aber zwischen Lucaeceiu und Maganu nur 5km 
beträgt. Es ist also begreiflich, dass auf dieser Seite der feste Lava- 
kern nicht überall anzutreffen ist. Wenn wir aber ein Profil quer 
dureh die ganze Breite des Caliman durchführen würden, so werden 
wir irgendwo gegen die Mitte dieser Masse einen festen Lavakern 
antreffen, gegen welchen beiderseits die Auswürflinge auskeilen würden. 

Die andesitische Masse des Caliman erscheint uns also als eine 
aus einem N—S angeordneten Spaltensystem emporgequollene Lava- 
masse, deren Eruption mehrmals durch heftige Aschen- und Block- 
regen unterbrochen wurde. Je nach der Heftigkeit des Ausbruches 
wurden diese losen Auswurfsproducte mehr oder weniger weit von 
der Eruptionslinie geschleudert und kamen in verschiedenen Ent- 
fernungen von derselben zur Ablagerung. Die darauf emporgequollene 
flüssige Lava konnte die breite Tuffdecke nicht bis an ihren äussersten 
Rand bedecken, und so blieben östlich und westlich von der Erup- 
tionslinie nur Tuffe und Breecien, welche bei den folgenden Eruptionen 
immer mächtiger wurden. Der erste Ausbruch scheint durch Aschen- 
und Blockregen eingeleitet worden zu sein, da in dem untersten 
Theile der moldauischen Masse solche Auswürflinge sehr mächtig und 
häufig vorkommen. Die bis zu 1 m? grossen Andesitblöcke, welche in 
den Breceien vorkommen, zeigen, dass ihre Ausbruchstelle nicht so 
weit von dem heutigen Gipfel des Caliman entfernt war. 

Wie in der Hargitta, so erreichen auch auf der moldauischen 
Seite des Ualiman die Tuffe, Breceien und Conglomerate eine 
bedeutende Mächtigkeit und steigen bis über 1500 m Meereshöhe an 
dem Abhange des Gebirges auf. F.v. Riehthofen!) hat aus dieser 
Thatsache auf eine Meeresbedeckung und Hinabsinken des Bodens 
zur Zeit der Ausbrüche der „grauen Trachyte“ geschlossen: „während 


') Ferd. v Richthofen. Op. eit. 1860, pag 160. 


EP na u A; MH Ts vr ee Pe 


[61] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 489 


der Periode der Trachyteruptionen senkte sich das Festland allmälig 
in das Meer hinab, und dieses drang weiter und weiter vor, bis es 
ungefähr in der Periode der letzten Eruptionen am weitesten in das 
Land eingriff und die Gebirge am höchsten bedeckte.* 

In den Tuffen des moldauischen Caliman habe ich nirgends 
einen organischen Rest oder irgend eine Spur gefunden, welche auf 
ihre Ablagerung im Wasser hindeuten würde. Viele Tuffe haben zwar 
ein schlammiges Aussehen, das kann aber nachträglich durch das 
infiltrirte Wasser hervorgerufen worden sein. Wir haben es also mit 
auf dem trockenen Lande gefallenen Aschen und Blöcken zu thun. 

Die Formen unter denen die vulkanischen Auswürflinge auftreten, 
sind sehr verschieden: die feinen Tuffe sind grau oder schwärzlich 
gefärbt und wechseln gewöhnlich mit den Breccien und Conglomeraten. 
Einen groben, gelblichen, vulkanischen Sand beobachtet man zwischen 
den Conglomeraten auf Piciorul Tarcä. Am häufigsten zwischen 
diesen Bildungen kommen Breecien vor. Dieselben, wie wir sie 
typisch am Ufer der Neagra und am Baucabache beobachten können, 
bestehen aus Brocken von verschiedenen Andesit-Varietäten; nicht 
selten beobachtet man auch ungeheure Blöcke bis zu ln im Durch- 
messer. Die Zwischenräume dieses Trümmerwerkes sind gewöhnlich 
von grobem Tuff ausgefüllt; manchmal aber sind sie locker, ohne ein 
besonderes Bindemittel. Zwischen diesen Breecien und den feinen 
Tuffen gibt es alle möglichen Uebergänge. Unter den eckigen Bruch- 
stücken kommen oft auch gerundete Blöcke vor, so dass also der 
Name Breccie oder Conglomerat als einheitliche Bezeichnung 
für diese Formen nicht mehr angewendet werden kann. Typische 
Andesit-Conglomerate aus runden Bomben beobachtet man auf Pie. 
Tareä und Pie. Boambelor 

Was die mineralogische Zusammensetzung der Tuffe betrifft, so 
habe ich erwähnt, dass eine vollkommene Uebereinstimmung zwischen 
ihren Bestandtheilen und denjenigen der Andesitlaven besteht. Nirgends 
habe ich echte Trachyttuffe oder Daeittuffe beobachtet, sondern überall 
haben wir es nur mit Pyroxen-Andesittuffen zu thun; unter 
diesen herrscht die Gruppe der Pyroxen-Hornblende-Andesite 
vor. In 12 Dünnschliffen aus den Tuffen konnte ich keinen reinen 
Augit-Andesit beobachten. Es kommen zwar in den Breccien 
hellgraue, rauhe Bruchstücke vor, die einem Trachyt ganz ähnlich 
sind; unter dem Mikroskop erkennt man aber, dass auch diese 
Gesteine dem Pyröxen-Andesit angehören. Es ist noch zu bemerken, 
dass viele zersetzte Andesit-Tuffe, z. B. auf Pie. Panaecului, 
Runcuetc. das Aussehen eines Trachyts haben. Der Name Trachyt 
ist also auch für diese Tuffe nicht im mindesten berechtigt. 

Professor L. Mrazec!) hat eine eingehende mikroskopische 
Analyse eines Andesittuffs aus der Umgebung von Bacau gegeben. 
Dieser Tuff stimmt vollkommen mit den Tuffen des Caliman überein 
und gehört ebenfalls einem Pyroxen-Andesit an. Neben dem 
Plagioklas aus der Labrador-Bytownitreihe und dem Augit 


') L. Mrazec. Note sur un tuf andesitique des environs de Bacau. Bullet. 
de la Soc. des sc. Bucarest 1898, Nr. 2. 


490 Savya Athanasiu. [62] 


kommen noch untergeordnet Hypersthen, basaltische Horn- 
blende und Olivin vor. In Bezug auf die mineralischen Bestand- 
theile des Andesittuffs weise ich auf die erwähnte Arbeit Mrazee's 
hin. Hier möchte ich, der Vervollständigung wegen, nur einige Bei- 
spiele anführen. 

Grauer Andesittuff. (Bätea Runcului am linken Ufer der 
Neagra). Das Gestein hat eine hellgraue Farbe, ist porös, rauh, mit 
dem Aussehen eines Trachyts. In der Masse sieht man Bruchstücke 
von Andesitlava, kleine weisse Partien einer kaolinartigen Substanz 
und Fragmente von Pyroxen- und Hornblendekrystallen. U. d. M. 
erkennt man keine bestimmte Structur, sondern nur ein fragmen- 
tarisches Aggregat von Plagioklas, Sanidin, basaltische 
Hornblende, Augit und Hypersthen. Im allgemeinen sind all 
diese Elemente stark zersetzt und voll Einschlüsse. Bei den grösseren 
Plagioklasschnitten beobachtet man häufig, dass der Kern.des Krystalls 
ganz trüb und nur von einer schmalen Hülle unzersetzter Feldspath- 
substanz umgeben ist... Die Zersetzung hat also von der Mitte aus 
angefangen, wie das bei derartigen Feldspathen häufig beobachtet 
wurde; das deutet darauf hin, dass im Anfange das Wachsthum 
schneller vor sich gegangen ist, und dass der. Krystall viele Flüssig- 
keitseinschlüsse aufgenommen hat, welche später die Zersetzung 
hervorriefen. Manchmal beobachtet man, dass der innere Theil des 
Feldspathkrystalls sauer ist und aus Orthoklas besteht, während die 
äussere Zone einem Plagioklas gehört. Der Plagioklas mit sehr breiten 
Zwillingslamellen und hohen Interferenzfarben gehört dem Anorthit 
an. Der Sanidin untergeordnet, aber doch sicher vertreten. Die 
Hornblende sehr häufig. Dieser Tuff ist also ein Pyroxen- 
Hornblende-Andesit. 

Dunkelgrauer Andesittuff (Paräul Täetura). Der Tuft- 
charakter möglichst klar ausgesprochen; in einer schwärzlichen, 
schlammigen Masse sieht man zahlreiche Bruchstücke von verschiedenen 
Andesitlaven. Dieselbe mineralogische Zusammensetzung wie oben, 
Stellt den verbreitetsten Typus von Tuffen dar. 

Vulkanischer Sand (Pie. Tarcä). Es ist dies ein gelblich- 
brauner, schwach eementirter Sand, welcher einzelne Lagen zwischen 
den Andesit-Conglomeraten bildet. Der Plagioklas gehört dem Anorthit 
an. Augit und Hypersthen fast in gleicher Menge vertreten. 

Aus den angeführten Beispielen geht hervor, dass alle die Tuffe 
aus der moldauischen Masse des Caliman, mit Ausnahme derjenigen, 
welche wir am Dragoiasabache beschrieben haben, dem Pyroxen- 
Andesittypus angehören und aus derselben Eruptionsperiode wie die 
Andesitlaven stammen. 


Geologisches Alter der Andesiteruptionen in den Ostkarpathen. 


Wir haben schon gezeigt (Fig. 15), dass die palaeogenen Ab- 
lagerungen von Neagra Sarului dort, wo sie in Berührung mit der 
andesitischen Masse kommen, immer die Unterlage der Tuffe und 
der vulcanischen Breceien bilden. Nirgends habe ich ein Tufflager 
eingeschaltet in diesen Schichten oder irgend ein Bruchstück von 


” 


[63] Geologische Studien in den nordmoldauischen Karpathen. 491 


Andesit in den palaeogenen Conglomeraten beobachtet. Die oben 
erwähnte palaeogene Scholle gehört aber dem obersten Eocän und 
wahrscheinlich auch dem untersten Oligocän — der ligurischen Stufe 
— an). Die Eruption der Caliman-Andesite ist also nach der Ab- 
lagerung dieser Schichten erfolgt. 

Vom Nordende des Galimangebirges, bei Borgo-Prund, 
erwähnt A. Koch?) im Liegenden der lignitführenden Andesittuffe 
und -Breccien Bänke von dacitischem Tuff (Palla), welcher, 
wie bekannt, in diesem Theile der Karpathen überall der miocänen 
Salzformation angehörig betrachtet wird. Gegen Borgo-Maroscheni 
und weiter gegen Norden bis Rodna herrschen nach Koch die ober- 
oligocänen Schichten (aquitanische Stufe) vor, welche an vielen 
Punkten von den Andesiten durchbrochen werden. 

In Marmarosch (Izathale), im Comitate Szilägy und in der 
Gegend von Nagybänya haben J. Böckh?), Roth v. Telegd*) und 
A. Koch) dieselben Verhältnisse in Bezug auf das Alter der Andesit- 
eruption constatirt. In allen diesen Gegenden sind die Pyroxen-Andesit- 
ausbrüche am Ende der zweiten mediterranen oder schon in der 
sarmatischen Stufe vor sich gegangen. 

Im Hargittagebirge kommen nach Herbich®) die Andesittuffe 
manchmal als Zwischenlager in den sarmatischen Schichten, an vielen 
Stellen aber auch in den pliocänen Schichten — der sogen. Lignit- 
bildung — des Szeklerlandes vor. Die neueren Untersuchungen von 
Lörenthey’) haben gezeigt, dass diese Lignitbildung nicht den 
Congerienschichten, wie man früher angenommen hat, sondern der 
levantinischen Stufe angehört. Es wäre nur zu bedenken, ob das 
Vorkommen der Andesittuffe in diesen Jüngsten Süsswasserablagerungen 
nicht vielleicht auf eine secundäre Lagerung zurückzuführen sei. 

Auch der von Prof. Mrazee aus der Umgebung von Bacau 
beschriebene Andesittuff gehört nach Dr. Teisseyre?°) der jüngsten 
Neogenzeit an. 

Aus den oben angeführten Beobachtungen geht hervor, dass die 
Eruption der Andesite in den Ostkarpathen in der zweiten Hälfte 
der Miocänzeit angefangen und bis an das Ende des Pliocäns fort- 
gedauert hat. 

Ueber das geologische Alter des Trachytausbruches am Dragoiasa- 
bache erlauben uns die stratigraphischen Verhältnisse keinen weiteren 


!) Geologische Beobachtungen in den nordmoldauischen Karpathen. Ver- 
handl. d. k. k. geol. R.-A. 1899, Nr. 5. 

?) Ant. Koch. Geologische Beobachtungen in Siebenbürgen. Földtani Közl. 
1593, pag. 86 

») J. Böckh Daten zur Kenntnis der geologischen Verhältnisse im oberen 
Abschnitte des Izathales. Mitth. aus dem Jahrb. d. k. ung. geol. Anst., XI. Bd., 
pag. 87 u. 66. 

*) L. Roth v. Telegd. Studien in erdölführenden Ablagerungen Ungarns. 
1. Umgebung von Zsibö im Comitate Szilägy. Mitth. d. k. ung. geol. Anst. 1887. 

5) Ant Koch u. A. Gesell. Die Gegend von Nagybänya. Erläuterungen 
zur geologischen Specialkarte von Ungarn. Budapest 1898, pag. 10. 

°, Herbich. Szeklerland, pag. 262—297. 

') Lörenthey. Ueber die geologischen Verhältnisse der Lignitbildung des 
Szeklerlandes. Ertesitö 1895. 

®) Nach freundl. Mitth. von Mrazec. 


492 Sava Athanasiu. [64] 


Schluss zu ziehen, da der Trachyttuff auf dem krystallinischen Schiefer 
liegt und keine organischen Reste enthält. Nach Anton Koch?) fällt 
der Trachytausbruch in Ostsiebenbürgen in das Mitteloligocän (Tongrien). 
Ich habe schon erwähnt, dass die Lagerunesverhältnisse zwischen 
Andesit und Trachyt amı Dragoiasabache uns sehr deutlich zeigen, 
dass der Trachyt älter als der Andesit ist. 

Was das Altersverhältnis der verschiedenen Andesitgruppen, die 
wir im Caliman unterschieden haben, betrifft, so haben wir gesehen, 
dass die gemischte Gruppe der Pyroxen-Hornblende-Andesite 
älter als die der Augit-Hypersthen-Andesite und der reinen 
Augit-Andesite ist. Die Aufeinanderfolge der auf der moldauischen 
Seite des Caliman sich befindenden jungvulkanischen Gesteine wäre 
also, von dem ältesten angefangen, folgende: Trachyt, Pyroxen- 
Hornblende-Andesit, Augit-Hypersthen-Andesit und 
Augit-Andesit. 

Diese Reihenfolge steht in Uebereinstimmung mit den Beob- 
achtungen der ungarischen Geolegen, nämlich, dass fast überall in 
den Karpathen die tertiäre vulkanische Thätigkeit mit den saueren 
Gesteinen (Trachyt und Rhyolith) angefangen und mit den basischeren 
Gliedern (Andesit und Basalt) geendet hat. Von einer sogenannten 
Richthofen’schen Reihe: Propylit, Andesit, Trachyt, 
Rhyolith und Basalt kann also, wenigstens für die Karpathen, 
nicht mehr die Rede sein. 


Am Ende dieser Arbeit erfülle ich eine angenehme Pflicht, allen 
denen, die in irgend einer Weise meine Bestrebungen unterstützt 
haben, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Vor allem gilt 
dies von meinen hochverehrten Lehrern an der Wiener Schule, 
Ed. Suess, Th. Fuchs, W.Waagen, G.Tschermak, Fr. Toula, 
Ed. Reyer, F. Berwerth, F. Wähner und K. Diener, von 
Prof. Anton Pelikan, der mich bei der petrographischen Beschreibung _ 
immer mit Bereitwilligkeit unterstützt hat, von Herrn G. v. Arthaber, 
Privatdocent und Adjunkt am palaeontologischen Institute, von Prof. 
Victor Uhlig in Prag und L. Mrazec in Bukarest für ihre 
belehrenden Mittheilungen und von dem Chef des Minendienstes in 
Bukarest, Ingenieur C. Alimänesteanu. 

Ebenso spreche ich meinem guten Freunde und Collegen, 
Herrn Julius Enderle, der mir bei der sprachlichen Verbesserung 
dieser Arbeit bereitwillig helfend die Hand reichte, meinen wärmsten 
Dank aus. : 


!) Ant. Koch. Die Tertiärbildungen Siebenbürgens. 1894. I. palaeogene 
Abtheilung. Tabelle. 


Geologische Studien in den tertiären und 


jüngeren Bildungen des Wiener Beckens. 
Von Felix Karrer. 
Mit einer lithographirten Tafel (Nr. XIV) und einer Zinkotypie im Text. 
11. Die neuen Canalisirungen im XIX. Bezirk (Döbling). 


a) Der Hohe Warte-Canal. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Nord nach Süd.) 


Zu dem grossen Complex der Verkehrs- und Assanirungsarbeiten 
im XIX. Bezirk (Döbling) gehören neben der Stadtbahn, dem grossen 
Sammelcanal in der Nussdorferstrasse, sowie der Einwölbung des 
Krotten- und Arbesbaches, die Herstellung von Canälen, die in 
letzteren einmünden und die Canalisirung dieses Bezirkes in ein 
System bringen. (Vollendet 1896.) 

Während der von der Donau rechtseitig gelegene Hauptsammel- 
canal des XIX. Bezirkes, an der Einmündung des Schreiberbaches 
am Hauptplatze in Nussdorf beginnend und durch die Nussdorfer- 
strasse, beziehungsweise Geroldgasse ziehend, bis zur Einmündung 
des Krottenbach-Canales (1926 Meter lang) in angeschüttetem Boden, 
in Silt und Schotter der Donau -Alluvien verläuft und bis in Tiefen 
von 3°5 bis 4°8 Meter sich bewegt, hat der zunächst folgende, sehr 
hoch gelegene Canal „Hohe Warte“ wichtige und interessante 
Aufschlüsse ergeben, welche im Verein mit den Canälen der Silber- 
gasse, der Leidesdorf-, Obkirchner-, Friedl-, Weinzinger- 
und Medlergasse das geologische Bild der Gesammtaufschlüsse 
im XIX. Bezirk wesentlich ergänzen. 

Der hier zuerst in Rede stehende Canal mündet, vom höchsten 
Punkte der Hohen Warte (von der Geweystrasse an) beginnend und 
längs der ganzen Hohe Warte—Villenstrasse, der meteorologischen 
Centralanstalt bis zur Nusswaldlgasse verlaufend, wobei er früher 
die Stadtbahn bei der Barawitzkagasse unterfährt, in den Canal des 
Krottenbaches !), 4 Meter über der Sohle desselben. 

Er ist 828 Meter lang und bewegt sich in einer Tiefe zwischen 
4 bis 9 Meter. Von dem höchsten Punkte der Hohen Warte (von 


1) Karrer. Geol. Studien in den tertiären und jüngeren Bildungen des 
Wiener Beckens, Nr. 7. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1895, pag. 59 et seq. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (F. Karrer.) 63 


494 Felix Karrer. [2] 


der Geweystrasse an) findet dieser Canal andererseits nach abwärts, 
also in der Fortsetzung der Hohen Warte nach Heiligenstadt zum 
Nesselbach, welcher nur eine kleine Strecke eingewölbt ist, absteigend, 
seine Fortsetzung. Diese Partie ist nicht sehr tief (höchstens bis 
zu 40 Meter) gelegt und hat in geologischer Hinsicht kein besonderes 
Interesse gebracht. Die ganze Strecke ist nur 304 Meter lang und 
lag der Hauptsache nach in angeschüttetem Materiale und in den 
oberen Partien des Löss. 

Die „Hohe Warte“ verläuft in einer Einsattelung des 
Terrains, welches, wie der Name schon bezeichnet, von der Krotten- 
bachauswaschung längs des israelitischen Blinden-Institutes, der mete- 
orologischen Centralanstalt noch etwas über Stifts Weinkeller hinaus, 
heute allerdings sanft, ansteigt und dann in das Thal des Nessel- 
baches nach Heiligenstadt ziemlich steil abfällt. Es gehört letzterer 
zu dem ganzen System von Wasserläufen, welche aus dem Gebiete 
des Wiener Sandsteins entspringend das Tertiärland in diesem Theile 
der Stadt durchgerissen haben (l. c.). 


Die erwähnte Einsattelung der Hohen Warte ist in alter Zeit 3 | 


ein Wasserriss gewesen, der sehr steil zum Krottenbach abfiel, 
welch’ letzterer, da keine Brücke existirte, vom Fuhrwerk durch- 
fahren wurde. 

Der Aufstieg zur Hohen Warte war aber so steil, dass am 
Arthabergarten (jetzt Wertheimstein) ein Pferdestand sich befand, 
welcher Thiere als Vorspann für die Wägen zum Hinaufziehen auf 
die Hohe Warte abgab. 

Viel später erst wurde der Fahrweg regulirt und sehr bedeutend 
angeschüttet. (Siehe Canal-Profil.) 

Zu beiden Seiten der Hohen Warte erheben sich von der 


Strasse durchschnittene Partien der Anhöhe und ergänzen durch 


stellenweise sichtbare Entblössungen die durch unseren Canal auf- 
geschlossenen Aufdeckungen. 

So sehen wir, die Hohe Warte ansteigend, zur rechten Seite 
die Wände des Einschnittes aus Löss bestehen, der fast ununter- 
brochen den meisten Theil des Gehweges bis zum israelitischen 
Blinden-Institute begleitet. Unter dem Löss bilden aber sarmatische 
Ablagerungen, aus Sand und Sandsteinen bestehend, das den Hügel 


zusammenfügende Material, welches zuweilen unmittelbar unter dem 


Humus oder der Anschüttung zutage tritt. So beobachtet man auf 
dem höchsten Punkte des Bergabhanges, kurz vor dem ehemaligen 
Kugler’schen Parke vor Heiligenstadt (jetzt Rothschild’scher Besitz), 
in einer Grube sarmatischen Sand mit Sandstein erschlossen, der sogar 
früher einmal abgebaut worden war. | 

Dieser Sand, sowie die harten Sandsteinbänke bestehen aus 
Quarzkörnchen, welche nach den Untersuchungen von Professor 
Berwerth mit einer Kalkrinde überkleidet sind, aus welcher. 
zuweilen die Quarzkörner herausgefallen sind, so dass nur zer- 
brochene Kalkschälchen zurückblieben. Die Sandsteine haben daher 
ein fast oolitisches Aussehen. Der Sand, welcher die beschriebene 
Erscheinung zeigt, enthält zuweilen Quarzgerölle (aus wahrscheinlich 
darüber gelegenem Belvedereschotter später hineingelangt); ich fand 


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[3] Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 495 


keine Foraminiferen darin, dennoch halte ich ihn für entschieden 
sarmatisch. 

In neuerer Zeit ist gegenüber von Herrn R. Gottfried 
Schenker’s Villa (Hohe Warte Nr. 52), unterhalb der sich Stifts 
Weinkellerei befindet, eine Villa erbaut worden, wobei eine etwas 
grössere Abgrabung in dem sogenannten „Unteren Sauberg“*, welcher 
früher nur als bewachsener Abhang zur Strasse abfiel, gemacht 
wurde. Es soll dort seinerzeit, also neben dieser Villa, eine neue 
Strasse nach Grinzing, die Hungerbergstrasse, eröffnet werden. 


Das Profil der gegen Osten gerichteten Stirnseite der Ent- 
blössung ist folgendes: 


Haus Nr. 25 Hohe Warte. 


H. Humus. — AH‘. Alter Humus, — «. Anschüttung. — S1. Rescher Sand mit 
harten Sandsteinplatten. -— 52. Thoniger Sand mit weichen Sandsteinplatten. 


Die mikroskopische Untersuchung des Materiales dieses Auf- 
schlusses ergab: 

Rescher Sand unter der Anschüttung enthält: helle Quarz- 
körnchen, rein, ohne Trübung; Foraminiferen in ziemlicher Menge, 
und zwar Polystomella subumbilicata C2i2. h. und Polystomella erispa 
d’Orb. s. 

Unterer, stark thoniger Sand: zeigt das bekannte 
krümmliche Material dieser unreinen Sande und führt Foraminiferen 
in grösserer Zahl, und zwar Polystomella subumbilicata CZ2i2. hh., 
Rotalia Beccarüi d’Orb. ss., dazu ziemlich viele glatte und verzierte 
Ostracoden. 

Die dazwischenliegenden Sandsteinplatten sind im oberen Theile 
sehr hart; sie bestehen aus Quarzkörnern mit quarzigem und auch 
kalkigem Bindemittel; die im thonigen Sande liegenden Sandsteine 
sind weich, bröcklig und sehr kalkreich. Es correspondirt dieser 
Aufschluss mit der Entblössung im Canale unweit Stifts Weinkeller, 
wo unter der bedeutenden Aufschüttung unmittelbar Sande mit Sand- 
steinen der sarmatischen Schichten zum Vorschein kamen, welche 
unterhalb der bezeichneten Stelle vom Löss und oberhalb von den 
rothen, dem Belvederesande entsprechenden Lagen überdeckt er- 
scheinen. 

Schreiten wir nun an die nähere Beschreibung der Aufschlüsse 
des Hohe Warte-Canales selbst, und zwar an der Hand des 
beigegebenen geologischen Profiles. Dasselbe ist in gewohnter Weise, 
wie alle auch die folgenden Profile, im Maßstabe von 1:1000, d.h. 

63* 


496 Felix Karrer. [4] 


von 1 Centimeter gleich 10 Meter für die Längen und von 1:200, 
d.i. von 1 Oentimeter gleich 2 Meter für die Höhen, sohin um das 
fünffache überhöht gezeichnet, infolge dessen der Abfall sowohl als 
auch die Contouren, welche die Abgrenzung der verschiedenen 
Sedimente angeben, bedeutend übertrieben und verzogen erscheinen, 
was jedoch das gegenseitige Verhältnis derselben nicht weiter alterirt 
und dem Verständnisse des Profils keinen Eintrag macht. 

Auch hier, wie seinerzeit bei der Krottenbacheinwölbung, sowie 
bei den anderen im gegenwärtigen Berichte aufgenommenen sechs 
Canal-Aufschlüssen, kann ich nur mit dem grössten Danke der Unter- 
stützung gedenken, welche unseren geologischen Studien der Bauleiter 
Herr Stadtingenieur ©. B. Wärmer durch die geologische Detail- 
aufnahme der Aufschlüsse zutheil werden liess. 

Ausserdem hat Herr Ingenieur Wärmer in sorgfältigster Weise 
eine srosse Anzahl von Materialproben der Aushebung zu beschaffen 
sich bemüht und meine eigenen Aufsammlungen dadurch wesentlich 
ergänzt, wofür ihm noch ganz besondere Anerkennung gebührt. 

Dem Ingenieurdetail habe ich übrigens zum leichteren Ver- 
ständnis ein Idealprofil des Canalaufschlusses beizufügen für zweck- 
dienlich gehalten. 

Wir haben ferner, wie bei anderer Gelegenheit, in unserem 
Profile durch Sternchen und Nummern auf die Stellen hingewiesen, 
von welchen Proben näher untersucht worden sind, und glauben, 
dass diese Methode der Klarheit der Darstellung sich nützlich 
erweisen dürfte, namentlich auch für etwaige spätere Untersuchungen, 
bei denen es von Wert sein kann, Detailangaben für ganz genau 
fixirte Punkte zu besitzen. 

Ich hielt es für zweckmässig, in der folgenden Detailbesprechung 
des Hohe Warte-Canales beim Endpunkte, nämlich der Ausmündung 
desselben in den neuen Krottenbach-Canal, unterhalb der Station 
Unter-böbling der Stadtbahn, zu beginnen, weil wir an dieser Stelle 
noch den sarmatischen Tegel, also die untersten Partien der im 
Canal erschlossenen sarmatischen Ablagerungen vor uns haben und 
sohin in gewissem Sinne den Zusammenhang mit den Aufschlüssen 
im Krottenbach-Canal, welche dort ebenfalls den sarmatischen Tegel 
angefahren haben, hergestellt sehen. 


Probe 1. Sarmatischer Muscheltegel, kurz nach der Einmündung 
in den Krottenbach-Canal vor der Stadtbahnbrücke bei der Neuwald- 
strasse aus 6 Meter Tiefe ausgehoben. Enthält Schalen von Cardium 
obsoletum und Brvilia podolica,; der Schlämmrückstand ist voll 
Muschelscherben und weisser Gypskrystalle. Foraminiferen sind nicht 
häufig, bestimmbar war Polystomella subumbilicata ns., und Nonionina 
granosa 8. 


Probe 2. Sarmatischer Muscheltegel, gleich nach der Stadtbahn- 
brücke. Enthält Schalen von Cardium plicatum und obsoletum, Ervilia 
podolica, Modiola marginata und einzelne Bythinien. Der Schlämm- 
rückstand voll von Conchylienscherben zeigt nur wenig Foraminiferen, 
wie Nonionina granosa s. Ausserdem führt er häufiger Lignitreste 
und etwas Quarzkörner. 


[5] Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 497 


Probe 3. Sarmatischer Tegel. Unterste Partie des Aufschlusses, 
Beginn des Canales etwas weiter oberhalb der Brücke. Der Schlämm- 
rückstand ist voll Muscheltrümmer, enthält Quarzkörner und etwas 
Gypskrystalle. Foraminiferen sind häufig: Polystomella subumbilicata h., 
Polystomella erispa s., Nonionina granosa h. 


Probe 4. Lichtgelber, sarmatischer Sand. Zwischen den reinen, 
weissen Quarzkörnchen fanden sich nur wenig Foraminiferen, Poly- 
stomella cerispa und aculeata, Nonionina granosa. 


Probe 5. Dunkelgelber, thoniger Sand mit reinen, weissen 
Quarzkörnchen, wenig Foraminiferen, Polystomella subumbilicata, No- 
nionina granosa. 


Probe 6. Sarmatischer Schotter, Scherben von Wienersandstein. 


Probe 7. Sarmatischer Tegel mit Cardium obsoletum, Ervilia 
podolica, Modiola marginata, Bythinien. Der Schlämmrückstand voll 
Muschelscherben, führt glatte Ostracoden und sehr viel Foraminiferen, 
namentlich Nonionina granosa und punctata hh., Polystomella crispa 
(kleine Individuen) s., Bulimina elongata, ss., ferner Virgulina sp., 
Plecanium (Textilaria) sp. (Siehe Karrer, Auftreten der Foram. in 
den sarmatischen Schichten des Wiener Beckens. Sitzungsber. d. kais. 
Akad. d. Wiss., XLVHI. Bd., 1863.) 


Probe 8. Sarmatischer, rescher Sand mit wenig organischen 
Resten; Spuren von Muschelscherben, sehr selten Foraminiferen, 
Polystomella erispa und subumbilicata. 


Probe 9. Thoniger, sarmatischer Sand. Schlämmrückstand rost- 
farbig, krümmelig, enthält etwas Quarzkörner, Glimmerblätter, keinerlei 
organische Reste. 


Probe 10. Sarmatischer, sandiger Tegel mit viel Muschel- 
resten, Cardien, Modiola marginata u. dgl. Der Schlämmrückstand 
zeigt wieder das rostbraune, krümmelige Material und daneben weisse 
Quarzkörnchen; Foraminiferen sind sehr häufig, Polystomella subum- 
bilicata s., Nonionina granosa und punctata hh. 


Probe 11. Sarmatischer, rescher Sand mit viel Quarzkörnchen, 
Bröckchen von Wienersandstein; Foraminiferen selten, Polystomell« 
crispa und subumbilicata. 


Probe 12. Gelblicher, sarmatischer Sand, enthält reinen Quarz- 
sand, daneben verhärtete Partien von Sandstein und Bröckelchen von 
Wienersandstein. Foraminiferen sind nicht selten, Polystomella crispa, 
subumbilicata, Nonionina granosa. 


Probe 13. Gelblicher, sehr thonreicher, sarmatischer Sand 
mit Cardien, Modiola und vielen Foraminiferen, Polystomella subum- 
bilicata fast ausschliesslich ; im Schlämmrückstand gelblich krümmliges 
Materiale. 


Probe 14. Sarmatischer Sand. Viel Quarzkörnchen und etwas 
Glimmer. Foraminiferen kaum in Spuren, Polystomella subumbilicata. 


498 Felix Karrer. [6] 


Probe 15. Thonreicher, gelber, sarmatischer Sand von blättriger 
Struetur mit Spuren von Conchylien. Schlämmrückstand braunes, 
krümmliges Materiale, Foraminiferen sehr häufig, Polystomella subum- 
bilicata hh., Nonioninen S. 


Probe 16. Thonreicher, gelblicher, sarmatischer Sand. Schlämm- 
rückstand besteht aus Quarzkörnern, ockerbraunen, krümmligen Mate- 
riale mit etwas Schwefelkies. Foraminiferen nur in Spuren, Polysto- 
mella, Nonioninen. 


Probe 17. Thonreicher. sarmatischer Sand mit ockerigen Con- 
eretionen, weissen Quarzkörnchen; von blättriger Structur. Foramini- 
feren kaum in Spuren. 


Probe 18. Rescher Sand mit Bröckchen von Wienersandstein, 
Quarzkörner und Gypsschüppchen enthaltend. Foraminiferen nur in 
Spuren. 


Probe 19. Sehr thonreicher, sarmatischer Sand mit ockerigen 
Coneretionen, weissen Quarzkörnern und äusserst seltenen Foramini- 
feren, Rotalia Beccarii, Polystomella. 


Probe 20 und 21. Löss. 


Probe 22. Verhärteter Löss mit eingewachsenen recenten 
Pflanzenwurzeln und Lössschnecken. 


Probe 23. Löss. 


Probe 24. Verhärtetes kalkig-sandiges Lössmateriale mit ein- 
gebackenen Scherben von Wiener-Sandstein. 


Probe 25. Concretionen mit Kalkspathdrusen in den Sprüngen 
aus dem Löss. 


Probe 26. Sandiger Löss. 


Probe 27. Hartes, rothbraunes, sandig-thoniges Materiale mit 
Scherben von Wienersandstein, welches Fuchs in der Erläuterung 
zu seiner geologischen Karte von Wien (pag. 43) als drittes Glied 
der Belvederebildungen aufzufassen geneigt ist, das sich aber schwer 
von ähnlichen Diluvialbildungen unterscheiden lässt. Dieses Material 
spielt in dem oberen Theile des Hohe Warte-Canales, sowie in den 
Aufschlüssen der anderen Canäle immerhin eine gewisse Rolle. 


Probe 28. Sarmatischer Kalkstein mit den typischen Cerithien 
und Spuren von Bivalven (Mactra). 


Probe 29. Rescher, gelblicher, sarmatischer Sand mit weissen - 
(Wuarzkörnchen ; Foraminiferen sehr selten, Polystomella subumbilicata. 


. Probe 30. Blättriger, etwas verhärteter, sarmatischer Sand voll 
weisser, heller Quarzkörner und vielen weissen Glimmerschüppchen. 
Foraminiferen nur Spuren, Polystomella obtusa und subumbilicata. 


Probe 31. Thoniger, gelber, sarmatischer Sand mit weissen 
(Juarzkörnchen. Foraminiferen sehr selten, Polystomella obtusa. 


Cr 


[7] Geolog. Studien i.d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 499 


Probe 32. Rothbraunes, sandig-thoniges Material (Belvedere- 
schichten ?). 


Probe 33. Grosse Thonconceretionen. 

Probe 34. Desgleichen, sehr hart. 

Probe 35. Löss. 

Probe 36. Rothbraune Lagen (Belvedereschichten ?). 
Probe 37. Löss. 


b) Der Canal in der Silbergasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Nord nach Süd.) 


Das hier in Behandlung kommende Canalsegment ist nur das 
oberste Stück eines durch die Silbergasse und später die nunmehrige 
Nusswaldstrasse gehenden Canals, welcher ebenfalls in den Krotten- 
bach-Canal mündet. 

Derselbe ist etwa 450 Meter westlich vom Hohe Warte-Canal 
gelegen, und verläuft nahezu parallel mit demselben. Er beginnt beim 
Hause Nr. 54 der Silbergasse (Vorkopf) und endet an der Brücke 
über die Stadtbahnlinie bei der Einmündung der Ruthgasse einerseits 
und der Hohenauergasse anderseits. Seine Länge beträgt 390 Meter 
und die Tiefe bis 10 Meter; am Ende dieses Stückes sogar bis 
12 Meter. 

Dieses Canalsegment ist wohl als ein selbständiges Object zu 
betrachten, da die Canalpartie auf der anderen Seite der Brücke 
bereits früher fertiggestellt worden war, ehe der in Rede stehende 
Theil, der sich nun anschliesst, beziehungsweise einmündet, begonnen 
worden war. Die neue Strecke passirt hiebei die Paradiesgasse, die 
Iglaseergasse und die Pfarrwiesengasse, aus welchen sie die daraus 
zu kommenden Oanäle aufzunehmen bestimmt ist. 

Wir waren in der Lage, in den geologischen Profilen der Canäle 
der Silbergasse sowohl als auch der darauf folgenden übrigen fünf 
Canäle am Anfange und bei letzteren auch am Ende der Durch- 
schnitte Höhenangaben des Terrains und der Sohle in Metern aus- 
gedrückt zu verzeichnen, und zwar mit dem Vermerk „U. P.F.B.‘. 

Diese Angaben sind nämlich auf den O-Punkt des Pegels im 
Donaucanale an der Ferdinandsbrücke zu beziehen und drücken die 
Anzahl von Metern aus, um welche die betreffende Stelle den be- 
kannten O-Punkt des Pegels im Donaucanale, dessen Oöte 176711 
ü. d. M. ist, überhöht. 

Wenn man nun wieder mit der Detailuntersuchung am untersten 
Theile, d. i. am Endpunkte des Canalsegmentes, beginnt, so ergeben 
sich aus der Prüfung der vorliegenden Proben nachfolgende Resultate: 


Probe 1. Schotter aus Sandstein bestehend, eine einge- 
schwemmte Amphistegina eingebacken; ist sarmatisch. 


Probe 2. Sarmatischer, sehr sandiger Tegel voll Muschel- 
scherben; der Schlämmrückstand enthält in Menge Foraminiferen, 


500 Felix Karrer. | [8] 


hauptsächlich Polystomellen, so P. subumbilicata hh., P. obtusa S., alles 
übrige ist reiner Quarzsand. 


Probe 3. Grünlicher, gelbgefleckter, sehr sandiger Tegel; im 
Rückstand, der fast nur aus reinen, weissen Quarzkörnchen besteht, 
sehr viel Foraminiferen: Polystomella erispa, subumbilicata, obtusa, 
die letztere selten. a 


Probe 4. Grobes, schottriges Materiale aus zertrümmertem 
Sandstein bestehend, sarmatisch. 


Probe 5. Grüngelber, sarmatischer Sand voll prächtigen, wasser- 
hellen Quarzkörnern; ohne Petrefacte. 


Probe 6. Brauner Löss mit Scherben von diluvialen Conchylien. 


Probe 7. Gelblichgrauer, rescher, sarmatischer Sand. Enthält 
den in eine ockerige Sandrinde eingehüllten Rest eines Cerithium und 
ist erfüllt von Foraminiferen : Polystomella subumbilicata vorherrschend ; 
alles übrige reiner, wasserheller Quarzsand. 


Probe 8. Rescher, sarmatischer Sand mit Stückchen von Sand- 
stein, enthält reine, glasige Quarzkörnchen und etwas Glimmer- 
schüppchen; Petrefacten fehlen. 


Probe 9. Gelblicher, sarmatischer Sand. Rückstand voll glas- 
heller Quarzkörner, Petrefacten keine. 


Probe 10. Braungelbes. schotteriges Materiale. (Belvedere- 
schichten.) 


Probe 1!. Sandiger, sarmatischer Tegel. Im Rückstand das 
gewöhnliche braungelbe, sandig-thonige Materiale in Krusten, daneben 
das graugrüne Gekrümmel, Petrefacten keine. 


Probe 12. Sarmatischer, sandiger Tegel. Rückstand gleicht 
dem der vorhergehenden Probe, Petrefacten fehlen. 


Probe 13. Blättriger, etwas thoniger, sarmatischer Sand; ent- 
hält helle Quarzkörnchen, daneben aber auch viel krümmeliges, kalkig- 
thoniges Materiale; Foraminiferen, und zwar Polystomellen ganz ver- 
einzelt. 


Probe 14. Sehr sandiger, sarmatischer Tegel mit Muschel- 
scherben; im Schlämmrückstand viele Foraminiferen, wie Polysto- 
mella subumbilicata, cerispa, obtusa, sonst reiner, heller Quarzsand. 


Probe 15. Sandiger, sarmatischer Tegel vom Aussehen des 
früheren. Im Rückstand braune Krusten und krümmelige Materialien, 
Muschelreste fehlen, auch Foraminiferen sind selten: Polystomella 
subumbilicata und obtusa. 


Probe 16. Brauner Löss. 


Probe 17. Sarmatischer Tegel voll wasserheller Quarzkörner 
und mit thonigen, krümmeligen Rückstand; Foraminiferen fehlen. 


Probe 18. Sarmatischer, sehr sandiger Tegel voll heller Quarz- 
körner; Foraminiferen sehr selten, nur Polystomellen. 


[9]  Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 501 


| Probe 19. Sandiger, sarmatischer Tegel gleich dem früheren, 
keine Petrefacten. 


Probe 20. Brauner Löss. 


c) Der Canal in der Leidesdorfgasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Süd nach Nord.) 


Die obbemerkte Gasse führt von dem „die Krim“ benannten 
Theil von (Ober-)Döbling zur Billrothstrasse, welche von dem über- 
wölbten neuen Canal des Arbesbaches, von dem später die geolo- 
gischen Details ebenfalls veröffentlicht werden sollen, durchzogen 
wird In diesem Bachcanal mündet sowohl der in Rede stehende 
Canal der Leidesdorfgasse, sowie die Serie aller folgenden, zu be- 
sprechenden Unrathscanäle. 

Der Canal der Leidesdorfstrasse geht vom Bette des alten 
Arbesbachlaufes, welcher jetzt verschüttet ist, zum neuen eingewölbten 
Bachcanal in der Sieveringer-, beziehungsweise Billrothstrasse und 
hat eine Länge von 141 Meter. Auf dieser Erstreckung beträgt sein 
Gefälle 1:00,90. Er hat nur in seiner zweiten Hälfte eine Maximaltiefe 
von 6 Meter, zu welcher er von 3 Meter Tiefe allmälig absinkt. 


Das Detail über die von dieser Aushebung gewonnenen Proben 
ist folgendes: 

Probe 1. Thoniger, sarmatischer Sand. Im Rückstand braune 
Sandkrusten, Glimmerblättchen und glashelle Quarzkörner; Fora- 
miniferen nur selten, und zwar Polystomella subumbilicata. 


Probe 2. Thoniger, sarmatischer Sand. Rückstand voll glas- 
heller Quarzkörner ; Foraminiferen nur vereinzelt, Polystomella subum- 
bilicata. 

Probe 3. Belvedereschichten. 

Probe 4. Thoniger, sarmatischer Sand. Rückstand voll weisser, 
selbgefärbter Quarzkörnchen, Glimmerblättchen, brauner Sandkrusten, 
etwas Muschelscherben ; Ostracoden und Foraminiferen sehr häufig, 
Polystomella erispa, subumbilicata, aculeata. 

Probe 5. Sandiger Tegel, im Rückstand viel krümmliges, 
thoniges Materiale, Sandkrusten, Sand wenig, Petrefacten fehlen; 
sarmatisch. 

Probe 6. Humoser Diluvialschotter. 

Probe 7. Rescher, sarmatischer Sand, bräunlichgelb, voll weisser 
und gelblicher Quarzkörner, ohne Petrefacten. 

Probe 8. Sandiger Tegel. Schlämmrest enthält viel glashellen 


Quarz; Foraminiferen gar nicht selten, vornehmlich Polystomella 
subumbilicata. 


Probe 9. Rothe Belvedereschichten. 


Probe 10. Humoser Löss. 
Jahrbuch d. k. k. gecol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (F. Karrer.) 64 


502 Felix Karrer. [10] 


Probe 11. Humoser Löss. 

Probe 12. Sandiger Tegel. Sarmatisch wie Probe 8. 
Probe 13. Diluvialschotter. 

Probe 14. Dunkelrothe Belvedereschichten. 


d) Der Canal in der Obkirchengasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Süd nach Nord.) 


Der nächste der aus der Krim zum Arbesbachcanal führenden 
Gassencanäle ist jener der Obkirchengasse. Er liegt etwa 70 Meter 
westlich von dem vorhergehenden und mündet in der Sieveringer- 
strasse in den Bachcanal, nachdem die Billrothstrasse beim alten 
Döblinger Friedhofe sich gabelt und einerseits in der Grinzinger- 
strasse und andrerseits in der Sieveringerstrasse ihre Fortsetzung findet. 

Er ist 202 Meter lang, hat ein Gefälle von 10°%),, und bewegt 
sich am Beginne (bei der früheren Brücke über den alten Arbesbach) 
in einer Tiefe von 4!/, Meter, welche bis zur Ausmündung auf 
etwas mehr als 8 Meter anwächst. 


Das Detail der gewonnenen Proben ergab folgendes Resultat: 


Probe 1. Blauer Tegel voll sarmatischer Conchylien: Cardien, 
Ervilia, der Rückstand fast nur Scherben von Bivalven, hie und da 
auch von Gasteropoden ; Ostracoden und Foraminiferen häufig, Poly- 
stomella erispa und subumbilicata vorwiegend, P. aculeata ss. 


Probe 2. Gelbgrüner, sarmatischer Tegel mit Muschelresten: 
Cardien, Ervilia, Rückstand voll Muscheltrümmer; Ostracoden und 
Foraminiferen sehr häufig, Polystomella erispa und subumbilicata hh., 
P. aculeata und Nonionina granosa Ss. 


Probe 5. Rescher, sarmatischer gelber Sand, Rückstand voll 
weissheller Quarzkörner, zum Theil mit gelblichem Mergel über- 
kleidet; Foraminiferen sehr selten, Polystomella subumbilicata und 
obtusa. 


Probe 4. Mergelconcretion aus sandigem, sarmatischem Tegel 
mit Spuren von Conchylien. 


Probe 5. Fester, gelber, sarmatischer Tegel voll Cardien und 
Ervilien. Rückstand voll Muschelscherben, Ostracoden und Fora- 
miniferen : Polystomella crispa, subumbilicata, aculeata, Nonionina 
granosa, die beiden letzteren seltener. 


Probe 6. Gelber, sarmatischer Tegel, Rückstand krümmelig mit 
ockerbraunen Sandkrusten; Foraminiferen seltener, Polystomella erispa, 
subumbilicata und aculeata. 

Probe 7. Brauner Löss. 


Probe 8. Gelber, sarmatischer Tegel mit Muschelresten: 
Cardien, Ervilia, Rückstand voll ockerbrauner Sandkrusten und 
krümmeligen Materials, fast gar kein Sand; Ostracoden und Fora- 
miniferen sehr häufig: Polystomella crispa, subumbilicata, aculeata und 
Nonionina granosa, letztere seltener. 


1] Geolog. Studien i.d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 503 


Probe 9. Rescher, sarmatischer, gelber Sand mit abgerollten 
Sandsteintrümmern. Sand gelblich gefärbt; Foraminiferen seltener, 
Polystomella erispa und subumbilicata. 


Probe 10. Sandiger, sarmatischer Tegel, Rückstand krümmelig ; 
Ostracoden und Foraminiferen seltener, Polystomella erispa und sub- 
umbilicata. 


Probe 11. Sandiger, sarmatischer Tegel, Rückstand krümmelig 
mit den ockerigen Sandsteinkrusten, etwas glimmerhältig, alles übrige 
prächtiger, glasheller Quarzsand; Ostracoden und Foraminiferen sehr 
häufig, Polystomella erispa und subumbilicata hh., P. aculeata, Nonionina 
granosa, Rotalia Beccari, alle drei selten. 


Probe 12. Mergelconceretion aus sarmatischen Tegel. 


Probe 13. Sandiger, sarmatischer, gelber Tegel. Rückstand 
krümmelig; Foraminiferen nicht gar selten, Polystomellen. 


Probe 14. Rescher, sarmatischer, gelber Sand voll heller, schöner 
Quarzkörner; Ostracoden und Foraminiferen nicht sehr häufig, Poly- 
stomella erispa und subumbilicata. 


Probe 15. Rescher, sarmatischer Sand voll weisser, heller 
Quarzkörner, daneben aber auch viel ockerbraune Krusten; Ostra- 
eöden und Foraminiferen sind nicht selten, Polystomella erispa, subum- 
bilicata und aculeata. 


Probe 16. Grünlichgelber, sarmatischer, sandiger Tegel. 
Rückstand ockeriges Materiale, krümmelig, weisse Quarzkörner, 
daneben Ostracoden und Foraminiferen sehr häufig, Polystomella 
erispa und subumbilicata, selten Nonionina granosa und Kotalia 
Beccarü. 


Probe 17. Brauner Löss. 


Probe 18. Rescher, sarmatischer Sand voll weisser Quarz- 
körnchen; Foraminiferen seltener, Polystomella erispa und subumbilicata. 


Probe 19. Sandiges, thoniges Materiale mit Scherben dünn- 
schaliger Conchylien; scheint Löss zu sein 

Probe 20. Gelber, sandiger Löss. 

Probe 21. Brauner Löss. 


Probe 22. Sandig-thoniges Materiale voll Quarzkörner, Glimmer 
und krümmeligen Sandröhrchen; scheint Löss zu sein. 


Probe 23. Diluvialschotter. 


e) Der Canal in der Friedigasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Süd nach Nord.) 
Der dritte der aus der Krim kommenden, rechtseitig in den 
Arbesbacheanal mündenden Canäle ist jener der Friedigasse; er liegt 


etwa 100 Meter weiter westlich als der vorhergehende Canal. Die 
64* 


504 Felix Karrer. 1 2] 


Länge desselben beträgt ebenfalls 202 Meter und seine Tiefe geht 
von 5 bis zu 9 Meter, das Gefälle ist durchgehends 10°%,0,. Der Auf- 
schluss und die daraus gesammelten Proben ergeben nachstehende 
Details: 


Probe 1. Gelber, sarmatischer Sand. Rückstand enthält krümm- 
liches Material und die braun ockrigen Sandkrusten, sonst besteht er 
sanz aus weissen und gelblich gefärbten Quarzkörnern. Foraminiferen 
treffen sich nur vereinzelt; Polystomella erispa und subumbilicata. 


Probe 2. Sandkruste mit groben Stücken von Sandstein. Der 
Rückstand aus dem abgeriebenen Materiale enhält weissen Quarzsand 
und kommen vereinzelt Polystomella erispa und subumbilicata darin vor. 


Probe 3. Rescher, gelber, sarmatischer Sand. Enthält einige 
Muschelscherben, sonst prächtige, meist glashelle Quarzkörner. Ostra- 
coden und Foraminiferen in Menge; Polystomella erispa, subumbilicata, 
aculeata, Josephina und Nonionina granos«. 


Probe 4. Harter, kalkreicher Tegel; Rückstand krümmelig, 
Östracoden und Foraminiferen vereinzelt; Polystomella crispa und 
subumbilicata. : 


Probe 5. Sarmatischer Sandstein mit Abdrücken und Stein- 
kernen, sarmatischer Conchylien, Cardien, Ervilien. 


Probe 6. Blauer, sarmatischer Tegel, voll von Muschelresten 
und Einschlüssen von versteinertem Holz (Lignit.. Der Rückstand 
enthält fast nur Scherben von Conchylien, ausserdem ziemlich häufig 
Östraeoden und Foraminiferen; Polystomella crispa, subumbilicata, 
aculeata und Nonionina granosa. 


Probe 7. Gelblicher, sarmatischer Tegel voll Conchylien: Maetra 
podolica, Cardien, Ervilien, Tapes. Der Schlämmrest enthält die 
gewohnten braunen, sandigthonigen Krusten, Ostracoden und Fora- 
miniferen in Menge: Polystomella cerispa, subumbilicata, aculeata, auch 
Nonioninen. 


Probe 8. Brauner Löss. 


Probe 9. Gelber, sarmatischer Tegel voll Conchylien, Oardien, 
Ervilien, der Rückstand führt viel glashelle Quarzkörner, auch etwas 
braune sandige Krusten, viel Muschelscherben und enorm viel 
Östracoden und namentlich Foraminiferen, darunter besonders häufig 
Polystomella aculeata und Josephina, ferner P. crispa, subumbilicata und 
Nonionina granosa. 


Probe 10. Diluvialschotter. 

Probe 11. Brauner Löss. 

Probe 12. Diluvialschotter. 

Probe 13. Gelber, rescher, sarmatischer Sand. Rückstand 


gebliche und glashelle Quarzkörner, etwas braungefärbte Sandkrusten, 
Versteinerungen keine. 


1 3] Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 505 


Probe 14. Harter, kalkreicher Tegel mit Coneretionen. Rück- 
stand enthält bräunlichgrünes, krümmeliges Materiale, braune, sandige 
Krusten, Sand fast gar keinen; Ostracoden und Foraminiferen nicht 
zu selten: Polystomella crispa, subumbilicata, aculeata, sehr selten 
Nonionina granosa. 


Probe 15. Gelber, sarmatischer Tegel, im Rückstand etwas 
Muschelscherben, braune Sandkrusten, Ostracoden und Foraminiferen 
sehr häufig: Polystomella cerispa, subumbilieata, aculeata, Nonioninen. 


Probe 16. Diluvialschotter. 


f) Der Canal in der Weinzingergasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Nord nach Süd). 


Noch weiter gegen West liegen die Canäle in der Weinzinger- 
gasse, sowie jener in der Medlergasse. Ersterer verläuft gegen 
700 Meter vom Canal der Silbergasse westwärts und mündet 
linker Seite in den Arbesbachcanal in der Sieveringerstrasse. 
Er hat eine Länge von 98 Meter und ein Gefälle von 30°%,,, seine 
Tiefe beträgt nur 4 bis 4!/, Meter und zeigt der Aufschluss ziemlich 
einfache Verhältnisse. 


Das Detail der Untersuchung der ausgewählten Schlämmproben 
ist in Nachfolgendem enthalten: 


Probe 1. Brauner Löss. 
Probe 2. Belvedereschichten, rothbraune Masse. 


Probe 3. Rescher, sarmatischer Sand. Rückstand schöner, 
wasserheller Quarzsand, Steinkern von Bulla Lajonkaireana, Fora- 
miniferen nicht selten: Polystomella cerispa und subumbilicata. 


Probe 4. Sarmatische Sandsteinlage im sarmatischen Sand. 


Probe 5. Rescher sarmatischer Sand. Rückstand wasserhelle 
Quarzkörnchen, Foraminiferen nicht selten; Polystomella erispa und 
subumbilicata. 


Probe 6. Rescher, sarmatischer Sand. Rückstand wie oben. 
Probe 7. Belvedereschichten, rothbraune Massen. 


Probe 8. Rescher, sarmatischer Sand, gelblich. Rückstand 
weisser und gelbgefärbter Quarzsand; Foraminiferen sehr selten, 
Polystomella crispa, subumbilicata, aculeata. Miliolideen in Spuren. 


Probe 9. Brauner Löss. 


Probe 10. Sandiger, sarmatischer Tegel mit Conchylienresten, 
Cardien, Ervilia ete. Rückstand bräunliches, krümmeliges Materiale mit 
wenig Quarzkörnchen; Foraminiferen sehr zahlreich, ebenso häufig 
glatte und punktirte Ostracoden, Polystomella erispa und subumbilicata, 
beide hh. 


506 Felix Karrer. [14] 


9) Der Canal in der Medlergasse. 
(Mit geologischem Profil. Fall von Nord nach Süd.) 


Noch westlicher, und zwar um mehr als 100 Meter vom Canal 
der Weinzingergasse entfernt, liegt dieser letzte der von uns unter- 
suchten Canalaufschlüsse, welcher nur 72 Meter lang ist, eine 
Durchschnittstiefe von etwas über 4 Meter besitzt und ein Gefälle 
von 40°/,, hat. Auch dieser Canal mündet in den Arbesbachcanal in 
der Sieveringerstrasse und zeigte der Aufschluss, conform jenem der 
Weinzingergasse, ganz einfache geologische Verhältnisse. Die aus- 
gewählten Proben ergaben: 


Probe 1. Rescher, sarmatischer Sand gleich unter der Strassen- 
anschüttung. Rückstand schöner, wasserheller Quarzsand, enthält 
einige ÖOstracoden und ziemlich häufig Foraminiferen, Polystomella 
crispa, P. subumbilicata, P. aculeata ss. 


Probe 2. Belvedereschichten, rothbraune, sandig-thonige Massen. 


Probe 3. Thoniger (weicher) Sand. Rückstand zeigt die 
gewohnten krümmeligen Materialien, daneben auch schöne weisse 
Quarzkörner; Foraminiferen sind nicht selten, Poiystomella erispa und 
subumbilicata. 


Probe 4. Belvedereschichten, rothbraunes Materiale. 


Probe 5. Rescher, sarmatischer Sand von mehr gelblicher 
Farbe. Rückstand zeigt schöne weisse Quarzkörner, hie und da von 
gelber, kalkig-thoniger Rinde umkleidet; Foraminiferen sind selten, 
nur einige Polystomellen, und zwar crispa, subumbilicata und acu- 
leata ss. 


Probe 6. Thoniger (weicher) Sand. Rückstand krümmeliges 
Materiale und braune, zusammengebackene Sandpartikel, daneben aber 
auch viel weisse Quarzkörner, ferner weisse und schwarze Glimmer- 
schüppchen; Ostracoden und Foraminiferen sind häufig, Polystomella 
crispa, subumbilicata, aculeata und regina, letztere sehr selten; daneben 
findet sich, aber nur in wenigen Exemplaren, Truncatulina lobatula, 
Rotalia Beccarü. 


Probe 7. Belvedereschichten, rothbraunes Materiale. 


Probe 8. Thoniger (weicher) Sand unter der Belvedereschichte. 
Der Rückstand voll krümmeligen, thonig-sandigen Materiales, weisser, 
heller Quarzkörner, einiger glatten und gezierten Ostracoden, auch 
Foraminiferen, die aber "nicht selten sind, “ Polystomella erispa, subum- 
bilicata und aculeata, letztere sehr selten. 


Wenn wir die durch unsere eben besprochenen Canalaufschlüsse 
gewonnenen Resultate zusammenfassen, so erhalten wir auf Grundlage 
derselben nachstehendes Bild von der geologischen Constitution des 
Untergrundes des beschriebenen und des zunächst gelegenen Gebietes. 

Vom Beethoven-Denkmal bei Nussdorf, also von ihrem äussersten 
Endpunkte diesseits der Donau ausgehend, sehen wir die sarmatischen 
Ablagerungen in einem ununterbrochenen Zuge bis Währing und 


TTENEN 


or Au 


[15] Geolog. Studien i. d. tertiären u, jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 507 


Hernals auf mediterranen Schichten (Sand und Schotter) liegend und 
durch zahlreiche Bäche durchfurcht, sieh entwickeln. Sie ziehen sich, 
im Bereiche des XIX. Bezirkes allmälig abfallend, gegen den Steilrand 
der Donau, an welcher Stelle, gerade unterhalb des Hohe Warte- 
Canales die grossen Ziegellager in der Nussdorferstrasse sich befinden, 
welche sarmatischen Tegel und darüber gelagerten, stellenweise sehr 
mächtigen Löss (Ziegelei Kreindl) zur Ziegelfabrikation abbauen. 

Auch da hinein verbreiten sich sarmatische Sande in mitunter 
sehr bedeutender Entwicklung (namentlich in der ersten Ziegelei), 
meistens aber treten sie als blaue Cerithiensande mit bezeichnenden 
Versteinerungen, in dünnen Bänken mit dem Tegel wechsellagernd, 
auf. (Siehe unsere Studien in den tertiären und jüngeren Bildungen 
des Wiener Beckens, Nr. 2.) 

Zu dem vorstehenden Ueberblick haben die in der vorliegenden 
Studie behandelten neuen Canalaufschlüsse nicht unwesentliche Züge 
geliefert. Die Belvedereschichten spielen darin auch eine 
nicht unbedeutende Rolle, während sie in den Ziegeleien nur mehr 
ganz untergeordnet, gleichsam nur markirend auftreten (Nr. 7 unserer 
Studien). Ich muss aber bemerken, dass wir die im Hohe Warte- 
Canal, sowie in den übrigen hier behandelten Canälen auftretenden 
röthlichbraunen, sandig-thonigen Materialien deshalb als Belvedere- 
sehichten zu bezeichnen für entsprechend gehalten haben, weil die- 
selben sowohl durch ihr auffallendes Aussehen, als auch durch ihre 
Lagerung die Trennung von den darüberliegenden diluvialen Bildungen 
entschieden rechtfertigen. Es ist aber selbstverständlich, dass wir 
darunter nur jene Ausbildungsweise des Belvedereschotters verstehen, 
welche Fuchs als drittes Glied desselben aufgefasst wissen will, 
das sich mitunter schwer von ähnlichen Diluvialablagerungen unter- 
scheiden lässt. 

In meiner „Geologie der Kaiser Franz Josefs - Hochquellen- 
Wasserleitung“ !) habe ich in ausführlicher Weise der artesischen 
Brunnen m Atzgersdorf gedacht und war in der Lage, über 42 
derselben berichten zu können. 

Bekanntlich sind aber auch in Döbling eine ganze Reihe 
solcher Brunnen schon in früherer Zeit erbohrt worden und ich 
möchte hier zum Schlusse auch einige Worte über dieselben beifügen. 

Suess führt in seinem „Boden der Stadt Wien“ (Wien 1862) 
an, dass Döbling artesische Brunnen in grosser Menge besitze und 
dass ihre Anzahl in den letzten Jahren so zugenommen habe, dass 
die Wassermenge in den früher bestandenen sich beträchtlich ver- 
mindert habe. 

Weiters sagt Suess: „Der im Jahre 1829 im Westerhauser- 
schen Hause angelegte Brunnen ist 42% tief. Als man diese Tiefe 
erreichte, stieg das Wasser plötzlich in solcher Menge herauf, dass 
das ganze Terrain überschwemmt wurde und man nicht mehr weiter 
konnte. Die Röhren wurden aufgesetzt und er ging bis zum Jahre 
1857 fort, in welchem Jahre er nachgebohrt wurde, weil seine Wasser- 
menge nachgelassen hatte. Sein Ertrag ist aber trotzdem sehr herab- 


!) Abhandlungen der k. k. geol. R.-A., IX. Band, Wien 1877. 


508 Felix Karrer. [16] 


gesunken in Vergleich zu jenem der früheren Jahre, in welchem er 
nicht unter so zahlreicher Concurrenz zu leiden hatte.“ 

Das Haus befindet sich in der Hofzeile, gerade gegenüber 
der Kirche, führt die Nummer 5 und steht auf sarmatischen Schichten. 
Im untersten Theil des dazugehörigen Gartens läuft die Linie des 
neuen Krottenbachcanals. Der alte artesische Brunnen ist aber seit 
dem Jahre 1875 verschüttet. 

Ein weiterer artesischer Brunnen bestand in der Gemeinde-, 
jetzt Nusswaldstrasse, Eckhaus zur Hohen Warte (Nr. 50, ehemals 
Deutsch) im Garten und speiste einen dort befindlichen Teich. Er 
fungirt ebenfalls nicht mehr. 

Im Park der Villa Wertheimstein (ehemals Arthaber) Nr. 96 
Döblinger Hauptstrasse, liegt ein dritter solcher Brunnen. Derselbe 
lauft heute noch. Er ist etwa 30 Meter von der dortigen Gärtner- 
wohnung entfernt und befindet sich in einem kellerartigen Gewölbe 
oder Grotte unter einem im Parke selbst sehr steil zum Gärtnerhause 
abfallenden Fahrweg. Der Brunnen liefert 15 Liter per Minute, sein 
Wasser ist aber stark hepatisch und hat einen so bedeutenden 
Gehalt an Eisenoxyd, dass an dem Auslaufe reicher ockriger Absatz 
vorhanden ist. 

Der Ablauf erfolgt in einen nahe gelegenen Teich, welcher 
aber noch durch eine oder mehrere unterirdische Weasserzuflüsse 
gespeist wird, so dass er auch ohne den Brunnenzufluss im Niveau 
bleiben würde. Zwischen Teich und Brunnen liegt dortselbst seitlich 
noch ein kleines Quellbecken, welches ebenfalls von unterirdisch 
zufliessendem Wasser versoret wird. Das Teichwasser hat seinen 
Abfluss in den Krottenbach- Canal. 

Von allen übrigen, seinerzeit bestandenen artesischen Brunnen 
ist jetzt so gut wie nichts mehr zu erfahren auch die Literatur 
schweigt darüber — sie scheinen wohl alle verschüttet zu sein. Ebenso 
sind die vielen kleinen Teiche in diesem unteren Theile von Döbling, 
welche von ihnen gespeist wurden, verschwunden. Durch den tiefen 
Einschnitt der Stadtbahn in dieser Gegend sind überhaupt die Wasser- 
verhältnisse der Brunnen der Nusswaldstrasse sehr alterirt worden. 
Ebenso sind die ehemaligen Teiche in der Pfarrwiesengasse, in der 
jetzigen Gasanstalt u. s. w. verschwunden. Dagegen haben wir aus 
späterer, selbst jüngster Zeit, eine Anzahl zumeist nach den neuesten 
Methoden angelegter Bohrbrunnen zu verzeichnen Gelegenheit. 

In der Barawitzkagasse, auf dem Baugrunde des Herrn Ziegel- 
werkbesitzers Kreindl, ist vor mehreren Decennien ein Bohrbrunnen 
angelegt worden, dessen Wasser aber nicht über Tag ausfliesst. In 
der Ziegelei des Herrn Hauser in der Nussdorferstrasse wurde 
ebenfalls vor nicht langem ein Brunnen gebohrt, der 56 Meter tief 
sein soll. Im Brauhause Kuffner in der Haardtgasse wurde vom 
Ingenieur Latzl ein 150 Meter tiefer Brunnen gebohrt, dessen 
Wasser drei Meter über das Bodenniveau steigt. Im Etablissement 
Zacherl in der Nusswaldstrasse hat Latzel vor wenigen Jahren 
einen solchen Brunnen gebohrt, der heute noch im Betriebe ist. 
Ebenso befindet sich auf dem Werkplatze des Hafnermeisters Iskra 


[1 7] Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 509 


in der Friedlgasse ein in neuester Zeit vom Brunnenmeister Eipel- 
dauer gebohrter Brunnen, der mit bestem Erfolge fungirt. 

Alle diese Brunnen liegen in den Ablagerungen des sarmatischen 
Meeres, und da sich dieselben in der Nähe der vorher behandelten 
Canalaufschlüsse sowie des Krottenbach-Canals befinden, so hielt ich 
es für passend den Gegenstand an dieser Stelle zu besprechen. 


12. Wirbelthierreste und neuere Mammuthfunde aus den dilu- 
vialen Ablagerungen im Weichbilde des erweiterten Stadt- 
gebietes von Wien. 


Seit meiner letzten, über die Mammuthfunde im Weichbilde 
des erweiterten Stadtgebietes von Wien erschienenen Publication !) 
wurde im Untergrunde der Stadt wieder eine Anzahl neuer, interessanter 
Reste von Klephas primigenius aufgefunden, die sich sämmtlich im 
k.k. naturhistorischen Hofmuseum befinden, und glaube ich, 
zur Ergänzung meiner früheren Angaben hier ebenfalls davon Mit- 
theilung machen zu sollen. Es sind: 


1893. Mahlzahn, in drei Stücke zerfallen, gefunden bei der Grund- 
aushebung des an Stelle des „Palais Schwarzenberg“ am Neuen 
Markt erbauten Hauses Nr. 8. (Gespendet vom Herrn General- 
Consul Springer.) 


1884. Mahlzahn, schlecht erhalten, von einer Aufgrabung in der 
Nussdorferstrasse unterhalb der Rothschild’schen Garten- 
anlagen. 


1895. Zwei Mahlzähne, gefunden in der Greinergasse (bei der 
Hauser’schen Ziegelei) im XIX. Bezirke (früher Heiligenstadt); 
einer derselben schlecht erhalten. Damit auch Trümmer von 
Stosszähnen. 


1895. Mahlzahn aus den Ziegeleien des Herm E. Hauser m 
Nussdorf. 


1895. Unabgekauter, ganz junger Backenzahn, gefunden bei der 
Grundaushebung des Palais Graf Josef Thurn-Val-Sassina im 
I. Bezirke in der Rothenthurmstrasse, und zwar im rückwärtigen 
Theil des Hauses gegen die Kramergasse zu gelegen, im Schotter. 


1896. Zwei Backenzähne in Blättern, schlecht erhalten, von Herrn 
Anton Jaschky, Grossfuhrwerksbesitzer, gespendet, aus der Sand- 
erube von Simmering hinter dem Arsenal und dem ehemaligen 
St. Marxer Friedhofe. | 


ı) Karrer, Geologische Studien in den tertiären und jüngeren Bildungen 
des Wiener Beckens. Jahrb. der k.k. geol. R.-A. 1893, XLIII. Bd., pag. 393. — 
Als ergänzende Literaturnotiz hierzu: Bou& A., Brief an Herrn M. Collomb, 
über die Funde von Resten von Elephas primigenius vom Abhang des Kahlen- 
berges, Abgrabungen der Nordwestbahn. Bull. de la Soc. Geologique de France 
1872, XXIX. Band, II. Serie, pag. 332. 


Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (F. Karrer,) 65 


510 Felix Karrer. [18] 


1898. Backenzahn, von den Aushebungen aus Anlass der Wienfluss- 
einwölbung zwischen der Tegetthof- und Schwarzenbergbrücke !). 


Nachträglich ist noch aus den Sammlungen des k. k. natur- 
historischen Hofmuseums zu erwähnen und in das im XL. 
Bande des Jahrbuches publieirte Verzeichnis einzuschalten: 


1829. Schenkelknochen von Hlephas primigenius, wahrscheinlich aus 
den sogen. Heiligenstädter Ziegeleien an der Nussdorferstrasse. 


1867. Mahlzahn aus dem Löss der zweiten Ziegelei (Hauser) an 
der Nussdorferstrasse. 


Schliesslich bin ich in der Lage, zur Vervollständigung dieses 
meines Berichtes, auch aus anderen Sammlungen noch einige wert- 
volle Nachträge zu unseren Mammuthfunden, von welchen ich erst 
neuerlich Kenntnis erhielt, hier beizufügen. 

So verdanke ich der Güte des Herrn Adjuncten Dr. Julius 
Dreger die Mittheilung, dass in den Sammlungen der k. k. geo- 
logischen Reichsanstalt ausser den von mir bereits früher 
genauestens verzeichneten Funden von H#lephas primigenius noch 
weitere Reste desselben vorhanden sind, die ich damals unberück- 
sichtigt lassen musste, und zwar: 


Backenzahn aus dem Diluvium von Simmering, desgleichen aus dem 
Diluvium von Währing, Schenkelknochen-Fragmente aus Pötzleins- 
dorf, Stosszahn aus den diluvialen Ablagerungen beim Belvedere, 
endlich aus neuester Zeit: 


Stosszahn, gefunden beim Bau der Stadtbahn in Hütteldorf. 


Auch in der Sammlung der k. k. polytechnischen Hoch- 
schule fand ich ein paar Reste dieses Thieres vor, die ich nunmehr 
unserem Verzeichnisse anschliesse. Es sind: 


Bruchstück eines Backenzahnes aus dem Löss der Ziegeleien an der 
Nussdorferstrasse, ferner 


Hälfte eines Unterkiefers (rechte Seite) mit wohlerhaltenen Backen- 
zahn ebendaher. 


Ich behalte mir vor, wenn wieder Reste von Mammuth in dem 
Umkreise unserer Stadt gefunden werden, darüber Nachricht zu geben, 
und später über die Verbreitung dieses Diekhäuters in Oesterreich- 
Ungarn überhaupt ausführlicher Bericht zu erstatten. 

In vieler Beziehung wichtiger und auch interessanter, als die 
nicht zu seltenen Vorkommnisse von Mammuthresten, sind jedenfalls 


1) Obwohl nicht mehr bieher gehörig, da ausserhalb des Stadtgebietes gelegen, 
führe ich doch noch einen Fund von drei schlecht erhaltenen Backenzähnen von 
Mammuth an, welche im Wienthale bei Mariabrunn auf der Pulverstampfwiese in 
der Nähe des Auhofes, gleich ausserhalb der Thiergartenmauer, gelegentlich der 
Ausbaggerungen aus Anlass der Wienfluss-Regulirung 5 Meter tief im Sande im 
Juni 1897 gemacht wurde, weil derselbe ebenfalls bei Gelegenheit der grossen 
Arbeiten im Wienflusse sich ergeben hatte, 


[19] Geolog. Studien i.d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 51] 


die Funde anderer thierischer Knochen und Zähne, welchen wir, 
wenn auch nicht so häufig, wie denen von Klephas primigenius, in 
den diluvialen Ablagerungen des Bodens von Wien begegnen. Ich 
halte es für passend, einmal alles, was bisher über solche Funde im 
Gebiete von Wien bekannt geworden, an einem Platze vereinigt zu- 
sammenzustellen und glaube damit vielen einen Dieust zu erweisen. 


Bisher kann ich über folgende berichten: 


Perissodactyla. 


Rhinoceridae. 


1883. Rhinoceros tichorhinus Cuv. Backenzahn, in gelben diluvialen 
Schotter unter Löss, gefunden bei der Fundamentirung der neuen 
Burg am äusseren Burgplatz. Sammlung des k. k. naturhisto- 
rischen Hofmuseums. 


1885. Rhinoceros tichorhinus Cuv. spec.? Radius und ulna der rechten 
Seite, 4 Stücke aus den Hauser’schen Ziegeleien an der Nuss- 
dorferstrasse. Sammlung wie oben. Ferner: 


1867. Rhinoceros tichorhinus Cuv. Unterkieferrest, gefunden im Stein- 
bruche des Herrn Severin Schreiber auf der Türkenschanze. 
(Diluvial.) Sehr gut erhaltenes Milchgebiss, von den Zähnen 
mehrere noch nicht abgekaut. Sammlung der k.k. geologischen 
Reichsanstalt. 


Endlich: 


Rhinoceros Merckii Jaeg. 2 Unterkiefer und ein Schädelfragment. Aus 
den Ziegeleien an der Nussdorferstrasse (ehemals Heiligenstadt). 


Rhinoceros Merckii Jaeg. Schenkelknochen, Bruchstück von der Türken- 
schanze. 
Beide Funde in den Sammlungen der k. k. geologischen 
Reichsanstalt. 


Equidae. 


Equus caballus fossilis Cuv. Von diesem befinden sich in den Samm- 
lungen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums folgende 
Reste: 


1850. Backenzahn aus dem Oberkiefer. Aus den diluvialen Ablagerungen 
i in den Ziegeleien von Inzersdorf. 
1858. Backenzahn aus dem Oberkiefer, gefunden im Löss der dritten 
Ziegelei an der Grinzingerstrasse (ehemals Schegar). 
1867. Backenzahn aus dem Öberkiefer, gefunden im Löss der ersten 
Ziegelei an der Nussdorferstrasse (Kreind]). 
: 1874. Zwei Backenzähne aus dem Oberkiefer, von einer Kelleraus- 
srabung im Brauhause von Simmering, gefunden 5 Klafter tief im 


diluvialen Schotter unter Löss im Jahre 1873. 
65* 


ad 


512 Felix Karrer. [20] 


1879. Hufkern aus der dritten Ziegelei an der Nussdorferstrasse 
(ehemals Schegar jetzt Hauser). 


Die k. k. geologische Reichsanstalt bewahrt aus den 
Ziegeleien an der Nussdorferstrasse (ehemals Heiligenstadt) vom 
Egquus caballus foss. ein Griffelbein und einen Schädel. 

In der Sammlung der k. k. polytechnischen Hochschule 
befinden sich vom fossilen Pferde: 


1970. Ein hinterer Metatarsus aus den Abgrabungen an der Nuss- 
dorferstrasse. 


1885. Schneide- und Backenzähne aus der- Ziegelei von Nussdorf 
(Heiligenstadt). 


Artiodactyla. 
Suidae. 


Vom .Sus serofa Linn. besitzt das k. k. naturhistorische 
Hofmuseum: 


1858. Einen Kieferrest mit darinsitzenden Backenzähnen nebst einem 
losen Eckzahn. Im Löss (leichter Grund, wie die Ziegelarbeiter 
ihn nennen) der dritten Ziegelei an der Nussdorferstrasse (früher 
Scheear- jetzt, Hauser), 


1859. Einige Kieferfragmente mit Backenzähnen und lose Eckzähne. 
Im Löss der zweiten Ziegelei an der Nussdorferstrasse (Hauser). 


Cervidae. 


Ziemlich zahlreich sind die Funde von Resten der Zweihufer 
in unserem Boden. Die Familie der Hirsche zählt darunter mehrere 
Vertreter. Die Sammlungen des k. k. naturhistorischen Hof- 
museums besitzen davon: 


1858. Vom Cervus elaphus Linn. Geweihfragment mit dem Rosenkranz 
aus dem Löss der ersten Ziegelei (Kreindl) an der Nussdorfer- 
strasse. 


1858. Vom Cervus giganteus Blumbech. Mittelhandknochen aus dem 
Löss der dritten Ziegelei (ehemals Schegar jetzt H umal an 
der Grinzingerstrasse. 


1861. Vom Cervus giganteus Blumbeh. Unteres Geweihstück, eben- 
daher. | 


1883. Vom Cervus sp.? einen Molar und einige Geweihfragmente aus 
dem Löss der ersten Ziegelei (Kr eind]) von der Nussdorfer- 
strasse. 


1888. Vom Cervus elaphus Linn. Schenkelknochen, ee aus dem 
Diluvium der Ziegelei von Inzersdorf. 


Die Sammlung der k. k. polytechnischen Hochschule 
enthält ebenfalls einige bemerkenswerte Stücke, so: 


[21] Geolog. Studien i. d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 513 


1870. Vom Cervus elaphus Linn. Geweihstücke vom Materialplatz der 
Nordwestbahn in Heiligenstadt und eine rechte Geweihstange aus 
dem Localschotter von diesem Orte. 


1875. Vom Cervus elaphus Linn. ein oberes Geweihstück und ein 
Geweihstück mit Augenspross, ebendaher. 


Aus der ersten Ziegelei (Kreind]) an der Nussdorferstrasse 
stammt auch ein Geweihstück von 64 Centimenter Länge mit Augen- 
spross, 15 Centimeter lang, von Cervus tarandus Linn., erworben im 
Jahre 1879 (Sammlung Karrer), neu abgebildet in Suess „Der 
Boden der Stadt und sein Relief“ aus der „Geschichte der Stadt 
Wien“, herausgegeben vom Alterthumsvereine zu Wien 18971), 

Es dürfte die Thatsache interessiren, dass Reste vom Renn- 


.thier überhaupt in Niederösterreich wiederholt gefunden wurden 


und besitzt das k. k. naturhistorische Hofmuseum eine An- 
zahl derselben, die ich im Anschlusse an den Wiener Fund an 
dieser Stelle mittheilen will. Es sind: 


zwei Geweihpaare von Mannersdorf bei Stillfried:; 

Geweihstück von Rabensburg in Niederösterreich; 

Fusswurzelknochen von Zeiselberg in Niederösterreich; 

Geweihstück von Mühlbach bei Ziersdorf in Niederösterreich; 

Geweihstücke und Extremitätsknochen aus der Eichmayerhöhle im 
Kremsthale bei Hartenstein. 


Zu diesem muss noch aufmerksam gemacht werden auf die zahl- 
reichen Funde von Rennthierresten, über welche Prof. G. A. Koch 
in seiner Arbeit über die Arnsteinhöhle bei Meyerling berichtet hat?). 
Die beigegebenen Literatur-Notizen erhöhen den Wert dieser Mit- 
theilung. 


Bovidae. 


Vom Rind haben sich in unseren diluvialen Ablagerungen eben- 
falls nicht selten Reste vorgefunden. Wir verzeichnen aus der Samm- 
lung desk. k. naturhistor. Hofmuseums Folgendes: 


1858. Vom Bos primigenius Boj. vier Stücke Halswirbel aus dem 
De ek sa 
Löss der dritten Ziegelei (Hauser) in der Grinzingerstrasse. 


? Vom Bison priscus Herm. v. Meyer. (Bos primigenius?) Ober- 
kieferstück mit einer halben und einer ganzen Zahnreihe aus 
dem Löss der Ziegeleien (Heiligenstadt) an der Nussdorferstrasse. 


1859. Vom Bison priscus Herm. v. Meyer (Bos primigenius?). Mittel- 


handknochen aus dem Löss der dritten Ziegelei (Hauser) in der 
Grinzingerstrasse. 


1) Karrer: Ueber ein fossiles Geweih vom Rennthier aus dem Löss des 
Wiener Beckens. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1879, Nr. 7, pag. 149. 


2) G. A. Koch: Die Arnsteinhöhle bei Meyerling. V. Jahresbericht des 
k. k. Staats-Gymnasiums im IV. Bezirk in Wien. Wien, Lechner, 1890. 


514 Felix Karrer. [22] 


1859. Vom Bos primigenius Boj. Unterkieferiest mit 5 Backenzähnen 
und 2 losen Zähnen aus dem Löss der zweiten Ziegelei (Hauser) 
in der Nussdorferstrasse. 


1859. Vom Bos primigenius Boj. Fünf lose Zähne aus dem Oberkiefer. 
Löss der zweiten Ziegelei (Hauser) in der Nussdorferstrasse. 
1883. Vom Bos primigenius Boj. Zwei Fragmente von Extremitätsknochen 
aus dem Löss der ersten Ziegelei (Kreindl) an der Nussdorfer- 

strasse. 


1883. Vom Bos primigenius Boj. Unterschenkelknochen aus dem Löss 
der ersten Ziegelei (Kreindl) an der Nussdorferstrasse. 


1896. Vom Bos priscus? Metatarsus aus der Grundaushebung (Löss) 
des Hauses im VI. Bezirk, Ecke der Gumpendorferstrasse zur 
Bienengasse, 3 Meter unter dem Strassenniveau im sogenannten 
grünen "Tegel (Löss) gefunden. 


Im Jahre 1869 wurden in der dritten Ziegelei an der Nuss- 
dorferstrasse (früher Schegar jetzt Kreind]), Zugang von der 
Grinzingerstrasse, in einer mit Moos reich durchfilzten, wasserreichen 
Lage von bläulichem sandigen Löss Knochen und gut erhaltene Zähne 
von Bos primigenius Boj. gefunden, über welche ich im Jahrbuche 
der k. k. geol. R.-A. Näheres berichtete ). Dieselben befanden sich 
damals im Besitze des Eigenthümers der Ziegelei, Herrn Schegar, 
welcher sie zur näheren Untersuchung mir übergab; später wurde 
aber alles wieder zurückgestellt und gelangte in fremde Hände. 

In derselben Schichte hat einige Jahre später Suess kleine 
Hornzapfen von Bos brachyceros gefunden. 

Die k. k. geologische BReichsanstalt. besiit ehe ra 
einen Hornzapfen vom Bos primigenius aus den Nussdorfer Ziegeleien 
(Heiligenstadt?) und die k. k. polytechnische Hochschule 
verschiedene Backenzähne vom Bos primigenius mit der Fundort- 
angabe Heiligenstadt, also wahrscheinlich von derselben Fundstelle. 


Im Jahre 1865 hat Peters in den Schriften der k.k. geolog. 
Reichsanstalt, Bd. XIII, Verhandlungen Nr. 4, pag. 118 die bekannte 
Mittheilung über eine Anzahl von Resten kleiner Nager und Insecten- 
fresser gemacht, die sich in einem grossen Schädel vom Elephas 
primigenius der 3 Klafter, also ungefähr 6 Meter tief im Löss der 
dritten, ehemals Schegar’schen jetzt Hauser’schen Ziegelei in der 
Grinzingerstrasse von Nussdorf lag, vorgefunden hatten. 

Nehring hat später, nachdem er diese Reste durchgesehen, 
im XXIX. Bande des Jahrbuches der k. k. geol. Reichsanstalt 1879, 


pag. 475, in einem längeren Aufsatze eine Revision der ersten Be- 


stimmungen publieirt und auf Grundlage derselben schalte ich das 
sehr interessante Verzeichnis dieser kleinen Thiere hier ein. Es sind: 


‘) Karrer und Fuchs: Geol. Studien in den Tertiärbildungen des Wiener 
Beckens. Nr. VIlI b. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1869, XIX. Bd., pag. 199 ff. — 
Ferner Nehring: Fossilreste kleiner Säugethiere aus dem Diluvium von Nussdorf 
bei Wien. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1879, XXIX Bd., pag. 486 ft. 


[23] Geolog. Studien i d. tertiären u. jüngeren Bildungen d. Wiener Beckens. 515 


Inseetivora. 
Talpidae. 


1863. Talpa europaea Linn. (Gemeiner Maulwurf.) Oberarmbeine, 
Röhrenknochen, Schnauzenstück, Schulter- und Beckengürtel- 
knochen, Brustbein und Zähnchen. 


Sorex vulgaris Linn. (Gemeine Spitzmaus.) Unterkiefer, Zähnchen, 
drei lädirte Oberkiefer, drei Oberarme und vier Oberschenkel- 
knochen. 


BRodentia. 
Seruridae. 


Spermophilus sp. guttatus? (Ziesel.) Zwei kleine Zähnchen. 


Arvieolidae. 


Arvicola amphibius Linn. (Wühlmaus). Unterkiefer, isolirte Backen- 
zähne, ein Oberschenkel, ein Backenfragment. 


Arvieola ratticeps Keys. und Blas. Zwei Unterkiefer, isolirte Zähnchen, 
Arvicola arvalis Pall. seu agrestis Linn. Zwei Unterkiefer. 


Dipodidae. 
Sminthus sp. (vagans Pallas? Springmaus). Linker Oberkiefer mit drei 
Molaren. 
Lagomyidae. 


Layomys pusillus Pall. (Pfeifhase). Linkes Oberkieferfragment und 
dazugehörige Backenzähne, unterer Theil eines Humerus. 


Ausser diesen aus einem Mammuthschädel stammenden kleinen 
Nagerresten hat Nehring auch zwei gut erhaltene Schädel von 
Hamster aus dem marinen Sande von Pötzleinsdorf unter einem 
untersucht. Er spricht sich dahin aus, dass er diese Schädel keineswegs 
für recent, sondern sicher für diluvial hält und meint, dass diese 
diluvialen Thiere in dem Tertiärsande ihre Höhlen gegraben und 
darin verendet seien. Es ist: 


1866. Cricetus frumentarius Desm. (Der gemeine Hamster.) Zwei gut 
erhaltene Schädel. 


Alle diese Reste befinden sich in der Sammlung des k.k. natur- 
historischen Hofmuseums. 


Von den Fleischfressern haben wir in den diluvialen Sedimenten 
unseres Untergrundes ebenfalls Reste zu verzeichnen, die wir im 
folgenden anführen: 


516 Felix Karrer, [2 4] 


Carnivora. 
Canidae. 


Lupus Swesst Woldr. (Wolf.) Fast das ganze Skelet des Thieres aus 
dem Löss der ersten Ziegelei (Kreindl) an der Nussdorfer- 
strasse. (Woldrich, Denkschr. der kais. Akademie der Wissen- 
schaften in Wien 1878, XXXIX. Bd., mit 6 Tafeln, und Verhandl. 
der geol. R.-A. 1879, pag. 48.) Sammlung der Wiener Univer- 
STAR 


Hyaenidae. 


1843. Hyaena spelaea Goldf. (Hyäne.) Eckzahn von Mauer bei Wien. 

1567. Hyuena spelaea Goldf. Dritter und vierter Prämolar des rechten 
Unterkiefers aus dem Löss der ersten Ziegelei (Kreindl) an 
der Nussdorferstrasse '). Sämmtlich in den Sammlungen des k. K. 
naturhistorischen Hofmuseums. 


Ursidae. 


Ursus spelaeus Blumbech. Ein Wirbel mit dem Fundorte Heiligenstadt. 
Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt. 


Anhang. 


Zum Schlusse soll noch erwähnt werden, dass in den Sammlungen 
des k.k. naturhistorischen Hofmuseums sich ein paar unbe- 
stimmbare Reste befinden, welche in verschiedenen Jahren aufge- 
funden wurden und vielleicht später bei Gelegenheit eine nähere 
Definition erfahren werden. Es sind: 


1859. Zähne eines schafartigen Thieres, aus dem Löss der zweiten 
Ziegelei (Hauser) an der Nussdorferstrasse. 


1865. Gehörknochen eines grösseren Wirbelthieres, aus dem Löss der 
Ziegeleien an der Nussdorferstrasse. 


) Fuchs: Verhandl. d. k. k. geol. R-A. 1868, pag. 170. 
Buens, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1868 (Jahrb. IX. Bd.), pag. 145 u. 148. 
P. Partsch: Erläuternde Bemerkungen zur geogn. Karte des Beckens von 
Wien und der umgebenden Gebirge. Wien 1844. Hof- und Staatsdruckerei. 


mu zz 


Bemerkungen über die Miocänablagerungen 
Volhyniens. 
Von W. Laskarew. 


Die tertiären Bildungen des westlichen Landstriches des vol- 
hynischen Gouvernements bestehen hauptsächlich aus fossilreichen 
Mediterranablagerungen, welche über die obercretacischen Mergel 
(Ober-Turon und Senon) gelagert und von nicht weniger gut ent- 
wickelten sarmatischen Schichten bedeckt sind. Im südwestlichen 
Theile des Bezirkes von Kremenetz schalten sich zwischen den oben 
erwähnten Miocänschichten sandige Ablagerungen mit einer eigen- 
thümlichen Fauna ein, welche theilweise marine und sarmatische, 
theilweise eigenartige Formen enthält, und somit annähernd als Ueber- 
sangsbildungen betrachtet werden können. 

Die lehrreichsten Entblössungen dieser sandigen Schichten be- 
finden sich dem kleinen Flusse Buglovka entlang. An der rechten 
Seite desselben, dem Dorfe Ogryschkowey gegenüber, etwa 20 km 
von der österreichischen Grenze entfernt, erhält man in den ganz 
horizontalen Ablagerungen von oben nach unten die nachstehende 
Schichtfolge: 


1. Ackerboden. 


2. Lössartiger, gelbbrauner, sandiger Lehm mit vielen kalkigen 
SR TS NR A NE BERN PER HENEFENELIORLINRGSE"T STIRBT UN 13 0 


3. Dünnschichtiger, gelbbräunlicher, thoniger Sand . 1'590 m 


4 Eine kleine Gruppe von Thonschichten, welche von merge- 
ligen und sandigen Schichten durchsetzt sind. In den weisslichen 
Mergeln begegnet man undeutlichen Pflanzenspuren und schlecht 
erhaltenen Resten von: Cardium protractum Eich., Tapes gregarida 
Partsch., Modiola volhynica Eich. . . - ......:. 175m 


5. Weisser, reiner Sand mit einer grossen Menge von Modiol« 
volhynica Eich., Ervilia Ak Eich., "Cardium protractum Eich., 
Buceinum duplicatum Sow., Cerithium mitrale Eich., Hydrobia etc. 
Dort kommen auch manchmal Anhäufungen von zertrümmerten und 
abgerollten Klappen der Östrea digitalina Eich., Cardium praeechinatum 
Hilb, Trochus patulus Broce. vor  . . emnelth Kalemtaniren 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (W. Laskarew.) 66 


518 W. Laskarew. [2] 


6. Schmutzig-bräunlicher, sandiger Serpula-Oolithkalk mit Krvilia 
podolica Eich., Mactra variabilis Sinz. var. fragilis, Modiola volhynica 
Eich., Cardium protractum Eich., Cerithium mitrale Eich., Mohren- 
sterniga,. Serpula- sp... u... en en 


7. Weisslich-grauer, kleinkörniger Sand; darinnen Myriaden von 
winzigen Ervilia podolica Eich. typ. et var. (cf. pusilla Phil.), Mactra 
variabilıs Sinz. var. fragilis, Modiola volhynica Eich., Cardium pro- 
tractum Eich. var, (ruthenicum Hilb.), Syndesmya reflexa Eich., Donax 
dentigera Eich., Lucina dentata Bast., Venus konkensis Sok., Congeria 
Sandbergeri Andrus. typ. et var., Buceinum duplicatum - Verneuilii Sinz., 
Mohrensternia inflata Andrz., Bulla Lajonkaireana Bast. . . 525 m 


Dasselbe geht allmälig in 


8. grünlich-grauen Sand über. In den oberen Theilen desselben 
begegnet man hie und da sehr kleiner Krovilia podolica Eich. var., in 
den unteren dagegen schmalen Zwischenschichten eines gröberen, 
gelben Sandes mit Geröll und Muschelsplittern; diese Zwischen- 
schichten werden nach unten häufiger, nehmen an Grösse zu und, 
nach den Splittern zu urtheilen, kann man dieselben den marinen 
Formen Ostrea, Luecina columbella Lam., Trochus patulus Broce. zu- 
rechnen" in. .N...u0lE ERHEBT 


Unmittelbar darunter folgen mit für das organogene Gestein 
ausserordentlich ebenen Begrenzungsflächen folgende Schichten: 


9. Lithothamnien-Kalkstein, aus einzelnen regelmässigen, oft 
krystallisirten Kugeln bestehend; hier sind nur kleine Ostrea, Pecten 
elegans. Andrz. gefunden: worden. 1... 11:4. wsis SR 


10. Dichter, spaltreicher, grau-bräunlicher Kalkstein, fossilienleer, 
entblösst bis zur Flussebene auf N 


Hier lenken wir nun die Aufmerksamkeit besonders auf die 
Schichten 7 und 8, welche zwischen unzweifelhaft mediterranen 
Bildungen (9 und 10) und einem im südlichen Theile des Bezirkes 
Kremenetz so weit verbreiteten Elemente der sarmatischen Ablage- 
rungen, wie Serpula-Oolithkalkstein (6 und 5, 4), abgelagert erscheinen. 


Diese Sandschichten weisen dem ganzen Flusse Buglovka bis 
zur österreichischen Grenze entlang fast denselben Charakter auf. 
Nordwestlich von diesem Flusse treten dieselben in den Uferabhängen 
des Flüssleins Svinorojka, nahe dem Marktflecken Wyschgorodok, und 
den Dörfern Zukowey, Bjelka u. a. auf. Hier haben die von uns be- 
trachteten Schichten als Liegendes sandige, mediterrane Ablagerungen 
und enthalten in beträchtlicher Menge Formen, welche diesen letzteren 
eigen sind. Südöstlich von Buglovka, schon im Rayon des Bezirkes 
Starokonstantinow, begegnet man den entsprechenden Schichten beim 
Dorfe Kuntscha. Hier sind sie als grünlich-graulicher Sand und grau- 
gelblicher, kalkiger Sandstein mit kleinen Zrvilia podolica Eich. var. 
und Zwischenschichten von Süsswasserkalkstein, welcher Hydrobia, 
Planorbis, Lymnaea u. a. enthält, entwickelt. Diese Bildungen sind 
hier unmittelbar auf den Kreidemergeln abgelagert und von tiefsten 
sarmatischen Ablagerungen bedeckt. Die letzteren enthalten ausser 


a 
: 


[3] Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. 519 


den verschiedenen gewöhnlichen Formen auch Murex sublavatus Bast,, 
Buceinum cf. coloratum Kich., Columbella sceripta L. u. a., welche 
früher den russischen sarmatischen Ablagerungen als fremd betrachtet 
worden sind. 

Solcherart ist die Verbreitung der von uns betrachteten Schichten. 
welche wir dem Namen des Flusses nach kurz die „Buglovschen“ 
nennen). Hier erscheint es nothwendig, die Aufmerksamkeit auf 
einen Umstand zu lenken, welcher nicht unbedeutend erscheinen 
könnte für die Erklärung der Entstehung des Buglovschen Beckens. 
nämlich auf das Vorkommen von Süsswasserkalken innerhalb dieser 
Schichten. Im nördlichen Theile des Bezirkes Kremenetz, in der 
Umgebung der Stadt Kremenetz, der Dörfer Tyljawka, Onyschkowey 
und Krugoletz, treten vollkommen gleichartig ausgebildete Süsswasser- 
kalksteine auf, welche aller Wahrscheinlichkeit nach als den Buglov- 
schen Schichten gleichzeitige Ablagerungen zu betrachten sind. Ihre 
stratigraphische Stellung ist aber. bis jetzt nicht ganz klar; doch ist 
es zweifellos, dass sie höher als die Mediterranschichten liegen 
(Kremenetz) und bei den zwei letzten der oben aufgezählten Ort- 
schaften von untersarmatischem Sande bedeckt werden). 

Ehe wir an die nähere Betrachtung der Fauna der Buglovschen 
Schichten herantreten, glauben wir, einige Worte über die Fauna der 
mediterranen und sarmatischen Ablagerungen Volhyniens hinzufügen 
zu müssen, um dadurch die Anfangs- und Schlussstadien der Formen- 
entwicklung, zwischen welchen die Buglovschen die mittlere Lage 
einnehmen, genauer bestimmen zu können. Ich glaube, dass diese 
Aufgabe auf die beschreibende Charakteristik der genannten Ab- 
lagerungen beschränkt werden kann, ohne dass wir uns in ver- 
sleichende Betrachtung derselben einlassen, da diese drei Faunen 
auf demselben Orte entwickelt vorkommen. 

Die mediterranen Schichten von Westvolhynien sind als sandige, 
littorale Ablagerungen und Lithothamnium-Vermetuskalksteine ent- 
wickelt. Als tiefste Horizonte erscheinen hier thonig-sandige, fossil- 
leere Schichten, welche die Braunkohle enthalten und unmittelbar 
auf Kreidemergel abgelagert sind. Ueber diesen folgt die Hauptmasse 
der Sand- und Lithothamniumbildungen, deren reichliche Fauna von 
Eichwald, Dubois de Montpereux, Andrzejowski u.a. be- 
schrieben worden ist. Endlich ist es stellenweise möglich, die höchsten 
Horizonte zu unterscheiden, in denen mit einigen typisch marinen 
Formen zusammen die auch für die Buglovschen Schichten charakte- 
ristische Venus konkensis Sok. vorkommt. Die neueren Erforscher der 
Mediterranablagerungen der galizischen Meerenge betrachten dieselben 
als den analogen Bildungen des Wiener Beckens entsprechend (Pötz- 
leinsdorf, Leithakalk). Prof. Uhlig hat dabei auch als Unterscheidungs- 
merkmale im allgemeinen nachgewiesen, dass die galizische Mediterran- 


1) Ausführlichere Beschreibung der Verbreitung dieser Schichten siehe meine 
Abhandlungen in Bull. du Comite geolog. de S. P&tersbourg 1897 und 1899. 

2) Es ist möglieh, dass die Süsswasserkalke von Kremenetz und Tyljawka 
mit jenen von Ogryschkowey und Krugoletz nicht vollkommen gleichzeitig sind, 
sondern eine etwas höhere Lage einnehmen. 

66* 


590 \ W. Laskarew. [4] 


fauna an Korallen und Echinodermen sehr arm ist und Formen enthält, 
welche den Umfang der Wiener Formen bei weitem nicht erreichen. 

Etwas mehr erübrigt es zu sagen über den Charakter der sar- 
matischen Ablagerungen Volhyniens. Nach den letzten Ergebnissen 
der Forschung kann man als bewiesen annehmen, dass die sarma- 
tischen Ablagerungen von Südrussland eine nicht vollkommen identische 
Einheit bilden und dass es bei weitem nicht gleichgiltig ist, aus welchem 
Niveau dieser Bildungen, welche bis 125 m mächtig sind, die Fossilien 
gesammelt werden. Für unsere Zwecke ist die genaue Erforschung 
der Veränderungen der sarmatischen Fauna in der verticalen Rich- 
tung von besonderer Wichtigkeit, da in unserem Falle hauptsächlich 
die tiefsten Horizonte der Betrachtung unterzogen werden. 

Eine ähnliche Eintheilung der sarmatischen Schichten auf Grund 
der Fauna ist von Prof. J. Sinzow vorgeschlagen worden !). Dieser 
Eintheilung nach zerfallen die sarmatischen Ablagerungen von Süd- 
russland in zwei Horizonte, nämlich den unteren oder #rvilia podolica- 
Horizont und den oberen oder Nubecularia novorossica-Horizont?). In 
der letzten von den hier angeführten Abhandlungen zeichnet Prof. 
Sinzow auch den höchsten Horizont, wo unter Mactra Bignogniana 
d’Orb., Mactra variabilis Sinz. var. cerassicolis zugleich terrestre und 
Süsswasserconchylien vorkommen (Unio, Vivipara, Helix); dieser 
Horizont verbindet, der Meinung Prof. Sinzow’s nach, die sarma- 
tischen Schichten mit den höher liegenden mäotischen ?°). 

Bei weiteren Untersuchungen der südrussischen sarmatischen 
Ablagerungen erkannte man erstens, dass die horizontale Verbreitung 
der einzelnen Horizonte auf eine allmälige Verminderung der sarma- 
tischen Meeresfläche schliessen lässt, und zweitens, dass in Galizien 
und Westvolhynien nur der untere Horizont entwickelt ist ®). 

Nur auf Grund einer solchen Bestimmung dieses palaeontolo- 
gischen Materials, welches unmittelbar mit der Fauna der mediterranen 
und Buglovschen Schichten verglichen werden kann, erscheint es uns 
möglich, zur Lösung der oben aufgestellten Aufgaben schreiten zu 
können. Wir setzen nur hinzu, dass, obwohl die obersarmatische Fauna 
viel gemeinsames mit jener der unteren Horizonte hat, doch, als 


!) Materialien zur Geologie Russlands. T. XI, 1883. 


?) Charakteristische Formen für beide Theile siehe die Abhandlung von 
Prof. Sinzow „Ueber die palaeontologischen Beziehungen etc.“ in Denkschr. d. 


Neuruss. Naturforschergesellsch., T. XXI, Lief. 2, und von Prof. Andrussow. 


„Ueber Tertiär-Literatur für Jahrgang 1897“ in Annuaire geolog. de la Russie 
1898.71: 18, 


®») Prof. Andrussow in seiner Notiz „Zur Frage über die Classification 
der südrussischen Neogenablagerungen“, Memoiren der Universität Jurjew 1898, 
tritt mehr entschieden für die Selbständigkeit dieses dritten Horizontes auf, 
welchem, seiner Meinung nach, auch die Schichten mit Mactra cumulata Sabba im 
Milcow und Rämnicu-Sarat in Rumänien, sowie Bryozoenkalke, Cementmergel und 
obere Schieferthone der Ialbinsel von Kertsch gehören. 


*) W. Laskarew. „Ueber die sarmatischen Ablagerungen einiger Locali- 
täten Volhyniens“, Denkschr. der Neuruss. Naturforschergesellsch., 1897, T. XXI, 
Lief. 2, und „Geologische Beobachtungen längs der Nowosielitza-Eisenbahnen“, Jahrb. 
1896, T. XX, Lief. 2. 


EEE EEE 


[5] 


Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. 


521 


weiteres Stadium der Entwicklung desselben Formencyclus, bedeutend 
weiter von ihren Urformen fortgeschritten ist und das Vergleichen 
z. B. der Kischinever obersarmatischen Fauna mit der mediterranen 
nur wenige gemeinsame Punkte aufweisen kann). 


Der Betrachtung der miocänen Fauna in den uns interessirenden 
Schichten setzen wir ein Verzeichnis derselben voran: 


Mediterrane 
Schichten. 
Mactra Basteroti May. 


Erwilia pusilla Phil. 
Tapes ef. Vitaliana d’Orb. 


Donax intermedia Hörn. 

Modiola 
n. sp. 

Modivla Letochae Hörn. 


sub - marginata 


Syndesmya sp. 

Imeina dentata Bast. 

Cardium prae - plicatum 
Hilb. 

Cardium 
bert (?) 

Cardium sp. (?) 


Pholas sp. 


Trochus affinis Eich. 


M. 


Holubicense Hil- 


Buglovsche 
Schichten. 


variabilis Sinz. var. 
Fragilis. 


E. podolica Eich, var. 


D. dentigera Eich. 


|M. marginata Eich. 


M. volhynica Eich. 
S. reflera Eich 


L. dentata Bast. 


C. vıthenicum Hilb, 


Cardium sp. 


Untersarmatische 
Schichten. 


M. variabilis Sinz. var, 
fragilis. 

E. podolica Eich. 

| T. Vitaliana d Orb. 

| 


T. gregaria Partsch. 


D. dentigera Eich. 


, M. marginata Eich, 


M. volhynica Eich. 
Ss. reflexa Eich 


„ Dujardini Desh. 


NS 


, plicatum Eich. 


N 


(S>\ 


', protractum Eich. 


| ©. irregulare Eich. 

| C. Vindobonense Partsch. 
'C, sp. (cf. Suessi Barb.) 

ı Pholas sp. 

| Trochus angulatus Eich. 
pietus Eich, 


aibomaeulatus Eich. 


Eich. 


zaliscensis n. Sp. 


H 

T. 

T. prosiliens Eich, 
T. carinula 

Te 

T. anceps Eich. 

T. sanios Eich. 

T. ef. Beyrichi M. Hörn. 
T. affinis Eich. 


1) Bemerkenswert ist es aber, dass einige obersarmatische Formen näher 
den mediterranen als den untersarmatischen stehen. So z. B. das obersarmatische 
Cerith. Menestrieri @’Orb. zum C. plicatum Brug., Trochus noduliformis Sinz. zum 
Monod. mamilla Andrz., Trochus Woronzowii d’Orb. zum Trochus punctatus Ren. 


\ 


522 


Mediterrane 
Schichten. 


Cerithium mitrale Eich. 


Cerithium meditersranenm 


Desh. 


Cerithium minutun Serr., 


Cerithium moravicum Hörn. 


Rissoa turıieula Eich. 


Bulla Lajonkaireana Bast. 


Hydrobia sp. 


Bueceinum mioeenienm Micht, 


Buccinum 

Neritodonta  pieta Fer.) 
Eich. 

Munex 

Pleurotoma 

Columbella 

Natica 

Cerithium deforme Eich. 

Congeria Sandbergeri An- 


drus. 


Venus konkensis Sokol. 
Venus umbonaria Lam. 
Corbula gibba Ol. 
Ensis Rollei Hörn. 


Cardium  praeechinatum 
Milb. 


coloratum Eich. 


W. Laskarew. 


Buglovsche 
Schichten. 


\ M. angulata Eich. 

B. Lajonkaireana Bast. 
B. truncata Ad. 

| Hydrobia sp. 


(B. duplicatum - Vernenli 


Sinz.) 


1} 


ıC. deforme Eich. 


C. Sandbergeri Andrus. 


C. Sandbergeri var, 
V. konkensis Sokol, 
| V. umbonaria Lam. var, 
C. cf. gibba Ol. 
\E, Rollei Hörn. 


| © praeechinatum Hilb. 


[ Mohrenst. inflata Andrz. 


Untersarmatische 
Schichten. 


Trochus quadristriatus Dub. 
73 
Phasianella  bessarabica 


| d’Orb. 
| 


mitrale Eich. 


C. 
©. Peneckei Hilb. 
|C. nodosoplicatum Hörn. 


subturrieuloides Sinz. 


C. mediterraneum Desh, 


C, rubiginosum Eich. 


C. rubiginosum var, 


‚©. disjunetum Sow. 

M. inflata Andrz. 

'M. angulata Eich. 

B. Lajonkaireana Bast.. ’ 

| 

, B. truncata Ad. 

'H. Frauenfeldii Hörn. 

H. acuta Drap 

B. duplicatum Sow, 

B. duplicatum - Verneuli 
Sinz. 

B. Vernewili d’Orb. 

B. cf. coloratum Eich. 

N, pieta (Fer.) Eich. 


| 


Murex sublavatus Bast. 
PleurotomaDoderleiniHörn. 
Columbella sp. 
Natica sp. 


[7 Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. 523 
Mediterrane Buglovsche Untersarmatische 
Schichten. | Schichten. Schichten. 

"Peetuneulus pülosus L ı P. pilosus L. | 

Nueula nucleus L. IN. nucleus L. | 

‚Venus eincta Eich. IV, cincta Eich. | 


Ostrea digitalina Eich. ') | O, digitalina Eich. ?) 


Schon aus dem Vergleiche der Zusammenstellung der Formen 
aus den drei unmittelbar aufeinander folgenden Schichten kann man 
über ihre Verwandtschaft und enge Zusammengehörigkeit urtheilen. 
Noch klarer tritt das bei der genaueren Erforschung der einzelnen 
Faunenelemente hervor. Eine ausführliche Beschreibung der Ergebnisse 


dieser Forschung wird später publieirt werden; jetzt aber glauben 
wir, nur einige allgemeine Umrisse vorbringen zu sollen. 


Die Repräsentanten der Mactra-Gruppe der mediterranen, 
Buglovschen und untersarmatischen Schichten weisen eine bedeutende 
Aehnlichkeit im Aeusseren untereinander auf. Nichtsdestoweniger 
haben die Formen der verschiedenen Horizonte folgende, stetige 
Unterscheidungsmerkmale : Die marinen Formen unterscheiden sich 
durch. glänzend -glatte äusserliche Fläche und besitzen an beiden 
Abdachungen, vom Vorder- und Hinterkiele dem Schlossrande zu, 
eine scharf ausgeprägte, regelmässige Sculptur, welche aus radial 
vom Wirbel auslaufenden Rippchen besteht. Diese Eigenthümlichkeit, 
welche eines der charakteristischesten Merkmale der Mactra Basteroti 
May. bildet, gestattet sogar, die kleinen Bruchstücke als hieher gehörig 
zu bezeichnen. Die Exemplare der Buglovschen Schichten besitzen 
keine so glatte Oberfläche und die Anwachsstreifen sind nicht so 
regelmässig und mehr grob; die Scluptur an den Abdachungen ist 
hier grösstentheils durch unregelmässige Streifen vertreten und nur 
bei wenigen Exemplaren war dieselbe stellenweise bemerkbar. Die 
untersarmatischen Formen weisen keine Spur von Sculptur auf und 
sind nach ihrem Aeusseren mit den Buglovschen fast vollkommen 
übereinstimmend. Auf diese Weise besteht der Gang der Ver- 
änderungen, wie es noch einigemale bei anderen Formengruppen 
zu wiederholen sein wird, im Ausglätten und Verschwinden der 
scharf ausgeprägten Sculptur, die den normalen marinen Gattungen 
eigenthümlich ist. 

Es scheint nicht überflüssig zu sein, auch einige Worte über 
systematische Terminologie dieser Formen beizufügen, umsomehr, da 
eine Verschiedenheit der Meinungen in Bezug auf dieselbe zwischen 


ı) Von den mediterranen Formen haben wir nur die für uns unmittelbar 
interessanten angeführt. Die Gesammtzahl der Mollusken allein überschreitet hier 
150 Formen, welche von Eichwald, Dubois u. a. beschrieben worden sind. 
Bemerkenswert sind auch Spaniodon nitidus Rs, Gastrana fragilis L., Paphia 
cornea Poli, Pholadomya alpina Math., Psammobia Labordei Bast., Lepton corbu- 
loides Broce., Jouannetia semicaudata Desm., einige Murex, P’leurotoma etc., welche 
erst in der letzten Zeit in Wolhynien aufgefunden wurden. 

2) Die letzten fünf Formen sind in den Buglovschen Schichten nur bei 
Wyschgorodok aufgefunden worden. 


524 W. Laskarew. [8] 


der russischen und österreichischen Literatur sich bemerken lässt. 
Alle die Formen, welche von M. Hörnes unter dem Namen Mactra 
podolica Eich. abgebildet worden sind, gehören zur Gruppe M. pon- 
derosa Eich. und unterscheiden sich wesentlich von denen, welche 
Eichwald als M. podolica bezeichnet hat. Da der Name M. pon- 
derosa in die conchyliologische Nomenclatur von CGonradund Philippi 
schon eingeführt ist und diese Formen durch bedeutende Veränder- 
lichkeit sich auszeichnen, hat Prof. Sinzow sie M. variabilis genannt. 
Dickschalige, massive Varietäten werden dabei als M. vuriabilis var. 
Fabreana d’Orb. (in H. de Hell’s Voyage etc. Taf. IV, Fig. 22-24; 
M. Hörnes Il], Taf. 7, Fie. 1, 3, 5, 6, 7) oder M/ varıabılız ver 
crassicollis Sinz. (Denkschr. d. Neuruss. Naturf. Ges. T. XXI, Lief. 1; 
M. HörnesIlI. Taf. 7, Fig. 2) bezeichnet; sie kommen hauptsächlich 


in oberen und mittleren sarmatischen Horizonten vor. Die dünn- 


schaligen, kleinen Abarten wurden als: M. variabilis var. fragilis ab- 
gesondert (M. Hörnes II, Taf. 7, Fig. 4); in unteren sarmatischen 
Horizonten befinden sich nur diese Arten und sind, wie schon gesagt, 
vermittels der Buglovschen Formen mit der marinen M. Basteroti 
May. verbunden. M. podolica Eich. gehört zu den sehr ungleich- 
seitigen, nicht gekielten Formen, welche nur den obersarmatischen 
Horizonten eigen sind, wo sie von verwandten Formen M. Bignogniana 
d’Orb., M. tapesoides Sinz. und von Mactriden aus transkaspischem 
(Gebiete (siehe Prof. Andrussow) begleitet werden. 

Unsere Betrachtung fortsetzend, können wir uns bei den Ervilien 
nicht lange aufhalten, da die Verbindung der untersarmatischen Hrvelia 
podolica Eich, mit der marinen E. pusilla Phill. schon mehrmals in 
der Literatur nachgewiesen wurde. In den Buglovschen Schichten 
kommen, zusammen mit der kleinen Zrvilia podolica Lich., auch Formen 
vor, welche sehr schwer in die eine oder andere Species einzutheilen 
sind; in solchem Grade haben sie die Merkmale beider Species, 

Die fast überall häufig vorkommenden Formen Modiola margi- 
nata Eich, und M. vollynica Kich. besitzen in den marinen Schichten 
ihre unzweifelhaften Urformen. Nachdem ich die Fundorte, welche 
Eichwald so reiches Material lieferten, besucht habe, bin ich über- 
zeugt, dass die von Eichwald abgebildete M. marginata (Leth. 
rossica III, Taf. IV, Fig. 15) aus marinen Ablagerungen des Dorfes 
Zukowey stammt; sie wurde in denselben Schichten auch in Zalisey, 
Domanenka u. a. OÖ. von mir aufgefunden. Diese Form ist durch 
kleine Dimensionen ausgezeichnet, ist sehr gewölbt und hat die mit 
scharfen, groben Rippchen bedeckte Oberfläche; die Ränder sind 
ringsum gekerbt. M. marginata aus den Buglovschen Schichten, ob- 
zwar klein und mit gekerbten Rändern, ist mehr flach und hat eine 
schon mit feinen Streifen kedeckte Oberfläche. In den untersarma- 
tischen Ablagerungen ist diese Form noch flacher, feingestreift und 
grösser; ihre Ränder sind fast glatt (nur der obere und vordere 
Rand behalten manchmal die Crenulation). Wir scheiden die marine 
Form unter dem Namen M. sub-marginata n. sp. aus!). M. biformis 


‘) Hieher gehört walırscheinlich auch die Modiola cf. marginata, welche 
Hilber aus dem marinen Miocän Galiziens anführt. Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1882. 


[9] Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. 525 
Reus. steht dieser Form sehr nahe, unterscheidet sich aber durch 
den immer vorhandenen Seulpturmangel in der Mitte des unteren 
Randes. In dieser Hinsicht stehen die beiden Arten zu einander in 
derselben Beziehung, wie die obersarmatischen M,. marginata Eich. 
und M. Fuchsi Sinz. 

Die M. volhynica-Gruppe ist in marinen Schichten durch Formen 
vertreten, welche von M. Letochae Hörn. schwer zu unterscheiden 
sind. Hier sind sie nur grösser und behalten sogar die Färbung in 
der Form radial auseinanderlaufender, weisser Streifen auf gelb- 
bräunlichem Grund. M. Letochae Hörn. besitzt eine ziemlich glatte, 
glänzende, von feinen Anwachsstreifen bedeckte Oberfläche, welche 
manchmal mit einer seulpturähnlichen Regelmässigkeit vertheilt sind. 
Die echte M. volhynica besitzt eine mehr gewölbte Schale, deren 
Aussenfläche nicht so glatt und von unregelmässigen Anwachsstreifen 
bedeckt ist; ihre Schalenränder sind glatt. Das Zunehmen an Grösse 
von den marinen bis in die obersarmatischen Schienten ist eine 
allgemeine Eigenschaft dieser Modiolen. 

Die Donax-Arten der marinen Ablagerungen Volhyniens und 
Nordbessarabiens gehören der Donax intermedia Hörn. an, welche 
eine sehr ungleichseitige Schale mit einem scharfen, im hinteren ab- 
sekürzten Theile liegenden Kiele besitzt; die Abdachung hinter dem 
Kiele ist mit regelmässigen, parallellaufenden Rippchen bedeckt. 
Schon in den marinen Sanden von Zalisey befinden sich Donax-Formen, 
bei welchen diese Sculptur zu zerfliessen und zu verschwinden an- 
fängt. Die Buglovschen und untersarmatischen Formen zeigen noch 
bedeutende Ungleichseitigkeit und tragen einen mehr oder weniger 
scharf ausgeprägten Kiel; die Seulptur aber wird gänzlich durch un- 
regelmässige Streifen ersetzt; sie gehören schon zu den Formen, 
welche von Eichwald als D. dentigera Eich. abgesondert worden 
sind. Einige parallel damit anwachsende Veränderungen des Schloss- 
baues können hier nicht näher geschildert werden. Es ist vielleicht 
nicht überflüssig bier beizufügen, dass die Wiener sarmatischen 
Formen, welche M. Hörnes (II, Taf. 10, Fig. 2) unter dem Namen 
D. lueida Eich. beschrieben hat, auch zur D. dentigera Eich. gehören. 
D. Tucida Eich. stellt eine fast eleichseitige Form ohne Kiel dar und 
ist in den obersarmatischen Schichten Südrusslands zu finden, wo 
sich ihr auch D. Hörnesi Sinz. und die grosse, ganz gleichseitige 
D. novorossica Sinz. anschliessen. Auf diese Weise besteht also der 
allgemeine Gang der Veränderungen der Donax-Gruppe von den 
marinen Schichten aufwärts in der Zunahme der Schalengleichseitig- 
keit, zugleich mit dem Verschwinden des Kieles und der Sculptur. 

In den oberen Horizonten der marinen Ablagerungen des Dorfes 
Schuschkowey und Zaliscey habe ich nicht grosse, verlängerte Exem- 
plare von Tapes gefunden, welche der sarmatischen Vitaliana d’Orb. 
ähnlich werden. 

Die für die untersarmatischen Schichten Volhyniens (ebenso 
Ungarns) sehr charakteristische Syndesmya reflexa Eich. hat auch in 
den marinen Schichten ihre Vertreterin in einer. winzigen Sindes- 
mya sp., die ihr ähnlich ist; von derselben besitze ich leider nur ein 
Exemplar. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (W. Laskarew.) 67 


596 W. Laskarew. [10] 


Die in untersarmatischen Ablagerungen Volhyniens sehr oft vor- 
kommende Luecina Dujardini Desh. ist möglicherweise mit L. dentata 
Bast. aus den marinen und den Buglovschen Schichten verwandt. 
L. dentata Bast. ist im Wiener Becken durch zwei Varietäten ver- 
treten, und zwar durch eine mit gekerbten Schalenrändern und eine 
andere, bei welcher die letzteren ganz glatt sind. In den marinen 
Sanden Volhyniens befindet sich die erste Varietät, in den Buglov- 
schen Schichten aber die zweite. Die untersarmatische L. Dujardıni 
ist zugleich auch der Grunder Form sehr ähnlich, besitzt aber eine 
viel dünnere Schale. Diese einigermassen widersprechenden That- 
sachen hindern uns, irgendwelche genetische Schlussfolgerungen in 
Bezug auf die L. Dujardini Desh. aufzustellen. 

Die vergleichende Erforschung der Cardiden verspricht voll- 
kommen genügende Resultate, doch sind leider bis jetzt aus den 
Buglovschen Schichten nur zwei Species bekannt. Sehr möglich ist 
es, dass das untersarmatische Cardium protractum Eich. im ©. Holu- 
bicense, welches von Hilber aus dem marinen Miocän Galiziens 
beschrieben wurde, seine Urform hat: das Buglovsche ©. protractum 
var. ruthenicum Hilb. nimmt eine Mittelstellung zwischen beiden ein. 
Das untersarmatische ©. plicatum Eich. wird nach Hilber in den 
marinen Schichten durch ©. praeplicatum vertreten. In den medi- 
terranen Ablagerungen von Zaliscy, Domanenka u. a. begegnet man 
den kleinen flachen Cardien, welche 25—28 dicht aneinanderliegende 
Rippchen besitzen; diese selbst sind, ähnlich vielen sarmatischen 
Formen, am vorderen und hinteren Schalentheile mit Schüppchen 
bedeckt. Möglicherweise können diese als Anfangsformen der Ü. obso- 
letum-Gruppe betrachtet werden. 

Was die Modification der Gastropoden anbetrifft, bereitet hier 
die Armut der Buglovschen Schichten an denselben der Erforschung 
ein grosses Hindernis. 

Die sorgfältigen Beobachtungen von Schwarz v. Mohren- 
stern (Denkschr. Wien. Akad. Bd. 19 u. 25) haben uns schon ge- 
zeigt, dass die untersarmatische Mohrensternia inflata Andrz, und 
M. angulata Eich. „die degenerirten Arten echter Rissoen“, und 
zwar der R. turrieula Eich. darstellen. Die letztere kommt nur in 
marinen Ablagerungen Volhyniens vor, ist diekschalig, mit einem Wulst 
des rechten Mundrandes und scharfer Streifung zwischen den Rippen. 
In den Buglovschen und weiter in den sarmatischen Schichten werden 
diese Formen dünnschalig, verlieren die Anschwellung des Mund- 
randes und ihre Rippen verschwinden nicht selten gänzlich oder theil- 
weise auf den letzten Windungen‘). Auf solche Weise entstehen 
innerhalb dieser eng verbundenen Formen derartige Abänderungen, 
dass man sie nicht nur in verschiedene Genera, sondern auch in ver- 
schiedene Unterfamilien vertheilen musste. 

Die ausserordentliche Veränderlichkeit in der Gestalt der Cerithien 
ist die Ursache, weshalb man bis jetzt keine beständigen Unterschei- 


' ‘) Der ganze Verlauf dieser Veränderungen spricht, scheint es mir, gegen 
die Annahme der umgekehrten Entwicklung der sarmatischen Mohrensternien von 
den glatten Hydrobiiden. (ITilber, Mitth. d. Naturw. Ver, f. Steierm. 1895.) 


Fe 
= 


[11] Bemerkungen über die Miocänablagerungen Volhyniens. 527 


dungsmerkmale zwischen den marinen und sarmatischen Cerithium 
mitrale Eich., C. rubiginosum Eich.) und C. mediterraneum Desh. fest- 
stellen konnte. Die marinen Formen des Ü. mitrale, welche Hilber 
unter dem Namen (©. Florianum auszuscheiden pflegte, kommen 
ebenso in sarmatischen Ablagerungen vor und die Species selbst 
scheint unsicher zu sein. 

Die Herkunft der Buceinum duplicatum Sow.-Gruppe von dem 
marinen B. miocaenicum Micht. (durch eine Reihe von verbindenden 
Formen, wie B. nodeso-costatum Hilb. ete.) ist sehr ausführlich von 
Hilber erklärt worden (Sitzungsber. Wien. Akad. 1879)2). Da sich 
schon in den Buglovschen Schichten Formen der echten BD. dupli- 
catum Sow.-Gruppe befinden, kann man mit gutem Rechte schliessen, 
dass diese Umwandlung sich bereits während der Ablagerung der 
marinen Schichten vollzogen habe. 

In Bezug auf die Bullen und Hydrobien besitzen wir kein ent- 
scheidendes Studium; sehr möglich ist es, dass diese Formen ohne 
wesentliche Veränderung von einem Horizont zum anderen übergehen. 

Die Erforschung der genetischen Verhältnisse der Trochiden 
wird nicht nur durch die Armut an Vertretern dieser Familie in 
den Buglovschen Schichten erschwert, sondern auch durch den Um- 
stand, dass die untersarmatischen Trochiden einen grösstentheils 
selbständigen Cyclus von rasch entwickelten, sehr veränderlichen, 
zusammen verbundenen Formen bilden. Der vergleichenden Betrach- 
tung der marinen und untersarmatischen Trochiden soll eine mög- 
liehst gründliche Erforschung der letzteren vorangehen, um, sozusagen, 
deren Anfangs- oder Grundformen zu bestimmen, welche auch am 
nächsten den marinen verwandt sein sollen. In den marinen Ablage- 
rungen Volhyniens kommen folgende Arten vor: T. mammillaris Eich., 
Buchii Dub., patulus Broce., milliaris Broce. var, trigonus Eich., tur- 
rieula Eich., biangulatus Eich., Celinae Andrz., Zukowcensis Andrz, 
striatus L. var, volhynica, affinis Eich. Von diesen zeigen nur die 
letzten fünf mehr oder weniger Verwandtschaft mit sarmatischen 
Formen. T. affinis Eich. aus untersarmatischen Horizonten unterscheidet 
sich von marinen nur durch seine dünne Schale und feinere Spiral- 
rippchen. Der einzige, bis jetzt in den Buglovschen Schichten 
gefundene Trochus sp. stellt wahrscheinlich eine Modification des 
marinen T. striatus var. volhynica dar. 

Die untersarmatischen Murex, Pleurotoma, Columbella und Natica 
stellen endlich die Ueberreste der mediterranen Fauna dar, welche ihre 
Zeit überlebt haben, und kommen nur in den tiefsten Horizonten 
vor. Leider sind diese Formen in den Buglovschen Schichten bis 
jetzt nicht gefunden worden. 

Aus dem oben angeführten Verzeichnisse dürfte es ersichtlich 
sein, dass die Buglovsche Fauna, welche aus diesen wenigen, den 
neuen Lebensbedingungen angepassten marinen Formen besteht, haupt- 
sächlich die Arten enthält, welche nachher in sarmatische Schichten 


1) Das obersarmatische C. rubiginosum zeigt schon bedeutende Abweichun- 
gen vom Typus und wird als C. Comperei d’Orb. abgesondert. 
?) Siehe auch R. Hörnes und Auinger. 
6.* 


H28 W Laskarew. [1 2] 


übergehen und dort ihre vollkommene Entwicklung erreichen. Nur 
ein unwesentlicher Theil der Buglovschen Formen ist auf die Existenz- 
zeit dieses Beckens beschränkt. 

Das ist das Wenige, was ich hier in Betreff der vergleichenden 
Betrachtung der Fauna der drei unmittelbar aufeinanderfolgenden 
Miocänschichten Volhyniens vorzubringen hatte. Hier mache ich noch 
einmal darauf aufmerksam, dass die von mir dargelegten Thatsachen 
sich auf ein und dasselbe Gebiet beziehen; deshalb brauchte ich 
nicht alle Vergleichungen der entsprechenden Ablagerungen anderer 
Gegenden hinzuzufügen und erlaube mir nicht, die Resultate der 
obenerwähnten Beobachtungen in Betreff auf dieselben zu extrapoliren. 

Leicht möglich ist es, dass die Besonderheiten der miocänen 
Faunen Volhyniens nur localen Charakter haben. In dem Falle können 
die angeführten Thatsachen nur einen der Wege, auf dem die Ver- 
änderungen der Fauna, den Veränderungen der äusseren Lebens- 
bedingungen parallel lief, nachweisen; dabei werden aber auch 
andere Wege, welche am Ende zu ähnlichen Resultaten geführt 
haben, nicht ausgeschlossen. 


Die Kreideformation der Umgebung von 
Pardubitz und Prelouc in Ostböhmen '). 


Von J. V. Zelizko. 


Im August 1898 wurde ich von der Direction der k. k. geo- 
logischen Reichsanstalt in Wien beauftragt, im Einvernehmen mit 
Dr. J. J. Jahn die Kreideschichten einzelner Fundorte in der von 
Jahn kürzlich aufgenommenen Umgebung von Pardubitz und Preloud 
in Ostböhmen für die Sammlungen der genannten Anstalt auszubeuten. 

Ich besuchte die von früheren Zeiten her schon bekannten 
Fundorte von Versteinerungen: Srnojed, Lahn ob. Gruben und Krehleb, 
sowie auch die von J. J. Jahn entdeckten neueren Fundorte bei 
Valy, Lepejowitz, MokoSin und Prelou£. 

Herr Dr. Jahn führte mich auch bereitwilligst an die bezeichneten 
Fundorte persönlich und bot mir gütigst manche wertvolle Winke 
betreffs der Stratigraphie der Kreideformation in Ostböhmen 

Dem Director der k. k. geologischen Reichsanstalt, Herrn Hof- 
rath G. Stache, statte ich für die mir gewährte Reiseunterstützung 
meinen verbindlichsten Dank ab, da es mir durch diese Unterstützung 
möglich wurde, mich der mir zugetheilten Aufgabe mit Erfolg zu 
entledigen. 

Die Umgebung von Pardubitz und Prelou& ist ein Theil der 
ostböhmischen Elbthalniederungen, deren Unterlage die Kreide- 
formation bildet. 

Das in Rede stehende Terrain ist begrenzt in Südwesten durch 
den aus archäischen und altpalaeozoischen Gesteinen bestehenden 
Gebirgszug, den nordwestlichen Ausläufer des sogenannten Eisen- 
gebirges, von Hermanmeöstetz über Choltitz, Lipoltitz, Zdechowitz und 
Chwaletitz bis zu Elbeteinitz. 

Das beinahe den ganzen südlichen Theil des Prelouter Bezirkes 
ausfüllende Eisengebirge reicht nur mit seinen Ausläufern in den 
Pardubitzer Bezirk hinüber: sein eigentlicher hoher Kamm zieht sich 
von Hermanmöstetz über Mi&ov, Lichnitz und Tremosnitz bis zu Elbe- 
teinitz hin. 


!) Diese Arbeit gelangt gleichzeitig in böhmischer Sprache in den Sitzungs- 
berichten der königl. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag zur 
Veröffentlichung. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (J. V. Zelizko.) 


530 J. V. Zelfzko. [2) 


Der nordöstliche Fuss des Eisengebirges, das ehemalige Ufer des 
ostböhmischen Kreidemeeres, ist von einem Bande littoraler Bildungen 
umsäumt; die cenomanen Perutzer und Korycaner Schichten, die 
diese überall ganz regelmässig auftretende Umrandung bilden, bestehen 
nämlich aus zuweilen sehr grobkörnigen Conglomeraten (die mitunter 
in losen Schotter übergehen), oder aus Sandsteinen. und Pflanzen- 
und Lignitkohlen-führenden Letten. 

Nach Norden zu folgen dann die Seichtwasser- und Tiefsee- 
ablagerungen, die Plänersandsteine, Plänerkalke, Plenermergel und 
Thone des Turons und Senons mit sehr häufigem und mannigfaltigem 
Wechsel der Facies der Gesteinsbeschaffenheit und der Fauna der 
einzelnen Formationsstufen. 

Die Gesteinsschichten, aus denen das Eisengebirge besteht, fallen 
am nördlichen Abhange des genannten Gebirges gegen Nordosten 
unter die Kreideformation ein. Je weiter gegen Norden und Nord- 
osten zu, desto tiefer liegt die archäische und palaeozoische Unter- 
lage, desto jüngere Kreideformationsstufen folgen. Die Schichten der 
Kreideformation in Ostböhmen liegen theils horizontal, theils zeigen 
sie eine schwache Neigung gegen Nord oder Nordost. 

Nur zum minderen Theile treten die Kreideschichten in Ost- 
böhmen direct zutage, sie sind meistens von jüngeren (tertiären, 
diluvialen und alluvialen), mitunter sehr mächtigen Ablagerungen 
bedeckt; in diesen Fällen kommen sie nur auf Abhängen der Plateaus 
und Hügel, in Gehängen der Erosionsthäler, in Fluss-, Bach-, Eisen- 
bahn- und Strasseneinschnitten und in Wasserrissen etc. zum Vorschein. 
In den Elbthalniederungen ist überall unter den Anschwemmungen 
die Kreideformation gelagert, stellenweise mit tertiären Eruptiv- 
gesteinen (bei Kuntitz, Semtin und Spojil). Die ganze Niederung 
von Königgrätz über Pardubitz bis nach Elbeteinitz und gegen Norden 
über Bohdanet in der Richtung gegen Chlumetz a. d. ©. ist alluvialen 
Ursprunges. 

In der Gegend, über welche hier berichtet wird, treten meist 
Priesener Schichten zutage; sie sind aufgeschlossen an den hohen 
Elbeufern, den Ufern der Chrudimka, des KlesSicer Baches und der 
Näkelka, wo sie zumeist kahle, verwitterte Abhänge („ssutiny“) bilden, 
von denen als der grösste Vinice bei Pardubitek und seine Fortsetzung 
der Abhang bei NemoSitz sich erweist; ferner gehören hieher die 
Lehnen bei Dwakatowitz, Jestboritz, Jenfkowitz, Zarawitz u. a. m. 

Das Gestein der Priesener Schichten ist hell bis dunkelgrau, 
weich, auch mitunter hart, meist muschligen, zuweilen auch schiefrigen 
Bruches durchschnittlich von 2'2 spec. Gewichtes, oft mit Wasser 
durchtränkt, an der Luft in dünne Blättchen, ja sogar zu plastischem 
Letten zerfallend. Fast überall, wo er zutage tritt, enthält er zahl- 
reiche Versteinerungen. 

Die ergiebigsten Fundorte dieser Schichten in der hiesigen Gegend 
sind: Srnojed, Lahn ob. Gruben, Krcehleb, Kunötick& Hora, der Ab- 
hang bei Pod&äpel und Lukoyna, die Lehne bei Pardubidek,_ bei 
Nemositz, Jestboritz, Lhota Uretickä, Mikulowitz, Bezd&kov, Casy, 


einzelne Fundorte in der Umgebung von Holitz, Zarawitz, Valy und 
anderen. 


[3] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Pfeloug. 531 


Bei Srnojed, Podiapel, Holitz und anderen Orten verwandelt 
sich der Plänermergel bei hinzugetretener Feuchtigkeit in weichen, 
schmierigen Mergel und birgt in sich viele in Kies verwandelte, gold- 
glänzende Versteinerungen. 

Korycaner Schichten sind vertreten bei Spitowitz, Chwaletitz, 
Telcitz, Vinaritz, LZowitz bei Elbeteinitz; Teplitzer Schichten z. B. 
bei Mikulowitz und Weissenberger Schichten in der Gegend von 
Prelou@, besonders bei MokoSin und Valy!). 

Von einzelnen, oben angeführten Fundorten der Kreideformation 
Ostböhmens berichtet schon E. V. Jahn?), theilweise auch A. Fri), 
nach ihm ausführlicher J. J. Jahn ®). 

Von Fundorten bei Srnojed und Krehleb schreibt zu allererst 
E. V. Jahn in seiner Arbeit: „Opuka ve vychodnich Cechäch“ (Der 
Pläner in Ostböhmen). A. Fri@ erwähnt ausser diesen Fundorten 
auch noch den von Lahn ob. Gruben, J. J. Jahn führt ausser diesen 
auch die übrigen, von mir durchforschten Fundorte an. 

Eine allgemeine Abhandlung über die Kreideformation des öst- 
lichen Böhmens lieferte zuerst M. V. LipoldÖ), nach ihm J. Krejci®). 

J. J. Jahn bringt in seiner”), sowie in F. Rosülek’s Arbeit) 
ein interessantes ideales Profil vom nördlichen Abhange des Eisen- 
sebirges über die Kreideformation in der ostböhmischen Elbthal- 
niederung sammt den Basalteruptionen und artesischen Brunnen- 
bohrungen. Nicht minder interessant ist J. J. Jahn’s Profil aus der 
Pardubitzer Umgegend, vom Kunetitzer Berge über Pardubitz bis zu 
Mikulowitz , veröffentlicht ebenfalls in oben angeführtem Berichte 
Rosülek’s. 


Im weiteren führe ich das Ergebnis meiner Untersuchungen, 
sowie auch das Verzeichnis der vorgefundenen Versteinerungen an, 
und zwar nach der Reihe der von mir besuchten Orte. 


!) Die soeben angeführte Schilderung der geologischen Verhältnisse der 
Umgebung von Pardubitz und Prelouö ist nach den Angaben J. J. Jahn’s im 
Jahrbuche und in den Verhandlungen d. k. k. geol. R.-A. zusammengestellt 
worden. 

2) Opuka ve vychodnich Öechäch. (Der Pläner in Ostböhmen.) Zeitschrift 
„Ziva®, Prag 1869, S. 229. 

>) Studien im Gebiete der böhmischen Kreideformation. V. Priesener Schichten. 


Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung von Böhmen. Prag 1895, 
Ba. IX, Nr. 1. 


#) Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation. Jahrbuch 
der k. k geol. R.-A. 1895, Bd. 45, Heft 1. E 

Bericht über die Aufnahmsarbeiten im Gebiete zwischen Pardubitz, Elbe- 
teinitz, Neu-BydZov und Königgrätz in Ostböhmen. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 
1896, Nr. 5. 

5) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 18#1—1862, Nr. 1, S. 105. 

6) Archiv für die naturwissenschaftliche Landesdurchforschung von Böhmen. 
Vorbemerkungen oder allgemeine geologische Verhältnisse des nördlichen Böhmen. 

?) Basalttuffbreccie mit silurischen Fossilien in Ostböhmen. Verhandl. der 
k. k. geol. R.-A. 1896, Nr. 16 

s) Geologick& pomöry v hejtmanstvi pardubickem. (Geologische Verhältnisse 
in der Bezirkshauptmannschaft von Pardubitz von F. Rosülek und J. Jahn.) 
Schulanzeiger für die Bezirke Pardubitz, Holitz und Prelou&. J. III, Nr. 3. 


539 J. V. Zelizko. [4] 


Mokosin. 


Südlich von Preloue, an der südöstlichen Seite der von Preloue 
nach Mokosin führenden Strasse, erhebt sich ein ziemlich hoher Pläner- 
hügel, dessen nördlicher, gegen Pfelout zugewendeter Abhang gänzlich 
durchgegraben ist, so dass er schon von Ferne durch seine helle 
Farbe auffällt. 

Der hiesige Pläner ist von lichtgrauer oder gelblicher Farbe, 
stellenweise auch gesprenkelt und reich an Versteinerungen. | 

Nach den von mir hier gefundenen und bestimmten Ver- 
steinerungen kann man mit Gewissheit behaupten, dass dieser Pläner 
zu den Weissenberger Schichten gehört. D 

Nach freundlicher Mittheilung des Herrn Prof. C. Zahälka 
stimmen die Versteinerungen aus der Umgebung von MokoSin auf- 
fallend mit jenen überein, die der genannte Autor aus seiner V. Zone 
(der Raudnitzer) der Umgebung des Georgesberges und des Dubauer 
Gebirges !) anführt. 

Diese Zone ist eine der mächtigsten in dortiger Gegend. Za- 
hälka fand die Mächtigkeit der V. Zone in der Raudnitzer Gegend 
bis zu 50 m). 

Diese V. Zone schildert Zahälka als vollkommen selbständig 
und bis nun nur wenig durehforseht. Sie liegt über der IV. (Dfinover) 
und unter der VI]. (Vehlowitzer?) Zone. 

In den von Zahälka oben angeführten Gegenden ist der Pecten 
pulchellus Nilss. das Leitfossil der V. Zone (von selbem fand ich nur 
bei Valy ein einziges Exemplar) und reiht sich an denselben in der 
(regend von Raudnitz die Terebratulina gracilis Schloth. an, ziemlich 
häufig bei MokoSin, sowie in der nächsten Umgebung der Stadt Prelou£, 
wo die Weissenberger Schichten zutage treten. 

Fritsch (= Frie) führt in seiner Arbeit über die Iser- 
schichten ) vom Fundorte „na Vart&e“ bei Vinar eine häufig vor- 
kommende Terebratulina gracilis (= rigida) aus der Unterlage der Iser- 
schichten, folglich aus dem Weissenberger Pläner an. 

Der Pläner bei Mokosin ist in ziemlich mächtigen und festen 
Bänken abgelagert, trotzdem verwittert er an der Oberfläche sehr 
bald, wie alle Pläner der Umgegend von Pardubitz und Pfelou& und 
verwandelt sich in grauen oder weisslichen Staub, bei hinzugekommener 
Feuchtigkeit in schmierigen Letten. Ein festes Baumaterial muss aus 


diesem Grunde in diese Gegenden meist von anderwärts zugeführt 
werden. 


!) Stratigrafie ütvarı kiidoveho v okoli Ripu. (Stratigraphie der Kreide- 
formation der Umgebung des Georgsberges.) Bericht der landwirthschaftlichen Mittel- 
schule in Randnitz für das Jahr 1892— 1893. 

Stratigrafie kridoveho ütvaru Ripsk& vysociny a Polomenych Hor. (Strati- 
graphie der Kreideformation auf dem Georgsbergplateau und dem Dubauer Gebirge, 
„Vestnik“ der königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaft. Prag 1896.) i 

?) Stratigrafie ditvarı krfidoveho v okoli Ripu. (Stratigraphie der Kreide- 
formation der Umgebung des Georgsberges.) $. 32. 

3, Ibid. S. 30. 

*) Studien im Gebiete der böhm. Kreideformation III. Iserschichten. Archiv 
der naturw. Landesdurchforsch. von Böhmen. Prag 1883, Bd. V, Nr. 2. 


[5] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Pfelou£. 533 


Infolge der leichten Verwitterung und Abbröckelung des hiesigen 
Weissenberger Pläner leiden auch die Versteinerungen und werden 
oft sehr schwer bestimmbar. 

In tieferen Schichten, die jedoch hier nicht zugänglich sind, 
würde man jedenfalls auf festes Baumaterial mit erhaltenen, unver- 
sehrten Versteinerungen stossen. 

Schon M. V. Lipold bezeichnete auf der ältesten geologischen 
Karte dieser Gegend, auf der Karte der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt einige Orte in der Umgegend von Prelouö (z. B. Mokosin, 
Valy, Lepejowitz) als „Mittelquader und Pläner“, die unseren Weissen- 
berger Schichten entsprechen. Der „obere Pläner“, den Lipold auf 
der erwähnten Karte als das Hangende der Weissenberger Schichten 
(in schmalen Streifen bei Prelout, Valy und Lepejowitz) gezeichnet, 
entspricht unseren Priesener Schichten. 

Die Ausbreitung der besagten zwei Stufen der Kreideformation 
in der erwähnten Gegend verfolgend, kam ich zu der Ueberzeugung, 
dass selbe auf Lipold’s Karte vollkommen richtig gezeichnet sind. 

Auf seiner Manuscriptkarte des Eisengebirges zählt Krej&t!) 
die Umgebung von Pfelouc, bei Mokosin und Valy zu den Weissen- 
berger und Malnitzer Schichten, die mit diluvialen und alluvialen 
Anschwemmungen bedeckt sind. 

Fritsch (- Fri£) schreibt in seiner Arbeit über die Kreide- 
formation Ostböhmens?) unter anderem Folgendes: „In Prelou@ selbst 
stösst man beim Graben von Gründen öfters auf Pläner, aber sein 
Alter lässt sich aus den spärlichen Petrefacten schwer bestimmen. 

Im Strombette der Elbe bei der Mühle „Na valech“ stehen 
auch Pläner an, deren mineralogische Beschaffenheit aber eher denen 
der Teplitzer Schichten gleicht, doch kann diese Frage bei der 
Armut an Petrefacten gegenwärtig schwer entschieden werden.“ 

J. J. Jahn sagt in seinem Berichte), dass er in der Umgebung 
von Elbeteinitz und Prelou© überhaupt keinen ergiebigen Fundort 
von Versteinerungen vorfand; am ehesten dürfte noch der Fundort 
bei MokoSin einiges Material liefern. 


Bei Mokosin fand ich folgende Versteinerungsarten: 


I. Pisces. 


Enchodus Halocyon Ag. (Abdruck eines Skelettes und ein Operculum 
einer kleineren Art.) 

Ösmeroides Lewesiensis Ag. (Schuppen.) 

Cladocyclus Strehlensis Gein. (Zahlreiche Schuppen.) 

Aspidolepis Steinlai Gein. (Einzelne Schuppen.) 


Ausserdem eine Menge schwer bestimmbarer Fischreste. 


») Archiv der naturw. Landesdurchforsch. von Böhmen. Geologische Karte 
von Prof. J. Krejti. 

2) Studien im Gebiete der böhm. Kreideformation. II. Weissenberger und 
Malnitzer Schichten. Archiv der naturwiss. Landesdurchforschung von Böhmen, 
bh. IV, Ne. 1. 

5) Bericht über die Aufnahmsarbeiten im Gebiete der oberen Kreide in 
Ostböhmen. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1895, Nr. 6. 


Jahrbuch d. k. k. geol, Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (J. V. Zelizko.) 68 


J. V. Zelizko. 


eb 
(SE) 
rn 


Il. Mollusca. 
I. Cephalopoda. 


Schlönbachia Germari Reuss. (Ein einziges Bruchstück.) 


2. Gastropoda. 


Scala decorata Gein. (2 Exempl.) 
Voluta elongata Sow. sp. (1 Exempl.) 
Natica sp. (1 Exemp!.) 

Dentalium medium Sow. (1 Exempl.) 


3. Pelecypoda. 


Nucula semilunaris v. Buch. (Ziemlich häufig.) 
pectinata Sow. (2 Exempl.) 

„ transiens Fr. (1 Exempl.) 
Leda siligua Goldf. (1 kleines Exempl.) 
Mytilus sp. (1 Exempl.) 
Tellina tenuissima Reuss. (1 Exempl.) 
Inoceramus Brogniarti Sow. (3 Exempl.) 

" sp. (1 Exempl.) 

Pecten ceurvatus Gein. (Ziemlich häufig.) 

» Niülssoni Goldf. (1 Exempl.) 

» laevis Nilss. (1 Exemp|.) 
Lima Sowerbyi Gein. (2 Exempl.) 

„ sp. (1 Exempl.) 
Ostrea (Exogyra) lateralis Nilss. (Einige Exemplare.) 
Venus fabacea Röm. (1 Exempl.) 


» 


III. Brachiopoda. 
Terebratulina gracilis Schloth. (Ziemlich häufig.) 


IV. Crustacea. 


Bairdia subdeltoide« Münst. sp. (Ziemlich häufig.) 
a depressa Kf. (Ziemlich häufig.) 
5 modeltoida Münst. sp. (Ziemlich häufig.) 
Cytheridea perforata Röm. sp. (Ziemlich häufig.) 
Pollieipes glaber A. Röm. (Einige gut erhaltene Exemplare.) 


V. Echinodermata. 
Micraster cf. de Lorioli Nov. (Beinahe vollständiges Exemplar.) 
R. sp. (Zahlreiche Ambulacral-Täfelchen.) 
Holaster sp. (Täfelchen.) 
Hemiaster sp. (Täfelchen.) 
Phymosoma radiatum Schlüter (Einen Stachel.) 


[7] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Prelont. 535 


V1. Porifera. 
Rhizopotherion sp. 
Ausserdem einige schwer bestimmbare Arten von Spongien. 


VII. Foraminifera. 


Cristellaria ovalis Reuss. (Häufig.) 
Nodosaria annulata Reuss. (Häufig.) 

e tenuicosta Reuss. (Häufig.) 
Frondicularia Cordai Reuss. (Häufig.) 
Verneuilliana d’Orb. (Häufig.) 


” 


VII. Plantae. 
Chondrites furcillatus A. Röm. (2 Exempl.) 


Prelouc. 


Gegenüber dem Bräuhause bei Pfeloul, an der nördlichen Seite 
der von Pfelout nach Pardubitz führenden Strasse, findet sich nicht 
tief unter dem Ackerboden ein Pläner vor, wahrscheinlich auch den 
Weissenberger Schichten angehörend, in dem ich jedoch wenig Ver- 
steinerungen vorfand. 

Dieser sich sehr dünn abblätternde Pläner ist von grauer, gelb- 
lich-fleckiger Farbe, ähnlich dem Gestein bei Mokosfn. 

Da es mir an Zeit mangelte, diese zu Tage tretenden Schichten 
genauer auszubeuten, war ich genöthigt, mich blos mit folgenden, in 
kurzer Zeit gefundenen Versteinerungen zufrieden zu stellen: 


I. Pisces. 
Osmeroides Lewesiensis Ag. (Häufige Schuppen.) 


II. Mollusca. 
Pelecypoda. 


Inoceramus striatus Mant. (1 Exempl.) 
Pecten curvatus Gein. (1 Exempl.) 
Nucula ovata Mant. (1 Exempl.) 


III. Foraminifera. 
Frondieularia sp. (1 Exempl.) 


Valy. 


Südöstlich von Valy, bei der von Pfelou©® nach Pardubitz 
führenden Strasse, befindet sich ein ziemlich hoher, zum Theile 
durchgegrabener Plänerhügel, dessen Gestein grau, auch gelb, stellen- 

68* 


536 J. V. Zelizko. [8] 


weise gelblich-Heckig ist, und der ziemlich mächtige und feste, eine 
Menge von Versteinerungen führende Bänke bildet; besonders die 
mittleren Schichten sind Tossilreich. 

Derselbe Pläner tritt auch an anderen Stellen bei Valy zutage 
(in einzelnen Einschnitten und Furchen). 

Diese Versteinerungen entsprechen dem Fundorte bei Mokostn, 
jedoch äussert sich hier eine grössere Mannigfaltigkeit, an Arten, die 
für die Weissenberger Schichten charakteristisch sind. Daraus. ist 
ersichtlich, dass der Pläner bei Valy demselben Horizonte wie jener 
bei Mokosin angehört. Terebratulina gracılis erscheint hier viel zahl- 
reicher als im Mokosiner Pläner. 


Bei Valy fand ich folgende Versteinerungen: 


1. Pisces. 
Osmeroides Lewesiensis Ag. (Einige gut erhaltene Schuppen.) 


II. Mollusca. 
I. GCephalopoda. 


Baculites sp. (Einige Exempl.) | 
Aptychus cretaceus Münst. (Einige gut erhaltene Exemplare.) 


2. Gastropoda. 


Rissoa Reussi Gein. (1 Exempl.) 
Turritella multistriata Reuss. (1 Exempl.) 
Scalaria cf. elementina d’Orb. (1 Exempl.) 


3. Pelecypoda. 


Astarte acuta Reuss. (1 Exempl.) 
Spondylus latus Roem. (1 Exemp|.) 
Venus subdecussata A. Röm. (1 Exempl.) 
„  ovalis Sow. (1 Exempl.) 
„sp. (1 Exempl.) 
Inoceramus latus Mant. (Ziemlich häufig.) 
labiatus Schloth. sp. (1 Exempl.) 


£ striatus Mant. (Ziemlich häufig.) 

& Ouwvieri Sow. (1 Exempl.) 

= Kee, Sow. (1 Exempl.) 

« sp. (Einige schwer bestimmbare Stücke.) 


Lima aspera an (1 Exempl.) 
„  pseudocardium Reuss. (1 schön erhaltenes Exemplar.) 
„ sp. (1 Exempl.) 

Pecten Nilssoni Goldf. (2 Exempl.) 

curvatus Gein, 2 Exempl,) 

Dujardinii  Röm. (Ein Bruchstück.) 

pulchellus Nilss. (1 Exempl.) 

sp. (1 Exempl.) 


Sı aus 


FRE ENEE 


[9] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Pfelou£, 537 


Nucula semilunaris v. Buch. (2 Exempl.) 
„  pectinata Sow. (1 Exempl.) 

Ostrea (Exogyra) lateralis Reuss. (Einige Exemplare.) 
„ sp. (Einige schwer bestimmbare Stücke.) 


III. Brachiopoda. 
Terebratulina gracilis v. Schloth. (Sehr häufig.) 


IV. Crustacea. 


Bairdia subdeltoidea Münst. sp. 
Cytheridea perforata Roem. sp. 


V. Vermes. 
Serpula gordialis Schloth. (2 Exempl.) 


VI. Eehinodermata. 


Holaster planus Mant. (Schön erhaltene Täfelchen.) 
Mieraster sp. (Schwer bestimmbare Täfelchen.) 


V1l. Porifera. 


Einzelne schwer bestimmbare Spongienreste, unter denen ein 
vollständiges, gut erhaltenes Exemplar von einer neuen Art. 


VI. Foraminifera. 
Nodosaria annulata Reuss. (Häufig.) 
Oristellaria rotulata Lam. (Häufig.) 
Frondicularia cf. Decheni Reuss. (Häufig.) 
Dentalina consobrina d’Orh. (Häufig.) 
rn sp. (Häufig.) 


Lepejowitz. 


Südöstlich von Valy, nächst dem Lepejowitzer Forsthause, treten 
in den hohen Ufern des Baches ziemlich mächtige Plänerschichten 
zutage, die besonders am rechten Ufer gut entwickelt sind und wahr- 
scheinlich ebenfalls zu den Weissenberger Schichten gehören, 

* Das Gestein ist von graugelber, stellenweise auch dunkelgraüer 
Farbe, theilweise ähnlich dem Pläner bei Mokosin und Valy. 
Das Sammeln der Versteinerungen ist hier mit grossen Schwierig- 


keiten verbunden, weil die Schichten, deren  Hangendes dicht mit 
Bäumen und Gesträuchen bewachsen ist, senkrecht ins Wasser ab- 


fallend, schwer zugänglich sind. . Ich besuchte mehreremale diesen 
Fundort, fand aber blos folgende Versteinerungen: u Zu 


538 


J. V. Zelizko. 


1. Pisces. 


Osmeroides Lewesiensis Ag. (Eine einzige Schuppe.) 
Ausserdem schwer bestimmbare Fischreste. 


II. Mollusea. 
Pelecypoda. 


Inoceramus striatus Mant. (1 Exempl.) 
Pecten squamula Lamarck. (1 Exempl.) 
Ostrea (Exogyra) lateralis Nilss. (1 Exempl.) 


b2] 


hippopodium Nilss. (1 Exempl.) 


Lahn ob. Gruben. 


Westlich von Pardubitz befindet sich unterhalb des Dorfes Lahn 
ob. Gruben, am linken Ufer der Elbe, eine steile, lange Plänerlehne, 
die den Priesener Schichten angehört. 

In denen ich hier folgende Schichtenfolge beobachtet habe: 


I. Grundschichte. 


Reicht tief unter den 
Wasserspiegel der Elbe. 


II. Schichte. 


Das Gestein ist hier in 


| festere Bänke gesondert. 
ı Es ist dies ein dunkel- 


grauer, fester und gut 
spaltbarer Pläner, der 
stellenweise durch glau- 
konitische Concretionen 


ı durchdrungen ist, die aus 


hellgrauer oder gelblich- 


| weisser Gesteinsmasse mit 


dunkleren, bläulichen und 
grünlichen Flecken be- 
stehen. 


Hat nicht so feste Bänke 


| wie die obige Schichte. 


Das Gestein lässt sich in 
Blättchen spalten. Eben- 
falls durchsetzt mit glau- 
konitischen Concretionen. 


III. Schichte. 


. IV. Schichte. 
Hangendes. 


Weicher, bröckeliger 
Mergel !), 


| 


An Fossilien am reichsten. 


Reich an Fossilien. 


Enthält wenig Fossilien. 
Meist nur Schuppen von 
Hemicyclus Strehlensis 
Gein. und Cyelolepis 
Agassizüi Gein. 


Feste Plänerbank, von 
etwas hellerer Farbe als 
die früheren Schichten. 


Arm an Fossilien. 
Häufig Ostrea sp. 


‘) Spuren von in Schwefelkies verwandelten Scaphiten und Baculiten 


suchte ich hier vergebens, obwohl J. J. Jahn selbe anführt. 


Ichgfand hier die- 


selben Formen wie vordem bei Srnojed, jedoch entschieden nicht mehr in solcher 


Menge vor. 


| 


a nt ae rl ie Fe 


} 
| 
} 


P11] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Pfelouß, 539 


In den die I. und II. Schichte durchdringenden glaukonitischen 
Concretionen fand ich keine Fossilien vor, mit Ausnahme einer 
unbedeutenden Austernschale, trotzdem ich eine Menge dieser Con- 
eretionen zerschlug. 

Fritsch (= Friö!) erwähnt, eine unrichtige Abbildung hie- 
von bringend, jener Versteinerungen, die selbe enthalten. Er führt 
Turritella, Astarte, Nucula, Magas und Foraminiferen an. 

Interessant ist die chemische Analyse dieser glaukonitischen 
Concretionen, die ©. F. Eichleiter vornahm, und deren Ergebnis 
J. J. Jahn in seiner Arbeit ?) anführt. Nach Eichleiter’s chemi- 
scher Untersuchung enthalten die Concretionen bei Lahn 84260), 
CaCo;, während der Pläner (z. B. bei Krehleb) nach der Analyse 
von E. V. Jahn?) blos 450), (bei Srnojed 15°6%,) Ca Co, enthält. 

Vom Fundorte bei Lahn unterliess es Fritsch, das Verzeichnis 
jener Fossilien anzuführen, die hier J. J. Jahn vor Jahren sammelte 
und den Sammlungen des Museums des Königreiches Böhmen widmete. 
Es führt blos Pollicipes glaber Röm , Scalpellum quadratum Darw. und 
Sequoia Reichenbachi Gein. an. 

Später fand hier J. J. Jahn ausser anderen gewöhnlichen 
Fossilien der Priesener Schichten den Aptychus cretaceus Münst. t) 

Im folgenden bringe ich das Verzeichnis der von mir gefundenen 
und bestimmten Fossilien 5): 


I. Pisces. 
IHemicyclus Strehlensis Gein. (Einzelne Schuppen ; IV.) 
Osmeroides Lewesiensis Ag. (Einzelne gut bestimmbare Schuppen; 1.) 
Oyelolepis Agassizii Gein. (Einige Schuppen; I—IV.) 
Ausser diesen noch ein schwer bestimmbarer Wirbel eines 
Heies. (1.) 


II. Mollusca. 
I. Cephalopoda. 
Lytoceras Alexandri Fr. (2 Exempl.; mit Aptiychus nov. sp. 1.) 
Schlönbachia Germari Reuss. (1 Exempl.; 1.) 
Scaphites Geinitzii d’Orb. (Mehrere Exemplare; I—11.) 
5 nov. sp. (1 Exempl.; I.) 
Helicoceras armatum d’Orb. (2 Exempl.; I.) 
Hamites bohemicus Fr. (3 Exempl.; I.) 
R sp. (1 Exempl.; 1.) 
Baeulites sp. (Einige Exemplare; I—1I.) 
Aptychus radiatus Fr. (1 Exempl.: 1.) 
2 cretaceus Münst. (1 Exempl.; I.) 


!) Priesener Schichten. S. 15. 
2) Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation. S. 154. 
3) Opuka ve vychodnich Cechäch. (Der Pläner in Ostböhmen.) Zeitschrift 
„Ziva“ S. 231, Prag 1867. 
*) Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation. S. 161. 
5, Die in den Klammern angeführten römischen Ziffern geben die Schichten 
an, aus welchen die betreffenden Fossilien herrühren. 


BIO J. V. Zelizko [12] 


2 Gastropoda. 


Turritella multistriata ‚keuss. (1 unvollständiges Exemplar; 1. ) 
Scala decorata Gein. (Ziemlich häufig und gut erhalten; I—1U.) 
Natica vulgaris Reuss. (1 Exempl.; 1) 

»„.. ‚G@entü Sow. (Einige ziemlich gut erhaltene Exemplare; I.) 

„ „sp. .(L,Exempl:;.d) 
Aporrhais (Rostellaria) Reussi Gein. sp. (Einige Exemplare; I.) 

papillionacea Goldf. (1 Exempl.; I.) 
Avellana Humboldti Müll. (3 Exempl.; I.) 
Acteon ovum Duj. (2 Exempl.; I.) 
Cerithium sp. (1 Exempl.; I.) 
Trochus er Gein. (1 Exempl. I.) 
(1 Exempl.; 1.) 

Rn A Sow. (Sehr häufig; 1.) 


3. Pelecypoda. 


Isocardia var. gracilis F'r. (1 unvollständiges Exemplar; I.) 
Cardium semipapillatum Reuss. (Ziemlich häufig; I—Il.) 
5 sp. (1 Exemp|.; I.) 
Nucula semilunaris v. Buch. (Häufig; I—l.) 
„ peetinata Sow. (Die häufigste Nucula-Form; I—N.) 
„cf. pectinata Sow. (1 Exempl.; I.) 
„  transiens Fr. (Einige Exemplare; I—I]l.) 
„ ovata Mant. (Finige Exemplare; 1.) 
„'Fisp. (1 Exempl.;T.) 
nov. sp. (Ein schön erhaltenes Exemplar; I.) 
Teda producta d’Orb. (Einige Exemplare; I.) 
Pectunculus lens Nilss. (1 Exempl.; 1.) 
Avicula Geinitzi Reuss. (1 Exempl.; 1.) 
Arca (Cueulea) undulata Ieuss. (Einige Exemplare; I.) 


e cf. undulata Reuss. (Ein schön erhaltenes Exempl. ; II.) 
„ pygmaea Reuss. (1 Exempl.; I.) 


„ dietyophora Reuss. (l Exempl.; I.) 
„ subglabra Park. sp. (1 Exempl.; T,) 
„ cf. carinata Sow. (1 Exempl.; I.) 
sp. (Mehrere schwer bestimmbare Exemplare ; I.) 
Venus faba Sow. (Einige Exemplare; I.) 
„  ovalis Som. (1 Exempl.: 1) 
„. subdecussata A. Röm. (Einige Exemplare; 1.) 
»„  Reussiania Gein. (1 Exempl.; I.) 
„pl Exempl. 1) 
Modiola ornatissima d’Orb. (1 Exempl.; I.) 
Lima Hoperi Desh. (1 Exempl.; I.) 
„ divaricata Duj. (1 Exempl.; I.) 
rd rem: ;J;) 
Inoceramus striatus Mant. (Ziemlich häufig; I—-II ) 
2 labiatus Schloth. sp. (Einige Exemplare; I.) 
h Cuvieri Sow. (1 Exempl.; I.) 


[13] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Pfelou£, HA 


Inoceramus Brogniarti Sow. (1 Exempl.; 1.) 
x sp. (Einige Exemplare; I.) 
Pecten ceurvatus Gein. (Ziemlich häufig; I—I.) 
„ Nüssoni Goldf. (1 Exempl.; I.) 
„. squamula Lam. (3 Exempl.; I.) 
„  lawis Nilss. (2 Exempl.; I.) 
„ sp. (L Exempl.; 1.) 
Ostrea (Exogyra) lateralis Nilss. (Sehr häufig; I—II.) 
5 h conica Sow. (2 Exempl.; 1.) 
„  semiplana Sow. (Zahlreich ; I—II.) 
„  hippopodium Nilss. (Einige Exemplare; I.) 
»„ ef. carinata Lam. (Ein sehr gut erhaltenes Exemplar; I.) 
„  frons Park. (2 Exemp).; 1.) 
„ sp. (Einige Exemplare; 1.—II.—IIl.) 


III. Crustacea. 

Bairdia modesta Reuss. (Häufig; 1.) 
Cytheridea perforata Röm. sp. (Häufig; I.) 

laevigata köm. sp. (Häufig; 1.) 
Pollieipes glaber Röm. (Sehr häufig in verschiedenen Stadien; L.—H. 

—I1. 

Scalpellum maximum Sow. (Häufig; I.) 
quadratum Darw. (Häufig; 11.) 


”» 


IV. Vermes. 
Serpula gordialis Schl. (1 Exempl.; 1.) 


V, Echinodermata. 


Holaster placenta ? Ag. (Sehr häufige Täfelchen; I.—I.) 
Phymosoma radiatum Schütter, (2 Stachel; I.) 


V1. Porifera. 
Pleurostoma scyphus Pocta (1 Exempl.; 1.) 


Vll. Foraminifera. 


Oristellaria macrodisca Reuss. (Häufig; 1.—lN.) 
lepida Reuss. (Häufig; 1.) 
& rotulata d’Orb. (Häufig; 1.) 
Ä 2 var. rotulata d’Orb. (Häufig; 1.) 
sp. (Zahlreich; 1.) 
Frondioularia inversa Reuss. (Häufig; I.—II.) 
R Cordai Reuss. (Häufig: 1.—II.) 


VII. Plantae. 


Unbestimmbare Pflanzenreste. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (J. V. Zelizko.) 69 


549 J. V. Zelizko. [14] 


Krchleb. 


Nicht weit von Lahn, an der Stelle, wo die Staatsbahn den 
Bach Podolka beim Dorfe Krehleb übersetzt, erscheinen im Ufer des 
Baches abermals Priesener Schichten, tief unter die Bachsohle hinab- 
reichend. Der Megel dieser Schichten ist von derselben dunkelgrauen 
Farbe, wie jener der Grundschichte bei Lahn, ist jedoch viel sandiger. 
Die diesen Mergel durchdringenden glaukonitischen Concretionen sind 
von lichtgrauer Farbe, nicht mehr so glaukonitisch wie bei Lahn. 

Herr Dr. J. J. Jahn theilte mir mit, dass er in den Con- 
cretionen bei Krchleb folgende Fossilien vorfand: Schönbachie. Germari 
Reuss (mehrere Exemplare) und ein grosses Exemplar von Turritella 
multistriata Reuss. 

Neben J. J. Jahn!) behandelt ausführlicher E.V. Jahn?) den 
Krchleber Pläner und findet ihn zusammengesetzt aus ziemlich groben 
kKörnern, unter denen sich häufig eine schwarze, kohlige Menge 
Cytherinen und Cristellarien, sowie auch Plättchen weissen 
Glimmers enthaltende Theilchen vorfinden. 

Durch chemische Analyse fand E.V. Jahn, wie schon früher 
erwähnt, 45°, Ca Co; vor, es ist daher dieser Pläner unter allen 
Plänern des Pardubitzer Bezirkes der kalkreichste. 

E.V. Jahn constatirt vom stratigraphischen und auch vom 
palaeontologischen Standpunkte aus eine auffallende, beinahe voll- 
kommene Aebnlichkeit des Krchleber Pläners mit dem Grundpläner 
bei Srnojed. . 

In den ersten Tagen meines Besuches hier war meine palaeonto- 
logische Ausbeute sehr gering, trotzdem dass ich im Bache viele 
Steine ausbrechen und aufschlagen liess. 

In folgenden Tagen ist jedoch das Wasser infolge eines aus- 
giebigen Regens bedeutend gestiegen, so dass an eine Fortsetzung 
meiner Forschung nicht gedacht werden konnte. 

E. V. Jahn führt in seiner Arbeit?) eine Menge von Fossilien 
von dem Krehleber Fundorte an, so auch J. J. Jahn‘), der von 
derselben Fundstätte 28 Arten aufzählt. 

Die Anzahl derselben würde sich jedoch sicher vergrössert 
haben, wenn Fritsch ein Verzeichnis der von J. J. Jahn 
gesammelten und den Sammlungen des Museums des Königreiches 
Böhmen gewidmeten Versteinerungen veröffentlicht hätte. 


Ich fand hier nur folgende Arten: 


I. Mollusca. 


I. Cephalopoda. 
Baculites sp. (3 Exempl.) 


2) Ibid. 8. 16], 


?) Opuka ve vfchodnich Öechäch. (Der Pläner in Ostböhmen.) S. 231. 
3) Ibid. S. 231. 


‘) Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation. $S. 161. 


[1 5] Die Kreideformation der Umgebung von Pardubitz und Preloug, 543 


2. Pelecypoda. 


Arca (Cueullaea) undulata Reuss. (1 Exempl.) 
Anomia sp. (1 Exempl.) 

Pecten serratus Nilss. (1 Exempl.) 

Pecten eurvatus Gein. (2 Exempl.) 

Pecten Nilssoni Goldf, (2 Exempl.) 

Ostrea hippopodium Nilss. (1 Exempl.) 

Ostrea sp. (1 Exempl.) 


ll. Crustacea. 
Pollicipes glaber Röm. (2 Exempl.) 


III. Ecehinodermata. 
Micraster sp. 


Srnojed. 


Dieser Fundort liegt zwischen den Dörfern Srnojed und Rositz, 
am linken Elbeufer westlich von Pardubitz. Er besteht aus einem 
steilen, mergeligen Uferabhange, der zu den Priesener Schichten 
sehört und deren Lagerung hier sehr deutlich wahrgenommen 
werden kann. 

Die Grundschichte bildet ein dunkelgrauer, harter, bis unter 
die Elbesohle reichender Pläner. In diesem Pläner fand ich keine 
Spuren von Fossilien. 

Ebenso enthält auch die folgende Schichte wenig Vesteinerungen ; 
ich fand in derselben bloss eine Art, Nucula sp., vor. 

Diese Schichte unterscheidet sich sehr deutlich von der früheren, 
einestheils dadurch, dass sie nicht so feste Bänke wie die Grund- 
schichte enthält, anderentheils auch dadurch, dass die Farbe des 
Gesteines, welches sich in sehr dünne und weiche Blättchen spalten 
lässt, hier viel heller ist. 

Dafür ist die folgende (dritte) Schichte sehr reich an Fossilien. 
Sie unterscheidet sich von der vorhergehenden dadurch, das sie in 
Kies verwandelte Versteinerungen enthält, besonders schön erhaltene 
Baculiten, Scaphiten, Hamiten, Gastropoden, Korallen und andere, 
neben verwitterten Knochen des Sauriers Iguanodon. 

In dem Mergel dieser Schichte kommen sehr häufig Limonit- 
Concretionen mit Gypskrystallen vor. 

Die Versteinerungen, die ich hier vorfand, sind bis auf einige 
wenige Arten dieselben, wie sie aus der Umgegend von Srnojed 
E. V. Jahnd), A. Fritsch (= Fri&2) und J. J. Jahn?) anführt. 

Die Anzahl der von J. J. Jahn in oben erwähnter Arbeit 
angeführten Arten deıselben ist beinahe doppelt so gross, indem er 
deren über 40 von diesem Fundorte anführt. 


!) Opuka ve vychodnich Öechäch (Der Pläner in Ostböhmen.) $. 230. 

?) Priesener Schichten. 8. 43. i \ 2 

®) Einige Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Kreideformation. S. 159. 
69* 


544 J. V. Zelizko. [16] 


Zur Ergänzung des in der Arbeit von J. J. Jahn aus Srnojed 
angeführten Fossilienverzeichnisses füge ich noch folgende, von mir 
gefundene Versteinerungen bei: 


Otodus appendiculatus Ag. (1 Exempl.) 
Trochus sp. (Mehrere schwer bestimmbare Bruchstücke.) 


Trochoceyathus nov. sp. (Ein sehr schön erhaltenes Exemplar einer 
neuen Art.) 


Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken 
des Berchtesgadener Versuchsstollens. 


Von Lukas Waagen. 


Im Sommer des Jahres 1896 hatte ich Gelegenheit, die Anlage 
eines Versuchsstollens bei Berchtesgaden zu beobachten, der 
oberhalb der Schiessstätte, doch unter dem Fahrwege nach Vorder- 
eck geführt wurde, und konnte zugleich Aufsammlungen machen. 

Dieser Fundort wurde zuerst von Herrn Max Schlosser in 
Münehen in die Literatur eingeführt durch eine kurze Notiz in der 
Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, wobei auch eine 
kleine Faunenliste gegeben wurde !). 

Herr Emil Böse hat später in seiner Arbeit: „Beiträge zur 
Kenntnis der alpinen Trias“?) diesen Fundpunkt neuerlich 
erwähnt und die von Schlosser gegebene Fossilliste ergänzt. 

Im Jahre 1896, als ich mich mit diesem Stollen beschäftigte, 
war das Profil desselben folgendes: Nach Abräumung des sandigen 
Erdreiches wurde zuerst Dolomit mit Kalksteinbrocken durchfahren, 
kein „gewachsenes“ Gestein, sondern Gebirgsschutt von rund 60 m 
Mächtigkeit. (Die Längen immer an der Stollensohle gemessen.) Die 
Kalksteinbrocken sind Trümmer eines splitterigen, gelblichen bis 
srauen Kalkes, die an der Oberfläche oft einen förmlichen Ueberzug 
von Pyritkrystallen aufweisen. Im Stollen folgen dann auf eine Strecke 
von etwa 132 m schwarze, salzleere Thone und Thonschiefer, die auf 
ihren Schichtflächen häufig ein Häutchen von schön pfirsichrothem 
Gyps besitzen. In diesem Schichtencomplexe finden sich öfters Wasser- 
adern, wie auch Nester von nassem Dolomitsand. Es folgt nun rother 
und grauer Sandstein (5 m), derselbe, der auch etwas weiter nörd- 
lich im Thale anstehend gesehen wird, und zwar gerade an der Stelle, 
wo die Fahrstrasse zum Bergwerke auf das rechte Ufer der Ache 
hinübertritt. Zum Schlusse wurde noch Dolomit oder stark dolomi- 
tischer Kalk angefahren und in diesem weiter gearbeitet; aus diesem 
Theile stammen auch die aufgefundenen Fossilien. 


1).„Ein neuer Fundplatz von. Hallstätter Kalk in den Alpen“. Zeitschr. d. 
D. geol. Ges., Bd. XLIX, pag. 925. 


?) Zeitschr, d. D. geol. Ges., Bd. L, pag. 468. 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (L. Waagen.) 


H46 Lukas Waagen. [2] 


Die ganze Länge des Stollens betrug somit ca. 250 m). Die 
durehfahrenen Schichten scheinen steil nach West und Nordwest ein- 
zufallen, und, wie auch Böse bemerkt, dürfte man gegen Ost wieder 
in Werfener Schiefer gelangen, und zwar in den Zug, der zwischen 
den Dachsteinkalkfelsen des Kalten Kellers und den im Stollen 
durchörterten dolomitischen Kalken eingeklemmt zu sein scheint, und 
der an der Vorderecker-Strasse auch stellenweise sichtbar ist. Die 
oanze Masse ist wahrscheinlich nichts als eine abgesunkene Scholle, 
wie man solche gerade im Gebiete des Salzstockes sehr häufig und 
oft auch in grosser Ausdehnung angetroffen hat. 


Fig. 1. 
Profil des Versuchsstollens bei Berchtesgaden. 


1. Sandiges Erdreich. — 2. Dolomit mit Kalksteinbrocken. — 3. Gypsführender, 
salzleerer schwarzer Thon. — 4. Rother und grauer Sandstein. — 5. Dolomit und 
dolomitischer Kalk. — -—--——- — Nässe, 


NB. Bei 3 und 4 sind die Längen hier unrichtig angegeben. 


Der Erhaltungszustand der Fossilien ist ein sehr ungünstiger. 
Ausnahmslos liegen nur Steinkerne vor; bei den Cephalopoden er- 
schwerte überdies die dolomitische Natur des Gesteines das Anätzen 
der Lobenlinie gar sehr, wozu noch kommt, dass eine grosse Anzahl 
Jugendformen oder innere Windungen sich vorfinden. Immerhin glaube 
ich, es nicht unterlassen zu sollen, die Faunenliste mitzutheilen:. 


Didymites subglobus Mojs. 
- cf. subglobus. Mojs. 


» angustilobatus Hauer. 
. sp. juv. 

2 globus Quenst. 

) Sp. 


!) Der Herr k. Salineninspector Fr. Mayer war so liebenswürdig, mir.nun 
auch das vollständige Stollenprofil zu übermitteln, wofür ihm schon hier der beste 
Dank ausgesprochen sei. — Der Bau wurde darnach bis 264 m an Ort geführt 
und hierauf eingestellt, da man kein Salz antraf. Das Streichen des Stollens 
— 119° 20°; Streichen und Fallen der Schichten dagegen wechselt stets, — Der 
Herr Salineninspector schreibt ferners: „Die vom 191. bis 196 m eingezeichnete. 
Schichte von rothem Sandsteine wurde der früheren Planpause entnommen, da 
dieselbe beim Nachreissen der Stollensohle behufs Herstellung einer Wasserseige 
nicht mehr aufgefunden werden konnte, sondern an der betreffenden Stelle nur 
rothbrauner Mergel oder Thon und daher die Sandsteinschicht noch etwas frag- 
licher Natur ist. Eine genaue Constatirung ist, da der ganze Stollen seit einem 
Jahre aufgelassen, und die Zimmerung bereits sehr brüchig ist, nicht mehr zu- 
lässig“. Ich kann aber das Vorhandensein dieser Schichte bestätigen, da ich die- 
selbe selbst beobachtet und auch Stücke rothen und grauen Sandsteines daraus 
besitze. — Die petrefactenführende Schicht wurde bei 245 m angetroffen. 


2. 


[3] 


ge 
5 
of 


Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken ete. 


Didymites nov. sp. 
Oladiseites tornatus Bronn. 


3 mortus Mojs. 
aD. 
sp. Juv. 


» 
khacophyllites debilis Hauer. 
Halorites ferox Mojs. 

> nov. Sp. 
Iseulites subdecrescens Mojs. 
Drepanites sp. 
Distichites? sp. 
Celtites sp. juv. 
Sirenites sp. juv. 

1 ?.,8p. juv. 
Daphnites sp. 
Plaeites omphalium ? Mojs. 
cf. oxyphyllum Mojs. 
postsymmetricum Mojs. 


B)] 


» 


a 
Megaphyllites insectum Mojs. 
R humile? Mojs. 
Tropites sp. 
Juvavites ex aff. Juv. Niobis Mojs. 
= ex aff. Juv. Ohamissoi Mojs. 
3 sp. 
Eetoleites sp. 
Hauerites? sp. 
Arcestes sp. (Gruppe der intuslabiatt). 
ex aff. oligosurcus Mojs. 
„.  didymus Mojs. 
Orthoceras dubium? Hauer. 


» 


» SP 
Neritaria Koken (Protonerita Kittl) sp. 


Tectus lima Koken. 
Sagana Sp. 
Amauropsis? sp. 

Halorella amphitoma Bronn. 
f pedata Bronn. 
Rhynchonella jwvavica Bitt. 

Diseina sp. 
Mysidioptera? sp. 
Palaeoneilo? sp. 
Macrodon sp. 

Nucula sp. 

Pecten cutiformis Hörn. 
Halobia amoena? Mojs. 
sp. div. 

„1 sp. jur. 

Anodontophora (zwei Arten). 
Crinoiden-Stielglieder. 


$)] 


547 


548 Lukas Waagen. [4] 2 


Hiezu kommen noch die von Schlosser 1897 erwähnten: 


Arcestes intuslabiatus Mojs. 
Schizodus ? 
Gonodon sp. 
Arcomya? 
Monotis lineata Hörn. 

K salinaria Bronn. 
Pecten concentricestriatus Hörn. 
Lima? 
Ichynchonella cf. castanea Schafh. 


Ausserdem erwähnt Böse 1899 ]. ec. noch folgende Fossilien: 


Nautilus cf. halorieus Mojs. 
Placites myophorus Mojs. 
Anodontophora af. recta Gümb. 
Pecten tenwicostatus Hörn. 
Ostrea ? 

Terquemia ? 

Halorella rectifrons Bittn. 
Ihynchonella longicollis Swess. 


Es sind somit eine ganze Reihe der Cephalopoden, Gastropoden, 
Brachiopoden und Bivalven bekannt geworden und die Schichte be- 
sonders durch die Ammoniten genau horizontirt. Die Fauna ist nach 
Mojsisovies „alaunisch‘“, d.h. mittelnorisch, aus der Zone 
des Uyrtopleurites bierenatus. 

Wenn wir nun die voranstebende Liste mit den aus der Um- 
sebung bekannt gewordenen Faunen norischer Hallstätter Kalke ver- 
gleichen, so finden wir keine grossen Anklänge. 


Schlosser gibt in seiner Arbeit: „Das Triasgebiet von 
Hallein“) ein Verzeichnis der von ihm beobachteten Cephalopoden 
der norischen Stufe, dem ich folgende gemeinsame Arten entnehme: 


EN x ‚ 
D \mgonl. 2.) Vere 
a = 8 © og 
= a R= BY 5 
> = = 5} =e-| 
au RI 17 S = 
= < = 3 ä 
= rg = an , 
| 
, Megaphyllites insectus Mojs. — __ = ee: 
| Pinacoceras oxyphyllum Mojs. u= _ + —_ —_ 
Cladiscites tornatus Mojs. 2 = — _ 
„ neortus Mojs. et u ze Br et 
ı Arcestes didymus Mojs. + an = = > 
| 2 oligosarcus Mojs. an £ = nn 2 
+ intus labiatus Mojs. + + + + En 
 Finacoceras myophorum Mojs. . + + — _ _ 
Nautilus halorieus Mojs. = — + Be ui 


!) Zeitschr, d. D. geol. Ges., Bd. L, pag. 333. 


aan 


B 

“ 
2 

a 


[5] Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken ete., 549 


Von Bivalven nennt Schlosser aus den norischen Hallstätter 
Kalken vom Jodlerwald, auf der Nordwestecke des Rappold- 
stein, folgende, mit vorliegenden übereinstimmende Bivalven: 


Mysidioptera sp. 
Pecten cutiformis Hörn. 
Monotis salinaria Bronn. 


Die Brachiopoden endlich wurden durch Bittner!) sehr ein- 
gehend bearbeitet, und finden sich nach seinen Angaben folgende, 
nun auch bei Berchtesgaden aufgefundene Arten in dieser Gegend: 


| 
1} 
I 


Ele. 
- h rest Sm | 
Bl 83 HR 
> aa|ls_| 
m Be ara 
fe? & » © 
& 7 
2 Y:- 
| | | 
Ihynchonella castanea Schafh., + I I. | | 
" longieollis Sues.| + — | Lärcheck. | 
’ jJuvavica Bittn, — — | + | Aiglköpfl, Hiesenbauer, | 
| | Wallbrunn. 
Halorella amphitoma Bronn, + a a ee 
| 1, rectifrons Bittn. = -r | — 


Ausserdem ist ja Halorella pedata von vielen Orten, wie vom 
Jenner und vom Stegenwalder-Wirt im Salzachthale, als häufig bekannt. 

Es ist auffallend, dass unter den 40 Cephalopodenarten, die 
bei Berchtesgaden gefunden wurden, die Mehrzahl von leiostraken 
Ammoniten gebildet wird, während sonst die Trachyostraca weitaus 
in der Ueberzahl sind. 


Ein Vergleich mit den von v. Mojsisovics angeführten 
Localitäten im Salzkammergut ergibt folgendes Verhältnis: 


Mit dem Sommeraukogel gemeinsam . . . 9 Arten 
Mit der Vorderen Sandling gemeinsam . .3 , 
Mit dem grauen Marmor des PUBETESGEND 
gemeinsam . . . ER 
Mit dem grauen Marmor von Rossmoos, h 
Hütteneck, gemeinsam. . =; 
Mit den Sandling - Gastropoden - Schichten 
gemeinsam . . iur Aysez 
Mit den Leislingschichten (Trach. Giebeli) 
EINES er ee TEE le N. 


Obwohl, wie voranstehende Fossilliste zeigt. auch mehrere 
unter- oder Buck obernorische Arten in der Fauna enthalten sind, 
so ist sie doch zweifellos in den mittelnorischen Horizont einzureihen, 


„Brachiopoden der alkietfän Trias“. Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., XIV, 
1890 br "Nachtrag l, pag. 21 und 22. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (L. Waagen.) 70 


550 Lukas Waagen. [6] 


da sie mehrere, für diese Zone ganz typische Gattungen enthält, wie 
Didymites, Halorites, Drepanites und Ectolecites. 

Andererseits wieder sind Mojsisovics’ Angaben über die 
vertikale Verbreitung einiger Gattungen und Arten zu erweitern. 

Vor allem ist es die Gattung Isculites, welche durch die Art 
Isculites subdeerescens Mojs., eine durch den asymmetrischen Lobenbau 
leicht erkennbare Form, noch in mehreren Exemplaren hier vertreten 
ist, also nicht, wie Mojsisovics angibt, in der Zone der Sagenites 
Giebeli erlischt. 

Von anderen unternorischen Arten, welche noch bis ins Mittel- 
norische hinaufreichen, wäre nach vorliegenden Funden noch zu 
nennen: Arcestes didymus Mojs., Megaphyllites insectum Mojs., Placites 
myophorum Mojs. und Placites omphalium Mojs. 

Dagegen gibt es ebenso mehrere Arten, deren Beginn Mojsi- 
sovics erst in die obernorische Epoche verlegt, die aber ebenfalls 
hier schon aufgefunden wurden; es sind dies: Arcestes oligosarcus 
Mojs., Arcestes intuslabiatus Mojs., Cladiscites tornatus Bronn. und 
Nautilus halorieus Mojs. 


Beschreibung der Arten, 


Didymites nov. sp. 


Erhalten ist nur das Bruchstück einer gekammerten Windung. 
Allein auf Grund der ganz abweichend entwickelten Lobenlinie lässt 
sich diese Form mit Gewissheit als neu hinstellen. Es besteht der 
sehr bemerkenswerte Unterschied, dass auf den Externlobus ein 
grosser Sattel folgt mit zwei ziemlich tiefen Einschnitten, von 
welchen der zweite (vom Externlobus weg gegen den Nabel) an 
Grösse ein klein wenig hinter dem ersten zurücksteht. Es folgt dann 
ein zweiter grosser Sattel, der wieder die beiden Einschnitte 
aufweist, die diesmal gleich gross, jedoch gegenüber den ersten auf 
ungefähr ein Drittel reducirt sind. Von den beiden Auxiliarsätteln 
ist der erste ein Doppelsattel, der zweite, einfache, wird durch den 
Nabelrand halbirt. Der erste Laterallobus ist im Grunde zweispitzig, 
der zweite einspitzig !). 


!) Mojsisovics sagt („Gebirge um Hallstatt“, pag. 151): „Die Doppelsättel 
(der Didymiten) entsprechen nun keineswegs, wie man meinen sollte, einfachen 
Sätteln, sondern sind thatsächlich als zwei an ihrer Basis eng verschmolzene ein- 
fache Sättel aufzufassen. .. Das stets vorhandene äussere Sattelpaar ist daher 
nicht der einfache Repräsentant des Externsattels, sondern vertritt den letzteren 
und den ersten Lateralsattel sammt dem ersten Laterallobus.“ Diese Auffassung 
ist nun auf die eben beschriebene Suturlinie schwer anzuwenden, denn hiernach 
würde der erste, mit zwei Einschnitten versehene Sattel bereits den Extern-, wie 
die beiden Lateralsättel und auch die beiden Lateralloben enthalten, was sehr 
auffällig wäre. Andererseits, wenn die Einschnitte als blosse Secundärloben an- 
gesehen werden, hätten wir einen durch zwei Einschnitte zerschlitzten Aussen- 
sattel, hierauf zwei ebenfalls getheilte Lateralsättel, die aber dann bis zur Naht 
reichen würden, was wieder die Projectionslinie nicht zulässt. Als dritter Weg 


[7] Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken ete, 551 
Der Erxterntheil ist sehr breit und flach gewölbt, wogegen die 


Flanken kurz und steil zum Nabel abfallen, so dass die Lobenlinie 
erst mit dem zweiten Laterallobus auf die Flanke zu liegen kommt. 


Fig. 2. 


Fig. 2a. Fig. 22. 


Nach der Reconstruction dürften die Dimensionen des ge- 
kammerten Kernes folgende sein: 


| 
N 
E 

r 


Durchmesser . fay>.lr0Y., 29 Mm 
Höhe der letzten "Windung ua aha 
| BIRD. anni. eo SION, 
| Babelweiteiint\ (un ann, ns se, 


Didymites div. f. juv. 


Unter den vorliegenden Didymiten - Jugendformen lassen sich 
zwei Typen gut unterscheiden. Der eine ist von auffallender Breite, 
so dass sich Höhe zu Breite verhalten wie 2:3; dabei ist die Ent- 
wieklung der Lobenlinie ganz auffallend. Der Externlobus ist einspitzig 
und sehr. schmal, es folgt dann ein breiter, ungetheilter Lateralsattel 
(ähnlich ZLobites - Sätteln, nur viel breiter), dem sich wieder ein 
schmaler, einspitziger Lobus anschliesst. Der zweite Sattel liegt auch 
noch auf der Externseite ‘und geht dann über den Nabelrand in 
einen ganz flachen Lobus über. Diese Type wird mit zunehmendem 
Alter stets globoser und geht schliesslich in Formen über, die etwas 
höher als .breit sind; jedoch geiang es mir nicht, bei diesen Exem- 
plaren (bis 10 mm Durchmesser) eine Theilung der Sättel wahr- 
zunehmen. Es wäre überhaupt schwer gewesen, diese Formen als zu 
Didymites gehörig zu erkennen, wenn es mir nicht gelungen wäre, 
die inneren Kerne von Did. subglobus und Did. augustilobatus bloss- 
zulegen, die dann ganz ähnliche Erscheinungen aufwiesen. 

Die zweite Type, die mit vieler Wahrscheinlichkeit auch zu 
Didymites gestellt werden muss, ist schon in ganz kleinen Exemplaren 
| (Durchmesser 6 mın) vollständig globos. Die Lobenlinie zeigt hier 
| auch schon einen zweispitzigen Externlobus und zwei getheilte Lateral- 

sättel. Auffallend ist der bei einem Exemplare, das wahrscheinlich 

ebenfalls hierher zu ziehen wäre, erhaltene Mundrand. Etwas vor 
demselben ist eine Kuickung der Windung bemerkbar, von wo an 


EEE EEE ERRRETEE 


bliebe nur noch offen, nur einen Lateralsattel anzunehmen und die ganze Loben- 
linie als unterzählig hinzustellen. Der zerschlitzte Aussensattel müsste dann als 
in Adventivsättel zerlegt angesehen werden. 

70* 


552 Lukas Waagen. [8] 


der Externtheil auch flacher erscheint. Seitlich tritt der Mundrand 
etwas zurück und wird wulstig, so dass sich deutlich seitliche Aus- 
sehnitte erkennen lassen. 


Cladiscites sp. juv. 


Ein Cladiseit, auf welchen die Beschreibung, welche v. Klip- 
stein von seinem Ammonites Ungeri gibt!) vollständig passt. Auch 
die später von v. Mojsisovics?) gegebene ausführlichere Beschreibung 
entspricht genau, nur fehlen die angeführten feinen Spiralstreifen, 
da Steinkerne vorliegen. Der markante quadratische Querschnitt ist 
sehr deutlich zu erkennen, wie auch das von den Loben gesagte 
und die von der Tafel genommenen Maße des grösseren Stückes 
genau mit meinen Beobachtungen übereinstimmen. 

Die Aehnlichkeit der von v. Mojsisovics beschriebenen 
Exemplare mit den vorliegenden ist eine so grosse, dass ich mich 
nicht scheuen würde, dieselben zu identificiren, wenn nicht der Alters- 
unterschied der Schichten hinzukäme. Mojsisovies citirt seinen 
Oladiseites Ungeri als aus der Zone des Trachyceras Aon., das ist 
aus unterkarnischen Schichten. während die vorliegenden Stücke aus 
mittelnorischen Dolomiten stammen. 

Zum Schlusse möchte ich nur noch der Meinung Ausdruck 
geben, dass ich weder die von mir gesammelten Exemplare, noch 
auch den Cladiscites Ungeri für selbständige Formen halte. Es dürften 
beide innere Kerne oder Jugendformen darstellen, die sich in diesem 
Stadium überaus ähnlich sehen, ausgewachsen aber ganz verschiedenen 
Arten angehören, wie es ja häufig bei den Arcesten zu bemerken ist, 
mit welchen die Gattung Cladiscites auch ursprünglich vereinigt war. 


Halorites nov. spec. 


Eine kleine Form, welche in die Gruppe der Catenati continwi 
gehört. Sehr kräftige. radial verlaufende Rippen sind durch ziemlich 
breite und tiefe Intercostalfurchen getrennt und laufen gegen die 


Naht zu in feine Strahlen aus. Die meisten Rippen sind ungespalten ; 
an einer einzigen Rippe ist eine Theilung wahrzunehmen, direct ober- 
halb der Naht, doch sind auch eingeschobene Rippen vorhanden. 


') A. v. Klipstein: „Beiträge zur geologischen Kenntnis der östlichen 
Alpen“, pag. 118, Taf. VI, Fig. 7. 

”) E.v. Mojsisovics: „Die Cephalopoden der mediterranen Triasprovinz.“ 
Abhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt. Bd. X, 1882, pag. 175, Taf. XLVI, 
Fig. 11; Taf. LXXXII, Fig. 10 u. 11. | 


[9] Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken ete. 553 


Auf diesen Rippen nun sitzen die Perlenknoten auf, und zwar 
alterniren sie in deutlicher Weise auf den benachbarten Rippen. Die 
Zahl der Perlenknoten auf einer Rippe beträgt 10-12. 

Von der Seite gesehen, erinnert das vorliegende Exemplar sehr 
stark an Halorites gemmatus Mojs.!) jedoch ist es von diesem auf den 
ersten Blick durch die Continuität der Seulptur auf dem Externtheile 
zu unterscheiden. 


Loben: Nicht bekannt. 


Dimensionen: 
Veh ee ira MM 
Höhe des letzten Umganges .... .. 5. „ 
Mickerges letzten Umganges 7.7. .....6...., 
INH ElN 10 en 0 6015 RE 1; 


” 


Iseulites subdecrescens E. v. Mojsisovies. 


Vorliegend sind drei gekammerte Kerne. Sie haben eine kugelig 
aufgeblasene Gestalt, jedoch ist der Nabel noch. fast vollständig ge- 
schlossen. Das eine Exemplar zeigt die Lobenlinie sehr deutlich, so 
dass die Asymmetrie derselben, vermöge welcher der Medianhöcker 
nach links verschoben ist, gut zu erkennen ist, Die Zähnung der 
Lateralloben ist so zart, dass dieselben dem freien Auge als ganz- 
randig erscheinen. 


Distichites? sp. 


Das wahrscheinlich in die Gruppe der Distichites megacanthi 
gehörige Exemplar ist wieder eine Jugendform und kann daher nicht 
mit voller Sicherheit hieher gestellt werden. 

Die Umgänge sind breiter als hoch und erreichen die grösste 
Dicke an den kräftigen Marginaldornen. Es ist ein weitgenabeltes 
Gehäuse, denn die Umgänge umfassen einander nur über dem breiten, 
schwach gewölbten Externtheile bis an die Marginaldornen, welche 
sich so an die Naht des vorhergehenden Umganges anlehnen. 

Die Flanken sind flach gewölbt und gehen in einen steilen 
Nabelrand über, jedoch sind an der Grenze der beiden gegen ein- 
ander keine Umbilicalknoten zu bemerken. Die Rippen verlaufen von 
den Marginaldornen geradlinig über die Flanken nach abwärts und 
verlieren sich schliesslich am Nabelrande. In den Zwischenräumen 
zwischen den Dornen findet sich ebenfalls noch je eine Rippe, die 
aber auf den Externtheil übergehen, wo sie sich entschieden bogen- 
förmig gegen vorne wenden, um sich vor den Externkielen auszu- 
spitzen. Im ganzen dürfte die Zahl der Marginaldornen auf einem 
Umgange 7—8 betragen. 

e 


!) E. v. Mojsisovics: „Die Cephalopoden der Hallstätter Kalke“, Bd. 11, 
Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., VI. Bd., II. Theil, 1893, Taf. LXXIX, Fig. 4. 


Bei Lukas Waagen. I [10] 


Ueber die Mitte des Externtheiles läuft eine vertiefte Median- 
furche, welche von sehr kräftigen Seitenkielen begleitet ist, und die 
wieder durch ganz flache Kielfurchen gegen den Externtheil abge- 
srenzt werden. 


I,oben konnten nicht beobachtet werden. 


Celtites sp. juv. 


Es ist wieder ein jugendlicher Kern, der vorliegt. Die grösste 
Aehnlichkeit weist derselbe mit der von Mojsisovics als Fig. 20 
auf Tafel OXXII gegebenen Abbildung !). Dieses Stück gehört unter 
jene, welche Mojsisovies unter dem Namen Celtites ex af. 0. 
Arduini zusammenfasst. Von ihm sagt er aber zugleich, dass es mög- 
licherweise auf Celtites medius bezogen werden könne. 

Das vorliegende Exemplar zeigt nun Merkmale, welche diese 
Vermuthung als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Rippen 
stehen nicht besonders dicht (bei einem Durchmesser von 9 mm eirca 
32 Rippen am letzten Umgange), jedoch ist ihre Stellung eine auf- 
fallende. Je zwei stehen immer äusserst dicht nebeneinander, so dass 
nur ein sehr feiner Intercostalraum vorhanden ist, während nach 
jedem solchen Rippenpaar eine breitere und tiefere Furche folgt. Die 
Rippen verlaufen über die Flanke stets gerade radial, beginnen am 
Nabelrande sehr fein und verbreitern sich etwas gegen den Extern- 
theil, auf den sie bei grösserem Anwachsen der Umgänge ein klein- 
wenig und nach vorne gerichtet übertreten. Es ist hier gerade das 
Uebergangsstadium erhalten von der Jugendform mit ganz glattem 
Externtheile zu dem ausgewachsenen Exemplare, wo derselbe mit 
Radialseulptur bereits vollständig überzogen ist. Hier sind auf dem 
glatten Externtheile blos schwache Paulostomfurchen zu bemerken. 


Sirenites sp. juv. 


Die Entwicklung der Sireniten läuft vollständig parallel mit jener 
der Trachyceraten, oder specieller mit jener des Trachyceras: Aon, 
ein Beweis ihrer sehr nahen Verwandtschaft mit dieser Gattung. 

Unter den vorliegenden jugendlichen Kernen, deren Grösse 
zwischen 6 und 19 mm liegt, sind alle drei Entwicklungsstadien, die 
v. Mojsisovies bei Trachyceras Aon ausscheidet 2), wieder zu er- 
kennen. 

Das kleinste Exemplar vertritt das Brotheus-Stadium und Ah 
sehr schön mit der Abbildung Fig. 1, Taf. XXI, überein. Es besitzt 
ebenfalls vier Reihen kleiner Dornen (Extern- und Marginaldornen), 
an welche dann die Spirale der kräftigen Lateraldornen: sich an- 
schliesst. 

Durch ein zweites Stück ist das Münsteri- Stadium vertreten und 
gleicht vollständig der Fig. 27 auf Taf. XXI. Auf kräftigen Rippen 


!) „Cephalopoden der Hallstätter Kalke“, pag. 365. 
”) „Die Cephalopoden der mediterranen Te Abhandl. d. k. k. 
geol. R. 4 X. .Bd., pag. 129 f., Taf. XXI. ir 


al Aus lit  4 4 ce 


[11] Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken etc. 555 


besitzt ‚es ursprünglich drei Paar Dornenspiralen (die Extern-, Mar- 
ginal- und Umbilicaldornen), zwischen die sich später Lateraldornen 
einzuschalten scheinen, im Gegensatz zu den Trachyceraten, bei 
welcheh die Marginaldornen sich mehr in die Flanke hinabziehen und 
zu Lateraldornen ‚werden, während eine neue Spirale sich als Mar- 
ginaldornen einschiebt. 

Schliesslich ist auch die reine Ao»-Entwicklung durch ein paar 
Exemplare vertreten. Auf sehr feinen, sichelförmigen Spiralrippen 
sitzen feine Knötchen in mehreren Reihen auf, jedoch ist auf den 
kleinen Kernen noch keine Vermehrung der Spiralreihen erkennbar. 

Der bedeutendste Unterschied in der Entwicklung der Trachy- 
ceraten und Sireniten scheint der zu sein, dass bei letzteren die 
Einschaltung von Spiralreihen eine viel geringere ist. So zeigt auch 
das grösste vorliegende Exemplar nur vier Paar Dornenspiralen. 


Buchites nov. sp. 


Ein kleines Gehäuse (Durchmesser nur 10 mm), das jedoch 
schon den Beginn der Wohnkammer zu besitzen scheint. Auch eine 
starke Anzahl von Umgängen für diese geringe Grösse ist vorhanden, 
nämlich vier bis zur Embryonalblase. Das Gehäuse ist weit genabelt. 
da die Umgänge einander nur etwa zur Hälfte umfassen. Dieselben 
sind etwas breiter als hoch und besitzen einen breiten, abgerundeten 
Externtheil, so dass der Windungsquerschnitt fast quadratisch erscheint. 


Fig. 4. 


Das vorliegende Fossil zeigt grosse Aehnlichkeit mit Buchites 
hilaris Mojs.‘), doch lässt es sich wegen mehrerer Abweichungen 
nicht in diese Gattung stellen. 

Am Nabelrande beginnen anfangs sehr fein die Rippen, die 
auf der Flanke .kräftig, abgerundet und meist ungespalten fortsetzen 
und durch tiefe Intercostalfurchen ‚voneinander getrennt sind. Es 
laufen diese Rippen von der Naht weg gerade über die Flanke und 
erst auf der Externkante biegen dieselben etwas nach vorne immer 
stärker anschwellend, um endlich in der Mitte des Externtheiles 
etwas verschwächt sich mit der correspondirenden Rippe der Gegen- 
seite zu verbinden. Diese scheinbare Verschwächung rührt daher, 
dass eine Auftreibung längs der Mittellinie des Externtheiles statt- 
findet und die Tiefe der eingesenkten Intercostalfurchen theilweise 
vermindert. Aber erst am Schlusse der erhaltenen Windungen, wo 


!) E.v. Mojsiso vics: „Die Cephalopoden der Hallstätter Kalke,“ pag. 415, 
Taf. CXXIUII, Fig. 1. 


556 Lukas Waagen. [12] 


überhaupt die Sculptur bereits bedeutend schwächer ist, erhebt sich 
die Auftreibung bis nahezu zur Höhe der Rippen, so dass auf dem 
Externtheile ein fast glattes Band erscheint. 

Ab und zu tritt auch in halber Flankenhöhe eine Rippenspaltung 
ein, die dann ebenso verlaufen wie die übrigen Rippen, jedoch bleibt 
nach einem solchen Rippenpaare die Intercostalfurche auf dem Extern- 
theile in ihrer vollen Schärfe erhalten, welcher Umstand die folgende 
Rippe viel kräftiger erscheinen lässt. 

Der Hauptunterschied zwischen Buchites hilaris und dem vor- 
liegenden Exemplare ist in dem Seulpturunterschiede der älteren 
und jüngeren Windungen enthalten, die sich betreffs der Intensität 
gerade umgekehrt verhalten. 


Die Loben konnten nicht beobachtet werden. 


Megaphyllites humile ? Mojs. 


Das vorliegende Stück ist ein Steinkern, an dem es vermöge 
seiner ungünstigen Erhaltung nicht möglich war, die Lobenlinie zu 
beobachten. Von den Exemplaren des Meg. insectum unterscheidet 
er sich durch geringere Dicke und flachere Seitenwände, auch liegt 
der Nabel weniger vertieft. Was mich aber hauptsächlich bewog, 
diese Form zu Meg. humile zu stellen, ist die gute Erhaltung des 
Haftringeindruckes. Dieser geht vom Nabel aus. weicht bis zur 
halben Flanke etwas nach rückwärts, um später, faleoid nach vorne 
geschwungen, den FExterntheil zu übersetzen. Der Verlauf dieses 
Eindruckes stimmt genau überein mit dem bei v. Mojsisovics!)) 
auf Tafel XX, Fig. 9, abgebildeten. 


Die Dimensionen des Stückes sind folgende: 


Durchmesser . Ber.) 
Höhe der letzten Windung a SE LE 
Dicke derselben . . a 
Nabelweite .,'. 27a Jess a 


Eetoleites sp. 


Ein kleiner Kern von nur 11 mm Durchmesser. Die Umgänge, 
welche nur langsam zunehmen, sind so wenig umfassend, dass sie 
auf dem Externtheile des vorhergehenden fast nur aufzuliegen 
scheinen, so dass der Nabel sehr weit geöffnet ist. Der Externtheil 
ist fast gerade; senkrecht anschliessend folgen die schwach gewölbten, 
niedrigen Flanken, die dann wieder im rechten Winkel zur Naht 
abfallen. Der Querschnitt eines Umganges bildet fast ein längliches 
vechteck, da Rücken zu Flanke sich verhalten wie 2:1. 

Auf den Flanken verlaufen erst schwach, dann immer kräftiger, 
in gerader Richtung von der Nalıt bis zum Aussenrande die Rippen, 
getrennt durch breite Intercostalfurchen, welche auf der vorderen 


1) E. v. Mojsisovics: „Das Gebirge um Hallstatt“. 


[13] Der neue Fundort in den Hallstätter Kalken ete. 557 


Hälfte des letzten erhaltenen Umganges gegen den Aussenrand leicht 
knotig anschwellen. 

Auf der Externseite sieht man noch etwas die gegen vorne 
sich neigende Fortsetzung der Rippen. Mit einem Durchmesser von 
etwa 6 mm angefangen, sieht man erst schwach, doch mit wachsendem 
Umgange immer stärker eingesenkt, eine Medianfurche. 

Die Gestalt und Flankensculptur erinnert sehr an Ect. Hoch- 
stetteri. Mojsisovics beschreibt hiezu noch einen jugendlichen 
Kern, der dem vorliegenden sehr ähnlich sehen dürfte, jedoch tritt 
bei dem vorliegenden die Medianfurche bereits viel früher auf. 

Auch jener Kern, der von Mojsisovies als ? KEctoleites ind. 
beschrieben und abgebildet wurde, weicht von vorliegendem Stücke 
erheblich ab. Auch hier finden wir keine Medianfurche und die Höhe 
der Flanke erscheint mir im Vergleiche zur Breite des Externtheiles 
zu gross, So dass ich dieses Stück lieber als die Jugendform eines 
Tiroliten betrachten würde. 


Arcestes sp. Gruppe der intuslabrati. 


Obwohl an dem vorliegenden Exemplare der Mundrand sehr 
gut erhalten ist, so war es doch nicht möglich, eine nähere Bestim- 
mung vorzunehmen, da keine übereinstimmende Mündung abgebildet 
oder beschrieben zu sein scheint. 

Die Schlusswindung verschliesst den Nabel vollständig und be- 
sitzt einen nach der Mündung hin sich verbreiternden und abflachenden 
Convextheil. Bis ein Drittel Seitenhöhe schmiegt sich der Mundrand 
dieht an die vorhergehende Windung an, verdickt sich nun und zieht 
wulstförmig zu zwei mässig grossen, ebenfalls verdickten Ecken vor; 
auf dem Convextheile ist derselbe flach gegen rückwärts ausge- 
schnitten. An der Innenseite des verdickten Mundsaumes setzt sich 
eine Schalenleiste an. 

Die Wohnkammer nimmt ungefähr anderthalb der Umgänge in 
Anspruch. 


Anodontophora sp. 


Wie schon in der Fossilliste erwähnt, sind zwei Arten dieser 
Gattung in dem Materiale vorhanden. Die eine Art dürfte mit An. recta 
Gümb. sp. vielieicht identisch sein, während die andere neu zu sein 
scheint. 

Besonders auffallend an dieser Art ist es, und dadurch unter- 
scheidet sie sich auch auf den ersten Blick vor allen übrigen, dass 
vom Wirbel gegen rückwärts eine kräftige Furche schräg zum Unter- 
rande der Schale hinabzieht. Dieser Furche auf dem Steinkerne 
dürfte auf der Oberfläche der Schale ein Wulst oder eine scharf 
ausgeprägte Erhöhung entsprechen, wahrscheinlich eine Verstärkungs- 
vorrichtung der Schale, wie wir sie auch bei Cuspidaria siligua Bittn. !) 
finden. 


1!) A. Bittner: „Lamellibranchiaten der alpinen Trias“. Abhandl. d. k. k. 
geol, R.-A, Bd. XVIII, Heft I, pag. 8, Taf. I, Fig. 19 und 20. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (L. Waagen.) 71 


558 Lukas Waagen. [14] 


Sehlosser führt in seinem Verzeichnis der aufgefundenen 
Fossilien auch @onodon sp. an. Auch in meinem Materiale sind Gonodon- 
ähnliche Bivalven enthalten, und ich glaube daher, einige Worte 
darüber sagen zu sollen. 

Ich schied diese Stücke ebenfalls aus und glaubte, sogar zwei 
Arten von Gonodon unterscheiden zn können. Bei der einen Art: 
Umriss fast kreisrund, Wirbel auffallend stark entwickelt und stark 
eingerollt. Die Anwachsstreifung grob; breitere Ringe mit feineren 
eoncentrischen Streifen abwechselnd. Der Durchmesser 4—5 mm. Die 
sanze Form also sehr stark erinnernd an G@onodon rostratus Münst. spec. 

Die zweite Art war wieder mit Gonodon laticostatus Münst. spec. 
sehr gut zu vergleichen. Vor allem unterschied sie sich schon durch 
die Grösse — der Durchmesser betrug 6—8 mm — aber noch auf- 
fälliger war der Unterschied in Bezug auf die Breite. Die Anwachs- 
runzeln waren weniger grob und lagen in grösseren Zwischenräumen 
und entfernter von einander angeordnet. Der Wirbel zeigte eine be- 
deutend geringere Entwicklung und war auch nicht mehr eingerollt. 

An dieser Bestimmung als Gonodonten hielt ich auch fest, bis 
Herr Dr. A. Bittner mir nachwies, dass die besprochenen Formen 
nichts weiter als Jugendformen von Halobien wären, wobei die dem 
Gonodon rostratus ähnliche Form das erste, die dem Gonodon lati- 
costatus ähnliche aber das zweite Entwicklungsstadium darstellte. 
Bei weiterem Wachsthume gleichen sich die groben Anwachsrunzeln 
mehr aus, und dann erst beginnen die radialen Rippen sich anzu- 
setzen, wie auch der Ohrenwulst erst später erscheint. 

So glaube ich denn, dass G@onodon sp. in der Schlosser’schen 
Liste auch den Halobien-Jugendformen wird zugewiesen werden müssen. 


Zum Schlusse habe ich noch eine angenehme Pflicht zu erfüllen, 
indem ich allen jenen Herren, welche mir bei Durchführung dieser 
Arbeit behilflich waren, besonders Herrn Oberbergrath E. v. Mojsi- 
sovics, Herrn Dr. A. Bittner und dem Herrn Salineninspector 
Fr. Mayer von Berchtesgaden, meinen ergebensten Dank ausspreche. 


, 


Ze 


Ueber Gesteine von Pozoritta und Holbak. 


Von C. v. John. 


Gelegentlich verschiedener Reisen, die Herr Prof. Dr. V. Uhlig 
in der Bukowina, Siebenbürgen und in der Moldau machte, sammelte 
derselbe ein ziemlich zahlreiches Gesteinsmaterial. Der Genannte 
übergab mir dieses Material behufs Bestimmung und Beschreibung 
desselben. Da sich natürlich unter diesem Material zahlreiche ge- 
wöhnliche Typen von Gesteinen fanden, die einer speciellen Be- 
schreibung kaum werth waren, so stellte ich Herrn Prof. Dr. Uhlig 
die Bestimmungen sammt einer kurzen Charakteristik derselben zur 
Verfügung. Unter den Gesteinen fanden sich jedoch zwei Vorkommen, 
die mir doch einer näheren Beschreibung werth schienen, die ich 
hiemit gebe. 

Es sind dies: ein Gestein von PoZoritta, welches im Jahre 
1889 und eines von Holbak, das im Jahre 1898 von Herrn Prof. 
Dr. V. Uhlig gesammelt wurde. 


I. Albitporphyrit (Quarzkeratophyr) von Pozoritta 
in der Bukowina. 


Ueber das Vorkommen dieses Gesteines theilt mir Herr Prof. 
Dr. V. Uhlig Folgendes mit: 


„Unterhalb Pozoritta treten am linken Ufer der Moldowa schwärz- 
liche, seltener rothe Schiefer, graue Mergelschiefer, glimmerreiche 
und quarzige Sandsteine auf, die zum Theil der Triasformation, zum 
Theil dem braunen Jura angehören und trotz dieses bedeutenden 
Altersunterschiedes schwer von einander zu trennen sind. Im nörd- 
lichen Theile dieser Gesteinszone erscheinen am Thalgehänge, circa 
250 m südlich von der landschaftlich auffallend hervortretenden 
Grenzlinie des Muschelsandsteines entfernt, zwei kleine Gesteins- 
partien, von denen die eine aus rothem Kalkstein und Hornstein, 
die andere aus einem röthlichen, porphyrischen Eruptivgestein be- 
steht. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt 1899, 49. Band, 3. Heft. (C. v. John.) ir Ku 


560 C. v. John. [2] 


Triaskalke von geringer Ausdehnung und Mächtigkeit kommen 
in der mesozoischen Zone der Bukowina als Einlagerungen in Schiefer- 
sgesteinen auf erster Lagerstätte vor. Ebenso häufig treten aber ganz 
ähnliche kleinere Kalkmassen und auch Eruptivgesteine klippenförmig 
als grösse Blöcke in jüngeren Gesteinen auf secundärer Lagerstätte 
auf, und es ist bei ungünstigen Aufschlussverhältnissen viel schwieriger 
als man glauben möchte, diese Formen des Vorkommens zu unter- 
scheiden. 

Auch die beschriebene Fundstelle an der Moldowa in Pozoritta 
gehört zu den schlecht aufgeschlossenen. Da aber hier nur wenige 
Meter vom Kalkstein entfernt rothe Schiefer kenntlich sind und diese 
in der-betreffenden Gegend als ein sicheres Anzeichen für Trias gelten 
können, so kann man es als wahrscheinlich bezeichnen, dass der rothe 
Kalkstein und Hornstein hier eine Einlagerung im Triasschiefer bilde, 
ähnlich wie der an ladinischen Versteinerungen reiche, ebenfalls in 
Hornstein übergehende Kalkstein des „Blutsteins“ beim ehemaligen 
Eisensteinbergbau im Pareu Kailor. Befindet sich hier der Triaskalk- 
stein auf ursprünglicher Lagerstätte, so wird dadurch auch die pri- 
märe Natur des porphyrischen Eruptivgesteins wahrscheinlich gemacht; 
es wäre als eines der Durchbruchsgebilde der Triasformation anzu- 
sprechen, die hier in den Ostkarpathen bekanntlich in grosser Mannig- 
faltigkeit zum Vorschein kommen. Die überwiegende Mehrzahl der- 
selben hat allerdings basischen Charakter.“ 

Das Gestein erscheint äusserlich ziemlich stark roth gefärbt, 
und zwar zeigt es schon äusserlich porphyrische Struetur, indem in 
einer rothen, feinkrystallinischen Grundmasse grössere, ebenfalls roth 
gefärbte Feldspäthe ausgeschieden erscheinen. 

Im Dünnschliffe erscheinen die grösseren porphyrisch ausge- 
bildeten Feldspäthe meist in Form schön ausgebildeter leistenförmiger 
Krystalldurchschnitte, die durch Zersetzung getrübt und durch Ferrit- 


staub röthlichbraun gefärbt erscheinen. Es sind einfache Krystalle, 


die nur hie und da eine Zwillingslamelle eingeschaltet enthalten. 
Man würde diese Krystalle auf den ersten Anblick wohl sicher für 
Orthoklase halten, wenn nicht die optischen Eigenschaften und be- 
sonders die chemische Analyse mit Sicherheit zeigen würden, dass 
hier typische Albite vorliegen. Die Auslöschung liess sieh im Schliff 
nur sehr schlecht bestimmen, weshalb durch Abschlagen von Plättchen 
nach dem Brachypinakoid und der basischen Endfläche die Bestim- 
mung der Auslöschungsschiefe versucht wurde. Da die Plättchen 
überhaupt sehr schwer zu gewinnen waren und nur in sehr dünnen 
Plättcehen, der Trübung des Feldspathes wegen, halbwegs sichere Be- 
stimmungen durchgeführt werden konnten, so schwankten die einzelnen 
Bestimmungen der Auslöschungsschiefen innerhalb 4—5°,. Die Mittel 
der einzelnen Bestimmungen stimmten aber doch sehr gut überein 
mit den Werthen für Albit. Es wurden auf Plättchen nach dem 


Brachypinakoid Werthe zwischen 16—200 also im Mittel etwa 180 


und auf solchen nach der basischen Endfläche 2—6°, also im Mittel 
von etwa 4° oefunden, Werthe, die vollkommen mit denen für 
typischen Albit übereinstimmen. Auch die später anzuführende 
chemische Analyse zeigt, dass hier typischer Albit vorliegt, da die 


[3] ’ Ueber Gesteine von PoZoritta und Holbak, 561 


Analyse viel Natron, aber nur sehr geringe Mengen von Kalk und 
Kali angibt. 

Der Albit ist hier also in Form einfacher Krystalle entwickelt, 
die nur hie und da eine Zwillingslamelle eingeschaltet enthalten. 

Ganz denselben Charakter der Ausbildung zeigen die kleinen 
Leisten von Feldspath, die die makroskopisch als Grundmasse er- 
scheinenden Theile des Gesteines enthalten. Diese Leistehen sind 
nur bedeutend kleiner, zeigen aber sonst ganz dieselbe Ausbildung. 
Sie sind auch wolkig getrübt und durch Ferritstaub rothbraun 
gefärbt. Nach der chemischen Analyse und der vollkommen gleichen 
Ausbildung zu schliessen, sind dieselben ebenfalls sicher Albit. Die- 
selben sind hie und da im Gestein parallel angeordnet, so dass sie, 
wenn auch nur andeutungsweise, eine Art Fluidalstructur des Gesteines 
bedingen. 

Zwischen den einzelnen Leisten der Feldspäthe ist, gewisser- 
massen eine Art Grundmasse bildend, die die Zwischenräume zwischen 
den einzelnen Feldspathleisten ausfüllt, Quarz in Form unregel- 
mässiger Körner ausgebildet. Durch diese Quarzmasse, die hie und 
da einzelne unregelmässige chloritische Partien enthält, treten die 
einzelnen Feldspathleisten noch deutlicher hervor. Das Gestein be- 
steht also im Wesentlichen aus Albit und etwas Quarz. Es könnte 
daher am besten als „Albitit* bezeichnet werden. Um aber keinen 
neuen Namen geben zu müssen und da der Albit, wenigstens die 
srossen Krystalle, porphyrisch eingesprengt erscheinen. so dürfte für 
dieses Gestein der Name „Albitporphyrit“, der sich dem schon 
von Michel-Levy verwendeten „Albitporphyr“ anschliesst, am 
angemessensten sein. 


Eine chemische Analyse dieses Gesteines, die an zwei ver- 
schiedenen Stücken durchgeführt wurde, ergab folgende Resultate: 


E 108 
Brise 
Kieselsäure . 2 . 2.2. 68:04 68:38 
Ihonerde 2.20.8204 3, 16:14 15:70 
Bisenazud. er, a2 508 
Buisenoxydulr. >... 0 au... a —_ 
Se 0:22 
Macmesia rk. A ee Z 088 
Kal er De 0558 0:60 
a ee ee 02 145 
elibyerlust- >27 er, el 188 
1008 101719 | 


Diese Analysen stimmen mit dem Befunde der mikroskopischen 
Untersuchung ganz gut überein. Sie zeigen, dass der Gehalt an Quarz 


562 C. v. John. [4] 


nur ein geringer ist und dass wohl der Albit weitaus die Hauptmasse 
des Gesteines bildet. Der Gehalt an Kali und an Kalk ist ein sehr 
geringer. 

Um so auffallender ist es, dass ein Gestein von derselben Loca- 
lität, welches im Dünnschliff genau dieselbe Ausbildung zeigt, Caleit- 
mandeln enthält. Von diesem Gestein wurde eine Durchschnittsprobe 
nit Essigsäure behandelt und die Menge des dadurch gelösten Kalkes 
bestimmt. Sie betrug 40°, Kalk entsprechend 8:04°%/, kohlensaurem 
Kalk. Der Rückstand nach der Essigsäurebehandlung enthielt nur 
0:20°%/, Kalk. Von diesem Gestein wurde eine Kieselsäurebestimmung, 
welche 63°96°/, und eine Alkalienbestimmung vorgenommen, welche 
038°, Kali und 718%, Natron ergab. 

Es ist also das Gestein vollkommen übereinstimmend zusammen- 
gesetzt mit dem Erstbeschriebenen. Man muss also wohl annehmen, 
dass dieses Gestein schon ursprünglich Hohlräume enthielt, die dann 
später durch Caleit ausgefüllt wurden. 

Die vorliegenden Gesteine von Pozoritta sind also aus einem 
Magma entstanden, das reich an Natron, dagegen fast extrem arm an 
Kali und Kalk ist. Es sei mir gestattet, diese Gesteine mit einigen 
ähnlichen von anderen Localitäten zu vergleichen. 

Am nächsten liegt der Vergleich mit dem Gestein von Begon 
bei Entrammes, welches Michel-Levy beschrieb'). Es ist ein 
Gestein, in welchem grosse polysynthetische Krystalle von Albit por- 
phyrisch ausgeschieden sind. Daneben sind Mikrolithen von Albit und 
Orthoklas, Quarz und etwas Chlorit vorhanden. Das Gestein enthält 
auch keine eigentliche Grundmasse und stimmt in dieser Beziehung 
mit dem Gestein von PozZoritta überein. Es ist aber, wie die folgende 
chemische Analyse zeigt, immer noch viel kalk- und kalireicher als 
letzteres. 


Die chemische Zusammensetzung dieses Gesteines ist die fol- 
gende: 


Procent 
Kieselsäure .. . . .....i2.. Wear 
Thonerde .. ..zScHen. Tele Ania 
Eisenoxyd.‘ . ,. „WW BA 
Kalk. „..03 ya. a ee ee 
Magnesiai.r „u. 3,9, Riese 
Kali, ,. .... 0... 70400020 
Natron: ersten ya 
Gluhverlust =. 279,9, 7), Be 

102-60 


') Michel-Levy Etude petrographique des Albitporphyres du Bassin de 
Laval. Comptes rendus hebd. des seances de P’academie des sciences. Paris 1896. 
Seance du 3. Fevrier 1896, pag. 264. 


i 
| 
$ 
$ 


| 
} 


[5] Ueber Gesteine von PoZoritta und Holbak. 563 


Daraus berechnet Michel-Levy den Gehalt an einzelnen 
Mineralien wie folgt: 


Procent 


ee ER 
Ge Bene.’ ,0 , 1089 10 
rn u 27 
la ne Das Banner Ren nen 2 DE a 
nn Hy Eee EEE; 

an, 


Dieses Gestein ist jedenfalls viel ärmer an Albit, als das von 
PoZoritta, enthält dagegen ziemlich viel Orthoklas und Chlorit. 

Ein anderes Gestein, das eine gewisse Aehnlichkeit mit dem 
von PoZoritta hat, das höchstwahrscheinlich Albit führt, ist das nörd- 
lich von Berkeley in der Nähe der Stadt San Pablo in Californien 
vorkommende, das Charles Palache!) beschrieben hat. Es finden 
sich da verschiedene structurelle Ausbildungen, als eine sphärolitische 
und glasige, während auch eine porphyritische beschrieben wird. Diese 
Ausbildung enthält neben Quarz und Orthoklas einen sauren Plagio- 
klas, der jedoch vom Autor nicht direet als Albit bezeichnet wird. 
Gerade diese Ausbildung ist nach der Analyse ziemlich reich an Kalk 
(3°440/,), während die anderen Ausbildungen bedeutend ärmer an 
Kalk sind (0°95 und 0'87°/,). 


Hier seien die Analysen des Vergleiches wegen angegeben: 


Natron-Rhyolith von Berkeley 
bei San Pablo 


I. 1. II. 
Porphyrisch  Sphärolitisch Glasig 
Br 0 en At 

Bioselsäure 120% 0,7 83:59 7546 6985 
Toonerde. . L..0.90,254,.042 13:18 13:34 
Eisenoxyd... 1...» 8pur 0.91 0:73 
Eisenoxydul . .", .""'8pur — — 
Kal ne a 0:95 0:87 
Masuesian Va 0 Ip 0:10 Spur 
ENTE ERTEILT! 3:09 2:68 
Natalie 688 5:58 
GRmverusp "7,9 0 RG 0:93 615 

99:91 9950 9920 


!) Charles Palache. The Soda Rhyolite North of Berkeley. University of 
California. Bulletin of the Department of Geology. Berkeley 1893, pag. 61. 


564 C. v. John. ; [6] 


- Das ursprüngliche Magma dieser Gesteine war also wohl ein 
stark natronhältiges, ohne jedoch so arm an Kali und Kalk zu werden, 
wie dies bei dem Gestein von Pooritta der Fall ist. 

Viel Aehnlichkeit hat das Gestein von PoZoritta auch mit den 
Keratophyren und Quarzkeratophyren, zu denen man es 
auch rechnen könnte, da sich unter diesen Gesteine finden, die sehr 
nahe verwandt mit denselben sind. Mir scheint jedoch der Name 
Keratophyr nicht sicher genug definirt, während der Name Michel- 
Levy’s „Albitporphyr“ deutlich ausspricht, dass in einer Grund- 
masse Albite porphyrisch ausgeschieden sind. Freilich ist da wohl 
der Name „Albitporphyrit“ vorzuziehen, da derselbe schon im 
Namen ausdrückt, dass das Gestein in die Gruppe der Plagioklas- 
gesteine gehört. 


Zum Vergleiche gebe ich einige Keratophyr- und Quarzkerato- 
phyranalysen: 


Keratophyr Quarzkeratophyr Quarzkeratophyr 


von Rosenbühl von Brittas Bridge von Mont Elisabeth, 
bei Hof (Loretz) Irland (Hatch) Australien '(Howitt) 
Porec Her ne 
Kieselsäure. . .. 63:58 17729 TT7O 
T'honerde: „ui: \.21313:60 14:62 12:30 _ 
Insenoxyd "er OB Spur 0:60 
Eisenoxydull . . 447 0:20 
Kalk ach sun, Da Spur 020 
Masnesiar 70202-292798 0:38 0.70 
Kalia 2 a 2 2052 0-16 0.20 
Natron »....r.:292 60.29 7:60 7:00 
Glühverlust *.... 2:98 0:57 0-50 
99:45 10062 99-40 


Aus diesen Analysen ist ersichtlich, dass sich unter den Kerato- 
phyren und Quarzkeratophyren Gesteine finden, die ebenso arın, ja 
sogar noch ärmer an Kalk und Kali sind, als das Gestein von Po%2o- 
ritta, so dass die Analogie, resp. die Zugehörigkeit des Gesteines von 
Pozoritta zu den Keratophyren eine weitere Stütze erlangt. 

Endlich wären noch die Gesteine aus der Krym, die Al. Lagorio 
als Meso-Liparite beschrieb, hier zu erwähnen, der aus diesen 
Gesteinen die Feldspäthe als orthotom annahm, obschon die chemische 
Analyse in diesen Gesteinen («O0 — 0:73, 0:60 und 041%, K,O 
— 081, 1:52 und 1'130), und Na,0 — 4:66, 5:01 und 6'280), ergab, 
und zwar aus dem Grunde, weil dieselben nicht polysynthetisch ver- 
zwillingt waren. H. Rosenbusch hat in seiner Mikroskopischen 
Physiographie der massigen Gesteine, III. Auflage, Stuttgart 1896, 
pag. 712, diese Annahme als unrichtig angenommen und diese Gesteine 


RE 1 DE 


fe 
m 
1 
; 


[7] Ueber Gesteine von PoZoritta und Holbak. 565 


zu den Quarzkeratophyren gestellt. Es scheint hier also ein ähnlicher 
Fall vorzuliegen, wie in dem Gestein von PoZoritta, wo auch nicht 
polysynthetisch gebaute Feldspäthe vorhanden sind, die doch ent- 
schieden triklin sind. 

Das Gestein von Pozoritta stellt also einen im Ganzen seltenen 
Typus eines Albitgesteines vor, das sich seiner Ausbildung nach an 
manche der schon beschriebenen Quarzkeratophyre anreiht. Es ist 
durch seinen hohen Natrongehalt gegenüber dem minimalen Kalk- und 
Kaligehalt charakterisirt und dürfte wohl am besten mit dem Namen 
„Albitporphyrit“ bezeichnet werden. 


II, Sanidinit von Holbak in Siebenbürgen. 


Herr Prof. Dr. V. Uhlig theilt mir über das Vorkommen dieses 
Gesteines Folgendes mit: 


„Ueber das Vorkommen des Sanidinit in Holbak habe ich nur 
wenig mitzutheilen. Das Gestein tritt nordöstlich von der Kirche 
von Holbak, an dem Wege, der von der Wasserscheide Wolkendorf 
—Holbak zum Zeidner Berge führt, aus den Grestener Schichten 
hervor. Es ist wohl kaum daran zu zweifeln, dass es diese Schichten 
durchbricht, obwohl der vorhandene, sehr spärliche Aufschluss das 
nicht unmittelbar erkennen lässt. Die Partie, an der der Sanidinit 
auftritt, umfasst, wie es scheint, nur einige Quadratmeter. Das 
betreffende Gebiet scheint ziemlich reich an Eruptivgesteinen zu 
sein; man kann am Wege von Wolkendorf nach Holbak dunkle, 
biotitreiche, sehr stark zersetzte Eruptivbildungen beobachten, die 
wie Basalttuff aussehen. Unweit davon kommt im Kropfbach, süd- 
westlich von Wolkendorf, nach Meschendörfer und F.v Hauer!) 
olivinreicher Basalt vor. Ferner wurde unweit westlich von Holbak, 
schon im Bereiche der krystallinischen Schiefer von Hauer und 
Stache (l. c. pag. 266) „rother Porphyr* aufgefunden. Die geo- 
logische Uebersichtskarte von Ungarn (1896) verzeichnet in derselben 
Gegend mehrere Durchbrüche von Porphyr, die dagegen auf der 
geologischen Uebersichtskarte des Internationalen Geologen-Üongresses 
als Trachyte erscheinen. Ob diese Trachyte zu dem Sanidinit von 
Holbak in näherer Beziehung stehen, ist mir unbekannt; ich hatte 
leider keine Gelegenheit, das Gebiet westlich von Holbak, in dem 
jene Trachyte die krystallinischen Schiefer durchbrechen, zu be- 
suchen.* 

Das Gestein ist schon stark zersetzt und zeigt in einer grauen 
dichten Grundmasse verhältnismässig frische Feldspäthe ausgeschieden. 
Im Dünnschliffe treten vor allem deutlich die Sanidine hervor. Die- 
selben sind vollkommen frisch und ‚stellen immer einfache Krystalle 
oder Karlsbader Zwillinge dar. Dieselben sind vollkommen klar und 
zeigen fast keine Einschlüsse. Soweit eine optische Untersuchung 
im Dünnschliffe möglich war, zeigen dieselben vollkommen das Ver- 


!) Hauer und Stache. Geologie Siebenbürgens. Wien 1863, pag. 272. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (C. v. John.) 72 


566 ©. v. John. [8] 


halten gewöhnlicher Sanidine. Wie die später anzuführende Analyse 
zeigt, so müssen dieselben stark natronhältig sein, wie dies ja von 
Sanidinen schon oft in der Literatur, und zwar besonders in Sanidiniten 
angeführt wird. Dieselben würden also in die Reihe der monosyme- 
trischen Kali-Natronfeldspathe zu stellen sein. 

Die Grundmasse, welche an Menge gegenüber den eingesprengten 
Sanidinen überwiegt, ist leider so stark zersetzt, dass eine genaue 
Untersuchung nicht mehr möglich war. Dieselbe enthält zahlreiche 
kleine Leistehen von Feldspath, die sich entweder als einfache Kry- 
stalle oder höchstens als Zwillinge erkennen lassen. Dieselben dürften 
wohl ebenfalls grösstentheils Sanidine mit grösserem Natrongehalt sein, 
obschon das Vorkommen von Plagioklasen in geringer Menge natür- 
lich immerhin möglich ist. Ausser diesen Feldspathen ist in der 
Grundmasse noch Quarz nachweisbar, und zwar in einzelnen unregel- 
mässig geformten Partien, gewissermassen die Füllmasse bildend 
zwischen den anderen Theilen der Grundmasse. Ferner ist in zahl- 
reichen kleinen Stückchen und Lappen ein augitisches Mineral vor- 
handen, das seinem Aussehen und Verhalten nach als Aegirin anzu- 
sehen ist. Ausser diesen mineralogisch bestimmbaren Mineralien ent- 
hält die Grundmasse noch eine schwach polarisirende, nicht näher zu 
untersuchende Masse, die vielleicht eine zersetzte kryptokrystalline 


eigentliche Grundmasse darstellt. Es lag auch nach der Analogie mit 


anderen sanidinführenden Gesteinen nahe, dass das Gestein Nephelin 
oder Sodalith führen könnte, und dass die letzterwähnten Partien 
eines dieser Minerale enthalten könnten. Es ist dies jedoch nicht der 
Fall, wie die später anzuführende chemische Untersuchung zeigt. In 
der Grundmasse gleichmässig vertheilt findet sich auch in einzelnen 
Körnern Magnetit, 


Eine chemische Analyse des Gesteines ergab folgende Resultate: 


P. Tr 07 e Tem 


Kieselsäure, 04 8... 0 0 a 
Thonerdei! . ul „mr Beige ee 
WISENORYA u... See ee 
Hisenoxydul sin. +2. unchbse weise 
Kalk: PR RR ER RE 
Magnesia . 22... .. u 2 ee ee 
Kali non sun sr Mas 
IN EL) ee un 
Glühverlust:n.! ss ll. ik ar aueh Tree 

10038 


| In dieser Analyse ist der geringe Gehalt an Kalk auffällig, der 
dafür spricht, dass gar kein oder nur sehr geringe Mengen von Kalk- 
ri . u. » NY . + em 
Natronfeldspäthen in dem Gestein vorhanden sein können. 


e> 


[9] Ueber Gesteine von PoZoritta und Holbak. 567 


Der hohe Natrongehalt ist schon besprochen worden und ist 
derselbe wohl nur so zu deuten, dass die vorhandenen Sanidine stark 
natronhältig sind. 

Da der Gedanke nahe lag, dass in der Grundmasse krypto- 
kıystalliner Nephelin oder ein anderes durch Salzsäure zersetzbares 
Natronsilicat vorhanden sein könnte, so wurde das Pulver des Ge- 
steines mit Salzsäure ausgekocht und der Rückstand mit einer Lösung 
von kohlensaurem Natron behandelt, um die Menge der löslichen 
Kieselsäure zu bestimmen, und dann sowohl die Salzsäurelösung als 
zur Controle der Analyse auch der in Salzsäure unlösliche Rückstand 
chemisch untersucht. 


Hiebei wurden folgende Resultate gefunden: 


Procent 


Kieselsaure:: .. Mn 2N083 | 
ik Re Re 16) | 
er Te HU EE ARENA 010 | 
RE RER BETEN EN LE N 656°, in Salzsäure löslich. 
De an un. 0°80 | 
ee un; el 
ee na 2 05 
Kieselsäure durch kohlen- 
saures Natron auszieh- 4-499/, lösliche Kieselsäure. 
DE A WAR > EEE | 
Kaselsäure 227256090 
Bhonerde 1... 1.29.23, 1208 
Bilenoxydr. tu 293 | 
86:79%/, in Salzsäure unlöslicher 
Eee aa 2 E 
. 2 ' kückstand. 
ronessa: see 0D6 | 
BERN ET | 
on u er Ar 
Glühverlust . . . .....2:10 } 210°, Glühverlust. 


99-94 99:94 


Daraus berechnet sich die Gesammtzusammensetzung des Ge- 
steines, die mit der Bauschanalyse des Gesteines gut übereinstimmt, 
folgendermassen: 


568 C. v. John. [10] F 
| Par otetent t ’ 

Kieselsäure .. ...00 Me | 
Ihonerde ..'; 1 »ech- ‚Ati. Sa See 

Kisenoxyd Mr 

Kalk, co urce un nike a. ai re ehe ae Er EHE 


Magnesia’ . ir an, ee 
Kali...” Fer SE ER ET SE 
Natton a ae a 
Glühverlusti, 1,3. 2.01, a0 were a u 
99:94 


Aus diesen Untersuchungen ist ersichtlich, dass das Gestein - 
keinen oder nur sehr wenig Nephelin enthält, da die Menge des 
durch Salzsäure in Lösung gegangenen Natrons nur 0530), beträgt. 


x 
j 


Bericht über die Resultate 
der stratigraphischen Arbeiten in der 
westböhmischen Kreideformation. 


Von C. Zahälka. 


In meinem Artikel „Die stratigraphische Bedeutung der 
Bischitzer Uebergangsschichten in Böhmen“ !) habe ich auf das 
Resultat meiner stratigraphischen Studien in der Kreideformation 
der Umgebungen von Raudnitz, Melnik und Daubaer Gebirge hin- 
gewiesen. Ich habe damals auch meine zehn Zonen, in die ich unsere 
Kreideformation getheilt habe, provisorisch mit den Fri@schen 
Horizonten im Egerthale (bei Laun und Malnitz) verglichen ?). Dabei 
habe ich bemerkt, dass ich noch detaillirte Arbeiten im Egergebiete 
unternehmen werde, und dass ich mir vorbehalte, das Verhältnis 
zwischen unseren Zonen bei Raudnitz und bei Laun nach Beendigung 
meiner Studien im Egergebiete entweder zu bestätigen oder zu be- 
richtigen. Da ich nun meine Studien im Egergebiete vollendet habe, 
will ich auf die wichtigsten Resultate kurz aufmerksam machen. 
Ausführliche Beschreibungen über die stratigraphischen Verhältnisse 
unserer Kreide-Zonen mit vielen detaillirten Profilen veröffentlichte 
ich in den Jahren 1897 bis 1899 im den Sitzungsberichten der kön. 
böhm. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Sie bilden nach- 
stehende Abhandlungen: 


Päsmo I. — Perucke. (Die Zone I. — Perutzer Schichten.) 

Päsmo II. — Korycanske. (Die Zone Il. — Korytzaner Schichten.) 

Päsmo III. — Be£lohorske. (Die Zone Ill. — Weissenberger 
Schichten.) 

Päsmo IV. — Dfinovske. (Die Zone IV. — Drinover Schichten.) 

Päsmo V. — Roudnicke. (Die Zone V. — Raudnitzer Schichten.) 

Päsmo VI. — Vehlovick6 a päsmo VII. (Die Zone VI — 


Wehlowitzer Schichten und die Zone VII.) 
Päsmo VIII. (Die Zone VII.) 


Päsmo IX. — Biezenske. (Die Zone IX. — Priesener Schichten.) 
Päsmo X. — Teplicke. (Die Zone X. — Teplitzer Schichten.) 


!) Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A., Wien 1895, 45. Ban Hfe, 8. 3. 
\ ?) Ebenda 8. 9. 


Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (C. Zahälka.) 


1 RN; 


570 Ö. Zahälka. 2] 


Wie schon bekannt, entsprechen die zehn Zonen bei Raudnitz 
als Aequivalent nachstehenden Fri@schen Horizonten der Kreide- 
sebilde bei Kralup, Melnik und Kokorin von oben nach unten: 


Zahälka Fric 
x Teplitzer Schichten 
| E 
| Bryozoenschichten 
IX Trigoniaschichten | 
Zweiter Kokofiner (Quader | 
Zwischenpläner N Iserschichten 
Erster Kokofiner Quader | 


Die unteren Schichten der Zone VIII zählte Fri unrichtig: 

i in Wehlowitz zu den Launer Knollen und Avellanenschichte, 

VI bei Melnik sammt der Zone VII zu den Bischitzer Schichten 

(Hledsebi, Zimor), in Bechlin bei Raudnitz zum Wehlowitzer 

| Pläner; die ganze Zone VIII bei Lipkowitz (unweit Raudnitz) 

zum Wehlowitzer Pläner, am Sowitzberge bei Raudnitz zu den 
Bischitzer Schichten etc. 


Unrichtig: Malnitzer Grünsand (in Wehlowitz), denn der Mal- 
VI nitzer Grünsand entspricht den höchsten Schichten der Zone IV 
(der Dfinower Knollen) 


VI Wehlowitzer Pläner 


Diese Zone V wurde von Fri& ent- 


weder ü j 'ineer ZTIEPEHE 2 
e übersehen, oder nur ein geringei Unrichtig: Weissen- 
V Theil derselben an verschiedenen Orten f 
zu verschiedenen von Seinen Horizonten berger Schichten, da | 
gezählt Weissenberger | 


N Schichten bei Prag 
nur dem Semitzer 


Drinower Knollen. (Die Bischitzer Mergel (also der Zone 


IV Uebergangsschichten bei Bischitz sind 1f® i 
der höchste Theil der Zone IV) III) äquivalent sind 
I Semitzer Mergel. 
(Bei WSetat und Pfivor) 


II Korytzaner Schichten 


I Perutzer Schichten. 


B 
{ 
{ 


[3] Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten ete. 571 


Alle zehn Zonen habe ich auch von Raudnitz durch das Eger- 
sebiet über Libochowitz, Perutz, Laun, Malnitz bis in die Umgebung 
von Postelberg (Priesen, Leneschitz) Schritt für Schritt verfolgt, 
besonders zu den charakteristischen Fundorten, nach denen Krejt@i 
und Fric ihre Schichten der Kreideformation benannten, z. B. nach 
Perutz (von da auch über Zlonitz und Schlan auf den Weissen Berg 
bei Prag), Malnitz, Laun und Priesen. 

Das Verfolgen der Zonen von Raudnitz durch das Egergebiet 
nach Postelberg ist zwar durch viele und mächtige Dislocationen 
besonders in der Nähe und im Bezirke des böhmischen Mittelgebirges 
erschwert, und dieser Umstand war auch Ursache, warum viele 
Irrungen in der Stratigraphie der hiesigen Kreideformation gemacht 
worden sind. Wem aber die stratigraphischen Verhältnisse der schön 
zugänglichen Kreideformation in der Umgebung des naheliegenden 
Elbethals bekannt sind, dem ist das Studium im Egerthale erleichtert, 
umsomehr, da die Faciesveränderung in der Richtung von Raudnitz 
nach Laun und Postelberg nur eine geringe ist. (Sehr grosse Facies- 
veränderungen, wie bekannt, befinden sich in der entgegengesetzten 
Richtung, das heisst von Raudnitz in das Daubaer Gebirge.) Es ist 
also zu bedauern, dass die ersten Forscher in unserer Kreideformation 
das Egergebiet als einen Ausgangspunkt und als ein Muster für ihre 
stratigraphischen Studien gewählt haben 

Das Liegende unserer Kreideformation im Egergebiete, also 
der Zone I], ist immer die Permformation. 


Die lacustre, älteste Cenoman-Zone | behält von Raudnitz 
durch das ganze Egergebiet dieselben petrographischen und palae- 
ontologischen Eigenschaften wie bei Raudnitz. Sie besteht überall 
aus denselben vier Horizonten. Ihre Zusammensetzung ist folgende: 


Zone I: 
d — Feiner Quadersandstein (ohne Glaukonit). 
ce — Schieferthon (stellenweise mit Kohle). 
b — Grober oder mittelkörniger Quadersandstein. 
a — Gonglomerat oder grobkörniger Sandstein. 


In Perutz geht sie in die Perutzer Schichten über. Es ist also 
die Zone I — den Perutzer Schichten. 


Die marine Cenoman-Zone Il besteht in Prestavik bei Raudnitz 
nur aus plattenförmigem, feinkörnigem, glaukonitischem Thonsandstein. 
Diese petrographische Eigenschaft der Zone II ändert sich im Eger- 
thale. Schon bei Budin entwickelt sich in der unteren Abtheilung 
ein feinkörniger Quadersandstein, in der oberen Abtheilung platten- 
förmiger, feinkörniger Thonsandstein mit Brauneisenstein. Je west- 
licher, desto glaukonit- und petrefactenärmer ist die Zone II. Die 
Schichtenfolge von Budin über Perutz bis nach Lipenetz bei Postelberg 
ist in der Natur folgende (von oben nach unten): 


519 ©, Zahälka, (4 


Zone II: 
Plattenförmiger, feinkörniger Thonsandstein mit Braun- 
eisenstein, 


Feinkörniger Quadersandstein. 


Dass diese Zone II den Korytzaner Schichten bei Kralup 
äquivalent ist, wurde schon an einem anderen Orte bewiesen. 


Die Zone Ill, die älteste Zone des böhmischen Turons, mit dem 
charakteristischen /noceramus labiatus, besteht bei Raudnitz aus festen 
Mergeln. In höheren Schichten sind sie sandiger, also sandige Mergel, 
welche nur selten kugelige Formen von Kalkstein enthalten. In der 
untersten Lage ist eine charakteristische Thonschichte. Diese Zone 
III geht in der Richtung über Melnik nach VSetat und Privor in 
Fri@ Semitzer Mergel über. Darum nannten wir die Zone III in 
unseren früheren Studien auch Semitzer Schichten. Als wir aher 
diese Zone im Egergebiete von Raudnitz nach Perutz verfoleten und 
von Perutz über Zlonitz und Schlan auf den Weissen Berg bei Prag 
— in welcher Gegend (Perutz— Prag) nur drei Zonen I, II und HI 
sich befinden — so sind wir zu der Ueberzeugung gekommen, dass 
die Zone III gleich ist dem Weissenberger Pläner bei Prag, also 
den typischen Weissenberger Schichten. Auf dem ganzen Terrain 
von Perutz bis nach Prag ist die Zone III mit keiner jüngeren Zone 
bedeckt, also auch mit keiner Zone IV (Drfinover Knollen), V (Raud- 
nitzer Zone) und VI (Wehlowitzer Pläner). Da also die Zone III auf 
einer Seite den Semitzer Mergeln, auf der anderen Seite dem 
Weissenberger Pläner auf dem Weissenberge entspricht, so ist der 
Semitzer Mergel in unserem Moldau- und Elbethale — der Zone III 

Weissenberger Pläner bei Prag. Daraus geht hervor, dass nur 
der Semitzer Mergel den Weissenberger Schichten äquivalent ist, 
und dass also die höheren Schichten: «) Dfinower Knollen (Zone IV) 
b) Raudnitzer Zone (Zone V) und c) Wehlowitzer Pläner (Zone V]), 
jünger sind als die Weissenberger Schichten am Weissenberge bei 
Prag. Da Fric glaubte, dass der Weissenberger Pläner bei Prag 
nicht nur den Semitzer Mergeln, sondern auch den Difnmower Knollen 
und dem Wehlowitzer Pläner entspricht, und nach dieser Hypothese 
alle diese Schichten zusammen Weissenberger Schichten nannte, so ist 
klar, dass diese Benennung für diese Schichten nicht passend ist. 

Von Raudnitz nach dem Egergebiete bis nach Perutz ist die 
Zone Ill fortwährend gleich. Aus der Umgebung von Perutz gegen 
Westen erlangen ihre Mergel immer mehr und mehr Kieselspongien- 
nadeln (oft aus Glaukonit) und verlieren in demselben Masse Kalk- 
spath, bis sie in der Umgebung von Laun, Lipenetz und Weberschan 
in ein sandsteinartiges, leichtes” und poröses Gestein übergehen, das 
ich Spongiensandstein nenne. 

Die unterste thonige Schicht der Zone III setzt von Raudnitz 
durch das ganze Egergebiet fort und wird auch glaukonitischer. 


[5] ‚Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten ete. 573 
Die Zone IV nannte Fri& im Elbethale bei Raudnitz und im 
nahen Moldauthale Drinower Knollen. Sie bestehen aus sandigen 
Mergeln und Sandkalksteinen. Letztere verwittern an der Erdober- 
fläche in kugelige Formen. Die höchste Lage der Zone IV ist sehr 
slaukonitisch, so dass wir schon in unseren stratigraphischen Studien 
in der Umgebung von Raudnitz darauf aufmerksam gemacht haben, 
dass sie dem Grünsandstein von Malnitz bei Laun petrographisch 
ähnlich ist. Dass diese höchsten glaukonitischen Schichten wirklich 
äquivalent sind dem Malnitzer Grünsande, daran haben wir damals 
nicht gedacht (obwohl sie dieselben palaeontologischen Verhältnisse 
haben), und zwar aus dem Grunde, weil Fri@ weit jüngere Schichten 
in Wehlowitz (Zone VII) als Malnitzer Grünsand beurtheilte. Nun 
fanden wir Nachstehendes: Die Zone IV (Diinower Knollen) behält 
ihre petrographischen Eigenschaften von Raudnitz nach dem Egerthale 
bis nach Slawetin. Von Slawetin aus fangen alle Schichten der 
Zone IV an, sandiger zu werden, es bildet sich von hier angefangen 
eine Sandsteinfacies der Zone IV. Die höhere Abtheilung der Zone IV, 
die schon bei Raudnitz sehr glaukonitisch war, wird von Slawetin 
ab über Laun bis nach Malnitz und Lipentz noch glaukonitischer, so 
dass hier ein sehr glaukonitischer fester Sandstein sich entwickelt, 
den Reuss Grünsandstein von Malnitz nannte. Es ist also der 
Malnitzer Gründsandstein (bei Reuss, Krej@ft, Fri@ und A.) ein 
Aequivalent der oberen Abtheilung der Zone IV, das heisst der 
Drinower Knollen aus der Umgebung von Raudnitz und Melnik. 


Fri& hat seine Malnitzer Schichten von oben nach unten in 
drei Abtheilungen getheilt: 


3. Malnitzer Avellanenschichte. 
2. Launer Knollen. 
1. Malnitzer Grünsandstein. 


Als wir beim Verfolgen der Zone IV und V durch das Eger- 
gebiet bis auf die Fundorte in der Umgebung von Laun gekommen 
waren, wo Friö seine Launer Knollen angibt, sahen wir, dass diese 
Launer Knollen eigentlich zu verschiedenen Horizonten der Zone IV 
und V gehören. Manche liegen unter dem Malnitzer Grünsandstein, 
manche im Malnitzer Grünsandstein, andere wieder über dem Mal- 
nitzer Grünsandstein. Solche Fri@ Launer Knollen, die unter und 
im Malnitzer Grünsandsteine liegen, gehören also zu der Zone IV, 
das heisst zu den Fri&ö Diimower Knollen. Die anderen Launer 
Knollen, die aber über dem Malnitzer Grünsandsteine liegen, bildeten 
die unterste Schichte unserer mächtigen Zone V im Egergebiete, 
welche unterste Schichte schon Fri& als die Avellanenschichte ab- 
gesondert hat. Es stellen also die Fri@ Launer Knollen bei Laun 
keinen selbständigen Horizont der böhmischen Kreideformation vor, 
sondern sie gehören entweder zur Zone IV (Dfinower Knollen) oder 
zu der Avellanenschichte (d. h. zu der untersten Schichte der Zone \V). 

Was den Reuss’schen Exogyrensandstein von Malnitz anbe- 
langt, habe ich gefunden, dass die Reuss’sche Angabe, der Exogyren- 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 3. Heft. (C. Zahälka.) 73 


974 6. Zahälka. [6] 


sandstein liege unter dem Grünsandsteine, ganz richtig ist und nicht 
die Angabe von Krej&f und Fric, welche behaupten, der Exogyren- 
sandstein liegt über dem Grünsandsteine. Auch die Angabe Reuss’ 
ist richtig, dass man den Exogyrensandstein für die untere Abthei- 
lung des Grünsandsteines halten kann. Die Ansicht Krejtf’s, dass 
der Exogyrensandstein bei Malnitz zu seinen Iserschichten gehört, 
fällt aus zwei Gründen. Erstens liegt der Exogyrensandstein unter 
dem Malnitzer Grünsandsteine (also nicht über ihm, wie Krej6f 
glaubte), zweitens entsprechen die Iserschichten viel jüngeren Schichten, 
und zwar den Zonen VIII und IX. 


Von den früher angedeuteten Malnitzer Schichten Fri@s gehören 
also von oben nach unten: 


3. Die Malnitzer Avellanenschichte zu der untersten Schichte 
unserer Zone V, und zwar zu der untersten Schichte des Horizontes Va. 


2..Die Launer Knollen sind kein selbständiger Horizont. 


1. Der Malnitzer Grünsandstein gehört zu den oberen Schichten 
der Zone IV, d. h. zu den Drinower Knollen, gerade so wie die 
Bischitzer Schichten bei Bischitz. 


In der Umgebung von Malnitz und Lipentz kann man in der 
Zone IV folgende Horizonte von oben nach unten unterscheiden: 


Zone IV: 


Grünsandstein. 
Obere ? Exogyrensandstein mit der Exogyrenbank. 
Magasschichte. 


Untere { Callianassensandstein )). 


Die Zone V besteht in der Umgebung von Raudnitz aus weichen 
Mergeln. So lange sie als mergelige Facies entwickelt ist (gegen 
Melnik, also nach Osten wird sie sandig), enthält sie oft Ostrea 
semiplana, Pleurostoma bohemicum und Pecten pulchellus. Von Raudnitz 
durch das Egerthal bleibt diese Zone grösstentheils in derselben 
mergeligen Facies wie bei Raudnitz. Darum behält sie auch hier 
oft Ostrea semiplana und Pleurostoma bohemicum, auch hier findet 
man (aber selten) Pecten pulchellus. Zu dieser Leitfossiliengruppe 
gesellt sich aber auch die Terebratulina gracilis, die ich in der 
Umgebung von Raudnitz in der mergeligen Facies der Zone V noch 
nie gefunden habe. | 

Die untersten Schichten der Zone V (Horizont Va in einer 
Mächtigkeit von circa 2 m) ändern sich aus der Umgebung von 
Raudnitz durch das Egergebiet bis nach Malnitz. Bei Welt&sch (in 
der Podhraser Mühle) fangen sich in dortigen Mergeln feste Kalk- 


') Nicht äquivalent dem Callianassensandsteine in Ostböhmen. 


\ 
1 


Pag 


[7] Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten ete, 975 


bänke zu bilden an; weiter nach Laun wird der Horizont Va sandiger, 
bis-er sich in Malnitz in mergelige Sandsteine verändert, der aber 
stets die erwähnten Kalkbänke enthält. Nur die unterste Kalkbank 
dieses Horizontes Va hat Fri bei Malnitz beobachtet und hat sie 
als Malnitzer Avellanschichte benannt. 

Die Bestimmung unserer Zone V im Egergebiete, die mehr 
als 20 m mächtig ist, hat den Geologen bei den dortigen Dislocationen 
Schwierigkeiten verursacht. Ihre stratigraphische Lage wurde nicht 
erforscht und sie wurde von verschiedenen Geologen zu verschiedenen 
Stufen gerechnet, besonders aber zu den Teplitzer Schichten. Ihre 
echte Lage ist, wie schon aus unsereren Studien in der Umgebung 
von Rip bekaunt ist, zwischen der Zone IV (Drinower Schichten) 
und zwischen der Zone VI (Wehlowitzer Schichten). Die Zone V 
ist also viel älter als die Teplitzer Schichten. 

Es sei hier als ein Beispiel übersichtlich angeführt, wie die 
Zone V in der Umgebung von Laun bestimmt worden ist. Zur 
leichteren Darstellung sei die Benennung der verschiedenen Stufen 
bei einzelnen Geologen durch unsere Zonenzahlen ersetzt: 


| ! ls 
3 2 S | 2 | 
ie) Ne K  |e& freiäi | En 
= |27%)3%| -Gümbel 1868 | 3% Breıl a 
= |e- Fi Zr 1870 1879 1889 
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BIS 3130| 8 Buell J Sa J | 8 
RR: 46) a Eee, g = = 
- Sn Seh! [eb] 
1 OR 1 er re = > je 5 a a = ee 
= = am zum > Q fa] o > - ed 
(=) > A - 
> | 
| 
I. IX | x X X X 
N ee. X x LT, Ivy x | y@ Va X Va x 
IV /IVe!) IVe | IVe 
| 
| 
| 


Die Zone VI (Wehlowitzer Pläner) und die Zone VII, welche 
sich im Elbethalgebiete zwischen Raudnitz und Melnik so scharf 
voneinander als auch von der Zone V aberenzen liessen, kann man 
im Egergebiete weder voneinander, noch auch von der Zone V ab- 
sondern. Schon in der Umgebung von Raudnitz haben wir bemerkt, 
dass die Zonen VI und VII nach Westen (also gegen das Egergebiet) 
mehr und mehr an Thon zunehmen und an Sandkörnern nach und 
nach abnehmen, bis sie sich im Egergebiete in weiche Mergel ver- 
ändern, wie sie in der Zone V herrschen. Im Egergebiete bilden 
also die Zonen VI und VII mit der Zone V ein Ganzes. 


') e = Exogyrensandstein, F — Gründsandstein. 
73* 


576 C. Zahälka. [8] 


Die Zone VII ist im Centrum des Daubaer Gebirges, z. B. bei 
Tupadl fast gänzlich aus Quadersandstein zusammengesetzt. Wenn 
wir uns aber von Tupadl der Umgebung von Melnik und Wegstädtl 
nähern, da sehen wir, dass die untere Abtheilung der Zone VIII 
mergeliger wird, sie verändert sich in mergelige Sandsteine mit 
Sandkalkbänken, während die obere Abtheilung der Zone VIII — 
von Fri erster Kokoriner Quader genannt — noch seine Quader- 
sandsteinzusammensetzung behält. Wenn wir jetzt von Wegstädtl die 
sanze Zone VIII im Elbethale nach Raudnitz verfolgen, finden wir, 
dass sich die ganze Zone, also ihre untere und obere Abtheilung, in 
einen Schichtencomplex umbildet, der aus Sandmergeln mit Kalk- 
sandsteinbänken zusammengesetzt ist. 


In derselben Facies, in welcher man die Zone VIII bei Raudnitz 
findet, in derselben Facies finden wir sie im Egerthale von Budin 
bis nach Libochowitz. Hier, bei Libochowitz, wurde sie von Krej6i 
und Friö als Weissenberger Pläner bestimmt. 


Bei der Leneschitzer Ziegelhütte finden wir zum letztenmale 
die Zone VIII. Sie hat in ihren Sandmergeln gröbere Quarz- 
körner, zahlreiche Glaukonitkörner und eine ungeheure Menge von 
Spongien. Auch die höheren Mergelkalke dieser Zone sind reich an 
Spongien. 

Diese Zone VIII wurde im Egergebiete auf verschiedene Weise 
gedeutet. Von Rominger als Unterer Pläner, von Gümbel als 
Malnitzer Schichten, von Krej@fi auch als Malnitzer Schichten, von 
Fri als Untere Teplitzer Schichten. Wenn wir diese Stufenbenennung 
durch unsere Zonenziffern ersetzen, so bekommen wir folgende Ueber- 
sicht der Bestimmung der Zone VIII bei Leneschitz: 


| Zahälka | Rominger | Gümbel '  Krejei | Frie | Pocta 
1898 | 1847 1868 | 1870 | 1889 | 1883 — 1885 
ze vor ö | | 
| X 
| VII 0.8 IV IV x 
| | IV 
| 


Die Zone IX, die sich in der Umgebung von Rip nur aus 
mergeligen Thonen zusammensetzt, verändert sich gegen die Sudeten, 
wie aus unseren Arbeiten bekannt, in eine ganz andere Facies. In 
der Umgebung von Kokorin kann man sie in vier Horizonte theilen: 
IXa, IXDb, IXc, IXd. Diese Horizonte nannte Frit von oben 
nach unten: 


Zone IX: 
d = Bryozoenschichten. 
c — Trigoniaschichten. | Iserschichten 
— Zweiter Kokoriner Quader. | (höhere Abtheilung). 
« — Hledseber Zwischenpläner. 


[9] Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten ete. 977 


Wenn wir uns dagegen von Raudnitz ins Egergebiet wenden, 
so finden wir, dass hier die Zone IX petrographisch fast unverändert 
bleibt. Fast überall finden wir sie aus mergeligen Thonen zusammen- 
gesetzt wie bei Raudnitz. Diese mergelthonige Facies im Egergebiete 
ist es, welche Reuss Plänermergel, Krejt{ und Fri Priesener 
Schichten nannten. Daraus geht also hervor, dass der grösste Theil 
der Iserschichten, von den Hledseber- bis zu den Bryozoenschichten, 
welche auch zwischen den Zonen VIII und X liegen, äquivalent sind 
den Priesener Schichten im Egergebiete. Uebersichtlich: 


Bryozoenschichten . . ..... =.d 
Prironlaschiehten . .:u.ar = € 
Zweiter Kokoriner Quader . — 5 | 
Hledseber Zwischenpläner . — a 


- Priesener 
Schichten. 


Höhere 
Abtheilung 
der Iser- 
schichten 
Zone IX 


Die Zone X, die jüngste Zone des hiesigen Turons, welche 
identisch ist mit den Teplitzer Schichten bei Teplitz und Bilin, ist 
vorwiegend aus mergeligen Kalksteinen oder Kalkmergeln zusammen- 
gesetzt. Diese petrographische Zusammensetzung herrscht bis auf 
den Horizont X«a überall, sowohl in dem Daubaer Gebirge, als auch 
am Ripplateau und im Egergebiete. In der Umgebung von Rip haben 
wir diese Zone in vier Horizonte getheilt, und zwar von unten nach 
oben: Xa, Xb, Xec, Xd. 

Horizont Xa, der nur 1 m mächtig ist und bei Raudnitz aus 
glaukonitischen, kalkigen Mergeln besteht, verwandelt sich im Eger- 
gebiete in eine andere Facies. Er wird stellenweise weniger glau- 
konitisch, mehr thonig, verliert die charakteristischen (von Glaukonit) 
grün gefärbten Gastropoden und Spongien, zeichnet sich auch durch 
eine grosse Menge von Petrefacten (z. B. Koschtitzer Platten) aus 
und behält dieselbe Mächtigkeit von 1 m wie überall in Böhmen, 
wo er gefunden wurde (bei Fri& Glaukonitische Contactschichte). 
Dieser Horizont ist auch im Egerthale zur Orientirung sehr wichtig. 
Er bildet die Grenze zwischen der Liegenden Zone IX (Priesener 
Schichten) und den höher liegenden Schichten der Zone X. 

Die übrigen höheren Horizonte der Zone X, d.h. Xb,Xe, Xd, 
sind in derselben Facies entwickelt wie bei Rip. 

Es ist natürlich, dass überall, wo man die Zone IX mit der 
Zone X am kahlen Felsenabhang im Contact sieht, die Zone X (Tep- 
litzer Schichten) auf der Zone IX (d. h. auf den Priesener Schichten) 
aufruht. Es sind also die Teplitzer Schichten jünger als die 
Priesener Schichten! Dabei müssen wir aber bemerken, dass der 
klingende Inoceramenpläner (unser Horizont Xd) — den Krej6i 
und Fris in der Umgebung von Raudnitz und Melnik als Priesener 
Schichten erklärten — darum zu den Priesener Schichten (Zone IX) 
nicht gehört, weil die Priesener Schichten unter den Teplitzer 
Schichten (Zone. X) liegen, also unter dem Horizonte X«, während 
der Inoceramenpläner (X d) die höchste Lage der Zone X (Teplitzer 
Schichten) einnimmt. 


578 6. Zahälka. (10) 


Die genannten zehn Zonen entsprechen also nach unseren 
Arbeiten nachstehenden Krej&t- und Fric’schen Horizonten der 
Kreideformation im Egergebiete; 


vr a ’ 
Annas Krejöi’s und Fri® Horizonte 
Zonen 
X Teplitzer Schichten. 
IX Priesener Schichten. 


Bei Krej&i unrichtig: Malnitzer Schichten bei Leneschitz. 
VII ı Bei Fri& unrichtig: Teplitzer Schichten bei Leneschitz.. 


Bei Krejei und Fri& unrichtig: Weissenberger Schichten 
bei Libochowitz. 


a Unrichtig als Teplitzer Schichten oder Malnitzer Schichten. 
V Die unterste Schichte von Va = Malnitzer Avellanenschichte. 


Die obere Abtheilung der Zone IV: Malnitzer Grünsandstein. 


IV Die untere Abtheilung der Zone IV unrichtig: Weissenberger 
Schichten bei Malnitz. 


Krej&i: Weissenberger Schichten. 
Ill Fri: Semitzer Mergel, unrichtig: Dfinower und Wehlowitzer 
Schichten. 
II Korytzaner Schichten. 
I Perutzer Schichten. 


Dadurch berichtige ich meine frühere, nur provisorische Ver- 
gleichung der zehn Zonen bei Raudnitz mit den Zonen bei Laun 
und Malnitz, wie ich sie im Jahrbuche der k. k. geol. Reichsanstalt 
1895, Bd. 45, Heft 1, pag. 92 und 93 angedeutet habe. 


Bericht über die Resultate der stratigraphischen Arbeiten etec. 


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580 Ö. Zahälka, | } 1 9] = 


Es wird jetzt interessant sein, beide Resultate unserer Arbeiten 
in der westböhmischen Kreideformation tabellarisch zu vergleichen 
(siehe die vorstehende Tabelle), und zwar das Resultat, zu dem wir 
gekommen sind, als wir unsere zehn Zonen aus der Umgebung des 
Berges Rip (Georgsberg) nach Osten in das Daubaer Gebirge ver- 
folgten, mit dem Resultate, welches wir erzielten, als wir dieselben 
zehn Zonen aus der Umgebung von Rip nach Westen in das Eger- 
gebiet verfolgt haben. 


Verlag der k. k. geolog. Reichsanstalt, ‘Wien, III. Rasumoffskygasse 23. 


Gesellschafts-Buchdrackerei Brüder Hollinek, Wien, III., Erdbergstrasse 3. 


ji Karrer: Geologische Studien in den tertiären und jüngeren Bildungen des Wiener Beckens. 


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Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III. Rasumofiskygasse 23. 


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Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. 

Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III. Rasumoffskygasse 23. 


Sud. 


im XIX. Bezirke (Döbling). 


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12. 18. 


Nach den Originalaufnahmen gez. v. Robert Karrer. 


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Ausgegeben aug 15. Mai. 1900, 


JAHRBUCH 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 


JAHRGANG 1899. XLIX. BAND. 
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ü En Vommission ‚sei R, Lechner (with, Müller), X u, k. Hofbuchhandlung, *) 
FRR Graben 31. | 


Die geologische Umgebung von Graslitz 
im böhmischen Erzgebirge. 


Mit einer geologischen Karte in Farbendruck (Taf. Nr. XV) und 20 Zinkotypien 
im Text. 


Von Carl Gäbert. 


Geschichtlicher Verfolg der geologischen Erforschung 
der Graslitzer Gegend von Naumann bis Schröder 
1839 —1884. 


Von Carl Friedrich Naumann — und von ihm wohl zuerst — 
wurde die Gegend von Graslitz in Böhmen in den Bereich wissen- 
schaftlicher Forschung gezogen, und zwar bei Gelegenheit der karto- 
graphischen Darstellung des Eibenstocker Granitmassivs. Die von 
NW nach SO ziemlich geradlinig verlaufende, aus archäischen Schiefern 
gebildete Westgrenze desselben besitzt bei: Graslitz eine in das 
Granitmassiv ungefähr 7 km nach Ost hineinragende und, 
wie gezeigt werden soll, dem Granit aufgelagerte, 
zungenförmige Ausbuchtung, die als „Graslitzer 
Schieferzunge“ bezeichnet werden soll. Auf der Naumann’schen 
„Geognostischen Charte des Königreiches Sachsen und der angrenzenden 
Länder“ 1843, Maßstab 1:592.000, Section XVI, ist dieser, wie sich 
später ergeben hat, aus contactmetamorphen Schiefern der Phyllit- 
formation bestehende zungenförmige Schieferlappen als ein Keil von 
„Glimmerschiefer“ eingetragen. Unter den zu den Einzelblättern der 
genannten Karte erschienenen Erläuterungen fehlt nun zwar das die 
genannte Section, also auch die Graslitzer Gegend zur Darstellung 
bringende Heft, doch hat Naumann an anderer Stelle seine geo- 
logische Auffassung von dem bei Graslitz in das Granitmassiv ein- 
springenden Schieferlappen zum Ausdruck gebracht. In seinem „Lehr- 
buch der Geognosie“, 2. Auflage, II. Band, 1862, Seite 223 und 224 
wirft er die Frage auf, „ob irgendwo eine Ergiessung und Auflagerung 
des Granites in grösserer horizontaler Verbreitung wirklich beobachtet 
worden sei“ — und bejaht diese Frage. Als ein Beweis derartiger Vor- 
kommnisse gelten ihm die Verhältnisse der Graslitzer Schieferzunge. 
Eines der dem Blatte der obengenannten geognostischen Karte beige- 
sebenen Profile, nämlich dasjenige von Morgenröthe über Heinrichs- 
srün nach Falkenau, bringt diese Auffassung, auf die wir Seite 593 
zurückkommen werden, auch graphisch zum Ausdruck. (Siehe Fig. 1.) 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 9. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 74 


582 Carl Gäbert. [2] 


Diesem hier wiedergegebenen Profile nach, welches die Gras- 
litzer Schieferzunge in der Gegend des Plattenberges von N nach S 
schneidet, hat sich Naumann die letztere augenscheinlich als einen 
in die Tiefe niedersetzenden Wall vorgestellt, der an seiner Nordseite 
mit senkrechten Wänden am Granit abstösst, während an seiner Süd- 
Flanke der Muckenbühlgranit den Schiefer deckenartigüberlagert')). 
Das Irrthümliche dieser Auffassung soll später klargelegt werden. Da 
nun Naumann die Graslitzer Schieferzunge, sowie theilweise auch 
die benachbarten Randpartien der westlichen Schieferhülle des Eiben- 
stocker Massivs als „Glimmerschiefer“ in die Karte eingetragen und 
unter solcher Bezeichnung auch die Endglieder der contactmetamorphen 
Thonschiefer und Phyllite begriffen hat, so ist es nicht unwahr- 
scheinlich, dass der hochverdiente Forscher ebenso wie in der Um- 
gebung des Kirchberger Granitmassivs, so auch an den bei Graslitz 
am Eibenstocker Granit abstossenden Schiefern bereits contactmeta- 
morphische Wirkungen erkannt hat. Zu dieser Annahme berechtigt 


Fig. 1. 
Spitzberg. 
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N. m ER, 8 
7777 
i Graslitad! 
Morgen- Der grosse Platten- Mucken- Thal der 
röthe. Bammelsberg. berg. bühl. Rothau. 
Punktirte Stellen — Granit. — Diagonalschraffen — Glimmerschiefer. 


u. a. auch folgende, von Naumann ausgesprochene Ansicht: „Die 
srösseren Granitpartien (Sachsens) sind theilweise mit etwas Glimmer- 
schiefer umgeben, welcher meist als sogenannter Fruchtschiefer er- 
scheint und nach dem Granit zu in ein eigenthümliches, schuppig 
körniges, compactes, gneissartiges Gestein übergeht. Dasselbe dürfte, 
ebenso wie der Fruchtschiefer, nur eine Modification des Thon- 
schiefers sein* (Geogn. Skizze d. Königr. Sachsen, N. Jahrb. f£. 
Min. 1839). 

Später war es zunächst Jok&ly, der in seiner Arbeit: „Zur 
Kenntniss der geologischen Beschaffenheit des Egerer Kreises in 
Böhmen“?) auch die Gegend von Graslitz geologisch behandelte 
Wesentlich ist es, dass er hierüber in seiner sehr anschaulich ge- 
haltenen topographischen Beschreibung betont, „dass der Granit die 
angrenzenden Schiefer überragt“. Die geographische Grenze des 
Granites gegen die Schieferzunge, welch’ letztere er als „Urthon- 
schieferzunge“ bezeichnet, ist in grossen Zügen, meist aber ganz zu- 


!) Vergl. zu diesem Profile unser auf Seite 596 gegebenes, nach den wirk- 
lichen Höhenverhältnissen construirtes Profil Fig. 3. 
?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1857. 


[3] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 583 


treffend, beschrieben; ferner findet sich in seiner Abhandlung eine 
Uebersicht der wichtigsten Streichungs- und Fallrichtungen des 
Schiefers. Bezüglich der Contactmetamorphose wird nur gesagt, dass 
„Fleck- und Knotenschiefer am meisten an der westlichen Grenze 
der Eibenstock-Neudecker Granitpartie verbreitet sind“, Die Granite 
theilt Jokely in drei Hauptvarietäten ein. Wertvoll sind seine An- 
gaben über die Ganggranite, „die besonders an den Contactstellen 
des Granites mit dem Schiefer beide Gesteine durchschwärmen“. 
sowie die Beobachtungen über die variable Structur der Ganggranite, 
je nachdem sie im Schiefer oder im Granit aufsetzen. Quarzitische 
Einlagerungen im Phyllit, Quarzgänge, sowie das einzige Basaltvor- 
kommen innerhalb der Graslitzer Schieferzunge, eine minimale Kuppe 
am Kleehübl, finden in der recht zuverlässigen Abhandlung Joke&ly’s 
die gebürende Erwähnung. 

In der Arbeit von Prölss: „Das Granitgebiet von Eibenstock* ) 
wird die Gegend von Graslitz nicht speciell berührt, erst Laube 
machte sie, fast zwanzig Jahre nach Joke&ely, zum Gegenstand er- 
neuter Forschungen. Im petrographischen Theil des I. Bandes seiner 
„Geologie des böhmischen Erzgebirges* 1876 werden zunächst die 
Varietäten des in den Bereich Böhmens fallenden Granites des Eiben- 
stocker Massivs, nämlich die „Gebirgsgranite“, die „Erzgebirgsgranite“ 
und die „Ausscheidungsgranite“ beschrieben. Dabei gedenkt Laube 
auch einiger in der Nähe von Graslitz vorkommender Granitarten, 
so des „Aschberggranites,“ des Granites vom Muckenbühl und Katzen- 
fels. Die mikroskopische Bearbeitung ist ausführlich, wenn auch ent- 
sprechend den damaligen geringen diagnostischen Erfahrungen insbe- 
sondere in Bezug auf die accessorischen Gemengtheile nicht er- 
schöpfend. Die Gänge von feinkörnigem Granit am Katzenfels fasst 
Laube mit Prölss als „concretionäre“ Bildungen auf. Der an der 
Ostseite des Hausberges die contactmetamorphen Schiefer durch- 
brechende Granit wird ebensowenig wie von seinen Vorgängern er- 
wähnt, dahingegen gelangen „zwei Parallelgänge“ von Granitporphyr 
am Grünberge zur Beschreibung. Die contactmetamorphe Facies des 
Phyllites wird nur kurz behandelt. Ueber die Schieferpartie bei Gras- 
litz sagt Laube l. c. Seite 139: „Sie besteht aus Knotenschiefern, 
welche zuweilen sehr lebhaft an Glimmerschiefer erinnern“. Die 
westliche Grenzbestimmung der Contactzone ist im allgemeinen richtig 
angegeben. Bezüglich des geologischen Verbandes der Graslitzer 
Schieferpartie mit dem Granit acceptirt Laube die an anderem nicht 
näher bezeichneten Orte ausgesprochene Ansicht Jokely’s, „dass 
dieselbe von den übrigen Schiefern losgerissen und von den Graniten 
in ihre gegenwärtige Lage gebracht worden sei*. (l. ec. S. 140). Die 
oben angedeutete Auffassung Naumann’s wird von Laube nicht 
erwähnt. Von Eruptivgesteinen innerhalb des Schiefergebirges nennt 
Laube den Granitporphyr am Grünberge, das Basaltküppchen des 
Kleehübls und „die Lagergänge, welche der Epidiorit in den 
Phylliten bei Graslitz bildet“. Der Laube’schen Arbeit sind mehrere 
Profile beigegeben, von denen aber keines die Schieferzunge selbst 


!) N. Jahrb. f. Min. 1869. 
74* 


984 Carl Gäbert. [4] 


berührt, nur Profil 7 schneidet die Contactzone am Hausberg bei 
Graslitz. 

Eine neue Periode in der geologischen Erforschung des die 
Granite Sachsens einrahmenden Schiefergebirges und ihrer Contact- 
höfe und somit auch für die Graslitzer Gegend beginnt mit den 
Specialaufnahmen der von H. Credner geleiteten königl. sächsischen 
geologischen Landesuntersuchung, und zwar speciell mit deren von 
M. Schröder bearbeiteten Sectionen Zwota und Eibenstock, welche 
das westlich, bezw. nördlich an Graslitz angrenzende Areal unfassen. 
Der von Schröder in den Erläuterungen zu Section Eibenstock 
beschriebene „Turmalingranit“ bildet, wie gezeigt werden soll, die 
Basis und die Umrandung der Graslitzer Schieferzunge, deren nord- 
westlichstes Ende (Aschberg) schon auf Blatt Eibenstock-Aschberg 
kartographisch zum Ausdruck gebracht wird. Die beiden Randprofile 
zu Section Zwota greifen bereits auf die hier in Frage kommende 
Section Aschberg soweit über, dass das eine derselben das Zwotathal 
bei Graslitz mit dem Glasberge, das andere den Grünberg bei Eiben- 
berg schneidet. Wird nun zwar die auf böhmischer Seite östlich von 
Graslitz in das Eibenstocker Massiv hineinragende Schieferzunge nicht 
direct von jenen Untersuchungen betroffen, so finden doch auf die- 
selbe als einen integrirenden und unmittelbar benachbarten Theil 
der am Eibenstocker Granitterritorium westlich abstossenden Schiefer- 
hülle die bei den genannten Aufnahmen von Schröder gewonnenen 
Resultate vielfache Anwendung. Letzteres gilt insbesondere bezüglich 
der Contaetmetamorphose, der Gliederung der Phyllitformation, deren 
Verbandsverhältnisse und Einlagerungen. 

Zugleich muss ich mit Dank anerkennen, dass sowohl der Director 
der königl. sächsischen geologischen Landesanstalt, Herr Prof. Dr. 
Credner sowie Herr Dr. M. Schröder auf mehreren gemeinsamen 
Ex<ursionen bestrebt gewesen sind, die von mir in der Graslitzer 
Gegend vorgenommenen Aufnahmen in eine den Erfahrungen und 
Auffassungen der sächsischen geologischen Landesuntersuchung con- 
forme Richtung zu leiten. 


Topographisch-landschaftliche Beschreibung der Gras- 
litzer Gegend und speciell der Schieferzunge, sowie deren 
granitischer Umrandung !). 


Berge. — Thäler. — Landschaftlicher Totaleindruck. — Schlussbetrachtung. 


Im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres beschäftigte 
ich mich mit der geologischen Specialaufnahme der die Graslitzer 
Gegend in sich begreifenden, jenseits der sächsischen Landesgrenze 
gelegenen Section Aschberg, deren mittlerer und westlicher 


!) Alle Höhenzahlen, sowie Orts- und Bergnamen etc. sind der königl. sächs. 
Generalstabskarte von Section Aschberg 1:25000 vom Jahre 1876 entnommen, 
welche auch der geologischen Aufnahme als Unterlage gedient hat. 


[5] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 585 


En Hu kartographischen Darstellung gelangte (s. Situationsplan 
ig. : 

Als Ausgangspunkt der topographisch-landschaftlichen Betrach- 
tung dieses die Graslitzer Schieferzunge in sich begreifenden Ge- 
bietes sei der Ort Graslitz gewählt. 

In gerader Linie nördlich von dieser Stadt erheben sich der 
Haus- und der Eibenberg, während nach O der mehrgipfelige Berg- 


Fig. 2. Situationsplan zu Section Aschberg. 
Das Eibenstocker Granitmassiv. 


HC 
nr BIS 


IR EN ONE „DO EIBENSTOCK 7-7. 7 


“ . in a 3 s 
TEERERRE \ 
/ 
OBLEISTADE , 
ZH % 
A 
Granit. Schiefer. Landesgrenze zwischen 


Sachsen und Böhmen. 


complex des Glasberges und der sich nördlich an diesen anschlies- 
sende Katzenfels anstreben. Der Gipfel des östlich sehr steil ab- 
fallenden, 715 m hohen Hausberges besteht aus mächtigen, hoch 
emporstarrenden und flach nach W einfallenden Phyllitklippen, von 
denen aus man einen prachtvollen Fernblick geniesst. Nach N er- 
schaut man den regelmässig gerundeten, 100 m höheren, waldlosen 
Rücken des Eibenberges; in NO hebt sich, von düsterem Fichten- 
wald bekleidet, die gewaltige Masse des Plattenberges ab, wenig 


1) Section Aschberg ist bisher von Sachsen aus nur topographisch, nicht geo- 
logisch aufgenommen. 


586 Carl Gäbert. [6] 


östlich von dieser lugt ein kahler, grauer Felsengipfel, der äusserste 
Theil des granitischen, die höchste Erhebung des Panoramas bildenden 
Spitzberges hervor. Nach O erblickt man die Höhen des Glasberges 
und hinter diesen den obersten Theil des Muckenbühls, des grössten 
Massivs jener Gegend. 

Der Glasberg trägt an seiner nach dem Silberbachthale ab- 
fallenden Westseite zwei schroffe, aus Quarzitschiefern aufgebaute, 
landschaftlich höchst wirkungsvolle Felspartien, das Gefelsel und Ge- 
steinig. Dieser in parallelepipedische Blöcke zerklüftete Quarzit- 
schiefer erzeugt besonders an der tiefer gelegenen der beiden Fels- 
massen schroff abstürzende Mauern sowie einen isolirt stehenden, 
thurmähnlichen Pfeiler. Der eigentliche, dem Granitterritorium zuge- 
hörige Doppelgipfel des Glasberges erhebt sich 1'5 km südöstlich von 
jenen Quarzitschieferfelsen. Nach N geht der Glasberg in einen 
stetig S00 m Höhe einhaltenden granitischen Rücken über, auf dem 
sich die festungsähnlichen, jedoch hinter hohen Bäumen versteckten 
Granitmassen des Katzenfelses befinden. Nach W senkt sich 
dieser Rücken in Form einer allseitig mässig geneigten Lehne nach 
dem Silberbachthale bis an den Fuss des Hausberges. Nach O fällt 
der Glasberg und dessen nördliche Verlängerung nach dem Hahn- 
bachthale ab, aus welchem sich jenseits der Muckenbühl erhebt. 

Der ebenfalls’aus Schiefern der Phyllitformation sich aufbauende 
Eibenberg ist von dem südlich gelegenen Hausberge durch eine 
flach-passartige Einsenkung getrennt Von sich besonders bemerkbar 
machenden Felsmassen seien die am S- und SO-Fusse zutage 
tretenden Schieferklippen, ferner die am Ostabhange sich hinziehenden 
durch Steinbrüche abgebauten Quarzitschiefer und endlich die auf 
dem Gipfel (ungefähr 150 m nördlich vom Höhen-Markstein) unter 
der Rasendecke hervorlugenden, dachschieferähnlichen Phyllitplatten 
genannt. Am S- und SW - Abfall lagern die bis zum Gipfel hinauf- 
reichenden ungeheuren Berghalden, die dem umfänglichen Bergwerks- 
betrieb des Eibenberges aus dem 14. bis 18. Jahrhundert entstammen 
und deren Material einen vorzüglichen Einblick in die innere Natur 
des Berges gewährt. Vom Gipfel des Eibenberges aus, der eine noch 
lohnendere Fernsicht als der Hausberg bietet, schaut man nach W 
und SW über die gestaltenreichen Höhenzüge von Section Zwota 
hinweg tief hinein in das sächsische Erzgebirge, in dessen dunkles 
Waldkleid sich helle Culturflächen mischen, während nach O auf 
böhmischer Seite — ein wirksamer Contrast — das Auge über den 
düsteren Hochwald schweift, der die Schieferzunge und die gewaltigen 
Bergmassen des Eibenstocker Granitmassivs überzieht. 

Nördlich vom Eibenberg, von diesem durch eine auf der Kamm- 
linie bis 718 m herabsinkende Depression getrennt, erhebt sich der 
9355 m hohe Aschberg, welcher nur noch mit seinem S- und SW- 
Abfall der westlichen Schieferhülle des Eibenstocker Massivs und 
speciell der Graslitzer Schieferzunge angehört, während sein nörd- 
licher und nordöstlicher Theil in die Granitlandschaft hinübergreift. 
Oestlich fällt der Aschberg jäh ab in ein steilwandiges, NS gerichtetes 
Erosionsthal. Südöstlich steigt aus dieser über 200 »n tiefen Thal- 
rinne der Kleine Hirschberg an, der ebenfalls mit seinem 


NE 


[7) Die geologische Umgebung ven Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 587 


grösseren nördlichen Theil dem Granit angehört und der gleichfalls 
östlich steil abfällt in das tief eingeschnittene Thal des Silberbaches. 
Die wenigen Siedelungen jener Gegend, insbesondere des letztge- 
nannten Thales, finden sich naturgemäss nur in der Thalsohle, die 
eben genug Raum für den Bach, die Strasse und einige Häuser, so 
z. B. Jagdschloss und Dörfehen Nancy — hier und da noch für einen 
schmalen Wiesensaum, bietet. 

Während die rechte Thalseite des Silberbaches bei Nancy von 
dem genannten Kleinen Hirschberge gebildet wird, erhebt sich die 
linke zu dem langgestreckten Rücken des Eselsberges. Hier be- 
segnet man zum erstenmale der, wie noch gezeigt werden soll, auf 
Section Aschberg höchst selten auftretenden OW-Richtung der Höhen- 
züge. Indem das im allgemeinen nordsüdlich gerichtete Thal des 
Silberbaches bei Nancy in eine ausgesprochen westöstliche Richtung 
umschwenkt, bildet auch der Eselsberg einen von W nach O ge- 
streckten Höhenzug, auf dem sich drei Gipfel markiren, von denen 
der östlichste höchste (852°9) bereits ganz der Granitlandschaft an- 
gehört. An den Eselsberg reiht sich südöstlich die gewaltige Kuppel 
des 948 m hohen Plattenberges an, der nach SW 250 m tief in 
die Thalwanne von Hofberg hinabreicht. Sein Gipfel geht nach O und 
SO fast unmerklich in das Hochplateau des Hochgarther Reviers 
über. In NO hängt der Plattenberg mit dem obenerwähnten, 994 m 
hohen Spitzberg zusammen. 

Südlich vom Platten- und Spitzberg erhebt sich, durch eine sehr 
flache Mulde von diesen geschieden, der 950 m hohe Muckenbühl. 
Dieser einem riesigen umgestürzten Schiffsrumpfe gleichende grani- 
tische Rücken liegt ausserhalb der Schieferzunge, mit seinem N-Fusse 
deren südlichen Rand berührend. Sein Gipfel, ein gegenwärtig ent- 
waldetes, ziemlich ebenes Plateau, zeigt ausser mehreren hohen, 
bastionenartigen Granitmassen die für fast jede Granitlandschaft 
charakteristische Felsenmeerbildung. Im S lagert sich ihm, die Kamm- 
linie nicht unterbrechend und nur an den Flanken schwach oro- 
graphisch markirt, der ebenfalls bewaldete Schafberg an. Die Ge- 
sammtlänge der nordsüdlich gerichteten sanft gerundeten Kammlinie 
beträgt über 4000 m. 

Begibt man sich vom Muckenbühl aus nordwärts in das eigentliche 
Gebiet der Schieferzunge zurück, so erreicht man das obengenannte 
Hochgarther Revier, ein von O nach W ausgedehntes, in seiner 
ganzen Breite schwach nach S absinkendes, waldbedecktes Hoch- 
plateau, auf welchem eine vorzügliche Kunststrasse, der sogen. Reit- 
steig, hinzieht. Dieses Plateau weist hauptsächlich drei von N nach 
S gerichtete Einkerbungen auf, in denen die beiden Quellbäche der 
Zwiesel einerseits und der den Ort Schieferhütten durchströmende 
Zufluss der Rothau andererseits ihren Weg nehmen. Diese nach O 
hin immer schärfer modellirten Thalrinnen gliedern zwei von N nach 
S gerichtete Höhenrücken ab, deren westlicher im S als Bock- 
höhe und Holzberg bezeichnet wird und deren östlicher den 
986 m hohen Hartelsberg trägt. Letzterer erscheint, von S aus 
betrachtet, als eine kräftig markirte, symmetrisch gerundete Kuppel; 
von N her gesehen, ist seine landschaftliche Wirkung — eine am 


588 Carl Gäbert. [8 


böhmischen. Abfall des Erzgebirges oftmals zu beobachtende Er- 
scheinung — nur gering, da er hier mit Isolirung nur des äussersten 
Theils seiner Kuppe allmälig in das Hochplateau von Fribus über- 
seht. Der östlich in das Thal der Rothau abfallende Hartelsberg 
bildet die am. weitesten in das Granitmassiv vorgeschobene Erhebung 
der Graslitzer Schieferzunge; letztere findet unter dem Alluvium der 
Rothau ihr östliches Ende. 

Jenseits dieser im Mittel 820 m hochgelegenen Bachaue, also 
östlich vom Hartelsberg, steigt die nun nicht mehr von Schiefern 
unterbrochene Granitlandschaft rasch bis zu dem 945 m hohen Mittel- 
waldberg und den Höhen von Trinkseifen an. 

Die das bisher betrachtete Gebiet durchfurchenden Thalmulden 
und -Schluchten sind sämmtlich Erosionsthäler. Die dominirende 
Riehtung insbesondere der Hauptthäler ist Nord-Süd, und zwar 
gilt dies nicht allein für das Gebiet der Graslitzer Schieferzunge, 
sondern für Section Aschberg überhaupt. Dadurch wird die Gebirgs- 
masse in nordsüdlich ausgestreckte, langelliptische oder jochförmige 
Höhenrücken gegliedert. Der markanteste dieser, einer Bergkette 
gleichende Rücken nimmt den ganzen Westrand der Section (über 
11 km) ein. Er steigt aus den Thälern des Silber- und Schwader- 
baches und, südlich von Graslitz, aus dem Zwotathale auf und setzt 
sich zusammen aus dem Aschberg, dem Eiben-, Haus- und Singer- 
häuser-Berg. Eine ebenso scharf ausgesprochene, von N nach S ge- 
richtete Gliederung erhält das zwischen Graslitz und Trinkseifen ge- 
legene, an den Südrand der Schieferzunge heranreichende Granit- 
territorium durch die Thäler des Hahn-, Zwiesel- und Rothaubaches, 
durch welche namentlich der Glasberg, der Muckenbühl, der Holz- 
berg mit der Bockhöhe und der Hartelsberg individualisirt werden. 
Nur einmal, und zwar im nordwestlichen Theile der Section,. kommt 
durch den Oberlauf des Silberbaches auch die westöstliche Richtung 
der Thäler in grösserem Umfange zum Ausdruck (8. 0.). 

Bezüglich der Form der Thalungen ist in dem zur Aufnahme 
gelangten Gebiet in der Hauptsache ein dreifacher Typus zu unter- 
scheiden: Entweder verengen sich die Thäler in ihren höchst gele- 
genen Enden zu steilwandigen Schluchten, wie dies einige Ausläufer 
des Silberbaches bei Nancy zeigen, und wodurch dort das Gebirge 
vielgestaltige, mitunter scharf modellirte Einkerbungen erhält — 
oder sie streichen ganz allmälig auf den meist von Hochplateaus 
gebildeten Wasserscheiden aus. Zu letzterem Typus gehören die 
Thäler des Zwiesel- und Rothaubaches, die auf der mit mächtigen 
Torfmooren bedeckten Hochgarther, bezw. Fribuser Hochebene aus- 
münden. Endlich hat auch die Form des Kesselthales einen typischen 
Vertreter in der mit Fluren und Siedelungen erfüllten Thalaue, die 
circusähnlich durch die Abhänge des Tobisen-, Esels- und Platten- 
berges, sowie durch die Höhen von Pferdhuth umschlossen wird. Die 
dem Esels- und Plattenberge zugewendeten Abhänge dieses Kesselthales 
weisen drei tiefe Einkerbungen auf, deren mittlere zwischen jenen 
beiden Bergen hinübergreift in das Thal des oberen Silberbaches. 

Will man sich einen landschaftlichen Totaleindruck 
des von der Graslitzer Schieferzunge eingenommenen Terrains ver- 


[9] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 589 


schaffen, so empfiehlt es sich, als Standort das Aussichtsgerüst des 
Muckenbühl zu wählen. Das Ganze stellt sich dar als ein vielgipfeliges 
düsteres, nur selten durch Wiesen, Aecker und Siedelungen ge- 
lichtetes Waldgebirge, dessen landschaftliche Wirkung nicht in der 
Grossartigkeit einzelner Formen, sondern vornehmlich in der Breite 
und Schwere der Gebilde, sowie in der kraftvollen Waldvegetation 
beruht. Auf die Contouren der Höhenzüge iibt der mit Ausnahme der 
Felsbekrönung des Spitzberges alle Gipfel überziehende und bis in 
die tiefsten Thäler herabsteigende, ja selbst das unheimliche Moor- 
gebiet des Filzbrucks überkleidende Wald einen stark nivellirenden 
Einfluss aus. Nur selten erschaut das Auge die der Granitlandschaft 
so typischen, hier keineswegs fehlenden, aber vom Walde verhüllten 
grotesken Felsbildungen. Hierzu kommt als wichtigstes Moment die 
überraschende Formenähnlichkeit der granitischen, sowie 
der aus archäischen Schiefern aufgebauten Berg- 
massen. Daher ist es sowohl vom Muckenbühl wie auch vom Spitz- 
oder Hartelsberge aus kaum möglich, aus der äusseren Configuration 
der Höhenzüge einen Schluss auf deren geologische Zusammen- 
setzung zu ziehen. Was in dieser Hinsicht von den einzelnen Bergen 
gilt, bezieht sich auch auf das gesammte Gebiet der Graslitzer 
Schieferzunge und deren granitischer Umrandung: 

Wenn an zahlreichen anderen Orten des Eiben- 
stocker Massivs beobachtet wurde, dass entweder der 
Granit über das angrenzende Schiefergebirge sich 
wallartig erhebt, oder umgekehrt das Schiefergebiet 
den Granit in Form eines emporragenden Bergwalles 
umrahmt?), so gelingt es bezüglich der tief in jenes 
Granitmassiv hineinragenden Graslitzer Schiefer- 
zunge nicht, von irgend einem der vorhandenen Aus- 
sichtspunkte aus ihren Grenzverlauf nach Massgabe 
beider Gesteinsarten topographisch-orometrisch zu 
fixiren — eine Thatsache, die, wie gezeigt werden 
soll, für die Auffassung des geologischen Verbandes 
jenes Schieferlappens mit dem Granit nicht ohne Be- 
deutung ist. Erst nach Beendigung der geologischen 
Aufnahme liess sich von jenen Aussichtspunkten aus 
an der. Hand der Karte constatiren, dass mit Ausnahme 
nur unwesentlicher Grenzpartien der Graslitzer 
Schieferzunge das seitlich von derselben ausstrebende 
Granitgebirge sich ganz allmälig — nicht wallartig 
— über das an den Abhängen hinziehende Schiefer- 
territorium erhebt. 


1) S. bes. Dalmer, Erl.z. Section Schneeberg, S. 4 u.5. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 75 


590 Carl Gäbert. k [10] 


Allgemeine geologische Beschreibung der Schiefer- 
zunge. 


Die Schiefergrenze geographisch. — Zugehörigkeit der Graslitzer Schieferzunge 

zur westlichen Schieferhülle des Eibenstocker Granitmassivs. — Die Granit-Schiefer- 

grenze geologisch. — Die Schieferzunge als Argument für die Laccolithennatur 
dieses Massivs. — Ursachen ihrer Erhaltung. 


Die Graslitzer Schieferzunge bildet, wie bereits hervorgehoben, 
eine von W nach O in das Granitterritorium oberflächlich hinein sich 
erstreckende Ausbuchtung der westlichen Schieferhülle des Eiben- 
stocker Granitmassivs. An dem auf der Landesgrenze von Sachsen 
und Böhmen gelegenen Aschberge verlässt die bis dahin im allge- 
meinen von NW nach SO verlaufende Grenzlinie jener Schieferhülle 
ihre Hauptrichtung und schwenkt nach O ab (s. Situationsplan S. 585), 
so dass der nur noch mit seiner nördlichen Hälfte dem Granitgebiete 
angehörende Aschberg als der nordwestlichste Eckpfeiler der Schiefer- 
zunge bezeichnet werden kann. Vom Aschberge aus folgt die im 
allgemeinen ostsüdöstlich gerichtete Schiefergrenze dem Südabhang 
des Kleinen Hirschberges, überschreitet etwa 150 m westlich von der 
letzten Häusergruppe des Dörfchens Nancy die Strasse und den 
Silberbach und steigt jenseits steil zum Eselsberge an. Am nördlichen 
Abfall dieses dreigipfeligen Hochrückens zieht sich die Grenze nur 
wenige Meter unter der Kammlinie hin, schwenkt dann um den 
mittleren mit 850°1 bezeichneten Gipfel — der östlichste, höchste 
fällt in das Granitgebiet — herum und senkt sich rasch in die den 
Eselsberg vom Plattenberge trennende Thalschlucht. In mehreren Win- 
dungen gewinnt sie alsdann den N-Abfall des Plattenberges, läuft 
zwischen diesem und dem nur an seinem S-Fusse krystalline Schiefer 
aufweisenden Spitzberg hindurch und überschreitet in grossen Bogen- 
linien das Waldrevier von Hochgarth. Von hier aus zieht sie — etwa 
150 m südlich vom Gipfel — über den Hartelsberg und senkt sich 
dann nach der Thalmulde der Rothau herab, unter deren Alluvium 
sie, ihren östlichsten, am weitesten in das Granitgebiet hinausge- 
rückten Punkt erreichend, in spitzem Winkel umbiegt und sich zurück 
nach W wendet. Die von nun an ihre Südgrenze bildende, fast genau 
westlich verlaufende Linie geht durch den Ort Schieferhütten, durch- 
quert den nördlichen Theil des Filzbruckwaldes und überschreitet 
sodann den mit 902°7 bezeichneten Gipfel, dessen südliche, kleinere 
Hälfte im Granitgebiet liegt. Von hier aus schwach nach SW um- 
biegend, windet sie sich zwischen der höchstgelegenen Häusergruppe 
von Pferdhuth hindurch und senkt sich dann ziemlich rasch in 'west- 
licher Richtung nach dem Silberbache herab, welchen sie etwa 200 m 
unterhalb der steinernen Brücke schneidet. Hier vermittelt der jen- 
seits des genannten Baches sich erhebende Eibenberg und der südlich 
davon liegende Hausberg die Verbindung der Schieferzunge mit dem 
die Westflanke des Eibenstocker Massivs bildenden Schiefergebirge. 

Dadurch, dass die nördliche Grenzlinie der im N von Graslitz 
in das Granitareal eingreifenden Schiefer im allgemeinen nach SO, 
deren südliche Grenze aber ziemlich rein westöstlich verläuft, bis 


[11] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 591 


sich beide unweit der Mühlhäuser treffen, erhält die von ihnen ein- 
geschlossene Schieferpartie eine sich nach O stetig verschmälervde, 
halbinselförmige Gestalt. Die Länge dieser Schieferzunge vom Silber- 
bache bis zum O-Abhang des Hartelsberges beträgt 6°5 km, ihre Breite 
an der westlichen !Basis 24 kn, zwischen Hartelsberg und Schiefer- 
hütten aber nur noch 0'5 km. 

Im südlichen Drittel des Hausberges überschreitet die bis dahin 
scheinbar hart am rechten Ufer des Silberbaches hinziehende 
Schiefergrenze !) dieses Wasser und steigt rasch zu dem höheren 
der beiden, auf dem Glasberge liegenden Quarzitschieferfelsen an, um 
dessen am Granit abstossenden N-Abfall sie herumgeht. Sodann 
bildet sie nochmals einen kleinen, östlich ausspringenden Lappen 
und wendet sich in weitem, nach dem Granitmassive hin concaven 
Bogen über das Dorf Pechbach nach Oberrothau, wo sie die Sections- 
grenze erreicht. 

Längs dieser geschilderten Grenzlinie stossen die die Schiefer- 
zunge, sowie das ganze westliche Schiefergebirge bildenden krystallinen 
‘Schiefer an dem Granit des Eibenstocker Massivs ab. Bei der geo- 
logischen Aufnahme handelte es sich zunächst darum, den Verband 
des in den Granit östlich ausspringenden, als Graslitzer Schieferzunge 
bezeichneten Lappens mit der allgemeinen westlichen Schieferhülle 
festzustellen. 

Um sich einen Gesammtüberblick über die Lagerungsverhältnisse 
des hier in Frage kommenden Theils der westlichen Schieferhülle 
des Eibenstocker Massivs zu verschaffen, empfiehlt es sich, die Strasse 
von Bleistadt i. Böhmen (s.’ Situationsplan) über Annathal nach Graslitz 
zu begehen. Hiebei macht man die Beobachtung, dass die bei Blei- 
stadt NNO streichenden Schiefer?) ganz allmälig in nordsüdliches 
Streichen umschwenken. Letztere Richtung herrscht bei Graslitz und 
am Haus- und Eibenberge. Weiter nach N, am Aschberg, ist bereits 
ein Umbiegen in NNW erfolet. Die innere, an den Granit heran- 
reichende Randpartie des Schiefergebirges westlich vom Eibenstocker 
Massiv bildet also in jener Gegend einen nach W bis NW offenen 
Bogen®). Denkt man sich diesen zwischen Annathal und dem Haus- 
berge aus Schiefern der unteren Phyllitformation aufgebauten Bogen 
‘über den Granit des Muckenbühl hinweg nach Schieferhütten und 
'Fribus verlängert, so müsste der östliche Theil der in diesen er- 
weiterten Bogen hineinfallenden Graslitzer Schieferzunge etwa nord- 
nordöstliches Streichen aufweisen. In der That konnte in einem Berg- 
stollen des Hartelsberges ein Streichen von N 30°O bei NW-Einfallen 
festgestellt werden. Dass die dortigen hochmetamorphen Schiefer dem 
entsprechenden geologischen Horizont, nämlich ebenfalls der unteren 
Phyllitformation angehören, soll später gezeigt werden. — Ent- 
gegengesetzt zu dem am östlichen Theile der Schieferzunge sowie in 


) Der wahre Grenzverlauf ist unter einer mächtigen Decke von Diluvial- 
schotter verborgen; s. 8. 632. 

2, Bei Bleistadt steht Glimmerschiefer an, der in der Richtung nach Anna- 
thal, also nach seinem Hangenden zu, in die Schiefer der unteren Phyllitformation 
übergeht. 

®) Vergl. Erl. z. Section Zwota, S. 2. 

70% 


599 Carl Gäbert. [1 2] 


deren westlichem Gebiet einschliesslich des Tobisenberges herrschenden 
und mit der Stratigraphie des allgemeinen westlichen Schiefergebirges 
durchaus im Einklang stehenden Streichen und Fallen verhält sich 
die Lagerung nur im mittleren Theile der Graslitzer Schieferzunge: 
das Kesselthal von Hofberg (s. o.), der Eselsberg und der W-Abhang 
des Plattenberges weisen im allgemeinen ostwestliches Streichen bei 
nördlichem Einfallen auf, doch ist es wohl richtiger, diese Anomalie 
in der Lagerung, welche von Laube und Joke&ly irrthümlicher- 
weise auf den gesammten, östlich ausspringenden Lappen bezogen 
ward, als eine locale Schichtenstörung aufzufassen, wie sie sich auch 
sonst im benachbarten Schiefergebirge wiederholt. Laube sagt hierzu 
in seiner „Geologie des böhmischen Erzgebirges“, Bd. I, Seite 140: 
„Abweichend hiervon (von der Lagerung der Schichten der allge- 
gemeinen westlichen Schieferhülle des Eibenstocker Massivs) verhält 
sich die in den Granit zwischen dem Aschberg und Muckenbühlberg 
eingeklemmte Schieferpartie, welche bei einem östlichen Streichen 
Nord einfällt und sich gegen den: dort vorliegenden Granit stemmt. 
Es gewinnt hiebei das Ansehen, als ob diese Schieferpartie auf die 
südliche Granitmasse hinaufgeschoben worden wäre, da zwischen den 
nächsten Partien der Phyllite kein Zusammenhang in der Lagerung 
besteht, sondern diese Fleckschieferzunge ist, wie Jokely treffend 
bemerkt, von den übrigen Schiefern losgerissen und von den Graniten 
in ihre gegenwärtige Lage gebracht worden“. — Selbst wenn jedoch 
die Graslitzer Schieferzunge in ihrer gesammten Ausdehnung jenes 
anormale Streichen aufwiese, so wäre damit der Jokely-Laube’schen 
Auffassung gegenwärtig kein grösserer Grad von Wahrscheinlichkeit 
beizumessen, da bekanntlich die neueren Forschungen bezüglich des 
Verhaltens plutonischer Eruptive zu ihrer Umgebung nicht zu der 
Ueberzeugung geführt haben, dass durch den Granit zuweilen ganze 
Gebirgstheile losgerissen oder wesentlich verschoben werden. 

Fassen wir nun das über die Lagerungsverhältnisse der west- 
lichen Schieferhülle des Eibenstocker Massivs Gesagte zusammen, SO 
ergibt sich vorläufig Folgendes: 

Die aus Schiefern der Phyllitformation aufgebaute Schieferhülle 
bildet einen flach hufeisenförmigen Bogen, der mit seiner convexen 
Seite den Westrand des Eibenstocker Granitmassivs tangirt. Von 
diesem gewaltigen Bogen sind nur die inneren, beispielsweise Section 
Zwota bedeckenden Theile noch in ihrem Zusammenhang erhalten 
(vergl. Erl. zu Section Zwota, S. 2), während der äusserste, am Granit- 
massiv abstossende oder auf dasselbe übergreifende Bogensaum durch 
Erosion und Denudation in zungenförmige und lappenartige Fragmente, 
deren grösstes die Graslitzer Schieferzunge darstellt, zerschlitzt ist. 
Letztere gehört stratigraphisch in den Rayon des oben beschriebenen 
Bogens. 

Consequenterweise drängen diese Ausführungen zu der Ueber- 
zeugung, dass das Eibenstocker Massiv ursprünglich in grösserem 
Umfange von dem westlich angrenzenden Schiefergebirge bedeckt 
ward, als dies gegenwärtig der Fall ist, ehe wir jedoch den Beweis 
hierfür erbringen, sei erst noch die oben (S. 582) angedeutete, von 


[13] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 593 


Naumann vertretene geologische Auffassung der Graslitzer Schiefer- 
zunge näher beleuchtet. 

Naumann schreibt !): „Auch im Erzgebirge, östlich von Graslitz, 
an der. westlichen. Grenze der Karlsbad - Eibenstocker Granitpartie 
findet eine entschiedene Auflagerung des Granites auf dem 
Glimmerschiefer statt, zum Beweise, dass sich diese Granitpartie, 
welche anderwärts die Begrenzung eines typhonischen Stockes zeigt, 
doch in dieser Gegend über die ehemalige Oberfläche des Schiefer- 
gebirges ausgebreitet haben muss. Der Glimmerschiefer tritt nämlich 
dort mit; einem spitzen Winkel sehr weit in das Granitgebiet ein, 
indem: die von Glasberg nach Silberbach nordwärts verlaufende Grenze 
bei letzterem Orte nach Osten umbiegt und in dieser Richtung bis 
zu den Mühlhäusern fortzieht, von wo sie plötzlich nach Westen 
zurückläuft. Längs dieses über eine Meile langen Grenztractes zieht 
sich der Granit beständig auf der Höhe des Gehänges hin, während 
in der Tiefe der Glimmerschiefer ansteht, in welchen mehrere tiefe 
Schluchten. eingerissen sind; es ist dies besonders auffallend von 
Glasberg bis über Neudorf, sowie weiterhin am Mückenberge ?) und 
am Hochgarther Berge, in welchem der Granit über eine vorliegende 
Terrasse des Schieferlandes aufsteigt.“ 

Nach dem Vorstehenden scheint Naumann eine wirkliche 
Auflagerung des Granites überhaupt nicht als solche wahrgenommen 
zu haben. und das einzige Argument, welches zugunsten derselben 
geltend gemacht wird, ist das hypsometrische, dass der Granit zu 
etwas grösserer Höhe ansteigt und unterhalb desselben der Glimmer- 
sehiefer erblickt wird. Dass Naumann der von ihm angenommenen 
Auflagerung des Granites auf dem Schiefer in einer wohl nur 
theoretisch construirten Profilzeichnung auch graphisch Ausdruck 
verlieh, wurde bereits oben bemerkt (s. S. 582). 

Die bei der kartographischen Aufnahme erfolgte genaue Unter- 
suchung der zu dem Bereich der Graslitzer Schieferzunge gehörigen 
Granit-Schiefergrenze liess nun aber im Gegensatz zu vor- 
stehenden Auffassungen zunächst an mehreren gut aufgeschlossenen 
Stellen ein flaches Einschiessen des granitischen Grund- 
sebirges unter die Schiefer gewahren. So sieht man die vo» 
contactmetamorphen Schiefern gebildete äusserste Gipfelpartie des 
Aschberges bei etwa 30° südwestlichem Einfallen flach vom Granit 
unterteuft, während die aus thurmähnlichen Felsen bestehenden 
Schieferpartien des Eselsberges sogar eine schwebende Lagerung dem 
Granit gegenüber einnehmen. Die gegen den Ostabhang des Haus- 
berges sich herabsenkende granitische Berglehne des Katzenfels ver- 
räth ebenfalls eine verhältnismässig flach einfallende, unterirdische 
Fortsetzung der Granitflanke, was zur Gewissheit dadurch wird, dass 
selbst die äusserste Gipfelpartie des Hausberges contaetmetamorphisch 
alterirt ist3). Zu dem gleichen Schluss über das Einschiessen des 
Granites zwingt auch die dem. Glasberge aufgelagerte, am Granit- 


1) Lehrb, d. Geognosie, 2. Aufl., II. Bd., 1862, S. 224. 
»?) Gegenwärtig „Muckenbühl“ genannt. 
) Siehe Fig. 20 auf Seite 632. 


594 Carl Gäbert. Ai [14] 


massiv abstossende Quarzitschieferpartie, wie dies - bereits ’ von 
M. Sehröder auf Randprofil I von Section Zwota treffend wieder- 
gegeben ist. Endlich konnte noch am östlichen Ende der Schiefer- 
zunge in einem Bergstollen des Hartelsberges ein etwas steileres 
Einschiessen des Granites unter die 530 bis 40% in-NNW einfallenden 
Schiefer direet beobachtet werden. — Dagegen ist auf der gesammten 
Granitschiefergrenze an keiner einzigen Stelle auch nur eine An- 
deutung dafür vorhanden, dass der Granit dem Schiefer auf- 
selagert wäre). | 

Der am Rande der Schieferzunge in eine Hochebene ausgehende 
N-Abfall des Muckenbühls,. an welchem nach dem Naumann’schen 
Profil diese Ueberlagerung stattfinden soll, weist zunächst, ebenso wie 
einige andere Localitäten der Schieferzunge — so das Hochgarther 
Revier und der Filzbruckwald — gar keine scharf zu bestimmende 
(aranitschiefergrenze auf. Sehreitet man aus dem Granitterritorium 
nach dem Schiefergebiet vor, so stellen sich an jenen, fast horizontal 
ausgedehnten Oertlichkeiten zuerst vereinzelte kleine, auf dem Granit- 
boden lose umherliegende Blöcke von Schiefer (Andalusitglimmer- 
schiefer, „Glimmerschiefer“ Naumann’s) ein, die nach und nach an 
Zahl und Grösse zunehmen, bis sie schliesslich über das Granit- 
material dominiren, oder bis man, nachdem man längst den Eindruck 
gewonnen hat, sich auf Schieferboden zu befinden, auch auf anste- 
hendes Schiefergestein stösst. Dieses mehr oder weniger breite rand- 
liche Trümmergebiet der Schieferzunge dürfte — als ein Erfolg der 
Denudation betrachtet — ebenfalls auf ein flaches Ausstreichen der 
Schiefer auf dem Granit, sowie umgekehrt auf eine sanft geneigte 
Granitschiefergrenze hindeuten. Anticipirend soll hier vermerkt 
werden. dass auch die Contactverhältnisse der gerade das höchste 
Stadium der Metamorphose darstellenden Graslitzer Schieferzunge die 
Annahme einer sehr flachen Granitschiefergrenze und somit einer 
gegenwärtig verhältnismässig nur dünn erhaltenen 
Schiefergebirgsdecke, die dem Contact von unten her 
ausgesetzt war, verlangen?). Wenn nun Naumann lediglich den 


orographischen Verlauf der Granitschiefergrenze — dieselbe zieht in 
der That, wie von dem hochverdienten Forscher zuerst?) erkannt 
worden ist, vornehmlich an den Gehängen hin — zur Stütze seiner 


Ueberzeugung von der Auflagerung des Granites machte, so ist 
darauf zu entgegnen, dass gerade dieser Grenzverlauf im Verein mit 
der unzweifelhaft flach einfallenden Granitschiefergrenze und dem 


', Umsomehr ist es zu verwundern, dass der geniale Forscher Naumann, 
der die Verhältnisse des Eibenstocker Granitmassivs in Hinsicht auf dessen Schiefer- 
umrandung und besonders bezüglich der Schieferschollen mit bewunderungs- 
würdigem Scharfblick als eines „typhonischen Stockes“ erkannte, gerade die Gras- 
litzer Schieferzunge unter den Granit versenken wollte. 


”) Auch die grosse Breite des gesammten Contacthofes auf Section Aschberg 
(s. S 612) erheischt die Annahme einer mässig geneigten Granitschiefergreuze. 

®») Jokely berichtet in der oben eitirten Arbeit nur davon, dass „der 
Granit die angrenzenden Schiefer überragt“, ohne sich hierbei speciell auf die 
Verhältnisse der Graslitzer Schieferzunge zu beziehen, während Laube — 14 Jahre 
nach Naumann — sich nicht weiter über die hier in PET IR er orogra- 
phisch-geologischen Erscheinungen verbreitet. 


[115] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 595 


mehrfach zu beobachtenden allmäligen Ausklingen des Schieferge- 
birges auf dem Granit zu der Auffassung drängt, dass ehemals der 
Schiefer noch höher an den granitischen Gehängen hinaufgestrichen, 
ja vielleicht über deren Gipfel hinweg sich ausgebreitet haben mag, 
und dass erst infolge Denudation und Erosion die Schiefergerenze bis 
in die heutigen Tiefen herabgewandert ist. 

In Hinblick auf die oben angegebenen Beziehungen, die zwischen 
dem sich westlich. vom Eibenstocker Massiv ausbreitenden Schiefer- 
gebirge und dessen östlich ausspringendem, als Graslitzer Schiefer- 
zunge bezeichneten Lappen bestehen, in Hinblick ferner auf die inner- 
halb des letzteren selbst zum Ausdruck kommenden stratigra- 
phischen, orographischen sowie contactmetamorphischen 
Verhältnisse darf man wohl behaupten, dass das Eibenstocker 
Granitmassiv ursprünglich in grösserem Umfange von dem Schiefer- 
gebirge eingehüllt wurde, als dies gegenwärtig der Fall ist, und dass 
der hier in Frage kommende böhmische Antheil der allgemeinen 
westlichen Schieferhülle sich ursprünglich wenigstens soweit über den 
Granit ausbreitete, als gegenwärtig der östlichste Punkt der Graslitzer 
Schieferzunge in das Granitterritorium hinausragt. Endlich hat auch. 
wie noch gezeigt werden soll, der Gedanke, dass diese Schieferdecke 
ursprünglich über das ganze jetzt entblösste Granitmassiv hinübergrif, 
nichts Auffälliges an sich. So rechtfertigen beispielsweise die dem 
nördlichen Theile des Eibenstocker Granitmassivs auf den Sectionen 
Sehneeberg und Eibenstock aufgelagerten isolirten Schieferschollen, 
sowohl bezüglich ihrer Lagerungsverhältnisse, wie auch Contacter- 
scheinungen, durchaus die bereits von Naumann ausgesprochene 
Ansicht, dass sie als von der Erosion verschont gebliebene Reste 
einer ehemals das Eibenstocker Massiv allgemein be- 
deekenden Schieferhülle zu betrachten sind). Ferner be- 
richtet auch Laube?) von „insulären Schiefermassen“ auf dem böh- 
mischen Antheil des Eibenstocker Granitterritoriums, die sich nördlich 
von Neudeck und östlich von Hochofen, also etwa in der öst- 
lichen Verlängerung der Graslitzer Schieferzunge in 
Gestalt von „Contactgneissglimmerschiefer*-Blöcken auf dem Granit- 
sebirge markiren. Zwar konnte über dieses Contactgestein nach Laube 
wegen Mangels anstehender Partien stratigraphisch nichts festgestellt 
werden, doch ist es höchst wahrscheinlich, dass jene Blockmassen eben- 
falls Erosionsreste einer allgemeinen primären Schiefergebirgsdecke 
sind3). Mit Dalmer) u.a. darf man deshalb wohl ohne Bedenken 
die Ansicht acceptiren, „dass das Eibenstocker Granitmassiv bei 
seiner Eruption die damalige Oberfläche wahrscheinlich nicht erreicht 
hat, vielmehr unter derselben in der Tiefe zur Erstarrung ge- 
langt ist“. 

Vom Standpunkte dieser Theorie aus betrachtet, 
welche bekanntlich durch zahlreiche Analoga auf der 


t) Erl. z Sect. Eilenstock, S. 29 ff., ferner Erl. z. Sect. Schneeberg, S. 72. 

?) Geologie des böhmischen Erzgebirges I, S. 101. 

8) Die mir zur Verfügung stehende Zeit gestattete leider keine an Ort und 
Stelle vorzunehmende Prüfung dieses Schollenvorkommnisses. 

*) Vergl. Erl. z. Sect. Schneeberg, S. 72. 


E46 Carl Gäbert. [16] 


ganzen Erde gestützt wird"), ist die Graslitzer'Schiefer- 
zunge, ebenso wie jene isolirten Schollen auf den 
Secetionen Eibenstock und Schneeberg, nur ein Ueber- 
bleibsel der ehemals auf dem gesammten Granit- 
massive lastenden Schiefergebirgsdecke. Als hervor- 
ragendster Erosionsrest auf der böhmischen Seite des 
Eibenstocker Granitgebietes bildet sie alsdann ein 
weiteresArgument für die sehr wahrscheinliche Laeco- 
lithennatur dieses Granitmassivs (s. beistehendes Profil, 
Figur 93). ER 
Die bisher vertheidigte Auffassung der Graslitzer Schieferzunge 
als eines der zerstörenden Thätigkeit des Wassers entgangenen Restes 
der ehemals das gesammte Granitmassiv einhüllenden Schiefergebirgs- 
decke lässt die Frage entstehen: warum gerade dieser märkant 
nach Osten ausspringende Lappen ‘der Erosion "nicht 
zum Opfer fiel? Die Antwort auf diese Frage ist in deutlichster 


Fig. 3. 
Jagdschloss Spitzberg. 


EEE 
Naney. :  Plattenberg. Muckenbühl, 


902°7 

U N 
> fl Br 7 5 @ . 
FSK EopzanSe Zen 


400 " a,d.Ostee E 


Weise ausgesprochen zunächst in der topographischen Er- 
scheinung der Graslitzer Schieferzunge. Letztere ist als ein dem 
Granit aufgelagerter Lappen bezeichnet worden, womit sich 
zunächst leicht die Vorstellung einer auch orographisch markirten, 
und zwar über das Granitniveau erhöhten Schieferpartie verbindet. 
Bereits im topographischen Theil wurde betont, dass letzteres absolut 
nicht der Fall ist. Dagegen ist, wie ebenfalls mehrfach hervorgehoben, 
eine Haupteigenthümlichkeit der Schieferzunge, dass ihre orographisch 
nicht markirte Grenzlinie zum grössten Theile an den Abhängen 
. der von ihr seitlich ausstrebenden und sie überragenden granitischen 

Höhen hinzieht. Von W über den Gipfel des Aschberges her in die 
Section eintretend, hält sich die Schiefergrenze zunächst am Südab- 
hange des granitischen Hirschbergs, kaum bis zu dessen halber Höhe 
emporsteigend und, nachdem sie den mittleren Gipfel des Eselsberges 
erreicht hat, zieht sie bis zu ihrem östlichen Ende immer unterhalb. 
der sie überragenden granitischen Gipfel des Spitzberges, der 
961'8 m-Höhe und des Hartelsberges hin. Die gleiche Beobachtung 
macht man, wenn man die am W-Abfalle des Glasberges, sodann 
am Fusse des Katzenfelses über das Dörfchen Pferdhuth, sowie am 


!) Vergl. Suess, Antlitz der Erde I, S. 195—223. — Credner, Elemente d, 
Geologie, VII. Aufl., S. 152, 289, 339. 


ar 


[17] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 597 


N-Abfall des Muckenbühls hinziehende Schiefergrenze betrachtet: 
überall im Thale oder an den Abhängen Schiefer, die höheren 
Partien sowie die Gipfel im Granit. Nur der der Bockhöhe und dem 
Holzberge zugewendete Theil der Schieferzunge behauptet sich im 
allgemeinen in demselben Niveau wie das angrenzende Granitterritorium. 
Berechnet man nun die mittlere Höhe der westöstlichen Achse der 
Schieferzunge, welche den N-Gipfel des Eibenberges und deren öst- 
lichen Endpunkt verbindet, so ergibt sich — das tiefe Kesselthal 
von Hofberg nicht einmal mitgerechnet — eine Meereshöhe von 843 m. 
Dagegen beträgt die mittlere Höhe der von der N-Grenze der 
Schieferzunge ausstrebenden granitischen Gipfel 933 m. Desgleichen 
weist das an den S-Rand der Graslitzer Schieferzunge heranreichende 
Granitterritorium im Muckenbühl 950 m Höhe auf und ebenso streben 
die jenseits der 820 m hoch liegenden O-Grenze des Schieferlappens 
— also die in der Verlängerung seiner westöstlichen Achse sich aus- 
breitenden granitischen Höhen (Mittelwaldberg) — bis zu 945 m an. 


SAN 
re er 
EIBensTt. LACCOL!ITH 
FAR IN T SSRRTAEERN 


= 
Serich | 


Ueberblickt man das über die topographischen Verhältnisse 
bisher Gesagte, so ergibt sich Folgendes: Die Graslitzer Schiefer- 
zunge, ein Erosionsrest der ehemaligen allgemeinen Schiefergebirgs- 
decke des Eibenstocker Granitmassivs, wird von den sie umrahmenden 
granitischen Höhen wesentlich — um durchschnittlich 100 m — über- 
ragt. Da letztere, wie wir anzunehmen aus verschiedenen 
Gründen (8. o.) berechtigt sind, ursprünglich selbst mit 
Schiefer überdeckt waren, so muss an der Stelle der 
heutigen Graslitzer Schieferzunge die primäre Schiefer- 
gebirgsdecke ungewöhnlich weit in die granitische 
Tiefe geragt haben, wodurch an jener Stelle eine trog- 
artige Eintiefung der Oberfläche des Granitlaccolithen 
erzeugt wurde. Mithin verdankt die Graslitzer Schiefer- 
zunge ihre Erhaltung der Tiefenlage zwischen der 
beiderseits ursprünglich höher emporragenden Ober- 
fläche des Granitmassivs, wo sie, geschützt vor der 
zerstörenden Thätigkeit des Wassers, der Erosion 
zunächst nicht zum Opfer fallen konnte!)). 


1) Dieses Verhältnis soll das oben eingefügte theoretisch construirte Profil 
Fig. 4 veranschaulichen., 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 76 


598 Carl Gäbert. [18] 


Specielle geologische Beschreibung der Schieferzunge 
und ihrer Umgebung. 


Der die Schieferzunge umrahmende Granit. 


Literatur. — Granitvarietäten, Spaltengänge. — Verbandsverhältnisse. — Ver- 
witterungserscheinungen. 


Literatur: 


Naumann, Erläuterungen zur geognostischen Charte von Sachsen 
1838. 


Prölss, Das Granitgebiet von Eibenstock. N. Jahrb. f. Min. 1869. y 
Laube, Geologie des böhmischen Erzgebirges I, 1876. | 


Erläuterungen zur geologischen Specialkarte des 
Königreichs Sachsen: 


Section Eibenstock, Schröder 1884. 

Section Zwota, Schröder 1884. 

Section Schwarzenberg, Schalch 1883. 
Section Schneeberg, Dalmer 1883. 

Section Auerbach-Lengenfeld, Dalmer 1885. 


Der die Graslitzer Schieferzunge umgebende Granit gehört, wie 
schon mehrfach hervorgehoben worden ist, dem Eibenstocker Granit- 
massive an (s. Situationsplan). Das Gestein dieses Massivs, der „Eiben- 
stocker Turmalingranit“, hat bereits eine so eingehende wissenschaft- 
liche Bearbeitung von verschiedenen Forschern, insbesondere anlässlich 
der Specialaufnahmen der königl. sächsischen geologischen Landes- 
untersuchung erfahren, dass bezüglich des hier in Frage kommenden 
beschränkten Granitterritoriums nicht sehr viel Neues hinzugefügt 
werden konnte. Auch für den die Schieferzunge einrahmenden Granit 
gilt die an vielen anderen Orten des Eibenstocker Massivs gemachte 
Beobachtung, dass der variirende Charakter des Granits weniger in 
der Art und Zahl seiner Gemengtheile, als vielmehr in seiner struc- 
turellen Beschaffenheit zum Ausdruck kommt. Hiernach konnten 
folgende Modificationen des granitischen Mineralgemenges unter- 
schieden werden): 


l. Grobkörniger Granit (Aschberg, Spitzberg). — 
a) Annähernd gieichmässig körnig, 
b) porphyrartig. 
2. Mittelkörniger Granit (Muckenbühl). — 
a) Gleichmässig körnig, 
b) porphyrartig. 
3. Kleinkörnig-porphyrartiger Granit (Katzenfels). 
4. Feinkörniger Granit. — Aplit. (Glasberg.) 
!) Die von Laube in seiner „Geologie des böhmischen Erzgebirges“ I, 


S. 13, gegebene Eintheilung der Granite ist bereits von Dalmer in den Erl. z. 
Sect. Schneeberg, 8.6, kritisirt. 


TE ie 


[19] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 599 


Der grobkörnige Granit, dessen Mineralcomponenten mit 
Ausnahme des Glimmers etwa Haselnussgrösse besitzen, ist typisch 
im nördlichen und besonders nordwestlichen Randgebiete der Schiefer- 
zunge entwickelt. Nur höchst local konnte die porphyrartige Varietät 
desselben aufgefunden werden, welche dadurch entsteht, dass die 
fast ausschliesslich nach dem Karlsbader Gesetz verzwillingten Ortho- 
klase die übrigen Gemengtheile wesentlich an Grösse übertreffen. 
Eine karthographische Scheidung beider Structurvarietäten erwies 
sich wegen der äusserst verschwommenen Uebergänge derselben als 
unthunlich. Die porphyrartige Varietät scheint übrigens im nordöst- 
lichen Randgebiete der Schieferzunge, etwa vom Spitz- bis zum 
Hartelsberge, gänzlich zu fehlen. Die letzgenanntes Gebiet aufbau- 
enden grobkörnigen Granite besitzen am Spitzberge hellgraue, am 
Hartelsberge mehr gelbliche und röthliche Färbung. 


Ueber das Auftreten des Turmalins!) in diesem Granit sei 
Folgendes bemerkt: Derselbe kommt fast immer in strahligen Aggre- 
gaten von Haselnuss- bis Kopfgrösse und darüber vor. Die allernächste 
Umgebung dieser Turmalinanhäufungen ist frei oder äusserst arm an 
Glimmer, auch der Feldspath tritt stark zurück. Jedes Turmalin- 
aggregat ist also von einer sauren, meist nur aus Quarz (sehr wenig 
Feldspath) bestehenden Rinde umgeben. Ausserhalb dieser Rinde 
liegen dann die üblichen Gemengtheile des Granites in der gewöhn- 
lichen Mengung, und zwar frei von Turmalin. Letzterer tritt also 
nur in Form localer Concentrationen auf, betheiligt sich aber durch- 
aus nicht gleichmässig am ganzen Gesteinsgewebe. So kann es vor- 
kommen, dass man an einem grossen Granitblock vergeblich nach 
einer Spur von Turmalin sucht und die Diagnose eines davon ent- 
nommenen Handstückes oder Dünnschliffes müsste beispielsweise auf 
„Biotitgranit“ lauten. Wenn nun auch die Turmalinaggregate in vielen 
Theilen des Eibenstocker Massivs in eminenter Häufigkeit auftreten, 
so dürfte es im Interesse einer consequenten Nomenclatur wohl rich- 
tiger sein, jene Granite höchstens als turmalinführende und nicht 
als „Turmalingranite* zu bezeichnen. 

Ein gleichmässig-mittelkörniger Granit baut das ge- 
waltige Massiv des Muckenbühl auf. Die Gemengtheile erreichen 
hier kaum Erbsengrösse, unter den Farben dominiren grau und 
gelblich. Der Quarz tritt im Gegensatz zu dem vorbeschriebenen grob- 
körnigen Granit etwas zurück. Zur porphyrartigen Ausbildung gelangt 
dieses mittelkörnige Mineralgemenge am N-Abhang des Mückenbühl 
(südwestlich von Sign. 9037), ferner in einigen Theilen des Filzbruck- 
waldes, sowie in dem zwischen Schieferhütten und den Mühlhäusern 
gelegenen, an die Schieferzunge angrenzenden Granitterritorium. An 
ersteren beiden Localitäten pflegt die porphyrartige Structur hin und 
wieder dadurch zurückzutreten, dass bei gleichbleibender Grösse der 
Orthoklase die übrigen Gemengtheile an Volumen zunehmen, während 
dagegen an letzterem Orte durch Kleinerwerden des Kornes der por- 
phyrartige Habitus umso schärfer hervortritt. 


1) Vergl. Schröder, Erl. z. Sect. Eibenstock, 8.7. 
76* 


600 Carl Gäbert. [20] 


Die mikroskopische Untersuchung des Muckenbühlgranites ergab, 
dass derselbe als einturmalinführender Zweiglimmergranit 
zu bezeichnen ist. Der Orthoklas, sehr häufig nach dem Karlsbader 
Gesetz verzwillinst, ist mehr als bei den übrigen Granitvarietäten 
der Zersetzung zu Muscovit anheimgefallen. Nur hin und wieder weist 
derselbe mikropegmatitische Durchwachsungen von Quarz auf, ebenso 
sind überaus schmale, eingewachsene Albitlamellen nur selten anzu- 
treffen. Der an Menge nur wenig hinter dem Orthoklas zurücktretende 
Plagioklas ist ebenfalls stark zu Muscovit umgewandelt. Sein op- 
tisches Verhalten im polarisirten Licht lässt auf eine chemisch recht 
homogene Beschaffenheit schliessen. Mikroklin, und zwar mit 
äusserst zart entwickelter Gitterstructur, wurde nur ein einziges Mal 
beobachtet. Im Quarz finden sich zahlreiche Zirkonkryställchen, sowie 
massenhafte, zuweilen recht grosse Flüssigkeitseinschlüsse, die mit 
ebenfalls grosser und manchmal fast den ganzen Hohlraum einneh- 
mender Libelle ausgestattet sind. Biotit und Muscovit sind die Ver- 
treter der Glimmerfamilie. Der Biotit ist grossentheils in. Chlorit 
umgewandelt und ausserordentlich reich an richtungslos eingelagerten 
Rutilnädelchen. Letztere schwanken bezüglich ihrer Dimension be- 
trächtlich und sind sowohl in zersetzten, wie auch frischen Partien 
des Biotits anzutreffen, ferner greifen dieselben auch regelmässig 
von frischen, unversehrten Biotitpartien in chloritisirte über. Letztere 
Thatsache spricht bekanntlich dagegen, dass etwa diese Nädelchen 
als bei der chloritischen Zersetzung des Glimmers entstandene 
Secundärproducte aufzufassen wären und ferner lässt auch die 
ungeheure Zahl, in welcher diese Rutilnadeln einzelne Biotit-, 
resp. Chloritschuppen durchspicken, die Annahme einer nachträg- 
lichen Bildung derselben aus dem 7%O,-Gehalte des Glimmers 
nicht gerechtfertigt erscheinen. Es ist also höchstens ein Theil 
dieser Nadeln secundärer Entstehung, während der übrige Theil als 
primäre Einlagerungen aufzufassen ist. An weiteren Einlagerungen 
birgt der Biotit Eisenerzpartikel und Zirkonkryställchen. Der Mus- 
covit, welcher reichlicher als der Biotit vertreten ist, bildet grössere, 
meist unregelmässig begrenzte Partien. Mit dem Biotit ist er zuweilen 
in alternirenden Blättchen verwachsen. An Interpositionen wurden 
in dem Muscovit winzige dunkle Pünktchen mit sehr grossem, 
pleochroitischen Hof bemerkt, deren Natur zwar nicht genau 
festgestellt werden konnte, die aber dem Zirkon anzugehören schienen. 
Dass es sich hier nicht um wirklichen Muscovit, sondern um ge- 
bleichten Biotit handeln könnte, ist aus dem Grunde nicht wohl an- 
zunehmen, als in keinem Präparate irgend einmal ein Uebergangs- 
stadium des Biotits m den Muscovit, sondern nur scharflinige lamellare 
Verwachsungen beobachtet wurden; und dass ferner die pleochroitischen 
Höfchen auch einmal in dem Muscovit, also einem unpleochroitischen 
Mineral vorkommen können, ist schon deshalb möglich, weil die, 
Höfchen nicht eine Folge desjenigen Pleochroismus sind, welcher dem 
sie beherbergenden Mineral zukommt. — Der Turmalin, bezüglich 
dessen Vertheilung im Gesteinsgewebe — wie betont werden soll — 
dasselbe gilt, was oben über dieses Mineral gesagt worden ist, kommt 
in dem Granit des Muckenbühl recht häufig vor. Die localen Tur- 


wi. 


[21] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 60] 


malinanhäufungen haben kugelige Dimension und messen in der Regel 
5 bis 6cm im Durchmesser. Sie bestehen nicht aus reinem Turmalin, 
sondern, wie schon die makroskopische Betrachtung lehrt, auch aus 
Quarz und etwas Feldspath. Ferner sind sie ebenfalls mit einer hell- 
gelblichen, etwa 1 bis 2 cm breiten, völlig glimmerfreien Randzone 
umgeben. Der Turmalin tritt nun nicht, wie man an anderen Vor- 
kommen zu beobachten gewöhnt ist, in radialen Stengeln auf, sondern 
ist in kurzen, etwa millimetergrossen Säulenfragmenten und Körnchen 
richtungslos mit dem Feldspath und den Quarzkörnern zusammen- 
gelagert. Auf dem Querbruche lassen die Turmalinconcretionen keine 
scharfe Grenze gegen ihre Umgebung erkennen, vielmehr ragen von 
der Peripherie kurze, dendritenartige, aus Turmalinkryställchen ge- 


0, 

5% Ky) 
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bildete Ausläufer in die glimmerfreie Randzone hinein). (Siehe 
Figur 5.) Das Mikroskop ergänzt diese makroskopisch, sowie mit der 
Lupe gewonnenen Resultate dahin, dass man den in kurzen Säulchen 
auftretenden Turmalin häufig sowohl mit dem Orthoklas wie auch 
mit dem Quarz schriftgranitisch verwachsen sieht. Zuweilen zieht 
mitten durch einen Orthoklas ein Streifen Turmalin, der nach beiden 
Seiten hin durch zackenartige Ausbuchtungen mit der Feldspathsub- 
stanz innig verzahnt ist. An accessorischen Mineralien trifft man in 
diesem Granit den Apatit, der in umfangreichen Kornaggregaten 
vorkommt. 


!) Ebenso beschaffene „Turmalinnester“ beschreibt Zirkel aus dem klein- 
körnigen Pyrenäengranit von Panticosa. (Beitr. z. geol. Kenntnis d. Pyrenäen. 
Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1867, S. 95.) 


602 Carl Gäbert. [22] 


Flussspath in kleinen, unregelmässig begrenzten,  wasserhellen 
Partien und reich an Interpositionen, findet man besonders häufig in 
dem bei Schneuse 10 im Zwieselbachthale an der Strasse anstehenden 
Granit. Nur in einem Präparate wurde Zinnstein mit Sicherheit 
nachgewiesen. Derselbe bildet hier einen kurz-säulenförmigen, stark 
lichtbrechenden Krystall, der eine ausserordentlich feine, in der Aus- 
bildung an Plagiokias erinnernde Zwillingsstreifung nach ? » (101) 
aufweist. Endlich kommt auch der Andalusit accessorisch in 
diesem Granit vor. Derselbe bildet kleine oblonge, unvollkommen 
begrenzte Krystalle sowie Körnchen und ist mit kräftigem röthlichen 
Pleochroismus versehen. Meist trifft man ihn mit Quarz vergesell- 
schaftet, in welchen er auch eingelagert erscheint. Die Länge dieser 
Andalusitkryställchen beträgt im Durchschnitt 0'16 mm. Einige davon 
zeigen bei Wahrung ihrer angedeuteten Krystallform eine theilweise 
Umwandlung in Muscovit. 

Der nördlich vom Muckenbühl an den Südrand der Graslitzer 
Schieferzunge heranreichende, mittelkörnig-porphyrartige 
Granit ist ein Biotitgranit, der in makroskopischer wie auch mikro- 
skopischer Hinsicht einigermassen dem sogleich näher zu beschreiben- 
den Gestein vom Katzenfels gleicht. Von den Feldspathen fehlt ihm 
der Mikroklin. Sein theilweise zu Chlorit umgewandelter Biotit ent- 
behrt der Rutilnädelchen, besitzt hingegen recht zahlreiche Einschlüsse 
von Zirkon. Einzelne der kurzsäulenförmigen Zirkonkrystalle messen 
025 mm. 

Der die nördliche Verlängerung des Glasberges (Katzenfels) 
sowie die nach dem O-Fusse des Hausberges abfallende Berglehne 
aufbauende Granit ist als ein kleinkörnig-porphyrartiger 
Biotitgranit zu bezeichnen. Das in allen Componenten sehr frisch 
erhaltene Mineralgemenge besitzt etwa Hirsekorngrösse. Darin liegen 
ausserordentlich zahlreiche, blendend weisse oder schwach bläulich- 
weisse Orthoklase, die häufig eine Länge von 10 cm erreichen. In 
einer in der Umgebung der Graslitzer Schieferzunge sonst nirgends 
wiederkehrenden Reichhaltigkeit treten in diesem Granite schmale, 
meist 1—3 cm, selten 10 cm breite Gänge eines lichten, ausser- 
ordentlich feinkörnigen Granites auf. 

An Feldspathen weist der Granit des Katzenfelses drei Varietäten 
auf. Der Orthoklas, der an Menge den Plagioklas wesentlich 
übertrifft, kommt meist als Karlsbader Zwilling vor. Seine Neigung 
zur Glimmer- und Kaolinbildung ist nicht sehr gross. Häufig ver- 
rathen sich bei Prüfung mit + Nicols randliche Anwachszonen von 
Orthoklassubstanz. Als Einschlüsse führt er vereinzelt Apatitkry- 
ställchen, sowie zahlreiche Quarz- und Glimmerpartikel, letztere 
wiederum mit Apatit- und Zirkoneinschlüssen. ZallR 

Fast jeder der grossen, porphyrartig ausgeschiedenen Orthoklas- 
zwillinge beherbergt eine grosse Menge von schwarzen oder schwarz- 
braunen Glimmerkrystallen. Dieselben sind meist randlich zonar in 
Gestalt von 1—2 mm grossen Blättchen eingelagert und zeigen in. 
einigen Fällen die Tendenz, sich parallel den benachbarten Flächen 
der Prismenzone des Orthoklases anzuordnen. Zuweilen liegen, zwei: 
oder drei solcher Zonen concentrisch nebeneinander. Ein senkrecht: zur. 


[23] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 603 


Zwillingsebene parallel © P © orientirtes Präparat von einem solchen 
Feldspathe zeigte längs der ganzen Zwillingsnaht einen schmalen 
Streifen von Quarz, der mehrere, seitlich in die Orthoklasubsstanz 
hineinragende Ausbuchtungen aufwies (siehe Fig. 6). Plagioklas 
ist in diesen grossen porphyrartigen Einsprenglingen nur recht wenig 
ausgeschieden. Die in einem grösseren Orthoklaskrystall auftretenden 
Plagioklaseinschlüsse sind unter sich immer optisch gleich orientirt 
und ferner so eingelagert, dass ihre polysynthetischen Zwillingsnähte 
parallel gehen der Zwillingsnaht des sie beherbergenden Karlsbader 


Fig. 6. 


Orthoklases. Der Plagioklas ist in der Regel homogen, doch kommt 
er hin und wieder auch in lamellarer perthitischer Verwachsung mit 
dem ÖOrthoklas vor. Der Mikroklin, der sich durch sehr deutlich 
sichtbare Gitterstructur verräth, findet sich ziemlich häufig, und zwar 


Fig. 7.» Mikroklin-Orthoklas-Zwilling. 


Quarz 


Biotit 


in isolirten Individuen. Die Gitterung ist meist über den ganzen Durch- 
schnitt hin gleichmässig entwickelt, doch kommen auch Fälle vor, 
bei denen entweder nur die Randpartien oder auch kleine centrale 
Theile eines sonst als Orthoklas zu deutenden Feldspathes als Mikro- 
klin sich erwiesen. Einmal wurde beobachtet, dass ein grösserer 
Karlsbader Zwilling zur einen Hälfte aus Orthoklas (0), zur andern 
aus deutlich erkennbarem Mikroklin (M) gebildet war, so dass also 
die Grenze zwischen beiden mit der Zwillingsnaht (Z) zusammenfiel 
(siehe Fig. 7.) Dieses interessante Vorkommen spricht neben anderen 


604 Car! Gäbert. [24] 


Thatsachen ebenfalls gegen eine etwa anzunehmende Dimorphie 
beider Feldspathsubstanzen. Der Quarz tritt in unregelmässig be- 
srenzten Körnchen auf, die meist undulöse Auslöschung zeigen. An 
Flüssigkeitseinschlüssen, welche ihn in Gestalt feinster, netzartig ver- 
theilter Punktlinien durchziehen, ist er reich, hingegen an kry- 
stallisirten Einschlüssen arm. An einem Präparat wurde beobachtet, 
dass der Quarz sowohl im Orthoklas wie auch im Plagioklas randlich 
perlschnurartig eingelagert ist. Die nur selten krystallographisch 
begrenzten und mehr Wassertröpfcehen ähnelnden Quarzkörner ragen 
zum Theil zur Hälfte aus dem Feldspath heraus (quartz de corrosion). 
Mehrfach sind diese Quarzkörner zum grössten Theil optisch gleich- 
sinnig orientirt. Liegen zwei oder mehrere Reihen solcher die Feld- 
spathe einrahmenden und randlich durchbohrenden Quarzkörner 


Fig. 8. 


eoncentrisch nebeneinander, so weist die innerste Reihe immer die 
kleinsten Körnchen auf. (Fig 8.) Der Glimmer, welcher nur als 
Biotit, zersetzt als Chlorit, erscheint, tritt in langen, brettchen- 
förmigen Lamellen, sowie in unregelmässigen Flocken auf. Seine 
Absorption ist so kräftig, dass blassgelbe Töne sich in dunkel-braun- 
rothe, ja schwarze umschalten. Mechanische Deformationen gewahrt 
man höchst selten. Bezüglich der accessorischen Interpo- 
sitionen gewann eines der Präparate dadurch besonderes Interesse, 
dass dasselbe ein kleines Piemontit-Kryställchen aufwies. Dasselbe 
war einem grösseren Quarzkorn eingelagert und verrieth sich durch 
seinen eigenthümlich auffallenden Pleochroismus, welcher sich zwischen 
blass eitronengelb (a) und amethystfarbig (b) abspielte, als zum Man- 
ganepidot gehörig. Leider gelang es nicht, in den übrigen Schliffen 
noch weitere Vertreter dieses Minerals zu finden. i 

Hin und wieder stellen sich in dem eben beschriebenen Biotit- 
granit basische Ausscheidungen ein. Dieselben bestehen, wie 


ee 


[25] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 605 


das Mikroskop lehrt, fast ausschliesslich aus Biotit, ferner Quarz, 
Plagioklas und sehr wenig Orthoklas. Der Biotit tritt in winzigen, 
alle denkbaren Richtungen einnehmenden Flitterchen auf, der Quarz 
ist überreich an Apatiteinschlüssen. Die zuweilen in solchen dunklen 
Concretionen liegenden, porphyrartig sich abhebenden Orthoklase, 
deren manche 5 cm lang werden, zeigen, ob einfach oder verzwillingt, 
niemals scharfe Krystallform, sondern sind langelliptisch gerundet. 
Verfolgt man die Umrandung eines solchen mit basischer Ausscheidung 
umgebenen Orthoklases u. d. M., so gewahrt man, dass einzelne Biotit- 
Schüppchen sich — wenn man so sagen darf — in die äusseren 
Partien des Feldspatheinsprenglings hineinverlieren, so dass dessen 
Begrenzung nicht eben scharf erscheint. 

Der Granit des Katzenfelses wird nun, wie oben angedeutet, 
von zahlreichen, meist nur 1 bis 3cm breiten Gängen eines ausser- 
ordentlich feinkörnigen Granites durchschwärmt. Da derselbe der 
Verwitterung grösseren Widerstand leistet, als der ihn umgebende 
normalkörnige Granit, so markiren sich die feinen Gänge auf den 
umherliegenden Blöcken sowie an den anstehenden Granitpartien 
als striemen- oder schwielenartige Erhöhungen. Am besten lässt sich 
dieser feinkörnige Granit an den festungsartigen Felsengruppen des 
eigentlichen Katzenfelses studiren. Hier sieht man, wie schon Laube 
l. ec. S. 34 hervorhebt, „einen etwa 5cm mächtigen Gang sehr 
deutlich an jenem Gestein absetzen“ !). Und nicht allein dieser 
saiger einfallende, zum Studium dieses Ganggranites besonders ge- 
eignete Gang weist ein äusserst scharfes Salband auf, sondern 
letzteres zeichnet auch die nur 1cm breiten, in den umherliegenden 
Blöcken zu sehenden Gänge aus. Dagegen wird man vergeblich nach 
einem Gangvorkommen suchen, wo etwa der feinkörnige Granit in 
den normalkörnigen allmälig nach Art mancher Schlieren über- 
geht). Neigt man nun auf Grund der makroskopischen Betrachtung 
bezüglich einer genetischen Erklärung dieser Gänge schon a priori 
dahin, dieselben als echte Spaltengänge aufzufassen, so wird man 
durch die mikroskopische Untersuchung in dieser Ansicht erst recht 
bestärkt. Der Ganggranit weist nämlich in Bezug auf seine petro- 
graphische Zusammensetzung tiefgreifende Unterschiede seinem Neben- 
gestein gegenüber auf. Der in letzterem so zahlreich und in grösseren 
Blättehen auftretende Biotit (s. o.), fehlt bis auf höchst dürftige Reste, 
die z. Th. gebleicht sind. Von Feldspathen, die in der oben ge- 
schilderten Weise hier ebenfalls, und zwar recht häufig, perlschnur- 
artig am Rande mit Quarzkörnchen durchschossen sind, trifft man 
nur Plagioklas und Orthoklas, während der Mikroklin fehlt. Den 
Apatit vermisst man auffallenderweise völlig, dafür stellt sich als 
neuer und wesentlicher Gemengtheil der in dem Normalgranit 


1) 8.35 sagt Laube von demselben Gange: „An dem Ganggranit des Katzen- 
felses sieht man sowohl die Gangmasse als das Nebengestein umgekehrt ineinander 
hineinragen. r 

2) Bei der genetischen Deutung der Gänge sagt Laube |. c. S. 35: „Dafür 
(dass die Gänge concretionäre Gebilde seien), spricht in ungemein bezeichnender 
Weise der Mangel eines Salbandes.“ Vergl. damit das oben angeführte Citat 
Laube’s von S. 34. 


Jalırbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 77 


606 Carl Gäbert. [26] 


sänzlich fehlende Turmalin ein. Derselbe tritt in lang- 
sestreckten, sowie kurzsäulenförmigen Krystallen auf, die an- ihren 
Enden scharfe rhomboedrische Begrenzung aufweisen, zuweilen auch 
hemimorph ausgebildet sind. Die intensive Absorption macht sich in 
dem Wechsel von hellgelblichen und dunkelbraunen bis schwärzlichen 
Tönen bemerkbar. In den meisten Fällen sind die Krystalle nicht 
homogen, sondern von rundlichen Quarzkörnern durchwachsen. Daher 
hat es den Anschein, als wäre der nur noch ein Skelett darstellende 
Turmalinkrystall überall durchlöchert und zerfressen. Irgendwelche 
Gesetzmässigkeit in Hinsicht auf die optische ÖOrientirung dieser 
Quarzkörnchen untereinander besteht nicht (Fig. 9). Ein Präparat, 
welches zur einen Hälfte aus dem feinkörnigen Granit des Ganges 
und zur anderen aus dem normalkörnigen Nebengestein besteht und 
das Salband des ersteren u. d. M. zu verfolgen gestattet, zeigt, dass 
eine wohl charakterisirte, scharfe Grenze zwischen beiden Mineral- 


Fig. 9. 


gemengen besteht, und dass insbesondere der Turmalin nirgends 
ausserhalb des Ganges anzutreffen ist. Sowohl die makroskopische, 
wie auch die mikroskopische Untersuchung, welch’ letztere sehr er- 
hebliche substantielle Unterschiede !) zwischen dem feinkörnigen 
Granit der Gänge und dem Normalgranit kund thut, dürfte die An- 
nahme eines besonderen Bildungsprocesses jenes Gang ggesteins eT- 
heischen. Wir können daher Laube nicht beipflichten, der für die 
bezeichnete Localität eine „concretionäre* Bildungsweise der Gänge 
verficht und dieselben secundär durch Auslaugung des Neben- 
Berieinee entstehen lässt?), sondern sehen in ihnen echte Injectionen, 


!) Das specifische Gewicht des Normalgranites beträgt 2'69, das des Gang- 
granites 2'64. — Nach Laubel. c. S. 20 u. 35 enthält der Normalgranit 72:27°/, SO, 
und 1'59°/, Mg 0, der Ganggranit 74 68°/, SiO, und 0'73°/, Mg O. 

2) Vergl. Laube l. c. 8. 35. Hier ist eine widerspruchsvolle Verquickung von 
Momenten zu bemerken, die theils für, theils gegen die Annahme einer concretionären 
Bildungsweise der Gänge sprechen, ferner geht aus jenen Zeilen deutlich hervor, 
dass sich Laube die Gänge überhaupt nicht als Concretionen, ‘sondern lediglich 
als secretionäre Gebilde vorstellte. .® : 


[27] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 607 


die „sogleich oder doch sehr bald nach der Erstarrung des sie ein- 
schliessenden Granites entstanden“, also gewissermassen „Nach- 
en desjenigen Magmas sind, welches den Normalgranit auf- 
aute. 

Der feinkörnige Granit, welcher besonders auf den höheren 
Theilen des Glasberges in zahlreichen kleinen Blöcken im Walde zu 
finden ist, muss wegen seiner Glimmerarmut als Aplit bezeichnet 
werden. Der spärlich darin enthaltene Biotit ist zum grössten Theile 
zu blassgrünlichem Chlorit gebleicht. Die meist stark zersetzten Feld- 
spathe sind durch Orthoklas und Plagioklas vertreten. Der Quarz ist 
auffallend arm an Flüssigkeitseinschlüssen. Von accessorischen Ge- 
mengtheilen bemerkt man opakes Eisenerz, sowie in einigen Schliffen 
zahlreiche, blutroth durchscheinende Hämatitpartikelchen, die zuweilen 
dem sonst gelblichen Granit eine schwach röthliche Färbung ver- 
leihen. Endlich führt dieser aplitische Granit nicht gerade selten 
Andalusitkryställchen, welche mit lebhaftem, rosarothen Pleo- 
chroismus ausgestattet sind. Bei dem grössten in einer Biotitschuppe 
eingebetteten Andalusitsäulchen misst ce = 0'44 mm. Fast sämmtliche 
Andalusitvorkommen sind theilweise in Muscovit umgewandelt. Dieser 
Process schreitet immer von der Peripherie nach den inneren Theilen 
des Krystalls vorwärts, welcher dann zuweilen mit Wahrung seiner 
Configuration in mehrere optisch natürlich gleich orientirte Körnchen 
zertheilt ist, zwischen denen die Muscovitsubstanz maschenartig hin- 
durchzieht. Noch sei betont, dass der Andalusit nicht gleichmässig 
in dem Granit vertheilt ist, sondern manche Präparate ganz frei 
davon sind. Wahrscheinlich sind jedoch diese Andalusitkryställchen 
gar nicht aus der ursprünglichen magmatischen Granitsubstanz heraus- 
geboren, sondern verdanken nebst dem sie begleitenden Biotit ihr 
Dasein einer Contactwirkung. In jener Gegend findet man nämlich 
— wie später gezeigt werden soll — Schiefereinschlüsse im Granit, 
die lediglich zu Andalusit und Biotit umgewandelt sind. Diese Ein- 
schlüsse sinken bis zu Erbsengrösse herab und die Art und Weise, 
wie der Andalusit alsdann im Granit auftritt (vergl. S. 621), ist die- 
selbe, wie in dem aplitischen Granit des Glasberges. Die Ver- 
muthung nun, dass diese kaum erbsengrossen Schiefereinschlüsse 
nicht die kleinsten Einschlüsse überhaupt sind, dürfte wohl berechtigt 
sein, und so sind diese aus Andalusit und Biotit bestehenden Par- 
tikelchen in dem Glasberg-Aplit vielleicht nur die contaetmetamorphen 
Endproducte winziger Schieferstäubchen, die wie jene grösseren 
Schieferstücken in den Granit hineingerathen sind. 

Das Studium der gegenseitigen Verbandsverhältnisse der 
einzelnen Granitvarietäten wird durch den grossen Mangel an 
guten Aufschlüssen im Granitterritorium sehr erschwert und erfordert 
behufs eingehender Darstellung die Berücksichtigung eines weit 
grösseren als des hier kartographisch fixirten Terrains. Mit Sicherheit 
konnte nur festgestellt werden, dass am Fusse sowie an den mittleren 
Gehängen des Glasberges ein mittelkörniger Granit ansteht, während 
in den äussersten Gipfelpartien dieses Berges!) sich das Korn ver- 


!) Dieselben sind mit 8134 und 8'8'5 bezeichnet. 
RT 


608 Carl Gäbert; [28] 


feinert. Da ausserdem auf den genannten Gipfeln sowie an deren 
höheren Gehängen zahlreiche kleinere Blöcke eines sehr feinkörnigen 
aplitischen Granites zu finden sind (s. S. 607), so ist nach Analogie 
der an anderen Stellen des Eibenstoeker Massivs gemachten Beob- 
achtungen !) wohl anzunehmen, dass der heutige Rücken des Glas- 
berges ehemals von einer feinkörnigen Granitmasse als oberer Rand- 
facies des Eibenstocker Massivs überlagert wurde, deren Denudations- 
reste jene Blöcke sind. 

Die von der jeweiligen Structur des Gesteins recht abhängigen 
Verwitterungserscheinungen des das Eibenstocker Massiv 
aufbauenden Granites sind mehrfach genau untersucht worden ?) und 
die dabei gewonnenen Resultate finden auch auf die Granit-Umgebung 
der Graslitzer Schieferzunge Anwendung. Deshalb sei hier nur auf 
die oben angegebene Literatur verwiesen. Ein Landschaftsbild von 
pittoresker Schönheit hat die den Klüften des Granits folgende Ver- 
witterung in der wildzerrissenen, kühne Pfeiler- und Nadelformen 
aufweisenden Thalschlucht des sog. Reitsteigs bei Nancy geschaffen. 


Die eigentliche Schieferzunge. 
Gliederung und Verbandsverhältnisse der Phyllitformation. 

Das Schiefergebirge, welches das westliche Randgebiet von 
Section Aschberg sowie die Graslitzer Schieferzunge aufbaut, gehört 
der Phyllitformation an, welche hier von der westlich an- 
serenzenden Section Zwota übergreift. Dieselbe zerfällt, wie durch 
die königl. sächsische geolog. Landesuntersuchung festgestellt worden 
ist®), in zwei Abtheilungen: eine untere, der glimmerigen und eine 
obere, der mehr thonschieferähnlichen Phyllite %). Letztere. setzen, 
wie bereits auf Seite 591 und 592 constatirt wurde, in Gestalt eines 
nach NW offenen, hufeisenförmigen Bogens fast das ganze Areal von 
Section Zwota zusammen. Dieser Bogen greift mit seinem östlichsten 
Streifen, also mit seinen tieferen Complexen, auf das Gebiet von 
Section Aschberg so weit über, dass nur der westlich von Eiben- 
und Hausberg gelegene Abhang des Grünberges noch dem unteren 
Niveau der oberen Abtheilung der Phyllitformation zuzurechnen ist, 
während das am Fusse des Grünberges sich hinziehende Thal des 
Schwaderbaches bereits in die untere Abtheilung der Phyllitformation 
einschneidet, welcher dann das gesammte übrige, also östlich vom 
Schwaderbach gelegene Schieferterritorium einschliesslich der Gras- 
litzer Schieferzunge angehört. Nur auf dem Gipfel des Eibenberges 
— etwa 300 m nördlich vom Höhenmarkstein — liegt noch ein Lappen 
von dünnschieferigen Phylliten der oberen Phyllitformation, welcher, 
wie das nachstehende Profil, Fig. 10 veranschaulichen soll, durch das 
Schwaderbacher Thal seines Zusammenhanges mit den auf dessen 
anderen Gehängen sich ausbreitenden Phylliten beraubt worden ist. 


!) Vergl. Erl. zu Sect. Schneeberg S. 12; zu Sect. Eibenstock 8. 14. 

°’) S. bes. Erl. z. Sect, Eibenstock S. 23—28. 

®) Erl. z. Sect. Zwota 8. 2—15. 

*) Ueber die Charakteristica dieser beiden Abtheilungen vergl. Erl. zu den 
Sectionen: Lössnitz S. 11, Schneeberg S. 35—36, Schwarzenberg S. 67—69 etc 


[29] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 609 


Das Streichen der Schiefer ist im allgemeinen NS, das Einfallen 
20—30° nach W. Schon hiernach muss die weiter östlich liegende 
Graslitzer Schieferzunge dem untersten Horizonte der Phyllit- 
formation angehören, eine Thatsache, die durch die allgemeine Tek- 
tonik des dortigen Schiefergebirges bestätigt wird, indem jene Zunge 
von contactmetamorphen Schiefern in den Radius desjenigen Bogens 
fällt, der von Annathal—Rothau aus in die Section Aschberg eintritt 
(s. auch 8. 591). In petrographischer Hinsicht lassen sich im 
Verlauf dieser bogenförmigen Zone zweierlei für die untere Phyllit- 
formation des Erzgebirges und Vogtlandes höchst charakteristische 
Gesteinstypen constatiren. Der bis an die südliche Grenze von Asch- 
berg heranreichende Theil derselben ist durch echte „Albitphyllite“ 
gekennzeichnet, welche ausserordentlich zahlreiche, etwa 1 mm grosse 
Feldspathkörnchen enthalten. Der über das eigentliche Gebiet von 
Section Aschberg hinziehende Bogentheil, vornehmlich die Graslitzer 


Fig. 10. 
Schwaderbachthal. Eibenberg. Silberbachthal. 
Gruenberg. ! 


DEBEE: WEI TZ ER 
b Untere Quarzit- Andalusit- 
Phyllitformation. Phyllitformation. schiefer. Glimmerschiefer. 
Schieferzunge, besteht — oder bestand ursprünglich — aus Quarz- 


phylliten. Beide Phyilitvarietäten sind in ihren Complexen petro- 
graphisch nicht scharf von einander geschieden, sondern es findet 
ein Uebergang in der Weise statt, dass die Albitkörnchen, je mehr 
man sich den echten Quarzphylliten nähert, immer spärlicher werden 
oder nur noch sporadisch auftreten und endlich ganz verschwinden. 
Wo innerhalb der hier allein in Frage kommenden Zone der Quarz- 
phyllite noch solche Albitkörnchen sporadisch auftauchen, soll dies 
bei der mikroskopischen Beschreibung hervorgehoben werden. 

Was nun den zunächst in den unveränderten Quarzphylliten 
in reichem Maße auftretenden Quarz anlangt, so bildet derselbe, 
wie man an anstehendem Schiefergebirge des Eibenberges und vor- 
züglich auf dessen Berghalden beobachten kann, theils schlank linsen- 
förmige, mitunter schneeweisse, bis 025 m mächtige Einlagerungen, 
theils kleinere lenticuläre Schmitzen und Augen, oder er durchzieht 
den Phyllit in Form zahlreicher dünner Blätter. In letzterem Falle 
hat das Gestein auf dem Querbruche ein gebändertes Aussehen. 
Noch deutlicher und in noch grösserer Häufigkeit lassen sich diese 


610 Carl Gäbert. | [30] 


Quarzeinlagerungen an den contactmetamorphen Schiefern des 
Hausberges beobachten, wo sie besonders in den obersten, die Kamm- 
linie des Berges einnehmenden Horizonten zu überwuchernder Ent- 
wicklung gelangen. Endlich weist auch die ganze Reihe der’ im 
höchsten Stadium der Metamorphose befindlichen Glieder der Gras- 
litzer Schieferzunge — gleichviel ob an deren östlichem Ende bei 
Schieferhütten oder am Tobisen- oder Eselsberge anstehend — con- 
stant diese zahlreichen flachen Linsen und Schmitzen von Quarz auf. 

Mit der Eruption des die Schiefer alterirenden Granites dürfen 
dieselben entschieden nicht in Zusammenhang gebracht werden, da 
sich ihr Auftreten, wie bereits erwähnt, in völlig gleicher Ausbildung 
und Reichlichkeit im gesammten Gebiete der erzgebirgisch-vogt- 
ländischen unteren Phyllitformation wiederholt, und zwar in voll- 
ständigster Unabhängigkeit von irgend einem Eruptivgestein, als eine 
für diese Stufe charakteristische Eigenthümlichkeit. 

Nach allem Gesagten verweisen sowohl Verbandsverkilien 
und Tektonik, wie selbst durch den Contactmetamorphismus nicht 
verwischte petrographische Merkmale die Schichtencomplexe der 
Graslitzer Schieferzunge in das Niveau der unteren Phyllitformation. 


Die unveränderten Phyllite. 


Die Farbe der hier in Frage kommenden Phyllite ist haupt- 
sächlich ein helles Grün, nur local stellen sich violette oder graue 
Töne ein. Die Spaitungsflächen weisen den bekannten seidenartigen 
Schimmer auf, der in den der unteren Phyllitformation angehören- 
den Schieferpartien zuweilen einem halbmetallischen Glanze sich 
nähert. Transversale Schieferung konnte nirgends beobachtet werden, 
ebenso sind Stauchungen und Biegungen der Schiefer nicht häufig 
zu bemerken. Hin und wieder findet man auf Spaltungsflächen eine 
feine Fältelung, die auf Druckwirkungen hindeutet. 

Unter dem Mikroskop lässt die Mehrzahl der Schliffe ein 
äusserst kleinkörniges und feinschuppiges Gemenge von Quarz, Chlorit 
und opakem Eisenerz erkennen. Der pleochroitische Chlorit ist 
von hellgrüner, gelbgrauer bis gelblicher Farbe und. bisweilen so 
verblasst, dass er dem Muscovit täuschend ähnlich sieht. In einigen 
Schliffen ist jedoch ein Theil des Glimmerminerals auch als echter 
Muscovit anzusprechen. Der chloritische Glimmer ist in feinen 
und lang ausgezogenen Lamellen, zuweilen auch, in minimalen’ rund- 
lichen Blättchen vertreten. In der Regel bequemen sich die Chlorit- 
wie Muscovitschüppchen den zahlreichen Quarzkörnchen an, zwischen 
denen sie sich hindurchwinden oder welche sie augenartig einhüllen, 
doch beobachtet man auch regellos eingelagerte oder rosettenartig 
gruppirte Glimmerpartien. Der Quarz bildet zahlreiche kleinste 
Körnchen von meist eckiger Begrenzung. Flüssigkeitseinschlüsse 
oder Interpositionen anderer Art besitzt er sogut wie gar nicht. 
Das ist in Anbetracht der ungeheuren Menge von Flüssigkeitsein- 
schlüssen, die in den später zu besprechenden, das Schiefergestein 
in Form mächtiger Linsen durchziehenden Quarzmassen vorkommen, 
immerhin auffallend. Während manche Präparate mit opaken Eisen- 


[31] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 611 


erzpartikeln wie überschüttet erscheinen, weisen andere recht wenig 
davon auf. Da man zwei solcher verschiedener Präparate aus nächster 
Nachbarschaft erhalten kann, so sind die Eisenerzpartikel ohne Zweifel 
sehr ungleichmässig in der Schiefermasse vertheilt. Höchst spärlich 
tritt der Hämatit auf; in dem Phyllit des Grünberges war derselbe 
gar nicht, in dem des Eibenberges nur in sehr kleinen, unregel- 
mässig begrenzten Partien anzutreffen, und zwar purpurfarben durch- 
scheinend. . Dagegen fehlen in keinem Schliffe die bekannten accesso- 
rischen Turmalinsäulchen, die durchschnittlich eine Länge von 
0:04 mm erreichen. Ganz besonders ist noch des Rutils als accesso- 
rischen Gemengtheils zu gedenken. Er zeigt sich als feine, staub- 
ähnliche Partikelchen durch die ganze Phyllitmasse vertheilt; stellen- 
weise .sind dieselben in der letzteren so reichlich angehäuft, dass 
bei schwacher Vergrösserung trübe, blassgelbliche oder graue Flecken 
erscheinen, welche sehr oft das ganze Gesichtsfeld einnehmen. Bei 
stärkerer Vergrösserung wird in diesen Stellen eine Unzahl feiner, 
keulen- und traubenförmiger Rutilgebilde sichtbar, deren jedes ein- 
zelne widerum aus fast submikroskopisch kleinen Kügelchen zusammen- 
geschart erscheint. Dazwischen liegen auch scharfbegrenzte Rutilnadeln, 
‘sowie Knie- und Herzzwillinge. Recht häufig bemerkt man, dass 
diese Rutilaggregationen in Form trüber paralleler Ströme oder Bänder, 
zwischen denen rutilärmere Streifen liegen, das Gestein durch- 
ziehen. Bei solcher. Vertheilung des Rutils im Verein mit der oben 
beschriebenen Anordnung der Quarzkörnchen und Chloritschuppen 
erinnert der mikroskopische Gesammteindruck mancher Phyllitprä- 
parate an die Mikrofluetuationsstructur vulkanischer Gesteine. Makro- 
skopisch kommt die bänder- und streifenartige Vertheilung des Rutils 
am. Gestein nicht zum Ausdruck. Der aus der Tiefe des Eibenberges 
stammende, aussergewöhnlich frische Phyllit wies recht wenig Rutil 
auf, während sich letzterer in verwitterten Gesteinspartien, sowie 
insbesondere in Lesestücken in auffallender Weise vorfand. Vielleicht 
ist also ein Theil dieses Minerals secundärer Entstehung). Höchst 
local trifft man in den Phylliten kleine Albitkörnchen an, so 
z. B. an der Strasse von Untergraslitz nach Annathal, gegenüber dem 
Bahnhofe Untergraslitz. 

Diese zum Theil mit Körnern, ganz besonders aber mit un- 
zähligen feinsten Nädelchen von Rutil erfüllten Albite, sind von 
wasserheller Farbe; hin und wieder sieht man zwei Individuen nach 
dem Albitgesetz verzwillingt. Etwas weniger selten als Hämatit be- 
merkt man in den meisten Schliffen Zirkonkryställchen. Diesen 
äusserst ähnlich ist ein. anderes, ebenfalls stark lichtbrechendes und 
mit hohen Polarisationsfarben ausgestattetes Mineral, das in kleinen, 
prismenähnlichen Körnern auftritt, optisch zweiaxig ist und schief 
gegen die ‚Längsrichtung auslöscht. Diese wasserhellen Körnchen 
haben meist einen Stich ins Bläuliche, doch konnte deren Natur 
nicht mit Sicherheit festgestellt werden. | 
Schliesslich wurde noch derjenige Quarz einer mikroskopischen 
Untersuchung unterzogen, der die oben beschriebenen lenticulären 


1) Ueber die quantitativen Verhältnisse der Titansäure s. S. 619. 


612 Carl Gäbert. [32] 


Massen im Phyllitgebirge bildet. Derselbe besteht aus grösseren, meist 
das ganze Gesichtsfeld einnehmenden, unregelmässig begrenzten Kör- 
nern, die sich durch sehr intensive undulöse Auslöschung auszeichnen. 
Hin und wieder bemerkt man auch längs der im polarisirten Lichte 
sich verrathenden und höchst sonderbar gewundenen Grenze zweier 
solcher Quarzindividuen einen schmalen Mikrobeccien-Rand. Die Druck- 
phänomene sind also innerhalb der Quarzlinsen stärker zum Aus- 
druck gekommen als in der eigentlichen Phyllitsubstanz. Während 
die zahlreichen winzigen, die Phyllitmasse mit aufbauenden Quarz- 
körnchen, wie oben bemerkt, fast ganz frei von Einschlüssen sind, 
beherbergt der Quarz jener isolirten Linsen eine ungeheure Menge 
von Flüssigkeitseinschlüssen. Die lenticulären Quarzmassen sind in 
der Regel nicht ganz homogen, sondern von einer tiefgrünen, netz- 
oder trumartig vertheilten Masse nach verschiedenen Richtungen hin 
durchzogen. Auch bemerkt man häufig in dem Quarz oder in den 
oerünen Trümern Kryställchen und Schmitzen von Schwefelkies 
eingesprengt. U. d. M. verräth sich die dunkelgrüne Substanz als 
ein feinfaseriger Chlorit, dessen Fasern theils parallel, theils fächer- 
und rosettenartig gruppirt und stark pleochroitisch sind. In dem 
Chlorit oder in dessen nächster Nachbarschaft findet man regelmässig 
opake rundliche Eisenerzpartikel. Niemals treten letztere in- 
mitten der reinen Quarzmasse auf. Ebenfalls an das Auftreten des 
Chlorits ist ein ferneres Mineral gebunden, das vorwiegend in langen 
prismatischen Säulen ohne Endflächen vorkommt. Durch sein mar- 
kantes wasserhelles Relief, seine eigenthümlich blaugrauen Polari- 
sationsfarben und seine zahlreichen Flüssigkeitseinschlüsse, ferner 
durch den an sechsseitigen Querschnitten gemessenen Prismenwinkel 
von 116°, sowie die gerade Auslöschung gibt sich dasselbe als Zoisit 
zu erkennen. Ausserdem beherbergen einzelne dieser Quarzlinsen auch 
noch Granatkryställchen, die zahlreiche Sprünge, sowie Einlagerungen 
kohliger Substanz aufweisen. Zu betonen ist noch, dass der Granat 
in der unveränderten eigentlichen Phyllitsubstanz fast gar nicht vor- 
kommt, und dass der Zoisit, ausser in den Quarzlinsen, nirgends an- 
zutreffen ist). | 


Die metamorphosirten Phyllite. 


Geographische Begrenzung der Contactschiefer. — Allgemeine Charakteristik der- 
selben. — Aeussere und innere Contactzone. — Mikroskopische Untersuchungen. 


Auf den die sächsischen Antheile des Eibenstocker Granitmassivs 
und seiner Nachbarschaft zur Darstellung bringenden Sectionen der 
geologischen Specialkarte von Sachsen ist ein das gesammte Massiv 
umgürtender Contacthof farbig abgehoben, der in der NO-Ecke der 
Section Zwota mit etwa 1400 m Breite auf die Section Aschberg 
übertritt und sich hier bei ungefähr gleichbleibender Breite über den 


‘) Vielleicht bergen überhaupt die Quarzlinsen der Phyllite, Glimmerschiefer 
und Gneisse noch manches interessante mikroskopische Mineralvorkommen. Es 
wird dies dadurch nicht unwahrscheinlich, dass viele allbekannte, schöne Mineralien, 
als deren Heimatsstätte die krystallinischen Schiefer angegeben werden, gar nicht 
in diesen letzteren selbst, sondern in deren Quarzlinsen zu finden sind. 


mir 


[33] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 613 


Aschberg hinweg nach dem Silberbachthale herabzieht. Von hier aus 
läuft die äussere (westliche) Grenze des Contacthofes, wie unsere, 
dieser Arbeit beigegebene Specialkarte zeigt, fast 2 km in diesem 
Thale hin, so dass die gesammte, östlich davon liegende, weit in das 
Granitterrain übergreifende Graslitzer Schieferzunge innerhalb des 
Contactbereiches liegt. Am SO-Fusse des Eibenberges wendet sich 
die äussere Contactgrenze wieder auf das rechte Ufer des Silber- 
baches und zieht alsdann zwischen Eiben- und Hausberg hinüber in 
das Thal des Schwaderbaches. Auch der gesammte Hausberg gehört 
mithin zum Contacthofe. Am S-Fusse dieses Berges greift noch- 
mals ein Lappen des metamorphen Pbhyllits auf den Granit, und zwar 
auf den des Glasberges über, wodurch die Contactzone eine plötz- 
liche Verbreiterung erfährt. Nach SO über das Dorf Pechbach 
ziehend, erreicht sodann der Contacthof die südliche Sectionsgrenze. 

Um ein Gesammtbild der durch den Contact mit dem Eiben- 
stocker Granit erzeugten metamorphen Producte zu geben, sollen die 
Haupttypen der metamorphosirten Phyllite zunächst 
makroskopisch geschildert werden. Geht man aus dem Gebiet 
der unveränderten Schiefer nach der Granitgrenze vor, so gewahrt 
man als erstes deutliches Anzeichen der Contactmetamorphose sch wärz- 
liche oder schmutziggrüne, in verwittertem Gestein gelbbraun aus- 
sehende Flecken auf den Spaltungsflächen der Schiefermasse. Diese 
meist reiskorngrossen Flecken treten ziemlich unvermittelt auf; eine 
Zone, in der sie etwa zuerst nur spärlich, sodann in dichterer Scharung 
sich einstellten, ist nicht vorhanden; nur ist zu bemerken, dass ihre 
Umgrenzung anfänglich verschwommen ist, später aber sich schärfer 
gestaltet. An dem nach dem Silberbache zu gelegenen Abhang des 
Tobisen-), sowie am W-Abfall des Schneiderberges (gegenüber der 
Fabrik von de Ball u. Co.), endlich auch am Eingang des Bleigrund- 
thales gegenüber dem Bahnhofe von Untergraslitz haben jene Flecken 
ausgezeichnete garben- und büschelförmige Gestalt. Dass der Mehr- 
zahl dieser „Flecken“ drei Dimensionen zukommen, sieht man ausser 
auf dem Querbruche der Handstücke, besonders an den der Ver- 
witterung schutzlos ausgesetzten Schieferpartien, wo mitunter an Stelle 
eines jeden solchen ausgewitterten Fleckens ein Hohlraum zurück- 
geblieben ist. Die Härte, sowie die Spaltbarkeit der Schiefermasse 
sind in diesem ersten Entwicklungsabschnitt der Metamorphose scheinbar 
noch gar nicht alterirt. Nach dem Beispiele Rosenbusch’s, sowie 
nach dem Vorgange der textlichen Beschreibung des Eibenstocker 
Contacthofes, besonders auf den Sectionen Schneeberg, Schwarzenberg, 
Auerbach und Eibenstock der geologischen Specialkarte von Sachsen, 
ist dieses erste Stadium der Metamorphose als Zone der Fleck- 
oder Fruchtschiefer mit unveränderter Schiefergrund- 
masse zu bezeichnen. 

Weiter nach der Granitgrenze hin behaupten sich zwar die 
immer deutlicher individualisirten Fleck- und Knotengebilde, doch 
macht die normale Schiefergrundmasse allmälig einem härteren, 
mehr krystallinischen und nicht mehr in so dünne Blätter spaltenden 


1) Unmittelbar bei einer am Bache gelegenen Schneidemühle 
Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 18 


614 Carl Gäbert. - [34] 


Schiefergestein Platz. in welchem der Glimmer, darunter der früher 
nirgends zu gewahrende Biotit, in wohlzuerkennenden Blättchen und. 
Schüppchen eine Hauptrolle spielt. Der chloritische Glimmer tritt 
in diesem Stadium sehr stark zurück. Die hierher gehörigen Ge- 
steine werden als Fruchtschiefer mit krystallinischer 
Schiefergrundmasse bezeichnet. Man findet dieselben u. a. in 
den höheren Theilen des Ostabfalls des Hausberges. 

Das höchste Stadium der Metamorphose endlich ist in dieser 
Gegend ein dickschieferiges, durch und durch krystallines Gestein, 
dessen Haupteomponenten Biotit, Andalusit und Quarz, local auch 
Cordierit sind, und welches die Zowe der Andalusitglimmer- 
schiefer repräsentirt. 

Vergeblich sucht man hier die auf einigen sächsischen Nachbar- 
sectionen in directem Contact mit dem Granit entwickelten und deshalb 
die Producte der intensivsten Metamorphose darstellenden Andalusit- 
glimmerfelse oder Hornfelse. Dass es zu einer Ausbildung der- 
selben nirgends gekommen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, 
dass der Quarz den Phyllit ursprünglich parallel zur Schieferung in 
sehr zahlreichen Lamellen und schlanken Linsen (s. S. 609) durchzieht, 
wodurch selbst den in unmittelbarsten Contact mit dem Granit ge- 
tretenen Schieferpartien, ja sogar den rings von Granit umgebenen 
Schiefereinschlüssen ein deutlich schieferiges Gefüge gewahrt blieb. 
Dass aber das an anderen Localitäten in den Andalusitglimmerfelsen 
zum Ausdruck gebrachte höchste Stadium der Metamorphose ‚auch 
hier erreicht ist, erkennt man dann, wenn man die zwischen den 
Quarzlinsen und -Lagen eingeschaltete, in günstigen Fällen 1cm dicke 
krystallinische Masse für sich allein betrachtet; herausgelöste Stücke 
derselben sind von einem Andalusitglimmersfels - Splitter nicht zu 
unterscheiden. 

Die grösste petrographische Manniegfaltigkeit weisen die das eben 
beschriebene dritte Stadium der Contactmetamorphose repräsentirenden 
Andalusitglimmerschiefer auf. Dieselben haben meist schwärz- 
liche oder schwarzblaue, auch graue Farbe und sind theilweise ausser- 
ordentlich dicht und hart, sodass sie unter dem Hammer wie Phonolith 
erklingen (Plattenberg). An anderen Orten, so z. B. am SO-Abfall 
des Tobisenberges, weisen sie sehr grobkrystallines Gefüge auf und 
erinnern in ihrer Structur an Glimmerschiefer. Der Glimmer durch- 
zieht das Gestein z. Th. in schuppigen, der Schieferung parallelen 
Häuten, z. Th. ist er gleichmässig in demselben vertheilt. Während 
ferner z. B. am O-Abhang des Hausberges überall der Andalusit in 
den Contactschiefern makroskopisch auftritt und an angewitterten 
Stücken weizenkornähnliche Hervorragungen bildet (besonders schön 
an den am Fusse des Hausberges im Silberbache liegenden Schiefer- 
schollen), fehlt derselbe auf grössere Erstreckungen ganz, um dem 
Cordierit Platz zu machen (Kleiner Hirschberg, Plattenberg). 

Auffallend mannigfach auf kleinem Raum ist der petrographische 
Habitus der lediglich aus Andalusit-, resp. Cordieritglimmerschiefer 
bestehenden eigentlichen Graslitzer Schieferzunge. Der Grund hierfür 
liegt höchstwahrscheinlich nicht allein in der von Anfang an gegebenen 
verschiedenartigen Beschaffenheit des der Metamorphose anheimge- 


I 


[35] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 615 


fallenen Schiefermaterials, sondern auch in den jeweiligen vertiealen 
Dimensionen der lappenartig übergreifenden Schieferzunge und 
dem dadurch bedingten Metamorphosirungsgrade. Ohne Zweifel hat 
der Schieferlappen nicht überall dieselbe Dicke, weil seine unter- 
irdische Auflagerungsfläche nicht glatt und eben, sondern undulirend 
oder stufig verlaufen wird. Mithin mag also der verschiedenartige 
petrographische Habitus der metamorphen Schiefer der Ausdruck dafür 
sein, dass man beispielsweise hier die unterirdische Granitgrenze 


vielleicht in 10, dort erst in 25 m verticaler Tiefe erreichen würde. 


Die oben beschriebenen drei Stadien der Contactmetamorphose 


‘sind durch allmälige Uebergänge innig miteinander verbunden. Bei 


der kartographischen Darstellung derselben sind, ebenso wie es auf 
den benachbarten sächsischen Kartenbildern geschehen ist, nur zwei 
Zonen unterschieden worden, nämlich eine äussere Oontact- 


zone—Z2, welche das erste Stadium, und eine innere Contact- 


zone—=Z1, welche das zweite und dritte Stadium in sich begreift. 

Die mikroskopische Betrachtung der in der äusseren 
Contactzone auftretenden und besonders schön in den obersten Hori- 
zonten des Hausberges vorkommenden „Flecken“ ergab, dass die- 
selben ein äusserst zartschuppiges Aggregat von meist gelblichgrünem 
Glimmer sind. Bei + Nicols erkennt man, dass auch minimale Quarz- 
körnchen an der Zusammensetzung derselben theilnehmen. Immer 
sind die Flecken von der umgebenden Schiefermasse, die je nach 
dem Gehalt an Chlorit oder Quarz grünlicher oder heller erscheint, 
deutlich abgegrenzt. Bezüglich ihrer Gestalt sei erwähnt, dass roh- 
oblonge Formen. dominiren, und zwar erscheinen dieselben an den 
kürzeren Seiten häufig fingerartig ausgefranst. Soviel ist auf den 
ersten Blick gewiss, dass die Anhäufung von Ferriten oder kohliger 
Substanz an der Erscheinung dieser Flecken nicht schuld ist, im 
Gegentheil sind dieselben durch einen beinahe gänzlichen Mangel 
dieser in der eigentlichen Schiefermasse reichlich auftretenden 
dunkleren Substanzen ausgezeichnet. Im verwitterten wie auch ganz 
frischen Materiale weisen sämmtliche Flecken Aggregatpolarisation 
auf, einzelne zeigen ein helleres Centrum, das allmälig in die etwas 
dunklere Randzone ausklinst. Ob die Flecken ehemalige Mineral- 
individuen sind oder nicht — etwa Andalusite oder Cordierite — 


konnte an dem vom Hausberge stammenden Material nicht mit Evi- 


denz festgestellt werden, dagegen bekundeten andere Fleckgebilde 
die Thatsache, dass in der äusseren Zone des Üontacthofes jene 
Flecken einst wirkliche Krystallindividuen gewesen sind. Auf dem 
rechten Zwotaufer, gegenüber den auf der Karte mit „am Bau-Fabrik“ 
bezeichneten Gebäuden findet man unmittelbar am Bahnkörper einen 
grauen, seidenglänzenden Fleckschiefer, mit kaum bemerkbaren 
Knötchen und Flecken, anstehen. U. d. M. sieht man, dass dieses 


‘Gestein wesentlich aus einem Gemenge von schmutziggrünem Glimmer, 


Quarz- und Albitkörnchen besteht. Letztere, sehr zahlreich vertreten, 
sind ganz erfüllt von einem feinen Staube, der, wenn nicht ganz, So 
doch sicher zum grössten Theile winzige Rutilinterpositionen darstellt. 
Die Flecken repräsentiren sich u. d. M. im gewöhnlichen Licht höchst 


unauffällig als wenig scharf begrenzte Partien, die, weil der schmutzig- 


laje 


616 Carl Gäbert. [36] 


srüne Glimmer in ihnen stark zurücktritt, heller als ihre Umgebung 
erscheinen. Obschon nun von frischer Cordieritsubstanz in den Schiefern 
nichts zu bemerken ist, so scheint es doch nicht zweifelhaft, dass 
dies Mineral früher eine Rolle darin gespielt hat und die Flecken 
in erster Linie als Umwandlungsproducte desselben zu deuten sind. 
Man sieht nämlich häufig bei + Niecols, dass die ein dunkelfleckig 
polarisirendes Aggregat von Glimmer bildenden Flecken umfasst 
werden von einem hellleuchtenden, schmalen Rahmen winziger Glimmer- 
schüppchen, welcher so oft und so ausgezeichnet deutliche Contouren 
eines fast regelmässigen Sechseckes darbietet, dass die Zugehörigkeit 
dieses Umrisses zu einem Cordieritquerschnitt (oP.oP &) kaum 
zweifelhaft bleibt. Während gewöhnlich die inneren Theile, wie an- 
geführt, verschwommene Aggregatpolarisation zeigen, wurde in seltenen 
Fällen wahrgenommen, dass dieselben durchsetzt werden von dunkleren, 
den Sechsecksseiten parallelen Streifen und kleinen, ebenfalls den 
drei Richtungen der Sechsecksseiten sich anpassenden Dreiecken 


Fig. 11. Cordieritdrilling. 
Vergrösserung: 50. 


Schema. 


(s. Fig. 11). Das steht mit der so noch in ihren Spuren erhaltenen 
Zwillingsbildung des Cordierits nach © P. in Zusammenhang. Es ist 
nur eine etwas anders geartete Ausbildung, wie sie beispielsweise die 
Cordieritreste der Fruchtschiefer von Tirpersdorf zeigen, wo die 
Sechsecke in ihrem Innern die charakteristischen dreieckigen Sectoren 
aufweisen. 

Wie in den unveränderten Phylitten, so tritt auch in den Fleck- 
schiefern der Rutil in grosser Menge auf; während er aber in den 
ersteren in feinen Nädelchen und staubartigen Partikeln anzutreffen 
war, ist er in letzteren meist kräftiger individualisirt, bildet deutlich 
sichtbare meist honiggelbe bis braune Körnchen. 

Zu den bereits den Fruchtschiefern mit krystalliner Schiefer- 
masse recht nahe stehenden (Gesteinen müssen diejenigen Fleckschiefer 
gerechnet werden, welche man am W-Abhange des Tobisenberges, 
unmittelbar am linken Ufer des Silberbaches findet (s. S. 613). Die hier 
etwa lcm langen und halb so breiten, garbenähnlichen Flecken be- 
stehen, wie das Mikroskop lehrt, aus einem dunkelgrünen, lebhaft 
pleochroitischen Glimmer, der nach Art des Biotit in leistenförmigen 


TE 


[37] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Errgebirge. 617 


Lamellen auftritt. Letztere liegen allermeist in der Längsachse der 
Flecken und strahlen an deren kurzen Seiten fächerartig aus, wo- 
durch makroskopisch der Eindruck der „Garbe“ erzeugt wird. Die 
Präparate weisen ausserdem noch eine unglaubliche Menge pracht- 
voll goldgelber Rutilkörnchen auf, die ohne Rücksicht auf die Flecken 
das Schiefergestein gleichmässig erfüllen. Auch in diesen Garben- 
schiefern liegen sowohl innerhalb wie ausserhalb der Flecken kleine 
(e = 04 mm), längliche Albitkörnchen. Dieselben sind besonders im 
Centrum so massenhaft mit Rutilmikrolithen erfüllt, dass die sonst 
wasserhellen Albitkörnchen bei schwacher Vergrösserung wolkig ge- 
trübt erscheinen; ausserdem beherbergen sie zahlreiche kleine 
Turmalinsäulchen. (Fig. 12.) 


Fig. 12. 
Vergrösserung : 100. 


R = Rutil — T = Turmalin. — A = Albit. 


Die das nächsthöhere Stadium der Contactmetamorphose re- 
präsentirenden Frucht- und Knotenschiefer mit krystallinisch ver- 
änderter Schiefermasse haben den vorbeschriebenen Fleckschiefern 
gegenüber eine weit bestimmtere mikroskopische Physiognomie. Neben 
dem glimmerigen Chlorit tritt jetzt zum erstenmale ein lebhaft pleo- 
chroitischer Biotit auf. Beide betheiligen sich von nun an auch 
an der Zusammensetzung der Flecken. Je mehr man sich der Granit- 
grenze nähert, umso vorherrschender wird der Biotit und umso 
spurenhafter der Chlorit. Wo letzterer jedoch aus der eigentlichen 
Schiefermasse bereits verschwunden ist, behauptet er sich noch inner- 
halb der Flecken, ein Beleg dafür, dass dieselben von der Metamor- 
phose in weniger intensivem Grade als ihre Umgebung angegriffene 


618 Carl Gäbert. [38] 


Theile der Schiefermasse sind.  Opake Körnchen scheinen in dieser 
Zone wieder ohne Rücksicht auf die Flecken vertheilt zu sein; denn 
letztere sind in einigen Präparaten recht reichlich damit erfüllt. Ein 
srosser Theil der Flecken und Knoten entpuppt sich als unzweifel- 
hafter Andalusit, und zwar ist in der Regel das ganze Knötchen 
ein einziger Andalusitkrystall. Diese langleistenförmigen Krystallindi- 
viduen erweisen sich mehr noch als die umgebende Schiefersubstanz 
mit unzähligen schwarzen Körnchen erfüllt; ein Theil derselben ge- 
hört, wie man mittels starker Vergrösserung leicht feststellen kann, 
dem Rutil an. Da jenes Aufblitzen, wie es von den Eisenerzpartikeln 
in der umgebenden Schiefersubstanz beim Abblenden des Gesichts- 
feldes so reichlich ausgeht, an den dunklen Interpositionen der An- 
dalusite nirgends hervortritt, so gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, 
dass die letzteren sämmtlich dem Rutil angehören. Viele der Anda- 
lusite sind zum Theil in langfaserigen, schmutziggrünen Glimmer 
zersetzt; zwischen den streng in der -Richtung der ce — Achse (des 
Andalusits) liegenden Glimmerfasern sieht man unversehrte pleochroi- 
tische Andalusitsubstanz. 

Bemerkenswerth ist für diese Zone des Contacthofes noch das 
wenn auch beschränkte Auftreten von granatführenden Schiefern 
als dünne Lagen unmittelbar unter der Kammlinie des Hausberges. 
Sie sind arm an Quarz und bestehen vorwiegend aus einem schmutzig- 
grünen Glimmer, in welchem sehr viele, im Durchschnitt 0'3 mm 
messende, blassrothe Granatkryställchen als isolirte Individuen liegen; 
dieselben treten nicht zu grösseren Aggregaten zusammen. Wohl- 
markirte Flecken waren in dem dunklen Gestein nicht zu sehen. 
Die Granaten erweisen sich in reichem Masse mit anscheinend 
kohliger Substanz erfüllt, aber auch hier gibt die Anwendung eines 
starken Objectivs die Gewissheit, dass der grösste Theil dieser 
Interpositionen dem Rutil angehört, der weniger durch die Farbe, 
als vielmehr durch Kniezwillinge sich verräth. Da der Granat in 
der unveränderten Phyllitsubstanz fast gar nicht vorkommt (S. 0.), 
so ist sein eben geschildertes Auftreten in den metamorphen Schiefern 
wohl als ein Ergebnis des Contactmetamorphismus zu betrachten; 
und da man ferner gewöhnt ist, den Granat erst in ho ce hmetamorphem 
Schiefergestein als Contactmineral anzutreffen '), so liegt die Ver- 
muthung nahe, dass seine Entstehung weniger der Energie der 
Metamorphose, als vielmehr einer günstigen substantiellen Prädis- 
position jener Schieferlagen zuzuschreiben ist. 

Noch verdient ein hierher gehöriges, mit schwach markirten 
Flecken versehenes Schiefergestein der Erwähnung. wegen seines 
grossen Reichthums an Rutil. Dasselbe findet sich am nördlichen Ende 
des Hausberges (ungefähr 80 m nördlich von der ersten 5° in Sign. 
635°5) und tritt wie die oben beschriebenen granatführenden Schiefer 
ebenfalls nur in beschränkter Verbreitung auf. Im Handstück hat 'es 
gelbbraunes Aussehen, u. d. M. erweist es sich als fast nur aus 
langen, sehr schmalen und richtungslos gelagerten Leisten von Mus- 
covit, Rutil und wenig Quarz zusammengesetzt. Der Rutil erfüllt 


‘) Rosenbusch, „Die Steiger Schiefer.“ — Granathornfels s. $. 236, ' 


[39] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 619 


mit Ausnahme der Flecken, in denen er nur spärlich vorkommt, das 
ganze Präparat. Eine von Dr. R. Reinisch ausgeführte quantitative 
Bestimmung der Titansäure dieses Gesteins ergab 1'73°/,. während 
die unveränderten, ebenfalls reich mit Rutil bedachten Phyllite nur 
0:66°%), TiO, enthalten. Während ferner letzteres Gestein reich mit 
opaken Eisenerzpartikeln versehen ist, weist der genannte braune 
Fleckschiefer nur wenig davon auf. Sollte unter dem Einfluss der: 
Contactmetamorphose vielleicht ein Theil des Titaneisens zur Bildung 
der Rutil-Titansäure beigetragen haben? 

Die das höchste Stadium der Metamorphose darstellenden, zur 
Zone der Andalusitglimmerschiefer gehörigen Gesteine sind 
nicht allein durch ihren oben beschriebenen makroskopischen Habitus, 
sondern auch durch ihre mineralogische Zusammensetzung wesentlich 
von den übrigen metamorphen Schiefern unterschieden. Der meist 
gleichmässig in der Schiefermasse vertheilte, selten in Rosettenform 
gruppirte Andalusit tritt in bis 10 mm langen Säulchen auf. 
U. d. M. erweist er sich selten als eine homogene Masse, sondern 
ist, wie dies beispielsweise Böhmig von den Glimmerschiefer- 
einschlüssen im Granit des Greifensteins beschreibt,!), von anderen 
Mineralien, und zwar vorwiegend von Biotit und Quarz durch- 
bohrt, jedoch immer dergestalt, dass dasselbe Andalusitindividuum 
entweder nur Biotitschuppen oder nur Quarz aufweist. Die Mehrzahl 
der Andalusitkrystalle ist pleochroitisch, ein kleiner Theil ganz un- 
pleochroitisch. Zuweilen bemerkt man, dass sich der Pleochroismus 
in einem Längsschnitt nur in der Mittellinie des Krystalls in Form 
eines schmalen, scharfbegrenzten, blutrothen Streifens zeigt. Unter 
den Interpositionen spielen auch grössere Eisenerzpartikel eine Rolle, 
die durch ihren Leukoxenrand ihre Zugehörigkeit zum Titaneisen be- 
kunden. In einigen Präparaten sind die Andalusite ganz dicht mit 
einem feinen, kohligen Staube erfüllt, ein Vorkommen, das den von 
Zirkel beschriebenen Andalusitglimmerschiefern aus den Pyrenäen 
(Val d’Astos d’Oo) recht ähnlich ist?2). — Die vorbeschriebenen Ver- 
hältnisse des Andalusits lassen sich am besten an den oberhalb der 
Räumermühle anstehenden, von einer kleinen stockförmigen Granit- 
masse durchbrochenen Schiefern des Hausberges beobachten. Die- 
selben weisen auch ein im gesammten Contacthofe sonst nicht wieder 
anzutreffendes Mineral, den Staurolith auf. Derselbe bildet hier 
nicht, wie man es von diesem Mineral gewöhnt ist, breit-säulenförmige 
Krystalle, sondern :tritt in sehr langen, schmalen, meist scharf con- 
tourirten und zuweilen einseitig zugespitzten Durchschnitten auf. 
Die blassgelbe oder grünlichgelbe Staurolithsubstanz erweist sich be- 
sonders bei stärkerer Vergrösserung von massenhaften Quarzkörnchen 
durchbrochen, so dass man eigentlich nur ein Staurolithskelett vor sich 
hat. Mit Vorliebe treten die Staurolithe innerhalb der Andalusit- 
krystalle auf (siehe umstehend Fig. 13). 


EN eg Beitr. z. Kenntn. d. Gesteine d. Greifensteins. Tscherm. 
Min. u. petr. Mitth. Bd. XVII, Heft 4. 
2) Zirkel, Beitr. z. geol. Kenntnis der Pyrenäen. Z. d. Deutsch. geol. Ges. 
Jahrg. 1867, S. 180. 


620 Carl Gäbert. [40] 


Der Biotit ist in den hierher gehörigen Gesteinen der durchaus 
herrschende Glimmer. Er tritt sowohl in unregelmässiger Lappen- 
form, wie auch — und zwar besonders unmittelbar an der Granit- 
schiefergrenze — in sechsseitigen, scharfbegrenzten Täfelchen auf. 
Der Kaliglimmer ist nur spärlich, und es ist unentschieden, ob nicht 
der helle Glimmer, wie z. B. in einigen bei dem Dorfe Pferdhuth 
geschlagenen Gesteinsproben, nur ein gebleichter Biotit ist. Einzelne 
vom Kleinen Hirschberge stammende Präparate zeigen einen dunkel- 
grünen, äusserst pleochroitischen Glimmer, der in grossen Schuppen 
auftritt. 

Der vorzugsweise in den Schiefern vom Platten- und Kleinen 
Hirschberge anzutreffende Cordierit ist in den Präparaten nicht 


Fig. 13. 
Vergrösserung: 100. 


A = Andalusit. — St = Staurolith. 


leicht als solcher zu erkennen. Die cordierithaltigen Stellen ver- 
rathen sich im Gesichtsfelde durch den Mangel an Glimmerschuppen, 
durch das Auftreten vieler pleochroitischer, gelblicher Höfchen und 
durch eine Anreicherung staubförmiger kohliger Substanz, in ganz 
seltenen Fällen auch durch die bei + Nicols sichtbar werdenden 
Drillingssectoren. Mikrochemisch wurde der Cordierit durch Aetzen 
der betreffenden Stellen des Präparates mit Kieselflusssäure nachge- 
wiesen, wobei Kieselfluormagnesiumkryställchen entstehen. 

Der in den unveränderten Phylliten, sowie in den Stadien 
1 und 2 der Contactmetamorphose so reichlich vorkommende Rutil 
tritt in den Andalusitglimmerschiefern mit der Zahl seiner Individuen 
stark zurück, dafür trifft man ihn in Gestalt grösserer bräunlicher 
Körnchen. Der Turmalin stellt sich jetzt, wenn auch nicht häufiger, 
so doch ebenfalls in kräftigeren Individuen ein. 


[41] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 691 


Ganz vereinzelt und wohl ursprünglich an im Schiefergebirge 
aufsetzende Turmalingänge gebunden, findet man auch Lesestücke 
turmalinisirter Andalusitelimmerschiefer, in denen der 
Turmalin als ein wesentlicher, in bis centimetergrossen Säulchen und 
Körnern, sowie in kleinen strahligen Nestern erscheint. Der Granat. 
den man nach Analogie anderer Contacthöfe und insbesondere auf 
Grund seines Vorkommens am Hausberge in dieser innersten Zone 
zu finden hoffen durfte, wurde in keinem der zahlreichen Präparate 
beobachtet; ebenso konnten die noch in den Knotenschiefern des 
Hausberges sporadisch sich zeigenden Albitkörnchen in den echten 
Andalusitglimmerschiefern nirgends gefunden werden. 

' Einige vom Hartelsberge stammende, total von Granit umgebene 
Schiefereinschlüsse bestehen, wie das Mikroskop lehrt, fast 
lediglich aus Andalusit, Biotit und ein wenig Quarz; accessorisch 
sind Eisenerztheilchen, sowie Zirkon- und Apatitkryställchen. Der 
hochpleochroitische Andalusit bildet hier grössere fächerartige Aggre- 
sate, die von dunkelbraunem Biotit erfüllt, sowie mit Vorliebe von 
demselben umrahmt sind. Der Biotit tritt meist in sehr scharfen, 
sechsseitigen Täfelchen auf. Die allernächste granitische Umgebung 
dieser Schiefereinschlüsse ist arm an Glimmer und Feldspath, während 
die reichlichen Quarze kleine, kreisrunde Biotitschüppchen einge- 
schlossen enthalten. Beides ist wohl auf eine von seiten des Schiefers 
auf den Granit stattgehabte Contactwirkung zurückzuführen. 

In die Zone der Andalusitglimmerschiefer gehören schliesslich 
auch noch die nur höchst local auftretenden Quarz-Turmalin- 
gesteine, über deren Beschaffenheit und Auftreten später geredet 
werden soll (s. S. 624 flg.). Ihre hauptsächlichsten Verbreitungsbezirke 
sind aus der beigebenen Karte zu ersehen. Besonders sei auf die 
in den Erläuterungen zu Section Eibenstock S. 38—40 gegebene 
Beschreibung der Quarz-Turmalingesteine verwiesen, welche denen 
auf Section Aschberg sehr ähnlich sind. 


Einlagerungen im Schiefergebirge. 
Quarzitschiefer. — Hornblendeschiefer und Hornblendefels. 

Die Quarzitschiefer erlangen besonders am Ost- und Nord- 
abfall des Eibenberges, am Tobisen- und Singerhäuserberge grosse 
Verbreitung. Sie bilden linsenförmige, sich oft in grösserer Anzahl 
wiederholende, concordante Einlagerungen im Phyllit und dessen 
metamorpher Facies. Durch Aufnahme glimmeriger Zwischenlagen 
gehen sie sehr allmälig in quarzitische Phyllite über. Manche Quarzit- 
schiefer- Complexe werden von zahlreichen schlanken Quarzlinsen, 
sowie von 1 bis 10 cm dicken Lagen reinen weissen Quarzes durch- 
zogen (Glasberg bei Graslitz). Die Farben der Schiefer wechseln 
zwischen hellgrau, bräunlich und röthlich. Schwarze, kohlenstoff- 
führende Quarzitschiefer (s. Seet. Zwota, Erl. S. 13) sind nur minimal 
am Grünberge verbreitet; dieselben oreifen von Section Zwota über. 
— Im Handstück erkennt man, dass die hellen Quarzitschiefer aus 
2 bis 3 mm dicken Lagen eines äusserst feinkörnigen Quarzites be- 
stehen, zwischen denen spärlich ein kleinschuppiger, meist heller 
Glimmer vertheilt ist. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) 79 


622 Carl Gäbert. [42] 


Die fast den gesammten O-Abfall des Eibenberges bildenden 
(Quarzitschiefer (s. Fig. 10 auf S. 609) bestehen hauptsächlich aus 
einem Gemenge recht ungleich grosser, rundlicher und an Flüssigkeits- 
einschlüssen nicht sonderlich reicher Quarzkörnchen (die erössten 
0:3 mm). Die an vielen Stellen im Präparat zu bemerkende wolkig- 
fleckige Trübung wird durch dichte Aggregate winziger Rutilkörnchen 
hervorgerufen. Vereinzelter gewahrt man gerundeteckige Zirkon- 
krystalle und Turmalinsäulchen, letziere bisweilen zerbrochen. Eisen- 
erzpartikel sowie Muscovitflitterchen sind nur spärlich vertreten. Der 
mikroskopische Gesammteindruck spricht entschieden für die klastische 
Natur dieses Gesteins. 

Die in der inneren Contactzone liegenden Quarzitschiefer 
des Glasberges enthalten u. a. viel opakes Eisenerz, blutrothen Hämatit, 
bis 03 mm lange Zirkonkrystalle und kleine, unregelmässig begrenzte 
Partien eines schmutziggrünen Glimmers. Der Rutil bildet hier grössere 
Körner; die mehr gleichgrossen Quarzindividuen sind reich an Flüssig- 
keitseinschlüssen mit unbeweslicher Libelle. Ob dieser von der mikro- 
skopischen Physiognomie der erstgenannten Quarzitschiefer etwas ab- 
weichende Habitus ein Erfolg der Contaetmetamorphose ist, bleibe 
dahingestellt. 

Deutliche Spuren der letzteren weisen die auf dem Tobisen- 
berge (200 m nördlich von Signum 7126) durch Steinbrüche blos- 
gelegten Quarzitschiefer auf, indem dieselben auf den durch spärlich 
vertheilte Glimmerschüppchen ausgezeichneten Spaltungsflächen bis 
l cm lange, schmale Flecken erkennen lassen. Dieselben mikro- 
skopisch zu untersuchen, war nicht möglich, weil es nicht gelang, 
gerade die Spaltungsfläche in das Präparat zu bekommen und die 
Flecken sozusagen nur zwei Ausdehnungen haben. Während diese 
(Juarzitschiefer denen vom Glasberg bezüglich ihres Mineralbestandes 
gleichen, sind sie durch ihre wohlausgebildete Pflasterstructur, hervor- 
gerufen durch eckige, fast gleichgrosse Quarzindividuen, deutlich 
von jenen unterschieden. Noch markanter ausgedrückt ist diese 
Bienenwaben- oder Pflasterstructur an den auf dem Platten- und 
Kleinen Hirschberge lagernden Quarzitschieferblöcken und da ausser- 
halb des Contacthofes diese structurelle Modification nirgends an- 
zutreffen ist, darf man dieselbe wohl als Contacterscheinung an- 
sprechen )). 

Hornblendeschiefer sowie Hornblendefels treten auf 
Section Aschberg nur in geringer Verbreitung, und zwar ebenfalls in 
Form lentieulärer, dem Phyllitgebirge concordant eingeschalteter 
Massen auf. Sie bilden die östliche Grenze einer bogenförmigen Zone 
von Hornblendegesteinen, deren Verlauf in den Frläuterungen zu 
Section Zwota, Seite 11, eingehend dargestellt ist. Mikroskopisch 


gleichen diese Gesteine so sehr den beispielsweise in den genannten 


Erläuterungen beschriebenen Amphiboliten, dass auf eine nähere 
Betrachtung derselben verzichtet werden kann. Dem Mineralbestande 


t) Vergl. hierzu: Sauer, Erl. z. Sect. Meissen, S.43 — Reinisch, Ueber 
Einschl. im Granitporphyr des Leipziger Kreises. Min. u. petr. Mitth. XV], 
Heft 6, S. 468. 


GA 


TQ 


[43] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 623 


nach kommt ihnen die Bezeichnung Plagioklas-Amphibolit zu; ein 
Plagioklas-Epidot-Amphibolit ist der unweit des Bahnhofes Ober- 
graslitz durch einen Steinbruch blosgelegte Schiefer. 


Granitische Intrusionen im Schiefergebirge. 


Von hohem Interesse ist die Injection granitischen Magmas in 
das Schiefergebirge, die am SO-Fusse des Hausberges durch 
das Steilgehänge blosgelegt ist. Die dortigen, stark quarzitischen 
Andalusitglimmerschiefer bilden unmittelbar oberhalb der Räumer- 


i Fig. 14. 
Granitapophysen und Turmalinquarzgänge in Andalusit-Glimmerschiefer. 


2 Mtr 


GA = Granitapophysen. — TQ = Turmalinquarzgänge. 


mühle eine kleine vom Hausberge vorspringende Terrasse, die bis an 
das Bett des Silberbaches heranreicht. Durch einen früheren Wege- 
bau am rechten Ufer dieses Wassers ist eine fast senkrechte Wand 
geschaffen, an der die geologischen Verhältnisse in vorzüglicher Weise 
aufgeschlossen sind. Man sieht das Schiefergebirge von einer etwa 
8 bis 10 m hohen und einige Meter breiten stockartigen Granitmasse 
durchbrochen, deren in Blöcke zerklüfteter Gipfel durch Denudation 
ganz von dem früher höchstwahrscheinlich als Decke vorhanden ge- 
wesenen Schiefergebirge entblösst worden ist. Dieser Stock sendet in 
die südlich anstossenden Schiefer eine Unzahl Apophysen aus, während 
sich solche nach N hin wegen des dort auflagernden Gehängeschutts 
79* 


694 Carl Gäbert. [44] 


nicht verfolgen lassen. Die Wand, an der man diese Apophysen beob- 
achten kann, verläuft ungefähr parallel zum Streichen der westlich ein- 
fallenden Schiefer, also nordsüdlich. In nächster Nähe des Intrusiv- 
stockes haben jene Apophysen eine Dieke von 1 bis 3 dem, verjüngen 
sich mit zunehmender Entfernung oder setzen unvermittelt ab. Auch 
verästeln sie sich manchmal in eine grosse Anzahl kaum mehr zu ver- 
folgender und dicht gescharter, nur millimeterbreiter Ausläufer (siehe 
vorstehende Fig. 14). In einem alten, etwa 6 m langen Versuchsstollen, 
der in der Höhe des Weges in das Schiefergebirge getrieben ist, 
konnten diese Intrusionserscheinungen auch unterirdisch beobachtet 
werden. Desgleichen sieht man in den Wänden der in den dortigen 
Andalusitglimmerschiefer eingetriebenen Kellereien der Räumermühle 
mehrere mächtige Granitapophysen aufgeschlossen. Dieselben sind 
hier etwa 100 m von dem Stocke entfernt und lassen sich mit Unter- 
brechungen bis zu ihrem Ausgangspunkt zurückverfolgen. 

Die Richtung, die die Apophysen zu der Schieferung einnehmen, 
unterliegt keiner Gesetzmässigkeit; einzelne verlaufen parallel zur 
Schieferung, andere, und zwar die Mehrzahl, schneiden die Schichtung 
unter einem sehr spitzen Winkel, noch andere endlich durchsetzen 
letztere in stumpfem, ja rechtem Winkel. Der Verlauf einer und der- 
selben Apophyse zeigt oft höchst sonderbare Windungen, auch Gabe- 
lungen einer Apophyse in zwei oder mehrere Arme, die sich in 
manchen Fällen wieder vereinigen und alsdann ein in der Regel eckig 
contourirtes Schieferstück einschliessen, sind zu bemerken. 

In dem sehr frisch erhaltenen Granitmaterial einer nur 2 cm 
breiten Apophyse, die in stumpfem Winkel gegen die Schieferung 
aufsetzt, fanden sich kaum linsengrosse Schiefereinschlüsse, die ohne 
Zweifel bei der Injection des granitischen Magmas losgerissen und 
umhüllt worden waren. Die mikroskopische Untersuchung derselben 
ergab, dass sie lediglich aus Andalusit, Biotit und ein wenig Quarz 
bestehen. 

In Vergesellschaftung mit den Granitapophysen setzen in dem 


Schiefergebirge eine grosse Anzahl 1 bis 2 dem breiter Turmalin- 


Quarzgänge auf. Am schönsten sind dieselben etwa 150 m südlich 
von dem Intrusivstock unmittelbar über einem hinter der Pilz’schen 
Fabrik angelegten alten Versuchsstollen zu beobachten. Hier sieht 
man an einer vertikalen Wand sechs solcher Gänge von durch- 
schnittlich 15 cm Mächtigkeit übereinander; ihr senkrechter Gesammt- 
abstand beträgt nur 2 m. Diese Gänge, welche ebenso wie die in 
unmittelbarer Nähe des Stockes aufsetzenden Turmalinquarzgänge die 
Schieferung unter spitzem Winkel schneiden, bestehen aus weissem 
Quarz, der in der Regel überreich mit schwarzen Turmalinnadeln 
durchspickt, sowie mit trumartig vertheilten, filzigen Turmalinnestern 
erfüllt ist. 

Etwa 20 »» nördlich von dem hinter der Pilz’schen Fabrik zu 
beobachtenden Turmalinquarzvorkommen setzt ein nur 4 bis 5 mm 
mächtiges Trum von reinem Turmalin fast rechtwinkelig gegen die 
Schieferung in dem Andalusitglimmerschiefer auf. An den Salbändern 
dieses Trums erwies sich das sehr quarzitische Schiefergestein auf 
l cm Entfernung in der Weise turmalinisirt, dass sich höchst zart 


4) 


[45] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 695 


verfilzte Turmalinnädelchen zwischen den Schieferlamellen angesiedelt 
hatten (Fig. 15). 

Die mikroskopische Untersuchung des den Intrusivstock bildenden 
Granites ergab ein überraschend gleiches Resultat mit dem Granit des 
Katzenfelses (s. S. 602), sowie dessen fast an den Fuss des Hausberges 
heranreichenden Westabfall (s. d. geol. Karte). Demnach ist dieser 
Intrusivgranit ebenfalls als ein kleinkörnig-porphyrartiger Biotitgranit 
zu bezeichnen. In den Apophysen ändert er seinen Habitus insofern, 
als die porphyrartige Structur zurücktritt oder ganz verschwindet. 
Nur zuweilen wird ausserdem das Mineralgemenge etwas feinkörniger, 
glimmerärmer und quarzreicher. Die nahe Nachbarschaft des diesem 
Intrusivgranit petrographisch gleichen Massivgranites rechtfertigt die 
Vermuthung, dass jener Intrusionsstock in unterirdischer Verbindung 


Fig. 15. Turmalintrum in Andalusit-Glimmerschiefer. 


je) 


4 0,75 Mtr 


mit dem Eibenstocker Granitmassiv steht, also eine steil kuppenförmige 
Protuberanz der westlichen Böschung des Granitmassivs in dessen 
Schieferbedeckung repräsentirt. 

Eine weitere Injection granitischen Magmas in das Schiefer- 
gebirge ist am Westabhang des Galgenberges wie folgt zu beobachten. 
Geht man von der Stadt Graslitz aus nordwärts die Silberbacher 
Strasse entlang, so trifft man zur rechten Hand, kurz bevor man an 
die Räumermühle kommt, einen Granit-Steinbruch. Das durch den- 
selben entblösste Gestein ist zum grösseren Theile so stark ver- 
wittert, dass es als „Sand“ abgebaut wird. Dieser Aufschluss bildet 
das nördliche Ende eines etwa 80 m mächtigen, wahrscheinlich fast 
saigeren Granitganges, der in süd-südöstlicher Richtung bis fast 
zum Gipfel des genannten Berges (658'8) sich verfolgen lässt. Dieser 
in der äusseren Contactzone aufsetzende, ziemlich parallel mit der 
Granitschiefergrenze streichende Gang ist bezüglich seiner petro- 
graphischen Zusammensetzung dem Massivgranit des benachbarten 
Katzenfelses sowie auch dem am Hausberge auftretenden Intrusiv- 


626 Carl Gäbert. [46] 


granit überaus ähnlich. Da ihn nun von letzterem nur ein schmales, 
oberflächliches Band von Alluvium, von ersterem aber nur eine 
zweifellos sehr dünne Decke von Contactschiefer trennt (s. S. 594), 
so steht dieser Gang augenscheinlich in direeter unterirdischer Ver- 
bindung mit jenem Granitmassiv und repräsentirt eine Apophyse des 
letzteren. Sein Verhalten zu dem benachbarten Schiefergestein konnte 
wegen mangelnden Aufschlusses nicht untersucht werden. Auf der 
rechten Seite des in diesem Gange angesetzten Steinbruches sieht 
man abermals mehrere etwa 10 cm mächtige Turmalinquarzgänge 
in dem Granit aufsetzen und in demselben sich zerschlagen. In ihrer 
Zusammensetzung ähneln dieselben dem vom Hausberge oben be- 
schriebenen Gängen, sind aber vor letzteren dadurch ausgezeichnet, 
dass sie z. Th. Wolframit führen. Einzelne der Gänge müssen 
geradezu als Wolframit- Turmalin-Quarzgänge bezeichnet 


Fig. 16. 


werden. Das Wolframerz kommt in schwarzen, schalig zusammen- 
gesetzten Aggregaten vor und hat sich wie der Turmalin mit Vor- 
liebe in ehemaligen schmalen Klüften des Quarzes angesiedelt. 
Ausserdem macht sich in unmittelbarster Nachbarschaft des Wolfra- 
mits eine starke Glimmerausscheidung bemerkbar, so dass manche 
Wolframit-Quarzaggregate einen förmlichen Belag von kleinschuppigem 
Muscovit aufweisen. 
Von viel geringerer Mächtigkeit und Erstreckung ist. die un- 
mittelbar hinter dem neuen Graslitzer Friedhofe (nördlich von den 
Singerhäusern) durch Lesesteine festgestellte Granitapophyse. Ihr 
Gestein ist dem des vorbeschriebenen Ganges völlig gleich. Kleinere, 
aber wegen der Art ihres Auftretens höchst interessante granitische 
Intrusionen sind ferner an dem mittleren, mit 850'1 bezeichneten 
Gipfel des Eselsberges zu beobachten. Dieser Felsengipfel besteht 
aus mehreren thurmartigen Schieferpartien, die bei fast schwebender 
Lagerung z. Th. auf dem Granit ruhen und Denudationsreste der 


[47] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 697 


ehemaligen allgemeinen Schieferdecke des Granites vorstellen. Der 
in dortiger Gegend (Eselsberg, Spitzberg, Aschberg) sehr grobkörnige 
Granit nimmt unmittelbar an der Contactfläche mit dem Schiefer ein 
wesentlich feineres Korn an, wobei zugleich der Glimmer stark 
zurücktritt. Eine Granitapophyse, die in dem dortigen Schiefer fast 
saiger aufsetzt, zeigt ebenfalls äusserst feinkörnige Structur und 
scharf polyedrische Absonderung. An dem mächtigsten Schieferpfeiler 
des genannten Gipfels gewahrt man in etwa 5 m Höhe über dem 
Boden eine fast schwebende, sehr flach nach SSO einfallende, etwa 
30 cm mächtige Injection von mittel- bis feinkörnigem Granit. In 
einer kleineren, ähnlichen Schieferpartie, die sich ungefähr 30 Schritte 
weiter südöstlich erhebt, ist ebenfalls eine solche, lagergangähnliche 
Injection, jedoch nur von 6 cm Mächtigkeit, zu beobachten. Dieser 
kleinere, mehrere Meter hohe Felsen von contactmetamorphem 
Schiefer auf granitischem Sockel ist in Figur 16 auf Seite 626 zur 
Darstellung gebracht. 

Schliesslich ist noch des in nächster Nähe des Bahnhofes von 
Obergraslitz durch „Sandgruben“ aufgeschlossenen und fast zu Kaolin 
gewordenen Granitganges zu gedenken, welcher von Section Zwota 
mit seinem südöstlichen Ende auf das Graslitzer Terrain übergreift. 
(Vergl. hierzu die geologische Specialkarte von Section Zwota, ferner 
in den zugehörigen Erläuterungen S. 25 und 26.) 


Anderweitige Eruptivgesteine innerhalb des Schiefergebirges. 
Granitporphyr. — Kersantit. — Olivinführender Kersantit. — Melaphyr. — Basalt. 


Der im Schwaderbachthale am Grünberg auftretende, einen etwa 
6 m mächtigen Gang bildende Granitporphyr wird von Laube 
in der „Geologie des böhmischen Erzgebirges, I., S. 36 und 146, ein- 
sehend beschrieben. Hier sei jenen Ausführungen Folgendes hinzu- 
sefügt: Der Granitporphyr bildet nach unserer Auffassung nicht zwei 
Parallelgänge, sondern nur einen Gang und setzt in unverändertem 
Phyllit auf. Man kann denselben unterirdisch recht gut in einem im 
Phyllit getriebenen und den Gang durchörternden alten Bergstollen 
(neben dem Hause Nr. 59) aufgeschlossen sehen, wobei man die 
Beobachtung macht, dass das oberirdisch ganz ausgezeichnet frische 
Ganggestein in nur wenigen Metern Tiefe so intensiv verwittert ist, 
dass man die mehrere Zoll langen Orthoklase mit der Hand heraus- 
lösen kann. Irgendwelche Contactwirkung ist an dem benachbarten, dem 
Thonschiefer sehr ähnelnden Phyllit nicht nachzuweisen. In grosser 
Menge beherbergt der Granitporphyr linsen- bis kopfgrosse, mitunter 
scharfeckig eontourirte, dunkle Einschlüsse. Laube sagt darüber: „Die 
schwarzen Ausscheidungen erscheinen als Anhäufungen kleiner 
Glimmerblättchen* (l. ec. S. 37). Die mikroskopische Untersuchung er- 
sab, dass die dunklen Massen petrographisch völlig mit einem sehr 
feinglimmerigen Quarzglimmerdiorit übereinstimmen. -Für ihre 
Deutung als exogene Quarzglimmerdiorit - Fragmente spricht ihre 
mikroskopisch ungewöhnlich scharfe Abgrenzung gegen den umgeben- 
den Granitporphyr, für die Laube’sche Auffassung als endogene Aus- 
scheidungen der Umstand, dass in der feinschuppig dichten Glimmer- 


698 Carl Gäbert. [48] 


masse einzelne grössere Orthoklaskrystalle — ganz nach Art der im 
Granitporphyr ausgeschiedenen liegen. 

Kersantit ist am SO-Abfall des Hausberges hinter der Pilz’- 
schen Fabrik am Fusse einer aus quarzitischem Fleckschiefer be- 
stehenden Steilwand blosgelegt. An der Berührungsfläche mit dem 
Schiefer nimmt der Kersantit schieferige Textur an. Makroskopisch 
erblickt man Quarz in vereinzelten bis erbsengrossen Körnern sowie 
Biotit in schmalen Schüppchen. Letzterer erweist sich u. d. M. grün- 
lich gebleicht und: mit sagenitischem Rutil erfüllt. Der Plagioklas 
tritt in kurzen, mit ausgezeichneter Zwillingsstreifung nach dem Albit- 
gesetz ausgestatteten Leisten auf, die an ihren kurzen Enden meist 
scharf halbkreisförmig abgerundet sind. Apatit und Zirkon liegen als 
Accessorien in der Grundmasse. Augit und Amphibol fehlen. 

Olivinführender Kersantit findet sich in sehr spärlichen 
Lesestücken auf dem vom Gipfel des Hausberges den Kamm entlang 
nach N führenden Fusspfade. U. d. M. weist derselbe Augit in langen 
Leisten, seltener in Querschnitten, ferner zahlreiche porphyrisch aus- 
seschiedene Olivinkrystalle auf, welche sämmtlich in einen feinfase- 
rigen, divergentstrahlige Büschelaggregate bildenden Amphibol (Pilit) 
umgewandelt sind. Dieser zeigt als Interpositionen zahlreiche Magnet- 
eisenpartikel sowie Aggregate von Epidotkörnchen. In den centralen 
Theilen dieser pilitischen Pseudomorphosen gewahrt man meist recht 
zahlreiche wasserhelle, scharf lichtbrechende, rechteckig und sechs- 
seitig geformte Durchschnitte, die ebenfalls dem Amphibol angehören. 

Melaphyr findet sich in wenigen Blöcken auf den kleinen 
Halden, die am SW-Fusse des Hartelsberges (wenige Meter über der 
Bachsohle) anzutreffen sind. Derselbe stammt aus einem gegenwärtig 
nicht mehr befahrbaren, im Andalusitglimmerschiefer angesetzten berg- 
männischen Versuchsstollen. Seine Absonderung — man findet ihn in 
10 bis 15 cm im Durchmesser haltenden Kugeln — macht es wahr- 
scheinlich, dass der Melaphyr einen von den Bergleuten durchörterten 
Gang bildet; oberirdisch war das Gestein nirgends anstehend zu finden. 
U. d. M. sieht man, dass dasselbe massenhafte, porphyrisch ausge- 
schiedene Plagioklase enthält, die bis 3 mm lange, meist sehr schmale 
polysynthetisch verzwillingte Leisten bilden und besonders in ihrer 
Mittellinie mit glasigen Interpositionen erfüllt sind. Der Olivin tritt 
ebenfalls in bis über millimetergrossen Krystallen auf, ist jedoch nur 
noch an seiner Form kenntlich, da er in eine blassgrüne, serpen- 
tinöse Masse, in der zahlreiche Magneteisenkörnchen liegen, ver- 
wandelt ist. Den Augit trifft man in unbestimmt contourirten, sehr 
kleinen Partien in der Grundmasse. Diese letztere ist ein mit einem 
Stich ins Grünliche oder Bräunliche behaftetes Glas, in welchem 
massenhafte Trichiten eingebettet sind. 

Nur an einer einzigen Stelle ist in dem kartographisch berück- 
sichtigten Gebiete Basalt und zwar in Gestalt einer sehr kleinen, 
gegenwärtig dicht bewaldeten Kuppe in dem mehrfach genannten 
Bleigrunde (südwestlich vom Glasberge, früher „Kleehübl“ genannt) 
zu treffen. Laube verweist bei Nennung dieses Gesteins (l. ce. S. 147) 
auf die Beschreibung Jok&ly’s, welcher jenes Basaltvorkommen in 
dem Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Jahrgang 1857, 


[49] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 629 


S. 180 schildert. Er sagt unter anderem: „Der Basalt ist dicht und 
sehr feinkörnig, dunkelgrau und führt nebst Maenet- oder Titaneisen- 
erz und bis wallnussgrossen Knollen von Olivin noch Krystalle und 
mehr weniger unregelmässige Partien von Augit. ‘Die Grundmasse 
besteht aus einem feinkörnigen Gemenge von Feldspath (Labrador ?), 
Augit und Magneteisenerz.* Auch gibt er an, dass Kalkspath- sowie 
Zeolithmandeln dem Basalt ein mandelsteinartiges Aussehen verleihen. 

Hinzugefügt sei, dass der Basalt vereinzelt nussgrosse Ein- 
schlüsse von Granit enthält, die aber leider infolge ihrer starken 
Zersetzung der mikroskopischen Analyse nicht zugängig gemacht 
werden konnten. Dem Korne nach gleicht dieser Granit demjenigen 
des benachbarten Glasberges, an dessen West- und Südwestabhang 
sich das als dünne Decke aufzufassende metamorphe Schiefergebirge 
(s. oben) ausbreitet, welches von jenem aus der granitischen Tiefe 
aufgestiegenen Basalt durchbrochen wird. Die kürzeste Entfernung 
von der Basaltkuppe bis zur Granitschiefergrenze beträgt etwa 500 m 
(s. Karte). Seltener gewahrt man in:.dem Basalte dunkel-violett ge- 
färbte, kleinere Einschlüsse, die sich u. d. M. als sog. Basaltjaspis 
zu erkennen geben. Dieselben bestehen aus einer wasserklaren nephe- 
linitischen Grundmasse, in welche ungeheure Mengen eines grünen, 
meist die Form kleiner Kügelchen aufweisenden Spinells einge- 
lagert sind. 

Die mikroskopische Untersuchung des eigentlichen Basalts hat 
nun ergeben, dass der von Joke&ely vermuthete Feldspath nicht vor- 
handen ist und dass man es mit einem Melilith- und Nephelin- 
basalt zu thun hat. Der wasserhelle Melilith bildet langleisten- 
förmige, dunkelblau polarisirende Verticalschnitte, in der Regel 0'1 
bis 03 mm, selten 0°5 mm lang. Die Pflockstructur ist bisweilen so 
intensiv ausgebildet, dass die Melilithleisten ganz getrübt aussehen. 
Einfachbrechende quadratische Querschnitte sind selten, aber deutlich. 
Bezüglich der Vertheilung dieses Minerals im Gestein ist hervorzu- 
heben, dass manche Präparate es in enormer Menge, andere nur 
recht spärlich neben dem dann vorwaltenden Nephelin aufweisen und 
etliche dasselbe völlig entbehren, wonach sich drei Typen von Basalt 
ergeben: Melilithbasalt, melilithführender Nephelinbasalt und Nephelin- 
basalt. Eine auf Grund der Präparate an der gegenwärtig schlecht 
aufgeschlossenen Basaltkuppe vorzunehmende genaue Localisirung des 
melilithführenden und meiilithfreien Gesteines gelang nicht; möglicher- 
weise ist eben das fragliche Mineral ganz willkürlich vertheilt. Den 
Nephelin erblickt man in zahlreichen kleinen rundlichen Partien in 
der Grundmasse. Der Olivin ist in grösseren, scharfbegrenzten Kry- 
stallen ausgeschieden und birgt als Einschlüsse mitunter zahlreiche 
Picotitoktaöderchen. Bis wallnussgrosse Olivinknollen sind recht häufig. 
Der Augit ist als mikroskopischer Gemengtheil ebenfalls in wohl- 
ausgebildeten, massenhaften Krystallen vorhanden, ausserdem aber 
bildet er auch mehrere centimetergrosse, rundliche Einschlüsse, 
welche Jok&ly wahrscheinlich unter der oben eitirten Bezeichnung 
„unregelmässig begrenzte Partien von Augit“ meint. 

Diese erbsen- bis hühnereigrossen, zuweilen flach linsenförmigen 
Augiteinschlüsse sind von hohem Interesse. Sie besitzen dunkel- 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4 Heft. (C. Gäbert.) 80 


530 Carl Gäbert. | " BO] 


ri 
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1 


. Augiteinschluss in Basalt. A200 Ku 
Natürliche Grösse. mr 


Basalt. Augit. Augit, reich an 
Glaseinschlüssen. 


Fig. 18. Augiteinschluss. (Mikroskopisches Bild.) 


[et 


A — Augit. — G — Glaseinschlüsse. — B = Melilith-Basalt. © 7 


re 


[51] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 631 


flaschengrüne Farbe, sind mit der umgebenden Basaltmasse sehr fest 
verwachsen und zeigen makroskopisch im Durchschnitt — namentlich 
die grösseren — einen scharf markirten 1 bis 2 mm breiten dunkeln 
Rand. Alsdann folgt einwärts eine nur wenig breitere, weisslich trübe 
Zone, von der aus maschenförmig ebenso gefärbte Adern und feinste 
Netzlinien den dunkelgrünen Einschluss allseitig in beliebiger Rich- 
tung durchziehen. (Fig. 17.) Das Mikroskop liess den äusseren 
dunkeln Randsaum sowie die .gesammte flaschengrüne Centralmasse 
als reinen Augit erkennen. Die trübe Randzone sowie die 
Aederchen hingegen stellen eine überaus dichte Ansammlung winziger 
Glaseinschlüsse dar, zwischen denen Augit nur schwach hervor- 
tritt. Die innere Augitmasse bildet nicht etwa ein Aggregat, sondern 
ein einziges Individuum und die peripherische Randzone ist mit dem 
letzteren ganz gleichmässig optisch orientirt. (Fig. 18.) Die Entstehung 
dieser Erscheinung ist wohl nur so zu deuten, dass sich in einem 
aus Augit bestehenden endogenen Einschluss infolge der mag- 
matischen Gluthwirkung auf der Oberfläche und einwärts eine unge- 
heure Menge von secundären Glaseinschlüssen ausbildete, worauf sich 
dann später unter veränderten Verhältnissen eine aus unversehrt ge- 
bliebenem reinen Augit bestehende Schale allseitig herumlegte. 


Jungdiluvialer Schutt. 


Nur an wenigen Stellen des zur Aufnahme gelangten Gebietes 
finden sich terrassenartige oder schuttkegelförmige Ablagerungen, 
denen ein jungdiluviales Alter zuzuschreiben ist. Hierher gehört der 
am Ostabfall des Hausberges etwa 400 Schritte nördlich von der 
Räumermühle befindliche, etwa 8 m mächtige Schuttkegel, welcher 
sich lediglich aus abgestürzten und abgerutschten Schieferschollen 
der dahinter liegenden Steilwand zusammensetzt. Der aus Andalusit- 


- glimmerschiefer bestehende grobe Schutt weist Blöcke von über Kubik- 


metergrösse auf. Mächtige abgestürzte Schieferschollen findet man 
vereinzelt auch in dem an den Fuss des Hausberges sich anschmie- 
senden Bette des Silberbaches. 

Ein ähnlicher Schuttkegel von 4 bis 5 m Mächtigkeit findet 
sich auf dem linken Zwotaufer unmittelbar an der sog. Kaiserstrasse 
gegenüber dem Fabrik-Etablissement „Drahthammer“. Das Material 
desselben besteht aus abgerundeten Blöcken von porphyrartigem sowie 
feinkörnigem Granit, Quarzitschieferfragmenten und Andalusitglimmer- 
schiefer. Schon ein Blick auf die Karte, noch deutlicher aber die 
Umschau im Gelände lehrt, dass dieses Schuttmaterial von den Ab- 
hängen des Glasberges, welche die genannten . Gesteinstypen auf- 
weisen, herabgewandert ist, 

Die umfangreichste Schuttablagerung befindet sich am Ostfusse 
des Hausberges. Längs desselben ist eine durchschnittlich 400 m 
breite Schuttdecke abgelagert, deren Material lediglich der grani- 
tischen Berglehne des Katzenfelses entstammt. Hart am Fusse des 
Hausberges breitet sich auf dieser Schuttdecke eine ganz unge- 

80* 


639 Carl Gäbert. | [52] 


heure Anhäufung von Granitblöcken aus; einzelne derselben wiegen 
mehrere hundert Centner. Die innere Beschaffenheit der Schuttdecke 
zu untersuchen ward durch einen zur Zeit an deren östlichem Rande 
stattgehabten Brunnenbau ermöglicht '). Derselbe ergab das nach- 
stehende Profil Fig. 19 und liess zugleich erkennen, dass das Eiben- 
stocker Massiv nicht, wie dies von den älteren Forschern ange- 


Fig. 19. 


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& — Grandiger Lehm . . su anna Ba 

b — Schutt mit zahlreichen Granitblöcken . . 2:00 m 

c — Verwitterter Turmalin-Quarzitschiefer . 200 m 

d = Frische Turmalin-Quarzitschiefer . . . 2:00 m 

Fig. 20. 

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Granit. Dil.- Turmalin- Andalusit- Fleck- Phyllit. 
Schutt. Quarz.-Sch. Gl.-Sch. schiefer. . 


nommen wurde, bis unmittelbar an den Fuss des Hausberges heran- 
reicht, sondern dass die Granitoberfläche bereits mehrere hundert 
Meter östlich vom Hausberge unter den Turmalinquarzitschiefern ver- 


schwindet, wie es durch das oben beigegebene Profil Fig. 20 veran- 
schaulicht wird. 


') Der 7°50 m tiefe Brunnen befindet sich hinter dem Hause Nr. 1010. 


[53] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 63% 


Schotterterrassen an den Thalwänden, die auf einen alten, 
höher gelegenen Thalboden hinweisen, sucht man fast vergeblich. Da 
die Thalwandungen sehr steil sind, haben sich solche nicht erhalten 
können. Nur am SO-Abhange des Hausberges verrathen die dort zer- 
streuten vollkommen abgerollten. Blöcke von porphyrartigem Granit 
in etwa 6 m Höhe über dem gegenwärtigen Bachbette, dass früher 
der Lauf des Silberbaches ein Die Nireanı als heute inne hatte. 

Raithalden als Anzeichen alter Seifenwerke gewahrt man am 
östlichen Ende der Graslitzer Schieferzunge, dort, wo dieselbe unter 
dem Alluvium der Rothau verschwindet. Höchstwahrscheinlich sind 
die. dortigen Schotter von Andalusitglimmerschiefer und die Turmalin- 
schiefergerölle durch Bergleute aus Fribus behufs Gewinnung von 
Zinnstein bearbeitet worden. 


Das Alluvium. 


Das beträchtliche Gefälle der fliessenden Wässer bringt es mit 
sich, dass die Alluvionen in der Graslitzer Gegend wenig thonige und 
lehmige Bestandtheile enthalten, dahingegen vorwiegend aus Geröllen 
von Granit, Quarzitschiefer, Quarz, Quarzturmalinschiefer und meta- 
morphem Phyllit bestehen. Mitunter ist das Alluvium so wenig 
mächtig, dass die Keller der Gebäude in anstehendem Gestein aus- 
gesprengt werden müssen. Nur an der nach Untergraslitz führenden 
Strasse, woselbst sich das Zwotathal auf eine kurze Strecke hin 
beckenartig erweitert, bemerkt man eine ausgedehntere Alluvialfläche, 
die wesentlich aus Sanden und Kiesen aufgebaut wird und z. Th. 
‚moorige Wiesen, stellenweise auch eine dünne Decke von Aulehm trägt. 

Torfmoore grösseren Umfanges finden sich nördlich sowie 
südlich der Graslitzer Schieferzunge, nämlich um Sauersack und 
Fribus (vergl. Frl. z. Sect, Eibenstock, S. 48) sowie in dem mehrfach 
genannten Filzbruckwald. In letzterem Gebiete besitzt der Torf, wie 
man an den tiefeingeschnittenen Entwässerungsrinnen beobachten 
kann, eine Mächtigkeit. von 1 bis 2 m. Abgebaut wird derselbe ausser 
um Sauersack. und. Fribus nirgends. Der "Waldbestand des Filzbrucks 
weist fast ausschliesslich die aus den ‚erzgebirgischen Hochmoor- 
gegenden bekannte Sumpfkiefer auf. Grössere moorige Wiesenflächen 
finden sich ferner bei Schieferhütten und Mühlhäuser. Kartographisch 
wurden ‘die Torfmoordistriete nicht zur Darstellung gebracht, weil 
dieselben theilweise aus dem Granitterritorium in das Schiefergebiet 
übergreifen und somit die für die Topographie der Graslitzer Schiefer- 
zunge so wichtige Granitschiefergrenze (s. S. 589—596) verwischt 
‚worden wäre. Letztere wurde in den Moorgegenden nach den z. Th. 
bis auf. den steinigen Untergrund reichenden Entwässerungsrinnen 
bestimmt. | 


634 Carl Gäbert. [54] 


Die Erzlagerstätten. 


Geologischer Aufbau des Eibenberges. — Geschichte‘ des Eibenberger Bergbaues. 
— Oberirdische Begehung. — Befahrungsresultat. — Genesis der Erzlager. — 
Mikroskopische Untersuchungen. — Schlussfolgerungen. 

An der westlichen Grenze der Graslitzer Schieferzunge erhebt 
sich ein von N nach S langgestreckter Bergrücken, der Eibenberg, 
welchem auch von uns besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde 
wegen der in ihm befindlichen Erzlager. Wie das Profil auf S. 609 
zeigt'), baut sich dieser Berg hauptsächlich aus unveränderten 
Schiefern der unteren Phyllitformation auf. Der mittlere und untere 
Theil des Ostabfalls besteht aus Quarzitschiefern, die weiter nach 
Osten hin in die contaetmetamorphen Phyllite der Schieferzunge über- 
gehen. Das Generalstreichen der Schiefer ist NS mit Abweichungen 
bis zu 20° in NO, das Einfallen — meist 25° in W — steigert sich 
local auf 30 bis 45%. Die Westseite des Eibenberges ist bis zu 
dem 807 m hohen Gipfel hinauf mit zahlreichen gewaltigen Halden 
— den Zeugen eines ehemaligen ‚lebhaften Bergbaues — bedeckt, 
welche von einer grossen Anzahl dort angesetzter, meist stollen- und 
streckenmässiger Baue herrühren. an [. 

Wichtigere Quellen zur Geschichte des ‚Eibenberger  Berg- 
baues sind: Et | 2) 
Graf Kaspar Sternberg: Umriss einer Geschichte der böhmischen 

Bergwerke. Prag 1856. I. 440. 

Peithner von Lichtenfels: Versuch über die natürliche und poli- 
tische Geschichte der böhmischen und mährischen Bergwerke. 
Wien 1780. N RER 

L. v. Novicky: Die Wiedergewältigung des alten Kupferbergbaues 
von Graslitz in Böhmen. Prag 1862. N ih 

Franz Ermold: Historisch-topographisch-statistische Erzählung von 
Graslitz. Eger 1860. er | 


Bezüglich der im erstgenannten Werke ausführlich dargestellten 
Geschichte des Eibenberger Bergbaues sei hier nur erwähnt, dass 
der wahrscheinlich bis ins XIII. Jahrhundert zurückreichende und zu 
manchen Zeiten sehr productive Betrieb seine Blüthezeit vor dem 
dreissigjährigen Kriege hatte und dass er in den nachfolgenden Jahr- 
hunderten namentlich infolge mangelhafter wirthschaftlicher und tech- 
nischer Institutionen — nicht infolge Erschöpfung der Lager, wie 
vielfach geglaubt wird — mehr und mehr zurückging. Im: Anfange 
dieses Jahrhunderts hörte der Bergbau im Eibenberge gänzlich auf, 
was hauptsächlich eine Consequenz der dort üblichen Joachimsthaler 
Bergordnung gewesen sein dürfte 2). gt 
!) Siehe auch S. 586. 2 
°) Die herrschaftlichen Waldungen waren mit dem Holzservitute für die 
Eigenlöhner belastet und zu Anfang dieses Jahrhunderts überstieg schon der 
Werth des nothwendigen Grubenholzes die Abgaben für die Berggerechtsame, Es 
lag daher im Interesse der Waldwirthschaft, die Kupferschmelzen im Schwader- 
bach- und Zwotathale aufzulassen; damit war aber den alten Bergleuten, welche 
keine wirthschaftliche Organisation kannten, jede Möglichkeit benommen, ihre 


Erze weiter zu verwerthen, umsomehr als damals auch mangelhafte Wege im 
Erzgebirge eine weitere Verfrachtung ausschlossen. 


[55] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 635 


Die. auf dem West- und: Südabfall des Eibenberges aufgeschütteten 
mächtigen. Berghalden verrathen.durch ihre Grösse, dass einzelne 
Erzlager besonders intensiv abgebaut wurden, durch ihre mehr oder 
weniger kranzförmige Anordnung in verschiedenen Niveaus, dass man 
diese Lagerstätten ‘von verschiedenen Richtungen her zugleich in 
mehreren, übereinander liegenden Horizonten ausbeutete. : Zwischen 
den’ Halden sieht man zahlreiche Pingen-(1 bis:2 m tiefe Senkungs- 
trichter zusammengebrochener Baue), sowie die Mundlöcher einer 
srossen Anzahl: Stollen. Diese Mundlöcher sind z. Th. offen und- die 
Stollen eine Strecke weit zu befahren, z. Th. sind sie verfallen, 'zum 
grossen Theil stehen sie, soweit ersichtlich, noch in Zimmerung. Das 
Steinmaterial der Halden, auf welches später bei der mikroskopisch- 


'petrographischen Beschreibung näher einzugehen ist, bilden Bruch- 


stücke eines ebenflächigen, grünlichen, grauen bis schwärzlichgrünen 
Phyllits, der sich u. a. durch seine Quarzführung (siehe S. 609) als 
zur unteren Phyllitformation gehörig verräth. Auf den frischen und 
vielfach wellig ebenen Bruchflächen dieser Schieferschollen sieht man 
in Form, feiner netz- oder maschenartiger Schnürchen, oft auch in 
kleinen Butzen gelbe Erzpartikelchen vertheilt. Mit Bestimmtheit 
können Kupferkies, Eisenkies und etwas Buntkupfererz sowie Arsen- 
kies erkannt werden, Die in grosser Zahl auf den Halden liegenden 
Quärzblöcke haben meist eine tiefdunkelbraune bis rothbraune,: auf 
Zersetzung der Kiese zurückzuführende Färbung, viele sind jedoch 
auch blendend weiss. Erstere Stücke sind es, welche sich nach dem 
Anschlagen mit dem Hammer als besonders erzführend erweisen. 
Ferner bemerkt man unter den Haldegesteinen stark chloritisirte, 
tiefdunkelgrüne Schiefer, die zwar makroskopisch selten Erzführung 
zeigen, die jedoch durch ihre ungewöhnliche Schwere eine metallische 
Imprägnation vermuthen lassen. Endlich finden sich noch in geringerer 
Zahl Stücke eines basaltschwarzen oder schwärzlichgrünen, ausser- 


ordentlich feinkörnigen, vereinzelt von feinen Quarztrümern durch- 


setzten Gesteins, dessen bei der mikroskopischen Beschreibung aus- 
führlicher gedacht werden soll. In :den höheren Horizonten des 
Eibenberges nimmt der Quarzgehalt der Phyllite und’ wohl auch 
deren Erzführung ab. Wenig nördlich vom Gipfel streichen ‚unter 
dem Rasen einige Schieferklippen flach zu Tage aus, deren Gestein 
— frei. von lentieulären- (Quarzmassen — 2 Dachschiefer erinnert 
und zur oberen Phyllitformation gehört. (s. S. 608). 

Ausser diesen Berghalden sei noch zweier ‚Jahrhunderte alter, 
colossaler Schlackenhalden gedacht, von denen 'die eine im 
Thale :des Schwaderbaches sich erhebt, wo letzterer ‘die Eibenberger 
Strasse schneidet, während die andere etwa 1000 m nördlich davon 
wenig über dem in der Thalsohle einbrechenden „Adamistollen“ 


‚am Bergabhang sich ausbreitet. ‘Diese viele Tausend Cubikmeter 


haltenden Schlackenhügel sind einerseits Zeugen von dem grossen 
Umsatze der alten Schmelzhütten, andererseits: verräth ihr Material, 
wie primitiv im Gegensatz zu heutigen Methoden der Erzgewinnungs- 
process der Alten war. Die vielfach mit kleinen Holzkohlentheilchen 
durchspickten, der basaltischen Fladenlava ähnlichen Schlackenstücke 
fallen durch ihre aussergewöhnliche Schwere auf. Eine: von Dr. Röhrig 


636 Carl 'Gäbert. [56] 


(Leipzig) im Auftrage der Eibenberger Bergverwaltung ausgeführte 
Analyse des Schlackenmateriales ergab u. a.: 3'910/, Kupfer, 28'800), 
Eisen, 0'077 Blei, 0'167 Wismuth u. s. w. Diese Analyse lässt es 
begreiflich erscheinen, dass die Alten, da sie eines namhaften Procent- 
satzes wertvollen Metalles nicht habhaft werden konnten, nur reiche 
Erze mit Gewinn verhütteten, und dass sie das oben beschriebene, 
keineswegs dürftig mit Erz ausgestattete Gestein auf die „Halde* 
fuhren. Bei der: jetzt geplanten Wiederaufnahme des ‚Bergwerks- 
betriebes dürften vielleicht die Schlackenhalden von neuem verhüttet 
werden !) | 
Das Muttergestein der Erze des Eibenberges bildet, wie bereits 
hervorgehoben, der quarzführende Phyllit der unteren Phyllitformation. 
In nur deecimeterstarken Lagen wurden in einem einzigen höher 


gelegenen Stollen am Westabfall des Eibenberges taube Einlagerungen 


von Amphibolschiefer, wie man sie am Grünberge in gewaltigen 
Complexen antrifft, wahrgenommen. Der Phyllit bricht in dicken 
Platten, welche die Firsten der Aufschluss- und Abbaustrecken haltbar 
und die Zimmerung meist entbehrlich machen ?). Bezüglich der Ver- 
theilung der Erzpartikel im Schiefer kann nicht behauptet werden, 
dass sich dieselben lediglich zwischen den Schieferungslamellen 
befinden; viele Erzschnürchen durchschwärmen vielmehr das Gestein 
sanz regellos und unabhängig 'von der Schieferung. Immerhin aber 


bilden ihre durch taubes Gestein voneinander abgegrenzten Complexe 


mehr oder weniger deutlich geschiedene Mittel. Der häufig mit dem 
Schiefer vergesellschaftete Quarz erhöht in der Regel den Erzgehalt, 
selten nur verringert er ihn bis zur Taubheit. Im Quarz selbst ist 
das Erz ausser in Körnchen, Blättchen und Schnüren auch in derben, 
mehr oder minder grossen Butzen anzutreffen; zuweilen — und zwar 
namentlich in den tieferen Horizonten — kommen auch ziemlich 
mächtige, völlig derbe Erzmassen vor. Die Erze sind vorwaltend 
Kupferkies, Eisenkies und Arsenkies. ©. v. Novicky (Jahrb. d.k.k. 
geol. Reichsanstalt 1859) führt ausserdem noch an: „Magnetkies, 
Kupferschwärze, Rothkupfererz, Spatheisenstein, Bleiglanz.“ Nach 
demselben Autor 1. e. ist das Streichen und Fallen der Erzmittel 
fast überall gleich demjenigen des Phyllits, also nordsüdliches 
Streichen und westliches Einfallen, womit er die Annahme verknüpft, 
„dass die Erzlagerstätten ‚Lager‘ und nicht ‚Gänge‘ seien“. Diese 
Ansicht kann ich durch eigene Beobachtungen erhärten. Die Mächtigkeit 
der Erzlager schwankt beträchtlich, indem sie sich lokal bis auf 
wenige Zoll Breite verdrücken, um dann wieder bis auf 0'3 m an- 
zuschwellen. Derartige lagerhafte Erzhorizonte wiederholen ‘ sich 


‘) Freilich dürfte der Gehalt an Pb und Bi, sofern sich derselbe auf die 
gesammten Schlackenmassen erstrecken sollte, bei der Darstellung des Cu recht 
unwillkommen sein. 

°) Bisher haben im Eibenberge jährliche Ueberwachungsarbeiten statt- 
gefunden, um die Baue vor Verfall und Ersaufen zu bewahren. Bei meinem 
Aufenthalt in der dortigen Gegend hatte ich oftmals Gelegenheit, in Gemeinschaft 
mit Herrn Bergverwalter Augustin in das Innere des Eibenberges einzufahren 
und verfehle nicht, Herrn Augustin für sein freundliches Entgegenkommen an 
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank abzustatten. u 


i . 


[57] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 637 


innerhalb des Eibenberger Phylliteomplexes in grösserer Zahl, nach 
älteren Angaben in zehn Horizonten. Eine besonders reiche und 
edle Erzführung glaube ich dort beobachtet zu haben, wo der Phyllit 
vielfach mit Quarz durchwachsen war und wo ferner sich jenes 
schwarze — wie gezeigt werden soll: Turmalingestein einstellte, 
dessen bereits bei der Beschreibung des Haldenmateriales gedacht ward. 

Nennenswerte Verwerfungen sind in dem Eibenberger Bergwerke 
nicht bekannt, nur hin und wieder setzt ein flacher oder saigerer 
„Lettengang“ durch, der jedoch auf die Erzführung keinen wesent- 
lichen Einfluss zu haben scheint. 

Die Frage nach der Genesis der Erzlager im Eibenberge 
ist bisher noch nicht erörtert worden, dagegen hat man gewisse 
andere westerzgebirgische Erzvorkommen bezüglich ihrer Entstehung 
zu beleuchten gesucht). Für die meisten derselben glaubt man eine 
pneumatolytische Entstehung in Zusammenhang mit den Eruptionen 
der westerzgebirgischen Granitmassen, insbesondere des Eibenstocker 
Massivs mit Bestimmtheit behaupten zu dürfen. Für die Erzlager 
des Eibenberges, eine pneumatogene Bildung vorausgesetzt, könnte 
als erzbringender Urheber ebenfalls nur das Eibenstocker Massiv 
in Frage kommen. Wie schon oben ausgeführt, wurde innerhalb des 
auf Section Aschberg an dem Granitmassiv von Eibenstock abstossenden 
Phyllit einschliesslich der Graslitzer Schieferzunge ein breiter Contact- 
saum constatirt. Derselbe erstreckt sich jedoch nicht bis auf die 
aus Phyllit aufgebaute Westseite des Eibenberges, in welcher sich 
die Erzlagerstätten befinden; dieselben liegen also ausserhalb 
des Contacthofes. Dagegen reicht der aus hellen Quarzitschiefern 
bestehende Ostabhang dieses Berges in die Contactzone hinein, wenn 
auch, wie dies bei den Quarzitschiefern meist der Fall ist, an den- 
selben keine CÖontactwirkungen zu bemerken sind. Wenn soeben 
constatirt wurde, dass die erzführenden Phyllite des Eibenberges 
ausserhalb des Contactgebietes liegen, so soll damit ausdrücklich 
nur gesagt sein, dass die Schiefer — selbst in den liegendsten 
z. Z. zugänglichen Horizonten — keine Spur der charakteristischen 
Metamorphosirungsphänomene, insbesondere keinerlei Flecken und 
Knötchen zeigen. Erwägt man aber, dass die nach Dalmer (s. o.) 
pneumatolytischer Entstehung verdächtigen Erzlager von Schwarzen- 
berg und anderen in- und ausländischen ?) Localitäten sich in meta- 
morphen, meist sogar hochmetamorphen Schiefercomplexen?) befinden, 
so dürften allerdings Zweifel gegen die Annahme einer pneumatogenen 
Bildung der Fibenberger Erzlager rege werden und man könnte 
vielleicht mit Schalch (s. Erl. z. Sect. Schwarzenberg 1884) die 
Erze als ursprüngliche, archäische, gleichzeitig mit dem Phyllit ent- 


1) S. bes. Dalmer: Die Erzlager von Schwarzenberg. Zeitschr. f. prakt. 
Geologie. 1897, Aug. 

2) S. bes. J. H. L. Vogt, Kristiania: Beitr. zur genet. Classification der 
durch Pneumatolyse entstandenen Erzvorkommen. Zeitschr. f. prakt. Geol. 1894/95. 
s) Nur R. Beck: Die Contacthöfe der Granite u. Syenite des Elbthal- 
gebirges — erwähnt ein in äusserst schwach metamorphem Gestein befindliches 
Erzlager bei Berggiesshübel. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (C. Gäbert.) sl 


638 Carl Gäbert. [58] 


standene Bildungen auffassen. Die letzgedachte Ansicht ward jedoch 
durch die mikroskopische Untersuchung der Gesteine widerlegt. 

Zu letzterem Zwecke wurden von sämmtlichen Typen des Erz- 
vorkommens, sowohl von dem Gestein der Halden wie auch von 
dem bei Befahrung der Stollen gewonnenen Material, zahlreiche Dünn- 
schliffe hergestellt. Besondere Schwierigkeiten machten hierbei die 
weichen chloritischen Phyllite, sowie die derben Erzvorkommnisse. 
Von letzteren erwartet man völlig opake Schliffe, dies ist jedoch 
nicht der Fall. Zwischen opaken, unregelmässig begrenzten, in auf- 
fallendem Lichte zu untersuchenden Partien liegen zahlreiche durch- 
scheinende Mineralpartikel. Von den im Schliffe vertheilten Erzen 
konnten Kupferkies, Eisenkies und Magneteisen bestimmt erkannt 
werden; als interessantestes Ergebnis jedoch wurde, besonders in 
den derben Erzen, das ziemlich häufige Auftreten von Zinnstein 
constatirt. Meines Wissens wird derselbe in der über das Eibenberger 
Bergwerk existirenden Literatur — auch bei C. v. Novicky — 
nirgends erwähnt. Ein Abbau auf Zinnstein hat auf den dortigen 
Werken nie stattgefunden. Wahrscheinlich tritt er nur in mikro- 
skopischer Kleinheit auf, sonst wäre er dem bergmännisch geschärften 
Auge der Alten nicht entgangen. U. d. M. zeigt sich der Zinnstein 
in einzelnen hellgelblichgrauen, durchscheinenden Körnchen und Aggre- 
gaten, in letzterem Falle häufig verzwillingt In einigen Schliffen war 
eine parallel zur Schieferung gerichtete, perlschnurartige Aneinander- 
reihung von Zinnsteinkryställchen zu beiden Seiten von einem schmalen 
Streifen Kupferkiespartikelchen begleitet. 

Ausser dem Auftreten von Zinnstein, dessen pneumatolytische 
Entstehung in der Nähe grosser Granitmassive für viele Fälie er- 
wiesen ist (vergl. die oben eitirte Arbeit Vogt’s) und dessen Vor- 
kommen allein schon geeignet erscheint, eine pneumatogene Bildung 
jener Erzlager wahrscheinlich zu machen, ist noch das häufige Vor- 
handensein von Turmalin, der ebenfalls ein typisches Glied contact- 
metamorpher Mineralvergesellschaftung ist, zu betonen. Das Auftreten 
winziger Turmalinnädelchen in total unveränderten Phylliten ist be- 
kannt; in den erzführenden Phylliten vom Eibenberg jedoch sind die 
accessorischen Turmalinnadeln durch ihre ungewöhnliche Grösse von 
jenen scharf unterschieden. Besonders reichlich finden sie sich in 
den unter den Haldegesteinen erwähnten (s. 0.) stark chloritisirten 
Schiefern. Ein zweites charakteristisches Auftreten des Turmalins 
innerhalb der Eibenberger Erzlager ist an ein feinkörniges Gestein 
gebunden, dem man den Namen „turmalinisirter Quarzphyllit“ geben 
könnte. Die Schieferung ist im Handstück unversehrt erhalten, im 
Dünnschliff zeigen sich u. d. M. neben kleinen Quarzkörnchen zahl- 
lose noch kleinere Turmalinkryställchen. Endlich kommt der Turmalin 
noch in dem obengedachten basaltschwarzen, ausserordentlich fein- 
körnigen Gestein vor. Dasselbe entpuppte sich u d M. als ein 
typischer Turmalinfels, resp. Turmalinquarzfels. Von der Masse und 
der Kleinheit der Turmalinnädelchen kann man sich eine Vorstellung 
machen, wenn man bedenkt, dass es nur selten gelingt, an den 
dünnsten Rändern des Schliffes eine Stelle zu finden, wo die wirr 
verfilzten Nädelchen nur eine einzige Schicht bilden. Eine mit 


[59] Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge. 639 


Flusssäure behandelte Probe dieses Gesteines liess erkennen, dass 
in ihm 63°, Turmalin enthalten waren. Wahrscheinlich ist diese 
in einigen Strecken in bis ein Viertel Cubikmeter grossen Blöcken !) 
anzutreffende Qualität des Turmalin-Quarzfelses dieselbe, wie sie 
W. Möricke?) aus den in Granit befindlichen Kupferminen zu 
Remolinos in Chile beschreibt: „In der Nähe der Minen ist das Gestein 
zersetzt und enthält, wie das Mikroskop zeigt, Kryställchen von Tur- 
malin. Es geht allmälig in eine nur aus Quarz und Turmalin be- 
stehende Felsart über, welche immer feinkörniger wird, bis zum 
Schluss daraus ein vollkommen dichtes, schwarzes, basaltähnliches 
Gestein hervorgeht, das dem mikroskopischen Befund nach gleichfalls 
nur aus Quarz und Turmalin besteht.“ Bearbeitet man die auf den 
Halden liegenden Stücke des beschriebenen Turmalinfelses mit dem 
Hammer, so gelingt es häufig, auf den Bruchflächen noch flitter- und 
schulpähnliche Residua von Phyllit zu entdecken. Neben der oben- 
gedachten Imprägnation von Zinnstein hat sich also die pneumato- 
lytische Metamorphose der Eibenbergphyllite besonders als Turma- 
linisirung geäussert. Ob auch der in manchen Schliffen ‚vorhandene, 
in verhältnismässig grossen Krystallen ausgebildete Ottrelith als ein 
Erfolg metamorphischer Einflüsse von Seiten des Granits anzusehen 
ist, konnte nicht festgestellt werden. 

Der mikroskopische Befund der erzführenden Phyllite des Eiben- 
berges zusammen mit der nahen Lage eines gewaltigen Granitmassivs 
und dessen hochmetamorphen Hofes dürfte die Annahme einer pneu- 
matolytischen Entstehung der Erzlager rechtfertigen. Dass die Phyllite 
des Eibenberges als solche, abgesehen von den Erzlagern und Tur: 
malingesteinen, „unverändert“ sind, kann, wie noch kurz erläutert 
werden soll, in dieser Auffassung nicht wankend machen. Möglicher- 
weise stellen sich auch in tieferen Horizonten des Eibenberges — 
der tiefste Stollen, der sog. „Tiefe Ort“, 28 m unter der Thalsohle 
gelegen, war bei meiner Anwesenheit nicht befahrbar — die ersten 
Flecken im Schiefer ein, welche den Beginn der Metamorphose schon 
dem blossen Auge andeuten würden. Jedenfalls aber birst der 
benachbarte Contacthof ebenfallseine auffallend 
grosse Anzahl von Erzvorkommnissen, mögen diese auch 
z. Th. keinen bergmännischen Werth besitzen). So trifft man in der 
Gegend von Silberbach Spuren eines alten Silber-, Blei- und Kupfer- 
erzbergbaues, die aus vergangenen Jahrhunderten herrühren. Im Blei- 
grunde geben gewaltige Halden Kunde von ehemaligem umfangreichen 
Bleibergbau ; am östlichen Ende der Graslitzer Schieferzunge finden sich 
die Raithalden, welche Bergleute aus Fribus aufwarfen, um das Allu- 


!) Die Blöcke waren an Ort und Stelle losgesprengt; das geologische Auf- 
treten des Turmalingesteins innerhalb des Phyllitgebirges konnte jedoch nicht 
sicher festgestellt werden. 

2) W. Möricke: Gold-, Silber- und Kupferlagerstätten in Chile und ihre 
Abhängigkeit von Eruptivgesteinen. 1897. 

®) Die zahlreichen Erzlagerstäten im Contacthofe des Eibenstocker Granit- 
massivs sind aus der geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsens ersicht- 
lich, siehe besonders die Sectionen Zwota, Falkenstein, Johanngeorgenstadt und 
Schneeberg. 

gl" 


640 Carl Gäbert. [60] 


vium nach Zinnerz zu durchwühlen (s. S. 633). Noch in jüngster Zeit 
hat man im Platten- und Hartelsberg auf Silber, Zinnstein (?), Braun- 
eisenstein und andere Erze gemuthet, allerdings ohne abbaulohnende 
Mengen zu finden. Die Erzlager im Eibenberge bezeichnen 
somit nur die westliche Aussenlinie einer in der 
Schieferzunge aufsetzenden Zone von Erzvorkomm- 
nissen, und gehören zwar nicht mehr iin die Wirkungs- 
sphäre der den Phyllit zu Fleckschiefern metamor- 
phosirenden Kraft des Granites, dürften aber doch 
noch als äusserste peripherische, pneumatolytische 
Imprägnationsproducte der letzteren anzusprechen 
sein. 


Am Schlusse dieser Arbeit sei es mir gestattet, meinen hoch- 
verehrten Lehrern, den Herren Geheimrath Prof. Dr. Zirkel und 
Geheimrath Prof. Dr. Credner meinen herzlichsten Dank auszu- 
sprechen für die Einführung in das Studium der Mineralogie und 
Geologie sowie für die jederzeit bereitwillige Unterstützung und das 
freundliche Wohlwollen, welches sie mir während meines Studiums in 
reichstem Masse haben zu Theil werden lassen. 


Inhalt. 
Seite 
Geschichtlicher Verfolg der geologischen Erforschung der Graslitzer Gegend 
von Naumann bis Schröder 1839—1884 . . .. 2 2:22 2 2 m rn nn 581 
Topographisch-landschaftliche Beschreibung der Graslitzer Gegend und 1.apeoiel 
der Schieferzunge, sowie deren granitischer Umrandung . . . ..nD84 
Allgemeine geologische Beschreibung der Schieferzunge: 
Die Granitschiefergrenze geographisch . . . . 590 
Zugehörigkeit der Graslitzer Schieferzunge zur "westlichen Schieferhülle 
des Eibenstocker Granitmassivs ... . . .. . „2 ecke 
Die Granitschiefergrenze geologisch . . . 593 
Die Schieferzuuge als Argument für die Laccolithennatur dieses Massivs. 595 
Dzssechen. ihrer Erhaltung u. na Ar a ee 
Specielle geologische Beschreibung der Schieferzunge und ihrer Umgebung . 598 
Der die Schieferzunge umrahmende Granit: 
DUBPEINE an tes reihe 20 er 2a re a 1a 1 
Granitvarietäten, Spaltengänge 1° 200 [nf ge E bes fann Ba ee ee . ..599 
VWerbandsverhältnisse . .. , . .0.....0. 20020 Se ccen Fee 
Verwitterungserscheinungen . ......... "MELDE 2608 
Die eigentliche Schieferzunge: 
Gliederung und Verbandsverhältnisse der Phyllitformatiin . . . . 608 
Die unveränderten Phyllite , . . .... ua. 22 vn 
Die metamorphosirten Phyllite ............ ss 
Einlagerungen im Schiefergebirge.. . . ee 2 
Granitische Intrusionen im Schiefergebirge . ee A >) 
Anderweitige Eruptivgesteine . . . . . „un „NASE ME 
Jungdiluvialer Schutt . 2. 2.2.2.2... er 


Das Alluvium . .. ..... a 
Die Erzlagorskäfkon si at sahne kn ee ar 


Versuch einer Gliederung der Diluvial- 
gebilde im nordböhmischen Elbthale ’'). 


Von J. E. Hibsch. 


Unser Wissen von der geologischen Entwicklung Nordböhmens 
weist mehrere Lücken auf. Insbesondere ist der Ausgang der Tertiär- 
zeit für unsere Erkenntnis in Dunkel gehüllt. Wir erkennen deutlich 
und klar, wie während des Oberoligocän die frühere ruhige Sedi- 
mentation durch grossartige vulkanische Eruptionen unterbrochen wird. 
Die Geschichte dieser Ausbrüche enthüllt sich allmälig vor unserem 
Geiste. Aber wie lange die Eruptionen andauerten, vermögen wir 
nicht zu entscheiden. Den Zeitpunkt, an welchem die letzten Vulkane 
Nordböhmens erloschen, können wir nicht angeben. Infolge der in 
Nordböhmen heute noch zahlreich vorhandenen Erscheinungen, in 
welchen der Vulkanismus ausklingt, sind wir geneigt, diesen Zeitpunkt 
in nicht allzu ferne Zeit zu verlegen. Jede sichere Basis für die 
Zeitbestimmung fehlt jedoch. 

Aus dem langen Zeitraume zwischen dem Tertiär und heute 
sind uns in dem nordböhmischen Elbthale und dem böhmischen 
Mittelgebirge nur Flussanschwemmungen und - äolische 
Absätze von Mineralstaub, sowie spätere Umlagerungen derselben 
bekannt. Diese Gebilde liefern uns die Anhaltspunkte für die geo- 
logische Forschung. 

Verfasser dieser Zeilen war anlässlich seiner geologischen Auf- 
nahmen im böhmischen Mittelgebirge veranlasst, auch die Diluvial- 
gebilde dieses Gebietes zu studiren. Da sich hiebei Resultate von 
allgemeinerer geologischer Bedeutung ergeben haben, sei es dem 
Verfasser gestattet, in Nachstehendem über diese Dinge kurz zu 
berichten, obschon Fragen ‚dieser Art seinem engeren Arbeitsfelde 
fern liegen. Dabei kann der Verfasser nicht umhin, mit Dankbarkeit 
der Anregungen zu gedenken, welche er während seiner Theilnahme 
an den Arbeiten der geologischen Landesuntersuchung des König- 
reiches Sachsen seitens des Herrn Geh. Bergrath Prof. H. Credner 
bezüglich der Gliederung des Diluviums im Elbthale bei Tetschen 
erhielt und insbesondere der reichen Anregung, die er während einer 
schon vor Jahren in die Umgebung von Freiburg in Breisgau unter- 
nommenen Excursion durch Herrn Prof. G. Steinmann bezüglich 


!) Inhalt eines am 4. Mai 1899 in der Sitzung der mineral.-geolog. Section 
des Deutschen naturw.-medic. Vereines „Lotos“ zu Prag gehaltenen Vortrages. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Hett. (J. E. Hibsch.) 


642 J. E. Hibsch. [2] 


der Gliederung des oberbadischen Diluviums erfuhr. Die Gliederung 
des oberrheinischen Diluviums wurde in analoger Weise auf die 
Diluvialgebilde unseres Elbthales angewendet und auf den bisher er- 
schienenen drei Blättern der geologischen Karte des böhmischen 
Mittelgebirges !) (Maßstab 1:25.000) durchgeführt. 


A. Flussanschwemmungen. 


Die Flussanschwemmungen lassen sich nach ihrer Höhenlage, 
nach dem Material, aus welchem sie bestehen, und nach den thieri- 
schen Resten, die sie enthalten, in folgender Weise gliedern: 


I. Hochterrasse. 


Aelteste Flussanschwemmungen, in Höhenlagen von 
mehr als 60 m über dem heutigen Spiegel der Gewässer. E 


II. Mittelterrasse. 


Jüngere Flussanschwemmungen, in Höhenlagen von 20 
bis 60 m über dem Spiegel der Gewässer von heute, aber auch bis 
unter den jetzigen Flussspiegel reichend. 


IM. Niederterrasse. 


Jüngste Flussanschwemmungen, 20—10 m über dem 
heutigen Flussspiegel. 


I. Hochterrasse. 
Aelteste Flussanschwemmungen. 


Die nähere Betrachtung der einzelnen Anschwemmungen muss 
bei denjenigen begonnen werden, welche im Gebiete am weitesten 
nach Norden vorgeschoben sind. Denn unser Elbthal ist von Norden 
her gebildet worden. Schon im Oligocän geschah die Entwässerung 
Böhmens in der Richtung von Süd nach Nord. Diese Richtung wurde 
ununterbrochen beibehalten bis auf den heutigen Tag. In der gleichen 
Richtung von Süd gegen Nord fand auch der Geschiebetransport 
statt. Nur ein einzigesmal wurde umgekehrt aus dem Norden gegen 
Süden Gesteinsmaterial nach Nordböhmen transportirt, und zwar zu 
jener Zeit, als das nordische Inlandeis das Lausitzer Granitplateau 
bedeckte und bis ins nördlichste Böhmen reichte. Heute noch zeugt 
die Verbreitung des Geschiebelehms in der Umgebung von Warnsdorf 
von der Ausdehnung des Inlandeises von Norden her bis nach Nord: 
böhmen. Der Geschiebelehm reicht bei Warnsdorf bis zu 465 m 
Meereshöhe 2). Die Schmelzwässer des nordischen Eises flossen nach 
!) Verlag von A. Hölder in Wien. 


°) J. Hazard, Erlänt. zur geolog. Specialkarte d. Königr. Sachsen. Sect, 
Rumburg—Seifhennersdorf. 1895, 8, 2 u. 54 “ 


[3] Versuch einer Gliederung der Diluvialgebilde im nordböhm. Elbthale. 643 


Süd und West ab und trugen bei zur Verbreitung nordischen Materials 
über einen Theil Nordböhmens. Aber auch nach dem Rückzuge des 
Eises lieferte die zurückgebliebene Grundmoräne, der Geschiebe- 
lehm, bei der Aufarbeitung durch die fliessenden Gewässer reichlich 
nordisches Gesteinsmaterial. 

Nachdem dies vorausgeschickt wurde, mag mit der speciellen 
Erörterung der einzelnen zerstreuten Reste von Anschwemmungen 
begonnen werden. Nahe der Reichsgrenze und auch nördlich derselben 
auf sächsischem Gebiete befinden sich auf dem denudirten Theile 
des Quadersandsteinplateaus alte Flussschotter und Lehme. Es sollen 
hier blos erwähnt werden die Schotter am Belvedere bei Elbleiten 
nördlich Tetschen und von Cunersdorf (südl. Königstein in Sachsen). 

Beide Depots reichen rund bis zu 270 m Meereshöhe (150 bis 
160 m über dem Elbespiegel von heute). Die Auflagerungsfläche 
für diese Depots ist die derzeitige Plateaufläche der Quadersand- 
steinplatte, welche seit dem Oberoligocän bis zum Zeitpunkte des 
Absatzes dieser Schotter um rund 300 Meter abgetragen worden ist. 
Die Schotter von Cunersdorf in Sachsen enthalten nach den Angaben 
von F. Schalch!) Feuersteine. Sonach können diese Flussan- 
schwemmungen, auch die im gleichen Niveau abgelagerten bei Elb- 
leiten, nicht älter als glacial sein. Die Zeit ihrer Ablagerung fällt 
also höchstens in jene Zeitperiode des Pleistocän, in welcher das 
nordische Eis bis in die Umgebung von Warnsdorf in Böhmen reichte, und 
welche von Geikie die „sächsische Stufe“ genannt worden ist. 
Ein gleiches Alter muss allen im Elbgebiete südlich der genannten 
Depots vorhandenen Ablagerungen zugeschrieben werden, welche an- 
nähernd in gleichem Abstande (150—160 m) vom heutigen Fluss- 
niveau lagern, wenn denselben auch nordisches Material nicht bei- 
gemengt ist. Das sind insbesondere die schotterigen Grande und 
Sande auf dem .Marienberge bei Aussig (240—260 m Meereshöhe) 
und von Budowe östlich von Aussig (300—340 m Meereshöhe). 
Für diese Gebilde gebrach es bisher an jedem Anhaltspunkte für 
eine Altersbestimmung. Man neigte allgemein der Annahme eines 
pliocänen Alters für dieselben zu. Aeltere Flussanschwemmungen 
als die genannten sind im Gebiete nicht bekannt. 

Nach dem Absatze dieser genannten Depots fand eine wesent- 
liche Vertiefung des Elbthales und dementsprechend aller einmünden- 
den Seitenthäler statt. Während der langsamen Senkung des Wasser- 
spiegels liess der Fluss an seinen Ufern beiderseits am Gehänge 
des allmälig vertieften Thales Geschiebe liegen, die sich dort bis 
heute erhalten haben, wo die Thallehne nicht allzu steil sich ge- 
staltete. Wir finden solche Geschiebereste „auf den Weinbergen“ 
nördlich Schönpriesen (250 m), auf dem Jungfernstein südlich Nesch- 
witz (200 m) und in verschiedenen Höhen von 260—180 m zwischen 
Neschwitz und Tetschen. Auch die Schäferwand nördlich Bodenbach 
(240 m) und die Fock’sche Höhe nordöstlich Tetschen (200 m) tragen 
Geschiebreste dieser Altersstufe. Die Geschiebe auf der Fock’schen 


1) F. Schalch, Erläuterungen zur geol. Specialkarte des Königr. Sachsen. 
Sect. Rosenthal—Hoher Schneeberg. 1889, S. 55. 


644 J. E. Hibsch. [4] 


Höhe bei Tetschen enthalten recht reichlich nordisches Material 
(Feuersteine, Dala-Quarzit, skandinavische Granite). Allen gleich- 
alterigen Depots von Geschieben südlich von Tetschen fehlt nordi- 
sches Material. Hingegen sind nordische Gesteine in allen Geschiebe- 
ablagerungen des Polzenthales, insbesondere in den Flussanschwem- 
mungen auf dem Scharfensteine und Ziegenrücken bei Bensen, zu 
finden. Es entstammen die nordischen Gesteine, welche den EIb- 
seschieben auf der Fock’schen Höhe beigemengt sind, zweifellos dem 
alten Polzenflusse. 

Während der Zeit, in welcher die Flüsse diese Geschiebe ab- 
setzten, wurde auch der Elbceafon von Tetschen abwärts bis Pirna 
und die Cafons der Zuflüsse zur Elbe (Kamnitzcafion) in die Quader- 
sandsteinplatte eingesägt. 


II. Mittelterrasse. 
Jüngere Flussanschwemmungen. 


In den erodirten Flussthälern wurden nachträglich Geschiebe 
abgesetzt, welche sich in der Regel von den ältesten Anschwemmungen 
sut unterscheiden lassen, sowohl bezüglich ihrer Höhenlage, als auch 
durch ihre Zusammensetzung. Gebilde dieser Stufe befinden sich 
20—60 m über dem Spiegel der Flüsse von heute. Im grossen 
diluvialen Flussbecken von Bodenbach—-Tetschen aber reichen sie 
herab bis auf die Sohle des Erosionsbeckens, so dass alle jüngeren 
Diluvialgebilde über Anschwemmungen dieser Stufe lagern. 

Das Material, aus welchem sich die Ablagerungen dieser Stufe 
zusammensetzen, ist viel mannigfaltiger als das der älteren Stufe. 
Die Thalerosion hatte die tieferen Lagen des Mittelgebirges erfasst, 
ausser den Gesteinen der vulkanischen Oberflächenergüsse lieferten 
auch die aus ihrer Umhüllung herausgeschälten Kerne der Tiefen- 
gesteine und die Laccolithen des Mittelgebirges Material. Auch die 
Urgebirgsinseln am Südrande des Mittelgebirges waren durchsägt 
und lieferten für die jüngeren Anschwemmungen höchst bezeichnendes 
Gesteinsmaterial (rother Gneiss und Quarzporphyr von Czernosek). 

Insbesondere zeichnen sich die Ablagerungen dieser . Stufe 
auch dadurch aus, dass in ihnen vereinzelte Reste grosser Säuger 
(Klephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Cervus elaphus, Equus) 
und Spuren des Menschen vorhanden sind. 

Die „jüngeren Flussanschwemmungen“ der Mittelterasse be- 
stehen aus mittel- bis grobkörnigen Sanden, oder aus Sanden, denen 
nussgrosse Quarzgeschiebe beigemengt sind, endlich aus schotterigem 
Grand. Letzterer enthält nuss- bis faustgrosse Geschiebe, ja mit- 
unter selbst Blöcke von 0'5 Kubikmeter Inhalt. Dem schotterigen 
Grand sind bisweilen Lagen oder Schmitzen von Sand einge- 
schaltet. 

Die Sande sind vorherrschend Quarzsande mit weissen Glimmer- 
blättchen und wenig Körnchen von Augit, Hornblende und Eruptiv- 
gesteinen. Sie besitzen im allgemeinen eine licht-graubraune Färbung. 


Bo: 


[5] Versuch einer Gliederung der Diluvialgebilde im nordböhm. Elbthale. 645 


Die Grande hingegen haben infolge ihrer Zusammensetzung aus 
verschieden grossen Elementen von abweichender Herkunft ein recht 
buntes Aussehen. 


III. Niederterrasse. 
Jüngste Flussanschwemmungen. 


In Höhen von 10—20 m über dem heutigen Flussspiegel finden 
sich mittel- bis feinkörnige glimmerreiche Sande und lehmige Sande. 
Die Sande sind dunkel- oder lichtbraun gefärbt. In der Regel zeigen 
sie ungleichmässige Parallelstructur. Mitunter werden die Sande 
lehmig und können allmälig in sandige Lehme übergehen. Die Ge- 
sammtmächtigkeit der jüngsten Flussanschwemmungen beträgt 3—D m, 
an manchen Orten kann die Mächtigkeit 10 m, ausnahmsweise mehr 
als 20 m erreichen. 

Die jüngsten Flussanschwemmungen fallen mit einer allenthalben 
gut erkennbaren Terrasse gegen die alluvialen Ablagerungen ab. 
Diese Terrasse begrenzt das Inundationsgebiet der heutigen Gewässer. 
Im ganzen Elbthale und in seinen grösseren Seitenthälern sind Ab- 
lagerungen dieser Stufe vorhanden. 

In Verbindung mit den Flussanschwemmungen dieser Stufe stehen 
Schuttkegel, welche die grösseren Zuflüsse der Elbe im Elbthale 
etwa zur gleichen Zeit, in welcher die jüngsten Flussanschwemmungen 
erfolgten, abgesetzt haben. Die Schuttkegel bestehen aus dem Ge- 
steinsmaterial des betreffenden Bachgebietes, welchem aber Material 
des Elbestromes beigemengt ist. Vor einem angeschnittenen Schutt- 
kegel stehend, beobachtet man einen Aufbau aus verschieden grossen 
Gesteinsblöcken und Geschieben, die in Kiesen und Sanden einge- 
packt sind. 

An mehreren Orten des Elbthales ruhen die jüngsten Fluss- 
anschwemmungen auf Ablagerungen der nächstälteren Diluvialstufe, 
den „jüngeren Flussanschwemmungen“ (Mittelterrasse). Es ist wahr- 
scheinlich, dass dieses gegenseitige Verhältnis im ganzen Elbthale 
stattfindet. Die jüngsten Flussanschwemmungen werden wiederum von 
Gehängelehm und Lösslehm überlagert. 


B. Aeolische Absätze und deren Umlagerungen. 


Von allen Diluvialgebilden besitzt in Nordböhmen ein braun- 
gelber Lehm die weiteste und allgemeinste Verbreitung. Er tritt 
sowohl in den Flussthälern, als auch an den Thalgehängen und auf 
den Plateaus, aber in sehr verschiedenen Höhenlagen auf. An man- 
chen Orten übergeht der Lehm in echten Löss, indem er fein staub- 
artig wird, hellere Färbung gewinnt und einen grösseren Kalkgehalt 
aufweist. An anderen Orten schalten sich dem Lehme Lagen reinen 
Sandes ein. 

Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Ileft. (J. E. Hibsch.) 82 


646 J. E. Hibsch. =) 


Wir haben es hier zweifellos mit ursprünglich äolischen Ab- 
sätzen aus verschiedenen Perioden zu thun, welche stellenweise eine 
spätere Umlagerung durch fliessende Wasser erfahren haben, an ein- 
zelnen Orten hingegen ihren ursprünglichen Zustand behielten. Das 
sesammte Nordböhmen scheint einst mit diesen äolischen Gebilden 
wie mit einem Mantel zugedeckt gewesen zu sein. Es ist noch nicht 
überall gelungen, diejenigen äolischen Gebilde, welche ihre Ursprüng- 
lichkeit bezüglich ihrer Aufschüttung und ihres Auflagerungsortes 
bewahrt haben, von späteren Umlagerungsformen der äolischen Ge- 
bilde zu trennen. Noch weniger konnten bis jetzt verschiedene Alters- 
stufen der unberührten äolischen Bildungen unterschieden werden. 
An mehreren Orten Nordböhmens sind aber sicher derartige Gebilde 
verschiedenen Alters vorhanden. Insbesondere zeigen die grossen 
Lehmgruben im Bielathale, westlich von Aussig und östlich bei Türmitz, 
eine reiche Gliederung der vorhandenen Lehme. Die noch nicht 
ganz klaren Verhältnisse dieses Punktes sollen nach gewonnener 
besserer Erkenntnis seinerzeit in den Erläuterungen zu Blatt Aussig 
der geol. Karte des böhm. Mittelgebirges dargestellt werden, mit 
deren Bearbeitung im kommenden Sommer begonnen werden soll. 

Die grösste Verbreitung, insbesondere in den Flussthälern, be- 
sitzen Umiagerungen der ursprünglich äolischen Aufschüttungen, 
Lehme mit eingeschalteten Lagen von Sand, oder auch sandige Lehme. 
Sie weisen in den Flussthälern eine Schichtung auf, die mit dem 
Gehänge parallel läuft. Lagen von humusreichem Lehm mit grösseren 
Gesteinsblöcken trennen mitunter (z. B. bei Türmitz) einzelne Lehm- 
lagen. Lösskindl finden sich nicht häufig, sie sind in ihrem Auf- 
treten auch nicht auf eine bestimmte Zone beschränkt, sondern 
finden sich recht unregelmässig in der Lehmwand vertheilt. 

Reste grösserer Säuger (Mamuth, Rhinoceros, Cervus elaphus) 
finden sich insbesonders in den unteren Lagen der Lehme, allwo 
grössere Gesteinsblöocke und Sand häufig den Lehmen beige- 
mischt sind. 
Gehäuse von Lössschnecken und Reste von Steppenthieren 
(Nager, Saiga-Antilope) kommen in den oberen Lagen häufiger vor. 

Kurz die meisten Lehme sind Umlagerungen von Löss aus ver- 
schiedenen Zeitabschnitten des Diluviums. 

Alle diese Umlagerungen scheinen jedoch jünger zu sein, als 
die Ablagerung der Mittelterrasse. Der allgemeine Abtrag war am 
grössten bis zur Zeit der Ablagerung der Hochterrassen-Schotter. 
Bis zu diesem Zeitpunkte ist die Quadersandsteinplatte der böhmisch- 
sächsischen Schweiz und ganz Nordböhmen um rund 300 m abge- 
tragen worden. Nach diesem Zeitpunkte, bis zur Ablagerung der 
Mittelterrasse, wurden in Nordböhmen die Flussthäler erodirt, ein 
Abtrag fand nur noch bezüglich der weicheren Gesteine des cretaci- 
schen Systems, des Tertiärs und des vorhandenen Löss statt. Nach 
Ablagerung der Mittelterrasse fand eine Flussrinnenvertiefung nicht 
mehr statt, ebensowenig ein allgemeiner Abtrag. Die Flussanschwem- 
mungen der jüngeren Zeiten (Niederterrasse) lagerten sich über den 
Absätzen der Mittelterrasse ab. Die seit dem Zeitabschnitte der 
Mittelterrasse vorhandenen weichsten und leichtest zerstörbaren äoli- 


647 


Versuch einer Gliederung der Diluvialgebilde im nordböhm. Elbthale, 


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82* 


648 J. E. Hibsch. [8] 


schen Gebilde wurden nicht mehr abgetragen, die denudirenden 
Kräfte waren erlahmt. Höchstens fand ein Abschwemmen der äoli- 
schen Absätze von den Höhen in die Thalmulden, also Umlagerung 
derselben, statt. 

Von grösseren Verschiebungen und Dislocationen während der 
hier besprochenen Zeitabschnitte des Diluviums, durch welche einzelne _ 
Gebirgstheile Nordböhmens gehoben worden wären, bei gleichzeitiger 
Vertiefung der Flussthäler in den gehobenen Theilen, ist im Gebiete 
nichts zu entdecken. 


Auf Grund der vorstehenden Ausführungen lassen sich die Fluss- 
anschwemmungen Nordböhmens ohne Zwang mit den gut studirten 
Diluvialgebilden des Oberrhein-Gebietes vergleichen. In der Tabelle 
auf Seite 647 ist als Vergleichsergebnis die Gliederung der nord- 
böhmischen Diluvialgebilde übersichtlich dargestellt. Bezüglich der 
äolischen Gebilde und deren Umlagerungen tappt der Versuch eines 
Vergleiches allerdings noch ganz im Unsicheren. 


Die Fauna des Dachschiefers von Maria- 
thal bei Presburg (Ungarn). 


Von Dr. Franz Schaffer. 
Mit einer lithographirten Tafel (Nr. XV]). 


Eine der bemerkenswertesten Localitäten der durch die reiche 
Entwicklung der mesozoischen und känozoischen Schichtreihe so aus- 
gezeichneten, aber noch wenig bekannten kleinen Karpathen ist die 
Ortschaft Mariathal (Märiavölgy). Ihren in technischen Kreisen ver- 
breiteten Ruf verdankt sie einem mächtigen Zuge schwarzen, fein- 
körnigen Schiefers, der sıch von Bisternitz bis Ballenstein in einer 
Länge von ca. 6 km und ın einer grössten Breite von !/, km erstreckt 
und in der Nähe des dem Grafen Stockau gehörigen Schlosses 
in einem gewaltigen Bruche aufgeschlossen ist. Obwohl seit vielen 
Jahrzehnten in grossem Maßstabe ausgebeutet, ist dieser Schieferzug 
doch, wie die ganze Gegend überhaupt, nur in den allgemeinsten 
Grundzügen einer wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen worden. 
Man sollte glauben, dass ein Gebirgszug, der wie die kleinen Kar- 
pathen als ein orographisches Mittelglied zwischen den Centralbogen 
der Karpathen und der Östalpen eine so hervorragende tektonische 
Bedeutung für den Verlauf der Hauptfaltenzüge Europas besitzt, 
ein Zielpunkt der wissenschaftlichen Thätigkeit der Wiener Geologen 
geworden wäre, vor deren Augen er sich als östlicher Grenzwall des 
Wiener Beckens von Norden her bis an die Porta Hungarica 
erstreckt, und jenseits der Donau in den Hundsheimer Bergen seine 
directe Fortsetzung nach dem Leithagebirge und dem Wechsel findet. 

In früherer Zeit wurde das Gebiet wohl von Wiener Forschern 
besucht, und seine geologische Uebersichtsaufnahme vollendet; ich 
nenne nur die Namen: .Partsch, Fötterle, Stur, Paul 
v. Andrian, Kornhuber. Aber seit mehr als 30 Jahren ist es 
in Vergessenheit gerathen. Dieser Umstand veranlasste mich, meine 
Aufmerksamkeit ein wenig diesem Theile der weiteren Umgebung 
unserer Stadt zuzuwenden. 

Die Resultate meines ersten Besuches dieser Gegend sind in 
meinen Arbeiten „Der marine Tegel von Theben—Neudorf in 
Ungarn“ (Jahrbuch d. k. k. geol. R.-A. 1897, Bd. 47, 3. Heft), 
„Pholadomya Fuchsi, ein neues, charakteristisches ‘Fossil aus medi- 
terranen Tiefseebildungen“ (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1898, 
Nr. 8) und „Ueber Bohrungen auf Kohle bei Mariathal und Bisternitz 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. Fr. Schaffer.) 


650 Dr. Franz Schaffer. [2] 


(Presburger Comitat“ (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1899, Nr. 6) 
niedergelegt. Gelegentlich dieser Untersuchungen kam ich auch nach 
M rischen und ich habe es einem günstigen Zufalle zu verdanken, 
dass ich im vergangenen Herbste bei einem Besuche des daselbst 
befindlichen gewaltigen Thonschieferbruches durch den Fund eines 
sezerrten Belemniten und eines Pentacrinusstieles bewogen wurde, 
diesem Vorkommnisse grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden und eine 
umfangreichere Suite von Fossilresten zur Beschreibung zu vereinen. 
Manche ; sich. in der Literatur zerstreut findende Hinweise ‘auf das 
Vorkommen von Fossilien in diesen Schiefern liessen mein Unter- 
nehmen als kein;ganz’aussichtsloses‘ erscheinen ‘und haben mich auch 
in meinen Erwartungen nicht getäuscht. 

In diesem meinem Bestreben wurde ich in hervorragender Weise 
von Herrn Volksschullehrer R. Peter unterstützt, der mir nicht nur 
eine in seinem Besitze befindliche Sammlung von Fossilien aus dem 
Dachschiefer zur Verfügung stellte, sondern auch für die weitere 
Aufsammlung von Seite der Werkarbeiter sorgte, und‘ dem ich es 
einzig zu verdanken habe, dass ich das zur Beschreibung vorliegende 
reiche Material erhielt. Weiters gelangte ich durch Herrn Professor 
Dr. Th. Hein und Herrn Lehrer A. Tluchof in den Besitz einiger 
interessanter Stücke, und auch Herr Hofrath Prof. Dr. F. Toula 
überliess mir in bekannter Liebenswürdigkeit die in der geologischen 
Sammlung der k. k. technischen Hochschule zu Wien befindlichen 
Exemplare. Herr Hofrath Prof. Dr. A. Kornhuber,’der wohl der 
genaueste Kenner der in Frage stehenden Gegend ist, bereicherte 
meine Sammlung ebenfalls durch Ueberlassung einiger selbstge- 
sammelter Fossilreste. Schliesslich stand mir Herr  Privatdocent 
Custos Dr. F. Wähner mit seiner genauen Kenntnis der liasischen 
Bildungen mit Rath und That bei der Bearbeitung des leider so 
schlecht erhaltenen Materiales zur Seite, und ich erlaube mir daher, 
allen den genannten Herren an dieser Stelle meinen verbindlichsten 
Dank auszusprechen. 

Die Ortschaft Mariathal liegt an dem Anita eines kleinen; 
sich gegen Westen, gegen die Marchebene, öffnenden Thales, und ist 
von der Eisenbahnstation Stampfen in ca. einer Stunde zu er- 
reichen. Ihr Ruf als Wallfahrtsort ist ein weit verbreiteter, und 
Tausende suchen den im düstern Walde gelegenen Wunderbrunnen 
auf, um Heilung von körperlichen Gebrechen zu finden. 

Es wird in mehreren älteren Arbeiten unserer Localität Er- 
wähnung gethan. Im Jahre 1844 veröffentlichte Paul Partsch 
„erläuternde Bemerkungen zur geognostischen Karte des Beckens 
von Wien und der Gebirge, die dasselbe umgeben“; darin erwähnt 
er pag. 16, 17 das Vorkommen von Ammonitenresten im Dachschiefer 
von Mariathal bei Stampfen, und schreibt diesem daher 'ein 
„geringeres Alter als das des silurischen Systems“ zu. Im Jahre 
1853 studirte Fr. Fötterle die geologischen Verhältnisse der kleinen 
Karpathen anlässlich einer Uebersichtsaufnahme und stellte den Thon- 
schiefer in die Grauwacke, wobei ihn nur die petrographischen 
Verhältnisse zu diesem Urtheile bestimmten. (Jahrb. d. k. k. 'geol. 
R.-A. 1853, Verhandl. pag. 850.) In den folgenden Jahren‘ wurde 


[3] Pie Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg (Ungarn). 651 


die Gegend wiederholt von A. Kornhuber besucht, der in den 
Verhandlungen. des Vereines für Naturkunde zu Presburg an 
mehreren Stellen dieser Localität. Erwähnung that. 1856 veröffent- 
lichte er darin eine Notiz über das Thonschieferlager, in der er den 
Schiefer der Grauwacke zuzählte. 1859 erschien sein kleiner 
Aufsatz über „die geognostischen Verhältnisse von Ballenstein“; 
hierin erwähnte! er die genannte Arbeit von Partsch, und glaubte 
auf Grund ‘des ‚dort‘ citirten Ammonitenrestes, den er für, einen 
Goniätiten: ansah, dem  Schieferzug. ein devonisches Alter zu- 
schreiben zu können. Doch schon im folgenden Jahre gelang ihm der 
Nachweis des währen Alters dieser Schichten durch den Fund eines 
Ammonitensteinkernes, den E. Suess als Ammonites bifrons Brug. 
bestimmte. Kornhuber berichtete darüber in dem .V. Bande (1860) 
der Verhandl. des Vereines für Naturkunde zu Presburg in einer „Note 
über das geologische Alter der Thonschiefer von Mariathal“. Damit 
war das oberliasische Alter dieses Schichtgliedes entschieden. 
D. Stur gab in demselben Jahre einen „Bericht über die 
geologische Uebersichtsaufnahme des Wassergebietes der Waag und 
der Neutra“ (Jahrb.: d. k. k. geol. R.-A. 1360, pag. 55), in dem 
er noch an der älteren Ansicht festhielt, dass die Schiefer dem 
Rothliegenden angehörten. Der einzige daraus stammende Fossilrest, 
den Stur kannte, war nach F.v. Hauer’s Angaben ein Cephalopode 
aus der ‚Familie der Ammoneen, der sich im kaiserlichen Hof- 
mineraliencabinet befand und mit einem Zettel versehen war, der 
L. v. Buch’s Bemerkung trug: „Von Herrn Dubovsky erhalten, 
Ammonit im: Thonschiefer von: Mariathal bei Stampfen, hat 
Aehnlichkeit mit Ammöonites Bucklandi aus dem Lias, und ist gewiss 
kein Goniatit, jenen gleich, die im Uebergangsgebirge vorkommen“, 
‘Im Jahre 1861 referirte F. v. Hauer im Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. (Verh. pag. 46) über den von Kornhuber gefundenen Am- 
mönitenrest. Drei Jahre später veröffentlichten F. v. Andrian und 
K. M. Paul die Ergebnisse ihrer Uebersichtsaufnahme der kleinen 
Karpathen („Die geologischen Verhältnisse der kleinen Karpathen 
und der angrenzenden Landgebiete im nordwestlichen Ungarn“, 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Band XIV, 1864) und rechneten darin 
den Dachschiefer von Mariathal auf Grund der letzterwähnten Arbeit 
Kornhubers schon zum Lias. 1866 besprach Dr. F. v. Hoch- 
stetter in den Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. (pag. 24) die Schiefer- 
brüche von Mariathal und erwähnte daraus den Chondrites liasınus, 
den Heer aus dem unteren Lias beschrieben hatte. In den Ver- 
handlungen desselben Jahres (pag. 159) gab Fötterle eine Notiz: 
„Petrefacten aus den Schieferbrüchen von Mariathalbei Stampfen‘“. 
Er hält den Schiefer für unterliasisch, sowohl wegen des darin auf- 
tretenden Chondrites liasinus, als auch wegen der im „darüber- 
liegenden Kalke von Ballenstein“ !) vorkommenden Fossilien: 


1) Der ‚Dachschieferzug von Mariathal setzt sich nördlich von Ballen- 
stein fort. Doch ist meines Wissens aus diesem nördlichen Theile kein Fossil 
bekannt, und es beruht die Gleichstellung nur auf äusseren Merkmalen. Die 
Schiefer treten hier im Hangenden der grauen Kalke von Ballenstein auf, deren 
genauere Untersuchung ich in Aussicht genommen habe, 1er 


Dr. Franz Schaffer. [4] 


for) 
a 
1) 


Terebratula Sinemuriensis Opp. 

R (Waldheimia) numismalis Lam. 
Rhynchonella austriaca 8ss. 
Spiriferina rostrata Schloth. sp. 
Rhynchonella af. Moorei Davids sp. 


F. v. Hauer berichtete in den Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 
1867 (pag. 63) über „Fossilien aus dem Dachschiefer von Maria- 
thal“, die J. A. Berenger dem Museum der Anstalt gesandt hatte, 
und erwähnte einen Ammoniten, der kein Ammonites bifrons wäre. 
Es war ein Falcifere von 8 Zoll Durchmesser, mit hohen Umgängen 
und zahlreichen Sichelfalten, deren Anordnung und Form an den 
Ammonites serpentinus erinnerte. Dies waren die letzten Notizen, 
die sich über diese so interessante Fundstätte in den Publicationen 
der k. k. geol. R.-A. finden, und mir ist nicht bekannt, dass seitdem 
neuere Untersuchungen an ihr stattgehabt hätten. 

Die Schichtfolge bei Mariathal ist eine auffallend ärmliche 
und sprunghafte. Auf dem Urgesteinskern des Gebirges liegt ein 
srünlich-grauer Thonschiefer, der bald in den schwarzen Dachschiefer 
von liasischem Alter übergeht. Die Auflagerung ist in der Nähe des 
Bruches im Bachbette deutlich zu erkennen. Im Hangenrden des 
Schiefers, doch nicht in sichtbarer Ueberlagerung, folgen sofort neo- 
gene Strandbildungen, die den Rand des Gebirges begleiten und den 
Leithakalkbildungen zugezählt werden müssen. | 

Die Mächtigkeit des Schieferzuges ist eine beträchtliche. Un- 
gefähr 60 m sind durch den Abbau blossgelegt, und mit 140 m 
wurde er, wie mir von Seite der Verwaltung mitgetheilt wurde, bei. 
einer vorgenommenen Bohrung nicht durchsunken. Die Lagerung ist 
in dem Aufschlusse durch eine Flexur, die die Schichten gegen SO, 
d. i. gegen den Urgesteinskern des Gebirges einfallen lässt, stark 
gestört. Zahlreiche tektonische Klüfte, die damit im engsten Zu- 
sammenhange stehen und theilweise mit wechanischem Zerreibsel 
ausgefüllt sind, durchsetzen allenthalben die mächtige Wand. In an- 
deren hat sich rhomboedrischer Kalkspath abgesetzt, und sie heben 
sich als blendendweisse Adern scharf von dem dunkeln Grunde ab. 
Diese Kluftfüllungen haben, wie an vielen Stellen gut zu erkennen 
ist, nachträglich energische Bewegungen mitgemacht. Ihre Stärke 
ist sehr wechselnd, sie beträgt oft mehrere dm, manchmal erreicht sie 
nur Papierstärke. 

Der Schiefer besitzt eine bläulich-schwarze Farbe, eine geringe 
Härte, die ihn sofort von den Schiefern des Palaeozoicums unter- 
scheidet, und eine ausgezeichnete Spaltbarkeit. Eine feine Fältelung 
auf den Schichtflächen ist eine Folge des Gebirgsdruckes. Die 
Schichtung fällt in dem Bruche mit der Schieferung beinahe zu- 
sammen. 

Der Schiefer hat nur einen geringen Wassergehalt und blättert 
sich nicht in der Hitze. Dem unbewaffneten Auge und unter der 
Lupe erscheint er durchaus dicht und homogen. Nur hie und da 
zeigen sich vereinzelte Glimmerschüppchen. Die Färbung ist durch 
kohlige Substanzen bedingt und verblasst rasch, wenn man das Ge- 


[5] Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg (Ungarn), 653 


steinspulver glüht. Eisenkies bildet bisweilen Concretionen und tritt 
als Verdränger organischer Substanzen auf. 


Im Dünnschliffe erkennt man unter der Menge von Kaolin- und 
Kalkschüppchen Pyritkörner und Blättchen von Magneteisen, zwischen 
denen zahlreiche, winzige, farblose Nädelchen liegen, die von Säuren 
nicht angegriffen werden und wohl gleich den in anderen Thon- 
schiefern eingebetteten Nädelchen nach van Werveke und 
Cathrein als Rutile angesehen werden müssen. 


Der Kalkgehalt des Schiefers ist ein beträchtlicher. In den 
reineren Partien, die frei von makroskopischen organischen Einflüssen 
waren, bestimmte ich ihn zu 30°,. Doch nimmt er stellenweise so 
überhand, dass man bei der Behandlung mit verdünnter Salzsäure 
einen nur geringen Rückstand erhält. 

In früherer Zeit wurde der Schiefer nur als Dachschiefer ver- 
wendet. Seit 1863 befasste sich eine Privatgesellschaft mit der Er- 
zeugung von Schreibtafeln, die bei der trefflichen Eignung des 
Materiales einen grossen Umfang annahm und einen guten Gewinn 
abwarf. Damals wurde der grosse Tagbau angelegt, von dem aus 
man Stollen in den Berg trieb. In der Folge aber liess der Consum 
und mit ihm die Ausbeute nach, und jetzt liegt der einst so blühende 
Industriezweig arg darnieder. Mit die Schuld daran trägt die geringe 
Widerstandsfähigkeit des Materiales gegenüber atmosphärischen Ein- 
flüssen infolge seines grossen Gehaltes an, kohlensaurem Kalk und 
Schwefelkies, wodurch es sich als minderwertig bei der Verwendung 
als Dachschiefer erwiesen hat. 

Fossilreste wurden, wie aus dem Vorhergesagten erhellt, bisher 
nur vereinzelt in dem Schiefer gefunden. Erst jetzt, da der Betrieb 
‚wieder etwas lebhafter geworden ist, kommen sie häufig zutage, was 
meines Erachtens auch mit der erreichten grösseren Tiefe in Zu- 
sammenhang stehen mag, und es ist zu hoffen, dass bei weiterer 
Vergrösserung des Bruches fossilreichere Schichten angefahren werden. 
Infolge dieser Umstände ist es ganz unmöglich, Fossilreste im An- 
stehenden zu finden, sondern man muss sich stets nur auf die Auf- 
sammlung der von den Arbeitern aufgelesenen Stücke beschränken. 
Die Seltenheit der Funde macht es aber ganz aussichtslos, der Arbeit 
in der Grube beizuwohnen. 

Die Hauptursache der geringen Beachtung, die. man bisher 
solchen Funden schenkte, liegt wohl in dem eigenthümlichen Erhal- 
tungszustande der Fossilien. Denn mir ist unter allen Ammonitenresten 
nicht ein vollständiger Abdruck oder Steinkern, geschweige denn ein 
Stückchen einer Schale vor Augen gekommen, ja es sind stets nur 
verschwommene Relieffiguren, die bei richtiger Beleuchtung stellen- 
weise charakteristische Merkmale zeigen und durch Vergleichung 
verschiedener Exemplare eine Art mit Bestimmtheit erkennen lassen. 
Die Verzerrung und Verdrückung der Stücke ist oft so bedeutend, 
dass nur schattenhafte Umrisse erkennbar sind, während freilich 
manchmal die Erhaltung einzelner Details in dem feinkörnigen 
Materiale eine ganz ausgezeichnete ist. Die Höhe der Umgänge ist 
infolge der Auswalzung nicht mit Sicherheit zu bestimmen, da sie 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Ileft. (Dr. Fr. Schafter.) 83 


654 Dr. Franz Schaffer. [6] 


bald verlängert. bald verkürzt erscheint, je nachdem sie in oder 
senkrecht zu der Richtung der grössten Streckung liegt. 

Bei manchen Stücken ist mit grosser Wahrscheinlichkeit der 
Vorgang folgender gewesen: Das Gehäuse des abgestorbenen Thieres 
sank zu Boden und erzeugte in dem Schlamme des Grundes einen 
Abdruck. Sodann wurde die gegen oben gerichtete Seite der Schale 
aufgelöst, das Innere von Schlammtheilchen erfüllt, die bei ihrer Er- 
härtung einen Steinkern bildeten, Als dann endlich auch die gegen 
unten liegende Schalenhälfte der Auflösung zum Opfer gefallen war, 
sing durch den Druck der auflagernden Schichten oder durch Be- 
wegung der Sedimente die Deformirung der Reste in dem noch nicht 
ganz erhärteten Materiale vor sich. Leider ist infolge des Umstandes, 
dass es unmöglich ist, die Fossilien im Anstehenden zu sammeln, 
nicht möglich, an irgend einem Stücke die obere oder untere Seite 
zu bezeichnen, was erst die Richtigkeit dieser Annahme beweisen 
könnte. Doch sprechen ähnliche Vorkommnisse anderer Fundstätten 
dafür, dass dem so ist. Dass die Schalen schon verschwunden waren, 
als die Verzerrung eintrat, ist ziemlich sicher infolge der Verwischung 
des Schalenreliefs, das keine Sprünge oder nur solche erkennen 
lässt, die sich gleichmässig durch die ganze Platte verfolgen lassen, 
also erst nach der Schieferung entstanden sind. Wäre die Schale 
noch vorhanden gewesen, als die Streckung vollzogen wurde, so hätte 
sie nicht nachgeben können, sondern wäre gewiss zerbrochen, was ja 
auch bei den viel widerstandsfähigeren Rostren der Belemniten der 
Fall war. = 

Diese starken Körper setzten der Kraft, welche sie in einer 
bestimmten Richtung zu strecken suchte, einen Widerstand entgegen 
und wurden infolge ihrer Sprödigkeit in mannigfaltiger Weise zer- 
rissen. Bald sehen wir einen, der wohl senkrecht zur Richtung der 
Kraft lag, unverändert erhalten, viele, welche zu ihr parallel lagen, 
wurden in eine wechselnde Anzahl von Stücken zerrissen, manche 
endlich scheinen gleichzeitig eine Zerrung und eine seitliche Ver- 
schiebung erlitten zu haben; sie wurden wohl schräge von der Kraft- 
richtung getroffen. (Siehe Abbildungen Tafel Nr. XVI.) Der Betrag 
(der Streckung ist demgemäss kein constanter, doch habe ich ihn 
durch sorgfältige Messungen an einer grossen Anzahl von Exemplaren 
ermittelt und gefunden, dass er sich meistens um ein Drittel der 
ursprünglichen Länge bewegte. In zwei extremen Fällen konnte ich 
ihn als die Hälfte und 2/9 der ursprünglichen Dimension feststellen. 
Die Stärke der Rostren scheint mir dabei von keinem Einflusse zu sein, 
doch giaube ich zu erkennen, dass längere und dünnere Exemplare, 
2. B. Belemnites acuarius, in eine grössere Anzahl von Stücken zer- 
brochen sind, als die mehr conischen Formen. 

Der Raum zwischen je zwei Bruchstücken ist von weissem 
Kalkspath erfüllt, der selbst ih den feinsten Ritzen sich ablagerte. 
Es ist dies eine bemerkenswerthe Erscheinung, die schon von 
A. Heim an Belemniten aus dem mittleren und oberen Jura der 
Schweiz, besonders von Trette de Sailles, beobachtet und be- 
schrieben wurde. (Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgs- 
bildung ete., Basel 1878.) Nur bei wenigen der von mir untersuchten 


[7] Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg (Ungarn). 655 


Exemplare zeigte sich, dass die Schiefermasse in den Zwischenraum 
gedrungen ist, und ich konnte beobachten, dass dies nur dann der 
Fall war, wenn dieser verhältnissmässig gross, wenn also das Rostrum 
z. B. in nur zwei Stücke zerbrochen ist. (Siehe Fig. 8 auf Taf. XVI.) 

An einigen Stücken konnte ich beobachten, dass die Caleit- 
füllung des Zwischenraumes im Querschnitte deutlich verengt ist, 
was auch A. Heim |. c. erwähnt. 

Die Zerreissungsklüfte greifen nicht in das Gestein über, das 
also damals noch eine gewisse Plasticität besessen haben muss. 
In den sich langsam erweiternden Klüften der Rostren setzte sich 
Kalkspath ab, und nur wenn die Kluft aussergewöhnlich weit war, 
wurde das Muttergestein hineingepresst. Auffällig ist die ziemliche 
Regelmässigkeit in den Distanzen dieser Klüfte, die mehrere Exem- 
plare deutlich erkennen lassen. Dass die Zerrung in einer bestimmten 
Richtung erfolgte, zeigt eine Platte, auf der drei Rostren fast senk- 
recht zu einander liegen. Von diesen sind zwei bedeutend, das dritte 
nur minimal, verlängert. 

Der concentrische und radialfaserige Bau der Rostren ist bei 
vielen Stücken vortrefflich erhalten. (Siehe Fig. 1 und 2 auf Taf. XVI.) 
Eine seitliche Quetschung hat nur manchmal und in geringem Maße 
stattgefunden. 


Das mir vorliegende Material gestattete mir nachstehende Arten 
zu bestimmen: 


Harpoceras bifrons Brug. 


Von dieser, durch ihr massenhaftes Auftreten in einem be- 
stimmten Horizonte ausgezeichneten und daher als Charakteristikum 
einer Zone gewählten Art liegen mir sechs unzweifelhafte Exemplare 
vor. Ihre durch auffallende Kennzeichen scharf präcisirte Form ist 
selbst in den schlechtesten Abdrücken noch deutlich ausgeprägt. Der 
Kiel tritt an den flachgedrückten Steinkernen und Schalenabdrücken 
stets scharf hervor, die beiden ihn begrenzenden Furchen sind aber 
kaum mit Sicherheit zu erkennen. Die Seitenfurche ist an allen Stücken 
nachzuweisen, und auf dem von ihr und der inneren Naht begrenzten 
Theile der Umgänge verschwinden die Stiele der sichelförmigen, 
kräftigen Rippen, die auf dem äusseren Theile der Windungen in 
gegen die Mündung concaven Wellen radial verlaufen. Nur an 
wenigen Punkten ist die ursprüngliche Form dieser Rippen erhalten, 
meistens sind sie gestreckt oder verdrückt und treten dann nur als 
gerade Radialrippen hervor. Ueber die Höhe der Mündung kann ich 
aus den oben angeführten Gründen nichts Näheres aussagen. 


Harpoceras boreale Seebach. 


Ich kann mich Wright nicht anschliessen, der Harpoceras 
boreale Seebach (der Hannover’sche Jura, pag. 140) zu Harp. Levisoni 
Simpson stellt. Das selbst auf den äusseren Windungen starke Relief, 
die deutlichen Furchen zu beiden Seiten des Kieles, die gegen die 
Innenseite der Windungen fast vollständig verschwindenden Rippen 

83* 


656 Dr. Franz Schafer. [8] 


und die steile, scharf abgesetzte Nahtfläche bilden charakteristische 
Merkmale. Das mir vorliegende Exemplar gestattet eine sichere Be- 
stimmung dieser Art. 


Harpoceras metallarium Dum. 


Der starke Kiel, der weite Nabel, die zu zweien oder dreien 
vereinigten unregelmässigen Radialrippen, die ganz den von Dumor- 
tier beschriebenen Verlauf nehmen, lassen in dem mir vorliegenden 
Steinkerne diese Art wieder erkennen. 


Coeloceras commune Sow. 


Die flachgedrückten ‚Steinkerne lassen eine hinreichend sichere 
Bestimmung dieser Art zu. An einigen Exemplaren sind die Radial- 
rippen der inneren Windungen etwas mehr gedrängt und feiner, so 
dass sie schon an Coeloceras annulatum Sow. erinnern. Doch kann 
ich mich auf Grund dieser ungenügenden Anhaltspunkte hierüber 
nicht mit Sicherheit aussprechen. 


Lytoceras sp. 


Ein Bruchstück des Steinkernes einer äusseren Windung und 
der dazugehörige negative Abdruck lassen die charakteristische Ver- 
zierung der zierlichen Schalenoberfläche auf das Deutlichste er- 
kennen. Es ist zu verwundern, dass bei der sonst so ungünstigen 
Erhaltungsweise der Ammonitenreste, bei der so weitgehenden Ver- 
drückung und Verschiebung der Umrisse und der Sculpturen sich 
die feinsten Details erhalten konnten, wie wir sie nur bei dem so 
vorzüglichen Erhaltungszustande der englischen oder französischen 
Exemplare zu sehen gewohnt sind. Die feinen parallelen Spiralrippen 
und die sie rechtwinkelig kreuzenden gleich starken Radialrippen 
treten deutlich hervor, und an den Kreuzungspunkten zeigen sich die 
so bezeichnenden zurückspringenden Winkel, die den Radialrippen 
das Aussehen von aus kleinen aneinandergereihten Bogen bestehenden 
Linien verleihen und die dachziegelartige Oberflächenseulptur be- 
dingen. Auch Andeutungen von alten Mundrändern sind vorhanden. 

Diese auffällige Oberflächenverzierung findet sich in gleicher 
Weise bei Lyptoceras cornucopiae Young et Bird wieder, welcher 
aus der Zone des Harpoceras bifrons von Whitby und Runswick 
beschrieben wurde. Nach Vergleich mit Exemplaren von La Ver- 
pilliere und Whitby dürfen wir das vorliegende Bruchstück wohl 
mit dieser Art identifieiren. Doch scheint dieses von einem grossen 
Exemplare herzurühren, da die Radialrippen ebensoweit voneinander 
abstehen, wie die Spiralrippen, was an den französischen und eng- 
lischen Exemplaren nur gegen die Mündung zu der Fall ist, und 
wodurch dann die einzelnen von ihnen begrenzten Felder einen mehr 
quadratischen Umriss erlangen. 

Die Rostren der Belemniten lassen infolge ihrer mechanischen 
Veränderung kaum eine sichere Bestimmung zu. Zudem scheiterten 


[9] Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg (Ungarn). 657 


alle Versuche, sie aus dem Gesteine herauszulösen, an der Sprödig- 
keit des Kalkspathes. Die Mehrzahl der mir vorliegenden Exemplare 
glaube ich zu Belemnites acuarius Schloth. und Bel. tripartitus Schloth. 
stellen zu müssen, die zu den in der Zone des Harpoceras bifrons 
häufigsten Arten gehören. 


Nucula sp. 


Die rechte Klappe einer Schale ist von der Innenseite sichtbar 
und zeigt deutlich die Conturen und die charakteristischen Zahn- 
reihen des Schlosses. 


‚Die ziemlich häufig auftretenden Bruchstücke von Stielen und 
mitunter auch von Kronen von Crinoiden sind infolge ihrer un- 
günstigen Erhaltungsweise nicht genauer zu bestimmen. Der Kalk- 
spath der einzelnen Glieder ist meist erhalten, der Canal von Pyrit 
ausgefüllt, doch tritt bisweilen der Schwefelkies als Verdränger des 
Kalkspathes auf. 

Mir liegen einige Platten vor, die ziemlich deutlich chon- 
dritenartige Figuren zeigen. Es sind meist zarte Gebilde, reich 
verästelt, und sie treten auf der Plattenoberfläche als leichte Relief- 
figuren hervor. Bei entsprechender Behandlung mit Salzsäure und 
Drahtbürsten erkennt man, dass die Aeste durchwegs von Schwefel- 
kies gebildet sind. Die Verzweigung geschieht meist unter einem 
sehr spitzen Winkel. Die wenigen, aber trefflich erhaltenen Exem- 
plare kann ich dem Chondrites intricatus aus dem Flysch am nächsten 
stellen. Von liasischen Formen besitzen Chondrites setaceus und Ch. 
filiformis (nach Heer) mit ihnen die meiste Aehnlichkeit. 


Zum Schlusse möchte ich noch kurz einiger Schieferplatten 
Erwähnung thun, die mein Interesse dadurch in Anspruch nahmen, 
dass ich an ihnen eine noch wenig verfolgte, unerklärte Erscheinung 
beobachtete. Sie zeigen nämlich auf der einen Spaltfläche band- 
förmige, unregelmässig spiralig gewundene Figuren, denen auf der 
Gegenseite der Platte ein vergrössertes Spiegelbild entspricht, wie 
es auch die als Vexillum (Rowuault) und Dictyodora Libeana Weiss }) 
beschriebenen Problematica aufweisen. Die Breite des Bandes ist aber 
beträchtlich grösser als die Dicke der Spreite bei Dietyodora, und 
erinnert vielmehr an den den Unterrand des Spreitenkegels be- 
gleitenden Wulst (die Crossopodia Henrici Geinitz, die Rhachis der 


ı) E. Weiss: Beitrag zur Culmflora von Thüringen Jahrb. d. königl. geol. 
Landesanstalt 1893. 

C. Zimmermann, Zeitschrift der deutschen geol. Ges, 43. Bd., 1891, 
pag. 551 ff. 

— — Dictyodora Libeana Weiss und ihre Beziehungen zu Vexillum (Rouault), 
Palaeochorda marina (Geinitz) und Crossopodia Henriei (Geinitz). 32—35. Jahresb. 
der Ges. von Freunden d. Naturw. in Gera, 1892. 


656 Dr. Franz Schaffer. [8] 


und die steile, scharf abgesetzte Nahtfläche bilden charakteristische 
Merkmale. Das mir vorliegende Exemplar gestattet eine sichere Be- 
stimmung dieser Art. 


Harpoceras metallarium Dum. 


Der starke Kiel, der weite Nabel, die zu zweien oder dreien 
vereinigten unregelmässigen Radialrippen, die ganz den von Dumor- 
tier beschriebenen Verlauf nehmen, lassen in dem mir vorliegenden 
Steinkerne diese Art wieder erkennen. 


Coeloceras commune Sow. 


Die flachgedrückten ‚Steinkerne lassen eine hinreichend sichere 
Bestimmung dieser Art zu. An einigen Exemplaren sind die Radial- 
rippen der inneren Windungen etwas mehr gedrängt und feiner, so 
dass sie schon an Coeloceras annulatum Sow. erinnern. Doch kann 
ich mich auf Grund dieser ungenügenden Anhaltspunkte hierüber 
nicht mit Sicherheit aussprechen. 


Lytoceras sp. 


Ein Bruchstück des Steinkernes einer äusseren Windung und 
der dazugehörige negative Abdruck lassen die charakteristische Ver- 
zierung der zierlichen Schalenoberfläche auf das Deutlichste er- 
kennen. Es ist zu verwundern, dass bei der sonst so ungünstigen 
Erhaltungsweise der Ammonitenreste, bei der so weitgehenden Ver- 
drückung und Verschiebung der Umrisse und der Sculpturen sich 
die feinsten Details erhalten konnten, wie wir sie nur bei dem so 


vorzüglichen Erhaltungszustande der englischen oder französischen 


Exemplare zu sehen gewohnt sind. Die feinen parallelen Spiralrippen 
und die sie rechtwinkelig kreuzenden gleich starken Radialrippen 
treten deutlich hervor, und an den Kreuzungspunkten zeigen sich die 
so bezeichnenden zurückspringenden Winkel, die den Radialrippen 
das Aussehen von aus kleinen aneinandergereihten Bogen bestehenden 
Linien verleihen und die dachziegelartige Oberflächensculptur be- 
dingen. Auch Andeutungen von alten Mundrändern sind vorhanden. 
Diese auffällige Oberflächenverzierung findet sich in gleicher 
Weise bei ZLyptoceras cornucopiae Young et Bird wieder, welcher 
aus der Zone des Harpoceras bifrons von Whitby und Runswick 
beschrieben wurde. Nach Vergleich mit Exemplaren von La Ver- 


pilliere und Whitby dürfen wir das vorliegende Bruchstück wohl: 


mit dieser Art identifieiren. Doch scheint dieses von einem grossen 
Exemplare herzurühren, da die Radialrippen ebensoweit voneinander 
abstehen, wie die Spiralrippen, was an den französischen und eng- 
lischen Exemplaren nur gegen die Mündung zu der Fall ist, und 
wodurch dann die einzelnen von ihnen begrenzten Felder einen mehr 
quadratischen Umriss erlangen. 

Die Rostren der Belemniten lassen infolge ihrer mechanischen 
Veränderung kaum eine sichere Bestimmung zu. Zudem scheiterten 


an 
\ 


[9] Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg (Ungarn). 657 


alle Versuche, sie aus dem Gesteine herauszulösen, an der Sprödig- 
keit des Kalkspathes. Die Mehrzahl der mir vorliegenden Exemplare 
glaube ich zu Belemnites acuarius Schloth. und Bel. tripartitus Schloth. 
stellen zu müssen, die zu den in der Zone des Harpoceras bifrons 
häufigsten Arten gehören. 


Nucula sp. 


Die rechte Klappe einer Schale ist von der Innenseite sichtbar 
und zeigt deutlich die Conturen und die charakteristischen Zahn- 
reihen des Schlosses. 


Die ziemlich häufig auftretenden Bruchstücke von Stielen und 
mitunter auch von Kronen von Crinoiden sind infolge ihrer un- 
günstigen Erhaltungsweise nicht genauer zu bestimmen. Der Kalk- 
spath der einzelnen Glieder ist meist erhalten, der Canal von Pyrit 
ausgefüllt, doch tritt bisweilen der Schwefelkies als Verdränger des 
Kalkspathes auf. 

Mir liegen einige Platten vor, die ziemlich deutlich chon- 
dritenartige Figuren zeigen. Es sind meist zarte Gebilde, reich 
verästelt, und sie treten auf der Plattenoberfläche als leichte Relief- 
figuren hervor. Bei entsprechender Behandlung mit Salzsäure und 
Drahtbürsten erkennt man, dass die Aeste durchwegs von Schwefel- 
kies gebildet sind. Die Verzweigung geschieht meist unter einem 
sehr spitzen Winkel. Die wenigen, aber trefflich erhaltenen Exem- 
plare kann ich dem Chondrites intricatus aus dem Flysch am nächsten 
stellen. Von liasischen Formen besitzen Chondrites setaceus und Ch. 
filiformis (nach Heer) mit ihnen die meiste Aehnlichkeit. 


Zum Schlusse möchte ich noch kurz einiger Schieferplatten 
Erwähnung thun, die mein Interesse dadurch in Anspruch nahmen, 
dass ich an ihnen eine noch wenig verfolgte, unerklärte Erscheinung 
beobachtete. Sie zeigen nämlich auf der einen Spaltfläche band- 
förmige, unregelmässig spiralig gewundene Figuren, denen auf der 
Gegenseite der Platte ein vergrössertes Spiegelbild entspricht, wie 
es auch die als Vexillum (Rouault) und Dictyodora Libeana Weiss }) 
beschriebenen Problematica aufweisen. Die Breite des Bandes ist aber 
beträchtlich grösser als die Dicke der Spreite bei Dictyodora, und 
erinnert vielmehr an den den Unterrand des Spreitenkegels be- 
gleitenden Wulst (die Crossopodia Henrici Geinitz, die Rhachis der 


!) E. Weiss: Beitrag zur Culmflora von Thüringen Jahrb. d. königl. geol. 
Landesanstalt 1893. 

C. Zimmermann, Zeitschrift der deutschen geol. Ges, 43. Bd., 1891, 
pag. 551 ft. 

— — Dictyodora Libeana Weiss und ihre Beziehungen zu Vexillum (Rouault), 
Palaeochorda marina (Geinitz) und Crossopodia Henriei (Geinitz). 32—35. Jahresb. 
der Ges. von Freunden d. Naturw. in Gera, 1892. 


660 Dr. Franz Schaffer. [2] 


Szaboi-Schichten gleichgestellt. Darüber liegen Lithothamnienkalke von 
grosser Mächtigkeit, die keine Fossilreste geliefert haben. Im Han- 
genden folgt eine Bank dunklen, glaukonitischen Grünsandsteins mit 
sehr schlecht erhaltenen organischen Resten. Die Auflagerung dieser 
Sandsteinbildung ist nach Vacek beim Fort St. Nicolo, wo eine 
unreine Breccie am Contacte auftritt, eine discordante. 

Aus der tiefsten Partie stammende Bruchstücke von Echiniden 
(Echinolampas, Schizaster) lassen keine genauere Bestimmung zu. 
Von Pecten glaube ich P. Pasini Mengh. und P. simplex Micht, er- 
kennen zu können; doch ist es schwer, aus den Fragmenten und ver- 
drückten Steinkernen sichere Schlüsse zu ziehen. 

Der Grünsandstein geht gegen oben in einen lichteren, glau- 
konitischen Mergel über, der eine grosse Anzahl von fossilen Resten, 
aber leider meistens in 'schlechter Erhaltung, geliefert hat. 


Ich konnte daraus folgende Arten bestimmen, denen ich einige 
von Gümbel erwähnte Species beifüge: 


Cupularia sp. 
Flabellum sp. 
Stephanocyathus sp. 
Trochocyathus sp 
Seutella subrotundata iii ‚(de Gümbel) 
Olypeaster placenta Micht. (ide Gümb el) 
Echinolampas conicus Laub. (fide Gümbel) 
Spatangus euglyphus Laub. (hide Gümbel) 
Corbula (gibba Olivi 2) 
Thracia ventricosa Phil. 
Thracia Benacensis nov. spec. 
Pholadomya Puschi Goldf. 
trigonula Micht. 
Psammobia Labordei Bast, 
Venus multilamella Lam. 
Uytherea incrassata Sow. (fide Gümbel). 
Peechiolia argentea Mariti. 
Lucina. transversa Bronn. 

n. borealis Linn. | 

„ ef. spinifera Mont. 

„ af. Agassizi Micht. 

»  (Axınus) subangulata R. Hoern. 

Cardita: Brionensis nov. spec. 
Nucula cf. Mayeri Hoern. 

x placentina Lam. Bar 62) 
Modiola sp. ih 
Pecten Pasini Mengh. | 

» Haueri Micht. (hide Gümbe)) 

n» now. spec. 

Voluta fieulina Lam. | | BR 
Xenophora sp. I 88h 
Dentalium sp. | | | | 
Oarcharodon u Kg Gumber. h ob Big 


[3] Die Fauna des glaukonitischen Mergels vom Monte Brione etc. 661 


Pecten Pasini Mengh. 


Auf Grund der Untersuchung zahlreicher, vom Monte Brione 
stammender, zum Theile gut erhaltener Exemplare kann ich einen 
daselbst wie im Grünsande von Belluno und im lower limestone 
von Malta häufig vorkommenden als „Schio-Peeten“ bekannten und 
meist mit Pecten deletus Micht. identificirten Pecten als den von 
Meneghini!) beschriebenen P. Pasini mit Sicherheit erkennen. 

Die mir bekannten, von unserer Localität stammenden Vertreter 
dieser Art fand ich stets als P. deletus bestimmt, obwohl sich schon 
der Zweifel an der Identität dieser beiden Formen regte. Gümbel 
bemerkt in seiner oben erwähnten Arbeit zur Bestimmung Pecten 
deletus (Pasini): „Diese Bezeichnung soll vorläufig als die allgemein 
gebräuliche beibehalten werden, ohne für deren Richtigkeit einstehen 
zu wollen“. 

Wie wenig fixirt der Begrift des P. deletus überhaupt ist, zeigt, 
dass Vinassa (I molluschi delle glauconie Bellunesi. Boll. soc. geol. 
It. vol.. XV, fasc. 2) P. miocenicus Micht. und P. deletus Micht. unter 
dem Namen des ersteren zusammenziehen zu müssen glaubt, obgleich 
nach Michelotti’s Beschreibung sichere Unterschiede zwischen 
beiden Arten bestehen, die auch Sacco (I molluschi dei terreni 
terziarii del Piemonte e della Liguria. Parte XXIV. Torino 1897) 
berücksichtigt. Doch scheinen mir die von letzterem Tab. VI, Fig. 6« 
und b abgebildeten, mit einem grossen, radialgestreiften Ohre ver- 
sehenen Klappen nicht zu P. deletus zu gehören. 

Meneghini’s Beschreibung des P. Pasini gibt insoferne zu 
Irrthümern Anlass, als sie das Gehäuse als ungleichseitig bezeichnet, 
was wohl nur auf die von ihm selbst betonte Deformirung der Schale 
durch Druck zurückzuführen ist. Auch finden sich unter den Arten 
des Subgenus Aegquipecten, zu dem P. Pasini zu rechnen ist, nur 
gleichseitige Formen, und die Abbildung, die Meneghini seiner 
Beschreibung folgen lässt, macht auch ganz diesen Eindruck, trotzdem 
die Bruchstellen unglückseligerweise aus ästhetischen Gründen „aus- 
gelassen“ und dadurch die Irrthümer verschuldet wurden. Wenn 
man dies berücksichtigt, kann über die Richtigkeit meiner Bestimmung 
kein Zweifel sein. 

Meneghini konnte an dem Öriginalexemplare von Sardinien 
nur die Oberklappe beschreiben, während er sich bei der Unterklappe 
an die ihm vorliegenden zahlreichen Vertreter dieser Art von Schio 
hielt. Die von ihm hervorgehobenen charakteristischen Merkmale 
konnte ich durchwegs wiedererkennen. Als besonders bezeichnend 
möchte ich die starken, scharfen Radialrippen der Innenseite er- 
wähnen,. die den den Rippen der Oberfläche entsprechenden Raum 
jederseits begrenzen und sich bis zum Wirbel fortsetzen. 

Nach meiner bisherigen Erkenntnis dürften die als P. deletus 
aus dem Grünsande von Belluno beschriebenen Exemplare gewiss 
grossentheils mit P, Pasini identisch sein. 


Nr Meneghini. Pal&ontologie de l!’IIle de Sardaigne. Turin 1857. 
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. Fr. Schaffer.) 84 


662 Dr. Franz Schaffer. [4] | 


Fecten nov. spec. 


Eine ungleichseitige Klappe mit circa 15 scharfen dreieckigen 
Rippen, die ganze Oberfläche mit sehr zarten, feingeschuppten Radial- 
streifen verziert. Der schlechte Erhaltungszustand macht es mir 
unmöglich, eine genauere Beschreibung dieser vermuthlich neuen 
Art zu geben. 


Thracia Benacensis nov. spec. 
Länge 55 mm, Breite 35 mm, Dicke 15 mm. 


Gleicht in Gestalt der recenten T’hracia pubenscens Leach '), ist 
aber erheblich kleiner und unterscheidet sich von ihr hauptsächlich 
durch die starken, concentrischen Wülste. Das Gehäuse ist länglich 
oval, ungleichklappig, ungleichseitig, vorne abgerundet, rückwärts 
etwas verlängert, stark verengt und gerade abgestutzt. Die Schale 
ist äusserst zart, die Wirbel sind gross und rückwärts gekrümmt. 

Exemplare dieser Art liegen mir von Neudorf an der March. 
und aus der Brunnstube bei Eggenbure vor. 


Cardita Brionensis nov. spec. 
Länge 26 mm, Breite 16 mm, Dicke 16 mm. 

Gehäuse quer verlängert, trapezoidal, sehr ungleichseitig, weit- 
bauchig. vorne etwas vorspringend und abgerundet, gegen - hinten 
schief abgeschnitten. Circa 16 runde Radialrippen ohne jede Ver- 
zierung. Wirbel gross, nach vorne gekrümmt. Lunula herzförmig, 
von einer Furche” begrenzt. . 

Die neue Species gleicht der Cardita Arduini Brong., doch 
sind bei ihr die Klappen mehr gewölbt, hinten mehr abgerundet, 
die Wirbel sind kräftiger und die Rippen fast glatt. 

Auf Grund der angeführten Fauna ist der glaukonitische Mergel 
des Monte Brione in das untere Miocän zu stellen, wo er -die 
Basis bilden dürfte. Den bisher stets für ihn gebräuchlichen Namen 
der Schioschichten halte ich für unzweckmässige, da dies noch 
kein präcisirter stratigraphischer Begriff ist. Dass er mit dem Grün- 
sande von Belluno, den Vinassa |.c. in das unterste Miocän stellt, 
altersgleich ist, glaube ich infolge der faunistischen und faciellen Aehn- 
lichkeit für erwiesen ansehen zu können. Auch M. Vacek2)hat „nach 
dem Vergleiche mit den Verhältnissen des Vicentin® diesen Mergel 
zum unteren Miocän gerechnet, ohne das Ergebnis der Untersuchung, 
der mir zur Bestimmung übergebenen Fauna zu kennen. 

Die von Vacek beobachtete discordante Auflagerung des. 
Mergels auf die Lithothamnienkalke, die eine positive Bewegung der 
Strandlinie zur Zeit seiner Ablagerung anzeigt, findet ihr Analogon 
in der Transgression der Grünsande über die Scaglia, eocänem ° 
Flysch und Nummulitenkalk bei Belluno und Serravalle. 

!) Reeve. Monograph of the Genus Thracia, 


”)M. Vacek. Ueber die geologischen Verhältnisse der Umgehane von 
Roveredo. Verhandl. d. k. k. geol. R-A. 1899, Heft 6 und 7, pag. 199. 


Die Kreide des Görtschitz- und Gurk- 
thales'). 


Von Dr. Kärl A. Redlich in Leoben. 


Mit 9 Zinkotypien im Text. 


Zwischen den Flüssen Gurk und Görtschitz in Mittelkärnten 
liegt auf älterem Gestein, den sogenannten archäischen Gneissen und 
‚palaeozoischen Phylliten, eine Scholle mesozoischer und känozoischer 
Schichten, an denen die Kreide einen erheblichen Antheil nimmt. 
Während die Trias und das Eocän von Bittner?) und Penecke?) 
eingehend erörtert wurden, wusste man bis heute über die Kreide 
nichts anderes, als dass sie der Gosaukreide angehöre. Durch mehrere 
glückliche Funde im Vereine mit dem im geologischen Institute der 
k. k. Bergakademie Leoben angesammelten Material ist es mir ge- 
lungen, auch über dieses Schichtsystem Aufschluss zu geben. 

Die Kreide setzt den Höhenzug westlich vom Görtschitzthal, 
nördlich von der Gutschen, hier den Triaskalk überlagernd, bis zum 
Schölmberg bei Mösel zusammen, wo unter ihr die palaeozoischen 
Phyllite auftauchen. Ferner tritt sie am ‘östlichen Gehänge des 
Görtschitzthales am Horenberg auf, hier dem Triaskalk aufgelagert, und 
zieht sich in einem dünnen Streifen mit geringen Unterbrechungen 
bis Ob.-Wieting, dort theils die Phyllite, theils die Gmneisse der Sau- 
alpe überlagernd. Sie setzt den Dachberg nördlich von Silberegg 
zusammen und reicht bis fast an die Strasse von Althofen nach 
Guttaring, wo sie unter das Eocän taucht. Als die östliche Fort- 
setzung dieser Partie können die Gehänge von Althofen bis zum 
Weinsdorfer Wald reichend angesehen werden, während im S die als 
Inseln aus dem Diluvialschutt auftauchenden Höhen der Goritzen 


!) Mit der geologischen Aufnahme des Blattes der österreichischen Special- 
karte Eberstein, Colonne XI, ‚Zone 18 beschäftigt, habe ich eine kurze Zeit 
der Ferienmonate 1899 damit verbracht, die Kreide, soweit sie in mein Blatt 
fällt, näher zu studiren. Unterstützt wurden diese Bemühungen durch die Ex- 
eursionen, welche ich durch mehrere Jahre mit den Hörern der k. k. Bergakademie 
in jene: Gegenden unternommen hatte. Palaeontologisches Material fand ich auch 
in den geologischen Sammlungen der k. k. Bergakademie vor, für deren Ueber- 
lassung ich. Herrn Professor Höfer herzlichst danke. 


?) Bittner: Die Trias von Eberstein und Pölling in Kärnten. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Bd. 39, pag. 483. 


8) Penecke: Das Eocän des Krappfeldes. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. 
Wissenschft. I. Abth. 1884, pag. 327 (math.-nat. Classe). 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Ed., 4. Hft. (Dr. K. A. Redlich.) 84* 


664 Dr. Karl A. Redlich, [2] 


und die Hügel bei Kappel die directe Verlängerung des Dachberges 
bilden. Aus dem Diluvium des Gurkthales ragen noch einzelne kleine 
Erhebungen, wie z. B. der Stammerkogel etc. hervor, welche jedoch 
keine weitere stratigraphische Bedeutung haben. Die grosse Masse 
ist ebenfalls durch das Eocän und das Diluvium in einzelne Theile 


aufgelöst. 


Wenn wir im N mit unserer Betrachtung beginnen, so ist es 
vor allem jene Scholle, welche die Gehänge von Althofen bildet und 
durch ihren Fossilreichthum unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkt 
Die Kreide reicht herauf bis in den Weinsdorfer Wald und besteht 
hier in ihren Liegendpartien aus Mergelkalken, die jedoch bald aus- 
keilen, so dass die nächsthöheren Schichten, d. s. ungeschichtete 
Kalke, direct auf dem älteren Gebirge lagern. Diese Kalke haben 
oft Stücke ihrer Unterlage in sich aufgenommen, so dass man Brocken 


Fig. 1. 


- 
) = 
= 2 

5 
5 5 3 
= = 3 
o je} 
z a S 
S Be = 
= < © 
[As] 
d ) 


Strasse von 
Freibach zum 
alten Markt. 


Weinsdorfer 
Wald 
Kapelle am 


Be 
bocaene flinnuile 59 one L 


Maßstab: 1:6700. 5 


von Werfener Schiefer, Phyllite und Triaskalke in ihnen findet, 
welche oft eine breccienartige Natur der Kalke bedingen. Sie sind 
nur eine facielle Entwicklung, da sie schon auf kurzen Strecken ver- 
schwinden und von Sandsteinen mit Mergelkalken abgelöst werden. 
Wenn wir das in Fig. 1 gegebene Profil, welches von der Lehne 
des Weinsdorfer Waldes im N direet nach Althofen im S gezogen 
wurde, in’s Auge fassen, so sehen wir, dass die Kreide auf den 
Phylliten, die in steiler Stellung ein Verflächen nach eirca 10 h zeigen, 
ruht. Sie besteht aus Mergelkalken von der Mächtigkeit einiger 
20 m mit südlichem Fallen von 75—-80°, darüber folgen die Kalke, 
welche oft breecienartige und conglomeratische Structur annehmen. 
In ihnen fanden sich an der Lehne des Weinsdorfer Waldes NW 


N N. 


[3] Die Kreide des Görtschitz und Gurkthales, 665 


vom Fercher, auf dem breiten Waldweg, der zu der Capelle des 
Calvarienberges führt, 


Hippurites carinthiacus n. sp. 

cf. Archiaci Mun. Chalm. 
d collieiatus Woodward. 

Sphaerulites angeoides Lap. 

Pecten laevis Nils. 


” 


Auf diesen Kalken folgen Mergelkalkbänke mit Sandsteinein- 
lagerungen, welche, abgesehen von kleinen localen Faltungen, in ihrer 
ersten Hälfte immer ein südliches Verflächen zeigen, dann aber 
nach N umbiegen, so dass wir in den Gegenflügel einer Synklinale 
treten. Dass dies richtig ist, sehen wir bald an dem abermaligen 
Auftreten der Hippuritenkalke. Auf ihnen steht die Kapelle des Cal- 
varienberges, nach OÖ zu sind sie wenige Schritte weiter in einem 
alten Steinbruch beim Fercher aufgeschlossen. Es war dies bis jetzt 
der einzig bekannte Fundort von Kreidefossilien, und schon Penecke 
zählt eine Reihe derselben !) auf: 


Oliona Duvernai Nart. 

Cyelolites macrostoma Reuss. P. u. Rd. 

Thamnastraea agaricites E. & H. P. u. Rd. 

Montlivoltia sp. 

Rhabdophyllia cf. tenuicosta Reuss. 

Isastraea sp. 

Latimaeandra sp. 

Oladocera sp. 

Gyrosmilia Edwarsi Reuss. 

Asterocoemia sp. 

Oidaris cf. vesiculosa Goldf. P. u. Rd. 

Serpula sp. 

Arca sp. (Steinkern, wahrscheinlich Cueullaea 
chiemiensis Gümb.) 

Trigonia sp. 

Plagioptychus sp. (cf. Aguilloni D’Orb.) P. u. Rd. 

Hippurites cornu vaccinum Goldf. = (H. carin- 
thiacus n. Sp.) 

Sphaerulites angeoides Lap. P. u. Rd. 
r cf. styriacus Zitt. P. u. Rd. 

Pleurotomaria sp. 

Nerinea Buchi Keferst. P. u. Rd. 

Actaeonella gigantea d’Orb. 


Neu kommen noch zu dieser -Fossilliste 


Hippurites sulcatus Defr. 
Leptoria Konincki Reuss. 


1) Diejenigen Fossilien, welche schon Penecke kannte und von mir am 
gleichen Fundort gesammelt wurden, sind mit P. u. Rd. bezeichnet. 


666 Dr. Karl.A. Redlieh. = «:« A 


Placosmilia irregularis Reuss. \u= ads? or 
Gryphaea vesieularis Lam, yientshin el 
Pecten membranaceus. Nils. 


Unmittelbar unter den Hippuritenkalken, in dem Hohlweg, stossen 
wir auf schiefrig sandige Gesteine und graphitische Phyllite palaeo- 
zoischen Alters, die in ‘zahlreiche enge Falten geknetet sind. Es 
fehlen also die Liegendmergel ‘der Kreide, welche wir im Weins- 
dorfer Wald angetroffen haben. Weiter .das Profil nach S verfolgend, 
treffen wir rothe Thone, die wahrscheinlich dem Eocän angehören 
und in der ganzen Gegend als das Liegendste desselben bekannt 
sind. Es sind fluviatile Thone, die zum grössten Theil wohl aus der 
Zersetzung der Werfener Schiefer, der rothen Grödener Sandsteine 
und der Phyllite entstanden sind. Die rothen Thone lassen sich bis 
zu der ersten Kapelle des. Calvarienberges verfolgen und ‚bilden 
auch den Untergrund der westlich davon gelegenen Wiesen... 


Wenden wir uns von unserem Profil weiter nach :dem Westen, 
so sehen wir, dass sich die Verhältnisse wesentlich zu complieiren 
beginnen. Schon unterhalb der Kapelle des Calvarienberges schieben 
sich mürbe, schwarze Kalkschiefer ein. :-Diese werden gegen Aich 
immer mächtiger, ausserdem treten schwarze Kalke und rothe Schiefer 
auf, Gesteine, die schon Toula!) im Jahre 1892 richtig als triadisch 
erkannt hat. 


Im Süden schliesst sich. an diese eben beschriebenen Schichten 
abermals die Kreide an. Sie ist in ihren tieferen Theilen aus weissen 
Kalken zusammengesetzt, in denen sich schlechte Reste von Rudisten 
fanden. Auf ihnen steht der Markt Althofen. Darüber folgen gebankte 
Mergel, Mergelsandsteine und Mergelkalke mit einem südlichen Ver- 
flächen. Inoceramus Cripsi var. regularis Zittel wurde in‘ diesem Zuge 
auf der Strasse nach'.Silberegg gefunden. 

Die Kreideformation hält nun solange an, bis sie unter das 
Diluvium des Gurkthales sinkt. 


Nach Osten erweitert sich die Kröideszakiiuih und nimmt das 
Eocän des Sonnberges in sich auf. Es sind fast‘ durchgehends dünn- 
gebankte Sandsteine. und Mergelkalke, die hier die Kreide zusammen- 
setzen. Einzelne Fragmente von I/noceramus. Cripsi var. typica Zittel 
wurden in den Lesesteinen auf dem’.Wege zur: Walfahrtskirche 
Mariahilf, zwei Hippuriten (H. .carinthiacus n. sp. und. H. colliciatus 
Woodward) in den Feldern. unterhalb des Mariahilferberges gesammelt. 

Der wichtigste Fund wurde auf dem Mariahilferberg selbst ge- 

macht; er besteht in einem Pachydiscus neubergieus Hauer und wurde 
in den mergeligen Kalken unterhalb der Kirche gefunden. Da die 
Hippuriten viel tiefer, wenn auch als Lesesteine, vorkamen, die 
Schichten aber ein Fallen nach 11—12h haben, so:können wir mit 


vecht annehmen, dass der Hippuritenhorizontunter dem des Pachy- 
discus neubergieus ruht. 


ı) Toula: Der ae von Althofen in ‚Körntob Verhandt, er k. k. 
geol. R.-A. 1886,:.pagı 48, 


weh sh guja it » 


[5] | Die Kreide des Görtschitz- und Gurkthales. 667 


Vom Mariahilferberge biegen die Schichten gegen das Görtschitz- 
thal immer mehr um, bis sie endlich nahe bei Wieting und beim 
Pemberger Riegel ein fast rein’ westliches Fallen zeigen. Hier sind 
die Mergelkalke e, welche in einzelnen Bänken einen CaCO,-Gehalt von 
18: :Protent besitzen, infolge reger Gementfabrikation aufgeschlossen. 
Es würde sich wohl noch an vielen Stellen des Görtschitzthales lohnen, 
diesem Industriezweige nachzugehen, da hier fast überall die Kreide- 
mergelkalke in derselben guten Qualität vorhanden sind. Auf der 
Bahnstrecke unter dem Pemberger Riegel bei Klein-St. Paul fanden 
sich in den Mergellagen eine Astarte laticostata Desh. und als Lese- 
steine nicht näher bestimmbare Hippuritenreste und weiter nördlich, 
300 Schritte N von der Haltestelle Wieting, an der Waldesgrenze ein 
Inoceramus Cripsi var. typica. 

‚Ebenso: wie im Norden zeigen auch die Hmnapunkle des Südens, 
dass: die ganze: Kreidescholle gleichalterig ist. Bei St. Florian finden 
wir dieselbe Lagerung, die wir schon N von Althofen hervorgehoben 
haben. Auf triadischen Kalken liegen nach N fallende Mergelkalke. 
Diese werden von weissen, ungeschichteten Kalken überlagert, welche 
hinter der Kirche von.St. Florian infolge ihrer grösseren Widerstands- 
kraft gegen die Erosion und Abrasion einen steil abfallenden Felsen 
bilden. Zahlreiche Radioliten konnten hier aufgesammelt werden, leider 
nur ein Hippuritenfragment, das nach seiner äusseren Schalenstructur 
dem Hippurites colliciatus angehören dürfte. Ueberlagert sind diese 
Kalke wieder von Mergelsandsteinen und Mergelkalken. Einige Kilo- 
meter weiter westlich, "beim Eigenbauer in der Gemeinde St. Martin 
am Krappfeld, fand Herr Rösner, Assistent an der Bergakademie in 
Leoben, in .nach. N falleidem Gestein abermals Arppurites colliciatus 
Woodward und in einer höher gelegenen Sandsteinbank Inoceramus 
Oripsi var. typica. Zittel. Ueberdies erliegt im Klagenfurter Landes- 
museum ein Bruchstück eines Hippuriten von demselben Fundort, 
bei welchem leider nur die Schlossfalte erhalten ist. Diese und die 
äussere Örnamentirung deuten auf den im paleontologischen Theil 
beschriebenen Hippurites cf. Archiaci Mun. Chalm. hin. 

Nicht. unerwähnt möchte ich einen Fundpunkt lassen, den iR 
zwar nicht selbst besucht habe, von welchem mir. aber ein Hippuriten- 
fragment, ein /noceramus Cripsi Mant. und ein Inoceramus cf. Cuvieri. 
So. vorliegt. Er liegt am Schlossweg von Eberstein nach Sittenberg, 
senau an der Formationsgrenze der Trias und der Kreide bei einem 
alten Steinbruch. 

Wie schon in der Einleitung erwähnt wurde, dehnt sich auch 
an den Gehängen des linken Ufers der Görtschitz ein dünner Streifen 
Kreide hin, der seinen Anfang am Horenberg nimmt. Dieser bildet 
eine Kette von Hügeln, welche von O nach W streichen. Sie bieten 
schon aus dem Grund ein grösseres geologisches Interesse, da auf 
einem so kleinen Raum fast sämmtliche Schichtsysteme unseres Karten- 
blattes vertreten sind. Die östlichsten Ausläufer bei dem Bauer Zaunar 
bestehen aus: archäischem Glimmerschiefer. 'Darüber folgen dünne 
Streifen: Phyllite' und Grödener: Sandstein. Dolomitische Kalke der 
Trias bilden die’höchsten Gipfel: des Horenberges. An- sie und an die 
Grödener : Sandsteine legen sich erst die Kreidesehichten, ‚welche 


668 Dr, Karl A. Redlich. [6] 


in mehrere Sättel und. Mulden gefaltet, bis in das: Görtschitzthal 
reichen. 

Hippuritenkalke, die direct die triadischen Kalke überlagern, 
ragen westlich vom Bauer Kramer in einer Reihe von Felsen in dem 
Thaleinschnitt aus den weicheren, hangenden Mergelkalken und Sand- 
steinen empor. Sie sind reich an Rudisten und anderen Fossilien, die 
folgenden Species angehören: 


Hippurites colliciatus Woodward. 
sulcatus Defr. 

A sp. cf. sulcatoides Douv. 
Sphaerulites angeoides Lam. 
Nerinea Buchi Keferst. 


” 


Weiters fanden sich an der südlichen Lehne des Horenberges 
beim Bauer Leimgraber in den Feldern als Lesesteine zahireiche 
Hippuriten und andere Petrefacten die ebenfalls leicht als: 


Hippurites carinthiacus n. sp. 
F colliciatus Woodward. 
4 sulcatus Defr. 
Nautilus sp. 
Lithothamnium turonicum Rothpl. 


bestimmt werden konnten. 


Sie scheinen alle aus einer Bank herausgewittert zu sein, da 
sich hier nirgends massige Kalke finden, vielmehr allgemein eine 
deutliche Schichtung das Gestein durchsetzt, das überdies hier nur. 
aus Sandstein und Mergelkalken zu bestehen scheint. Auch sonst 
findet man an zahlreichen Stellen in den Feldern und Steinhaufen 
Rudistenfragmente, ohne dass in der Umgebung die ja leicht ins 
Auge fallenden massigen Kalke anstehen würden. 

Zum Schluss wären noch der Vollständigkeit halber die Fund- 
orte anzuführen, von welchen Penecke einzelne Fossilien kannte. 
Es sind die Kalkmergel auf der Goritzen bei Silberegg, aus welchen 
er ziemlich gut erhaltene Inoceramus Cripsi Mant. erwähnt. Beim 
Bauer Pemperger fand er eine stark abgerollte Schale von Sphaerulites 
angeoides Lam. An einigen Orten bei Mariahilf, bei Weindorf und auf 
der Guggitz führt der Quarzsandstein wenige, aber ziemlich gut er- 
haltene Fossilien: 

Isastraea sp. 

Thamnastraea sp. 
Radiolites Mortoni Mant. 
Sphaerulites angeoides Lam. 


Die unter dem Namen Chondrites Targionii Brongn. angeführte 
Alge von den Fundorten südlich vom Neubauer, nördlich vom Hansl, 
südlich vom Vogelbauer etc. ist eine äusserst häufige Erscheinung in 
den Mergelsandsteinen. Genaue Fundorte für sie anzugeben ist nach‘ 
meiner Ansicht nutzlos, da sie erstens auf keinen bestimmten Horizont 
beschränkt ist, vielmehr überall dort, wo die Schichten mehr gebankt 
und sandiger sind, auftritt, und: zweitens durch die  neueren+Unter:: 


[7] Die Kreide des Görtschitz- und Gurkthales. 669 


suchungen von Fuchs es sich herausgestellt hat, dass diese angebliche 
Alge nichts anderes als eine Kriechspur ist. 


Was den lithologischen Charakter der Gesteine der Kreide- 
formation anbelangt, so hat ihn schon Penecke beschrieben und 
ich kann nur wenig Neues hinzufügen. Die überwiegende Haupt- 
masse ist ein gelblichweisser, dünnschichtiger, ebenflächiger Kalk- 
mergel, kalkiger Mergelschiefer oder dickbankiger Mergelkalk, in 
denen häufig Inoceramen auftreten. In einem Steinbruch am rechten 
Thalgehänge von Wieting bemerkt man nach Penecke im Mergel 
kleine Kohlenpartikelchen, wie sie vielfach im Flysch der Alpen auf- 
treten. Ebenso hat derselbe Autor Feuersteinknollen, ganz vom Aus- 
sehen der nordischen Kreide, beim Pemberger und schliesslich bei 
St. Gertraud, unweit Guttaring, wulstige Limonitconcretionen in den 
Kreideschichten beobachtet. 


Die übrigen Gesteinssorten der Kreideformation treten nur als 
Lagen und Bänke in den Mergeln, namentlich in den tieferen Theilen 
auf. Es sind Kalkbreccien von kleinen bis kirschgrossen eckigen Kalk- 
stückchen, verkittet von einem mergelig-kalkigen Bindemittel, welche 
vorzüglich im Süden, wo die Kreide den Triaskalk als Liegendes hat, 
auftreten. Ferner finden wir weisse bis gelbe massige Kalke, die 
manchmal breccienartige Structur annehmen und zahlreiche Rudisten 
und Korallen führen. Schliesslich gibt es grob- bis feinkörnige Sand- 
steine, von welchen die ersteren faciell oft die Hippuritenkalke zu 
ersetzen scheinen, dann grobkörnig diekgebankt sind und oft bis faust- 
grosse Stücke der älteren Gesteine eingeschlossen haben. Feinkörnige 
mergelige Sandsteine sind allenthalben, als Bänke eingeschaltet, zu 
finden. 


Palaeontologischer Theil. 


Lithothamnium turonicum Rothpletz. 


Rothpletz: Fossile Kalkalgen aus der Familie der Codiaceen und 
Corallineen. Zeitschrift der Deutsch. geolog. Gesellschaft 1891, 
pag. 313, Taf. XV, Fig. 9 und 13a, b. 


In einem Knollen zusammengeballt liegen zahlreiche walzen- 
förmige, bis 2 mm starke Aestchen, welche strauchartig gebaut zu 
sein scheinen. Einzelne breitere Ringe deuten schon äusserlich die 
Tetrasporenzone an, wie dies schon Rothpletz hervorhebt. Die 
Zellen sind 9—14 u» breit und 12—16 u lang, im Hypothallium 
erreichen sie eine Grösse von 28 u. Auch mehrere Tetrasporen- 
reihen konnten gemessen werden, wobei sich eine Breite von 32 bis 
35 » und eine Höhe von 75—76 u. ergab. Die Aestchen gehören 
einem strauchartigen Stocke an, eine. Form, welche leicht recon- 
struirt gedacht werden kann. Im intakten Zustande dürfte die Gestalt 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 4. Hft. (Dr. K. A. Redlich.) 85 


670 Dr. Karl A. Redlich. [8] 


mit Lithothamnium cf. turonicum wie ich es aus dem Oltthal?) be- 
schrieben habe übereinstimmen, obwohl hier die Aeste wahrscheinlich 
infolge ihrer Fertilität viel schwächer und‘ weniger gedrängt sind. 
Rothpletz beschreibt diese Art aus dem Senon von Beausset, mir 
selbst ist sie aus den gleichalterigen Schichten von Rumänien bekannt 
geworden. In der Gosauformation wird sie hier zum erstenmal .nach- 
gewiesen. | Eurgeiger 


Hippurites sulcatus Defrance. ir 
‚Hippwurites- sulcatus Defrance: Douville, Etude sur les Rudistes. 
Memoires de la Societe geol. de France, Nr. 6, pag. 43, 158, 207, 
Pl: V, Fig. 4u.8; Pi. XXUI, Fig. 1-3; Pl. XXXIL Fig. u. 6, 


Typische Exemplare dieser Species fanden sich in unserem 
‚Gebiete sehr häufig. Dieselben erreichen gewöhnlich eine Höhe von 
10—15 cm bei einem fast stets gleichbleibenden Durchmesser: von 
4 cm. Die Unterschale ist bedeckt von schwach dreikäntigen, dicht 
gedrängten Rippen, die Falten sind äusserlich oft durch tiefe Furchen 
gekennzeichnet. Die obere Schale ist nur an einem Exemplar erhalten, 


Fig. 2 und 3. Hippurites sulcatus Defrance. 


L = Schlossfaltee — S = vordere Säulchen. — E = rückwärtiges Säulchen. — 
mp = myophore Apophyse. — B = rückwärtiger Zahn. — B, = vorderer Zahn. 


ist conisch erhöht, mit von der Mitte gegen den Aussenrand sich ver- 
zweigenden Wülsten versehen. Im Innern sieht man eine fast drei- 
eckige, unten gespaltene, bald kürzere, bald längere Schlossfalte (L), 
das vordere Säulchen (S) ist breit und gerundet, das rückwärtige (2) 
ist länger und an der Basis stark zusammengedrückt. Die myophore 


Apophyse ist breit elliptisch und liegt in der Mitte zwischen der 
Schlossfalte und dem vorderen Säulchen. eh 


! 


‘) Redlich: Geologie des Olt- und Oltetzthales. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1899, pag. 20. | Sy BIT 


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[9] Die Kreide des Görtschitz- und Gurkthales. 671: 


Hippurites ef. Archiaci Munier Chalmas 

Hippwrites Archiaci Munier Chalmas: Douville, Etudes sur les 
Rudistes. 1. c. pag. 45, 160, Taf. V, Fig. 1—3;: Taf. XXIII, 
Fig. 4—6. 


Fig. 4 und 5. Hippurites cf. Archiaci Munier Chalmas. 


L = Schlossfalte. — S = vorderes Säulchen. — E = rückwärtiges Säulchen. — 

mp = myophore Apophyse. — B = rückwärtiger Zahn. — B, — vorderer Zahn. 

‘ Diese Bezeichnung wurde für mehrere Stücke gewählt, bei 

denen leider die Oberschale fehlt, so dass man nicht mit Sicherheit: 
85* 


672 Dr. Karl A. Redlieh. [10] 


entscheiden kann, welcher Species die Formen angehören. Sie haben 
eine maximale Länge von 18 cm, während die Dicke bei gleich- 
bleibender Länge von 8—14 cm im Durchmesser schwankt. Die 
Schale ist bedeekt mit dreieckigen Riffen, welche von gleich tiefen 
Zwischenräumen getrennt sind. Bei älteren Individuen sehen wir nur 
mehr eine sehwache Streifung, die Schale erscheint fast ganz glatt. 
Die Schlossfalte (Z) ist lang, schwach gekrümmt und unten abgestutzt. 
An ihrem Ende sieht man den Platz des Ligamentes als eine 
seichte Vertiefung. Das vordere Säulchen (5) ist breit abgerundet 
und halb so lang wie die Schlossfalte. Das rückwärtige Säulchen (#) 
ist so lang wie die Schlossfalte, unten elliptisch, oben stark zusammen- 
gedrückt. Die myophore Apophyse (mp) hat eine dreieckig gerundete 
Gestalt und liegt in der Mitte zwischen Schlossfalte und vorderem 
Säulehen. Der rückwärtige Zahn (b) mit seiner Grube liegt in der 
Verlängerung der myophoren Apophyse, ist rund und kleiner als der 
vordere Zahn B, der einen polygonalen Umriss zeigt. Die myophore 
Apophyse und die beiden Zahngruben sind fast parallel mit der 
Schlossfalte. Die Bestimmung dieser Species ist durch das Fehlen 
der Oberschale sehr erschwert. Nur am Oberrand der unteren Schale 
sieht man an einem Exemplare wenige Poren, welche den von Dou- 
ville (l. e.) auf pag. 45, Fig. 50, bei H. Archiaci gegebenen Ab- 
bildungen vollständig gleichen. 

Von Hippurites 'sulcatus Defr. unterscheidet sich unsere Form 
durch die lange Schlossfalte, dagegen lässt sie sich von Höppurites 
Gaudryi Munier Chalmas kaum trennen, da bei einer solchen Scheidung 
die Ornamentirung der Oberschale maßgebend ist. Für Hippurites 
Archiaci sprechen mehrere Erwägungen: 1. Wurde Hippurites Archiaei 
in Frankreich in demselben Horizonte gefunden, in welchem unsere 
Form liegt; 2. können an unseren Exemplaren leicht Uebergänge von 
Hippurites sulcatus zu Archiaci gefunden werden, wie sie schon von 
Douville hervorgehoben werden. Für Hippurites Gaudryi würde 
der Umstand sprechen, dass diese Species, wenn auch in einem 
tieferen Horizont, bereits in den Alpen angetroffen wurde, und dass 
ein Individium vollständig dem von Douville (l. e.) Taf. XXXIV, 
Fig. 1, von Santa Croce abgebildeten Hippuriten gleicht. 


Hippurites sp. 
Fig. 6. Hippurites sp. 


Ein Exemplar erinnert durch die stark verkürzte und 'gerundete 
Schlossfalte an Hippurites sulcatoides Douvilld, ohne dass man eine 


[11] Die Kreide des Görtschitz- und Gurkthales. 673 


nähere Bestimmung durchführen könnte, da das Ganze nur ein 
Bruchstück darstellt, an dem die Oberschale fehlt und das Innere 
mit Ausnahme der drei Falten umkrystallisirt ist. 


Hippurites carinthiacus n. sp. 
(Siehe umstehend Fig. 7 und 8.) 


Schon lange kannte man aus dem Krappfelde diesen in unserem 
Gebiete so häufigen Hippuriten und Penecke!) erwähnt ihn gemäss 
dem damaligen Stand der Kenntnisse als Hippurites cornuvaceinum. 
Schon Douville hat gezeigt, dass die aus der Gosau mit diesem 
Namen belegten Hippuriten einer Speeies angehören, welche er 
gosaviensis genannt hat. Auch unsere Art ist mit der letztgenannten 
sehr nahe verwandt, kann jedoch, wie sofort gezeigt werden wird, 
durch die bei den zahlreich gesammelten Individuen stets gleich- 
bleibenden Unterschiede leicht von gosaviensis getrennt werden. Die 
Grösse der Schale variirt ausserordentlich, doch sind Stücke bis zu 
einer Grösse von 18—20 cm Länge und einer Breite von 10 cm 
nichts seltenes. Die Unterschale ist bedeckt von breiten, flach 
dreieckigen Rippen, die durch gleiche Zwischenräume von einander 
getrennt sind. Diese Riffung bleibt auch bei den grossen Exemplaren 
erhalten, ist jedoch bald enger, bald breiter. Die Oberschale ist 
bedeckt mit reticulirten Poren, wie sie nach Douville benannt 
werden. Es ist ein Netzwerk von unregelmässigen Polygonen, die 
durch dornenartige Querleisten und Stäbchen ein gefranstes Aussehen 
erhalten. 

Die Schlossfalte ist lang und an der Basis deutlich gerundet. 
Das vordere Säulchen ist etwas kürzer, unten breit gerundet, nach 
oben zu birnförmig verengt. Das rückwärtige Säulchen ist fast so 
lang wie die Schlossfalte, elliptisch und an der Basis stark zusammen- 
sedrückt. Die myophore Apophyse ist länglich, nach oben oft zu- 
gespitzt; sie schmiegt sich an das vordere Säulchen an, ragt jedoch 
weit über dasselbe hervor. Der rückwärtige Zahn ist neben der 
myophoren Apophyse gelegen, der vordere liegt in der Verlängerung 
der Schlossfalte und ist grösser als der erstere. 

Hippurites carinthiacus nähert sich ausserordentlich dem Hippu- 
rites gosaviensis. Der einzige Unterschied besteht in der an ihrem 
Ende ausgesprochen gerundeten Schlossfalte. Die Anlage der myophoren 
Apophyse und der Zähne, die Form der Poren, der zwei Säulchen 
und die äussere Ornamentirung stimmt vollständig mit den gleichen 
Theilen von Hippurites gosaviensis überein. Durch die gerundete 
Schlossfalte liesse sich unsere Species mit Hippurites Oppeli Dowv 
und Hippurites inaequicostatus Münster vergleichen, weicht jedoch von 
diesen beiden Arten durch die Form der Poren und die Anlage der 
myophoren Apophyse ab. 

- Mit Recht kann man daher H. carinthiacus als ein Mittelglied 
von Oppeli und gosaviensis ansehen. 


!) Penecke: Das Eocän des Krappfeldes. 1. c. pag. 334. 


674 Dr. Karl A. Redlich. ve [12]: 


Fig. 7 und 8. Hippurites carinthiacus n. sp. 


I, = Schlossfalte. — S — vorderes Säulchen. — E — rückwärtiges Säulchen. a 
mp = myophore Apophyse. — B = rückwärtiger Zahn. —: BZ, = vorderer: Zahn. 


Ä 


[18] Die Kreide des Görtschitz- und Gurkthales. 675 


Hippurites collieiatus Woodward. 


Hippurites.; exaratus Zittel. Zittel: DieBivalven der Gosaugebilde 


‘im den ‘nordöstlichen Alpen. I. Theil, TI. Hälfte. Denkschriften 
' der ‚kais. Akademie der Wissenschaften 1866, pag. 144, Taf. XX11. 
Fig. S—11. 
Hippwurites collieiatus Woodward. Douville: Etudes sur les Rudistes. 
l. c. pag. 221, Taf, XXXIJI, Fig. 5 u. 9. 


Die bei uns so häufige Species stimmt bis in alle Details so 


vollständig 1 mit den von Zittel unter dem Namen Hippurites eraratus 


ie 9. Hippurites colliciatus Woodward. 


Hbköhildeteh und von Douville als Hiphanite colliciatus Woodward 
riehtiggestellten Rudisten überein, dass ich dieser Beschreibung nichts 
en. habe. 


U Bphäeriiiieh BREEN Lap. 


Sphaerulites angeoides Lap. Zittel: Die Bivalven der Gosaugebilde 
in den nordöstlichen. Alpen. l. Theil, I. Hälfte. 1. e. pag. 74, 
nal XXWV, ‚Eig., 4,712; Taf., XXVIL Fig, 1-—4, 


“Zahlreiche kreisel- und kegelförmige Unterschalen wurden nach 
den Abbildungen. Zittel’s. hierher gestellt.. Die Aussenseite ist mit 
Rippen und Längsfurchen bedeckt, welche bei vielen Exemplaren 
durch Querstreifen ein geblättertes Aussehen erlangen. Die Schloss- 
falte’ ist an allen Exemplaren deutlich sichtbar. 

‘Einzelne Stücke von cylindrischer Gestalt mit breiter Basis 
wurden als Sphaerulites styriacus bestimmt. Die Oberschale ist bei 
keinem der: a erhalten. 


© Plagioptychus sp. (ef. Aguilloni d’Orb.). 


Plägiopiychns Aguilloni d’Orb. Zittel: Bivalven der Gosaugebilde 
c.. I. Theil, II. Hälfte, pag. 78. Taf. XXVI, Fig. $—10; Taf. XXVII, 

Em 1—8. 

Schon Ponecke) erwähnt aus. dem Steinbruch beim Fercher 
einen Wirbel einer Plagioptychus-Schale. Ein ähnliches Stück fand 
ich ‚an, derselben Stelle..;;Wenn, auch .eine. vollständige ‚Identificirung 
mit den Stücken der Gosau, namentlich mit der. von Zittel auf 


676 Dr. Karl A. Redlich. [14] 


Taf. XXVI, Fig. 9, gegebenen Abbildung möglich. ist, will ich doch 
eine nähere Bestimmung unterlassen, da Douvill&', Zweifel hegt, 
ob die in der Gosau sich findenden Plagioptychen wirklich der Species 
Aguilloni beigezählt werden können. Da diese Frage nicht auf Grund 
eines einzelnen Fragmentes gelöst werden kann, so unterlasse ich 
es, unserem Plagioptychus einen Speciesnamen zu geben. 


Inoceramus Cripsi Mant. 


Inoceramus Cripsi var. typica Zitt. und var. regularis d’Orb. Zittel: 
Bivalven der Gosaugebilde. I. Theil, I. Hälfte. l. ec. pag. 98, 
Taf. XIV, Fig. 1—3. Taf, XV, Fig. 2—5. 


Schmale, schwach gebogene Schalen, welche stark in die Länge 
gezogen und mit weitstehenden Rippen bedeckt sind, wurden zu 
Inoceramus Cripsi var. typica Zittel gezogen. 

Die breiteren, weniger ausgezogenen, dagegen höheren Formen. 
wurden zu /noceramus Cripsi var. regularis d’Orb. gerechnet. 


Inoceramus cf. Cuvieri Sow. 


Inoceramus cf. Cuvieri Sow. Zittel: Bivalven der Gosaugebilde 
I. Theil, I. Hälfte,.-]. ce. pag. 101,: Taf. XV, Fiese, T. 


Ein ähnliches Bruchstück, wie es Zittel abbildet, wurde auch 
in unserem Gebiete gefunden. Es stammt von einem sehr grossen 
Inoceramus her und hat breite, wenig erhabene Runzeln. Die Ober- 
fläche ist mit feinen concentrischen Linien bedeckt. 


Pachydiscus neubergicus F. v. Hauer. 


Ammonites neubergicus F. v. Hauer. Franz v. Hauer: Cephalopoden 
der Gosauschichten. Beiträge zur Palaeontographie von Oesterreich, 
herausgegeben von Franz v. Hauer. I. Band, 1858, pag. 12, 
Taf. II, Fig. 1—3. 


Maße des P, neubergieus vom Maria- Maße des P. neubergieus von Neuberg. 
& hilferberg in Kärnthen. Hauer, ]l. c. Taf. II, Fig. 10.2 

Gesammthöhe . . .» 2.9 mm Gesammthöhe . . . .» ... 95 mm 

Durchmesser . . 73 mm Durchmesser . . 715 mm 


Höhe des letzten Umganges 41 mm Höhe des letzten Umganges. 405 mm 
Dicke d. letzten Umganges c. 22:5 mm? |, Dicke des letzten Umganges 245 mm 


Höhe d. vorletzten Umganges 20 mm Höhe des vorletzten Umganges 21 mm 
Nabelweite . S.4.04% 27 mm Nabelweite . . 2... mm 

Der am Mariahilferberg gefundene Ammonit gleicht vollständig 
dem von Hauer auf Taf. II, Fig. 1—3 abgebildeten Exemplar. 


Die Schale besteht aus vier rasch und eleichmässig anwachsenden 
Umgängen, die einander im ersten Drittel der Windungshöhe um- 
hüllen. Der Querschnitt ist schwach elliptisch, die Flanken sind sanft 


) Douville: Etudes sur les Caprines. Bulletin de la Societd geol. ‚de 
France. 3 ser., tom. XVI, 1888, pag. 723. 


[15] Die Kreide .des Görtsehitz- und ' Gurkthales. 677 


gewölbt, gegen den Nabel steil. aber gerundet abfallend und erst in 
dessen Nähe die grösste Breite erreichend. Der Rücken ist gerundet. 
Die Flanken sind mit stark linear ausgezogenen Umbicalknoten 'ge- 
ziert, die ziemlich regelmässig von einander entfernt stehen, bald 
jedoch flacher werden und erst gegen die  Aussenseite in stärker 
gerundete Rippen übergehen. Dazwischen sind 1-3 Nebenrippen 
vorhanden, welche keinen Nabelknoten entsprechen. Gegen den Rücken 
zu werden die Rippen immer. stärker und laufen auf diesem mit 
einer sanften Biegung nach vorwärts zusammen. Der Beschreibung 
der ‚Suturlinie, die der bei Hauer beschriebenen und abgebildeten 
vollständig gleicht, ist nichts hinzuzufügen. 


_ Palaeontologisch-stratigraphisches Resume, 


Das wichtigste, in unserem Gebiete sich findende Leitfossil ist 
der Pachydiscus neubergicus Hauer des Mariahilfer Berges. Da er 
allenthalben aus dem oberen CGampanien. bekännt ist, zeigt er, dass 
auch unsere Ablagerungen der obersten Kreide zuzurechnen: sind. 
Unter den Schichten mit Pachydiscus neubergieus Hauer liegen die 
Hippuritenkalke. An allen Fundorten finden wir gemeinsame Formen. 
Vor allem herrscht der Hippurites carinthiacus nov. sp. vor, mit ihm 
vergesellschaftet findet sich theils Aeppurites colliciatus Woodward 
und Hippurites cf. Archiaci, theils der Hippur:tes sulcatus Defrance. 
Douville hat für die Gosaubildungen der Alpen drei Hippuriten- 
horizonte aufgestellt. Dem tiefsten gehört der Hippurites gosaviensis 
an, darüber folgt das zweite Niveau des H. cornu vaccınum, sulcatus, 
Gaudryi etc. Die dritte Zone, welche von der zweiten durch lagunäre 
Bildungen getrennt ist, enthält den H. Oppeli, inaequwicostatus, sulcatus, 
collieiatus u. s. w. Ueberlagert werden diese letzteren Schichten z. B. 
bei Neuberg von Pachydiscus neubergicus Hauer, Scaphites constrictus 
u. 8. w. 

Wenn wir diese Eintheilung auf unser Gebiet anwenden, so 
sehen wir: 

Hippurites sulcatus Defr. findet sich sowohl in dem tieferen zwei- 
ten Hippuritenhorizont, als auch in den höheren dritten Hippuritex- 
horizont. Hippurites Archiaci ist bis jetzt nur aus den westlichen Kreide- 
provinzen bekannt gewesen, wo er in Schichten, die mit unserem 
dritten Hippuritenhorizont gleichalterig sind, angetroffen wurde. Unsere 
Exemplare sind jedoch von H. Gaudryi infolge des Fehlens der Ober- 
schale kaum zu trennen. Dieser entstammt aus dem zweiten Hippuriten- 
horizont der Alpen. 

Schliesslich ist Höppurites carinthiacus, der an allen Fundorten 
unserer Gebiete angetroffen wird, eine neu aufgestellte Species, aus 
diesem Grunde zur genauen Altersbestimmung ungeeignet. Da hilft 
vor allem die sichere Bestimmung des Hippurites colliciatus Woodward, 
der bis jetzt nur in dem dritten Hippuritenhorizont gefunden wurde. 
Wenn wir nun bedenken, dass Hippurites carinthiacus nov. sp. sowohl 

Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Bd., 4. Hft. (Dr. K. A. Redlich.) 86 


678 Dr. Karl A. Redlich. [16] 


mit colliciatus und sulcatus vorkommt, als auch mit sulcatus allein, so 
fallen die Zweifel, als hätten wir es mit zwei verschiedenen Hori- 
zonten zu thun, weg. Wir sehen in unserem ganzen Gebiete die 
Kreide in der Facies der Gosaubildungen entwickelt, freilich nur in 
ihren jüngsten Gliedern, das sind die Hippuritenkalke mit Hippurites 
eolliciatus Woodward, und darüber die Sandsteine mit Inoceramus 
Orispi und Pachydiscus neubergicus Hauer. 

Dass der petrographische Charakter in unserer Gegend bereits 
von den typischen Ablagerungen der Gosauschichten abzuweichen 
beginnt, hat seinen Grund einerseits in dem Fehlen der tieferen 
Glieder, andererseits in der Annäherung an die südliche Entwicklung 
der Kreide im Karst. 

Unsere Kalke, Sandsteine und Mergel sind eine Küstenbildung 
des südlichen Meeres, Sedimente, die in einer Bucht zwischen den 
bereits bestehenden Küsten des alpinen Festlandes abgelagert wurden. 
Wir treffen nur mehr das höchste Senon, während wir, gegen Süden 
vordringend, in immer ältere Schichten kommen, bis wir in Istrien 
und im Karst auf die tiefste Kreide stossen. Im Norden liegen Strand- 
bildungen, im Süden die Ablagerungen des tiefen Meeres. Wir sehen 
also das Meer zur Kreidezeit immer weitere Flächen bedecken, bis 
es endlich zur Zeit des Senon bis tief in die Alpen eindringt. 


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k. k. geologischen Reichsanstalt 1899, 49. Band. 


Liehtdruck von J. Löwy, Wien. 


Jahrbuch der 


Verlag der k. k., geologischen Reichsunstalt Wien, III, Rasumoilskyzasse 23. 


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Franz v. Hauer. 
Sein Lebensgang und seine wissenschaftliche Thätigkeit. 
Ein Beitrag zur Geschichte der österreichischen Geologie. 


Von Dr. Emil Tietze. 


(Mit einem Bildniss.) 


Einleitung. 


Es war ein Leben reich an Arbeit und geweiht durch seltene 
wissenschaftliche Erfolge, welches am 20. März 1899 seinen Abschluss 
fand, als der Tod Franz v. Hauer’s die österreichischen Geologen 
ihres Altmeisters beraubte und als der Mann für immer aus unserem 
Kreise schied, welcher der geologischen Forschung im Gesammt- 
gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie zuerst mit klarem 
Blick und glücklicher Hand die richtigen Bahnen gewiesen hatte, die 
Bahnen nämlich, auf welchen jene grosse Fülle positiver Erfahrungen 
gewonnen werden konnte, die heute den kostbarsten Schatz im Besitz- 
stande unserer Wissenschaft bilden, soweit eben die Kenntniss von der 
geologisch vielgestaltigen Beschaffenheit der Österreichischen Länder 
für diese Wissenschaft in Betracht kommt. 

Es war aber auch ein Leben, welches ungeachtet einzelner 
Bitternisse und Enttäuschungen, wie sie schliesslich fast Niemandem 
erspart bleiben, gelebt zu werden verdiente, eine Laufbahn, nicht 
nur belohnt durch jene reichen Erfolge, welche einen bleibenden 
Gewinn für die Wissenschaft bedeuten, sondern vielfach auch reich 
an offener Anerkennung, die wenigstens von der grossen Zahl derer 
nicht versagt wurde, die in der Lage waren, das Verdienst dieses 
Lebens mehr oder weniger zutreffend zu würdigen. 

Dieser Anerkennung, die dem Lebenden vielfach in vollem 
Masse gezollt wurde und die ihren grossartigsten Ausdruck gelegent- 
lich der Feier seines siebzigsten Geburtstages fand !), entsprach auch 
die herzliche und zumeist wahrhaft aufrichtige Theilnahme, welche 
bei dem Tode des verehrten Meisters sich kundgab, und unter den 
überaus zahlreichen Beileidskundgebungen, welche nach Verbreitung 
der Trauernachricht den Hinterbliebenen zukamen, gab es ausser- 
ordentlich viele, welche über das bei derartigen Veranlassungen ge- 
wöhnliche Mass conventioneller Höflichkeit weit hinausgingen. 


1) Siehe Annalen des naturhistorischen Hofmuseums VII. Bd. 1892, Notizen 
pag. 1—26. 
Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 86* 


680 Dr. Emil Tietze. [2] 


Solehen aus den verschiedensten Kreisen des In- und Auslandes 
stammenden Beweisen hoher Werthschätzung, welche Franz v. 
Hauer’s Persönlichkeit errungen hatte, schloss sich dann neuerdings 
eine weitere Ehrung an, welche dem Andenken des Verstorbenen von 
seinen früheren Mitbürgern erwiesen wurde; ich meine den ein- 
stimmigen Beschluss des Stadtrathes vom 6. October 1899, durch 
welchen die Stadt Wien dem verstorbenen Geologen ein Ehrengrab 
auf dem städtischen Centralfriedhofe widmete, wo er nunmehr seine 
letzte Ruhestätte finden wird, unfern von dem Ehrengrabe, welches 
die Reste des unvergesslichen Haidinger birgt, mit dessen. Wirk 
samkeit diejenige Hauer s so vielfach verknüpft war: 

Ziemlich zahlreich und theilweise relativ umfangreich sind end- 
lich auch die Nekrologe, welche über den Verblichenen sowohl in 
den Tagesblättern bald nach seinem Tode als später in verschiedenen 
(zumal inländischen) Zeitschriften erschienen sind. 

Wenn es sich also hier nur darum handeln würde, einen neuen 
Beweis für die Achtung zu erbringen, welche dem Namen des Ver- 
storbenen gezollt wird, so könnte der Versuch, den ich unternehmen 
will, ohne Weiteres unterbleiben, denn auf einen Nachruf mehr oder 
weniger kommt es angesichts der übrigen auf den gegebenen Fall 
Bezug habenden ehrenden Kundgebungen wohl nicht an. 

Auf den ersten Blick könnte es ja vielleicht überhaupt Manchem 
überflüssig vorkommen, dass in den folgenden Seiten nochmals ein 
Lebensabriss Hauer’s vorgeführt werden soll, wobei unvermeidlich 
verschiedene Angaben wiederholt werden müssen, die schoen ander- 
wärts mitgetheilt wurden. Indessen ist wohl nicht zu übersehen, dass 
diese anderen Orts veröffentlichten Mittheilungen sich naturgemäss 
auf die allgemeine Würdigung der Verdienste des Genannten be- 
schränken, dass es demnach an einer Darlegung noch fehlt, welche 
auch den mit dem Entwicklungsgange der österreichischen Geologie 
weniger Vertrauten die Thatsachen selbst ins Gedächniss riefe, 
auf welche jene Würdigungen sich stützen dürfen. Ueberdies scheint 
es doch geziemend und der Bedeutung des Mannes angemessen, wenn 
auch in den Schriften der geologischen. Reichsanstalt, welche durch 
nunmehr ein halbes Jahrhundert hindurch der publieistische Mittel- 
punkt der sich an Hauer’s Thätigkeit anschliessenden geologischen 
Forschung in Oesterreich gewesen sind und in denen viele seiner 
grundlegenden Arbeiten zum Abdruck gebracht wurden, eine etwas 
ausführlichere Darstellung seines Lebens und speciell jener Thätigkeit 
der bleibenden Erinnerung an den heimgegangenen Patriarchen der 
österreichischen Geologen gewidmet wird.- Der zwar gehaltvolle, aber 
doch verhältnismässig kurze Nachruf, den die Verhandlungen: der 
geologischen Reichsanstalt unmittelbar nach dem Tode Hauer’s aus 
der Feder Vacek’s brachten !), wies auch bereits auf eine derartige 
ausführlichere Darstellung für einen späteren Zeitpunkt hin. 

Es ist mir zugefallen, diese Darstellung zu verfassen, wenn ich 
auch aufgehalten durch eine Reihe anderer Verpflichtungen . erst 
ziemlich eo dazu gelangen konnte, damit ernstlich zu beginnen. Ich 


1) Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1899, pag. 120. 


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[3] Franz v. Haner. 681 


konnte vielleicht auch überhaupt Bedenken tragen, mich gerade in 
diesem Falle auf einen solchen Versuch einzulassen, insofern meine 
verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Verstorbenen unter Um- 
ständen zu Missdeutungen bezüglich meiner Unbefangenheit in dem 
einen oder andern Punkte Gelegenheit geben könnten. Doch glaubte 
ich nach reiflicher Ueberlegung, mich über solche Bedenken hinweg- 
setzen zu dürfen, indem ich hoffe, durch eine vornehmlich auf That- 
sachen und literarische Belege gestützte Behandlung des in Betracht 
kommenden Materials vor jener Gefahr gesichert zu sein. So über- 
nehme ich es denn schliesslich nieht ungern, der an mich gerichteten 
Aufforderung Folge zu leisten und glaube damit nicht blos einer Pflicht 
der Pietät gegen den Verstorbenen nachzuhandeln, sondern auch in 
gewissem Sinne. einem Bedürfniss seiner Freunde und namentlich der 
Fachgenossen zu entsprechen, welchen eine eingehendere Uebersicht 
des Lebens und Wirkens Franz v. Hauer's nicht unerwünscht 
sein dürfte. | | 

In: mancher Hinsicht, nämlich, wie schon oben angedeutet, im 
Hinblick auf einige unvermeidliche Wiederholungen des bereits ander- 
wärts Gesagten mag meine Aufgabe allerdings keine ganz dankbare 
sein. Dies gilt namentlich ‚bezüglich der rein äusserlichen Lebens- 
umstände des Verstorbenen, deren Hauptmomente in allen mir zu- 
gänglich gewordenen, denselben betreffenden Nekrologen schon hervor- 
gehoben wurden. Doch scheint es, da am Ende nicht jeder Leser 
jene Nekrologe zur Hand hat, nicht wohl thunlich, in dieser Schrift 
von der Erwähnung jener Lebensumstände ohne Weiteres abzusehen, 
Ueberdies hängen die‘verschiedenen Phasen der wissenschaftlichen 
Entwicklung und Thätigkeit des Meisters, wie das ja kaum anders 
gedacht werden kann, mit dem sonstigen Lebensgange desselben so 
vielfach zusammen, dass es schon deshalb wünschenswerth ist, auf jene 
Erwähnung nicht zu verzichten. Endlich ist hier vielleicht auch manche 
anderwärts: nicht. erwähnte Thatsache- vorzubringen, die den Einen 
oder den Anderen.:interessiren könnte, und manche Betrachtung an- 
zustellen, durch welche ein Streiflicht auf Beziehungen fällt, die sonst 
schwerer verständlich ‘sein würden ?). Immerhin soll die Besprechung 
aller dieser Umstände.nur einen verhältnissmässig kleinen Raum im 
ersten Theil der folgenden Schrift einnehmen. | 

‘ In anderer Himsicht‘ jedoch, das ist im Hinblick auf die wissen- 
schaftliche Wirksamkeit und die unmittelbaren Leistungen Franz v. 
Hauer’s erschien es in hohem Grade anziehend, einen nochmaligen 
Rückblick auf das Leben eines Mannes zu werfen, dessen Beziehungen 
zur Entwicklung der naturforschenden und speciell der geologischen 
Bestrebungen in Oesterreich so unerschöpflich mannigfaltige sind, dass 
die inhaltsreichen Worte allgemeiner Anerkennung, mit welchen ver- 


1) Am eingehendsten hat August Böhm v. Böhmersheim (Abhandl. d. 
geogr. Ges. in Wıen. 1. Heft 1899) gerade bezüglich des äusseren Verlaufes das 
Leben Hauer’s geschildert, und da ich in manchen Punkten einfach auf diese 
Schilderung verweisen könnte, werde ich mich in solchen Fällen etwas kürzer 
fassen. Anderes wird hier genauer mitgetheilt werden, so dass das Verhältniss 
der Böhm’schen Arbeit zu der meinigen ein solches gegenseitiger Ergänzung 
sein wird. 


682 Dr. Emi) Tietze. [4] 


schiedene Fachgenossen und Andere das Andenken des Meisters ge- 
ehrt haben, in jedem Fall noch zalılreiche ergänzende Betrachtungen 
zulassen können. Insbesondere aber besteht die Verlockung auf Einzel- 
heiten der geologischen Errungenschaften Hauer’s einzugehen, aus 
denen seine Bedeutung als Gelehrter vielleicht noch klarer hervor- 
geht als aus allgemeinen, unter dem ersten Eindruck einer Todes- 
nachricht ausgesprochenen Urtheilen, bei welchen der Fernerstehende 
oft nicht abzuwägen im Stande ist, was dabei auf Rechnung einer 
kritisch wissenschaftlichen Ueberzeugung kommt und was Stimmungen 
oder Empfindungen zuzuschreiben ist, wie sie durch den Abschied 
von einer bedeutenden Persönlichkeit unwillkürlich hervorgerufen zu 
werden pflegen. Die Besprechung jener Errungenschaften im zweiten 
Theil der folgenden Schrift wird sich deshalb einigermassen umfang- 
reich gestalten. 

Trotzdem muss ich mich hierbei wie überhaupt in dem Folgenden 
auf die Ausführung der mir wesentlich scheinenden Punkte beschränken. 
Manches kann nur summarisch behandelt, Anderes nur angedeutet 
werden. Denn eine auch nur halbwegs erschöpfende Darstellung des 
Entwicklungsganges Hauer’s und seiner Verdienste um die Geologie 
zu geben, das von ihm unmittelbare Geschaffene zusammenzufassen, 
den Einfluss abzuwägen, den er auf die Leistungen Anderer genommen 
und auch umgekehrt festzustellen, wie viel er in diesem oder jenem 
Falle seinen Mitarbeitern verdankt, das hiesse eine Geschichte der 
österreichischen Geologie in den letzten 53 Jahren schreiben. Es 
gibt ja eben Niemanden, der mit dieser Geschichte durch jenen langen 
Zeitraum hindurch so innig verwachsen gewesen wäre als gerade 
Franz v. Hauer. 

So dankenswerth jedoch eine derartige historische Darstellung 
sein würde, wenn sie vom Geiste einer richtigen Geschichtschreibung 
durchdrungen, das heisst wahrhaft und kritisch, dabei unter An- 
erkennung jedes echten Strebens abgefasst wäre, so zeitraubend 
würde das Unternehmen einer solchen Arbeit sein, und selbst wenn 
ich den vollen Beruf dazu besitzen oder doch wenigstens in mir 
fühlen würde, könnte ich einer darauf bezüglichen Anregung im Hin- 
blick auf anderweitige Ansprüche an meine Zeit nicht nachkommen. 
Doch hoffe ich immerhin, dass der betreffende Theil meiner Aus- 
führungen einen vielleicht nicht ganz unbrauchbaren Beitrag zu jener 
Geschichte darstellen kann. 

Durch die bis jetzt fehlende und am Schlusse dieses Aufsatzes 
abzudruckende Zusammenstellung der Arbeiten Hauer’s gedenke 
ich ferner einen bibliographisch verwerthbaren und damit auch ander- 
weitig nützlichen Behelf für die Beurtheilung des Verstorbenen und 
seiner bis in das späteste Greisenalter fortgesetzten Thätigkeit bei- 
zubringen. 


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[5] Franz v. Hauer, 683 


Der Lebensgang Hauer’s. 


Franz Ritter v. Hauer entstammte einer ziemlich alten 
Wiener Familie, welche, wie der Name!) und gewisse Embleme des 
Hauer’schen Familien-Wappens andeuten, ursprünglich Weinbau be- 
trieben haben mag. Einem wohl älteren Zweige derselben gehörte bei- 
spielsweise der Franz Joseph (nach anderen Franz Johann) Hauer 
an, welcher in den Jahren 1721—1725 und 1727—1729 Bürgermeister 
von Wien war und 1752 in den Adelstand erhoben wurde 2). 

Zu den am frühesten bekannten Mitgliedern des uns hier näher 
interessirenden Zweiges der Familie gehören Michael und Andreas 
Hauer, von denen der erstere gelegentlich der Belagerung Wiens 
durch die Türken im Jahre 1683 sein Vermögen für seine Vaterstadt 
opferte, während Andreas bei der Vertheidigung der Löwelbastei 
durch eine türkische Falconetkugel seinen Tod fand. Michael war 
im Jahre 1679 zum Waagmeister der Stadt Wien bestellt worden 
und hat in dieser Stellung, die er durch mehr als 30 Jahre beklei- 
dete, sich grosse, noch später bei Verleihung des Adels an seine 
Söhne besonders betonte Verdienste erworben. Ihm verdankte man 
unter Anderem die Einführung eines einheitlichen Gewichtes für das 
Erzherzogthum Oesterreich. Die Waage im Hauer’schen Wappen 
erinnert an diesen Umstand. 

Zwei Söhnen Michael’s, namens Michael Joseph und 
Joseph Martin, die bei dem Wiener Stadt- und Landgericht als 
Schrannenschreiber?) dienten, wurde 1751 der Adelsstand verliehen, 
während ein Neffe der vorigen und Enkel Michael’s, namens Carl 
Joseph, 1761 in den Ritterstand erhoben wurde. 

Carl Joseph v. Hauer, der für das Verpflegswesen der 
österreichischen Armee Hervorragendes geleistet und in 14 Feld- 
zügen dem Staate gedient hatte, erfreute sich nebst seiner Familie 
der besonderen Gunst der Kaiserin Maria Theresia. Er starb als Hof- 
kriegsrath 1780. Seiner Ehe mit Juliana Kalhammer v. Raunach 
entsprossen 13 Kinder. Unter seinen Söhnen ist der älteste, namens 
Ferdinand (obwohl noch in jungen Jahren gestorben), als Rechts- 
gelehrter bekannt geworden, ein anderer, Anton (später General) 


!) Hauer oder Weinhauer werden in Niederösterreich die Leute genannt, 
welche in den Weinculturen arbeiten. 

?) Das Wappen der beiden ursprünglich als verwandt gedachten Zweige 
zeigt mehrfache Verschiedenheiten. Vergl. Wurzbach’s biographisches Lexikon 
d. Kaiserthums Oesterreich, 8. Theil. Wien 1862, pag. 56. Den betreffenden Nach- 
weisen bei Wurzbach |. c. pag. 55—63 über die Edlen, Ritter und Freiherrn 
v. Hauer, sind überhaupt die hier gemachten Angaben über die Familie Hauer's 
im Wesentlichen entnommen. Auch die im Besitze der Familie befindlichen Papiere 
(Adelsdiplome u. dergl.) wurden hierbei verglichen. Mehrere der angeführten Daten 
finden sich auch in dem Nekrologe erwähnt, den Freiherr v. Hingenau nach 
dem Ableben Joseph’s v. Hauer, des Vaters Franz v. Hauer's, jenem Staats- 
manne widmete. (Joseph Ritter v. Hauer, biographische Skizze von Otto Freih. 
v. Hingenau, Oberbergrath und Professor an der Universität zu Wien, Wien 
1863, Sep.-Abdr. aus der „Wiener-Zeitung“ vom 8. Februar 1863.) 

3) Eine Art Gerichtsbeisitzer. Das alte Wort Schranne bedeutet einen Ort, 
wo etwas verhandelt wird (vergl. Brockhaus, Conversationslexicon). 


684 Dr. Emil Tietze. [6] 


hat sich in der von ihm gewählten militärischen Laufbahn ausge- 
zeichnet und wurde in.den Freiherrnstand erhoben gleich seinem 
Bruder Franz Seraph, welcher von 1815 an durch etliche Jahre 
Landesgouverneur von Galizien war -und in dieser Stellung sich 
orosser Beliebtheit erfreute)... Der ‘vierte der ‘Söhne ‘des Carl 
Joseph, der spätere geheime Rath und Vicepräsident der k. k: Hof- 
kammer, Joseph v. ana t (geb. 1778, gest. :1863, verheirathet 
seit 1814 mit Therese v. Dürfeld), widmete sich ebenfalls“ (dem 
Staatsdienste und ist vielfach auch als staatswissenschaftlicher Schrift- 
steller hervorgetreten. Er ist der Vater des Geologen, ‘mit welchem 
sich der gegenwärtige Nekrolog beschäftigt und in seinem Hause er- 
hielt der Sohn die ersten Anregungen zu der Laufbahn, ‚die derselbe 
später mit so grössem Erfolge betreten sollte. 

Joseph v. Hauer, der während der napolsöniechen Kriegs- 
jahre mannigfache Gelegenheit gefunden hatte, sich durch ‘seinen 
Eifer auszuzeichnen, erhielt unter anderem im Jahre 1809 'den' Auf- 
trag, das Wichtigste aus den Wiener Archiven und: Sammlungen vor den 
anrückenden Franzosen in Sicherheit zu bringen, wobei er in Beglei- 
tung Schreibers’, des damaligen Vorstandes der Hof- Naturalien- 
Sammlungen bis Temesvar reiste. Auf dieser Reise scheint derselbe 
zuerst Berührungspunkte mit naturwissenschaftlichen Studien gefunden 
zu haben, die er dann zu seinem Vergnügen weiter trieb. Später machte 
er die Bekanntschaft von Partsch und Ami Boue&, trat in Be- 
ziehungen zu Graf Münster und d’-Orbigny, wodurch seine beson- 
dere Vorliebe für Palaeontologie geweckt wurde. Er legte Sammlungen 
an, welche besonders die Fossilien des Wiener Beckens umfassten, 
und ihm verdankt man auch die erste Entdeckung der Foramini- 
feren im Wiener Tertiär, die dann d’ en in einer 
Monographie (1846) beschrieb ?). 

Es ist augenscheinlich, dass die isserischftlichen Lisbhebereien 
des Vaters einen bestimmenden Einfluss auf den Sohn ausgeübt haben 
und dass Franz v. Hauer auf diese Weise schon frühzeitig nicht 
allein Neigung bekam, sich mit ähnlichen Dingen zu befassen, sondern 
dass er auch schon im elterlichen Hause sich vielfach Kenntnisse 
erwarb, die ihm später, zum mindesten für den Anfang seiner palaeonto- 
logischen Studien sehr zu statten kamen. 

Franz v. Hauer war am 30. Jänner 1822 als der dritte Sohn 
des genannten Joseph v. Hauer geboren. Seine Schulbildung genoss 
Franz 1828—1831 als Privatist ?) der Normalhauptschule bei St. Anna, 


F Die Erinnerung an ihn ist, nebenbei bemerkt, auch in der Grube yon 
Wieliczka erhalten. Die Hauerstrecke des dritten Grubenhorizontes daselbst führt 
nach ihm den Namen, nicht wie man fälschlich meinen könnte, nach dem Geologen. 


4) Vergl. über Joseph v. Hauer ausser den Angaben, die sich bei Wurz- 
bach und in dem eitirten Nekrolog desselben von Hingenau finden, noch den 
ihm von Haidinger gehaltenen Nachruf im Jahrbuch der geol. Reichsanstalt 

1863 (Verhandl. pag. 97), sowie die in Paris (rue Richelieu 85) verlegten Archives 
historiques, bezüglich die extraits des inscriptions historiques et heraldiques etc., 
wo ein 46 Druckseiten langer Artikel über Jos. v. Hauer erschien, dessen Separat- 
Abdruck augenscheinlich aus dem Jahre 1852 oder 1853 stammt. 


°?) So hiess und heisst zum Theil noch ein Zögling, der häuslichen Privat- 
unterricht erhält, aber jeweilig an der betreffenden Schule geprüft wird. 


[7] Franz v. Hauer. 685 


später 1832—1837 am Gymnasium bei den Schotten (schottischen 
Benedictinern) in Wien. 1838—1839 betrieb er philosophische Studien 
an der Universität in Wien, bezog aber bald darauf die damals in 
besonders hoher Blüthe stehende Bergakademie in Schemnitz, wo 
er vom October 1839 bis zum März 1843 sich zum Montanisten 
ausbildete. Am 7. Mai 1843 wurde er der Bergverwaltung in Eisen- 
erz zur Verwendung zugetheilt, aber schon am 29. September des- 
selben Jahres zu den Vorlesungen über Mineralogie einberufen, 
welche Haidinger in dem damaligen montanistischen Museum ab- 
zuhalten begonnen hatte. Am 5. Jänner 1844 erfolgte sodann seine 
Vereidigung für den Staatsdienst. Am 27. Mai 1846 wurde Hauer, 
um sein Bleiben in Wien zu ermöglichen, der damaligen Central- 
bergbaudirection zugewiesen, so dass er am 30. Juli 1846 zu Hai- 


.dinger’s Assistenten am Museum ernannt werden konnte. 


Hier hatte er am 10. December 1844 Vorlesungen über Palaeon- 
tologie zu halten begonnen, die ersten dieser Art, die in Oesterreich 
überhaupt stattfanden. Wenn Eduard Suess in der Rede, welche er 
bei der Beerdigung Hauer’s an dessen Grabe hielt, sich als Schüler 


des Letzteren bekannte, so bezog sich das eben auf diese Vorlesungen, 


durch welche der Erstgenannte zuerst in ein Fach eingeführt wurde, 
in welchem derselbe später unter so ausserordentlicher Anerkennung 
zu wirken berufen war. Im Nachlass Hauer’s fanden sich noch Theile 
des Manuscriptes vor, welches für den Zweck jener Vorlesungen zu- 
sammengestellt worden war. Das betreffende Manuscript hätte damals 
als ein Leitfaden der Palaeontologie im Druck erscheinen sollen, 
Hauer fand aber dafür in Wien keinen Verleger, was, wie mir 
scheint, recht drastisch die Schwierigkeiten kennzeichnet, mit denen 
in jener Zeit die jungen Wissenschaften der Geologie und Palaeonto- 
logie wenigstens in Oesterreich noch zu kämpfen hatten. 

| Die Verbindung mit Haidinger war entscheidend für Hauer’s 
spätere Laufbahn. 

Die Bedeutung Haidinger’s beruhte ja keineswegs allein auf 
dessen selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten, die sich gleich denen 
seines Vorgängers am montanistischen Museum (des berühmten Mohs), 
vornehmlich auf dem Felde der Mineralogie bewegten: diese Be- 
deutung gab sich vor Allem kund in einer ebenso energischen als 
erfolgreichen Einflussnahme zu Gunsten aller naturwissenschaftlichen 
Bestrebungen, die damals eben in Oesterreich noch wenig gepflegt 
wurden, so sehr auch einzelne Naturforscher sich hier um ihr jeweiliges 
specielles Fach schon verdient gemacht haben mochten. Die Inschrift 
auf dem Ehrengrabe Haidinger’s bezeichnet diesen deshalb mit 
Recht als den Begründer des naturwissenschaftlichen Lebens in 
Oesterreich !). 

Dieser Mann war überdies einer der ersten, die in Oesterreich 
die Coalition wissenschaftlicher Kräfte zu gemeinsamem Wirken 
als dringendes Postulat der Zeit erkannten — und „er war der erste, 


1) Vergl. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1892, pag. 213—214, wo ich einen 
Bericht über die Beisetzung Haidinger's in jenem Grabe und eine dabei von 
Franz v. Hauer gehaltene Ansprache mitgetheilt habe. 

Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. lleft (Dr. E. Tietze) 87 


686 Dr. Emil Tietze. [8] 


der ihre Anerkennung gegen die schwersten Bedenken der Polizei- 
staatsweisheit durchsetzte“ )). 

Die lebhafte Bewegung, welche die Thätigkeit Haidinger’s 
hervorrief, die wohlwollende Aufmunterung, die derselbe allen den 
jüngeren Leuten zutheil werden liess, die sich in seiner Nähe mit natur- 
wissenschaftlichen Studien beschäftigten, machte es wünschenswerth, 
einen Boden zu schaffen, auf welchem die strebsamen Talente ihre 
Kräfte bethätigen konnten. Es bestand damals in der ganzen Monarchie 
kein Verein, der die Wissenschaft um ihrer selbst willen gepflegt 
hätte, wie Haidinger sich später in einer seiner rückblickenden 
Schriften ausdrückte 2): „Wie in unfreiwilliger Scheu vor reiner Wissen- 
schaft bezog sich alles, was verhanden war, lediglich auf Anwen- 
dung wissenschaftlicher Kenntnisse.“ Die k. k. Landwirtschaftsgesell- 
schaft, die k. k. Gartenbaugesellschaft, die Gesellschaft der Aerzte, 
der niederösterreichische Gewerbe-Verein und einige ähnliche kleinere 
Provinzialvereine, das war so ziemlich alles, was damals an Vereinen 
existirte, an denen sich wissenschaftliche Männer hätten betheiligen 
können. Die meiste Geltung in dieser Hinsicht durfte zweifellos noch 
die bereits von Ignaz v. Born ins Leben gerufene böhmische Gesell- 
schaft der Wissenschaften in Prag beanspruchen, allein auch diese 
konnte naturgemäss in ihrer Isolirung nur eine beschränkte Thätigkeit 
entwickeln. 

Dem Forscher in Oesterreich blieb in jener Zeit die Anregung 
des Verkehrs mit Fachgenossen versagt, ganz abgesehen davon, dass 
auch die wissenschaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich und 
dem Auslande nicht gerade erleichtert wurden®). Ausser den Lehr- 
sälen gab es kein Forum, an dem ein Gelehrter hätte Fachvorträge 
halten können und es gab namentlich auch nirgends eine geeignete 
Zeitschrift für grössere naturwissenschaftliche Publicationen. Deshalb 
musste ja beispielsweise auch die erste grössere Arbeit, mit der Franz 
v. Hauer im Jahre 1846 hervortrat (die Beschreibung der Hallstätter 
Cephalopoden aus der Sammlung des Fürsten Metternich), ganz 
selbständig gedruckt werden und ihr Erscheinen wurde nur durch die 
Munificenz des Fürsten Metternich selbst ermöglicht, denn ein 
Verleger hiefür hätte sich sicherlich noch schwerer gefunden als für 
den oben erwähnten Leitfaden der Palaeontologie, dessen Manuseript 
Hauer in seiner Schublade behalten musste. 

Da galt es, Luft und Raum zu schaffen, und gerade die Schwierig- 
keiten, die Hauer beider Absicht, publieistisch hervorzutreten, fand, 
dürften es diesem selbst besonders nahe gelegt haben, nach einer 
Form zu suchen, in welcher die betreffenden Bedürfnisse zunächst 


!) Vergl. Becker’s Nachruf in den Mittheilungen der k. k. geographischen 
Gesellschaft, “Wien 1871, pag. 257. 


?) Der 8. November 1845, Schreiben Haidinger's an Ed. Döll, in are 
Decemberhefte der Zeitschrift: „Die Realschule“, Wien 1870. 


’) Vergl. dazu beispielsweise Gustav Laube, Die Fortschritte auf dem 
Gebiete der beschreibenden Naturwissenschaften in Oesterreich während der letzten 
25 Jahre. Vortrag, a am 7. Mai 1874 beim 25jährigen Jubiläum des „Lotos*“ 
in Prag. Auch F. Hauer's Rede über die Pflege der Geologie in Oesterreich 
(Wien 1861) enthi al Hinweise auf die unerfreulichen Zustände in jener Periode. 


[9] Franz v. Hauer, 687 


wenigstens theilweise zu befriedigen wären. Er regte daher in dem 
Kreise der Jünger Haidinger’s den Gedanken einer Vereinigung 
an und diese Vereinigung trat am 8. November 1845 unter dem 
Namen der „Freunde der Naturwissenschaften“ zum ersten Male im 
montanistischen Museum zusammen. Vorbesprechungen in dieser Hin- 
sicht hatten in dem bescheidenen „Bierlocal zum rothen Säbel auf 
der hohen Brücke“ stattgefunden, welches zwischen den damaligen 
Wohnungen Hauer’s und des Chemikers Adolf Patera gelegen 
war. Diese beiden unter Zurechnung von Moritz Hoernes bildeten, 
wie Haidinger sich ausdrückt), den eigentlichen ersten Kern der 
Vereinigung, und es war vor Eröffnung der Vorlesung Haidinger’s 
am 8. November 1845, dass Hauer demselben „das Anliegen vor- 
trug, mehrere jüngere Freunde der Naturwissenschaften, Natur- 
forscher, Aerzte, Montanistiker, wünschten wiederkehrende Ver- 
sammlungen* in den Räumen des Museums abzuhalten. Haidinger 
gewährte diese Bitte, nahm jedoch an der ersten. an demselben Tage 
stattfindenden Versammlung nicht theil, „um den jungen Männern das 
Gefühl der Unabhängigkeit in der Entwicklung zu wahren.“ Bei der 
zweiten Versammlung am 22. November war er indessen anwesend 
und trat von nun an an die Spitze des Vereines, dessen Interessen 
mit kräftiger und geschickter Hand allseitig fördernd. 

Wenn auch die Bestrebungen der jungen Leute, die zu einem 
Act der Selbsthilfe geschritten waren, anfänglich von mancher Seite 
belächelt oder sogar missdeutet wurden ?), der Verein blühte und 
gsedieh. In ihm pulsirte ein frisches, nach Bethätigung geistiger Kräfte 
strebendes Leben ; durch seine Versammlungen, sowie auch durch seine 
Publicationen war endlich ein Mittelpunkt für die damaligen Natur- 
forscher in Wien, wenigstens für die jüngeren geschaffen. Hier lag 
der Keim, aus dem sich dann -in immer neuen Trieben und Ge- 
staltungen noch durch Decennien hindurch sowohl ein intensives 
wissenschaftliches Streben im strengeren Sinne als auch ein reges, der 
Popularisirung der Wissenschaft gewidmetes Vereinsleben entfaltete. 

Dass speciell die Gründung der geologischen Reichsanstalt mit 
dem durch die „Freunde der Naturwissenschaften* gegebenen Im- 
pulse zusammenhing, ist noch vielfach der älteren Generation be- 
kannt, in Vergessenheit geräth nur allmälig der massgebende Antheil, 
den die betreffenden Männer bei der späteren Entstehung so mancher 
wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereine hatten, deren Wegfall 
eine empfindliche Lücke in dem heutigen wissenschaftlichen Leben 
bei uns bedingen würde. Nicht ohne Grund hat man sogar vermuthet, 


!) Vergl. Haidinger's Schrift: „Das k. k. montanistische Museum in den 
Jahren 1840—50*, Wien 1869 pag. 72—76. 

2) Wie ich aus handschriftlichen Aufzeichnungen Haidinger's ersehe, 
glaubte derselbe Grund zu der Annahme zu haben, dass man jene Bestrebungen 
nicht blos geringschätzte, sondern theilweise sogar für „Demonstrationen“ hielt, 
wıe sin Baron Pillersdorf gegen Schrötter, den nachmaligen Generalsecretär 
der Akademie, ausdrückte, „während sie doch wahrlich ernst und nicht Komödie 
waren*, wie Haidinger bekräftigt. Vergl. dazu auch Verh. d. k. k. geol. R.-A. 
1869, pag. 323, wo sich Hauer über die ungünstige Meinung äusserte, welche 
von manchen Gelehrten, die sich „ihrer isolirten Höhe“ freuten, sowie von den 
Behörden dem Verein entgegengebracht. wurde. 

87* 


688 Dr. Emil Tietze. [10] 


dass auch die 1847 erfolgte (vorher Jahre lang verzögerte) Gründung 
der kais. Akademie der Wissenschaften!) durch das Aufblühen einer 
Vereinigung beschleunigt wurde, die in Ermangelung eines anderen 
Attractionspunktes geeignet schien, das Interesse der Wissenschafts- 
freunde zu absorbiren und schlummernde Kräfte zu wecken. 


Mit Recht konnte es jedenfalls Franz v. Hauer „zu den be- 
deutsamsten Erinnerungen“ seines Lebens zählen ?), dass die Anregung 
zu jener Vereinigung von ihm ausgegangen war, und dass damit, wie 
er sieh ausdrückte, „die ersten schüchternen Anfänge zu einer 
Aenderung“ der vorher für den Fortschritt der Naturwissenschaften 
in Oesterreich hemmenden Verhältnisse gemacht wurden. Das Ver- 
dienst der damaligen Vorkämpfer für diese Wissenschaftszweige be- 
stand eben nicht allein in den direceten Ergebnissen ihrer Forschung, 
sondern auch ganz wesentlich in der Herstellung der Möglichkeit, 
zu forschen und jene Ergebnisse zu verwerthen, sowie darin, dass all- 
mälig immer weitere Kreise für derartige Forschungen interessirt 
wurden. Und all jenes Verdienst war ein solches „freiwilliger Arbeit“, 
wie Haidinger es ganz bezeichnend genannt hat. Officielle Mittel 
für die entstandenen Auslagen waren nicht flüssig, das erforderliche 
Geld, namentlich die nicht unbeträchtlichen Summen für die Publi- 
cationen wurden durch Subscriptionen aufgebracht, eine Entlohnung 
der geleisteten Arbeit gab es nicht und Hauer hat sogar einmal eine 
zeitlang lieber auf das ihm in seiner Eigenschaft als Bergpraktikant 
zukommende Taggeld verzichtet, als dass er seine Thätigkeit im 
montanistischen Museum und dem dort gewonnenen Freundeskreise 
aufgegeben hätte ?®). 


Eigenthümlicherweise bestand übrigens die Vereinigung der 
„Freunde der Naturwissenschaften* einige Jahre hindurch ohne ge- 
setzliche Anerkennung. Eine bereits zum Druck vorbereitete Schrift, 
welche die historische Entwicklung und den Plan des Vereines be- 
sprach, sowie die Statuten desselben enthielt, wurde durch die da- 
malige Censurbehörde im Jahre 1846 gestrichen. Bei Besprechung 
dieses Vorganges und der Zustände, die seinen Hintergrund bildeten, 
schrieb später Haidinger®): „Unabhängige Geistesäusserungen, selbst 
in gesetzmässiger Form, gelangten schwierig in die Oeffentlichkeit, 
vielleicht bereits aus zarter Rücksicht gegen die in stiller Vor- 


!) Hierüber hat A. v. Böhm in seiner Schrift „Zur Erinnerung an Franz 
v. Hauer“ eine sehr ansprechende Auseinandersetzung geliefert (l. e. pag. 104 
bis 108). Es war gewiss eine Verkennung der Thatsachen, wenn einst in einem 
(von Littrow übrigens brillant geschriebenen) Commissionsberichte der Akademie 
(Almanach 1869, pag. 57) behauptet wurde, es habe vor der Gründung dieser 
Körperschaft „in Oesterreich an allen seiöntifischen Mittelpunkten gefehlt“. Hauer 
selbst hat dies bereits richtig gestellt (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1869, pag. 324). 

°) Siehe Monatsblätter d. Wiss. Ciıb in Wien 1892, pag. 63, sowie Annalen 
d. nat. Hofmus. 1892 den Bericht über Hauer's siebzigsten Geburtstag, pag. 24. 

°) Das k. k. montanistische Museum, 1. c. pag. 66 u. 67. In der darauf 
bezüglichen an Hauer gestellten Zumuthung erblickte Haidinger „ein wahres 
Tadelsvotum“ für sich und seinen jungen Freund, und er sah darin einen Beweis 
der Geringschätzung gegenüber wissenschaftlichen Bestrebungen. 

‘) Das montanistische Museum, pag. 95. 


en | 


[11] Franz v. Hauer. 689 


bereitung eben werdende Akademie, die eigentlich immer den Ein- 
druck einer über den Häuptern schwebenden Gewitterwolke ver- 
ursachte.“ Die officielle Genehmigung für die Gründung des Vereines 
erfolgte erst im Bewegungsjahre 1848 am 18. Juli. 

Inzwischen war durch die am 14. Mai 1847 erfolgte Gründung !) 
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften entsprechend dem 
allgemeinen Wirkungskreise derselben auch ein officielles Centrum 
für die naturwissenschaftlichen Forschungen mitgeschaffen worden, 
wobei im Sinne der damaligen Staatskunst vielleicht die Erwägung 
mitspielte, dass die betreffenden Bestrebungen durch eine in ihrem 
Wesen naturgemäss gemessene Körperschaft und unter officieller 
Patronanz leichter geregelt werden könnten als bei einer sich selbst 
überlassenen Entwicklung. Haidinger ward in die neu constituirte 
Akademie berufen und Franz v. Hauer gehörte zu den ersten 
von derselben gewählten correspondirenden Mitgliedern ?). 

Nachdem durch diese mit grösseren Mitteln für Subventionen und 
Veröffentlichungen ausgerüstete Schöpfung verschiedene Zweige der 
Naturwissenschaften eine für ihre nächsten Bedürfnisse ausreichende 
staatliebe Unterstützung gefunden hatten, konnte der Kreis von 
Männern, die sich um das montanistische Museum gesammelt hatten, 
den Schwerpunkt seiner Thätigkeit mehr und mehr in die mit Geo- 
logie und Mineralogie zusammenhängenden Bestrebungen verlegen. Es 
lag das um so näher, als ja die Führer dieses Kreises speciell solchen 
Bestrebungen oblagen. Diese Concentrirung und die, wie theilweise 
später noch näher gezeigt werden wird, unleugbaren Erfolge, welche 
serade in dieser Richtung erzielt wurden, konnten dann leicht dazu 
anregen, auch diesen specialisirten Bestrebungen eine selbständige 
officielle Gestalt zu geben. Die Form des montanistischen Museums 
reichte dazu nicht mehr aus, ein Staatsinstitut mit entsprechend ver- 
srössertem Wirkungskreise, das heisst mit Mitteln für Untersuchungen 
und für Bekanntmachung derselben musste geschaffen werden, und 
so entstand die geologische Reichsanstalt. 

Auch die Akademie der Wissenschaften wirkte indirect bei 
diesem Vorgange mit, indem sie auf Antrag Haidinger’s bereits 
in einer ihrer ersten Sitzungen (9. December.1847) an Franz v. 
Hauer und Moritz Hoernes eine Subvention bewilligte, um bei 
einer Reise nach Deutschland, Frankreich und England Studien über 
geologische Landesaufnahmen zu machen. Die Berichte, welche dann 
über diese Studienreise veröffentlicht wurden, trugen jedenfalls ganz 


!) Die wirkliche Constituirung dieser Körperschaft erfolgte allerdings erst 
im Herbste jenes Jahres (vergl. Huber, Geschichte d. kais. Akad. d. Wissensch. 
Wien 1897, pag. 66 und Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1869, pag. 324). 

‘) Er erscheint als der Zweite in der Liste derer, welche am 1. Februar 
1848 dazu ernannt wurden (siehe Almanach d. Akad.). Mit seinem Tode ver- 
schwand der letzte Ueberlebende, der aus der Zeit der Gründung der Akademie als 
deren damaliger Angehöriger noch übrig war. Ordentliches Mitglied der Akademie 
wurde Hauer übrigens erst im Jahre 1860 (gewählt 26. Mai, ernannt 17. Nov.), 
obwohl Haidinger schon einige Jahre vorher versucht hatte, die Stimmen der 
Akademiker für ihn zu gewinnen (vergl. Haidinger’s als Manuscript gedrucktes 
„Sendschreiben an die hochverehrten zur Wahl 1857 versammelten wirklichen 
Mitglieder der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien“, Wien 1857). 


690 Dr. Emil Tietze. [12] 


wesentlich dazu bei, auch für Oesterreich den Beginn derartiger 
Aufnahmen wünschen zu lassen. Der Versuch Haidinger’s, den 
damaligen, allerdings sehr primitiven Stand der geologischen Kennt- 
nisse betreffs der österreichisch - ungarischen Monarchie in einem 
Kartenbilde zusammenzufassen, kann ebenfalls als ein vorbereitender 
Schritt in dieser Richtung gedeutet werden). 

Das betreffende Ereigniss trat übrigens erst ein, als in den 
oberen Regionen der Staatsverwaltung ein frischerer Luftzug wehte 
und als Ferdinand v. Thinnfeld im November 1848 zum 
Minister für Landescultur und Bergwesen ernannt worden war, ein 
Mann von offenem Blick und rühriger Thatkraft, der zudem als 
Schwager Haidinger’s über die das montanistische Museum 
betreffenden Dinge gut informirt sein konnte. 

Immerhin mochte der Plan, ein Institut wie unsere geologische 
Reichsanstalt zu schaffen, anfänglich wohl nur in verschwommenen 
Umrissen bestanden und vorerst auch unter Thinnfeld noch keine 
sichere Form gewonnen haben. Die bewegten innerpolitischen Ver- 
hältnisse jener Zeit liessen ja auch eine zuverlässige Vorausberechnung 
des Erfolges etwaiger Vorschläge nicht zu. Jedenfalls hätte Hai- 
dinger sonst nicht damals einen Antrag gestellt, welcher zunächst 
mit einem solchen Plane nicht direct zusammenhing und der nur den 
Zweck verfolgte, Hauer an das montanistische Museum zu fesseln. 

Noch aus der Zeit vor Thinnfeld’s Amtsantritt lag ein 
Haidinger von seiner vorgesetzten Behörde gewordener Auftrag 
vor, über die Thätigkeit Franz v. Hauer’s Bericht zu erstatten 
und Vorschläge über dessen Verwendung zu machen, wenn dessen 
auf drei Jahre berechnete Dienstzeit als Assistent am montanistischen 
Museum abgelaufen sein würde. 

In dem daraufhin am 24. Juli 1849 erstatteten Berichte 
Haidinger’s?) hiess es wörtlich: „Die Leistungen des Ritter v. 
Hauer sind in dieser Zeit, man darf sagen, Öffentlich gewesen und 
unter den Augen des hohen k. k. Ministeriums geführt worden, dem- 
selben selbst genau bekannt. Eine ausführlichere Darstellung, dem 
hohen Auftrage gemäss ist aber deswegen vorzüglich wünschenswerth, 
um für spätere Zeiten, wenn die Kenntniss längst ver- 
gangener Verhältnisse nicht mehr so allgemein ist, die 
Erinnerungan die rasche und für das Vaterland nütz- 
liche Entwicklung der Thätigkeit von Hauer’ zu be- 
wahren“. Der Bericht gipfelte sodann in dem Antrage, für Hauer 
eine Professur der Palaeontologie am montanistischen Museum zu 


') Diese Karte war allerdings schon im Jahre 1844 verfertigt, bezüglich 
vollendet worden. Bei ihrem Erscheinen, Ende 1846, trug sie das Datum der 
Jahreszahl 1845. Die Correeturen derselben hatte Hauer besorgt, ohne jedoch, 
wie es scheint, auf die Darstellung selbst besonderen Einfluss zu nehmen. 


) Das etwas lange Intervall zwischen dem betreffenden Auftrage und der 
Antwort Haidinger's kann damit zusammenhängen, dass Letzterer eine für seine 
Ausführungen günstige Stimmung der massgebenden Persönlichkeiten abwarten 
wollte, war aber formell wohl auch damit zu begründen, dass eben der Zeitpunkt 
des Ablaufs der für drei Jahre in Aussicht genommenen Verwendung Hauer's 
als Assistent zur Zeit des betreffenden Erlasses noch in einiger Entfernung stand. 


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[13] Franz v. Hauer. 691 


schaffen '). Es würde das allerdings die erste Lehrkanzel dieser Art 
in Oesterreich gewesen sein. 

Die Antwort des Ministers Thinnfeld auf diesen und einige 
andere Anträge war vom 24. August 1849 datirt. Der Minister be- 
zweifelte darin zwar nicht im geringsten die Fähigkeit Hauer’s für 
die beantragte Professur, die „kaum würdigeren Händen als denen 
des gedachten Assistenten anvertraut werden könnte“. Indessen 
schwebe ihm „für das montanistische Museum“ eine andere, höhere, 
für das öffentliche Interesse viel wichtigere und für den österreichischen 
Kaiserstaat würdigere Aufgabe vor, „als es jene einer direeten, wenn 
gleich sublimeren Lehranstalt“ sei. Er wolle ein permanentes Institut 
ins Leben rufen, „um die geognostischen Verhältnisse des ganzen 
Reiches fortwährend auf das Genaueste zu durchforschen‘, Karten 
aufzunehmen, Sammlungen anzulegen. Welcher „Gewinn hieraus für die 
Volkswirthschaft erwachsen“ und welche „ungeheure Ausbeute die 
Wissenschaft auf diesem Felde machen“ müsse, könne „keinem 
Denkenden zweifelhaft sein“. Wenn einmal die Gründung eines solchen 
Iustitutes erfolge, dann werde auch Hauer eine seinen Kenntnissen 
und Leistungen angemessene Stellung zugewiesen werden können. 

Diese Gründung erfolgte bekanntlich noch im selben Jahre am 
15. November 1849 und Hauer wurde bei dieser Gelegenheit zum 
Bergrath und zum ersten Geologen des neugegründeten Instituts 
ernannt. 

Damit war die erste Periode von Hauer’s Thätigkeit abge- 
schlossen und ein neues Feld der Arbeit lag vor ihm. Dass der 
grosse Fortschritt, welcher in dieser Zeit von dem um das monta- 
nistische Museum gruppirten Kreise erreicht wurde, wesentlich von 
Hauer’s „lebhafter Theilnahme“ an den betreffenden Bestrebungen 
abhing, welche „im strengsten Sinne des Wortes unentbehrlich war, 
damals und in späteren Zeiten“, das hat Haidinger in dem Briefe, 
mit welchem er am 16. November 1869 seine Widmung der Schrift 
über das montanistische Museum an Hauer begleitete, selbst in auf- 
richtigster Weise hervorgehoben. Ohne dass dies die grossen Ver- 
dienste Haidinger’s irgendwie schmälern könnte, die von Hauer 
selbst in seinem Nachruf an den Meister in sehr ausdrucksvoller 
Weise gewürdigt wurden, darf man nun aber auch sagen, dass Hauer 
seit dem Beginn der Thätigkeit der geologischen Reichsanstalt, das 


1) Dieser Antrag und die Umstände, die damit zusammenhängen, werfen 
jedenfalls ein interessantes Streiflicht auf das glückliche Verhältniss, in dem die 
beiden Männer zu einander standen. In seinem Nachruf an Wilh. v. Haidinger 
kommt Hauer auf diesen Fall zu sprechen (Jahrb.' der geol. R.-A. Wien 1871, 
pag. 36) und sagt dabei Folgendes: „Durch drei Jahre war ich Haidinger als 
Assistent zugetheilt und glücklich genug gewesen, mir seine volle Zufriedenheit 
zu erringen. Die für meine Verwendung in dieser Stellung von vorneherein be- 
stimmte Zeit war abgelaufen. Wohl durfte ich erwarten, dass Haidinger bestrebt 
sein werde, mich etwa mit einer kleinen Verbesserung meiner Stellung weiter 
an der Anstalt zu erhalten. Wie viele Vorstände wissenschaftlicher Institute 
aber würde es gegeben haben, die in einem ähnlichen Falle, wie er es that, an 
das Ministerium den Antrag gestellt haben würden, ihren bisherigen Assistenten 
mit ganz gleichem Rang und gleichen pecuniären Bezügen ihnen zur Seite zu 
stellen und so den früheren Untergebenen zu ihrem gleichberechtigten Collegen 
zu machen !* 


692 Dr. Emil Tietze. [14] 


heisst noch ehe er selbst zu deren Leitung an erster Stelle berufen 
wurde, auf den Gang dieser Thätigkeit, namentlich in wissenschaftlich- 
geologischer Beziehung einen ganz massgebenden Einfluss ausgeübt 
hat). Er war von Anfang an des leitenden Directors rechte Hand. 

Das Zusammenwirken der beiden Männer, von denen jeder neidlos 
und ohne die geringste Rivalität auf die Erfolge des anderen blickte; 
jeweilig dankbar anerkennend, was der andere ihm. und dem Ganzen 
geworden war, gehört jedenfalls zu den erfreulichsten Erscheinungen 
in der Geschichte unserer Wissenschaft. Nur wahrhaft vornehme und 
von kleinlichem Gelehrten-Egoismus freie Naturen konnten in dieser 
Weise nebeneinander ihren Platz einnehmen und zum Segen des 
Ganzen arbeiten. Diesem Zusammenwirken verdankt die geologische 
Reichsanstalt ganz wesentlich die Blüthe, zu der sie schon nach den 
ersten Jahren ihres Bestehens gelangte und dem in dieser Weise 
gegebenen Beispiel verdankte sie auch nicht wenig den kamerad- 
schaftlichen Zusammenhang ihrer übrigen Mitarbeiter, den lebhaften 
Corpsgeist, der die letzteren wenigstens während der ersten Decennien 
nach der Gründung des Institutes verband und welcher jede Art von 
präpotenter (und deshalb zur Kritik herausfordernder) Geringschätzung 
der Bestrebungen der anderen Mitglieder seitens Einzelner. selbst- 
verständlich ausschloss. 

Dieser Corpsgeist wurde übrigens auch gefestigt durch gemeinsam 
durchlebte Gefahren, welche das Institut und dessen Wirksamkeit 
betrafen. 

Haidinger hatte „in seiner Laufbahn viele Anfeindungen 'zu 
erleiden“ ?). Seine Grundsätze, insbesondere auch. diejenigen, die er 
über wissenschaftliche Freiheit und über Oeffentlichkeit in . der 
Wissenschaft hatte, mochten mit mancher hergebrachten Anschauung 
im Widerspruch stehen. Dazu kam, dass er mit vielen seiner Collegen 
in der Akademie der Wissenschaften nicht immer in Uebereinstimmung 
sich befand. Bald nach der Gründung dieser Körperschaft stellte‘ .er 
beispielsweise am 13. Mai 1848 einen Antrag, der auf eine radicale 
Umgestaltung der Einrichtungen der Akademie hinauslief, in: welchen 
Bestrebungen er, wie sich Huber ausdrückt?), durch. die damalige 
Zeitströmung begünstigt wurde. Es kann uns hier nicht interessiren, 
zu untersuchen, ob dieser Antrag, der schliesslich auch nicht die 
Billigung der Majorität der Akademiker erlangte, in allen seinen 
Punkten wohl begründet war oder nicht, wir sehen darin jedoch ein 
Symptom der Meinungsverschiedenheiten, welche in den betreffenden 
Kreisen bestanden und sich noch geraume Zeit hindurch fortgesetzt 
zu haben scheinen #). So scheint denn eine gewisse Spannung zwischen 


') Beispielsweise war es auch Hauer, welcher jeweilig die Pläne für die 
Reisen der von der Anstalt verwendeten Geologen entwarf, wie sich aus den in 
den älteren Bänden des Jahrbuches der Reichsanstalt daruber enthaltenen Mit- 
theilungen mehrfach ergibt. 

”) Siehe dessen von F. v. Hauer verfassten Nekrdleg im Jahrb. d. geol. 
R.-A. 1871, pag. 88. 

°) Huber, Geschichte der Gründung und der Wirksamkeit der kaiserl. 
Akademie der Wissenschaften, Wien 1897, pag. 82. 

*) Noch im Jahre 1868, als Haidinger von seinem Posten an der geo- 
logischen Reichsanstalt schon zurückgetreten war, versuchten die Geologen in “der 


[15] Franz v. Hauer, 693 


dem Kreise Haidinger’s einerseits und einem Theil der um die 
Akademie gruppirten Kreise andererseits geherrscht zu haben, wie 
sich das auch aus verschiedenen, in der Literatur der damaligen Zeit 
zerstreuten Anzeichen schliessen lässt. Vielleicht datiren einige der 
bewussten Differenzen sogar noch aus der Zeit vor der Gründung der 
Akademie). Die „Gewitterwolke“ (vergleiche oben), welche unter 
diesen Umständen schon die im Werden begriffene Akademie für die 
„Freunde der Naturwissenschaften“ bildete, stieg jedenfalls später 
auch am Horizont der geologischen Reichsanstalt auf. 

„Schon seit dem Jahre 1853“ berichtet A. v. Böhm (l. e. pag. 
98 [8]), „als die geologische Reichsanstalt nach Auflösung des Mini- 
steriums für Landescultur and Bergwesen dem Ministerium des Innern 
unter Alexander Freiherrn von Bach unterstellt worden war“, 
das heisst, als man die schirmende Hand Thinnfeld’s?2) von ihr ab- 
gezogen wusste, „ist mehrfach die Frage erörtert worden, ob nicht eine 
Vereinigung der Anstalt mit der kais. Akademie der Wissenschaften 
eine zeitgemässe Vereinfachung wäre“. In gewissen Ausführungen, 
welche später in der Sitzung des verstärkten Reichsrathes am 14. Sep- 
tember 1860 der damalige Minister des Innern, Graf Goluchowski 
machte, ist sogar offen auf diese bis dahin der grösseren Oeffentlichkeit 
verborgen gewesenen Bestrebungen hingewiesen worden, natürlich nur 
soweit dieselben einen amtlichen Ausdruck in den Acten gefunden und 
nicht sofern sie sich hinter den Coulissen abgespielt hatten. Jedenfalls 
sind schon im Jahre 1853, also nur wenige Jahre nach der Gründung 
der Reichsanstalt sowohl der Director der letzteren, als auch der Prä- 


Akademie, wie Hauer und Suess, die sich dabei ihres Altmeisters Haidinger 
annahmen, gewisse Reformvorschläge in dieser Körperschaft durchzusetzen, wobei 
sie von verschiedenen Seiten, wie z.B. von Hyrtl und Petzval, sowie von dem 
nachmaligen Präsidenten der Akademie v. Arneth unterstützt wurden. Die be- 
treffenden Vorschläge blieben indessen auch diesmal in der Minorität. (Vergl. 
Arneth, Aus meinem Leben, II. Bd. 1892, pag. 347—3551, und Huber, ]. c. pag. 83, 
die Anmerkung.) Arneth berichtet über die heftige Leidenschaftlichkeit, mit 
welcher die Gegner jener Reformvorschläge auftraten. Es mag übrigens gleich 
hier, und zwar auch im Hinblick auf das jetzt Folgende betont werden, dass 
Haidinger seinerseits trotz vorgekommener Reibungen die Akademie als solche 
stets hoch gehalten und die grosse Bedeutung dieser Einrichtung niemals auch 
nur einen Augenblick verkannt hat. 

!) Haidinger hatte nicht allein (vergl. oben) die Geringschätzung, mit 
der man eine Zeitlang an verschiedenen Stellen die Bestrebungen der jungen 
Freunde der Naturwissenschaften behandelte, schmerzlich empfunden, sondern war 
jedenfalls auch gekränkt darüber, dass man ihn, obschon er andrerseits zu den 
ersternannten Mitgliedern der Akademie gehörte, bei den Verhandlungen über die 
Gründung dieser Körperschaft bei Seite geschoben und, wie es scheint, gar nicht 
gefragt hatte, während er doch bei der Stellung, die er mit seinen Freunden im 
wissenschaftlichen Leben Wiens einnahm, ein Recht auf Berücksichtigung gehabt 
hätte. Auf der anderen Seite spielte Gelehrtenneid bei diesen Differenzen mit. So 
berichtet Bou6, dass ein Akademiker es Haidinger „nie verzeihen Konnte, 
etwas an den Mohs’schen Ansichten in der Richtung des Fortschrittes geändert zu 
haben“. (Reform d. bergmännischen Unterrichtes in Oesterreich, Wien 1869, pag. 15.) 

2) „Unter dem freundlichen Walten“ dieses Mannes, „der so tiefe Kenntniss 
und Theilnahme für alle Arbeiten innerhalb unserer Aufgaben hatte“, gingen 
die Arbeiten der Reichsanstalt „wohlgeordnet ihrer lebhaften Entwicklung ent- 
gegen“, schreibt Haidinger in seinem Nekrolog auf Thinnfeld (Jahrb. d. 
k: k. geol. R.-A. 1868, pag. 333), wo auch sonst manche, auf die Geschichte 
der Anstalt bezügliche Angaben sich finden. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 88 


694 Dr. Emil Tietze. [16] 


sident der Akademie (damals Baumgartner) zu Aeusserungen über 
die betreffende Frage aufgefordert worden. 

In der vom 24. April 1854 datirten Auseinandersetzung), mit 
welcher der Letztere die dieserhalb an ihn gerichtete ministerielle 
Aufforderung vom 16. October 1853 beantwortete, wurde vor Allem 
der Meinung Ausdruck gegeben, dass die Ziele der Reichsanstalt 
und der Akademie, soweit die mathematisch-naturwissenschaftliche 
Classe der letzteren sich mit Geologie befasse, nicht wesentlich von 
einander verschieden seien, dass demgemäss die Trennung beider 
Institute als eine unnatürliche erscheine und dass diese Trennung 
mehr durch persönliche als durch wissenschaftliche Rücksichten 
hervorgerufen wurde, eine Anspielung, die sich nicht etwa blos auf 
Haidinger, sondern auch ganz direct auf Hauer bezog?). 

In derselben Denkschrift wurde auch die irrthümliche Behauptung 
aufgestellt, dass die Reichsanstalt aus der Akademie hervorgegangen 
sei?) und des Weiteren versichert, dass der „Impuls zu der jetzigen 
Gestaltung der naturwissenschaftlichen Bestrebungen in Oesterreich 
nicht von der geologischen Reichsanstalt, sondern von der Akademie 
der Wissenschaften ausgegangen“ sei, eine Aussage, die Haidinger 
besonders schmerzlich berührt haben dürfte). Endlich wurde auch 
die wissenschaftliche Thätigkeit der Reichsanstalt nebst ihren Publi- 
cationen: einer abfälligen Kritik unterzogen?) und im Hinblick auf 


1) Eine Abschrift dieses Schriftstückes ist aus Hau er’s Nachlass in meinem 
Besitze. 


®) Es scheint dies ein auch noch später verwendetes Schlagwort gewisser 
Kreise in jener Zeit gewesen zu sein. Als Antwort darauf ist eine Stelle bei 
Haidinger (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1860, Verh. pag. 128) anzusehen. Die 
betreffende Anspielung hatte nach Haidinger's Interpretation die Förderung 
Hauer's durch Thinnfeld zum Gegenstande, als dieser Minister seinen ab- 
schlägigen Bescheid betreffs der für Hauer beantragten Professur damit motivirte, 
dass ihm für diesen eine höhere Aufgabe bei einem an Stelle des montanistischen 
Museums neu zu gründenden Institute vorschwebe. Haidinger bemerkt hiezu, 
das seien allerdings „persönliche“ Rücksichten gewesen, dieselben hätten aber 
darin bestanden, dass der Minister sich eben die geeigneten Personen für die 
Erfüllung der geplanten Aufgaben ausgesucht habe, nachdem er deren „Kraft, 
Kenntniss und Verwendbarkeit“ kennen gelernt hatte. Vergl. dazu auch Bou&'s 
Kritik jenes Schlagwortes in dessen „Reform d. bergmännischen Unterrichtes“ 
1869, pag. 14. 


°) Selbst diese Behauptung wurde offenbar auch später noch zu ähnlichen 
Zwecken ausgespielt. Eine klare Richtigstellung derselben gab Haidinger in 
seiner Ansprache vom 30. Oct. 1860, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verh. pag. 125 
bis 131, wo die Entwicklung der Anstalt aus dem montanistischen Museum und’ 
dem mit diesem zusammenhängenden Kreise gerade in Bezug auf jenen Irrthum 
klargelegt wird. 

*) Man hat Haidinger bei Besprechungen seiner Wirksamkeit manchmal 
vorgeworfen, dass er allzu oft gelegentlich von Ansprachen und auch sonst auf 
die „Freunde der Naturwissenschaften“ hingewiesen habe. Er hätte zu einem 
solchen Vorwurf indessen wohl keinen'Anlass gegeben, wenn man nicht ganz 
consequent von gewisser Seite die historische Bedeutung jener Vereinigung ignorirt 
und in den Schatten gestellt hätte. (Siehe Hauer, Zur Erinnerung an Haidinger. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1871, pag. 34.) 

°) Ob dies mit Recht oder Unrecht geschehen, wird derjenige ermessen, 
der sich ins Gedächtniss ruft, wie wichtige Resultate gerade schon in den ersten 
Jahren des Bestandes 'er Reichsanstalt erzielt wurden. (Vergl. dazu den zweiten 


[17] Franz v. Hauer. 695 


den schwächlichen Gesundheitszustand Haidinger’s. darauf auf- 
merksam gemacht, dass die Leitung des Institutes sich „einen güten 
Theil des Jahres hindurch in den Händen junger, ihrem Geschäfte 
nicht gewachsener Leute“ befinde. (Damit war offenbar wieder 
Hauer gemeint). 

Die besprochenen Ausführungen gipfelten schliesslich in sieben 
Schlussanträgen, deren wichtigster war, dass die Reichsanstalt ihre 
Unabhängigkeit nicht ferner beibehalten, sondern der mathematisch- 
naturwissenschaftlichen Olasse der Akademie einverleibt werden solle. 
Diese letztere sollte unter Anderem sowohl die Oberaufsicht über die 
Publicationen des Instituts führen, als über die Anstellung von Beamten 
desselben entscheiden, der „Aufnahme der Individuen, denen eine 
Untersuchung anvertraut wird“, sollte jedenfalls „eine sorgfältige Kritik 
ihrer bisherigen Leistungen, ihrer Kenntnisse und ihres Charakters vor- 
ausgehen, wie selbe nur selten von einer einzigen Person vollzogen 
werden kann“ und deshalb sollte diese Kritik von einer akademischen 
Commission durchgeführt werden und nicht dem Director des Instituts 
überlassen bleiben, dessen Befugnisse auf die Ueberwachung der ihm 
von der Commission ertheilten Aufträge und auf die Berichterstattung 
an diese Commission einzuschränken empfohlen wurde. 

Die Absichten gewisser Kreise liefen also schon damals auf eine 
Knebelung der Reichsanstalt hinaus, deren selbständiges Forschen 
ebenso unbequem gefunden wurde, als dies Manchem Haidinger’s 
Persönliehkeit sein mochte. Heute, wo jene Vorgänge der Geschichte 
angehören, wo die Personen, die dabei mitwirkten, vom Schauplatz 
abgetreten sind und wo manches engherzige Vorurtheil einer früheren 
Zeit denn doch schon mehr oder weniger beseitigt sein mag, heute 
darf man vielleicht die Ansicht belächeln, der zufolge das freie Neben- 
einanderbestehen wissenschaftlicher Anstalten als eine Unzukömmlich- 
keit erschien und welche in dem Verlangen nach einem wissen- 
schaftlichen Monopol ihren Ausdruck fand; damals aber bedeuteten 
die erwähnten Absichten jedenfalls eine grosse Gefahr für unser Institut. 

Diese Gefahr blieb längere Zeit hindurch latent und schien sich 
endlich sogar zu verziehen. Die Final-Berichterstattung über jene 
soeben angedeutete, seit dem Jahre 18553 schwebende und die Existenz 
des Institutes betreffende Frage verzögerte sich ausserordentlich und 
kam erst im Jahre 1858 zum Abschluss. Erst dann konnte sich der 


Theil dieser heutigen Schrift.) Man muss indessen zur Entschuldigung des Ver- 
fassers jener Denkschrift anführen, dass derselbe eben kein geologischer Fachmann 
und deshalb auch nicht in der Lage war, jene Resultate zutreffend zu würdigen, 
obschon er sonst während seines Lebensganges eine überraschende Vielseitigkeit 
bekundet hatte. Baron Baumgartner hatte als Professor der Mathematik und 
Physik seine Laufbahn begonnen, dabei über Tabakbau geschrieben, später die 
Leitung der k. k. Porcellanfabrik übernommen, war Chef sämmtlicher Cigarren- 
fabriken und Präsident einer Escompte-Gesellschaft geworden, war seinerzeit auch 
mit der Errichtung von elektrischen Telegraphen und mit der obersten Leitung 
des Eisenbahnbaues betraut worden und hatte überdies zeitweilig als Handels- 
wie als Finanzmimister Gelegenheit, im öffentlichen Interesse und als Staatsmann 
zu wirken. Aber eben weil er in allen diesen Richtungen Bedeutendes geleistet 
hatte, dürfte derselbe schwerlich Zeit gefunden haben, ‘sich für die Beurtheilung 
geologischer Publicationen vorzubereiten. v 
88* 


696 Dr. Emil Tietze. 18] 


der Anstalt nach und nach immer freundlicher gesinnte !) Minister 
v. Bach dahin aussprechen, dass Akademie und Keichsanstalt . ver- 
schiedene Zwecke verfolgen, „ihre organische Einrichtung eine ver- 
schiedene sei und überdies unter den leitenden Persönlichkeiten dieser 
Institute „solche Gegensätze bestünden“, dass eine Verschmelzung 
jener nicht wünschenswerth sei. Mit der Verleihung des Hofräthstitels 
an Haidinger im Juli 1859 schien diese Frage ihren endgiltigen 
Abschluss gefunden zu haben. | 

Der bald darauf erfolgte Rücktritt Bach’s und die Ernennung 
des Grafen Goluchowski zu dessen Nachfolger gab aber den be- 
treffenden „Parteibestrebungen* aufs Neue Gelegenheit, sich hervor- 
zuwagen und sich „übermächtig zu gestalten“ ?). Der neue Minister 
war, wie es scheint, sehr einseitig berathen. Diesmal wurde die nach 
den Ereignissen des Jahres 1859 momentan ziemlich ungünstig .ge- 
wordene Finanzlage des Staates als Argument gegen das selbständige 
Fortbestehen der Reichsanstalt verwerthet. So entlud sich nun jene 
schon lange drohende „Gewitterwolke“ wirklich im Sommer 1860. 

Die Aufhebung der Selbständigkeit der geologischen Reichsanstalt 
wurde (Erlass vom 4. Juni) beschlossen und deren Unterstellung unter 
die Akademie decretirt. Die Massregel wurde mit Ersparungsrück- 
sichten motivirt. u 

Die betreffende Intrigue®) schlug in letzter Stunde fehl, nach- 
dem der bald darauf in Wien versammelte, verstärkte Reichsrath in 
seiner Sitzung vom 14. September 1860 an die Allerhöchste Stelle die 
Bitte gerichtet hatte, die Anstalt „in Würdigung der Leistungen dieses 
Instituts“ in ihrer bestehenden Organisation zu belassen und ihr auch 
weiterhin die für ihr Bestehen erforderlichen Mittel zu gewähren. . 

Es ist noch heute von grossem Interesse, in der Wiener Zeitung 
vom 19. September 1860 den Bericht über die eingehende Debatte 
zu lesen, welche dem auf diese Bitte abzielenden Beschluss des 
Reichsrathes vorausging, eine Debatte, bei welcher es übrigens ausser 
dem Minister keine Gegner der Reichsanstalt gab, und bei der auch 
der Minister selbst fast nur die finanziellen Gesichtspunkte der An- 
gelegenheit im Sinne seiner Vorschläge zur Geltung brachte. 

In lebhafter und überzeugender Weise traten aber die Reichs- 
räthe Graf Andrassy, v. Mayer, Fürst Salm, Baron Zigno, Graf 
Hartig, Graf Nostitz, Graf Sceesen und Graf Clam-Martinitz 
für die bedrängte Anstalt ein und Bischof Koricezmits erklärte es 
„unter der Würde des Staates, von der Dotation der geologischen 
Anstalt etwas abmäkeln zu wollen“. Fürst Salm aber, um wenigstens 
noch ein weiteres Detail anzuführen, beklagte sich über die damals 
bereits erfolgte Sperrung des mit der Anstalt verbundenen chemischen 


') Man versteht jetzt nachträglich sehr gut, weshalb Haidinger (Jahrb. 
der k. k. geol. R.-A. 1859, Verhandl. pag. 110) demselben besonders herzliche 
Dankesworte bei dessen Rücktritt von der Leitung des Ministeriums des Innern 
widmete. Bach scheint im Interesse der Anstalt einen günstigen Zeitpunkt für 
die Entscheidung abgewartet zu haben. ö 

’) Haidinger im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1869, Verhandl. pag. 116. 

°) Vergl. hiezu unter Anderem die berg- und hüttenmännische Zeitschrift 


„Der Berggeist‘, Köln 1860, Nr. 72, 77, 85, wo jene Machinationen besonders scharf 
gekennzeichnet sind. 


A 


19] ‚Franz v. ‚Hauer. 697 


Laboratoriums: und glaubte dies der Eifersucht seitens eines anderen 
Taboratoriums zuschreiben zu dürfen, dem der damalige General- 
secretär der Akademie vorstand, aber „zwei Laboratorien für ‘ein 
Reich, wie Oesterreich, seien doch nicht zu viel“, 

Soweit nun bei diesen Vorgängen eine Einflussnahme seitens der 
Mitglieder der geologischen Reichsanstalt möglich ‚war, wird man sicher 
Haidinger in vieler Hinsicht das Verdienst zuerkennen dürfen, diesen 
Einfluss ausgeübt zu haben, da der erste Director des Institutes seine 
Schöpfung begreiflicher Weise energisch vertheidigte und namentlich bei 
verschiedenen massgebenden Persönlichkeiten aufklär end gewirkt haben 
dürfte. Aber auch seine Arbeitsgenossen an der Anstalt, wie in diesem 
Falle besonders Fötterle und einige treue Freunde ausserhalb 
derselben, wie Kornhuber und. namentlich Baron Hingenau, thaten 
jedenfalls ihr Möglichstes zur Vertretung der gefährdeten Interessen, 
wenngleich der Antheil, der dabei Einzelnen, z. B. in journalistischer 


Richtung, zukommt, sich heute nicht mehr genau bestimmen lässt !). 


Was dabei Franz v. Hauer anlangt, so muss’ allerdings con- 
statirt werden, dass derselbe zur Zeit des Ausbruchs der: Krise auf 
Reisen war und daher nicht sogleich in den Gang der Dinge eingreifen 
konnte, doch lässt sich aus. privaten Aufzeichnungen ersehen, dass 
einige der Artikel, welche damals (durch Vermittlung. von.Orges) in 
der Augsburger Allgemeinen Zeitung über die bewusste Angelegenheit 
erschienen, von ihm herrühren. Auch sonst dürfte er nicht müssi& der 
Sache zugesehen haben. So nahm derselbe jedenfalls im ‚Verein. mit 
seinem Collegen Fötterle Gelegenheit, ‚mittelst ‚einer besonderen 
Druckschrift einen schweren Vorwurf zu widerlegen, welchen der 
Minister: im Verlauf der oben erwähnten Reichsrathsdebatte bezüglich 
der Geschäftsgebahrung der Anstalt ausgesprochen und welcher die 
Freunde der Anstalt im Reichsrathe unvorbereitet gefunden hatte. Da 
die Allerhöchste Entschliessung bezüglich der vom Reichsrathe aus- 
gesprochenen Bitte um diese Zeit noch nicht erfolgt war, so. konnte 
diese Widerlegung nur. geeignet sein, das von geeigneter Seite zu 
Gunsten: der Anstalt. vorzubringende \ Material zu verstärken. 

Noch vor Ablauf des Frühjahres 1861 war übrigens durch zwei 
Allerhöchste Verfügungen die Gefahr für das Institut beseitigt. : In- 
zwischen war auch Schmerling Minister geworden und zeigte sich 
als ein der Anstalt wohlwollender Chef. Die Arbeit der Mitglieder 
kam wieder in ihren regelmässigen Gang und nur die Dünnleibigkeit 
des Jahrbuches der geologischen Reichsanstält für 1860 und das Zu- 
sammenschrumpfen .der beiden Jahrgänge ‚des Jahrbuches 1861 und 
1862 in einen einzigen Band. bezeichnen noch heute in unseren 
Büchereien den. Eintritt. einer Episode, durch welche die  Arbeits- 
kraft der Mitglieder von der wissenschaftlichen Thätigkeit theilweise 
abgezogen wurde und durch welche auch die Mittel für die Publication 
der betreffenden Druckschriften zeitweilig gesperrt erschienen ?). 


!) Am ehesten ist dies vielleicht noch bezüglich Hingenau's der Fall, 
der. einige aufklärende Artikel verfasste (vergl. @ B. das damals ziemlich gelesene 
illustr. Journal „Von Haus zu Haus“ 1860, Nr. 10). - 

er Ak Curiosum ‚mag: erwähnt werden, dass der „Berggeist“ während der 
kritischesten .Zeit jener Episode sogar den Vorschlag machte, die preussische 


698 Dr. Emil Tietze, [20] 


„Arbeit, aber keine Censur“, das war in Bezug auf den wissen- 
sehaftlichen Fortschritt der Grundsatz Haidinger’s!), den sich auch 
Hauer zu eigen gemacht hat. Man kann über die absolute Be- 
rechtigung dieses Grundsatzes streiten, sofern man denselben so auf- 
fasst, dass an der jeweilig geleisteten Arbeit keine Kritik geübt 
werden soll, denn wo käme die Wissenschaft hin ohne Kritik; aber 
stets wird es gefährlich sein, wenn in einem Lande Arbeit wie Kritik 
der Controle einer einzelnen Körperschaft unterstehen, denn diese 
Controle wird mit der Zeit immer bewusst oder unbewusst zu einer 
Art polizeilicher Censur ausarten, die nun einmal in rein wissen- 
schaftlichen Dingen vom Uebel ist, so unentbehrlich dergleichen (in 
massvoller Weise geübt) auf anderen Gebieten hie und da scheinen 
mag. Eine derartige unbedingte Prävalenz, die ja nur unter der Vor- 
aussetzung der damit verbundenen Unfehlbarkeit von Nutzen sein 
könnte, liegt übrigens nicht einmal im Interesse der einzelnen Körper- 
schaften. Der Wegfall ernstlicher-Concurrenz, die für die Wissenschaft 
ebenso nöthig ist, wie für die Entwicklung auf anderen Gebieten ?), 
würde bei solchen Körperschaften zu einer Art von verknöchertem 
Mandarinenthum führen und damit die vorzeitige Petrefieation der 
betreffenden Organisationen verursachen, was Niemand im Ernste 
wünschen kann. 

Wahrheit und Irrthum in der Wissenschaft kann nur durch ein 
möglichst freies Spiel der Kräfte zutage gefördert, bezüglich aufge- 
deckt werden. Jede dogmatisirende Richtung ist da verderblich; die 
Erkenntniss darf von Niemandem monopolisirt werden, auch wenn man 
Einzelnen, wie gewissen Körperschaften bereitwilligst eine hohe 
Autorität zuerkennen darf. Wohin aber das Gewährenlassen einer 
unbeschränkten Autorität führt, dafür hat man gerade im der 
Geschichte der Geologie ein lehrreiches Beispiel an dem einst fast 
allmächtigen Einfluss, den der gewiss hervorragende Elie de 
Beaumont der „aber später in phantastischen Speculationen den 
Boden der wissenschaftlichen Untersuchung verlor“ 3), seinerzeit auf 
alle Fachgenossen in Frankreich und theilweise auch ausserhalb 
Frankreichs ausgeübt hat. Wenigstens in Frankreich hat es lange 
genug gedauert, bis (nach dem Ableben Beaumont’s) die der weiteren 
Entwicklung schädliche Seite dieses Einflusses, der sich in der Ecole 
des mines concentrirt hatte, überwunden war. Auch die auf die Meinung 
Andrer drückende Herrschsucht Cuvier’s ist bekannt ®). 

Es ist jedenfalls ein Glück für die Wissenschaft, dass es ver- 
schiedene Länder, verschiedene Nationen gibt, weil dadurch im 
äussersten Falle den Auswüchsen monopolisirender Autoritäten früher 
oder ler eine Wachsthumsgrenze gezogen wird. Aber es ist doch 


Regierung solle das für den Druck des Jahrbuches 1860 nöthige Geld hergeben, 
wogegen dann Hingenau allerdings’ ernstlich Verwahrung einlegte (Oesterr. 
Zeitschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1860, Nr. 37). 

‘) Vergl. z. B. „das montanistische Museum“ pag. 126 

®) Ein Umstand, auf den in der erwähnten Reichsrathsdebatte Graf An- 
drassy speciell die Aufmerksamkeit lenkte. 

’) A. Heim, Mechanismus der Gebirgsbildung. II. Bd., Basel 1878, pag. 190. 

‘) Bou&. Ein freies Wort über d. Akad. d. Wiss, Wien 1869, pag. 68. 


[21] Franz v. Hauer. 699 


misslich, wenn es bei der wissenschaftlichen Entwicklung in einem 
Lande auf diesen äussersten Fall ankommt und wenn gewisse unzu- 
kömmliche Verhältnisse nicht schon vorher aus sich selbst heraus 
eine Üorrectur finden. 

In diesem Sinne war es also wohl nicht nur vom Standpunkt 
der bedrohten Anstalt selbst, sondern aus einem viel allgemeineren 
Gesichtspunkt als ein freudiges Ereigniss aufzufassen, dass mit der 
wirksamen Unterstützung der hohen Gönner und Freunde der An- 
stalt der geplante Angriff abgeschlagen würde. 

In dem gegebenen Falle hätte es sich allerdings nicht so ohne 
Weiteres um die Unterordnung der Bestrebungen des Institutes 
unter den Einfluss eines einzelnen durch aussergewöhnliches Ansehen 
ausgezeichneten und dabei ausserhalb des Institutes stehenden 
Fachmannes gehandelt, der die Qualification zum wissenschaftlichen 
Alleinherrscher in geologischen Dingen besessen hätte, denn einen 
solehen hatte die Akademie damals nicht aufzuweisen !). Indessen 
würde doch durch die Angliederung der Anstalt an die Akademie 
ein Verhältniss geschaffen worden sein, welches in der Zukunft, bei 
geänderter Constellation der Personen die Möglichkeit einer solchen 
absolutistischen Oberherrlichkeit zur ernsten Gefahr gemacht hätte, 
obschon freilich Herrschaftsgelüste auch bei Gelehrten vorkommen 
können, die nicht ersten Ranges sind. 

Man scheint damals aber mancherseits die Sachlage auch noch 
sanz anders aufgefasst und geglaubt zu haben, dass es sich bei dem Vor- 
gehen gegen die Anstalt, abgesehen von der Befriedigung kleinlicher 
Eifersüchteleien vielmehr um die Herabminderung der Bedeutung 
überhaupt gehandelt habe, welche die Geologie in dem wissenschaft- 
lichen Leben Wiens und Oesterreichs, Dank der Wirksamkeit der 
geologischen Reichsanstalt, gewonnen hatte. 

Bei der Durchsicht der Correspondenz Franz v. Hauer’s kam 
mir ein Brief in die Hände, mit welchem einer der hervorragendsten 
damaligen deutschen Geologen seinen Neujahrselückwunsch für. 1861 
abstattete, und ich kann mir nicht versagen, dieses Schreiben, soweit 
es auf die oben erwähnten Vorgänge Bezug nimmt, hier theilweise 
wieder zu geben. Dasselbe rührt von Gümbel her und ist von 
München, 1. Jänner 1861, datirt. Darin heisst es: „Erlauben Sie mir 
heute an dem Wendepunkte eines für uns Alle, für Sie doppelt 


!) Ohne den zweifellosen Verdiensten Zippe's, der damals die Professur für 
Mineralogie und damit auch für Geologie an der Wiener Universität inne hatte, 
zu nahe zu treten, hätte man doch gerade in diesem Akademiker die Ver- 
anlagung für eine Führerrolle in jenem Sinne nicht finden können. Wenn derselbe 
in der bewussten Krise allerdings eine der Anstalt nicht sehr freundliche Rolle 
gespielt zu haben scheint, so dürfte ihm doch der Ehrgeiz, sich selbst besonders 
zur Geltung zu bringen, dabei fern gelegen sein. Da kam wohl eher eine negirende 
Disposition zum Ausdruck. (Vergl. Bou6, Sitzb. Akad. d. W. 74. Bd., pag. 6 u. 7 
des Aufsatzes über Professoren.) Der gemüthliche und vorurtheilslose Ami Bou& 
aber musste schon seiner Grundsätze wegen allen monopolistischen Tendenzen 
abhold sein. Seine Schriften „Ueber die jetzige Theilung der wissenschaftlichen 
Arbeit“ (Sitzb. d. kais. Akad. d W. 1868), „Ueber die Fortschritte des Wissens 
durch Professoren und Privatgelehrte* (Sitzb. d. kais. Akad. d. W. 1876), sowie 
sein „Freies Wort über die kais. Akademie der Wissenschaften“ (Wien 1869) sind 
dafür wohl ein genügender Beweis, 


700 Dr. Emil Tietze. [22] 


wichtigen Jahres von ganzem Herzen und mit voller Freudigkeit 
meinen Glückwunsch darzubringen für die glückliche, Ihrem und, ich 
darf wohl sagen, der ganzen  wissenschaftlichen Welt Wunsche ent- 
sprechende Lösung einer schweren Krisis, aus welcher Ihre herrliche, 
Achtung gebietende Reichsanstalt wie ein Phönix ausder Asche zu 
neuem‘noch kühneren: Fluge sich erheben wird. Das ‘wissen wir Alle, 
die es um Wissenschaft und (deutsche Gründlichkeit ernst meinen, 
dass mit Zugrabelegung Ihres Institutes für lange Zeit unsere specielle 
Wissenschaft in einem ihrer wichtigsten Zweige in ihr früheres Dunkel 
zurückgesunken wäre und vielleicht zugleich einen weiten Kreis 
wissenschaftlicher Forschungen mit sich in den Abgrund gezogen 
hätte. Deshalb sahen auch wir Alle ‘ausser Oesterreich, wir Deutsche 
zumal, die wir so gerechten Grund haben, auf unsere deutschen 
Genossen in Oesterreich stolz zu sein, mit banger Erwartung der 
Lösung entgegen, welche Ihre so gerechte Sache finden musste; wir 
Alle freuen uns aber auch jetzt mit Ihnen, dass die Humanität ‘den 
Sieg errungen hat“. > ER 

Diese Worte zeigen wohl deutlich, was für Urtheile das oben 
seschilderte Vorgehen eines der Anstalt übelwollenden Kreises hervor= 
zurufen geeignet war. | Aral 

Die Gerechtigkeit verlangt übrigens, nicht. darauf zu vergessen, 
dass augenscheinlich nicht die ganze Akademie in ihrer damaligen 
Zusammensetzung für die Bestrebungen dieses Kreises verantwortlich 
zu machen war. Sonst wäre Hauer wohl nicht gerade im Jahre 1860 
zum wirklichen Mitgliede dieser Körperschaft gewählt worden. 

lm Gegensatz zu der exelusiven und monopolisirenden Richtung, 
für welche jener gefahrvolle Angriff symptomatisch war, war es stets das 
Bestreben Haidinger’s, sowohl wie Hauer’s, weitere Kreise.für den 
Fortschritt der Wissenschaft zu interessiren, sei es durch die’ Be- 
sünstigung der Popularisirung derselben, sei es durch Schaffung neuer 
Mittelpunkte für selbständige Forschung oder doch durch: Förderung; 
darauf abzielender Tendenzen Anderer. He 

Es dürfte wenig bekannt sein, dass beispielsweise‘ sogar die 
erste Anregung zur Schaffung ordentlicher Lehrkanzeln für Geologie in 
Oesterreich von dem Kreise der geologischen Reichsanstalt ausging. 
Zunächst handelte es sich allerdings nur um die Creirung einer 
solchen Stelle für die Wiener Universität, allein es ist nicht schwer 
einzusehen, dass ein solches Beispiel, einmal gegeben, weiter zu 
wirken geeignet war. 

Schon am 30. December 1850 richtete Haidinger eine directe 
Eingabe an den Grafen Leo Thun, den damaligen Minister für 
Cultus und Unterricht, in welcher er die Nothwendigkeit der Gründung 
einer Lehrkanzel für Geologie und Palaeontologie an der k. k. Uni-: 
versität in Wien auseinandersetzte!). Die Eingabe blieb damals er- 


ua; 


') Vergl. die Ansprache Haidinger's am Schlusse des dritten Quinquenniums» 
der geol. Reichsanstalt, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1864, Verh. pag. 196. Von Interesse‘ 
(vergl: ebendort) ist es vielleicht auch, dass Haidinger in jener Zeit‘ (Eingabe 
an das Ministerium für Landescultur und Bergwesen vom 19. Juni 1850) auch die» 
Errichtung eines ethnographischen Reichsmuseums beantragte, ein Gedanke, der 
freilich erst viel später und in etwas anderer Form durch die Begründung: der’ 


[23] Franz v. Hauer. 701 


folglos, der Gedanke wurde aber nicht fallen gelassen. In der Rede, 
welche Hauer als neugewähltes wirkliches Mitglied der Aka- 
demie der Wissenschaften in der feierlichen Sitzung dieser Körper- 
schaft am 31. Mai 1861 hielt), hob derselbe mit Nachdruck das 
Bedauern hervor, welches man darüber empfinden müsse, dass „an 
keiner der österreichischen Universitäten bisher eine abgesonderte 
Lehrkanzel für unsere Wissenschaft“ bestehe, „ein beklagenswerther 
Mangel, dessen baldige Beseitigung wohl dringend wünschenswerth“ 
erscheine. Auch sonst wurde, wo es anging, für diesen Gedanken 
Propaganda gemacht?). Die dabei zu besiegende Schwierigkeit be- 
stand theilweise, wie es scheint, darin, dass man in manchen Kreisen. 
worauf ich gegen den Schluss dieser Schrift noch einmal zurückkomme, 
die Geologie noch nicht für eine vollwerthige Wissenschaft hielt, 
theilweise dürften aber auch (wie ich aus Privatpapieren zu entnehmen 
glaube) näher an der Sache betheiligte Fachmänner gegen eine 
Theilung der damals an der Wiener Hochschule bestehenden Lehr- 
kanzel sich ausgesprochen haben, an welcher die Geologie im Verein 
mit den verwandten Fächern, bezüglich als Anhang an dieselben, ge- 
lehrt wurde. 

Die Bestrebungen, welche auf Beseitigung jener Hindernisse ab- 
zielten, wurden schliesslich von Erfolg gekrönt, und mit einem gewissen 
Stolze konnte Haidinger, als er die ersten 15 Jahre Geschichte 
der geologischen Reichsanstalt besprach, es ausrufen: „Seit dem 
Jahre 1862 gibt es eine Professur der Geologie an der k. k. Uni- 
versität zu Wien, glänzend vertreten durch Herrn Professor Eduard 
Suess“?). 

Auch des Einflusses, den Franz v. Hauer anfänglich im 
Verein mit Haidinger, später allen auf das wissenschaftliche 
Vereinsl&ben genommen hat, muss ich hier noch etwas näher ge- 
denken, obschon diese Beziehungen bereits von A. v. Böhm in ge- 
eigneter Weise dargelegt wurden ®). Die „freiwillig geleistete Arbeit“ 
Einzelner kommt ja nirgends mehr zum Ausdruck, als gerade in dieser 


Richtung. 
Man kann in diesem Punkte allerdings verschiedenen Auffassungen 
folgen. 


Zweifellos besteht bei diesen Dingen eine gewisse Gefahr für 
die ruhige und ernste Forschung, namentlich wenn es sich um ein 
„Zuviel“ bei der Popularisirung des Wissens handelt, und die Heran- 
ziehung weiterer Kreise von Dilettanten und Laien in das Gebiet 


betreffenden Abtheilungen des k. k. naturhistorischen Hofmuseuns seine Erledigung 
gefunden hat. 

!) Die Geologie und ihre Pflege in Oesterreich. Wien 1861, pag. 8. 

?) Vergl. z. B. die ursprünglich in der Wiener Zeitung erschienenen, so- 
dann in Buchform reprodueirten „chemischen Briefe* Carl v. Hauer's, Bruders 
Franz v. Hauer's, des damaligen Chemikers der geologischen Reichsanstalt, 
Wien 1862, pag. 19. Die Sprache, welche an der betreffenden Stelle gegen ge- 
wisse veraltete Vorurtheile und deren Träger geführt wird, ist eine sehr scharfe. 

3) Schon etwas früher (1857) war man daran gegangen, für Suess eine 
ausserordentliche Professur zu creiren, welche indessen zunächst nur eine Ver- 
tretung der Palaeontologie ermöglichte. 

*) Siehe dessen Nachruf an Hauer in d. Abh. d. geogr. Ges. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 89 


702 Dr. Emil Tietze. [24] 


der wissenschaftlichen Bewegung ist nicht unter allen Umständen 
nützlich. 

Es gibt in jedem Fache eine Reihe von Gegenständen oder Fragen, 
ja es gibt sogar ganze Fächer, welche sich nicht ohne Weiteres zur 
Popularisirung eignen, es gibt Capitel oder neue Ergebnisse der For- 
schung, welche für den Forscher selbst äusserst interessant, für die 
Wissenschaft von grosser Wichtigkeit sind, die aber das grosse Publi- 
cum, wie es nun einmal ist, nicht anzuziehen vermögen, schon deshalb, 
weil dieses Publicum, auch wenn man die Gebildeten, aber mit dem 
jeweilig in Betracht kommenden Fache nicht Vertrauten darunter ein- 
begreift, der Vorbereitung für das Verständniss der betreffenden Fragen 
ermangelt und weil man diese Vorbereitung, zu der ein Fachmann Jahre 
des Studiums gebraucht hat, durch die Einleitung zu einem Vortrage 
oder selbst durch mehrere Vortrags-Abende nicht ersetzen kann. 

Da liegt es denn nahe, dass dem Publicum manchmal nur das 
wissenschaftliche Zuckerbrot gereicht wird. Das wäre freilich an sich 
kein Unglück, im Gegentheil, je mehr Kenntnisse auch in dieser 
Form verbreitet werden, desto besser. Die Gefahr liegt aber darin, 
dass das Publicum unwillkürlich auch ein wenig zum Richter, ich 
will nicht sagen über die Wissenschaft, aber über deren Jünger 
wird. Der Gelehrte, der mit dem grösseren Publicum in dieser oder 
jener Form in häufigeren Contact kommt (ein solcher Contact kann 
allerdings auch ausserhalb des Treibens bei populären Vorträgen und 
des gewöhnlichen Vereinslebens, z. B. durch Hervortreten in Öffentlichen 
Angelegenheiten, hergestellt werden), der wird jenem Publicum leicht 
im Lichte einer grösseren Bedeutung erscheinen können als der 
Forscher, dem der Gegenstand seiner Studien einen so häufigen 
Contact nicht ermöglicht, oder welchem bei der dem Fortschritt seines 
Faches gewidmeten Arbeit die Zeit fehlt, eine solche Berührung öfter 
zu suchen. Der Wanderprediger oder der Feuilletonist werden oft 
bekannter als der Ergründer von Resultaten, der Verschleisser hat 
den Vortheil vor dem Producenten, ganz abgesehen davon, dass sich 
hier, wie schon gesagt, nicht jedes Product zum grösseren Verschleiss 
eignet, um diesen Vergleich festzuhalten. 

Da es nun in der menschlichen Natur liegt, gegen Anerkennung 
nicht unempfindlich zu bleiben, so wird für Manchen die Versuchung 
nahe liegen, diese Anerkennung dort zu holen, wo sie unter Um- 
ständen am leichtesten zu haben ist, und die Zahl oder der Muth 
derer, welche sich mit den dem Verständniss und der Würdigung 
Anderer schwerer zugänglichen, für den Ausbau der Wissenschaft 
aber nothwendigen Arbeiten befassen, wird leicht vermindert werden. 
Ich behaupte nun allerdings nicht, dass sich aus den thatsächlichen 
Erfahrungen schon jetzt viele Beispiele zur Illustration dieser Be- 
fürchtung ableiten lassen, aber in dem Haschen nach Popularität in 
weiteren Kreisen liegt jedenfalls eine der Ursachen, wenngleich leider 
nicht die einzige, welche eine Verführung enthalten, weniger der 
Sache als des Effectes wegen zu arbeiten. Nicht jeder, der in die 
Thäler hinabgestiegen ist, findet den Weg zurück zu den aussichts- 
reichen Höhen, oder Mancher sucht ihn nur soweit, als er von unten 
aus noch gesehen werden kann. 


Fr 


[25] Franz v. Hauer. 703 


Es liegt mir bei dieser Betrachtung vollkommen fern, gegen 
volksbildnerische Bestrebungen an und für sich Stellung zu nehmen 
oder gar den Werth der Thätigkeit derjenigen Vereine herabzusetzen, 
welche neben einer wissenschaftlichen Aufgabe das Ziel verfolgen, 
das Interesse an einem Zweige der Forschung zu beleben und dem- 
selben neue Freunde zu gewinnen. Eine solche Missdeutung meiner 
Worte möchte ich unbedingt ausgeschlossen wissen, und man wird 
mir vielleicht umsomehr Glauben schenken, als ich selbst derartigen Be- 
strebungen nicht ganz fern gestanden bin. Ich wollte nur wieder ein- 
mal eine Anwendung des alten Satzes vorbringen, dass jede Medaille 
ihre Kehrseite hat, und aussprechen, dass die Uebertreibung auch 
der besten Absichten gewisse Unzukömmlichkeiten mit sich bringt. 

Am wenigsten jedoch soll in dieser Betrachtung ein Vorwurf 
gegen die Richtung Haidinger’s und Hauer’s gefunden werden, 
insoweit diese beiden Männer an dem Aufblühen des Vereinslebens 
einschliesslich der volksthümlichen Seite des letzteren betheiligt sind }). 
Vor allem gab es zu der Zeit des Zusammenwirkens Beider noch 
keine Hypertrophie solcher Bestrebungen, die in irgend einer Be- 
ziehung hätte Gefahren erkennen lassen. Im Gegentheil musste die 
jeweilige Coalition gleichgesinnter Personen zur Erreichung bestimmter 
wissenschaftlicher Zwecke als ein mächtiger Hebel zur Förderung 
der Forschung sowohl, als des Ansehens der Wissenschaft angesehen 
werden, auch wenn die Mitglieder solcher Gesellschaften nicht durch- 
gehends aus zünftigen Gelehrten bestanden, was selbst bei den rein 
wissenschaftlichen Vereinen, die bei ihren Veröffentlichungen jede 
Rücksicht auf das populäre Bedürfniss ausschliessen, damals ebenso 
wenig möglich war, als es dies heute ist. Die Beschränkungen, welche 
beide Männer zu einer Zeit der Stagnation und Hilflosigkeit des natur- 
wissenschaftlichen Lebens empfunden hatten, mussten durch die 
frische Erinnerung daran sogar zur besonderen Veranlassung werden 


!) Eine andere Frage ist es, inwieweit die Tendenz Haidinger's, auch 
die Thätigkeit der Akademie in innigeren Contact mit der Oeffentlichkeit zu 
bringen, ohne Bedenken auch von Denen, die heute sein Andenken verehren, 
hätte gutgeheissen werden können, weil es unter allen Umständen einen Boden 
geben muss, auf welchem die Wissenschaft jeder Beeinflussung durch Conces- 
sionen an ein grösseres Publicum entzogen bleibt, und weil die Aufgaben einer 
Akademie von denen eines freien Vereines mehrfach verschieden sind. 


In dieser Hinsicht mag das Urtheill Haidinger’s und seiner Freunde 
manchmal etwas einseitig befangen gewesen sein. Eine derartige Einseitigkeit 
findet übrigens ihr Seitenstück in der bisweilen bemerkbaren umgekehrten Richtung, 
welche von verschiedenen Vereinen eine rein akademische Wirksamkeit verlangen 
möchte. „Eines schickt sich nicht für Alle.“ Ich wenigstens könnte mich meiner- 
seits fast ohne Weiteres der Darlegung anschliessen, welche Schrötter als 
Generalsecretär der kais. Akademie im Almanach derselben für 1869 (pag. 225) 
über den Unterschied zwischen Akademien und Privatvereinen, sowie über die 
Nothwendigkeit einer sich ergänzenden Thätigkeit dieser Einrichtungen verlautbart 
hat. Man darf hierbei nur erstaunt sein, dass gerade der mit Schrötter ver- 
bundene Kreis nach einer anderen Richtung hin im Jahre 1860 (und vorher) die 
einer Akademie gezogenen Grenzen zu überschreiten geneigt war, indem man ein 
wissenschaftliches Staatsinstitut, dessen Arbeitsmethode mit der Organisation der 
kais. Akademie nichts zu thun hat, seiner Selbständigkeit berauben wollte. In 
diesem Falle wäre die Lehre von der wünschenswerthen gegenseitigen Ergänzung 
wohl ebenfalls zu berücksichtigen gewesen. 

89* 


704 Dr. Emil Tietze. [26] 


für die Unterstützung jedes Beginnens, welches einen neuen Zug 
in jenes Lebens brachte. Der unleugbare Erfolg, der mit: der Grün- 
dung des Vereines der „Freunde der Naturwissenschaften“ erreicht 
worden war, wirkte fort und hatte ihnen oder Anderen den Weg ge- 
zeigt, auf welchem sich weitere Erfolge erzielen liessen. Da gab es 
noch nichts Ueberflüssiges, was sich bei seiner Entstehung an schon 
Vorhandenem hätte stossen müssen, Da waren vielmehr allenthalben 
noch Lücken auszufüllen und Vorstösse auf freies Gebiet zu machen. 

In einem Schreiben an seinen Schwiegersohn Dr. Döll hat 
Haidinger!) die wichtigsten Vereine aufgezählt, welche in den 
ersten beiden Decennien nach Gründung der Reichsanstalt in Wien 
zur Förderung der Naturwissenschaften entstanden, zum Beweise des 
damals schon stärker erwachten Strebens, sich in „freiwilliger Arbeit“ 
zu bethätigen. Nicht mit Unrecht schrieb er dieses Erwachen dem 
Impulse zu, den die „Freunde der Naturwissenschaften“ der be- 
treffenden Bewegung gegeben hatten, die ihrerseits freilich bald nach 
dem Entstehen der geologischen Reichsanstalt ihren Vereinsverband 
auflösten, ohne deshalb aber die gegenseitige Fühlung zu verlieren. 

Von besonderer Wichtigkeit unter jenen Vereinsgründungen 
erscheint jedenfalls die Bildung der k. k. geographischen Gesell- 
schaft in Wien, welche direct den einst um das montanistische Museum 
gruppirten Männern ihr Entstehen verdankt und bei deren Gründung 
die geologische Reichsanstalt sozusagen die Pathenstelle übernahm: 
Die erste Sitzung der Gesellschaft fand am 1. December 1855 in 
dem Gebäude der Reichsanstalt statt und wurde mit einer Ansprache 
Haidinger’s eröffnet, der auch der erstgewählte Präsident der Ge- 
sellschaft war, während ein anderes Mitglied der Anstalt, Fötterle, 
als Secretär des Vereines :bestellt wurde. Auch Hauer gehörte von 
Anfang an zu den Mitgliedern desselben, wenn er auch damals in 
der Gesellschaft weniger hervortrat als später, wo er als Mitglied 
des Ausschusses, als Vice-Präsident und endlich als Präsident des 
Vereines daselbst durch viele Jahre eine massgebende Rolle gespielt 
und ein überaus nützliches Wirken entfaltet hat). 

Auch der populär-wissenschaftliche „Verein zur Verbreitung 
naturwissenschaftlicher Kenntnisse“, dessen erste Plenarversammlung 
am 13. Mai 1861 mit einer Ansprache von Eduard Suess eröffnet 


') Der 8. November 1845, Rückblick auf die Jahre 1845 bis 1870. Wien 
1570. Aus d. Zeitschrift „Die Realschule“. 


°) Dieses Wirken wurde von der genannten Gesellschaft in besonders 
ehrender Weise anerkannt. Die von einem unserer hervorragendsten Künstler, 
dem Kammer-Medailleur Scharff gravirte, anlässlich des 70. Geburtstages Hauer's 
1893 gestiftete Hauer-Medaille, welche von der Gesellschaft als besondere 
Auszeichnung verliehen wird, wird auch den geographischen Kreisen, so lange 
jener Verein besteht, einen Namen in Erinnerung halten, dessen einstiger Träger 
für die Belebung der Theilnahme an erdkundlichen Forschungen sich direet und 
fast mehr noch indirect durch die auf den verwandten Gebieten gegebenen An- 
vegungen bedeutsame Verdienste erworben hat. Abgesehen von: der Stiftung jener 
Medaille (vergl. deren Statuten Mitth. d.k.k. geogr. Gesellsch. 1894) wurde Hauer 
dann noch, als er aus Gesundheitsrücksichten den Vorsitz bei der Gesellschaft 
niederlegte, von letzterer durch Verleihung der Würde eines Ehren-Präsidenten 
ausgezeichnet. 


a r = ae 


a 


[27] Franz vi: Hauer. 705 


wurde, geht in seinen Anfängen auf den der geologischen Reichsanstalt 
affiliirten Kreis zurück, da ‚die Vorträge, aus deren Besuchern dieser 
Verein sich herausbildete, schon 1855 in dem Sitzungssaale der An- 
stalt begonnen hatten!), Hauer hat lange dem Ausschuss dieser 
Gesellschaft angehört, die noch heute florirt und sicher noeh mehr 
floriren ‚würde, wenn nicht ‚die in letzter Zeit sehr gesteigerte Con- 
eurrenz verwandter Bestrebungen sich allenthalben bemerkbar machen 
würde. Um noch einige weitere Beispiele dieser Art anzuführen, sei 
auch der Gründung des österreichischen Alpenvereines gedacht, der 
in seiner constituirenden Versammlung am 19. November 1862 Hauer 
zum Vice-Präsidenten wählte, und sei ferner das schon im Jahre 1851 
erfolgte Entstehen «der zoologisch - botanischen Gesellschaft erwähnt, 
an deren Verwaltung und Bestrebungen Hauer vom Beginn an ‚An- 
theil genommen hat und deren Vice-Präsident er während verschie- 
dener: Jahre gewesen ist. 

.. Das in Wien erwachte Vereinsleben wirkte auch anregend auf 
die Thätigkeit der wissenschaftlichen Bestrebungen in den Provinzen 
des Reiches und nicht blos Haidinger, sondern auch Hauer hat 
den dort theils damals schon bestehenden, theils sich neu bildenden 
Mittelpunkten stets das lebhafteste: Interesse zugewendet, wofür die 
Ehrungen, mit denen er nach und nach von dieser Seite her bedacht 
wurde, genügendes Zeugnis ablegen ?). Doch muss anerkannt werden, 
dass gewisse Neuschöpfungen in den Provinzen, wie der für die 
Anfänge des geologischen Studiums in Mähren und Schlesien so 
wichtige Wernerverein, der geologische Verein in Pest und die Societä 
geologica in Mailand?) hauptsächlich auf die Initiative Haidinger’s 
zurückzuführen sind. 

Endlich sei bei dieser Gelegenheit auch noch erwähnt, dass 
Hauer seit der Gründung ‘der deutschen geologischen Gesellschaft 
in Berlin derselben als Mitglied angehörte, ein Umstand, an den man 
sich anlässlich des 50jährigen Jubiläums dieser Gesellschaft im Herbste 
1898 in dem dortigen Kreise mit besonderer Wärme erinnerte, da 
Hauer zu den wenigen Veteranen gehörte, die damals aus der 
Gründungszeit jenes für die ganze seitherige Entwicklung der Geo- 
logie so hochbedeutsamen Vereines noch übrig waren. 

: Das gemeinsame Wirken Haidinger's und Hauer’s an der 
geologischen Reichsanstalt dauerte in ungetrübter Harmonie durch 
17 Jahre hindurch. Ueber Einzelheiten: dieses Wirkens, soweit sie 
die Thätigkeit Hauer’s betreffen, wird noch bei der später folgenden 
Besprechung von dessen wissenschaftlichen Leistungen Gelegenheit: zur 
Aeusserung sein. Hier sei nur erwähnt, dass die ersten allgemeinen 
Uebersichtsaufnahmen der Monarchie bereits im Sommer 1862 zum 


1) Vergl. Haidinger, „der 8. Navember 1845°, Wien 1870,:pag. 5. In 
gewissem Sinne kann auch der. 6. December 1860 als Gründungstag dieses Ver- 
eines genannt werden, an ge Tage sich dessen Mitslieder Zuerst selbst- 
ständie versammelten. 

2) Vergl. den von Böhm verfassten Nekrolog, 1. ce. pag. 111—113. 

3) Später nach Abtretung der Lombardei in die Fee italiana di scienze 
naturali umgewandelt. 


706 Dr. Emil Tietze. [28] 


Abschluss gelangten und dass schon damals der Plan entstand !), eine 
geologische Uebersichtskarte der Monarchie in Farbendruck heraus- 
zugeben, ein Plan, dessen Ausführung dann unmittelbar nach dem 
Rücktritt Haidinger’s von der Direction der Anstalt ins Werk 
gesetzt wurde. 

Dieser Rücktritt erfolgte im October 1866. Die Ernennung 
Franz v. Hauer’s zum Sectionsrathe und zum Director der geo- 
logischen Reichsanstalt trägt das Datum des 1. December 1866. Durch 
18 Jahre hindurch (1867—1885) hat sodann Hauer selbständig 
diese Anstalt geleitet, indem er sie vorwärts führte zu Glanz und 
Ansehen und zu anerkannten Erfolgen. Das war eine gute Zeit. 

Der Umstand, dass die Ernennung Hauer’s, wie nach dem 
Gesagten begreiflich sein wird, keinen eigentlichen Systemwechsel 
bedeutete, war jedenfalls ein Vortheil für das Ganze. Der neue 
Director fand es nicht nöthig, durch Umstülpung alles dessen, ‘was 
vorher in Uebung war, seiner Eigenart Ausdruck zu verleihen, wie 
das manchmal bei einem Wechsel der leitenden Personen auch ohne 
sachlichen oder zwingenden Grund vorkommt. Ihm lag naturgemäss 
ein Verlassen der bewährten, von ihm selbst mitgeschaffenen Grund- 
lagen fern, und Experimente nur um der Freude am Experimentiren 
willen hatten für ihn nichts Anziehendes; was angestrebt werden 
konnte, war nur ein weiterer und stetiger Ausbau des bereits Vor- 
handenen. 

Eine der ersten Handlungen Hauer’s in diesem Sinne betraf 
die Publicationen der Anstalt, indem er die Verhandlungen der geo- 
logischen Reichsanstalt, welche bis dahin einen Theil des Jahrbuches 
dieses Institutes gebildet hatten, von diesem Jahrbuche abtrennte und 
zu einer selbständigen Zeitschrift umgestaltete, in welcher ausser den 
geschäftlichen und persönlichen Mittheilungen, alle kleineren wissen- 
schaftlichen Notizen, Anzeigen und Aufsätze, sowie die nothwendig 
erscheinenden Literaturreferate Platz finden sollten, eine Einrichtung, 
die sich seitdem wohl bewährt hat und die zufolge des Erscheinens 
der Verhandlungen in kürzeren Intervallen auch den Vortheil einer 
rascheren Publication gewisser Mittheilungen bieten sollte. Den 
Literaturreferaten wurde dabei eine besondere Aufmerksamkeit zu- 
gewendet, denn Hauer verfolgte den Plan, ausser der Besprechung 
von für die Geologie im Ganzen wichtigen Arbeiten, eine möglichst 
vollständige Berichterstattung über alle neueren Beobachtungen oder 
publicistischen Erscheinungen zu geben, welche sich auf die Geologie 
Oesterreichs bezogen oder andrerseits von Oesterreichern herrührten. 
Das Unternehmen war ebenso nützlich für die bequemere Orientirung 
über die fortschreitende Erweiterung unserer Kenntniss des öster- 
reichischen Bodens, als es ermunternd für verschiedene, darauf ab- 
zielende Bestrebungen sein musste, und wer die 18 Jahrgänge unserer 
Verhandlungen durchblättert, die'während der Zeit der Amtsführung 
Hauer’s erschienen sind, wird erkennen, in welchem überreichen 
Masse dabei Hauer persönlich mit gutem Beispiele seinen Mit- 
arbeitern voranging und ein wie grosser Theil der in jener Zeit in 


') Vergl. Jahrb. der geol. R.-A. 1867, Seite 1. 


[29] I’ranz v. Hauer. 107 


den Verhandlungen erschienenen Referate von ihm selbst her- 
rührt !). 

Leider konnte in der Folge die Ausführung dieser Idee nicht 
mehr im vollen Umfange aufrecht erhalten werden. 

Die „Verhandlungen“ waren übrigens nicht die erste neue Zeit- 
schrift, die Hauer gegründet hatte. Die wachsende Theilnahme, 
deren sich (und zwar theilweise gerade durch die von ihm selbst 
gegebene Anregung) die palaeontologischen Studien in Oesterreich 
erfreuten, sowie der Umstand, dass die für grössere derartige Arbeiten 
bestimmten „Abhandlungen“ der Reichsanstalt nicht immer für die 
Aufnahme dieser Arbeiten ausreichten, hatten Hauer schon im 
Jahre 1858 bestimmt, einer Anregung von Suess zu folgen?) und 
unter dem Namen „Beiträge zur Palaeontographie von Oesterreich“ 
ein neues Organ für jenen Zweck zu schaffen, welches in Hölzel 
(Wien und ÖOlmütz) einen Verleger fand. Doch erwiesen sich die 
Kosten des Unternehmens bald als zu grosse, so dass dasselbe keinen 
langen Bestand hatte. Bekanntlich haben dann später Mojsisovies 
und Neumayr einen ähnlichen Gedanken wieder aufgenommen und 
wurde die von diesen gegründete Zeitschrift sodann in etwas anderer 
Form und mit materieller Unterstützung der Regierung von Waagen 
fortgeführt. Zur Zeit als Hauer an Derartiges dachte, scheint ein 
solcher Versuch noch verfrüht gewesen zu sein. 

Bei dieser Gelegenheit mag übrigens gleich erwähnt werden, 
dass dafür durch Hauer’s Bereitwilligkeit und Unterstützung die Ent- 
stehung einer anderen Zeitschrift ermöglicht wurde, die sich heute 
noch in den betreffenden Fachkreisen grosser Beliebtheit erfreut. 

Tschermak’s „mineralogische Mittheilungen“ erschienen von 
1871—1877 als integrirender Bestandtheil des Jahrbuches der geo- 
logischen Reichsanstalt, bis das Unternehmen sich soweit gefestigt 
hatte, dass es unabhängig und auf eigene Füsse gestellt, weiter be- 
stehen konnte. 

Bei der Entstehung noch anderer Zeitschriften war Hauer 
wenigstens indirect betheiligt, indem er die Vereine mitgründen half, 
deren Organe diese Zeitschriften sind. 

Von solchen Vereinen aber, an deren Gründung er sich in dieser 
Periode seiner Wirksamkeit als Director der Reichsanstalt betheiligte, 
seien die anthropologische Gesellschaft (1869) 3), der wissenschaftliche 


’) Unter Anderem betrifft dies fast alle ohne Namen oder Initialen eines 
Referenten mitgetheilten Referate. 

?) Aus Privatpapieren geht dies hervor. 

) Die allererste Initiative zur Gründung dieser Gesellschaft ging, so weit 
mir bekannt, von einem früheren Mitgliede der geologischen Reichsanstalt Baron 
Andrian aus, der nunmehr schon seit einer Reihe von Jahren als Präsident 
der Gesellschaft fungirt und der sich behufs der Vorbereitungen zur Gründung 
des Vereines mit Hauer in Verbindung setzte. 

Es kann übrigens gleich bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen werden, 
dass Hauer später in seiner Eigenschaft als oberster Leiter des naturhistorischen 
Hofmuseums mannigfach Gelegenheit hatte, der anthropologischen Gesellschaft 
nützlich zu sein. Auch mag hier des Umstandes gedacht werden, dass Hauer 
bald nach Hochstetter's Tode (1834) zum Obmann der prähistorischen Com- 
mission der kais. Akademie der Wissenschaften gewählt wurde, welche die Aufgabe 
hatte, „Höhlenuntersuchungen und palaeoethnographische Forschungen und Aus- 


708 Dr. Emil Tietze. [30] 


Club in Wien (1876) und die Section für Naturkunde: des öster- 
reichischen Touristenclub (1879) genannt. Das sozusagen mit dem 
sanzen Werdeprocess desMannes verknüpfte Princip, alle selbständigen 
Bestrebungen zur Förderung des wissenschaftlichen Lebens thatkräftig 
zu unterstützen, verleugnete sich eben nirgends, und Hauer frug 
auch in der Regel nicht viel danach, ob der erste Anstoss zu. dieser 
oder jener Bewegung dabei von einem zünftigen Gelehrten ausging 
oder nicht. 
Nicht unbedeutend ist auch die Thätigkeit, die Hauer, der am 
19. März 1875 den Titel und Charakter eines Hofrathes erhalten hatte, 
gelegentlich der in diesem Jahre stattgehabten Wiener Weltausstellung 
zu bekunden Veranlassung hatte und auch bezüglich der Betheiligung 
Oesterreichs an der Pariser Ausstellung 1878 erwarb er sich als 
Mitglied des dafür berufenen Specialecomites besondere Verdienste. 
Endlich fand der damals vielseitig in Anspruch genommene 
Mann auch noch Zeit, die Lehrthätigkeit, der er in seinen jungen 
Jahren als Beistand Haidinger’s am montanistischen Museum oeb- 
gelegen hatte, in etwas anderer Form wieder aufzunehmen, indem er 
an der damals neu creirten Hochschule für Bodeneultur eine Docentur 
für Mineralogie und Geologie übernahm. Die betreffende Ernennung 
ist vom 11. Februar 1874 datirt. 


Hauer stand etwas über 18 Jahre selbständig an der Spitze 
der geologischen Reichsanstalt, als er am 17. Februar 1885 zum In- 
tendanten des naturhistorischen Hofmuseums als Nachfolger Hoch- 
stetter’s ernannt wurde. x 


Mit lebhaftem Bedauern sahen die Mitglieder des Institutes ihr 
langjähriges Oberhaupt scheiden !, konnte man ihn ja doch eben 
schon seit der Gründung der Anstalt, das ist durch volle 35 Jahre 
hindurch, als den fachwissenschaftlichen Führer dieser geologischen 
Körperschaft betrachten, und hatte man doch während jener langen 
Zeit ausserdem auch vollauf Gelegenheit gehabt, die liebenswürdigen 
Eigenschaften seines Wesens kennen zu lernen, Eigenschaften, welche 
verbunden mit dem hohen wissenschaftlichen Ansehen ihres Trägers, 
zu einer jeden bureaukratischen Zwang fast entbehrlich machenden 


grabungen auf österreichischem Gebiete zu veranlassen und zu fördern und darüber 
zu wachen, dass wichtige Fundstätten nicht in unwissenschaftlicher Weise für 
Prıvatzwecke ausgebeutet werden“. (Vergl. Mitth. d. prähist. Comm. der kais. Akad. 
Wien 1588, das Vorwort.) So konnte Hauer also auch bezüglich des neuen 
Wissenschaftszweiges der Anthropologie fördernd eingreifen und wohl nicht mit 
Unrecht hat deshalb erst kürzlich Virchow bei der Anthropologenversammlung 
in Lindau die Verdienste Hauer’s neben denen Hochstetters um die Ent- 
wicklung dieses Faches in Oesterreich ausdrücklich betont. Es ist vielleicht nicht 
uninteressant, daran zu erinnern, dass auch \ier wieder (reologen, die dem Ver- 
bande der Reichsanstalt angehört hatten (das gilt ja auch für Hochstetter), 
den wesentlichsten Einfluss auf eine neue Bewegung nahmen, deren Nothwendig- 
keit doch wohl heute von Niemandem bestritten wird. 


‘) Vergl. dazu die von Stur verfasste Adresse (Verhandl. d. geol. R.-A. 
1555, pag. 135), welche Hauer aus diesem Anlass überreicht wurde. Auch mag 
hier erwähnt werden, dass die Mitglieder der Anstalt damals zur Erinnerung an 
Hauer ein Porträt desselben von der Meisterhäand Canon’s- malen liessen, 
welches heute eine Zierde unseres Sitzungssaales bildet. in 


Be 


or 


[31] Franz v. Hauer. 709 


Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten führten, wie sie unter 
anderen Voraussetzungen nicht immer möglich ist. 

Zu jenen liebenswürdigen Eigenschaften gehörte, abgesehen von 
den urbanen Formen seines Umganges, vor allem ein wahrhaftes 
Wohlwollen, dem entsprechend er sich auch stets neidlos jedes Er- 
folges freute, den irgend einer seiner Collegen, Freunde oder Fach- 
genossen erzielte. Das entsprach freilich der Tradition, die Haidinger 
geschaffen hatte, aber ohne jenen wohlwollenden Grundzug des Wesens 
wird es vielleicht nicht Jedem gegeben sein, eine derartige Tradition 
aufrecht zu erhalten, ganz abgesehen davon, dass andererseits auch 
nicht Jeder Verhältnisse vorfindet, die mit ihm und durch ihn sich 
entwickelt haben und die ihm deshalb die constante Bethätigung 
solehen Wohlwollens erleichtern. 

Damit in Uebereinstimmung steht auch, dass Hauer von sich 
hätte mit gleichem Rechte sagen können, was er Haidinger nach- 
gerühmt hat’), dass der Arbeit jedes Einzelnen unter seiner Leitung 
der freieste Spielraum blieb und dass Jedem mit fast ängstlicher Ge- 
nauigkeit die Anerkennung seiner persönlichen Thätigkeit gewahrt 
wurde. „Das an anderen Orten so geläufige System der Ausbeutung 
der Arbeitskraft der aufstrebenden Generation durch die älteren 
Meister wurde sorgfältig ferne gehalten“, und Hauer ging dabei 
sogar nach der entgegengesetzten Richtung weiter, als seine wahren 
Freunde dies manchmal gewünscht haben mögen. Liess er es ja doch 
ohne ernstlicheren Widerspruch geschehen, dass Andere, Jüngere, 
sich das erste Wort verschafften in Fragen, wo er dasselbe zu sprechen 
berufen gewesen wäre und dass Erfolge, die er und seine nächsten 
Arbeitsgenossen erzielt hatten, verdunkelt und in den Hintergrund 
gedrängt wurden durch spätere Bestrebungen, die nicht immer zum 
Besseren führten und denen es ohne jene früheren Erfolge überhaupt 
an einer Ansatzstelle gefehlt hätte. 

Hauer war übrigens nicht nur bereit, Jedem die gebührende 
(bezüglich beanspruchte) Anerkennung zu zollen, er glaubte die Ent- 
wicklung der aufstrebenden Generation sowohl, als die Sache der 
Wissenschaft überhaupt jeweilig auch dadurch fördern zu können, 
dass er, soweit dies nur einigermassen anging, Einzelnen in liberalster 
Weise das specielle Arbeitsfeld überliess, auf welchem dieselben 
nach ihrem eigenen Ermessen und allen sonstigen Voraussetzungen 
nach das Meiste und Beste zu leisten versprachen. 

Es mag den Anschein haben, dass dieses Prineip oder diese 
Gewöhnung, an der Hauer auch später bei der Leitung des natur- 
historischen Hofmuseums festzuhalten bemüht war, eine gewisse Un- 
gleichmässigkeit des Fortschrittes der Arbeit für das Ganze bedingt, 
bei dem dieser Fortschritt zur Geltung gelangen soll; die Summe der 
Leistungen jedöch, die unter solchen Umständen erzielt werden, wird 
grösser sein, als bei einer ohne Rücksicht auf individuelle Neigungen 
stattfindenden Verwendung der Arbeitskräfte. Hauer pflegte, wenn 
auf diese Verhältnisse die Rede kam, zu sagen, dass jene Ungleich- 
mässigkeit durch die Zeit ihre Correctur finde, da mit dem Wechsel 

) Vergl. Jahrb. d. geol. R.-A. 1871, 8. 37. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 90 


710 Dr. Emil Tietze. [32] 


der arbeitenden Personen auch eine Art Turnus in der Bevorzugung 
der Arbeitsgegenstände verbunden sei, der überdies in gewissen Fällen 
auch durch die wechselnden wissenschaftlichen Strömungen und Be- 
dürfnisse hervorgerufen werden könne. 

Ob nun Hauer bei diesem Princip des Gewährenlassens in 
diesen und ähnlichen Dingen nicht manchmal zu weit gegangen ist 
und ob er dabei jedesmal von einer richtigen Menschenkenntniss ge- 
leitet wurde, ist eine Frage für sich, denn die zutreffende Beurtheilung 
von Personen und die rasche Würdigung der Triebfedern Anderer 
setzt eine besondere Art der Begabung voraus, welche mit anderen 
Gaben des Geistes und des Gemüthes sich nicht immer vereinigt 
findet. Das eine aber ist gewiss, solche freiwillige Zugeständnisse an 
die Individualität Untergebener von Seiten eines Vorgesetzten sind 
trotz mancher dagegen zu äussernden Bedenken für einen wissen- 
schaftlichen Kreis immer noch heilsamer als die engherzige Verfolgung 
einer eigenen Lieblingsrichtung und die erzwungene Unterordnung 
Anderer unter dieselbe. 

Was dabei im besonderen die Thätigkeit an einem Institute, 
wie die geologische Reichsanstalt anbelangt, so unterliegt es keinem 
Zweifel, dass jener Wechsel der Strömungen und Bedürfnisse, von 
dem oben gesagt wurde, dass er einen Ausgleich gewisser Unregel- 
mässigkeiten im Fortschritt der Arbeiten herbeiführen könne, sich 
thatsächlich seit dem nunmehr halbhundertjährigen Bestande des In- 
stitutes mehrfach bemerkbar gemacht hat, wenngleich nie in radicaler 
Weise, was auch wohl nicht erwünscht gewesen wäre. Ich erinnere 
hier nur an die Zeit, in welcher die palaeontologische Richtung, die 
ja daselbst ganz ausgezeichnete Vertreter aufzuweisen hatte und zum 
Theil noch besitzt, besonders bevorzugt schien, während heute die 
Aufmerksamkeit der Mitglieder in relativ erhöhterem Grade, theils 
durch tektonische Fragen bezüglich der studirten Gebiete, theils durch 
die sonstigen localgeologischen Verhältnisse daselbst, theils auch durch 
die wachsenden Zumuthungen in praktischen Fragen in Anspruch ge- 
nommen wird. 

Bei den Kartenaufnahmen freilich, die ja die wichtigste Auf- 
gabe der Anstalt bilden, konnte eine Specialisirung im Sinne der 
Bevorzugung gewisser Arbeitsgegenstände nur ausnahmsweise statt- 
finden. Mehr noch als heute musste da früher der Geologe in allen 
Sätteln gerecht sein, und es musste von ihm verlangt werden, dass 
er mit den verschiedensten Gebilden, die an der Zusammensetzung 
des ihm zur Untersuchung überwiesenen Gebietes theilnahmen, fertig 
zu werden verstehe. Immerhin wusste es Hauer auch damals zu 
ermöglichen, dass wenigstens Einzelnen zeitweilig oder fortlaufend 
solche Gebiete zugewiesen wurden, in denen sie hoffen durften, 
ihrem besonderen Können und Wollen entsprechende Themata für 
Studien zu gewinnen, deren Darlesung dem betreffenden Autor dann 
auch nützlicher zu werden versprach, als die gleichmässig über 
sämmtliche Beobachtungen ausgedehnten blossen Mittheilungen über 
den Bau jener Gegenden. So wurde beispielsweise der Eine in den 
Stand gesetzt, den versteinerungsreichen Juraschichten, wo solche zu 
erwarten waren, eine intensivere Aufmerksamkeit zuzuwenden, während 


[33] Franz v. Hauer. 711 


der Andere es erreichen konnte, sich vorzugsweise dem Studium der 
Triasbildungen und ihrer Einschlüsse zu widmen. Für die Aufsamm- 
lung solcher Einschlüsse aber wurden oft relativ bedeutende Mittel 
flüssig gemacht. 

Nicht jeder Vorgesetzte hätte so gehandelt und in dieser Weise 
wenigstens Anlass zu dankbarer Gesinnung gegeben, denn es können 
deren ja auch solche gedacht werden, die eifersüchtig über ihre 
eigene Bedeutung wachen und nicht wünschen, dass neben ihnen das 
Gras zu stark in die Halme schiesse. 


Als Hauer die Oberleitung des naturhistorischen Hofmuseums 
übernahm, hatte er bereits 41 Dienstjahre und 63 Lebensjahre 
hinter sich und vor sich eine gewaltige Aufgabe, denn es han- 
delte sich vor Allem um die Ueberführung und Neuaufstellung 
der reichen, dem Museum zugewiesenen kaiserlichen Sammlungen in 
den neuen, am Burgring dafür erbauten Palast, der heute mit seinem 
wissenschaftlichen Inhalt eine der ersten Sehenswürdigkeiten Wiens 
bildet. Die seltene Rüstigkeit und Geistesfrische jedoch, deren sich 
Hauer bis wenige Jahre vor seinem Tode erfreute, liess ihn die 
verschiedenen, bei jener Arbeit auftauchenden Schwierigkeiten sicher 
überwinden. Er selbst schrieb sich dabei allerdings nur ein geringeres 
Verdienst zu), insoferne schon Ferdinand v. Hochstetter sich 
mit Begeisterung der Vorarbeiten für das grosse Werk angenommen 
und den Plan für die Vertheilung der Sammlungen in den verschie- 
denen Sälen wenigstens in grossen Zügen vorbereitet hatte, und in- 
soferne dann später die Aufstellung der verschiedenen Gegenstände 
von einem aus trefflichen Fachmännern und vorzüglichen Speeialisten 
bestehenden Beamtenpersonale durchgeführt wurde. Wer aber Ge- 
legenheit gehabt hat, Einsicht zu nehmen in das emsige Getriebe, 
welches der am 10. August 1889 erfolgten Eröffnung des Museums 
vorausging, der wird auch den erfolgreichen Antheil Hauer’s an 
jener Arbeit zu schätzen wissen ?). 

Es mag ja nicht immer leicht sein, die bisweilen divergirenden 
Bedürfnisse und Bestrebungen, wie sie in einem so vielgestaltigen . 
Gebilde nach Geltung ringen, in einen harmonischen Einklang zu 
bringen. Nur ein Mann nicht allein von bereits früher erprobtem 
ÖOrganisationstalent, sondern auch von der universellen Bildung, wie 
eben Hauer sie besass, konnte einen solchen Versuch mit Hoffnung 
auf Erfolg zu unternehmen wagen. Zwar als Meister im eigenen 
Fach, aber frei von den engherzigen Vorurtheilen eines speciellen 
Fachgelehrten, trat er hier wie anderwärts an seine Aufgabe heran. 
„Alle Bestrebungen zur Förderung der verschiedenen Zweige der Kunst 
und Wissenschaft“ galten ihm als gleichberechtigt, und so bezeichnete 
„ein freudiges Zusammenwirken von Kunst, Wissenschaft und admini- 
strativer Thätigkeit den Bau und die innere Einrichtung der Museen.“ 

Es mag übrigens sein, dass für das Ziel dieses Zusammen- 
wirkens die Kraft Hauer’s nur in der ersten Zeit des Werdens der 


1) Vergl. Annalen d. naturh. Hofmuseums, Wien 1892, Notizen pag. 26. 
?) Es kann übrigens darauf hingewiesen werden, dass Hauer anlässlich 
dieser Eröffnung mit dem österr. Leopolds-Orden decorirt wurde. 
90* 


112 Dr. Fmil Tietze. [34] 


neuen Schöpfung sich nach jeder Richtung als ausreichend erwies. 
Die Ueberwindung wissenschaftlicher Schwierigkeiten und die Arbeit 
bei der Ordnung musealer Schätze fielen ihm jedenfalls von jeher 
leichter als die Behandlung und zutreffende Beurtheilung von Personal- 
fragen. Die Toleranz, die in seinem ganzen Wesen lag und die er, 
wie schon früher angedeutet wurde, gegenüber der Eigenart der 
Bestrebungen Anderer sogar zum Principe erhoben hatte, konnte 
nicht unter allen äusseren Umständen sich bewähren, denn im Ver- 
hältnisse der Menschen zueinander gilt oft das Gesetz der gegen- 
seitigen Einschränkung um so ausgesprochener, und wird die Noth- 
wendigkeit der Eindämmung von Sonderbestrebungen um so drin- 
sender, je freier gerade die Kräfte der Einzelnen sich bethätigen 
wollen. Es wäre indessen nicht wohl angebracht, wollte man die 
Thätigkeit eines Gelehrten in solchem Falle nur nach einer bureau- 
kratischen Schablone beurtheilen, denn wenn auch begreiflicher Weise 
Verdienste um die Wissenschaft und den Aufschwung wissenschaftlicher 
Bestrebungen nicht gerade dem Verständniss eines Jeden zugänglich 
sind, so wird wenigstens von den Männern der Wissenschaft zu erwarten 
sein, dass sie derartige Verdienste bei ihren Urtheilen in die Waag- 
schale werfen. 

Jedenfalls hat die Führung Hauer’s der ihm anvertrauten 
Schöpfung noch bis in die letzte Zeit hinein zum grossen Segen 
gereicht. Stets war er bedacht, den Glanz dieses Institutes nach 
aussen zu heben und andererseits das dort aufgespeicherte kostbare 
Material durch neue Schätze zu bereichern, und wenn dazu die 
officiell zugewiesenen Mittel nicht ausreichten, hat er entweder selbst 
mit Erfolg sich bemüht, Gönner und Freunde zu gewinnen, welche 
durch Schenkungen nachhalfen, oder er hat die darauf abzielenden 
Bestrebungen seiner Untergebenen wirksamst unterstützt. 

Das naturhistorische Hofmuseum steht deshalb heute da als ein 
grossartiges Institut, welches einerseits durch reiche Schaustellungen 
der Lernbegier und dem Bildungstriebe des Publicums entgegen- 
kommt, andererseits aber einen wissenschaftlichen Mittelpunkt von 
grosser Bedeutung vorstellt, dessen Unabhängigkeit von anderen 
wissenschaftlichen Kreisen Hauer durch die Gründung eines eigenen 
publieistischen Organs, der „Annalen des k. k. naturhistorischen 
Hofmuseums“, so weit als nöthig, noch besonders zu sichern wusste. 
Die Sammlungen des Museums sind mustereiltig geordnet und in 
Bezug auf einzelne Specialitäten gehören sie zu den ersten der Welt. 

Als Hauer im Jahre 1896 (17. November) von der Leitung des 
Museums schied, wurde ihm der Ausdruck der kaiserlichen Zufrieden- 
heit bekannt gegeben. Er konnte auf eine 52jährige Dienstzeit im 
Staats- und Hofdienst zurückblicken und er durfte mit dem Bewusst- 


sein in den Ruhestand treten, während dieses langen Zeitraumes. 


nicht allein zum Nutzen der Wissenschaft, sondern auch zur Ehre 
seines Vaterlandes Hervorragendes geleistet zu haben. | 
Nicht lange sollte es Hauer beschieden sein, die wohlver- 
diente Ruhe zu geniessen, welche nunmehr einem von Schaffens- 
freudigkeit erfüllten Leben folgte. | 


'[55] Franz v. Hauer. 713 


Asthmatische Beschwerden belästigten ihn schon längere Zeit und 
der sonst so kräftige Mann, der früher sehr wenig von Krankheiten 
zu leiden gehabt hatte, wurde nunmehr auch von den Leiden des 
Alters heimgesucht. Seine physischen Kräfte nahmen rasch ab. Im 
Herbst 1898 gesellte sich zu diesen Zuständen ein Exsudat in der 
Lunge. und eine. zwar nicht krebsartige, aber nach der Erklärung 


‚der Aerzte doch bösartige Neubildung im Gaumen (sog. tumor ma- 
lignus). Dieses Uebel bereitete ihm viele Unbequemlichkeiten nicht 


allein bei der Nahrungsaufnahme, sondern auch beim Sprechen. Am 
Abend des 20. März 1899 erlöste ihn der Tod von dieser mit wahr- 
haft standhafter Geduld ertragenen Krankheit. 

Geistige Klarheit und in überraschend hohem Grade auch geistige 
Frische hat sich Hauer übrigens bis zu seiner mit Gleichmuth er- 


warteten letzten Stunde bewahrt. Noch während seines Siechthums 


nahın er fortdauernd Antheil sowohl an den: öffentlichen Ereignissen, 
wie an allen. Vorgängen in wissenschaftlichen Kreisen. Bis eine Woche 
vor seinem Tode führte er noch ein kurzes Tagebuch. Noch am 
12.:März schrieb er in dasselbe, dass er sich und seiner zunehmenden 
Schwäche nicht so nachgeben dürfe. Er wollte ankämpfen weniger 
vielleicht gegen sein Leiden als gegen den damit Hand in Hand 
gehenden Verfall der Kräfte. Gegen die Gesetze der menschlichen 


‚Natur vermochte indessen sein Wille nichts mehr durchzusetzen. 


Es ist nicht meine Absicht, in dieser Schrift, die ja keine voll- 
ständige Biographie vorstellen soll, bei der Mittheilung . rein persön- 
licher Einzelheiten, die nur privates Interesse besitzen, länger zu ver- 


‚weilen. Nur einige wenige Daten dieser Art will ich deshalb noch 


kurz erwähnen. 

.. „Hauer war zweimal verheiratet: in erster Ehe mit Rosa von 
Unkhrechtsberg und in zweiter Ehe nach eingeholter päpstlicher 
Erlaubniss mit deren Schwester Luise, aus welcher letzteren Verbin- 
dung die einzige überlebende Tochter des Verstorbenen stammt. Beide 
Ehen. waren in Folge des jeweilig ziemlich rasch erfolgten Todes der 


-Gattinnen Hauer’s von kurzer Dauer. 


Derselbe war unter 9 Geschwistern das sechste Kind seiner 
Eltern. Bei seinem Tode waren noch zwei seiner Brüder am Leben, 
desgleichen seine Schwester Josephine, welche ihm in den letzten 
Jahren seines Lebens den Haushalt führte und die sich seiner in 


.treuester Sorge angenommen hat. Eine seiner bereits früher verstor- 


benen Schwestern, Antonie, war mit dem Sohne des seiner Zeit in 
wissenschaftlichen Kreisen viel genannten Baron Carl Reichenbach 
vermählt gewesen, und unter seinen ihm im Tode vorausgegangenen 
Brüdern hat sich der schon oben: einmal erwähnte Carl v. Hauer 
als Chemiker verdient gemacht. Von jenen beiden überlebenden 
Brüdern aber ist der eine, Julius, derzeit Hofrath in Pension, einem 
grossen Theil der österreichischen Montanisten auf’s Beste bekannt, 
insofern derselbe durch lange Jahre hindurch an der Bergakademie 
in Leoben als Lehrer gewirkt hat, während der andere, Rudolf, 


714 Dr. Emil Tietze. [36] 


seit langer Zeit als Secretär des Gewerbevereines in Klagenfurt 
fungirt und die technischen Sammlungen dieses Vereines verwaltet. 

Politisch ist Franz v. Hauer nie hervergetreten, auch nicht 
seit seiner am 1. November 1892 erfolgten Berufung in das Herren- 
haus des österreichischen Reichsrathes. Er hat im Plenum des Herren- 
hauses, wo er sich der „Verfassungspartei“ anschloss, meines Wissens 
nie das Wort ergriffen, obschon er in vielen anderen Fällen und bei 
Anlässen der verschiedensten Art sich als nicht ungewandter Sprecher 
zeigte. Nur bei einigen Commissionsverhandlungen des hohen Hauses 
hat er, zum Theil auch durch Ausarbeitung von Referaten, mitgewirkt. 

Gross ist die Zahl der ehrenden Auszeichnungen, mit welchen 
Hauerim Laufe seines Gelehrtenlebens von Seiten wissenschaftlicher 
Corporationen bedacht wurde, und es könnte als eine Sache der 
Pietät sowohl wie der Höflichkeit gegenüber jenen Corporationen 
betrachtet werden, wenn ich eine Liste jener Ehrungen hier mit- 
theilen würde. Ich sehe jedoch davon ab, in Rücksicht auf die längere 
und nahezu vollständige Zusammenstellung, welche in dieser Hinsicht 
bereits A. v. Böhm in den Abhandlungen der k. k. geographischen 
Gesellschaft!) veröffentlicht hat?). Ich will hier nur anführen, dass 
Hauer gelegentlich der 500jährigen Jubelfeier der Wiener Universität 
am 3. August 1865 zum Ehrendoctor der Philosophie ernannt und 
dass ihm in Anerkennung seiner hervorragenden wissenschaftlichen 
Leistungen und seiner Verdienste um die geologische Landesaufnahme 
von Oesterreich von der Geological society of London am 17. Februar 
1882 die goldene Wollaston-Medaille verliehen wurde. Auch mag 
daran erinnert werden, dass derselbe von der deutschen Leopoldina 
Carolina 1875 zum Obmann der Section für Mineralogie und Geologie 
und 1880 zum Adjunkten fär Oesterreich ernannt worden ist. Einige 
andere hieher gehörige Daten konnten bereits im Verlaufe der voran- 
gehenden Auseinandersetzungen erwähnt werden, wie z. B. die Hauer 
von der k. k. geographischen Gesellschaft erwiesenen Ehrungen). 

A. v. Böhm hat ausserdem die verschiedenen hohen Ordens- 
auszeichnungen genannt, deren Träger Hauer gewesen ist und er 
hat dieselben nach den Jahreszahlen der Verleihungen geordnet, ähn- 
lich wie er sich auch bezüglich der von Gesellschaften ausgegangenen 
Ehrungen bemüht hat, die erforderlichen chronologischen Angaben 
beizufügen. 

Ueberdies hat Böhm auch eine sehr lange und wohl ebenfalls 
annähernd vollständige Liste der Fossilien mitgetheilt, welche nach 
Hauer benannt sind, eine mühevolle und zeitraubende Arbeit, welche 
ebenso wie die vorerwähten Zusammenstellungen, von der grossen 
Pietät Zeugniss ablegt, die der Verfasser für den dahingeschiedenen 
Meister empfindet und für die Herrn Dr. v. Böhm deshalb noch 


') Vergl. dazu 1. ce. pag. 111—1i6 (pag. [21]--[26] des Separatabdruckes). 
. .„. ) Nachzutragen ist da höchstens die Ernennung Hauer's zum Ehrenmit- 
gliede der holländischen Gesellschaft der Wissenschaften in Harlem (1860) und 
der Accademia di scienze, lettere ed arti degli zelanti di Aci Reale (1867). 
°) Bei dieser Gelegenheit mag hinzugefügt werden, dass ähnlich wie die 
geographische Gesellschaft auch die Section für Naturkunde des österr. Touristen- 
club Hauer zum Ehrenpräsidenten ernannt hatte, 


[37] Franz v. Hauer. 715 


besonderer Dank gebührt. Auch in diesem Falle muss ich mich 
indessen begnügen, auf Böhm’s Schrift zu verweisen. 

Erwähnt mag jedoch werden (obwohl auch dies schon von 
Böhm vorgebracht wurde), dass zwei Höhlen mit dem Namen Hauer’s 
belegt wurden, die „Hauergrube“ nächst der Schartenalm bei Goisern 
und der „Hauerdom“ bei Unter-Loitsch in Krain, ferner, dass die 
Salinenverwaltung in Hallstatt im Jahre 1882 einen neuen Schurf 
auf dem dortigen Salzberge den „Hauerschurf“ genannt hat, wovon 
Hauer durch ein prachtvoll ausgestattetes Diplom verständigt wurde. 
Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass derselbe anlässlich seines 
für die Karstforschungen bekundeten Interesses 1837 von der Gemeinde 
Planina in Krain zum Ehrenmitgliede ernannt wurde. 

Auf weitere Einzelheiten dieser Art einzugehen muss ich mir 
versagen, wenn ich von dem Wege zu dem Ziele dieser Schrift nicht 
allzu weit abschweifen will. 


Die wissenschaftliche Thätigkeit Hauer’s. 


Wie am Eingange dieser Schrift angedeutet wurde, besteht 
meine Aufgabe hauptsächlich in einer Charakteristik des wissenschaft- 
lichen Wirkens Franz v. Hauer’s. Theilweise konnte in der voran- 
stehenden Schilderung von dessen Lebenslauf auch schon Verschiedenes 
besprochen werden, was auf dieses Wirken Bezug hat. Es waren dies 
indessen Dinge, die im Wesentlichen mit den äusseren Umständen 
dieses Lebenslaufes ganz unmittelbar zusammenhingen und die deshalb 
auch von Anderen in ihren dem Andenken des Verstorbenen gewidmeten 
Mittheilungen bereits gestreift, bezüglich mehr oder weniger hervor- 
gehoben wurden, je nachdem man an der betreffenden Stelle für diese 
oder jene Seite der Thätigkeit Hauer’s ein specielleres Interesse 
gehabt hatte. Die Art der Wirksamkeit Hauer’s als Forscher und 
wissenschaftlicher Autor bleibt indessen noch näher zu beleuchten 
übrig und dieser Darlegung gelten also die jetzt folgenden Seiten. 

In der geistvollen und durch ihren gefühlswarmen Ton ergreifenden 
Rede, welche Eduard Suess am offenen Grabe des todten Meisters 
hielt, hob der Sprecher hervor, dass Niemand den Boden Oesterreichs 
besser gekannt habe als Franz von Hauer, und er pries diesen 
Namen „als die Verkörperung jener ersten begeisterten Zeit der 
Arbeit, in welcher binnen wenig Jahren die Grundlinien des Baues 
dieses in seiner Mannigfaltigkeit durch die Natur dreifach gesegneten 
Reiches ergründet“ wurden, die dann von Hauer selbst „zu einem 
grossen Gesammtbilde vereinigt“ worden seien. 

Damit war in der That die Bedeutung des Dahingeschiedenen 
in vieler Hinsicht auf das Treffendste gekennzeichnet. Suchen wir nun- 
mehr aber auch im Einzelnen uns der wesentlichsten unter jenen That- 
sachen zu erinnern, welche dieser allgemeinen Charakteristik zur 
Unterlage dienen konnten. 

Einen zuverlässigen Maassstab für die Beurtheilung der von 
Einzelnen geleisteten Arbeit gibt nicht allein die Betrachtung des 


716 Dr. Emil Tietze. [38] 


vollendeten Werkes, es muss auch untersucht werden, mit was für 
Mitteln die Arbeit zu Stande kam, was für Theile des Werkes dem 
Werkmeister beim Beginn der Arbeit von Anderen schon fertig ge- 
liefert wurden und in welchem Zustande diese Theile gewesen sind. 

Die Nutzanwendung dieser Betrachtung auf die Beurtheilung. 
wissenschaftlicher Erfolge ist leicht zu finden. | 

Vergegenwärtigen wir uns demnach vor allem den Standpunkt 
des geologischen Wissens über die Länder der österreichisch- 
ungarischen Monarchie in der Zeit, in welcher Franz v. Hauer 
seine Laufbahn begann. | 

Einige vielversprechende, bis in das achtzehnte Jahrhundert 
zurückreichende Anfänge der österreichischen Geologie, welche durch 
die Namen Ignaz v. Born, Fichtel und Haquet angedeutet 
sein mögen, hatten lange keine oder doch nur sehr ungenügende 
Fortsetzungen gefunden. Die Schwierigkeiten, welche in dem Mangel 
geeigneter Mittel- und Sammelpunkte für die Forschung lagen und 
die bereits oben gelegentlich der Erwähnung der „Freunde der Natur- 
wissenschaften“ hervorgehoben wurden, verhinderten jede günstige 
Entwicklung namentlich der einheimischen Kräfte. = 

So kam es, dass in dieser Zeit der Stagnation, welche mit 
wenigen Ausnahmen !) für das naturwissenschaftliche Leben Oesterreichs 
in den ersten Decennien des 19. Jahrhunderts eintrat, höchstens die 
Arbeiten einiger freiwilliger Pionniere der Geologie, wie Ami Boue& 
es war, an die Existenz der jungen Wissenschaft erinnerten, während 
Andere, wie Joseph v. Hauer (der Vater Franz v. Hauer'’s) und 
der verdienstvolle Partsch?) sich im wesentlichen damit begnügen 
mussten, durch Anlage von Sammlungen den späteren Aufschwung 
der betreffenden Forschung vorbereiten zu helfen. 

Das Wissen von den geologischen Verhältnissen der öster- 
reichischen Länder hatte auf diese Weise ein sehr unvollkommenes 
bleiben müssen. 

Am besten stand es noch um die ausseralpinen, bezüglich ausser- 
karpathischen Gebiete des Reiches, die sich in ihrer geologischen 
Beschaffenheit mehr dem Typus der deutschen Verhältnisse nähern und 
deshalb, soweit es der damals überhaupt noch unentwickelte Zustand der 
Geologie zuliess, einen leichteren Vergleich mit Bekanntem gestatteten. 
Da war man wenigstens, Dank den Bemühungen einzelner Forscher, 
über die elementarsten Anfänge der Untersuchung schon mehr oder 
weniger hinausgekommen. Wenn auch noch nicht jeder Versuch zur 
Deutung der betreffenden Verhältnisse gelang, wenn auch die Fülle der 
zu bewältigenden Arbeit damals noch kaum geahnt werden konnte 9 


') Zu denen z. B. das Wirken des Mineralogen Mohs gehört. 


?) Die unermüdliche Arbeitskraft dieses hochbegabten Mannes konnte sich 
keine entsprechende Geltung verschaffen." ‚Die Geschichte seines. Lebens“, wie sie 
Schrötter in der Sitzung der Wiener Akademie am 30. Mai 1857 vortrug, ist 
„eine Aufzählung einander folgender Enttäuschungen‘, um mit den Worten 
F. v. Hauer’s zu reden. (Vergl. „Die Geologie und ihre Pflege in Oesterreich“, 
pag. 21.) 

°) Beispielsweise war um das Jahr 1840, in welchem die später so erfolg- 
reichen Forschungen Barrande’s begannen, von den tausenden von Arten, die 


\ 
B 


[39] Franz v. Hauer. 717 


so wusste man doch schon einigermassen und in den allgemeinsten 
Umrissen, dass diese oder jene Bildung daselbst vertreten sei. 

Für die ausserkarpathischen Theile Galiziens hatten besonders 
Pusch und Zeuschner die spätere Arbeit vorbereiten helfen, in 
Mähren und Schlesien waren durch Männer wie Heinrich, Glocker, 
Reichenbach!) und durch die damals beginnende Thätigkeit 
Beyrich’s?) eine Anzahl von wichtigen Thatsachen bekannt geworden, 
und auch in Böhmen hatten mancherlei Vorstösse Einzelner (z. B. 
Zippe’s, Graf Sternberg’s und des älteren Reuss) schon einiges 
Lieht über die Zusammensetzung dieses interessanten Landes ver- 
breitet). Von einer intensiveren Thätigkeit auf geologischem Gebiete, 
von der man sich sichere Ergebnisse in grösserem Umfang hätte ver- 
sprechen können, war indessen ungeachtet solcher ehrenvoller Aus- 
nahmen auch in diesen etwas besser gekannten Gegenden wenig zu 
spüren. 

Gross aber war namentlich die Dunkelheit, welche für die alpinen 
und karpathischen Gebiete herrschte, trotzdem es auch hier an ver- 
schiedenen Versuchen, Klarheit zu schaffen, nicht fehlte und trotzdem 
insbesondere die Alpen, vielleicht noch öfter als andere Gebiete der 
Monarchie, die Aufmerksamkeit einzelner Beobachter auf sich gezogen 
hatten. 

„Das alpinische Sedimentgebirge bleibt, um mit 
Studer zu reden, der Wissenschaft, wie dem Auge des gemeinen 
Mannes ein regelloses Gewirr von Schiefern, Sandstein 
und Kalkmassen“, schrieb Wissmann noch im Jahre 1841 in 
seinen Beiträgen zur Geognosie des südöstlichen Tyrols*) und er 
schloss (l. e. pag. 24) seine damaligen Ausführungen mit dem 
Bekenntniss der Ueberzeugung, „dass die Natur in den Alpen die- 
jJenigen Gesetze in der Ablagerung der verschiedenen Formations- 
glieder und ihrer Petrefacten nicht befolgt hat, welchen man 
nach anderweitigen Beobachtungen eine zu grosse 
Allgemeinheit-zuzuschreiben;pflegt“. 

Das war eine völlige Bankerotterklärung der Forschung, die 
jedoch begreiflich erscheint im Hinblick sowohl auf die oft schwierig zu 
erklärenden Lagerungsverhältnisse der Alpen, als auf die zu jener Zeit 
mitunter nicht minder schwierig zu deutenden, weil damals noch fremd- 
artig erscheinenden Faunen der alpinen Schichten, so dass ein ordnungs- 
mässiger Zusammenhang der überdies noch spärlichen Beobachtungen 
in jenem Gebiet nicht ohne Weiteres festgestellt werden konnte. 

Von den palaeozoischen Gebilden der österreichischen Alpen, 
die seither in ziemlich weitem Umfange und in nicht geringer Mannig- 


seither das böhmische Silur geliefert hat, erst „ein einziger Brachiopode bekannt“. 
(Vergl. hiezu Katzer, Geologie von Böhmen. Prag 1892, pag. 5, die Anmerkung.) 


') Die geologischen Resultate der bekanntlich vielseitigen Studien des 
Freiherrn v. Reichenbach sind eine Zeit lang sehr mit Unrecht unterschätzt 
und ungünstig beurtheilt worden, worüber ich mich vielleicht noch bei einer 
anderen Gelegenheit zu äussern Veranlassung haben werde. et 

>) Ich meine hier dessen wichtigen Aufsatz in Karsten’s Archiv 1844. 

3) Die Arbeiten des jüngeren Reuss hatten um jene Zeit erst begonnen. 

%) In Graf Münster's Beitr. zur Petrefactenkunde, Bayreuth 1841, pag. 1. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 91 


718 Dr. Emil Tietze. [40] 


faltigkeit bekannt geworden sind ?), wusste man noch wenig. Man kannte 
einige Petrefacte aus der Gegend von Graz, auf einige Funde 
carboner Pflanzen hatte Unger aufmerksam gemacht?) und bei Blei- 
berg in Kärnten waren Fossilien des Kohlenkalkes entdeckt worden. 
Buch hatte die dortigen Schichten schon 1824 in Leonhard’s 
mineralogischem Taschenbuch beschrieben), und Barrande, sowie 
Graf Keyserling hatten zuerst mit Sicherheit den carbonen Charakter 
der betreffenden Versteinerungen erkannt®). Das war indessen Alles. 

Mehr wusste man nun allerdings, ganz im allgemeinen gesprochen, 
von dem Vorkommen der mesozoischen Schichten, sei es derjenigen, 
die damals dafür gehalten wurden, oder derjenigen, die wirklich zu 
dieser Abtheilung gehören. Dafür liess die Deutung der betreffenden 
Gebilde im Einzelnen fast Alles zu wünschen übrig, ihr gegenseitiges 
Verhältniss blieb unklar und die Meinungen, oder besser Vermuthungen 
der Autoren gingen hier oft weit auseinander. In der richtigen Deutung 
dieser mächtigen Schichteomplexe lag aber der Schlüssel zur öster- 
reichischen Alpengeologie und dieser Schlüssel war eben noch nicht 
gefunden. 

Als einer der allerwichtigsten Horizonte in den Alpen gilt uns 
heute der der Werfener Schichten, denn er ist es, welcher den ganzen 
grossen Complex der mesozoischen Gebirgsmassen nach unten von 
den älteren Gesteinsmassen trennt und dadurch eine erste Orientirung 
ermöglicht. Dazu musste er aber zuerst in seinem Alter bestimınt 
und vor allem auch in seiner Einheitlichkeit erkannt werden. Es 
ist wahrlich kein Vorwurf, wenn man daran erinnert, dass Lill von 
Lilienbach, dessen eifrige Bemühungen um die Entzifferung der 
nördlichen Ostalpen stets mit Anerkennung genannt zu werden ver- 
dienen und von dem die erste Erwähnung der Werfener Schichten 
unter diesem Namen ausging’), nach beiden Richtungen hin noch 
nicht ins Schwarze getroffen hatte. Bezüglich der Altersdeutung hing 
er Ja von der Auffassung ab, die er selbst oder Andere von den an 
diese Schichten angrenzenden Gebilden zu gewinnen vermochten. 
Um jedoch betreffis der Einheitlichkeit dieses Horizontes, oder anders 
ausgedrückt, betrefis der Zusammengehörigkeit der an verschiedenen 
Localitäten auftretenden Werfener Schichten und ihrer Aequivalente 


') Die lehrreichen Untersuchungen von Stache, Teller, Geyer und 
Anderen haben ja seit einiger Zeit diesen ursprünglich ziemlich vernachlässigten 
Zweig der alpinen Geologie zu einer auch das Interesse ausländischer Forscher 
intensiver anregenden Bedeutung gebracht. 

*) Neues Jahrb. von Leonhard und Bronn 1842, pag. 607. 

°) Ueber die karnischen Alpen, ]. e. pag. 428. 

‘) Vergl. speciell hierzu Hauer, Cephalopoden des Salzkammergutes aus 
der Sammlung des Fürsten Metternich, pag. 47, sowie Koninck’s monographie 
des fossiles carboniferes de Carinthie in den recherches sur les animaux fossiles, 
Il. Theil, Brüssel 1873, die Einleitung. Koninck schrieb sich nicht ganz mit 
Recht die Priorität für die betreffende Feststellung zu. M. Hörnes und Hauer 
hatten ihm allerdings schon frühzeitig Stücke aus Bleiberg zur Bestimmung ein- 
gesendet und er hatte darauf auch eine vorläufige Antwort gegeben, indessen 
geschah dies erst nach der oben erwähnten Intervention Keyserling's und 
Barrande's. Bei Sedgwick und Murchison (Eastern Alps pag. 306) galten 
die Productenschichten von Bleiberg als Transitionsgebirge. B f 

°) Neues Jahrb. von Leonhard u. Bronn 1830, pag. 154, 181 u. 210. 


— 6 u Fe 


[41] Franz v. Hauer. 719 


zu einem sicheren Urtheil zu gelangen, dazu fehlte es dem genannten 
Autor doch wohl vor Allem an der genügenden Ausdehnung seines 
Beobachtungsfeldes, das hiebei im wesentlichen auf das Salzburger 
Gebiet beschränkt blieb. Ueberdies hatte Lill den bewussten Schichten- 
complex von verschiedenen tiefer liegenden Schichten noch nicht 
sicher genug zu trennen gewusst, während er andererseits vermuthete, 
dass die Werfener Schichten, bezüglich die damit verknüpften Gypse 
und Salzstöcke in verschiedenen Lagen theils unter, theils jedoch 
auch über dem „unteren Alpenkalk“ vorkämen. Ein Theil des Salzes 
sollte sogar den nach heutigen Begriffen neocomen Schichten des 
Rossfeldes angehören. Die Hauptmasse der rothen Schiefer von 
Werfen war Lill übrigens geneigt, dem Uebergangsgebirge anzu- 
reihen (l. c. 1830, pag. 209—210). 

Man braucht sich über derartige Auffassungen im Hinblick auf 
die betreffenden, namentlich für das Steinsalz oft besonders schwierig 
zu entziffernden Verhältnisse um so weniger zu wundern, als es be- 
kannt ist, dass selbst nachdem die fragliche Schichtgruppe bereits 
richtig als Buntsandstein elassifieirt und in ihrer Bedeutung für die 
Gliederung der alpinen Gebilde gewürdigt worden war, noch immer 
Zweifel in dieser Beziehung aufgeworfen wurden. Noch im Jahre 
1854 vermuthete Escher von der Linth)), dass die Werfener 
Schichten Italiens über dem Muschelkalk liegen könnten und im 
Jahre 1856 sprach es Suess aus, dass er die für die österreichische 
Geologie so wichtige Frage, ob diese Schichten dem Buntsandstein 
oder dem Keuper gleichzustellen seien, „trotz der mühevollen Unter- 
suchungen und der -meisterhaften Auseinandersetzungen des Herrn 
v. Hauer, leider „noch nicht als vollkommen gelöst“ betrachten 
könne?). Sogar noch viel später (1866) hat Suess?) im Vereine mit 
Mojsisovies seine Bedenken in der fraglichen Hinsicht nochmals 
zum Ausdruck gebracht, indem er diesesmal seine Zweifel gegen die 
Einheitlichkeit des von den Werfener Schichten und ihren Aequivalenten 
eingenommenen Niveau’s richtete, so dass Mojsisoviesim Anschluss 
daran „nicht weniger als vier verschiedene Niveaus von Werfener 
Schiefer, Gyps- und Steinsalzvorkommen und demnach wohl ebenso- 
viele, wenigstens partielle Wiederholungen einer und derselben Schicht- 
folge“ unterschied #). Aus solchen Thatsachen mag am besten ersehen 
werden, welche Schwierigkeiten es hiebei zu entziffern gab. 


') Zeitschr. der deutschen geolog. Ges. 1854, pag. 520, vergl. die Ent- 
geenung Hauer’s in d. Sitzungsberichten d. k. Ak. d. Wiss. Wien 1555, pag. 415. 
?) Sitzungsberichte d. k. Ak. d. Wiss. Wien 1856, 19 Bd. pag. 371, vergl. 


‚die Entgegnung Hauer's im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1857, pag. 166, sowie 


in Verhandl. der k. k. geol. R.-A., 12. Bd., pag. 165. Die Mittheilung aus dem 
Jahre 1857 beweist, dass Hauer mit seiner Erwiderung nicht so lange gewartet 
hat, als Bittner später (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1594, pag. 270) glaubte. 

3) Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1866, pag., 159, vergl. die Entgegnung 
Stur's, ebendort pag. 17°. 

*») Vergl. über diesen Punkt die klare Darstellung Bittner's „Zur neueren 
Literatur der alpinen Trias“, Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 270, 271. 
Dr. Bittner erblickt (pag. 269) in jenen Zweifeln nebst den daran geknüpften 
weiteren Folgerungen den ersten Ausgangspunkt der Missverständnisse, welche 
dann durch Decennien hindurch die alpine Triasgeologie beherrscht haben. 

91* 


720 Dr. Emil Tietze. [42] 


Zu den ersten, die sich an dieser Aufgabe versuchten, gehörten 
auch einige hervorragende englische Forscher, welche nach Oesterreich 
kamen, etwa ähnlich, wie heute wissenschaftseifrige Reisende in die 
weniger bekannten Theile der Balkanhalbinsel oder Kleinasiens den 
Schritt lenken. 

Unter jenen Reisenden hatte Buckland schon frühzeitig!) die 
Schichten, welche später von Lill als Werfener bezeichnet wurden, 
mit dem New red sandstone der Engländer in Beziehung gebracht, 
was, wie etwas später Sedgwick und Murchison hervorhoben, 
immerhin ein wichtiger Schritt nach vorwärts war. Man darf jedoch 
damit die heutige Deutung jener Gebilde nicht etwa schon für gegeben 
erachten, schon deshalb nicht, weil der englische new red sandstone 
sowohl permische als triadische Bildungen umfasste, obschon Buck- 
land hier vorzugsweise wirklich an bunten Sandstein gedacht hat. 

Sedgwick und Murchison, die sich im übrigen schon vielfach 
auf die Beobachtungen Lill’s stützten, acceptirten theilweise den Ver- 
gleich Buckland’s, allein gemäss der Farbenerläuterung der ihrem 
Werke beigegebenen Karte galten ihnen die Werfener Schichten für 
einen Repräsentanten der ganzen Trias vom Bundsandstein bis zum 
Keuper, was auch mit ihren sonstigen Voraussetzungen, wonach die 
tieferen Schichten des sogenannten Alpenkalkes dem englischen Lias 
entsprechen sollten, im Einklang war). Aber eben deshalb war auch 
ihre Deutung noch keine zutreffende, wenn auch später Hamilton 
geltend machen wollte, dass seine Landsleute bereits vor Hauer die 
Werfener Schichten bei der Trias untergebracht hätten?). Auch ist 
nicht zu übersehen, dass die beiden englischen Autoren nur einen 
Theil der mit jenen Schichten verbundenen Salz- und Gypsvorkommen 
hier unterbrachten, während sie den grössten Theil der betreffenden 
Salzlagerstätten (darunter Hallstatt und Aussee) für jünger als Lias 
hielten, dass sie also ähnlich wie Lill die bewussten Gebilde in 
ganz verschiedene Horizonte stellten. 

Die Altersdeutung, welche wir hier einem Theile der alpinen Salz- 
und Gypsschichten gegeben sehen, dehnte dann Leonhard auf das 
ganze Steinsalz im Salzburgischen aus, welches nach seiner Meinung 
über dem älteren, von ihm theils dem Lias, theils dem Oolith zuge- 
rechneten Alpenkalk liegen sollte ®). | 

Es fehlte übrigens auch nicht an anderen Deutungen. So war 
Klipstein geneigt, die Werfener Schichten mit dem Uebergangs- 
gebirge zu vereinigen®), während Morlot dieselben, wenn auch mit 
einigen Vorbehalten für Rothliegendes erklärte 6), eine Auffassung, 


.. .') On the structure of the Alps, in den annals of philosophy 1821, theil- 
weise übergegangen in Keferstein's Teutschland, 2. Bd., pag. 82—117. 
°) A sketch of the structure of the Eastern Alps, in den proceedings of the 
geol. soc. 1831, pag. 310, 315, 408 ete, 
°) Quaterly journal of the geolorical society, London 1855, XI, Nr. 42, 
pag. LXVIII. Vergl. hiezu Hauer’s Entgegenung auf Seite 6 des Durchschnittes 
Passau—Duino in der Anmerkung. w 
*) Populäre Vorlesungen über Geologie, 3. Bd., Stuttgart 1840, pag. 193—197. 
' ‘) Beiträge zur geolog. Kenntniss der östlichen Alpen, Giessen 1843, pag. 27. 
Die Ansicht ist entschuldbar (vergl. Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1884, p. 101, 102). 
°) Erläut. z. geolog. Uebersichtskarte d. nordöstl. Alpen. Wien 1847, pag. 127. 


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[43] Franz v, Hauer. 721 


die freilich den Beifall Murchison’s nicht fand), die aber der 
ältere Credner noch im Jahre 1850 zum Ausdruck brachte 2). Die 
hierher gehörigen Salzlagerstätten indessen, für deren Zugehörigkeit 
zu den Sedimentärformationen Lill mit Recht eingetreten war, be- 
trachtete Morlot als „abnorme Gebilde“ und handelte sie unter 
diesem Titel neben den Erzgängen und Eruptivgesteinen ab). 

Er konnte sich hierbei freilich auf Studer berufen, der in 
seiner Geologie der westlichen Schweizer Alpen (Leipzig 1834) Gyps 
und Salz ebenfalls als nicht in die regelrechten Ablagerungen gehörig 
das heisst nicht als echte Sedimentärgesteine betrachtet hatte. Durch 
solche Vorstellungen musste die Gewinnung eines zutreffenden Urtheils 
über den fraglichen Schichtencomplex sehr erschwert werden. 

Endlich konnte auch die Bedeutung der Werfener Schichten 
nicht vollständig gewürdigt werden, solange man deren Aequivalente 
in den Südalpen noch nicht als solche erkannt hatte. So gab Wiss- 
mann für die von ihm selbst (1. e.) aufgestellten Schichten von Seiss, 
die ja zu diesen Aequivalenten gehören, im Jahre 1841 noch keine 
irgendwie bestimmte Deutung. Besondere Erwähnung verdient aber 
(allerdings für eine schon etwas spätere Zeit) Emmrich, der den 
sogenannten Posidonienkalkstein Südtirols für Muschelkalk erklärte 
und es demgemäss für folgerichtig hielt, dass das Liegende dieses 
Kalkes dem bunten Sandstein entspräche. Doch beklagt es derselbe 
Autor, dass auf palaeontologischem Wege kein Aufschluss über die 
betreffenden Sandsteine zu erhalten sei und eine etwaige Beziehung 
der Südtiroler Gebilde zu den Werfener Schichten des Salzburger 
Gebietes wurde von ihm nicht verfolgt ®). 

So unklar wie die Stellung dieses wichtigsten Leithorizontes der 
ganzen alpinen Serie, erschien auch die Stellung der darüber lagernden 
Schichten. 

Die mächtigen Kalkmassen, welche nach unserer heutigen Er- 
kenntniss in den Alpen und zum Theile auch in den Karpathen über 
dem Niveau der Werfener Schichten folgen, wurden unter dem Namen 
des Alpenkalkes zusammengefasst, der sich als eine Art Verlegenheits- 
bezeichnung darbot. Dieser Alpenkalk, mit dem man local überdies 
wohl noch kalkige Bildungen zusammenwarf, die älter als die Werfener 
Schichten sind, erschien als eine nahezu ungegliederte und ungliederbare 
Masse, und wenn man auch wohl hie und da von unterem und oberem 
Alpenkalk sprach, so darf man nicht glauben, dass man dabei fest- 
stehende Abtheilungen oder gar Horizonte im Auge gehabt hätte). 


!) Alpen, Apenninen u. Karpathen 1848. S. Leonhard's Uebersetzung p. 9. 

2) Geogn. Bemerkungen über die Centralkette der Alpen in Ober-Kärmthen 
und Salzburg. Neues Jahrbuch 1850, pag. 559. Öredner machte dabei allerdings 
ähnliche Vorbehalte wie Morlot, während er andererseits die rothen Sandsteine 
im Drauthale (l. e. pag. 536) für wirklichen Buntsandstein hielt. 

>) ]. e. pag. 150. Verel. Zittel, Geschichte der Greologie pag. 329 die 
älteren Ansichten über Salzbildung. 

*) Uebersicht über die geognostischen Verhältnisse Südtirols. Jena 1846, 
aus Schaubach’s deutsche Alpen, IV Theil, pag. 306 u. 500. 

5) Als Illustration dazu kann die Behauptung Keferstein's dienen 
(Teutschland. 6. Bd., pag. 318), dass der untere Alpenkalk sich durch das Vor- 
kommen von Nummuliten auszeichne. 


122 Dr. Emil Tietze. [44] 


Ursprünglich glaubte man für den Alpenkalk ein ziemlich hohes 
Alter in Anspruch nehmen zu dürfen. Keferstein hielt denselben 
im Jahre 1822 für Zechstein!), Boue im Jahre 1828 sogar für 
jüngeren Uebergangs- oder Bergkalk ?). Inzwischen hatte aber Kefer- 
stein seine Ansicht geändert und meinte nunmehr, dass dieser Kalk 
in die Kreide gehöre mitsammt dem Flysch, den er im Wesentlichen 
als ein unter dem Alpenkalk liegendes Glied der alpinen Schichten- 
reihe bezeichnete ?). 

Nur an vereinzelten Stellen hatte man den Versuch unternommen, 
die in jenem Kalk gefundenen Versteinerungen im Sinne der anderwärts 
bereits aufgestellten Gliederung der Sedimentärbildungen zu deuten. 
Davon, dass die Trias einen Hauptbestandtheil dieses Alpenkalkes 
bilde, hatte man keine Ahnung. Nur an beschränkten Stellen im 
Süden, wie an gewissen Stellen der Lombardei oder wie bei Recoaro, 
wo die betreffende Fauna mehr Aehnlichkeiten mit gleichaltrigen 
ausseralpinen Formen darbietet als sonst, war die Anwesenheit von 
Muschelkalk ®) bereits erkannt, bezüglich vermuthet worden. Für die 
Deutung der grossen Masse des Alpenkalkes blieb dies aber zunächst 
ohne Belang. 

Auf Grund der Lill’schen Untersuchungen kam zwar Voltz im 
Jahre 1831 zu der Vermuthung?), dass allein im unteren Alpenkalk 
„die ganze Gebirgsfolge vom Bergkalk bis zur Kreide angedeutet 
werde“. Da hätte man sich also unter Anderem die Trias mit als ver- 
treten denken können. Allein abgesehen davon, dass dies doch als keine 
thatsächliche Formationsdeutung gelten konnte, war jene Vermuthung, 
wenigstens soweit sie das Vorkommen von Bergkalk im Lill’schen 
Untersuchungsgebiet betraf, auch direct unzutreffend. Sie hatte über- 
dies keinerlei Einfluss auf die Meinung der Autoren, die sich in der 
Folge mit den Alpen und mit alpinen Versteinerungen direct be- 
schäftigten. 

Die von den Engländern, nämlich von Buckland®) und etwas 
später besonders von Sedgwick und Murchison’) ausgespro- 
chenen Ansichten, wonach der Alpenkalk ein jurassisches, bezüglich 
liassisches Gebilde sei, beherrschten bald allenthalben die Auffassung 


') Teutschland. 2. Bd., Weimar 822, pag. 152, 157. Das war auch eine 
Zeit lang die Meinung Buch'’s. Min. Taschenbuch 1824, pag. 325. Vergl. Kefer- 
stein. Teutschland, 5. Bd., pag. 453. } 

?) Zeitschr. für Mineralogie. Aug. ‘82%. Citat nach Keferstein, Teutsch- 
land. 6. Bd., pag. 165. 

°) Teutschland. 6. Bd. Weimar 1828, pag. 163, 164, 319. 

*) Ich erinnere hier beispielsweise an die Notiz von Zeuschner über den 
Muschelkalk von Recoaro (Leonh. und Broun’s Jahrb. 1844, pag. 54 und an 
die Mittheilung Buch's sur l’existence du muschelkalk dans les Alpes lombardes 
(bulletin de la soc. g6ol. de Fr. Il 1845, pag. 348—349). In Bezug auf letztgenannte 
Mittheilung ist allerdings zu bemerken,, dass die Trigonia Whatleyae, welche bei 
Buch's Formationsdeutung die Hauptrolle spielte, später sich als in etwas jüngeren 
Schichten liegend erwies. (Vergl. Hauer im Jahıb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, 
pag. 470), aber immerhin waren diese Schichten doch schon wenigstens als triadisch 
angesehen worden. Siehe überdies Bou6, (seogn. Gemälde v. Deutschland, p. 230. 

’) Neues Jahrbuch 1831, pag. 79. 

°) Ann. of philosophy 1821, pag. 450. 

‘) Eastern Alps, pag. 311, 316. 


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[45] Franz v. Hauer. 793 


der meisten damaligen Geologen, der auch Leonhard in seinen 
„populären Vorlesungen über Geologie* 1), wie wir bereits sehen 
konnten, entsprechenden Ausdruck gab. Pusch, der seinerseits von 
Beobachtungen in den Karpathen ausging, meinte sogar, dass der 
Alpenkalk zu der „jüngsten Flötzreihe“ gehöre, und dass der grössere 
Theil desselben jedenfalls jünger als Lias sei). 

Schon frühzeitig hatten die Versteinerungen von St. Cassian die 
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, und dem Scharfblick eines Grafen 
Münster war es schon 1834 nicht entgangen ?), dass zwischen dieser 
Fauna und der der ausseralpinen Trias gewisse Beziehungen zu 
bestehen schienen; ein sicheres Urtheil über die Altersdeutung der 
betreffenden Schichten wagte derselbe aber auch später (1841) in seiner 
darauf bezüglichen palaeontologischen Abhandlung nicht zu äussern. 
So glaubte denn auch Klipstein, der 1843 in seinen Beiträgen zur 
geologischen Kenntnis der östlichen Alpen eine umfangreiche Ergänzung 
der Münster’schen Arbeit lieferte, auf den jurassischen Charakter 
der bewussten Funde hinweisen zu sollen, und selbst der verdienst- 
volle Emmrich vermochte hier das Richtige noch nicht zu treffen ®). 
Zuerst verzichtete er auf jeglichen Deutungsversuch. Später aber hielt 
er es für zweifelhaft, ob die Cassianer Schichten zum Jura oder gar 
zu „eretajurassischen* Schichten gehörten, oder ob sie „eine Mittel- 
bildung zwischen Muschelkalkstein und Juragebirge inclusive Lias“ 
vorstellten. Desgleichen liess dieser Autor auch für die Schichten von 
Wengen die Frage noch offen, ob dieselben nicht liassisch sein könnten. 

Diese Schichten von Wengen und Cassian hatte allerdings kein 
Geringerer als Leopold v. Buch sogar der Grauwacke zugerechnet. 
Freilich geschah dies im Jahre 18245), als ihm von dort und nament- 
lich von St. Cassian noch gar keine Fossilien bekannt waren, während 
Eichwald merkwürdiger Weise noch im Jahre 1851 bei Wengen und 
St. Cassian nur palaeozoische Bildungen gesehen haben wollte®). Und 
doch war damals der junge Hauer mit seinen wichtigen Erstlings- 
arbeiten schon hervorgetreten. 

Als Murchison seine berühmte Abhandlung über den Gebirgs- 
bau der Alpen, Apenninen und Karpathen verfasste”), hatte er zwar 
schon einige Notiz von diesen Arbeiten genommen, aber dennoch 
schien ihm die Fauna von St. Cassian noch so seltsam, dass er deren 
Eigenthümlichkeiten einer durch die Sammler angerichteten Ver- 
wirrung und einer Vermischung von jurassischen mit Triasfossilien 


!) 3. Bd., pag. 193. Stuttgart 1840. 

?) Geologie von Polen. I. Theil, Nachtrag, pag. 668. Stuttgart und Tü- 
bingen 1836. 

3) Das Kalkmergellager von S. Cassian und die darin befindlichen Ceratiten, 
Jahrb. von Leonh. und Bronn 1834, pag. 1—15. 

4) Neues Jahrb. 1844, pag. 800 utd Debersicht über die geogn. Verhältnisse 
Südtirols, Jena 846. In Schaubach’s „Deutsche Alpen‘, IV. Theil, pag. 306. 
5) Min. Taschenb. pag. 297, vergl. Richthofen, Predazzo pag. 74. 

®) Geognostischer Ausflug nach Tirol. Nouvelles m&moires de la soc. imp. 
des naturalistes de Moscou, 9. Bd., pag. 75 etc. z. B. pag. 106. 

?) Das englische Original datirt vom Jahre 1848. Vergl. hier die deutsche 
Uebersetzung Leonhard's (Stuttgart 1850), Seite 15 und 12. 


724 Dr. Emil Tietze. [46] 


zuschrieb, während Michelin!) bald darauf St. Cassian wieder ohne 
Weiteres als Jura deutete ?). 

Sehr einander widersprechende, aber dabei keinerseits zutreffende 
Ansichten wurden auch über eine andere Localität geäussert, die 
heute zu den bedeutsamsten der alpinen Trias zählt, nämlich über 
Hallstatt. 

Lill v. Lilienbach hatte den Hallstätter Kalk für jurassisch 
gehalten. H. Bronn wiederum machte auf die palaeozoischen Typen 
aufmerksam, die nach seiner Meinung unter den dortigen Ver- 
steinerungen vertreten waren; er brachte diese Gebilde aber trotz 
jener Anomalie „ohne Beispiel“ beim Lias unter. Quenstedt end- 
lich dachte dabei sogar an das neocome Alter der betreffenden 
Schichten 3), und so sonderbar uns heute diese Ansicht des berühmten 
Palaeontologen vorkommen mag, sie blieb nicht vereinzelt, sondern 
wurde auch von Zeuschner getheilt ®). 

Die Zerfahrenheit der Meinungen und die Unsicherheit, welche 
in Folge dessen allenthalben über die fundamentalsten Grundsätze der 
Alpengeologie noch vor einem halben Jahrhundert herrschte, konnte, 
wie man aus den angeführten Beispielen ersieht, kaum grösser sein. 

So kam es, dass Morlot (damals Autorität für österreichische 
Geologie) noch im Jahre 1847 die Trias in den nordöstlichen 
Alpen für fehlend halten konnte). 

Was die jurassischen Bildungen einschliesslich des Lias betrifft, 
so war man in jenen Zeiten zwar vielfach geneigt denselben einen 
weiten Raum zuzuweisen; wir dürfen uns aber daran erinnern, dass 
nach dem oben Gesagten Vieles ganz fälschlich hieher gestellt wurde. 
Die thatsächliche Kenntniss von diesen Bildungen, soweit sie heute 
noch dafür gelten kann, beschränkte sich auf einige wenige Localitäten ®). 
Man kann jedoch vielleicht überhaupt nicht sagen, dass man etwas 
kennt, was man von Anderem noch nicht zu unterscheiden gelernt hat. 

Ueber die Kreide, und zwar speciell über die in den Alpen, 
war viel gestritten worden. Die Ansicht Keferstein’s, der die 
Gosauschichten den salzführenden Ablagerungen bei Hallstatt für 
coordinirt hielt’), und der eben diese Gosauschichten stellenweise 
einerseits mit Gebilden der Werfener Schichten, andererseits mit dem 


!) Bulletin de la soc. g&ol. de France 1849, pag. 323. 


_ ..%) Eine interessante Uebersicht der Entwicklung der Meinungen über Sanct 
Cassian findet man bekanntlich in Richthofen’s Predazzo (Gotha 1860), pag. 74, 
wozu das ausgedehnte Literaturverzeichniss verglichen werden möge, welches in 
derselben Abhandlung (pag. 11—20) über alpine geologische Literatur mitgetheilt 
wurde und welches nach Richthofen’s Angabe hauptsächlich von F.v. Hauer 
herrührt. 

°») Vergl. Bronn, Neues Jahrbuch 1832, pag. 166, 180 und Quenstedt 
ebendort 1845, pag. 683. 

*) Siehe Berichte der Freunde der Naturwissenschaften. 3. Bd., pag.. 480. 

°) Erläuterungen zur geol. Uebersichtskarte d. nordöstl. Alpen. Wien 1847, 
pag. 126. 

°) Man vergleiche z. B. Bou6, Geognostisches Gemälde von Deutschland 
1529, pag. 75, und die Eastern Alps von Sedgwick und Murchison, pag. 301, 
sowie die eben eitirte Schrift Morlot's, pag. 119. 

‘) Siehe „Teutschland“. V. Bd., 1827, pag. 476-478. 


[47] Franz v. Hauer. 795 


Flysch zusammenwarf!), mag uns heute ungeheuerlich vorkommen, 
weil inzwischen die Fehlerquellen, die zu jenen Irrthümern verleiteten, 
erkannt worden sind. Dass sie aber eine Zeit lang einigermassen 
beachtenswerth gefunden wurden, beweisen gewisse Andeutungen in 
der späteren Literatur, in welchen es sich um eine Berichtigung jener 
Vorstellung handelt. Einen vielfach massgebenden Einfluss konnte 
man dann vor Allem der Meinung Sedgwick’s und Murchison’s?) 
nicht absprechen, der zufolge die Gosaubildungen eine Art Ueber- 
gangsschichten von Kreide zum Tertiär vorstellen sollten. Das Bedenk- 
liche dabei war wiederum eine Vermischung nicht zusammengehöriger 
Dinge, insofern hier wirkliche Tertiärablagerungen, wie diejenigen 
des Kressenberges in Baiern mit der alpinen Kreide vereinigt wurden. 
Auf der anderen Seite vermochten die genannten Autoren den Rudisten- 
kalk der Gosauschichten nicht immer von den viel älteren Theilen des 
Alpenkalkes zu trennen). Doch muss anerkannt werden, dass gegen 
jenes Zusammenwerfen des Kressenbergs mit der Gosau schon Graf 
Münster Stellung nahm), dass Ami Boue& sich stets für das 
cretacische Alter der Gosauschichten ausgesprochen hatte, und dass 
auch andere Forscher, wie Brogniart’) und Partsch®), in diesem 
Punkte mit Boue übereinstimmten. 

Auch sonst war in verschiedenen Theilen der Monarchie einige 
Kenntniss von der Existenz und der Beschaffenheit der Kreide- 
bildungen gewonnen worden, wobei ich nur an Boue’s Mittheilungen 
über die Küstengegenden des Reiches zu erinnern brauche”). Doch 
war man, wie schon das Beispiel der englischen Autoren zeigte und 
wie sogleich noch näher dargelegt werden soll, sehr oft ausser Stande, 
Kreide und Tertiär, bezüglich Eocän von einander zu trennen. Hier 
gilt also vielleicht ebenfalls, was soeben bezüglich des Jura gesagt 
wurde, dass nämlich eine Kenntniss unzureichend ist, die Unter- 
scheidungen des zu untersuchenden Gegenstandes von anderen Gegen- 
ständen noch nicht gestattet. 

Bezüglich der eventuellen Vertretung des älteren Tertiärs in 
den Alpen herrschte vielfach die Vorstellung Studer’s, wonach es 
daselbst überhaupt kein Eocän, sondern höchstens Kreide mit tertiären 
Petrefacten geben sollte8). Erschwert war eine zutreffende Deutung 
der hier in Betracht kommenden Verhältnisse namentlich durch den 
Umstand, dass die Nummuliten in ihrer Bedeutung als eocäne Leit- 
fossilien noch keineswegs anerkannt waren, eine Bedeutung, die den- 
selben ja doch heute (wenige nothwendige Ausnahmen abgerechnet) 


!) Vergl. z. B. Teutschland. 5. Bd., pag. 461, 6. Bd., pag. 147, 282 und 
pag. 159 unten, 160 oben. N 

®) Eeastern Alps, pag. 352 ete. Vergl. auch die zweite Seite der Tafel- 
erklärung zu plate XXXV des betreffenden Bandes der transactions. 

®) Vergl. dazu Bittner’s Monographie über Hernstein. Wien 1882, pag. 229. 

*) Neues Jahrbuch 1836, pag. 582. 

5) Journal de geologie III, pag. 55. ? 

°) Erläuternde Bemerkungen zur geogn. Karte des Beckens von Wien. 
Wien 1843, pag. 11. Kill, 

?) Apercu sur la constitution g6ologique des provinces illyriennes. Mem. 
de la soc. geol. 1835, IV, pag. 78. 

°) Neues Jahrb. 1836, pag. 53. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 92 


796 Dr. Emil Tietze. [48] 


allgemein zugestanden wird. So aber bildete die Stellung des Num- 
mulitenkalkes noch im Jahre 1346 den Gegenstand der Preisausschrei- 
bung eines Gelehrtencongresses )). 

Beispielsweise war von Keferstein das tertiäre Alter der 
Nummuliten in Anrede gestellt worden ?). Lill v. Lilienbach aber 
und Pusch?) hatten die Nummulitenschichten direct als ein oberes 
Glied des alpinen, bezüglich karpathischen Lias betrachtet, der letztere 
dieselben sogar ursprünglich dem Uebergangsgebirge beigesellt und 
Zeuschner‘) hielt noch im Jahre 1849 die Nummulitenschichten 
der Karpathen für eng mit den dortigen jurassischen Ammoniten- 
kalken und den ebenfalls für jurassisch gehaltenen Fucoidensand- 
steinen verbunden. Während er an der einen Stelle seiner damaligen 
Arbeit (pag. 44) von dem Nummulitendolomit aussagt, dass derselbe 
stets die unterste Abtheilung des, Ammonitenkalkes bilde, meint er 
einige Seiten später (pag. 47): „Die genaue Verbindung der Fucoiden- 
sandsteine mit dem Nummulitendolomit und dem Ammonitenkalk 
unterliegt keinem Zweifel; sie bilden ein unzertrennliches Ganze. 
Wiesich aber die Nummulitenschicht zum Ammoniten- 
kalk verhält, ist weniger klar, weil die Lagerungsverhältnisse. 
und der palaeontologische Charakter (!) zu wenig Auf- 
schluss geben“. 

Uebrigens glaubte um diese Zeit auch Hohenegger noch 
an die Existenz von Nummulitenschichten im Liegenden Ammoniten 
führender Schichten in der karpathischen Flyschzone®). Nach der 
damaligen Meinung Ewald’s wiederum hätte man drei verschiedene 
Horizonte von Nummulitenschichten zu unterscheiden gehabt, von 
denen der eine cretacisch, der zweite eocän und der dritte miocän 
sein sollte ©). Ferner lag auch die Ansicht Rosthorn’s”) vor, derzufolge 
in Istrien die Nummulitenbildungen mit Hippuritenschichten in Wechsel- 
lagerung stünden, wonach eine Trennung von Kreide und Eocän im 
heutigen Sinne daselbst undurchführbar erscheinen musste. und da 
nach dem Ausspruche des letztgenannten Autors sogar das Silur 
Nummuliten beherbergen sollte ®), mussten diese Reste in der That 
Manchem als ganz ungeeignet für Altersdeutungen erscheinen. Deshalb 
meinte denn auch Morlot, der zwar geneigt war, den alpinen 
Nummulitenschichten im Ganzen ein tertiäres Alter zuzuerkennen, 
dass Nummuliten so gut in älteren wie in jüngeren Formationen zu 
Hause seien (l. e. pag. 98).. Ganz besonders schwierig aber fiel die 
Trennung der Nummulitenschichten von den Gosaubildungen der Alpen, 


‘) Haidinger's Mitth. Fr. d. Naturw. III. Bd. Bericht vom 1. Oct. 1847, 
pag. 300, oben. 


?) Teutschland. 6. Bd., pag. 205. | 

®) Siehe darüber die Ausführungen in Pusch, Geogn. Beschreibung von 
Polen, II. Theil, pag. 42. ; 

‘) Ueber den Bau des Tatragebirges. Aus d. Verhandl. d. kais. russ. mineral. 
Gesellsch. Separatabdr. Petersburg 1848, pag. 38, 44, 47. 

°) Haidinger's Mitth. v. Freunden d. Naturw. V. Bd. Wien 1849, pag. 121. 

°) Haidinger's Mitth. v. Freunden d. Naturw. III. Bd., pag. 312. 

') Vergl. Neues Jahrb. v. Leonhard u. Bronn 1848, pag. 434-451. 

*) Vergl. Haidinger’s Mitth. v. Fr. d. Naturw. III. Bd., pag. 454. 


[49] Franz v. Hauer. 7127 


weil man allgemein annahm, dass in den letzteren ebenfalls Nummuliten 
vorkämen, wie denn auch Haidinger geglaubt hatte, bei Neuberg 
Gosauschichten sogar über Nummulitenkalk gefunden zu haben ?). 

Wenn also auch schon in früherer Zeit Beudant die Nummu- 
litenbildungen Ungarns wenigstens theilweise für tertiär gehalten 
hatte, wenn auch Boue mehr und mehr für eine derartige Ansicht 
eintrat?) und wenn auch im Auslande das Vorkommen der Nummuliten 
über der Kreide schon hie und da nachgewiesen war, so konnte man 
sich doch noch nicht allgemein mit Bestimmtheit entschliessen. den 
Schwerpunkt des Vorkommens jener Foraminiferen gerade im Eocän 
zu suchen). So kam es, dass speciell in den österreichischen Alpen 
das Vorkommen des Eocäns in der ersten Hälfte der Vierziger Jahre 
des jetzt zu Ende gehenden Jahrhunderts noch gar nicht als sicher- 
gestellt angesehen werden konnte, insofern Ja, wie eben gezeigt wurde, 
noch in der ‘zweiten Hälfte dieses Decenniums über gewisse Funda- 
mentalsätze der Eocän-Palaeontologie bei vielen Autoren grosse Un- 
klarheit herrschte. 

Ein ganz besonderes Räthsel bot auch die Deutung des Wiener 
Sandsteins und seiner östlichen Fortsetzung in den Karpathen, des 
sogenannten Karpathensandsteins, unl zwar ein Räthsel in ganz 
anderem Sinne als heute, wo man doch nur in weit engeren Grenzen 
über die specielle Gliederung und die genauere Horizontirung der 
einzelnen Theile dieses Gebildes streitet. 

Die Ansichten Keferstein’s über diese bekanntlich mit 
schiefrigen und thonigen Bildungen verknüpften Sandsteine, bezüglich 
über den Flysch konnten oben schon berührt werden. Dem dort 
Gesagten wäre nur noch hinzuzufügen, dass von demselben Autor auch 
die Raibler Schichten in Raibl für Flysch ausgegeben wurden, der 
übrigens auch bei Bleiberg in Kärnthen vorkommen und dort zwischen 
dem rothen Sandstein und dem Alpenkalk liegen sollte #). Anderer- 
seits wurden auch die tertiären Kohlen der Schauerleithen bei Pitten 
hieher gerechnet und von Keferstein als Flyschkohle be- 
zeichnet °). 

Der Begriff des Flysch war eben in der älteren Zeit noch sehr 


'schwankend und, wie sich sogleich weiter erweisen wird, noch keines- 


wegs im heutigen Sinne auf bestimmte Bildungen beschränkt. 
Auf Haidinger’s geologischer Karte der österreichischen 
Monarchie (1845) nahm zu Folge der beigegebenen Farbenerklärung 


1) Neues Jahrb. 1846, pag. 45—48. 

2) Vergl. z. B. dessen Aufsatz in d. Mitth. d. Freunde d. Naturw. III. Bd. 
1848, pag. 446, wo Bou& sogar das eocäne Alter der Nummuliten für wahr- 
scheinlich hält. Diesem Aufsatz ist am Schluss (pag. 457—468) ein langes Ver- 
zeichniss über die die Nummuliten betreffende Literatur beigegeben. 

3) Hatte doch z. B. selbst Lefmerie die Nummulitenschichten der 
Pyrenäen lieber den secundären als den tertiären Schichtenreihen anschliessen 
wollen. (Siehe N. Jahrb. 1844, pag. 752, und die verschiedenen Schriften dieses 
Autors im bulletin und den m6moires de la societe geologique de France aus den 
Jahren 1843--1846.) Daher der Name terrain epier6tace (vergl. Morlotl.c.pag. 102). 

*) Teutschland. 6. Bd., 1828, pag. 255 und pag. 262—268. 

’) ibidem pag. 145. 

92* 


798 Dr. Emil Tietze. [50] 


der Wiener Sandstein eine Stellung ein, welche ihn als ein Aequivalent 
des Keupers erscheinen liess. So wurde diese Karte jedenfalls auch 
von d’Archiac interpretirt!). Diese Auffassung beruhte auf zwei 
Irrthümern. Einmal lag hier eine Verkennung der Lagerungsverhält- 
nisse vor, insofern man den Flysch, der am Nordrande der Alpen (ganz 
ähnlich wie das übrigens auch in den Karpathen der Fall ist), oft 
ein gebirgswärts gerichtetes Einfallen zeigte, für älter hielt, als den 
damals gern dem Jura zugewiesenen Alpenkalk, obschon Sedgwick 
und Murchison bereits ganz richtig auf die Störungen am nördlichen 
Alpenrande und auf das Vorkommen von Ueberkippungen hingewiesen 
hatten 2). Zweitens aber warf man mit dem Wiener Sandstein noch 
gewisse Bildungen der inneren alpinen Regionen zusammen, die sich 
durch das Vorkommen der von Haidinger sogenannten Alpenkohle 
auszeichneten, in der man ein Analogon gewisser unbedeutender Kohlen- 
schmitzchen zu finden vermuthete, die sich zuweilen im wirklichen 
Flysch zeigen. Mit anderen Worten, die Trennung des letzteren von 
den später als Lunzer und Grestener Schichten beschriebenen tria- 
dischen und liassischen Bildungen war noch nicht angebahnt und der 
ältere Charakter einiger aus diesen mesozoischen Ablagerungen bekannt 
sewordener Pflanzenreste warf auch auf den Flysch am Alpenrande 
einen Schein des höheren Alters. 

Morlot gelangte hier allerdings schon auf die richtige Fährte, 
als er meinte, wahrscheinlich habe man unter der Bezeichnung Wiener 
Sandstein mehrere im Alter weit auseinanderstehende Schichten- 
complexe jeweilig miteinander verwechselt (l. c. pag. 84), aber den- 
noch bekannte er, dass man eigentlich nicht wisse, wohin man diese 
Bildung stellen solle, und er berichtet uns sogar von einer damals 
in Wiener Fachkreisen bestehenden Vermuthung (l. c. pag. 91—92), 
wonach der Wiener Sandstein „unter dem Alpenkalk durchsetzen und 
an dessen innerem Saum als Grauwacken- und Thonschiefergebirge“ 
zum Vorschein kommen solle, und diese Vermuthung schien ihm 
durchaus discutirbar. Jedenfalls erklärte derselbe Autor eine Zeit 
lang auch den Flysch der Karstgebiete Istriens und Dalmatiens für 
Keuper’). 

Den Karpathensandstein hatte Oeynhausen) sogar für Grau- 
wacke, Beudant?) für Kohlen — bezüglich Buntsandstein und Pusch 
ursprünglich ebenfalls für Buntsandstein gehalten), während er den- 
selben später (im Nachtrag zu seiner Geologie von Polen) allerdings 
für jünger als Jura erklärte. Doch hinderte dies ihn nicht, Schichten, 
die heute für echten Jura gelten, als Einlagerungen in jenen Sand- 
stein zu betrachten. Lill v. Lilienbach aber glaubte sich der 
Ansicht Boue’s anschliessen zu sollen, „zu Folge welcher der Kar- 


. des progres de la g6olesie. Tom. III, Paris 1850, pag. 95 u. 108. 
ag. 321. f 
" Hai 1er s Abhandl. II. Bd, 1848, pag. 278. 


) Gegnostische Beschreibung von Pberachlasih und den nächst in 5 
den Gegenden. Essen 1822. 


Ne ae de physique 1819 pag. 322 (eit. in Keferstein pag 171, 
2. Band. ; 


°) Geologie von Polen. II. Theil, Seite 2 


[51] Franz v. Hauer. 729 


pathensandstein noch zum obersten Juragebilde gehört und nach oben 
erst dem Grünsande sich verknüpfet“ )). 

Andererseits unterschied Rominger in seiner Schrift über das 
Alter des Karpathen- und Wiener Sandsteins zwei Abtheilungen dieses 
(ebildes, von denen die jüngere der Kreide, die ältere dem Lias 
zufallen sollte?). Dass ferner Zeuschner noch im Jahre 1848 die 
Gleichaltrigkeit des Karpathensandsteins mit dem Kalke der darin 
auftretenden jurassischen Klippen vertheidigte, konnte schon oben 
bemerkt werden. Die davon abweichenden Ansichten Beyrich’s in 
dessen nicht genug zu schätzender Arbeit über die Entwicklung des 
schlesischen Flötzgebirges®) wurden von Zeuschner eifrig bekämpft. 

Weniger Zweifel herrschten über die jüngeren Tertiärbildungen, 
obschon es in einzelnen Fällen, wie bezüglich der subkarpathischen 
Salzlager an Controversen nicht gefehlt hatte. Hatte man diese Ge- 
bilde doch zeitweise für liassisch, untertriadisch oder sogar für älter 
als Buntsandstein gehalten®). Im Ganzen war aber doch schon das 
jüngere Tertiär als solches richtig erkannt und vielfach nachgewiesen 
worden. 

Doch fehlte es ach an einer einigermassen begründeten Glie- 
derung aller dieser Gebilde. Es genügt, in dieser Beziehung an die 
Schichtenfolge des Wiener Beckens zu erinnern, wie sie Sedgwick 
und Murchison nach den ihnen gewordenen Mittheilungen von 
Partsch veröffentlichten (1. e. pag. 402 und 403), wo wir den Leitha- 
kalk über sämmtlichen damals in Betracht gezogenen Tegeln und 
ebenso über den Cerithiensanden angegeben finden. Dieselbe hohe 
Stellung nahm Partsch sogar noch im Jahre 1844 für den Leitha- 
kalk in Anspruch und auch damals noch erschienen ihm die Oerithien- 
sande älter als jener Kalk und dabei Jünger als alle Tegelablagerungen 
der Wiener Umgebung. Die marinen Tegel von Baden stellte er 
dabei auf eine Stufe mit den Tegeln, welche sich durch das Vor- 
kommen von Congerien und Melanopsiden auszeichnen 5). Diese Trennung 
der verschiedenaltrigen Tegelablagerungen scheint am Anfang der 
betreffenden Untersuchungen überhaupt eine der grössten Schwierig- 
keiten gebildet zu haben oder vielmehr nie versucht worden zu sein, 
wie schon Keferstein’s Mittheilung über das Wiener Becken dar- 
zuthun im Stande ist®). 

Diese Andeutungen werden genügen, um die Vorstellung zu 
geben, dass man einige Jahre vor dem Ende der ersten Hälfte des 
neunzehnten Jahrhunderts in vieler Hinsicht noch kaum über die ersten 


!) Neues Jahrbuch 1830, pag. 219. Vergl. Bou& N. Jahrb. 1829, pag. 780. 
°) Neues Jahrbuch von Leonhard und Bronn 1847, pag. 784. 

3) Karsten’s Archiv 1844, pag. 3 etc. 

+) Eine hier eventuell zu vergleichende Darstellung der geschichtlichen 
Entwicklung der Ansichten über das Alter des Salzgebirges von Wieliczka habe 
ich in meiner Beschreibung der geognostischen Verhältnisse der Gegend von 
Krakau (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1887, pag. [261]—[263] des Separatabdruckes) 
geilen: 

5) Erläuternde Bemerkungen zur geognostischen Karte des Beckens von 
Wien 1844 pag, 20 und 21. 


°) Teutschland. V Bd. Weimar 1827, pag. 429. 


730 Dr. Emil Tietze. [52] 
tastenden und unsicheren Schritte hinausgekommen war, welche auf 
dem Wege zur geologischen Erkenntniss der österreichischen Gebiete 
unternommen worden. waren. Sie werden aber auch durch den Ver- 
sleich mit dem heutigen Zustande dieser Erkenntniss das Verdienst 
ermessen lassen, welches Hauer und etwas später seine Mitarbeiter 
sich durch die Anbahnung dieses jetzigen Zustandes erwarben. 

Die heutige jüngere Generation nimmt diesen Zustand als etwas 
Gegebenes an. Nicht dass ihr für die Anerkennung der Verdienste 
von Vorgängern der Sinn mangeln würde, aber diese Verdienste 
erscheinen dem Einzelnen oft nur als allgemeiner Schein, der die 
betreffende Persönlichkeit umgibt, und nicht Jeder ist in der Lage, 
sich Rechenschaft zu geben über die Natur der Lichtstrahlen, die 
diesen Schein zusammensetzen. 

Für die Geschichte der Geologie bleibt bei den akademischen 
Vorlesungen wohl in der Regel nur wenig Zeit übrig, ganz abgesehen 
davon, dass die Geschichte einer Wissenschaft doch nur Solchen 
genauer übermittelt werden kann, die mit dem Wesen der Sache 
selbst bereits einigermassen vertraut sind. während in Wirklichkeit 
das Geschichtliche bei solchen Darlegungen zumeist auf die einleiten- 
den Lehrvorträge zu entfallen pflegt. Ww enige aber haben später die 
nöthige Musse, um sich bezüglich ihres Faches in die Zeit der An- 
fänge positiver Arbeit zurückzuversetzen, und nur allzu leicht ist da 
unter Umständen Mancher geneigt, bei den Erfolgen der späteren 
Forschung die Schwierigkeiten zu übersehen, die hinweggeräumt 
werden mussten, ehe die Epigonen an’s Werk gehen konnten. 

Deshalb mochte es nützlich sein, hier mit einigen Strichen die 
Lage der geologischen Forschung zu skizziren, welche Franz von 
Hauer beim Beginn seines Wirkens auf dem Boden vorfand, auf 
welchem dieses Wirken sich entfalten sollte. 

Diese Lage war in vieler Beziehung, wie gezeigt werden konnte, 
eine geradezu chaotische, und es verdient bemerkt zu werden, dass 
in der verhältnismässig kurzen Zeit von nur wenigen Jahren in dieses 
Chaos bereits Ordnung gebracht wurde, Dank nicht blos der Arbeits- 
kraft, sondern auch dem klaren Scharfblick und der durchaus selbst- 
ständigen Auffassungsweise Hauer’s, bei dem die Fähigkeit sicherer 
Beobachtung mit dem Sinn für das Wesentliche in seltener Weise 
verbunden erschien. 


Zu den wissenschaftlichen Vorurtheilen der früheren Zeit gehörte 
die Annahme, dass Örthoceratiten und echte Ammoniten nicht zu- 
sammen vorkommen könnten. Ein Stück Hallstätter Marmors auf dem 
zwei Vertreter dieser Gattungen zusammen sichtbar waren und welches 
im damaligen Hofmineraliencabinet aufbewahrt wurde, galt derart als 
unerhörte Regelwidrigkeit, dass L. v. Buch und Zippe die beiden 
Versteinerungen für nachträglich durch Menschenhand zusammen- 
sekittet erklärten). Hauer untersuchte dieses Stück genauer und 


‘) Neues Jahrbuch von Leonhard u. Bronn 1833, pag. 188. 


[53] Franz v. Hauer. 731 


wies nach, dass die betreffenden Schalen in der That gleichzeitig 
abgelagert wurden !). 

Das ist eine seiner ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen 
und gleichzeitig die Publication, mit der die Mittheilungen der Freunde 
der Naturwissenschaften eröffnet wurden ?). Sie deutet bereits die 
Richtung an, welche die nächsten grösseren Arbeiten des jungen 
Forschers bald einschlagen sollten, denn indem sich derselbe von 
jenem oben erwähnten Vorurtheil emancipirte, begann er naturgemäss 
die alpine Fauna, zu der die beschriebenen Fossilien gehörten, als 
eine durchaus eigenartige anzusehen, für die man vergeblich unter 
den damals ausserhalb der Alpen bekannten fossilen Faunen nach 
Analogien suchen würde. 

Noch in demselben Jahre erschien denn auch schon die erste 
grössere palaeontologische Studie Hauer’s. Es war dies die früher 
schon einmal erwähnte berühmte Arbeit über die Cephalopoden des 
Salzkammergutes aus der Sammlung des Fürsten Metternich, und damit 
war die erste Grundlage für die Kenntniss der bis in die neueste 
Zeit so vielfach im Vordergrund der Discussion stehenden Fauna von 
Hallstatt geschaffen. Diese Fauna wurde hier für eine durchaus selbst- 
ständige erklärt, die sich in das ausserhalb der Alpen gewonnene 
Schema nicht ohne Weiteres einreihen lasse und deren Aequivalente 
zunächst wieder nur in gewissen alpinen Bildungen, wie in den 
Schichten von St. Cassian und im  Muschelmarmor von Bleiberg 
erblickt werden dürften. Damit war jedenfalls die falsche Fährte 
verlassen, welche bisher nur zu missglückten Deutungen der Gebilde 
des Alpenkalks geführt hatte. 

In einer bald darauf (1847) erschienenen speciellen Abhandlung 
über die Fauna des Bleiberger Muschelmarmors?) führte Hauer 
dann schon eine längere Reihe von Localitäten aus den südlichen und 
nördlichen Alpen an, welche nach seiner Meinung untereinander in 
enger geologischer und palaeontologischer Beziehung standen. Es waren 
dies unter anderen: St. Cassian, Raibl, Bleiberg, Hall in Tirol, Hallein, 
Berchtesgaden, Aussee, Hallstatt, Neuberg, Hörnstein, alles Punkte, 
die seither in der Literatur über alpine Trias unzähligemale genannt 
worden sind und hier zum erstenmale als zusammengehörig aufgeführt 
wurden, wenn auch eine bestimmtere Altersdeutung dieses Complexes 
momentan noch nicht ausgesprochen wurde und wenn es auch 
natürlich für den Anfang nicht anging, etwaige feinere Unterschiede 
der Horizontirung bei den einzelnen Localitäten zu ermitteln. Es 
durfte indessen, wie Hauer selbst (l. ec. pag. 29) sich ausdrückte, 
als erwiesen gelten, „dass die erwähnten Schichten durch ihre höchst 
sonderbare Fauna von allen bisher ausserhalb der Alpen bekannten 


1). Mitth. d. Freunde d. Naturw. E Bd,, pag. 1, 27. April 1846. 

?) Die thatsächlich erste Publication betrifft die bei einer Bohrung am 
Staatsbahnhofe in Wien durchfahrenen Schichten, welche Mittheilung in dem 
ersten Bande der Schriften der Freunde der Naturwissenschaften allerdings einen 
späteren Platz einnimmt, aber anderwärts bereits früher abgedruckt war. (Vergl 
weiter unten.) ' 

3) Haidinger's naturwiss. Abhandl. I. Bd., pag. 21—30 mit 1 Tafel. 


132 Dr. Emil Tietze. [54] 


Formationen wesentlich abweichen“, und dass sie andererseits „in 
diesem Gebirgszug ganz allgemein verbreitet sind“. 

Man dürfe aber, fügte der Autor weiter hiezu, keineswegs alle 
Cephalopoden führenden Bildungen der Alpen damit vereinigen. Bei- 
spielsweise würden die an Üephalopoden reichen Schichten von 
Adneth bei Hallein mit denen von St.Veith bei Wien und mit solchen 
verschiedener karpathischer Localitäten wieder in eine besondere 
Etage zu vereinigen sein, und eine dritte Gruppe endlich sei durch 
einen unlängst gemachten Fund vom Rossfeld bei Hallein ange- 
deutet. 

Mit einem Schlage war hiedurch, in den gröbsten Umrissen 
wenigstens, die rationelle Gliederung des Alpenkalkes vollzogen. Hatte 
man auch schon vorher von einem älteren und einem jüngeren Alpenkalk 
gesprochen, so war man bis dahin doch nirgends in der Lage gewesen, 
die Unterschiede der beiden Gruppen auf irgend einer bestimmten 
Basis zu begründen. Hier aber winken uns bereits die drei grossen 
Abtheilungen der mesozoischen Reihe aus dem Dunkel entgegen, 
welches deren Vertretung vorher verhüllt hatte. 

Sowohl Boue& als Lill hatten allerdings bereits ein relativ 
junges Alter der Rossfelder Schichten für möglich gehalten, es fehlte 
indessen für eine derartige Vermuthung an geeigneten Beweisen. Die 
palaeontologischen Funde, die am Rossfeld kurz vor der Publication 
der oben erwähnten Arbeit über den Bleiberger Muschelmarmor gemacht 
worden waren und die bald darauf durch noch bessere Funde er- 
gänzt werden konnten, gaben nun Gelegenheit!), zum erstenmale mit 
völliger Evidenz das Vorkommen von Neocom daselbst und damit in 
den Ostalpen überhaupt festzustellen. Damit wurde aber auch zugleich 
bewiesen, dass die Ansicht Quenstedt’s, der, wie schon oben gesagt, 
damals Hallstatt für neocom hielt, verlassen werden müsse, da man 
nun erfahren hatte, wie das Neocom der österreichischen Alpen in 
Wirklichkeit beschaffen war. 

Zwar fehlte es anfänglich hier nicht an Widerspruch. So hat 
Emmrich damals vorgezogen, die Rossfelder Schichten für ein 
Aequivalent von St. Veith und für Jura zu halten2), das entsprach 
indessen nur einer vorübergehenden Phase in der Entwicklung der 
Meinungen, da Hauer die betreffenden Meinungsäusserungen bald zu 
widerlegen vermochte °). 

Jene Mittheilung über die Cephalopoden des Rossfeldes ist 
übrigens nicht nur wegen des Nachweises von Neocom bedeutsam. Am 
Schlusse derselben fügte Hauer nämlich noch die sehr wichtige 
Bemerkung hinzu, dass man die rothen Cephalopodenmarmore von 
Hallstatt und Aussee als obersten Muschelkalk ansehen dürfe. Um 
dieselbe Zeit drückte er brieflich überdies auch gegenüber Herrn 


') Siehe Hauer, Cephalopoden vom Rossfeld, in Haidinger’s Mitth. d. 
Freunde d. Naturw. 3. Bd., 1848, page. 476-480; Versammlung v. 10. Dec. 1847. 
°) Vergl. hier Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1. Bd., 3. Heft, pag. 263, und 
= geognost. Notizen über d. Traungebiet in Schaubach’s Deutsche Alpen, 
‚ pag. 334. 4 
») Haidinger’s Berichte, Freunde d. Naturw., 7. Bd;; Versammlung vom 
15. Jänner 1850. 


[55] Franz v. Hauer. 133 


de Verneuil in Paris die Meinung aus, dass man diese Kalke und 
ebenso die Schichten von St. Cassian in die Trias zu stellen habe. 

Hiermit wurde zum erstenmale definitiv ausgesprochen, dass die 
Trias in den nordöstlichen Alpen vertreten sei, und im Hinblick auf 
die Hinweise, welche in der Abhandlung über den Bleiberger Muschel- 
marmor gegeben worden waren, erschien nunmehr auch schon eine 
ziemlich umfassende Verbreitung des triadischen Systems in dieser 
Gebirgsregion erwiesen. Es wurde somit klar, dass jenes System einen 
hervorragenden Antheil an der Zusammensetzung des Alpenkalks be- 
sitzen müsse. Da sich nun Leopold v. Buch und Ewald bei einem 
Ende 1847 in Wien gemachten Besuche von der Richtigkeit dieser 
Annahme überzeusten, so war die allgemeine Geltung derselben wenn- 
gleich noch nicht sofort gesichert, so doch auf das Beste ange- 
bahnt !). 

Kleine nachträgliche Verwirrungen, wie die von Schafhäutl 
angerichtete, der Hallstatt und Adneth wieder vermengen wollte 2), 
hatten jedenfalls nur eine vorübergehende Bedeutung?). 

Schon in dem ersten Jahre seiner öffentlichen wissenschaftlichen 
Tbätigkeit hatte Hauer übrigens noch zwei andere, für die Kenntniss 
der Alpen und die österreichische Geologie überhaupt belangreiche 
Entdeckungen gemacht. 

Zu Dienten bei Werfen wurde zum erstenmale das Silur in den 
Alpen nachgewiesen *) und zum erstenmale konnten alttertiäre Bildungen 
in Kärnten mit Sicherheit erkannt werden°), in welch’ letzterem 
Falle allerdings nur eine von Bou&®) bereits ausgesprochene Ver- 
muthung bestätigt wurde. Mit Ausnahme des Val di Ronca im Vicen- 
tinischen gab es übrigens bis dahin keinen Punkt der damals zu 
Oesterreich gehörigen Alpenländer, an welchem das Auftreten eocäner 
Schichten wirklich und thatsächlich nachgewiesen war. Hauer führte 
diesen Nachweis bezüglich der Braunkohlen führenden Absätze von 
Guttaring und Althofen in Kärnthen auf Grund einer genauen Unter- 
suchung des dort gesammelten palaeontologischen Materials und zeigte, 
dass hierbei weder an Gosau noch an Miocän zu denken sei, nach 
welchen Richtungen hin einige frühere Autoren sich bei ihren Alters- 
deutungen bewegt hatten’). 


') Vergl. zu diesen Angaben bulletin de la societe geologique de France. 
2. serie, vol. V, 1847—1848, pag. 88; note sur la g6ologie des Alpes, lettre du 
chevalier de Hauer ä Mr. de Verneuil, Sitzung vom 20. Dec. 1847; ferner 
d’Archiac, histoire des progres de la geologie, 8. Bd., Paris 1860, pag. 368. In 
jenem Briefe an de Verneuil wird ebenfalls des ersten sicheren Nachweises von 
Neocom in den österreichischen Alpen gedacht. Vergl. endlich auch das Schreiben 
L. v. Buch’s an Bronn in Leonhard’s und Bronn’s neuem Jahrbuch 1848, 
pag. 55. 

?) Neues Jahrb. 1848, pag. 136. 

3) Vergl. dazu Hauer in Haidinger’s Berichten, 7. Bd., pag. 14. 

4), Mitth. d. Freunde d. Naturw. 1. Bd., pag. 187; Versammlung v. 29. Oc- 
tober 1846. 

5) Mitth. d. Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 132. 

6) Apergu sur la const. g6ol. des provinces illyriennes, m&m. de la soc. 
geol. de France II.., pag. 84. 

?) Vergl. z. B. Keferstein Teutschland VI Bd. pag. 205, wo behauptet 
wurde, dass die Schichten von Guttaring gar nicht tertiär seien. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Ileft. (Dr. E. Tietze.) 93 


17134 Dr. Emil Tietze. [56] 


Der Frage nach dem Vorkommen des Eocäns im Bereiche der 
österreichischen Monarchie wurde von Hauer von da ab überhaupt 
eine Zeit lang besondere Aufmerksamkeit zugewendet, und diesem 
Interesse verdankt man unter Anderem die Bestimmung und Deutung 
gewisser, durch Morlot aus dem Cillier Kreise nach Wien gesendeter 
Fossilien. Auf Grund dieser Untersuchung wurde nunmehr auch das 
Alter der Schichten von Oberburg und Neustift als alttertiär erkannt. 
Die weite Verbreitung der eocänen Nummulitenformation in den öst- 
lichen Alpen wurde damals, wie Hauer sich ausdrückte, „mit jedem 
Tage deutlicher“ }). 

Hier wäre aber auch der Mittheilung „über die Ausläufer der 
Alpen westlich von Neustadt und Neunkirchen“ ?), sowie der kleinen, 
aber wichtigen Abhandlung „über die richtige Deutung der Schichten, 
welche Nummuliten enthalten“ ?), zu gedenken. Das bedeutsamste 
Ergebniss dieser Studien bezog sich allerdings auf Gebilde, die wir 
heute (eben auf Grund derselben Studien) nicht mehr zum Eocän rechnen. 
Hauer zeigte damals, dass die angeblichen Nummuliten, welche 
man in den Gosauschichten oder im Verbande mit denselben beobachtet 
zu haben glaubte, keine Nummuliten, sondern Orbituliten waren und 
mit Zuhilfenahme der übrigen Versteinerungen aus den betreffenden 
Localitäten wies er überzeugend den cretacischen Charakter der Gosau- 
schichten nach. Andererseits wurde durch die Beseitigung der ver- 
meintlichen Gosaunummuliten die Beweiskraft der echten Nummuliten 
für das eocäne Alter der Lagerstätten dieser echten Nummuliten 
wesentlich erhöht. Es konnte oben gezeigt werden, dass eine solche 
Beweiskraft damals den Nummuliten ja noch gar nicht allgemein zuge- 
standen wurde. 

Eigenthümlicher Weise scheint überdies auch die Beschaffenheit 
der Nummulitenschalen selbst zu jener Zeit noch nicht allseitig ge- 
nügend ermittelt gewesen zu sein, sonst hätte nicht Schafhäutl’s 
Meinung, die Nummuliten besässen keine spirale, sondern eine cyclische 
Structur, die Kritik Hauer’s herausgefordert, der in derselben Arbeit 
auch diesen Punkt richtig stellte ®). 

In jedem Falle wurden die Vorstellungen, welche Murchison 
und Andere bezüglich der Gosauschichten als einer eigenthümlichen 
Uebergangsformation zwischen Kreide und Eocän verbreitet hatten, 
durch jene Untersuchungen gründlich beseitigt, eine Verwechslung 
dieser Schichten mit dem Eocän vom Kressenberg musste fortan aus- 
geschlossen erscheinen und die Stellung der Gosaubildungen im Rahmen 
der Kreide stand von jetzt ab fest. 

Halb vergessen dürfte es sein, dass Hauer wenigstens theil- 
weise auch als der erste Urheber der heute geltenden Eintheilung 
des Wiener Tertiärs zu betrachten ist. 


‘) Haidinger’s Berichte Mitth. d. Freunde d. Naturw.; Versammlung 
vom 1. Dec. 1848, 5. Bd., 1849, pag. 41. gL 
°) Haidinger's Berichte, Versammlung vom 20. April 1849, 6. Bd., pag. 10. 
°) Sitzungsber. d. math.-naturw. Classe d. k. Akad. d. Wissensch., Wien 
1849, 2. Bd., pag. 261; Sitzung der Akademie v. 19. April 1849. 
....) Vergl. dazu die spätere Polemik Schafhäutl’s und Hauers in der 
Zeitschr. d. deutsch. geologisch. Gesellsch. 1852, pag. 230-232 u. pag. 517—520. 


[57] Franz v. Hauer. 7135 


Die Aufstellung von Namen, an deren Gebrauch sich später 
Jedermann gewöhnt, ist eben in der Wissenschaft nicht immer gleich- 
bedeutend mit der ersten Ermittlung der zu diesen Namen gehörigen 
Dinge, und doch bringt solche Namengebung nicht selten eine Ver- 
wischung der Priorität mit sich. So kommt es, dass die Meisten, die 
heute für unser Wiener Tertiär die Namen der marinen, der sarma- 
tischen und der Congerienstufe anwenden, sich nicht mehr an den 
Umstand erinnern, dass die Erkenntniss der betreffenden Reihenfolge 
bis in die Jahre 1845 und 1848 zurückreicht. 

Es handelt sich hier um eine der ältesten kleineren Arbeiten 
Hauer’s, welche sich „über die bei der Bohrung des artesischen Brunnens 
im Bahnhofe der Wien-Raaber Eisenbahn in Wien durchfahrenen 
Tertiärschichten“ verbreitet?). Wir finden bei der von dem Autor damals 
angestellten Discussion über die in verschiedenen Lagen durch die 
Bohrung zu Tage geförderten Proben, dass als oberstes Glied der 
betreffenden tertiären Schichtenreihe ein Complex bezeichnet wird, der 
durch seine Fauna die Zugehörigkeit zu der heute sogenannten Congerien- 
stufe unzweifelhaft bekundet, während die darunter folgenden Complexe 
durch ihre Fauna deutlich als zu der jetzt sarmatisch genannten Stufe 
gehörig charakterisirt und theilweise unter dem Namen Cerithien- 
kalke aufgeführt wurden. 

Tiefer hinab reichte die Bohrung nicht, aber das vorstehend 
erwähnte Resultat derselben konnte von selbst zu der Vermuthung 
führen, dass die dabei nicht angetroffenen Bildungen, wie der Tegel 
von Baden, eben einem tieferen Niveau angehören. Da nun thatsächlich 
M. Hörnes einige Jahre später (1848) diesen Tegel von Baden als 
den tiefsten Schichten des Wiener Beckens angehörig hinstellte?), 
so war die später von anderer Seite durchgeführte Gliederung des 
Wiener Neogens, streng genommen, um jene Zeit wenigstens in nuce 
bereits vorhanden. In jedem Falle konnten die Auffassungen von 
Partsch, von denen weiter oben bezüglich der vor Hauer’s Zeit 
geltenden Ansichten die Rede war, nunmehr als überwunden angesehen 
werden. 


!) Dieser Aufsatz erscheint im 1. Bd. der Haidinger'schen Berichte über 
die Mitth. v. Freunden d. Naturw., pag. 201, aber nicht in dem Berichte über die 
Versammlungen, sondern unter den im Nachtrag befindlichen speciellen Mit- 
"theilungen abgedruckt und wird dort als ein Wiederabdruck aus der „Wiener 
Zeitung“ vom 11. April 1846 bezeichnet. Nach C2jZek (Erläuterungen zur geogn. 
Karte der Umgebungen Wiens 1849, pag. 45—46) würde indessen ein diesem 
Abdruck zu Grunde liegender Vortrag schon am 29. November 1845 gehalten worden 
sein in einer der ersten Versammlungen der Freunde d. Naturw. Das wäre also 
eigentlich die thatsächlich älteste, uns erhaltene Arbeit Hauer's, wenn dieselbe 
auch in den Haidinger’schen Berichten ihren Platz hinter den ersten daselbst 
abgedruckten Versammlungsberichten einnimmt, deren erster sich auf eine 
Versammlung vom 27. April 1846 bezieht, e 

2) Verzeichniss der Fossilreste aus 135 Fundorten des Tertiärbeckens von 
W°’ n, Wien 1848, pag. 7; als Anhang zu CzjzZek’s Erläuterungen zur geogn. 
Karte d. Umgebungen Wiens, Wien 1849. Wie sehr sich Hauer damals für das 
fragliche Tertiär interessirte, ergibt sich nebenbei aus der Bemerkung von Hörnes 
(l. ec. pag. 9), dass ihm das von Hauer mit grossem Fleiss geführte Fundörter- 
Register tertiärer Versteinerungen bei der Abfassung seiner Schrift von wesent- 
lichem. Nutzen gewesen sei. 

95* 


7136 Dr. Emil Tietze. [58] 


Es ist selbstverständlich, dass damit das thatsächliche Verdienst 
der späteren genaueren und viel umfassenderen Arbeiten über diesen 
Gegenstand in keiner Weise geschmälert werden soll. Es ist beispiels- 
weise für jeden Unparteiischen unmöglich, den hohen Werth zu ver- 
kennen, welchen die bedeutsamen, ebenso mühevollen als viel- 
seitigen Untersuchungen von Suess über den „Boden von Wien“ 
ausser in anderer so auch in Beziehung auf die Eintheilung des Wiener 
Tertiärs beanspruchen dürfen; ein Fundamentalwerk wie dieses sind 
die wenigen Seiten der erwähnten Hauer’schen Mittheilung nicht, 
und es ist auch zweifellos, dass zur Rechtfertigung einer für ganze 
Regionen giltigen Eintheilung vereinzelte Beobachtungen nicht aus- 
reichen. Dass aber solche vereinzelte Beobachtungen bisweilen einen 
Fingerzeig für den Versuch von Verallgemeinerungen abzugeben ver- 
mögen !), das hervorzuheben schien mir in diesem Falle eine Art: von 
Pflicht zu sein. 

Wie Hauer selbst über die Sache dachte, ergibt sich vielleicht 
aus einer Stelle seiner späteren Arbeit über die Inzersdorfer Schichten, 
mit welchem Namen er schliesslich die Tegel der Congerienstufe 
unter Hinweis auf deren weitere Verbreitung zusammenfasste. Er 
sagte damals?), dass „durch die Untersuchungen von Suess die 
früher nur mehr vorausgesetzte Sonderung der Tertiärschichten 
des Wiener Beckens in verschiedene Altersstufen schärfer begründet“ 
wurde. Diese Wendung kann zugleich als ein Beispiel dienen für 
die zurückhaltende und — unwirksame Form, in welcher Hauer bei 
einzelnen Gelegenheiten seine Ansprüche auf literarische Anerkennung 
zur Geltung brachte 3). 

Von anderen kleineren, aber wichtigen Arbeiten aus der ersten 
Periode von Hauer’s Thätigkeit nenne ich zunächst diejenige, in 
welcher er das Auftreten von Monotis salinaria an verschiedenen 
Fundorten der Alpen verfolgte *), sodann eine Mittheilung über gewisse 
Kalke der Umgebung von Mödling, Baden und Gumpoldskirchen, die 
damals unter Vorbehalten der unteren Abtheilung des Jura zugerechnet 
wurden). Es war dies die erste, die östlichen Alpen betreffende 
Erwähnung und gesonderte Hervorhebung eines Schichtencomplexes, 
der bald darauf unter dem Namen Gervillienschichten und später unter 
der Bezeichnung Kössener Schichten eine grössere Rolle spielen 
sollte. Die genauere Horizontirung dieser Gebilde, um deren Kenntniss 
sich bekanntlich auch Emmrich bemüht und Suess besonders 
verdient gemacht hat, konnte allerdings erst gelingen, nachdem eine 


') Eine ähnliche Auffassung dieser Beziehungen hat Stur in seiner Geologie 
von Steiermark, pag. 513, zum Ausdruck gebracht, indem er die principielle Be- 
deutung jener älteren Mittheilung Hauer’s betonte. 

’) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A.' 1860, pag. 9. 

°) In dem gegebenen Falle mag übrigens noch erwähnt werden, dass 
Hauer auch noch später bei seiner Zusammenstellung der in der österreichischen 
Geologie angewendeten stratigraphischen Namen den für die sarmatische Stufe 
früher gebräuchlichen Ausdruck Cerithienschichten auf die Bezeichnung Üerithien- 
kalk zurückführt, die er in jenem seinem ältesten Aufsatz vorgebracht hatte. 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 164.) AH 

‘) Haidinger’s Berichte I., pae. 160. 

') Haidinger's Ber. Unterer Oolith von Gumpoldskirchen. VI. Bd., pag. 20. 


[59] Franz v. Hauer. 7137 


grössere Anzahl von Gliedern der mesozoischen Schichtenreihe in den 
Alpen ermittelt war, und nachdem auch die ausseralpinen Aequivalente 
der hier in Frage kommenden Bildungen (durch Oppel und Suess) 
nachgewiesen erschienen. 

Von einiger Bedeutung ist ferner die Untersuchung der von 
dem damaligen Bergrath Fuchs gesammelten Fossilien aus den 
Venetianer Alpen, über welche Hauer in den Schriften der eben 
gegründeten Akademie berichtete !). Diese Arbeit gab ihrem Verfasser 
die erste Gelegenheit, seine Ansichten über die Schichtenfolge in 
den Südalpen auszusprechen. Doch ist der stratigraphische Theil dieser 
Darstellung ein wenig knapp gehalten; der palaeontologische Theil 
jedoch ist besonders werthvoll als eine für die damalige Zeit voll- 
ständige Bearbeitung der Fauna des bunten Sandsteines, insofern hier, 
wieRichthofen sich ausdrückt, „sämmtliche leitende Versteinerungen“ 
der Seisser und Campiler Schichten beschrieben und abgebildet sind. 
Dadurch wurde also auch für die Kenntniss der Fauna der Werfener 
Schichten, die sich als mit jenem bunten Sandstein identisch erwiesen, 
eine wichtige Grundlage geschaffen ?). 

Fast um dieselbe Zeit konnten nämlich auch schon die Aequi- 
valente des bunten Sandsteines der Nordalpen mit denen der Südalpen, 
sowie mit ähnlichen, hierher gehörigen Bildungen Ungarns verglichen 
werden, wenn auch derartige Vergleiche damals oft nur in leicht hin- 
geworfener Weise ohne besondere Ankündigung ihrer Bedeutung er- 
folgten ?). Die Fossilien, welche Hauer gelegentlich der Besprechung 
gewisser Einsendungen aus der Gegend von Schemnitz, sowie von 
Kralova im Gömörer Comitate anführte (Naticella costata und Myaecites 
Fassaensis), gaben meines Wissens die erste Veranlassung, jenen Ver- 
gleich publieistisch mit Bestimmtheit zu ziehen und zwar, wie schon 
angedeutet, in einer Form als ob es sich dabei um etwas Selbstver- 
ständliches handeln würde. Man darf also vielleicht annehmen, dass 
Hauer schon relativ bald von der. Gleichaltrigkeit der Werfener 
Schiehten und des südalpinen bunten Sandsteins überzeugt war und 
dass jene ungarischen Funde nur zufällig Gelegenheit boten, diese 
Ueberzeugung zu äussern. Besonders zu betonen fand Hauer damals 
in jedem Falle nur das Eine für nothwendig, dass durch jene Funde 
nämlich der erste Nachweis von dem Vorkommen der Trias in den 
karpathischen Gebieten erbracht wurde. 

Es war indessen eine fundamentale Frage der ganzen Alven- 
geologie, die hier ihre Lösung fand, wenn auch die eingehendere Be- 
gründung dieser Lösung erst etwas später an einem andern Orte ge- 
geben wurde. 

Ein schwieriges Problem bot ferner die Stellung der rothen Kalke in 
den Alpen und Karpathen und da dieselben mit einander häufig ver- 


’) Siehe die vorläufige Mitth. darüber in den Sitzungsber. d. math.-naturw. 
Classe, II. Bd. 1849, pag. 15, und die ausführliche Arbeit in den Denksehr. d. kais. 
Akad. d. Wissensch. Il. Bd. 1850. 

?) Verel. dazu Richthofen, Predazzo, pag. 48 unten und pag. 52. 

3) Vergl. Besprechung aus Ungarn eingesendeter Fossilien der unteren Trias 
in Haidinger's Ber. Mitth. d. Fr. d. Naturw. Versammlung vom 18. Jänner 1850, 
VII. Bd., pag. 19. 


138 Dr. Emil Tietze. [60] 


wechselt wurden, so lag hier um so mehr eine Fehlerquelle vor. als 
Mancher glaubte, gerade in der Existenz solcher rother Kalke einen 
Anhaltspunkt zur Gliederung des Alpenkalkes zu finden. 

Den Anlass zum Eingreifen Hauer’s in dieser Frage bot ein 
VersuchEmmrich’s, die Reihenfolge der einzelnen Schichtencomplexe 
im bairischen Alpenkalke zu ermitteln und dabei einige Parallelen 
mit sonstigen alpinen Bildungen aufzustellen, wobei er sich von 
sewissen Ansichten, die Schafhäutl und der oben genannte Berg- 
rath Fuchs geäussert hatten, nicht vollständig genug emancipirte. 
Fuchs hatte echte Triasgebilde über jurassische Kalke gestellt und 
Schafhäutl wiederum!) hatte in seiner Schrift über die rotben 
Marmore von Oberalm und Adneth die Kalke von Hallstatt und 
Adneth, die Hauer bereits als verschieden erkannt hatte, wieder 
vereinigt, dieselben mit verschiedenen bairischen Vorkommnissen 
parallelisirt und sodann dem Jura beigezählt. Obwohl nun Emmrich 
Adneth und Hallstatt als verschieden anerkannte, gelangte er doch eben- 
falls zu der Annahme eines jurassischen Alters der Hallstätter Kalke und 
folgerichtig damit zu anderen Fehlschlüssen, wie bezüglich des lias- 
sischen Alters der nordalpinen Salzlagerstätten, welche, wenn sie ohne 
Widerspruch geblieben wären, die gerade beginnende deutlichere Er- 
kenntniss in der alpinen Stratigraphie wieder in die alte Verwirrung 
zurückgeführt hätten. Auch war es eine Folge dieser irrigen Auf- 
fassungen, dass die Schichten des Rossfeldes mit dem jurassischen 
Kalke von St. Veit zusammengeworfen wurden. 

Hauer stellte zunächst diese Irrthümer richtig?) und erläuterte 
sodann, dass es ein triadisches, ein liassisches und ein oberjurassisches 
Niveau von rothen Kalken gebe, sowie dass Hallstatt und Adneth nebst 
dem Diphyenkalke Tirols und der Karpathen als Typen dieser Niveaus 
angenommen werden könnten. 

Von diesen Kalken war bis dahin höchstens dem Diphyenkalk 
auf der Südseite der Alpen ein ungefähr richtiger Platz angewiesen 
worden, insofern L. v. Buch?) auf dem Congresse der Naturforscher in 
Mailand im Jahre 1844 jenen Kalk zusammen mit dem Klippenkalk der 
Karpathen in den oberen Jura gestellt hatte, ohne dass damals übrigens 
eine scharfe Trennung der rothen liassischen Ammonitenkalke der Lom- 
bardei von den höher liegenden, durch Terebratula diphya ausgezeichneten 
Kalken durchgeführt worden wäre ®). Auf derartige Trennungen petro- 
graphisch einander ähnlicher Ablagerungen kam es aber gerade an. 
Welche Unsicherheit übrigens trotz Buch, selbst in Bezug auf die 
Diphyenkalke, noch unter den Geologen herrschte, ergibt sich aus 
der Aeusserung, mit welcher Morlot noch im Jahre 1847 diese 
Bildungen erwähnte®). Nachdem dieser Autor von mittlerem Oolith 


‘) Neues Jahrb. v. Leonhard u. Bronn 1848, pag. 136. Vergl. dazu den- 
selben Autor ibidem 1851, pag. 129 u. Emmrich Zeitschr. d. D. 8. G. 1849, p. 263. 
”) Neues Jahrb. 1850, pag. 586. Vergl. dazu auch Zeitschr. d. Deutsch. geol. 
(ses. 1552, pag. 519 und Mitth. Freunde d. Naturw. 7. Bd., pag. 12—19. 

3) Vergl. Bulletin de la soc. imp. de Moscou, 19. Bd., pag. 244. 

*) Ueber diese Umstände hat Benecke (Trias und Jura in den Südalpen, 
pag. 125) das Nöthige zusammengestellt. 

‘) Nordöstl. Alpen, l. c. pag. 115. 


[61] Franz v. Hauer. 739 


gesprochen, fügte er hiezu: „Eine eigenthümliche, vielleicht hierher 
gehörige Schicht in den Alpen sowohl als in den Karpathen scheint 
durch die Terebratula diphya und T. digona charakterisirt zu sein“. 

Mit Recht legte also d’Archiac in seiner Geschichte der Geo- 
logie ') den Auseinandersetzungen Hauer’s über die rothen Kalke 
der Alpen eine ganz hervorragende Wichtigkeit bei und erklärte die 
dadurch gewonnene Einsicht für einen „grossen Schritt nach vorwärts“. 

Die Bedeutung dieses Fortschrittes wird auch schwerlich ge- 
mindert durch den Umstand, dass sich später in derselben Richtung 
noch weitere Fortschritte erzielen liessen und dass für den Anfang 
noch nicht saämmtliche, in den verschiedenen Theilen der Alpen und 
Karpathen vorhandenen rothen oder röthlichen Kalke an die richtige 
Stelle gebracht werden konnten. So wurden beispielsweise die in den 
oberen Dogger gehörigen sogenannten Klausschichten damalsnoch mit den 
Diphyakalken zusammen besprochen; sie erhielten dabei indessen 
doch wenigstens in der Nähe ihrer wirklichen Stellung einen Platz 
im System angewiesen, wenn man bedenkt, dass es sich da um eine 
gleichsam aus dem Groben herausgehauene Gliederung handelte. 
Ueberdies dauerte es ja auch nicht lange, bis dieser wichtige Horizont 
von Hauer selbst zu selbständiger Geltung gebracht wurde ?), wovon 
später noch die Rede sein wird. 

Jedenfalls ersieht man aus dem Gesagten, dass bereits mehr 
und mehr sich die Elemente sonderten, aus denen der Alpenkalk 
bestand, und dass es gelungen war, vorläufig wenigstens etliche feste 
Punkte zu gewinnen, von denen aus die weitere Forschung schon mit 
bestimmteren Zielen vordringen konnte. 

Die Schilderung der Thätigkeit Hauer’s in der Zeit, welche 
durch das Zusammenwirken der „Freunde der Naturwissenschaften“ 
bezeichnet wird, kann übrigens nicht geschlossen werden, ohne noch 
der speciell palaeontologischen Abhandlungen zu gedenken, durch 
welche die schon einigemale erwähnte Beschreibung der Cephalo- 
poden des Salzkammergutes in wesentlichen Ergänzungen vervoll- 
ständigt wurde?). Hier wurde eine sichere Basis geschaffen für einen 
der interessantesten Theile der Trias-Palaeontologie. Hier wurde zu- 
gleich aber auch eine breite Grundlage gelest für die grossen Tafel- 
werke anderer Autoren, die sich später mit unserer alpinen Trias 
beschäftigten. Es scheint mir nicht unnützlich dies ausdrücklich her- 
vorzuheben &). 


!) Progres de la geologie, vol. 3, pag. 375. 

?) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1852, pag. 184. 

3) Siehe: Neue Cephalopoden aus den Marmorschichten von Aussee. Hai- 
dinger’s Abhandl., I. Bd., pag. 257, und über neue Cephalop. aus d. Marmor- 
schichten von Hallstatt u. Aussee in Haidinger's Abhandl., III, 1. Abtheil. 
pag. 1—26, wozu noch die gleichartigen Arbeiten aus den Jahren 1855 und 1860 
kommen, welche später aufzuzählen sein werden. 

*) Das Werk von Mojsisovies über das Gebirge um Hallstatt (1. Theil 
Wien 1873 Abhandl. der geol. R.-A., 6. Bd.) entbehrt vollständig einer historischen Ein- 
leitung. Man wird nämlich die neun ersten Zeilen der Vorrede zu jenem Werke, 
in welcher (Zeile 5) die Namen der Autoren genannt werden, die sich bis dahin 
über Hallstätter Versteinerungen geäussert hatten, nicht für den Ersatz einer 
solchen Einleitung halten können, in welcher sonst bei dergleichen Monographien 
der Autor den Verdiensten seiner Vorgänger gerecht zu werden pflegt. 


740 Dr Emil Tietze. [62] 


Wohl nur wenigen Forschern ist es beschieden gewesen, eine 
solche Reihe von bahnbrechenden Erfolgen in den ersten vier bis 
fünf Jahren ihrer Wirksamkeit zu erzielen und eine solche Fülle 
von fundamentalen Erkenntnissen für die Wissenschaft zu gewinnen, 
wie sie in den vorangegangenen Seiten skizzirt werden konnten). 

Wenn es sich bei jenen Erfolgen auch nur um Ergebnisse von 
blos localer Bedeutung für die Länder der österreichischen Monarchie 
und die östlichen Alpen gehandelt hätte, so würde das bei der doch 
nicht unbeträchtlichen Ausdehnung dieser Gebiete und bei deren 
Stellung im Herzen Europas schon allein nicht gering anzuschlagen 
sein. Es darf jedoch überdies nicht übersehen werden, dass hier 
Resultate in Rechnung gezogen werden’ müssen, welche auch der 
allgemeinen Geologie zum grössten Nutzen gereicht haben. Das ergibt 
sich aus der blossen Betrachtung der Bedeutung, welche die alpinen 
Facies-Entwicklungen (als Typus für andere weite Erdgebiete) mehr 
und mehr für die allgemeine Geologie erlangt haben, nachdem sich 
zeigte, dass die Basis, von der die geologische Forschung ursprünglich 
ausgegangen war, in vielfacher Hinsicht mit Verhältnissen zusammen- 
hing, deren Geltung auf einen gewissen Theil Europas beschränkt 
bleibt. 

Vor allem aber war Eines gewonnen. Der pessimistischen Meinung, 
wie sie noch Wissmann (vergl. oben) ausgesprochen hatte, wonach 
die Schicht- und Versteinerungsfolge in den Alpen eine Ausnahme 
von der sonst in der Natur geltenden Gesetzmässigkeit machen sollte, 
begann der Boden entzogen zu werden. Solche bedenkliche Aus- 
nahmen, wie sie hier für das System und die Grundprincipien der 
Geologie eine Zeit lang angenommen wurden, verträgt auf die Dauer 
wohl keine wissenschaftliche Disciplin ohne schwere Einbusse an 
ihrer Autorität, und so dürfte denn Hauer später sehr im Rechte 
gewesen sein, als er gelegentlich seiner akademischen Antrittsrede 2) 
die Beseitigung jener angeblichen Ausnahme als einen der wesent- 
lichsten Erfolge kennzeichnete, den der mit der Thätigkeit der Freunde 
der Naturwissenschaften und später mit der Gründung der geolo- 
gischen Reichsanstalt zusammenhängende Aufschwung der geologischen 
Forschung in Oesterreich erreicht hatte. ‘ 

Wie übrigens die Bedeutung der von Hauer in jener ersten 
Periode seiner wissenschaftlichen Wirksamkeit gewonnenen Resultate 
und wie die von ihm befolgte Arbeitsmethode wenigstens von einem 
Theil der Zeitgenossen gewürdigt wurde, ergibt sich vielleicht am 
Besten aus den Worten Desjenigen, der damals unbestritten die 


') Wenn es erlaubt ist, aus einem etwas verschiedenen Forschungsgebiete 
ein Beispiel zum Vergleich herauszugreifen, so erinnert der rasche Aufschwung 
Hauer's nicht wenig an die Anfangsperiode der wissenschaftlichen Laufbahn 
Arago's, der, wie den Physikern aus dessen Selbstbiographie bekannt sein dürfte, 
bereits in Alter von 23 Jahren für würdig befunden wurde, in die Pariser Akademie 
aufgenommen zu werden (Arago’s Werke, Ausgabe von Hankel I. Bd. pag. 69, 
vergl. dazu die Einleitung von A. v. Humboldt pae. IV). Der Vergleich bezieht 
sich allerdings nicht auf die äusseren Lebensumstände, die in Folge von Zufällen 
bei Aragos’s Jugend abenteuerlich und stürmisch waren. 

°) Die Pflege d. Geologie in Oesterreich. Wien 1861, pag. 24—2. 


[63] Franz v. Hauer. 741 


erste Autorität unter allen Geologen der Welt besass. Am 5. December 
1847 schrieb Leopold v. Buch an Haidinger einen längeren 
Brief, der sich unter Anderem auch mit Hauer’s Arbeiten be- 
fasste. Bezüglich der Entzifferung der sogenannten Anomalien in den 
Alpen heisst es darin: „Gewiss gebührt dem Herrn Franz v. Hauer 
das grösste Verdienst“, und speciell betreffs der Entdeckung des 
triadischen Alters eines grossen Theiles der Alpenkalke schreibt 
Buch: „Seit Herrn von Hauer’s Aufsätzen, seit ich die Wiener 
Sammlungen gesehen, bewegt mich Alles dieses so sehr, dass ich 
gern sogleich nach Hallstatt liefe, dort bei dem Stadler einige Wochen 
zu bleiben, wenn es nur nicht Winter wäre und wie lange müssen 
wir auf das Frühjahr noch warten.“ Was ferner das Problem des 
Wiener Sandsteins anlangt, so hiess es in demselben Briefe: „Ich 
habe darüber das grösste Vertrauen zu Hauer, der 
sründlich untersucht und vergleicht und nicht Alles isolirt 
betrachtet.“ 

Das schrieb Buch, nachdem kaum zwei Jahre seit dem Er- 
scheinen der ersten gedruckten Publication Hauer’s verflossen 
waren }). 


Mit der Gründung der geologischen Reichsanstalt begann ein 
neuer Abschnitt der Hauer’schen Wirksamkeit. Wenn sich dieselbe 
im wissenschaftlichen Sinne, namentlich Anfangs, auch vielfach nur 
als eine Fortsetzung der bisherigen Forschungen erwies, so stellte 
doch das Zusammenwirken mit anderen Forschern jeweilig noch be- 
sondere Anforderungen an den Einzelnen, und zwar namentlich an 
Denjenigen, der auf die Art dieses Zusammenwirkens einen mass- 
gebenden Einfluss zu nehmen berufen war. 

Zunächst ergab sich das Bedürfniss, die bezüglich der alpinen 
und karpathischen Gebiete bis dahin erworbenen Kenntnisse in ihren 
wesentlichen Zügen zusammenzufassen, um die Basis zu gewinnen 
für einen Arbeitsplan, nach welchem die nunmehr vorzunehmenden 
ersten geologischen Kartenaufnahmen einzuleiten wären. Gleichzeitig 
konnten die im Felde zu beschäftigenden Geologen damit eine beque- 
mere Orientirung erhalten. 

Aus diesem Grunde sah sich Hauer veranlasst, noch im 
Jahre 1850 solche Zusammenfassungen des bisher Erreichten auszu- 
arbeiten, welche in Form von drei verschiedenen Aufsätzen erschienen, 
die sich ihrem Inhalte nach theilweise deckten, theilweise indessen 
auch gegenseitig ergänzten?). In der Vielfältigkeit dieser Verlaut- 


!) Vergleiche dazu Haidinger, das k. k. montanistische Museum und die 
Freunde der Naturwissenschaften in Wien. Wien 1869, pag. 106. 

?) a) Ueber die geognost. Verhältn. d. Nordabhanges der nordöstlichen Alpen 
zwischen Wien u. Salzburg. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1850, pag. 17—60; b) Ueber 
die Gliederung der geschichteten Gebirgsbildungen in d. östlichen Alpen u. d. 
Karpathen. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl. Wien, 1850, 
pag. 274—314; c) Ueber die Gliederung d. Alpenkalks in d. Ostalpen, Neues 
Jahrb. für Min. u. Geol. 1850, pag. 584—591. Dieser letztgenannte Aufsatz ist 
allerdings mehr als eine Berichtigung der schon oben erwähnten Ansichten 
Emmrich’s aufzufassen und kann auch als Ergänzung zu den schon berührten 
Ausführungen Hauer’'s über die rothen Kalke der Alpen betrachtet werden. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 94 


742 Dr. Emil Tietze. [64] 


barungen kam augenscheinlich der Wunsch zur Geltung, weitere Kreise, 
auch die des Auslandes, für die österreichische Geologie lebhafter zu 


interessiren }). 
Das synthetische Talent, welches Hauer später noch so oft 
bewiesen hat, kam bei diesen Zusammenfassungen zum ersten Male 


!) In den ersten Jahren des Bestehens der geologischen Reichsanstalt und 
theilweise auch noch später hat Hauer überhaupt eine besondere Rührigkeit 
entfaltet, um die Bestrebungen der Anstalt im In- und Auslande bekannt zu 
machen. Aus dem der gegenwärtigen Schrift angehängten Verzeichniss der Arbeiten 
Hauer's lässt sich das bereits schliessen, insofern der Leser dort auf verschie- 
dene Veröffentlichungen stossen wird, welche, wie sich schon aus dem Titel 
ergibt, jenen Zweck verfolgen. Ueberdies hat dann Hauer, wie bei dieser 
Gelegenheit im Vorübergehen erwähnt werden mag, noch intensiv mitgewirkt, 
um die Wiener Zeitung mit Berichten über die Sitzungen des Instituts zu ver- 
sehen, Berichte, die damals sehr gern angenommen und sogar von der betreffenden 
Redaction direct gewünscht wurden. Sonst würde nicht zeitweilig das Ausbleiben 
solcher Berichte bedauert worden sein, wie das aus Hauer’s nachgelassener 
Correspondenz und insbesondere aus einem Briefe des damaligen Redacteurs 
Dr. Beck vom 24. März 1862 direct hervorgeht. 

Später stumpfte sich allerdings das Interesse der Journalistik sowohl, wie 
des grösseren Publicums für derartige Mittheilungen ab, und unter den heutigen 
Zuständen wäre kaum daran zu denken, dass hiesige Zeitungen eine längere Aus- 
einandersetzung über fachmännische Verhandlungen bringen würden, die dem 
grössten Theil ihres Leserkreises fernliegen, sofern nicht besondere Veranlassungen 
dazu einladen, oder sofern nicht eine den Lesern sehr mundgerechte Form für Einzelnes 
gefunden wird. Die Freude am Sensationellen ist eben zu stark gewachsen, und 
mit Sensationen kann der Fortschritt einer Disciplin, wie die Geologie, nicht 
immer dienen. Andererseits indessen, um gerecht zu sein, muss auch zugestanden 
werden, dass das naturwissenschaftliche Bedürfniss des Publicums heute in viel 
höherem Grade als früher durch populäre Vorträge u. dgl. befriedigt wird, so 
dass der Mangel einer Verbreitung wissenschaftlicher, noch in ihrer ursprüng- 
lichen Form gebotenen Resultate minder schwer empfunden werden dürfte. 

Vielleicht noch eher würden heute solche Mittheilungen den Beifall des 
Publicums finden, wie sie Hauer, Stache, und Baron Hingenau gegen 
Ende 1860 in Form von Feuilletons im Wiener „Vaterland“ veröffentlichten, in 
denen das naturwissenschaftliche Leben Wiens im Allgemeinen besprochen wurde 
und welche damals viel bemerkt wurden. (Da diese Artikel ohne Namensfertigung 
erschienen, ist es jetzt allerdings schwer, die Autorschaft für dieselben speciell 
festzustellen.) 

Der Eifer, mit welchem sich Hauer der publicistischen Vertretung der 
geologischen Reichsanstalt und der damals damit so gut wie ganz zusammen- 
fallenden Interessen der-österreichischen Geologie überhaupt annahm, wurde in 
einzelnen Fällen übrigens auch durch die Abwehr von Angriffen in Anspruch 
genommen, denen die Bestrebungen der neuen, mit frischem Muthe arbeitenden 
Wiener Schule ausgesetzt waren. Gab es doch (obschon wohl nur vereinzelt) 
Leute, welche in dem Vorgehen der Wiener, die mit manchem Irrthum auf- 
räumen mussten, theilweise wenigstens nur muthwillige „Neckereien“ erbliekten 
und denen die Art der sich naturgemäss aus jenem Vorgehen entwickelnden 
Polemik nur als eine die Wissenschaft „entehrende Klopffechterei* 
vorkam (vergl. Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellschaft 1852, pag. 232). So harte 
Vorwürfe mussten umso eigenthümlicher berühren, als es für gewöhnlich geradezu 
in den Grundsätzen des Haidinger'schen Kreises lag, jeder ehrlich gemeinten 
Anstrengung Anderer mit freundlichster Gesinnung entgegenzukommen. So konnte 
es also Hauer „getrost dem wohlwollenden Urtheile der wissenschaftlichen 


Welt“ überlassen, „zu entscheiden, ob den grossen Arbeiten zur Erweiterung der 


Landeskenntniss, die unter Haidin ger's Leitung in Oesterreich unternommen 
wurden, ein ehrliches wissenschaftliches Streben oder starres Festhalten an vor- 
gefassten Meinungen und eitle Händelsucht zu Grunde“ lag. (Zeitschr. d. deutsch. 
geol. Gesellsch. 1852, pag. 520.) 


[65] Franz v. Hauer. 743 


zu voller Geltung. Die bereits zahlreichen eigenen Erfahrungen nicht 
blos durch Neues zu ergänzen, sondern mit den Ergebnissen Anderer 
unter einheitliche Gesichtspunkte zu bringen, das war die Aufgabe. 
„Vergleichen und nichts isolirt betrachten“, um mit Leopold v. 
Buch zu reden, das war in diesem Falle wie bei den kommenden 
Gelegenheiten dieser Art die Methode der Lösung. 

Nichts könnte deshalb irrthümlicher sein, als diese Zusammen- 
stellungen, wie sie Hauer hier und in den folgenden Jahren unter- 
nahm, für Compilationen gewöhnlichen Schlages zu halten. Denn 
soweit darin nicht ausschliesslich die eigenen Beobachtungen des 
Verfassers in Betracht kamen, hat derselbe auch dadurch, dass er die 
eventuell von Anderen gefundenen Thatsachen in der Regel erst in 
die richtige Beleuchtung rückte, in ganz hervorragender Weise dazu 
beigetragen, die Wege für weitere Untersuchungen zu ebnen. So sind 
denn auch in der That diese Zusammenfassungen stets als Original- 
arbeiten, und zwar als solche von wahrhaft grundlegender Bedeutung 
aufgefasst worden. 

Die zwar schmucklose und oft knappe, aber dafür umso klarere 
Darstellungsweise, durch welche fast sämmtliche Schriften Hauer’s 
sich auszeichnen, war überdies in diesen Fällen besonders geeignet, 
den Ansichten des Verfassers Geltung zu verschaffen. 

Werfen wir nunmehr einen Blick auf diese Ausführungen selbst, 
und zwar zunächst auf diejenigen aus dem Jahre 1850, die wir hier 
gemeinsam behandeln dürfen. 

Ein nicht ganz unwichtiges Resultat sehen wir da zunächst 
bezüglich der älteren Schichtgebilde erreicht durch die Bestimmung 
einer Olymenia aus der Umgegend von Graz, insofern damit die 
Vertretung des Oberdevons in jenem Gebiete zuerst dargethan 
werden konnte). 

Die Werfener Schichten der nördlichen Alpen finden wir hier 
gemäss der schon etwas früher gewonnenen Erkenntniss {vergl. oben) 
bereits bestimmt mit dem bunten Sandstein der Südalpen identificirt. 
Gewisse, von früheren Autoren local damit verwechselte Gosaubildungen 
werden davon getrennt. Eine bedenkliche Fehlerquelle für die Deutung 
der alpinen Gebilde, wie sie beispielsweise noch die Ansichten 
Keferstein’s beeinflusst hatte (vergl. oben), wurde auf diese Weise 
definitiv beseitigt. 

Den Alpenkalk aber sieht man bereits in neun altersverschiedene, 
theils der Trias, theils dem Jura, theils der Kreide zugewiesene 
Glieder eingetheilt. Dabei erscheinen unter Anderem schon die 
jurassischen Bildungen von Vils erwähnt, die drei Jahre später 
bestimmter als Vilser Schichten von Hauer in die Literatur ein- 
geführt wurden. Desgleichen finden wir da den oberjurassischen 
Plassenkalk als ein besonderes Glied der Reihe zum erstenmale 
besonders hervorgehoben. Auch geschieht schon der Kalke von Gresten 
Erwähnung, die indessen hier noch beim unteren Oolith untergebracht 


!) Siehe "hierbei speciell Sitzb. Ak. d. Wiss. IV. Bd. pag. 274 u. vergl. den 
Aufsatz von Penecke über das Grazer Devon, Jahrb. geol. Reichsanst. 1893, 
pag. 570—573. 

94* 


744 Dr. Emil Tietze. [66] 


werden, ähnlich wie die Bildungen, welche (vergl. oben) dann später 
Kössener Schichten genannt wurden. Doch bemerkt Hauer aus- 
drücklich, dass für diese Gebilde vielleicht auch die Deutung 
als Lias zulässig wäre. Er wolle indessen zunächst die mit Sicherheit 
festgestellten Liasbildungen (wie es die Kalke von Gaisau und Adneth 
waren) von diesen weniger sicher horizontirten Schichten getrennt 
halten. Erwähnung verdient ferner, dass die Hippuritenkalke der 
Ostalpen, welehe Murchison mit Unrecht für Neocom gehalten 
hatte, nunmehr als innig mit den Gosauschichten zusammenhängend 
erkannt wurden. 

Fehlerhaft war aber noch die Deutung, welche damals der Stellung 
des Dachsteinkalkes gegeben wurde, der einen zu tiefen Platz in der 
Schichtenreihe angewiesen erhielt, ein Irrthum der erst einige Jahre 
später im Wesentlichen berichtigt werden konnte. 

Dagegen erscheint es als grosser Fortschritt, dass wenigstens 
prineipiell der Wiener Sandstein (in der damaligen Fassung des Be- 
sriffes) bereits definitiv als zu gänzlich verschiedenen Formationen 
gehörig erkannt werden konnte. Der tiefere, inneralpine Theil des- 
selben, der als der Sitz der Alpenkohle zu bezeichnen war, wurde 
dem Keuper zugerechnet, obschon die Bestimmungen Unger’s, die 
den liassischen Charakter eines Theiles der darin vorkommenden 
Flora wahrscheinlich machten, keineswegs missachtet wurden. Wenn 
trotzdem für alle diese Bildungen provisorisch der Name Keuper 
gewählt wurde, so geschah dies wieder, „um den grossen Unterschied 
auch durch den Namen festzuhalten, der zwischen ihnen und den 
rothen Marmorschichten von Adneth besteht“. 

Andere Theile des Wiener und Karpathen-Sandsteines aber, 
nämlich diejenigen, für welche später diese Bezeichnungen allein in 
Geltung blieben, wurden (theilweise gestützt auf die damals bereits 
begonnenen Studien Hohenegger’s) dem Neocom, der oberen Kreide 
und dem Eocän zugewiesen, eine Auffassung, die, was ihr allgemeines 
Wesen anlangt und unbeschadet mannigfacher Schwankungen in der 
Deutung einzelner Fälle, ja noch heute zu Recht besteht, namentlich 
wenn man unter Eocän das gesammte Untertertiär mit Einschluss des 
damals noch nicht unter besonderem Namen existirenden Oligocän be- 
greifen will. Die eigentlichen Nummulitenbildungen wurden übrigens 
besonders hervorgehoben. 

Wo es anging, wurden in diesen Darlegungen auch bereits Aus- 
blicke auf die Verhältnisse in Ungarn versucht, um deren Aufklärung 
Hauer bald sich in erspriesslichster Weise verdient machen sollte. 


Eine fernere Gelegenheit zu einer zusammenfassenden Dar- 
stellung boten dann die Erläuterungen zu der inzwischen ausgeführten 
geologischen Karte von Niederösterreich, welche in der Naturforscher- 
versammlung zu Wiesbaden 1852 vorgetragen und in der Zeitschrift 
der deutschen geologischen Gesellschaft!) abgedruckt wurden. Im 
Anschluss hieran mag auch der in den geologischen Bibliotheken 
wohl selten gewordenen „Uebersicht der geologischen Verhältnisse 


') 1852, pag. 657. 


[67] Franz v. Hauer. 745 


des Erzherzogthums Oesterreich unter der Enns“ gedacht werden!), 
auf welche d’Archiac in seiner Geschichte der Fortschritte der 
Geologie sich als auf eine für die Kenntniss des alpinen Lias besonders 
wichtige Arbeit bezogen hat). 

Allgemeiner bekannt ist indessen noch heute die Abhandlung 
„über die Gliederung der Trias-, Lias- und Juragebilde in den 'nord- 
östlichen Alpen“, welche im Jahre 1853 veröffentlicht wurde). Sie 
bildet, wie Benecke sich ausdrückt, „den Ausgangspunkt aller 
späteren Eintheilungen alpiner Sedimentärgebilde“ und wird, wie der- 
selbe Forscher hinzufügt, „wenigstens für die Trias für immer die 
Grundlage aller weiteren Forschungen bleiben“ ®). 

Neu erworbene Erfahrungen, welche theils Andere, theils Hauer 
selbst während der ersten Jahre der Thätigkeit der Reichsanstalt 
gesammelt hatten, wurden hier verwerthet, so dass sich die Abhandlung 
als eine Erweiterung und Vertiefung der gleichartigen Darstellungen 
des Jahres 1850 ansehen lässt. Auch einige Irrthümer wurden berichtigt 
und insofern dieser Abhandlung zum Schlusse Vergleiche zwischen 
den verschiedenen Theilen der Alpen in Oesterreich, Baiern, der 
Schweiz und italien, sowie der Apenninen beigefügt wurden, konnte 
sie um so leichter von den darauf folgenden Forschungen im Bereiche 
des Alpenkalkes als bequeme Basis benützt werden. Der Einfluss, den 
auf diese Weise die erwähnte Arbeit ausgeübt hat, rechtfertigt viel- 
leicht ein etwas längeres Verweilen bei deren Inhalt, gleichviel, wie 
man heute das positive Verdienst dieser Schrift im Vergleich zu anderen 
Leistungen Hauer’s zu beurtheilen gesonnen ist. 

In eingehendster Weise wird hier nochmals die Stellung der 
Werfener Schichten als unterstes Glied der mesozoischen Schichten- 
reihe begründet, so dass Hauer selbst sowohl, als Andere sich später 
speciell auf diese Darstellung bezogen’), wenn sie an den Begriff 
erinnern wollten, welcher sich in der neueren Geologie mit jenem 
älteren Schichtennamen verbindet. Der Darstellung der Lagerungs- 
verhältnisse jenes Gebildes wird eine besondere Sorgfalt gewidmet 
und die innige Verbindung der Schichten von Werfen und Seiss mit 
den darüber folgenden Aequivalenten des Muschelkalkes spielt bei 
der Begründung der zum Ausdruck gebrachten Ansichten jedenfalls 
eine wichtige Rolle. 

Beachtenswerth in dieser Darlegung erscheint unter Anderem 
auch, dass die Salzstöcke der österreichischen Alpen nunmehr ganz 
bestimmt als dem Buntsandstein, bezüglich den Werfener Schichten 
untergeordnet, angenommen wurden, wozu gewisse Beobachtungen 
Stur’s den Anlass gaben ®). Unterstützt war die betreffende Annahme 
übrigens auch durch Untersuchungen C2jZek’s, der schon im Jahre 1851 


!) Bericht der niederösterr. Handels- u. Gewerbekammer für das Jahr 1854, 
erschienen Wien 1855. N 

?2) Progres de la geologie. 7. Bd., pag. 398. 

3) Jahrb. d. k. K. geol. R.-A. 1853, pag. 715— 784. \ 

4) Ueber Trias und Jura in den Südalpen. München 1866, pag. 92, ım 
I. Bande von Benecke’s geognostisch-palaeontologischen Beiträgen. 

5) Vergl. z. B. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 225. 

6) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1853, pag. 473. 


746 Dr. Emil Tietze. [68] 


der theilweise wohl schon früher bekannten, aber noch immer nicht 
genügend gewürdigten Anwesenheit von Gypslagern in jenem Niveau 
seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatte). 

Wie man weiss, besitzt diese Deutung jener Salzstöcke auch 
noch heute Gültigkeit, wenngleich ihr später mehrfach z. B. von 
Mojsisovics?) und theilweise auch von Stur?) widersprochen wurde. 

Giltigkeit besitzt ferner ebenfalls noch heute die unter Beihilfe 
von Stur, CZjZek und Lipold gewonnene Erkenntniss des zunächst 
über den Werfener Schichten folgenden Niveaus des sogenannten 
Guttensteiner Kalkes, der damals zuerst unter diesem Namen hervor- 
sehoben wurde, mögen auch später andere, zum Theil vielleicht mehr 
euphonische Namen an dessen Stelle gesetzt worden sein und mögen 
auch anfänglich und hie und da äuch noch später die kalkigen 
Einschaltungen, die sich stellenweise im oberen Theile der Werfener 
Schichten finden, davon nicht scharf genug getrennt worden sein). 

Dem Guttensteiner Kalk wurde ursprünglich jedenfalls ganz 
richtig sein Platz beim Muschelkalk angewiesen und ebenso richtig 
wurde schon damals die Lage des Reiflinger Kalkes®) im directen 


2) Jahrb. d. k. k. geol: R.-A. 1851, pag. 33. 

?) Jahrb, d. k. k. geol. R.-A. 1869, pag. 154 uud 169. 

®) Geologie der Steiermark, pag. 263. Vergl. dagegen Bittner, Verhandl. 
geol. R.-A. 1893 pag. 75 und Jahrb. 1894 pag. 272. Den von Mojsisovics bei- 
nahe in das Raibler Niveau gesetzten Salzstock von Hall haben dann erst kürz- 
lich Ampferer und Hammer (Jahrb. geol. R.-A. 1893, pag. 303) wieder an die 
obere Grenze des Buntsandsteins gestellt (vergl. auch Höfer in der Oesterr. 
Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1899, pag. 355). 


*) Ich erwähne diesen letzteren Umstand, weil sich daran Missverständnisse 
geknüpft haben, insofern einige Autoren unter Guttensteiner Kalk hauptsächlich 
die kalkigen Zwischenlagen im oberen Theil der Werfener Schichten verstehen 
zu sollen glaubten, welche, wie Stur zuerst meinte (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1858, pag. 337), bei Guttenstein selbst gar nicht vorkommen. (Vergl. dagegen 
Bittner, Hernstein, pag. 56). Wer übrigens die erste Definition des Begriffes 
Guttensteiner Kalk bei Hauer liest (l. e. pag. 716 und 722 [pag. 2 und 8 des 
Separatabdruckes]), kann gar nicht daran zweifeln, dass schon ursprünglich 
die Hauptmasse dieses Complexes in’s Hangende der Werfener Schichten ge- 
setzt wurde. Das Gleiche geschah ja auch einige Jahre später, und zwar mit 
besonderer Deutlichkeit in einer die Stellung der Werfener Schiefer behan- 
delnden Notiz (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1857, pag. 167), sowie nicht minder 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, pag. 462) gelegentlich der Besprechung der 
lombardischen Verhältnisse. Andere Stellen, in welchen Hauer in seinen Schriften 
jene Zwischenlagen bespricht, findet man im Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss., 
24. Bd., pag. 146, im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855, pag. 744, 1868, pag. 435 
und in der Beschreibung des Durchschnittes Passau—Duino, Sitzungsber. d. kais. 
Akad. d. Wiss, 25. Bd., pag. 324 [74]. Vollkommen frei von kleinen Inconse- 
quenzen ist die Art und Weise allerdings nicht, in welcher Hauer später mit 
dem Begriff des Guttensteiner Kalks umging. Der unbefangene Beurtheiler, der 
bei einzelnen Auesserungen nicht zu starr auf dem Buchstaben besteht, wird in- 
dessen über das Wesen der Sache nicht im Zweifel sein und höchstens finden, 
dass die Grenze zwischen Werfener Schichten und Guttensteiner Kalk nicht 
immer nach denselben Grundsätzen bestimmt wurde. 

Bezüglich der Divergenzen in diesem Punkte vergleiche noch Richthofen 
(Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1859, pag. 84) und Stur's Geologie d. Steiermark 
(pag. 222). Endlich ist hier auch auf eine sehr eingehende Auseinandersetzung 
Bittner's zu verweisen (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1894, pag. 87—94). 

..) Hauer scheint sich später nicht daran erinnert zu haben, dass diese 
Bezeichnung des bewussten Muschelkalkgliedes schon 1853 von ihm selbst ge- 


Rn 


[69] Franz v. Hauer. 7147 


Anschluss an die Beschreibung des Guttensteiner Kalkes erkannt 
(pag. 9 d. Aufsatzes). 

Weniger endgiltig im Sinne unseres heutigen Wissens konnte 
die Stellung des Hallstätter Kalkes bestimmt werden. Zum Zwecke 
des Studiums der betreffenden Frage hatte Hauer im Sommer 1853 
mit Eduard Suess zusammen eine Reise nach dem Salzkammergut 
und in die Gegend des Dachsteins unternommen). Man gelangte auf 
Grund der dabei gemachten Beobachtungen zu der Vorstellung, dass 
der Hallstätter Kalk zwischen dem Guttensteiner und dem inzwischen 
in den Lias gebrachten Dachsteinkalk sich befinde, und dass dem- 
zufolge dieser Hallstätter Kalk ein unmittelbar auf den Guttensteiner 
Kalk folgendes Glied der Trias sei, welches zum „oberen Muschel- 
kalk“ gehöre, wohin ihn Hauer übrigens schon 1850 gebracht hatte. 

Nach den heutigen Anschauungen ist bekanntlich jene Auffassung 
insoferne nicht richtig, als wenigstens der echte (norische) Hallstätter 
Kalk dem Dachsteinkalk direet angehört, so dass höchstens der oberste 
Theil des letzteren (etwa in der Fassung Gümbel’s) über dem 
Niveau der sämmtlichen Hallstätter Kalke liegt?). Hier lag also eine 
Ungenauigkeit vor, welche erst durch die zu jener Zeit eben noch 
nicht erlangte Erkenntniss bezüglich der Stellung des Lunzer Sand- 
steins und seiner Aequivalente beseitigt werden konnte. Eine Nöthi- 
sung den norischen Hallstätter Kalk für eine besondere Facies des 
Keupers zu halten, wie das Hauer später selbst als möglich hin- 
gestellt hat, gab es damals noch nicht. 

Die Gegend um Hallstatt war auch, wie sich später mit Evidenz 
herausstellte, nicht geeignet, den Schlüssel für die Lösung solcher 
Fragen der speciellen Triasgliederung zu liefern), und dennoch war 
nichts natürlicher, als dass man damals diese Lösung im Salzkammer- 
gut versuchte, von wo aus zuerst Licht über die Existenz der alpinen 
Trias im Allgemeinen ausgegangen war. Es würde vermuthlich auch 
heute Niemanden geben, der unter den gleichen Voraussetzungen 
einen anderen Weg zur Entzifferung der betreffenden Probleme ein- 


braucht wurde, insofern er (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 208) den Namen 
des Reiflinger Kalkes auf eine Arbeit Stur's aus dem Jahre 1865 zurückführte. 

1) Es ist dies der gemeinsame Ausflug, an welchen E. Suess bei seiner 
am Grabe Hauer’s gehaltenen Rede erinnerte. (Verh. geol. R.-A. 1899, pag. 124.) 

?) Vergl. Bittner, Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1896, pag. 192. Die Be- 
zeichnung norisch ist hier in dem ursprünglich von Mojsisovics gegebenen, 
später von Bittner festgehaltenen Sinne angewendet. 

3) Man vergleiche das Vorwort von Mojsisovics zu dessen „Gebirge um 
Hallstatt“ (Wien 1873, Abhandl. d. k. k. geol. R.-A., 6. Bd., S. 1), wo es heisst: 
„Hier spottet die Natur der in anderen Gegenden mit Erfolg angewendeten 
Beobachtungsmethoden ; combinative und deductive Schlüsse, welche auf wohl 
beobachteten Daten beruhen, sind hier ausgeschlossen, denn nichts scheint 
Regel zu sein als der Wechsel der schneidendsten Gegensätze.“ (!!) 

Und unter diesen Umständen hat es Mojsisovies (Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. 1872, pag. 5 und 10) dem mehrfach bewährten Stur zum Vorwurf machen 
können, dass derselbe für seine stratigraphischen Darlegungen das Gebiet des 
Lunzer Sandsteins bevorzugt hatte! 

Freilich hatte Mojsisovics früher (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1868, pag. 
257) angegeben, dass die damals von ihm veröftentlichte Aufeinanderfolge der 
triadischen Schichtglieder bei Aussee „ohne Zuhilfenahme von Combinationen 
nunmehr durch unmittelbare Beobachtung ermittelt werden konnte“ ! 


748 Dr. Emil Tietze. [70] 


schlagen würde, als ihn damals Hauer und Suess eingeschlagen 
haben. Unverständlich ist nur, dass man später von gewisser Seite 
eerade Hallstatt zum Ausgangspunkte weitgehender Folgerungen ge- 
macht hat, trotzdem und nachdem die Unzulänglichkeit der dort 
zu gewinnenden stratigraphischen Resultate schon augenfällig ge- 
worden war. 

Dazu kam, dass man in der ersten Zeit unserer Triasgeologie 
manche Bildungen mit dem Hallstätter Kalk identifieiren zu können 
elaubte, die später davon getrennt gehalten werden mussten. Halobien- 
funde, die mit dem Vorkommen der Monotis salinaria verwechselt 
wurden !), konnten überdies Irrungen veranlassen, kurz, es war eben 
nicht möglich, dass die gesammte Alpengeologie schon mit einem Male 
fix und fertig auf dem Plane stand. 

Die Entwicklung dieses Wissenszweiges vollzog sich damals 
ohnehin in sehr rascher Folge. 

So hatte beispielsweise Lipold bereits im Jahre 1850 nach- 
gewiesen 2), dass die Gervillienschichten der Ostalpen, welche Hauer, 
wie gesagt wurde, zuerst 1849, dann 1850 unter gewissen Vorbehalten 
beim unteren Oolith untergebracht hatte, ihre Stellung unterhalb der 
liassischen Adnether Kalke haben. Durch die Untersuchung der in 
diesen Schichten von den Geologen der Anstalt gleich in der ersten 
Zeit reichlich gesammelten Petrefacten, speciell der Brachiopoden, 
gelang es Suess etwas später auf palaeontologischem Wege zu einer 
mit der Beobachtung Lipold’s völlig correspondirenden Ansicht zu 
kommen, und so wurde die betreffende Fauna, die besonders gut bei 
Kössen in Tirol vertreten schien, als dem untersten Lias angehörig 
bezeichnet; die Schichten selbst aber führten von da ab den Namen 
der Kössener Schichten ?), unter welchem sie auch schon diesmal von 
Hauer beschrieben wurden. Bekanntlich wurde die Altersdeutung 
dieser Schichten später nochmals etwas verändert, als man in ihnen 
eine zuGümbel’s rhätischer Formation gehörige, an der Grenze von 
Trias und Lias befindliche Bildung erkannte; die relative Lage der- 
selben in der Reihenfolge blieb indessen schon von jetzt ab gesichert. 

In ähnlicher Stellung, das heisst, als ein ungefähres Aequivalent 
der Kössener Schichten erschien jetzt auch der Dachsteinkalk, dem 
Hauer noch 1850 eine viel tiefere Position (unterhalb des Hall- 
stätter Kalkes) angewiesen hatte, insofern dem Dachsteinkalk ver- 
glichene Bildungen an einigen Stellen unmittelbar auf den Werfener 
Schichten zu ruhen schienen. Doch hatten gewisse Beobachtungen 
von Stur und Lipold gegen jene ältere Annahme Bedenken auf- 
kommen lassen und diese Bedenken wurden durch die Untersuchungen, 
welche Hauer im Verein mit Suess ausführte, bestätigt ?). 

Wer bleibende und sachliche Erfolge aufzuweisen hat, der hat 
es in der Regel nicht nöthig, seine Irrthümer umständlich zu bemänteln, 
und so finden die Unbefangenheit,' mit welcher Hauer begründete 


!) Vergl. z. B. Kudernatsch im Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1852, ?. Heft, 
pag. 67, dessen Beobachtungen von Hauer in dem gegebenen Falle eitirt wurden. 

°) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1850, pag. 661. 

®») Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1852, pag. 180, 181. 

‘) Siehe hierüber besonders pag. 724 im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1853. 


Br 
a 


71 Franz v. Hauer. 749 


Correeturen seiner Ansichten annahm, der Eifer, mit dem er im 
Interesse der wissenschaftlichen Wahrheit mitarbeitete an der Be- 
seitigung etwaiger, von ihm begangener Fehler, sowie die Offenheit, 
mit der ein neuer Weg eingeschlagen wurde, wenn der alte Pfad 
nicht zum Ziele geführt hatte, bei dieser Gelegenheit eine geeignete 
‚Illustration. 

Schon früher konnte gesagt werden, dass Hauer den Kalk 
von Gresten keineswegs mit Sicherheit dem unteren Oolith angereiht, 
dass er vielmehr sowohl in diesem Falle, als bezüglich der Kössener 
Schichten die Möglichkeit des liassischen Alters zugestanden hatte. 
Wenn also in der jetzt in Rede stehenden Darstellung aus dem 
Jahre 1853 die Grestener Kalke bereits als liassisch aufgeführt 
wurden, so kann dies an sich nicht überraschen. Jedenfalls braucht 
dies nicht wie in dem vorher erwähnten Falle im Lichte einer be- 
sonderen Meinungsänderung zu erscheinen. 

Bedeutsamer jedoch und ein viel wesentlicherer Fortschritt ist 
die Trennung, welche nunmehr zwischen den Kössener Schichten 
und denen von Gresten vorgenommen wurde, die vorher immer zu- 
sammen genannt wurden. 

Den ‚Anstoss dazu hatten palaeontologische Untersuchungen von 
Suess gegeben, der zwischen der Fauna des Grestener Kalkes und 
derjenigen des Gervillienkalkes Unterschiede bemerkt hatte). Dadurch 
aufmerksam geworden, gelangte man durch Beobachtungen im Terrain 
zu der damals „überraschenden Thatsache“, dass die betreffende Unter- 
scheidung sich auch in den Verbreitungserscheinungen der genannten 
Bildungen kundgab und dass die Grestener Kalke innig mit den Alpen- 
kohlen verknüpft erschienen. Besonders waren es die Beobachtungen 
Cijzek’s, auf welche sich Hauer hiebei stützte, und so wurden denn 
die „Grestener Schichten“ unter diesem von Suess gewählten Namen 
als ein besonderes Glied des alpinen Lias bezeichnet. 

Es darf indessen nicht verhehlt werden, dass man trotz des 
damit erzielten wichtigen Fortschrittes nach einer Richtung hin etwas 
über das Ziel hinausgeschossen hatte, insoferne man damals neben 
wirklich liassischen Bildungen auch noch triadische Gebilde unter jener 
Bezeichnung mitinbegriffen und insofern man nun plötzlich die ganze 
Alpenkohle mit den Grestener Schichten vereinigt hatte. Man kann das 
zwar unter den damaligen Umständen nicht einmal einen Fehler nennen, 
sondern braucht dies nur als einen zu jener Zeit eben noch nicht 
behobenen Mangel im Stande der Erkenntniss zu betrachten, wie es 
deren in jeder Phase der Entwicklung einer Wissenschaft gibt, allein 
es ist nicht zu leugnen, dass gerade dieser Mangel für einige 
Zeit die genauere Horizontirung auch anderer wichtiger Schichten- 
complexe gehindert oder doch in gewissem Sinne verzögert hat. 

Bekanntlich trennte Lipold erst im Jahre 1863 die triadischen 
Lunzer Schichten von den eigentlichen Grestener Schichten ab, denen 
dieser Name dann in eingeschränkterem Sinne verblieb. So lange aber 
die beiden durch das Vorkommen der Alpenkohle ausgezeichneten Com- 
plexe als liassisch zusammengelassen wurden, war es natürlich auch 


!) Sitzungsber. d. kais. Ak. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 10 Bd., pag. 286. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 95 


750 Dr. Emil Tietze. [72] 


nicht möglich, die Stellung der dem Alter nach zwischen ihnen be- 
findlichen Schichten mit Sicherheit zu ermitteln. 

Um jedoch wieder auf die dem Jahre 1853 angehörige Abhandlung 
Hauer’s und die darin erwähnten Glieder der alpinen Schichtenreihe 
zurückzukommen, so sei hervorgehoben, dass der Lias, abgesehen von 
den Grestener Schichten, auch noch durch die von Suess in der 
Hallstätter Gegend aufgestellten Hierlatzschichten, sowie durch die Ein- 
beziehung von Stur’s Enzersfelder Schichten bereichert wurde, wobei 
bezüglich der Hierlatzschichten die damals von Suess mit grossem 
Erfolg betriebenen Untersuchungen der alpinen Brachiopoden den 
Anlass zur Erkennung dieser interessanten Facies geboten hatten }). 

Von besonderer Wichtigkeit erscheinen auch die Nachweise, 
welche bezüglich der Aequivalente des mittleren und oberen Jura in 
den Alpen und Karpathen geführt wurden. Die Klausschichten hatte 
Hauer schon 1852 in ihrer Selbständigkeit erkannt?) und da bald 
darauf Suess gewisse palaeontologische Eigenthümlichkeiten der- 
selben betont hatte®), durch die ihre Fauna einen etwas älteren 
Anstrich erhielt als die oberjurassischen Gebilde, mit denen sie ur- 
sprünglich vereinigt worden waren, so wurden sie nunmehr dem 
braunen Jura zugetheilt. Auch hatte Hauer die Aehnlichkeit dieser 
Schichten und ihrer Fauna mit der von Kudernatsch*) palaeon- 
tologisch beschriebenen Ablagerung von Swinitza im Banat bereits 
treffend hervorgehoben, „zu einer Zeit“, „wo man, wie Benecke 
schreibt, über die Stellung der rothen Alpenkalke noch kein be- 
stimmtes Urtheil fällen konnte“ 5), wo es also wohl eines gewissen 
Scharfblicks bedurfte, um in dieser Weise räumlich weit von ein- 
ander entfernte Gebilde als zusammen gehörig zu erkennen. 

Die Vilser Schichten aber, von denen Hauer bereits einige 
Jahre vorher eine kurze Erwähnung gemacht hatte, wurden diesmal 
zuerst als besondere Abtheilung der alpinen Reihe vorgeführt. Ihre 
Stellung in der tieferen Region des Malm genauer nachzuweisen, blieb 
freilich erst späteren Beobachtungen vorbehalten®), indessen war es 
zu jener Zeit doch das Wesentliche, ihre Zugehörigkeit zum Jura 
überhaupt zu betonen. Sie wurden dabei als in die Nähe der Klaus- 
schichten gehörig betrachtet, was ja überdies der Wahrheit ziemlich 
nahe kam. 

Der obere Jura endlich (in der damaligen Fassung) wurde in 
fünf verschiedene Glieder, bezüglich Facies zerlegt, von denen spe- 
ciell dem Plassenkalk ein höheres Niveau zuerkannt werden konnte. 


!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1852, 2. Heft, pag. 171. 
°) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 3. Heft, pag. 189. 

°) Sitzungsber. d. kais. Ak. d. Wiss., math.-naturw. C1., 8. Bd. 1852, pag. 561. 

*) Abhandl. d. k. k. geol.'R.-A., 1 Bd., 2 Abth. 

‘) Trias und Jura in den Südalpen. München 1866, pag. 120 in Benecke’s 
geognostisch-palaeontologischen Beitrügen, 1 Bd. Diese ehrende Aeusserung 
Benecke's bezieht sich offenbar ganz im Allgemeinen auf die Zeit der ersten 
Erfolge überhaupt, welche für die Gliederung der alpinen mesozoischen Gebilde 
erzielt wurden, da ja, wie gezeigtwurde, die wichtigsten Unterscheidungen betreffs der 
rothen Alpenkalke von Hauer bereits vor dem Jahre 1852 gemacht worden waren. 

°) Vergl. z. B. Waagen: Ueber die Zone des Ammonites transversarius, 
pag. 46 etc. des Separatabdr. in Benecke's Beiträgen, 


[73] Franz v. Hauer. 751 


So wiesen denn die mesozoischen Bildungen der Alpen, wenn 
man dabei noch das bereits früher bezüglich der Kreide Erreichte 
berücksichtigt, eine erstaunliche Mannigfaltigkeit auf, die hier viel- 
leicht zum ersten Male den Fachgenossen so recht zum Bewusstsein 
gebracht werden konnte, wozu die jeweilige, zum Theil ausführliche 
palaeontologische Kennzeichnung der einzelnen Schichtencomplexe das 
Ihrige beitrug. Das Chaos, welches die Alpengeologie noch acht Jahre 
vorher darbot, war Dank der zielbewussten Thätigkeit Hauer’s und 
der wirksamen Unterstützung, die derselbe bei seinen Mitarbeitern 
gefunden hatte, einer sogar im Einzelnen schon ziemlich vorge- 
schrittenen Ordnung gewichen. 

Zu thun blieb freilich noch genug übrig. Was jedoch später 
gethan wurde, konnte unter dem Eindruck unternommen werden, dass 
die Arbeit in den Alpen einem zwar schwierigen, indessen nicht nach 
jeder Richtung unlösbaren Problem gelte. 

Aber nicht allein die reine Wissenschaft machte ihre Bedürf- 
nisse geltend, auch die Fragen der praktischen Geologie, von denen 
seither die österreichischen Geologen so vielfach in Anspruch genommen 
werden, begannen aufzutauchen. Die betreffenden Beziehungen mussten 
sich naturgemäss deutlicher entwickeln, je mehr das wachsende geo- 
logische Wissen ein werthvoller Factor für die Beurtheilung der in 
das Leben eingreifenden Dinge zu werden versprach und je wichtiger 
es auch umgekehrt schien, die eventuell bei technischen Arbeiten zu 
gewinnenden Beobachtungen für die Wissenschaft nutzbar zu machen. 

So stellte sich vielleicht bald das Bedürfniss heraus, auch in 
Bezug auf das Bergwesen im Bereich der österreichisch-ungarischen 
Monarchie die zerstreuten Kenntnisse zusammenzufassen, so weit sie 
vom geologischen Standpunkte aus in Betracht kamen. Eine äussere 
Veranlassung zum Beginn einer derartigen Arbeit gab überdies die 
Pariser Weltausstellung des Jahres 1855, welche zu einer Zeit, als 
die Ausstellungen sich noch nicht so gehäuft hatten wie heutzutage, 
jedenfalls als eine Veranstaltung von ganz hervorragender Wichtigkeit 
betrachtet werden durfte. Den gelegentlich der Beschickung dieser Aus- 
stellung durch die geologische Reichsanstalt gemachten Vorarbeiten 
hat man auf diese Weise die von Hauer im Verein mit Fötterle 
herausgegebene „Uebersicht der Bergbaue der österreichischen Mo- 
narchie“ (Wien 1855) zu danken, ein Werk, welches noch heute als 
wichtiges Nachschlagebuch gilt. Da übrigens die beiden Autoren des- 
selben montanistische Vorbildung genossen hatten, so schienen sie 
auch besonders berufen, ein derartiges Werk zu verfassen. 

Specielle Erwähnung verdient, dass dieser Arbeit eine allgemeine 
geologische Skizze nicht blos der Alpenländer, sondern auch der 
ausseralpinen Gebiete des Staates vorausgeschickt wurde. Es dürfte 
dies das erste Compendium österreichischer Geologie sein, welches 
wir in der Literatur überhaupt besitzen. 

Inzwischen waren wieder einige Jahre vergangen und die 
Kenntniss der Alpen schien nunmehr so weit gefördert, dass man 
glaubte, einen ganzen Durchschnitt quer durch dieses Gebirge con- 
struiren zu können, wenn unter Anlehnung an das bisher Erreichte 
eine dementsprechende Bereisung der Alpen vorgenommen würde. 

95* 


752 Dr. Emil Tietze; [74] 


Hauer wurde mit dieser Aufgabe betraut: und so entstand der 


interessante Versuch, der als ein „geologischer Durchschnitt der Alpen: 


von Passau bis Duino !) in der Fachliteratur eine gewisse Berühmt- 
heit erlangt hat. Re 


Man durfte jedenfalls annehmen, dass ein solcher Versuch mehr: 


Aussicht auf Erfolg haben würde, als ähnliche Arbeiten dieser Art 
in früherer Zeit?); dass man indessen schon diesmal, bei der doch 
noch immer lückenhaften Kenntniss der alpinen Gebilde die ver- 


schiedenen noch ungelösten Probleme des Aufbaues der Alpen bewäl-. 
tigen würde, das hat gewiss Niemand erwartet, und man würde Unrecht, 


thun, jenen „Durchschnitt“ von diesem Standpunkte aus zu beur- 
theilen. 


Es handelte sich in erster Linie darum, das Verhältniss der 


sedimentären Schichten auf der Nord- und Südseite der Alpen zu 


beleuchten, sich über etwaige Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten. 


auf beiden Flanken des Gebirges klarer zu werden. Es kam also 
sanz im Geiste der Hauer’schen Bestrebungen wieder darauf an, 
Zerstreutes in Zusammenhang zu bringen. Wie weit dabei in jedem 
Falle die etwa auftauchenden Probleme unmittelbar erledigt werden 
konnten, musste dahingestellt bleiben; lag es doch nicht in der Art 


der Hauer’schen Arbeitsmethode, über das, was man jeweilig als. 


positiv bekannt oder erkannt annehmen durfte, mit weitgehenden 
Vermuthungen hinauszugehen. 


So mag denn Manches für einen fruchtbaren Vergleich im grossen, 


Style noch nicht reif genug gewesen sein, und wohl deshalb finden 
wir in der That den Abschnitt, welcher die Folgerungen aus all’ den 


bei dieser Gelegenheit gemachten Beobachtungen enthält, sehr knapp. 


gehalten. Einiges, wie das über die Beziehungen des Palaeozoicums 
zu beiden Seiten der Alpen Gesagte hat jedenfalls schon einige 
Decennien nachher seine Geltung verloren, jene Beobachtungen selbst 
jedoch sind in grosser Reichhaltigkeit mitgetheilt, und in der Fülle 


dieser Einzelheiten möchte ich nicht gerade das geringste Ergebniss 


der betreffenden Arbeit erblicken. 
‚Dieselbe hat übrigens auch für die Fortentwicklung der alpinen 
Stratigraphie ihre Bedeutung, theils direct, theils weil jene Beob- 


achtungen, soweit sie den südwestlichen Theil des Durchschnittes: 


betrafen, sozusagen die Brücke bildeten für das Studium des italienischen 


Abhanges der Alpen, dem sich Hauer bald darauf mit grossem Er-. 


folge zuwendete. 


‘) Die ersten Mittheilungen darüber wurden im Jahrb. d.k. k. geol. R.-A. 1855, 


pag. 741 etc. gegeben, der endgiltige Aufsatz erschien in den Sitzungsber. d. 
kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl, 25. Bd., page. 253—348, Wien 1857.. Die 
den Dachstein betreffende Partie dieses Aufsatzes wurde von E. Suess be- 
handelt. 
) 2. B. kann das von Sedgwirk und Murchison gewaete Unter- 
nehmen, einen Idealdurchschnitt vom Donauthal bis zur Adria zu construiren, zwar 
als hochverdienstlich angesehen werden, die betreffende Aufgabe stand aber im 
Jahre 1351 noch in einem allzu grossen Missverhältniss zu den für ihre Lösung 
verfügbaren Mitteln. Eher konnten später vielleicht Durchschnitte durch einzelne 


AOrEen, af 37 . 1 P 1 2 . 5 5 yp: 
begrenztere Theile der Alpen gelingen, wie etwa derjenige, den der ältere Credner‘ 


1850 durch die Centralkette der Östalpen gezogen hatte. 


ER 


[75] Franz v. Hauer. 753 


Ueber. manche der von dem Durchschnitt berührten Gebiete, 
wie beispielsweise über die (allerdings schon von Bou& bereiste) 
(Gegend des Isonzotliales, lagen damals nur relativ wenige ältere 
Beobachtungen vor, so dass die diesmal gemachten Mittheilungen die 
erste, etwas weiter gehende Kenntniss davon vermittelten. In anderen 
Fällen, wie bezüglich des Wiener Sandsteins, wurden die früheren 
Ergebnisse wesentlich erweitert. 

Man erhielt bei dieser Gelegenheit die ersten ausführlicheren 
Nachrichten über das Auftreten von Nummuliten bei Höflein und 
Greifenstein und über die eigenthümlichen Lagerungsverhältnisse in 
diesen Gegenden, ein Capitel, welches Hauer wichtig genug fand, 
um es bald darauf in einer besonderen Abhandlung noch eingehender 
zu behandeln !). Er konnte dabei seine zahlreichen eigenen Beobach- 
tungen mit den bis dahin zerstreuten Ergebnissen Anderer zu einem 
übersichtlichen Ganzen verweben. In wie trefflicher Weise dies ge- 
schah und wie umsichtig der Gegenstand erörtert wurde, geht wohl 
daraus hervor, dass erst kürzlich alle die damals über den Wiener 
Sandstein des Donaugebietes gemachten Angaben mit wenigen Aus- 
nahmen „auch nach unseren heutigen Erfahrungen als vollkommen 
zutreffend“ bezeichnet werden konnten 2). 

Betreffs des Alpenkalkes aber glaubte Stur später), die Auf- 
merksamkeit besonders darauf lenken zu sollen, dass in der in Rede 
stehenden Arbeit eine grössere Zahl von Unterabtheilungen Erwäh- 
nung finde, als noch wenige Jahre vorher aufzuzählen möglich war, 
wofür das Farbenschema des Durchschnittes den übersichtlichen 
Beweis lieferte. 

Unter Anderem wurden damals auch die Raibler Schichten 
besprochen und unter diesem Namen in die Wissenschaft eingeführt ®). 
Hauer widmete diesen seither viel genannten Bildungen sogar ziemlich 
gleichzeitig eine besondere Studie, welche ebenfalls als eine Frucht 
der bei der Ausführung des Durchschnittes gemachten Untersuchungen 
anzusehen ist). 

Die erste Kunde von den betreffenden Gebilden ging allerdings 
auf L. v. Buch zurück ®) und ausserdem lagen über Raibl noch Mit- 
theilungen von Keferstein, Boue&e und Morlot vor, unter welchen 
diejenigen Boue’s, der übrigens die dortigen Schichten für Jurassisch 
gehalten hatte ), vom stratigraphischen Standpunkte wenigstens, die 
bedeutsamsten waren. 


1) Die Eocängebilde im Erzherzogthum Oesterreich u. Salzburg. Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1858, 1. Heft. 

®) Paul, Der Wienerwald. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1898, pag. 59. 

3) Geologie d. Steiermark, pag. 193. 

*) Die betreffenden Untersuchungen an Ort und Stelle wurden zum Theil 
gemeinsam mit Fötterle vorgenommen. Richthofen in seinen Arbeiten über 
Predazzo und Vorarlberg hebt indessen die Priorität Hauer’s hiebei ausdrücklich 
hervor. ar 

5) Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss, math.-naturw. Cl., 24 Bd., pag. 537; 
Ein Beitrag zur Kenntniss d. Fauna d. Raibler Schichten. 

6), Leonhard’s Mineral. Taschenbuch 1824, 2. Theil, pag. 408—418. 

’) Apercu sur la constitution g6ol. des prov. illyriennes M&m. soc. ge£ol., 
tome. 2, pag. 49. Für die Literatur über Raibl und sonstige darauf bezügliche 
geschichtliche Nachweise kann hier jedenfalls der interessante Aufsatz von E. Suess 


754 Dr. Emil Tietze. [76] 


Hauer wies nun der schieferigen und Petrefacten führenden 
Gruppe dieser Schichten, die seither den Namen der Localität trägt, 
ihren Platz in der Trias an und begründete die Stellung derselben 
über gewissen Kalken und Dolomiten, welche mit den gerade um jene 
Zeit von den italienischen Geologen (wie Curioni) aufgestellten 
Esinokalken in Parallele gebracht wurden. Er wich damit von der 
Auffassung ab, welche Escher von der Linth in einem seiner 
auf italienische Verhältnisse bezüglichen Zusätze zu seiner Beschreibung 
Vorarlbergs !) zum Ausdruck gebracht hatte, wonach die hellen Chem- 
nitzien- (Esino-) Kalke den Aequivalenten der nunmehr sogenannten 
Raibler Schichten für aufgelagert galten. 

Diese Stellung der Raibler Schichten im Hangenden des Esino- 
kalkes und der diesem nahestehenden Bildungen ist trotz einigen 
Widerspruchs seitdem unverrückt geblieben ?), wie wechselvoll auch 
die Ansichten über den verticalen Umfang des Esinokalkes selbst 
sich im Laufe der Zeit gestaltet haben mögen. Veränderlich waren 
hierbei nur die Meinungen über das, was in verschiedenen Theilen der 
Alpen als Aequivalent des Esinokalkes anzusehen wäre, und nur in- 
soweit in dieser Hinsicht Schichten verschiedenen Alters fälschlich 
zusammengestellt wurden, hat auch bezüglich der Raibler Schichten 
eine Tangirung der Auffassungen stattgefunden; veränderlich waren 
freilich auch die Ansichten über die Beziehungen dieser Absätze zu 
gewissen faciell damit verwandten Bildungen. 

Was speciell das Verhältniss der Raibler Schichten zu den Schiefern 
von St. Cassian anlangt, so wurden dieselben anfänglich von Hauer 
in Parallele gebracht, eine Anschauung, die ja später auch von anderen 
Beobachtern mehr oder weniger getheilt wurde, wie beispielsweise 
von Stur, der bekanntlich beide Bildungen als ungefähre Aequi- 
valente seiner Gruppe des Lunzer Sandsteines auffasste, eine Auf- 
fassung, die doch einen engen Zusammenhang zwischen Cassian und 
Raibl unter allen Umständen zur Voraussetzung hat. Sollte jedoch in 
dieser Hinsicht in der damaligen Darlegung Hauer’s Einiges nicht 


absolut zutreffend gewesen sein, so möge bedacht werden, dass es 


sich hier um eine der schwierigsten Fragen unserer Triasgeologie 
handelt, deren Lösung, wie es scheint, auch heute noch nicht in völlig 
klarer Weise gelungen ist 3). 


(Jahrb. d. k.k. geol. R.-A. 1867, pag. 554) verglichen werden. Wichtig ist auch die 
Literaturübersicht bei Wöhrmann (Jahrb. d. geol. R.-A. 1893, pag. 620—638). 
') Zürich 1853, pag. 101. Vergl. hiezu noch Hauer, Lombardei, pag. 25 
des ehe, und Benecke, Trias und Jura in d. Südalpen. München 1866, 
pag. (0. 
°) Vergl. z.B. Benecke in Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1876, pag. 308. 
und Philippi in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1895, pag. 666. 
°) Vergl. z. B. die neueste Arbeit Kittl’s: Die Gastropoden des Esino- 
kalkes. Annalen des naturh. Hofmuseums, Wien 1899, pag. 206 der Abhandlung. 
Vergl. ferner eber auch den Aufsatz Zittel’s über die Wengener, St. Cassianer 
und Raibler Schichten auf der Seisser Alpe in Tirol, Sitzungsber. d. math.-phys. 
Classe der bairischen Akad. d. Wiss. 1899, 29. Bd. Hier gibt der Autor dieses 
mir erst während der Correktur meiner jetzigen Darlegung zugekommenen Auf- 
satzes (pag. 358) sogar der Meinung Ausdruck, dass „man wohl in Zukunft auf 
eine scharfe Scheidung von St. Cassianer und Raibler Schichten“ werde „ver- 
zichten müssen“ und einige Seiten vorher (pag. 354) heisst es: „Die alte, schon 


[77] Franz v. Hauer. 755 


Es sollte sich übrigens für Hauer bald Gelegenheit finden, auf 
alle diese letzterwähnten Beziehungen zurückzukommen, wovon sogleich 
die Rede sein wird. 

In einzelnen kleineren Mittheilungen und in verschiedenen gele- 
gentlichen Hinweisen hatte derselbe nämlich seit seiner bereits weiter 
oben erwähnten ersten Studie über die Fossilien der Venetianer Alpen 
schon wiederholt Veranlassung genommen, sich auch mit den Gebilden 
des italienischen Abhanges der Alpen zu befassen, soweit das betreffende 
Gebiet damals noch zu Oesterreich gehörte. Jetzt erwuchs ihm hier 
eine neue besondere Aufgabe. 

Die in Venetien und der Lombardei ansässigen Forscher, wie 
Zigno, Omboni, Curioni, Stoppani und Andere, hatten daselbst 
bereits vielfach eine rege Thätigkeit entwickelt, an welcher theil- 
weise auch Schweizer Geologen sich betheiligt hatten. Der Zustand 
der geologischen Kenntniss von jenen Landstrichen war deshalb 
allerdings nicht mehr so zurückgeblieben, wie ihn bezüglich des Vene- 
tianer Gebiets Baron Zigno noch im Jahre 1851 mit Bedauern 
geschildert hatte), allein er war in vieler Hinsicht noch sehr weit 
davon entfernt, ein geordneter zu sein. 

Ueber Einiges war man freilich schon gut unterrichtet, wie 
beispielsweise über die Verbreitung der Kössener Schichten in gewissen 
Gegenden, in anderen Fällen aber hatte man sich vor Täuschungen 
nicht bewahren können. Hatten ja doch unter Anderem einige Forscher 
in dem relativ beschränkten Schichtencomplex, den Hauer bald 
darauf zu den Raibler Schichten stellte, verführt durch eine local 
zwischen den schieferigen und mergeligen Gebilden dieses Complexes 
eingeschaltete und für Muschelkalk angesehene Kalkbank, die ganze 
Trias vom Buntsandstein bis zum Keuper einschliesslich erblicken 
wollen, ganz zu schweigen von anderen Versuchen, gewisse triadische 
Kalkmassen als Zechstein auszusprechen. Diese letzterwähnte, an 
die ältesten Deutungen des Alpenkalks erinnernde Auffassung war 
zwar im Lande selbst nicht ohne Widerspruch geblieben, indessen sie 
mochte damals nicht so auffällig scheinen, als sie uns heute vorkommt. 
Wenn man nämlich seitens gewisser Autoren die Aequivalente der 
Werfener Schichten für permischen Alters und speciell für Roth- 
liegendes hielt, so konnte man leicht dazu gelangen, die jene Schichten 
überlagernden Kalkmassen für das obere Glied des deutschen Perm, 
also für Zechstein zu halten, so lange nicht palaeontologische 
Deutungen einer richtigeren Meinung zu Hilfe kamen. 

Als eine der wichtigsten Vorarbeiten für Denjenigen, der hier 
einzugreifen hatte, konnte jedenfalls Curioni’s Eintheilung der lom- 
bardischen Trias bezeichnet werden, was denn auch von Hauer selbst 
gebührend anerkannt worden ist. Im Uebrigen aber mag es kein 


von Merian und Stur vertretene Meinung, dass St. Cassianer und Raibler 

Schiehten identisch seien, gewinnt wieder festen Boden“. Uebrigens hat auch 

schon Baron Wöhrmann auf die Verwandtschaft der Cassianer und nordalpinen 

Carditaschichten hingewiesen (Jahrb. geol. R.-A. 1889, pag. 181), was ja mit der 

bewussten Frage ebenfalls zusammenhängt. Vergl. dazu wiederum Wöhrmann, 

Jahrb. d. geol. R.-A. 1893, pag. 617 etc., aber auch Hauer, Geologie 1878, pag. 374. 
1) Siehe Haidinger’s Abhandlungen, 4. Bd., pag. 15. 


756 Dr. Emil Tietze. [78] 


leichtes Stück Arbeit gewesen sein, an der Hand der damaligen 
Literatur sich über die betreffenden Verhältnisse zu orientiren. Noch 
immer galt nämlich, worüber sich Zigno beklagt hatte, der Mangel 
des durch Vergleiche zu erzielenden Zusammenhanges zwischen den 
innerhalb einzelner Gebietstheile gemachten Beobachtungen. 

Es fehlte also auch hier noch an einer kritisch prüfenden und 
sonach das lose Material zu einem Ganzen verbindenden Schilderung, 
welche als bequeme Basis für weitere Studien hätte dienen Können, 
und es fehlte vor allem auch an einer allgemein verständlichen karto- 
oraphischen 1) Darstellung der geologischen Verhältnisse des fraglichen 
Gebietes. Diese Darstellung lieferte nun Hauer, wenn auch nicht 
für das ganze damalige österreichische Italien 2), so doch wenigstens 
für die Lombardei, nachdem er dieses Land im Jahre 1856 bereist 
hatte. Die Geologische Uebersichtskarte der Schichtengebilde der Lom- 
bardei und die dazu gegebenen, 1858 erschienenen Erläuterungen ®) 
gehören daher nebst einigen im directen Zusammenhang damit ste- 
henden und ebenfalls durch jene Reise hervorgerufenen Abhandlungen 
zu den wichtigeren Veröffentlichungen unseres Altmeisters, und nicht 
ganz mit Unrecht hat Beyrich deshalb Hauer’s Arbeiten in der 
Lombardei in Parallele gebracht mit dessen grundlegenden Forschungen, 
die vorher am Nordabhange der Alpen ausgeführt wurden). . 

Bedeutsam in jenen lombardischen Arbeiten ist vor allem wohl 
der Nachweis von Analogien zwischen den damals untersuchten und 
den übrigen alpinen Gebieten, wodurch die Resultate der früheren 
Beobachter in jenen Gegenden nicht blos theilweise berichtigt und 
ergänzt, sondern sozusagen erst in richtige Beziehung zur allgemeinen 
Wissenschaft gebracht wurden. Aber auch in Bezug auf mannigfache 
Einzelheiten ist der Werth der damaligen Leistung Hauer’s als ein 
hoher zu schätzen, denn zahlreich sind die neuen Feststellungen, 
welche in den „Erläuterungen“ trotz des relativ bescheidenen Um- 
fanges dieser Arbeit enthalten sind. | 

Abgesehen von verschiedenen derartigen Feststellungen, welche 
die palaeozoischen Schichten des lombardischen Gebirgslandes, sowie 
den sogenannten Verrucano und die Aequivalente der Werfener 
Schichten, wie den „Servino“ der italienischen Geologen ‚betrafen, 
und abgesehen von gewissen, etwas weiter unten nach speciell zu er- 
örternden Resultaten bezüglich der Trias in jenen Gegenden haben 
die erwähnten Untersuchungen namentlich im Hinblick auf die mittleren 
und jüngeren mesozoischen Bildungen daselbst einen besonderen An- 
spruch auf den Dank der Fachgenossen erworben. i 

2) Vergl.- dazu Benecke, Trias und Jura in den Südalpen, 1. e. pag. 69. 

BE enetien wurde übrigens gleichzeitig von anderer. Seite im Auftrage der 
k. k. geologischen Reichsanstalt untersucht, so dass die Beobachtungen Hauer's 
nach dieser Seite zu einigermassen ergänzt wurden, wenn auch Fötterle, dem 
diese Untersuchung vorzugsweise oblag, bei der Behandlung seines Materials nicht 
in gleichem Maasse wie Hauer zur publiceistischen Verwerthung bedeutsamer 
Resultate gelangte. 

') Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, pag. 445—496. 

) Vergl. die, ‚wie mir bekannt, von Beyrich verfasste Adresse, mit welcher 
pie, ERIFLNE geologische Gesellschaft Hauer zu dessen siebzigestem Geburtstage 
grüsste. Ann. d. naturh. Hofm. 1892, Notizen pag. 15. 


[79] Franz v. Hauer. 757 


Die genauere Umgrenzung der verschiedenen liassischen Kalke 
jenes Gebietes wie des tieferen grauen Kalkes von Arzo und des 
höheren rothen oberliassischen Kalkes mit Ammonites bifrons (des 
sogenannten Ammonitico rosso) war jedenfalls ein ganz wesentlicher 
Fortschritt gegenüber den älteren Anschauungen, namentlich in Rück- 
sicht darauf, dass es den früheren Beobachtern nieht immer gelungen 
war, diesen rothen Kalk von dem dort gleichfalls vorhandenen rothen 
Kalk des oberen Jura zu unterscheiden. Die petrographische Aehn- 
lichkeit der zum Malm gehörigen und der liassischen rothen Kalke 
hatte eben, wie sich Benecke ausdrückt!) durch längere Zeit hin- 
durch diese Beobachter „irre geführt“. Da es denselben aber ausser- 
dem auch nicht immer entsprechend gelungen war, die oberjurassischen 
Schichten von dem darüber liegenden Neocom zu trennen, so bot sich 
für Hauer Gelegenheit, auch in diesem Punkte ordnend und sichtend 
einzugreifen. 

Zum Neocom rechnete derselbe vor allem die sogenannte „Ma- 
jolica“, die damals von den meisten Geologen noch für Jura gehalten 
wurde, wobei er die Verwandtschaft dieser Bildung mit dem „Biancone“ 
der Venetianer Alpen nachwies. Ebenfalls zum Neocom brachte er 
aber auch einen grossen Theil des lombardischen Flysches oder Ma- 
eieno und zwar theils wegen dessen stellenweiser Wechsellagerung 
mit der Majolica theils auch auf Grund des Vorkommens von Ammo- 
nitenresten, welche mit einer Form der unteren Kreide verglichen 
werden durften. 

Als obere Kreide aber wurden die schon den früheren Forschern 
aus der Lombardei bekannten Rudisten-Conglomerate und gewisse Sand- 
steine mit Pflanzen und Inoceramen bezeichnet, welche theilweise in 
kalkige Bildungen übergehen. Etwas unsicher blieb nur die Stellung 
der lombardischen Scaglia, obschon Hauer bei der Beobachtung der 
hierher gehörigen Gebilde von Zepharovich unterstützt wurde. 

Ergebnissreich waren auch die Untersuchungen, welche im Be- 
reich der eocänen Ablagerungen angestellt wurden, in welchem Falle 
übrigens der damals unter Hauer’s Leitung arbeitende Zepha- 
rovich einen nicht unwichtigen Antheil an den erzielten Erfolgen 
gehabt hat. 

Man ersieht vielleicht schon aus diesen Andeutungen, dass die 
Geologie des italienischen Abhanges der Alpen unter Hauer’s Händen 
eine ganz andere Gestalt. gewann, als sie vorher gehabt hatte. Nach 
dem Urtheil Beyrich’s indessen 2) dürfte einem anderen Theil der 
damaligen Ausführungen Hauer’s ein womöglich noch grösserer Werth 
beizumessen sein als den bisher berührten Resultaten. Gemäss diesem 
Urtheil würde nämlich in erster Linie das, was damals über die 
Stellung der Medoloschichten, der Esinokalke und der Raibler 
Schichten ausgesagt wurde, von wesentlichster Bedeutung für die 
Feststellung der Formationsfolge in den Südalpen gewesen sein. 

Es ist am Ende nicht nöthig, die verschiedenen, damals von 
Hauer erreichten Resultate in ihrem Werthe genau gegen einander 


!) Geogn. palaeont. Beiträge 1 Bd. München 1868 (1866), pag. 123. 
?) Vergl. die früher citirte Adresse der deutschen geologischen Gesellschaft. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 96 


758 Dr. Emil Tietze. [80] 


abzuwägen. Jedenfalls war aber die richtige Deutung der (durch ihre 
in Eisenkies und Brauneisen umgewandelten Fossilien) so eigen- 
thümlich charakterisirten Medoloschichten !) der Gegend von Brescia 
ein grosser Fortschritt in der südalpinen Stratigraphie. Indem Hauer 
erkannte, dass diese Schichten zur mittleren und oberen Abtheilung 
des Lias gehören, gelang es ihm auch, die näheren Beziehungen der- 
selben zu den liassischen rothen Ammonitenkalken, die weiter westlich 
auftraten, festzusetzen und da er, wie vorher bereits erwähnt, auch 
in Bezug auf die Beurtheilung dieser rothen Kalke klärend eingreifen 
konnte, so hat er überhaupt für die Feststellung und Charakterisirung 
des Lias in der Lombardei Bedeutsames geleistet. Das Interesse, 
welches er den zu dieser Schichtenreihe gehörigen Bildungen ent- 
gegenbrachte, äusserte sich allerdings auch darin, dass er speciell 
den Fossilien der Medoloschichten noch etwas später eine genauere 
palaeontologische Untersuchung zu Theil werden liess ?). 

Bezüglich der Esinokalke nimmt man bekanntlich heute an, dass 
dieselben im verticalen Sinne eine verschiedene Ausdehnung besitzen, 
und nicht überall gleichmässig weit in die tieferen Horizonte hinab- 
sreifen®). Dieses Verhältniss, wenn auch nicht näher präeisirt, geht 
bereits aus Hauer’s Aufsatz (l. ec. pag. 24 des Separatabdr.) sehr 
deutlich hervor. 

Vielleicht etwas weniger zutreffend waren die Ausführungen dieses 
Aufsatzes über die Cassianer Schichten, die nunmehr in das Liegende 
des Esinokalkes gestellt wurden, während sie vorher (in dem bespro- 
chenen Alpendurchschnitt) in das Hangende desselben gesetzt und als 
ungefähre Aequivalente der Raibler Schichten betrachtet wurden. Es war 
diese neue Auffassung ziemlich ähnlich derjenigen, wie sie bald darauf 
in Richthofen’s Predazzo sich wiederspiegelt, wo wir die Cassianer 
Schichten als unter dem Schlerndolomit liegend angegeben finden, der ja 
doch nach jetziger allgemeiner Annahme eine ungefähre Vertretung des 
Esinokalkes vorstellt und der seinerseits von Vertretern eines Theiles 
der Raibler Schichten überlagert wird. Wenn es nun auch zu weit 
führen würde, hier umständlich auf die Fluctuationen der Ansichten 
einzugehen, die sich im Laufe der Zeit an das Verhältniss der 
Cassianer Schichten zum Esinokalk und theilweise auch zum Schlern- 
dolomit*) knüpften, so mag doch das angeführte Beispiel genügen, 
um zu zeigen, dass eine Auffassung gleich derjenigen, die Hauer in 
seinem hier besprochenen Aufsatz vertrat, zu jener Zeit ganz gut 
möglich war. Der Fehler, wenn ein solcher gemacht wurde, lag eben, 
wie es scheint, in dem gegebenen Falle nur darin, dass das, was 
Hauer speciell in der Lombardei Cassianer Schichten nannte, nicht 


') Siehe Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, pag. 480. 

‘) Sitzungsber. der kais. Ak. d. Wiss., math.-naturw. Cl., Wien 1862, 44 Bd., 
pag. 403—422, mit I Tafel, Ueber die Ammoniten aus dem sogenannten Medolo 
der Berge Domaro und Guglielmo im Val Trompia, Provinz Brescia. 

‘) Vergl. dazu besonders Philippi, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1895; 
siehe besonders die Tabelle pag. 710. 
‘) Dessen Stellung über den Cassianer Schichten schon nach einiger Zeit 


Bu mehr so absolut anerkannt wurde. Vergl. z. B. Stur, Geologie d. Steier- 
mark, pag. 268. 


"a 


[81] Franz v. Hauer. 759 


im strengen Sinne des Wortes solche waren und dass die betreffenden 
Gebilde vornehmlich tiefere Niveaus wie die Wengener Schichten 
repräsentirten. Bittner, der den Esinokalk geradezu als Wengener 
Riffkalk bezeichnete, hat dies bei Besprechung seiner geologischen 
Aufnahmen in Judicarien und Val Sabbia auseinandergesetzt }). 

Immerhin ist hiebei zu berücksichtigen, dass bei den mannig- 
fachen engen Beziehungen, welche, wie das von vielen Beobachtern 
anerkannt wird, zwischen den Schichten von Wengen und denen von 
St. Cassian bestehen und die sich andrerseits auch auf Raibl aus- 
dehnen (vergl. oben S. [76]), eine genaue Identification irgend welcher 
Bildungen von ähnlichem Typus mit dem echten St. Cassian, ebenso 
wie ein bestimmtes Auseinanderhalten solcher Bildungen und der 
Cassianer Schichten, eine recht schwierige Aufgabe war und vielleicht 
heute noch ist. Wir sehen ja, dass ein so ausgezeichneter Kenner 
der alpinen Triasgeologie, wie Bittner, noch ganz neuerdings die 
Wengener sammt den Cassianer Schichten seiner unter dem Raibler 
Niveau befindlichen ladinischen Stufe zuweist, ohne dabei einen 
scharfen Schnitt zwischen den erstgenannten Gebilden in Vorschlag 
zu bringen 2). 

Die Veränderlichkeit im örtlichen Auftreten des Esinokalkes 
und seiner Aequivalente mag die Schwierigkeiten bei der Lösung 
dieser Fragen wohl nicht erleichtern. 

Wie immer man jedoch auch über einzelne Parallelisirungen 
oder richtiger Benennungen denken möge, die in Hauer’s Aeusse- 
rungen über die lombardische Trias vorkommen, die Hauptsache bleibt 
doch, dass die richtige Reihenfolge der von ihm beschriebenen 
Schichtglieder schon damals festgestellt wurde). 

Nach Stoppani) hätte man zwar die beiden von Hauer unter 
dem Namen der ÜCassianer und Raibler Schichten unterschiedenen 
Schichtcomplexe palaeontologisch, petrographisch und stratigraphisch 
als ein und dieselbe Schichtgruppe aufzufassen gehabt, nämlich als 
die der Schichten von Gorno und Dossena. Dieser Auffassung haben 
sich indessen die späteren Beobachter nicht angeschlossen, und schon 
Benecke°) bezeichnet es speciell Stoppani gegenüber als eine 
„erwiesene Thatsache, dass beide Schichtgruppen in der Lombardei 
getrennt sind“. 

Was nun im Besonderen die Raibler Schichten anlangt, so war 
deren Stellung über dem Esinokalk und den Aequivalenten desselben 
eigentlich schon durch die in der Beschreibung des Durchschnitts 
Passau—Duino niedergelegten Beobachtungen gesichert. Die Unter- 
suchungen in der Lombardei brachten nur eine Befestigung der darüber 
bereits gewonnenen Vorstellung. Es ist allerdings bekannt, dass 
Mojsisovics eine Zeit lang die Vertretung der Raibler Schichten 
in den Südalpen höher gesucht hat, als dies der älteren Auffassung 


1) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881, z. B. pag. 263, 272. 
?2) Ueber die stratigraphische Stellung des Lunzer Sandsteins in der Trias- 
formation. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1897, pag. 447. 
s) Vergl. z. B. Deeke: N. Jahrb. 1835, Beilageband III, pag. 730. 
4) Rivista geol. della Lomb., Atti della societa geologica, vol. I, pag. 1%. 
5) Trias und Jura in den Südalpen, 1. c. pag. 9. 
96* 


760 Dr. Emil Tietze. [82] 


Hauer’s entsprach und man weiss auch, dass Bittner, der gegen 
diese abweichende Ansicht ursprünglich keinen bestimmten .Wider- 
spruch äussern wollte, die Raibler Schichten des italienischen Abhanges 
deshalb vorsichtiger Weise nur als Schichten mit Raibler Facies be- 
zeichnete 1); inzwischen haben sich jedoch in dieser Beziehung die 
Ansichten ja wieder im Sinne der von Hauer ausgesprochenen Meinung 
oeändert2). Auch die Raibler Schichten der Lombardei gelten heute 
wieder als das, was sie sind. 

Mit dieser Bemerkung ist nun allerdings die Bedeutung dessen, 
was Hauer in Bezug auf jene Schichten dargelegt hat, noch nicht 
oanz ausreichend charakterisirt. Es gibt nämlich noch einen Punkt, 
der hier besonders hervorgehoben zu werden verdient, weil der be- 
treffende Umstand nicht für eine bestimmte Region der Südalpen 
allein, sondern überhaupt für die ganze alpine Stratigraphie von aus- 
nehmender Wichtigkeit ist. Es handelt sich darum, dass Hauer nicht 
blos die richtige Stellung der südalpinen Raibler Schichten, sondern 
auch deren Aequivalenz mit einem anderen Schichtgebilde erkannte, 
welches inzwischen in den Tiroler Alpen die Aufmerksamkeit der 
Geologen auf sich gezogen hatte. 

Bereits im Jahre 1854 hatte nämlich Escher vonderLinth 
im Vereine mit Eduard Suess bei Hall in Tirol eine mergelige, 
durch das Vorkommen von Pflanzen und Cardita crenata ausgezeich- 
nete Ablagerung beobachtet), von welcher die genannten Autoren 
damals annahmen, dass sie im Verein mit den Cassianer Schichten 
eine Vertretung des Keupers in den Alpen bedeute, die sie indessen 
unter den Esinokalk oder doch unter dessen Tiroler Vertreter stellen 
zu müssen glaubten, und diese Ablagerung erhielt durch Prinzinger 
im folgenden Jahre*) den Namen Carditaschichten, der seither be- 
kanntlich in der alpinen Literatur eine überaus wichtige, wenngleich 
nicht stets sich gleich bleibende Rolle gespielt hat. 

Mit diesen Carditaschichten, welche nach seiner Meinung 
wenigstens ihrer Hauptmasse nach über dem sogenannten Wetter- 
steinkalk liegen®), brachte nun Hauer seine Raibler Schichten in 
Parallele, und zwar gab er die erste, darauf bezügliche Mittheilung 
gelegentlich der referirenden Besprechung einer Abhandlung Bronn’s 
über die Fauna und Flora der Raibler Schichten, während er andrer- 
seits den in dieser Abhandlung gleichfalls erwähnten Fischschiefern 
von Seefeld ein etwas jüngeres Alter zuerkannte®). In seiner Be- 


‘) Judicarien und Val Sabbia. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1881. 

) Vergl. z. B. Bittner, Stellung des Lunzer Sandsteins, 1. c. pag. 435. 
°) Zeitschr. d. deutschen geol. Ges. 1854, pag. 519—520. 
) 

) 


w 


‘) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1855, pag. 538. 

°) Von Pichler’s unteren Carditaschichten mag hier abgesehen werden. 
Hauer hat indessen (nebenbei bemerkt) an der Existenz solcher unterer Cardita- 
schichten (die wohl mit den sogenannten Partnachschichten in Verbindung zu 
bringen sind), immer festgehalten (Geolo&ie 1878, 2, Aufl., pag. 375), wenn auch 
die Hauptmasse jener Bildungen ‚nach den älteren, von theoretischen Betrach- 
tungen nicht beeinflussten Beobachtungen über dem Wettersteinkalk liegt“. 
Ueber die Partnachschichten, „die noch Halobia Lommeli enthalten“, vergl. noch 
Hauer in Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1858, pag. 33. 
....) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, Verhandl. pag. 40. E. Suess in seiner 
Studie über Raibl (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1867, pag. 559) sieht gleichfalls das 


[83] Franz v. Hauer, 761 


schreibung der Schichtgebilde der Lombardei, die in demselben Jahre 
erschien „wie das erwähnte Referat, wurde dann (z. B. pag. 22) die 
betreffende. Aequivaleuz ebenfalls mit aller Bestimmtheit betont und 
weiten.erhärtet. Richthofen (1859), Stur (1871) und andere haben 
diese Auffassung später getheilt und trotz einzelner Schwankungen. 
welche theils die Raibler, theils die Carditaschiehten betrafen, steht 
auch die neuere Forschung noch auf diesem Standpunkte. 


So bezeichnen also Hauer’s Untersuchungen in den Südalpen 
nebst den daran geknüpften Schlussfolgerungen und Vergleichen in 
der That einen mächtigen Fortschritt für unser Wissen im Gebiete 
der alpinen Geologie. 


Ebenso klar, wie nach einem Ausspruch Benecke’s!) die 
Schilderung des Baues der lombardischen Alpen im Grossen gegeben 
wurde, ebenso klar ist auch die Darstellung der dort vorhandenen 
Schichtglieder und ihre jeweilige Charakterisirung. 

Angriffe gegen die betreffende Darstellung sind allerdings nicht 
ausgeblieben. Sie vermochten indessen an dem erreichten Erfolge 
auf die Dauer nichts mehr'zu ändern. Insbesondere war es der mit 
grossem und auch von Hauer anerkanntem Eifer arbeitende Stoppani, 
der sich gegen jene Darstellung wendete und dieselbe in verschie- 
dener Beziehung bekämpfte. 


Welcher Art indessen die Arbeitsmethode war, die der italie- 
nische Forscher in seiner Polemik zu vertheidigen hatte, ergibt sich 
am besten daraus, dass Stoppani in seiner „Revista geologica della 
Lombardia“ ?) die ganze Schichtenreihe von der Majolica bis hinab zum 
rothen Ammonitenkalk als eine untrennbare Gruppe bezeichnet hatte 
und dass derselbe Arten aus allen Etagen des Lias neben solchen 
aus verschiedenen höheren jurassischen Stufen und sogar aus dem 
Neocom als zweifellose Mischfauna einer einzigen Ablagerung hin- 
gestellt hatte, deren Anblick die Anhänger der Lehre vom exclusiven 
Verhalten der einzelnen Faunen in Verlegenheit setzen müsse. In 
einzelnen Fällen jedoch beruhte die Kritik Stoppani’s wieder auf 
einer missverständlichen Auffassung des von Hauer Gesagten, wie 
er denn beispielsweise unter dem Namen Esinokalk nicht genau das- 
selbe verstand, was Hauer damit gemeint hatte?). 


Hauer hat übrigens zu wiederholten Malen Gelegenheit ge- 
nommen, jene Angriffe abzuwehren. So findet man seine erste Antwort 
darauf in den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1859 
(pag. 191). Eine vielleicht etwas kräftigere Vertheidigung wurde 
später in der bereits erwähnten Schrift über die Medolo-Ammoniten 
(l. e. pag. 418 ete.) versucht. Speciell was die Fragen über Trias- 


citirte Referat Hauer’s als den Ort an, an welchem die Gleichstellung der 
Raibler und der Carditaschichten zuerst ausgesprochen wurde, obschon Hauer 
die Sache wie etwas Selbstverständliches behandelte, ohne viel Aufhebens davon 
zu machen. 

!) Trias und Jura in den Südalpen, 1. c. pag. 141. 

®) Milano 1859. Vergl. auch desselben Autors Werk: „Les petrefications 
d’ Esino 1858— 1860. 

®) Vergl. Benecke, |. c. pag. 92. 


762 Dr. Emil Tietze. [84] 


Geologie anlangt, ist dann noch sein Aufsatz „über die Gliederung 


der oberen Trias der lombardischen Alpen“ (1865) zu erwähnen !), 
in welchem Hauer seine früheren Anschauungen durchwegs aufrecht 
erhält. Auch hier erscheinen die den Carditaschichten gleichgestellten 
Raibler Schichten als das obere Glied, die mit den Partnachschichten 
parallelisirten Cassianer Schichten als das untere Glied einer mergelig- 
schiefrigen Schichtenreihe, in deren Mitte der Esinokalk seinen Platz 
angewiesen erhalten hat (vergl. dazu auch die Tabelle am Schluss 
des Aufsatzes).. Hauer hatte nach Allem die Genugthuung, dass 
Stoppani sich schliesslich seinem Standpunkt näherte. 

Trotz der staunenswerthen Fortschritte jedoch, welche die Alpen- 
seologie seit der Zeit des ersten Eingreifens Hauer’s aufzuweisen 
hatte, und die wir, soweit das dieses Eingreifen selbst anbelangt, 
nunmehr bis gegen das Ende der Fünfziger Jahre des abgelaufenen 
Jahrhunderts verfolgt haben, war es nun allerdings noch immer nicht 
gelungen, nach jeder Richtung hin die Schwierigkeiten zu besiegen, 
welche einer vollständigen Klärung der Auffassungen bezüglich jeder 
Einzelheit der alpinen Stratigraphie im Wege standen. Der Aufbau 
des Fundamentes der Alpengeologie war geglückt, allein noch nicht 
jeder Stein dieses Baues hatte an die richtige Stelle gebracht werden 
können. Man darf das, wie mir scheint, beruhigt aussprechen, ohne 
damit das glanzvolle Verdienst zu schmälern, welches mit der Her- 
stellung jenes Fundaments untrennbar verbunden ist. 

In einem Punkte nämlich litten die Auffassungen Hauer’s, wie 
sie in der Zeit der Abfassung jener Schrift über die lombardischen 
Alpen sich darstellten, noch immer an einem nicht unwesentlichen 
Fehler, wenn man den Maassstab des heutigen Wissens an Arbeiten 
der damaligen Periode anlegt und wenn man sich für berechtigt 
halten will, einer noch im Werden begriffenen Erkenntniss den Vor- 
wurf der Unfertigkeit zu machen. 

Alles, was zunächst über den Raibler Schichten oder deren 
anerkannten Aequivalenten lag, galt damals als liassisch. Später, als 
dann Gümbel den Namen „rhätisch“ für die mächtigen Kalk- und 
Dolomitgebilde vorgeschlagen hatte, welche den Hauptdolomit, den 
Dachsteinkalk und die Kössener Schichten umfassen, und als Oppel 
und Suess die engen Beziehungen zwischen den Kössener Schichten 
einerseits und den Grenzschichten zwischen Lias und Trias in Schwaben 
andererseits erfolgreich erörtert hatten, war es die von Hauer selbst 
zu einer gewissen Selbständigkeit erhobene rhätische Formation, welche 
der Entwicklung der eigentlichen alpinen Trias nach oben zu eine 
Grenze setzte. Mit anderen Worten, die Raibler Schichten galten als 
das oberste Glied der Trias, was ja im Sinne jener Voraussetzungen 
bei der thatsächlich in vielen Gegenden beobachteten Lagerungsfolge 
auch ganz correct erscheinen musste. 

Was aber dabei noch nicht völlig präcis erkannt worden war, 
das war die Stellung des eigentlichen Hallstätter Kalkes, der damals 
mit dem Esinokalk und dem Wettersteinkalk in eine Linie gebracht 


‘) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 51. Bd. 


[85] Franz v. Hauer. 763 


wurde. Die Auffindung globoser Ammoniten!) im Kalkstein von Lenna 
(Esinokalk) mochte ja dazu beitragen, diese Auffassung zu unter- 
stützen. Man warf also hier Gebilde zusammen, denen nicht absolut 
das gleiche Alter zukam, ähnlich, wie man anfänglich die allerdings 
noch weiter von einander entfernten Grestener und Lunzer kohlen- 
führenden Schichten nicht genügend auseinander zu halten vermocht 
hatte. 

In letzterer Hinsicht wurde erst in der Zeit von 1863—1865 
Klarheit geschaffen, Dank den wichtigen Beobachtungen Lipold’s und 
den sich daran anschliessenden Untersuchungen von Hertle, Stur 
und Stelzner, durch welche die Selbständigkeit der Lunzer Schichten 
als eines triadischen Schichtgliedes begründet wurde 2), und in einem 
gewissen Zusammenhange damit steht es, dass bald darauf auch be- 
züglich des Hallstätter Kalkes neue Anschauungen hervortreten konnten. 
Insofern nämlich die Hallstätter Kalke oder doch zunächst deren 
supponirte Aequivalente als über den nunmehr in ihrer Eigenthüm- 
lichkeit erkannten Lunzer Schichten liegend betrachtet wurden, und 
insofern im Verlauf der weiteren Entwicklung die Lunzer Schichten 
sich mehr oder weniger als Aequivalente der Raibler und Cardita- 
schichten herausstellten, konnte schliesslich der Hallstätter Kalk nicht 
mehr als ein unmittelbarer Altersgenosse des unter den Raibler 
Schichten liegenden Esinokalkes gelten. Andrerseits mussten dann am 
Ende auch die Raibler Schichten aufhören, als oberstes Glied der 
alpinen Trias zu figuriren, und die weiteren Consequenzen für die 
Altersdeutung wenigstens des grössten Theiles des Dachsteinkalkes 
ergaben sich sodann mit der Zeit von selbst immer deutlicher. Das 
sind ja Dinge, die namentlich in letzter Zeit viel besprochen wurden. 


!) Vergl. Hauer’s Aufsatz über die Lombardei, pag. 26 des Separatabdr. 
Dieser Thatsache correspondirt bekanntlich der Umstand, dass auch im Schlern- 
dolomit, den man hier bald in Vergleich ziehen konnte und der, wie man jetzt 
weiss, in der That eine dem Esino- und Wettersteinkalk analoge Stellung ein- 
nimmt, ebenfalls globose Ammoniten vorkommen (siehe Richthofen, Predazzo, 
pag. 99). Die Altersbestimmung des Schlerndolomits erfolgte allerdings nicht un- 
mittelbar auf Grund jener Ammoniten, sondern ergab sich, wie Richthofen 
(ebendort) ausdrücklich bemerkt, auf Grund der von Hauer zuerst richtig er- 
kannten Raibler Schichten, welche diesen Dolomit bedecken. Das Vorkommen 
jener Arcesten konnte jedoch leicht an Hallstatt erinnern, zumal man sich an- 
fänglich kaum darüber Rechenschaft gegeben haben dürfte, dass zwischen dem 
Auftreten der ersten Arcesten im Muschelkalk (vergl. z. B. Mojsisovics, Medi- 
terrane Trias-Cephalopoden. Abhandl. d. k.k. geol. R.-A., X. Bd., 1832, pag. 163) 
und dem der globosen Ammoniten von Hallstatt ein besonderer Niveau-Unter- 
schied besteht. 

Andrerseits wird eine gewisse facielle Aehnlichkeit für einzelne Fälle 
zwischen dem Esinokalk und bestimmten, wenigstens von Stur dem echten Hall- 
stätter Kalk zugezählten Bildungen auch durch das häufigere Vorkommen von 
Chemnitzien bedingt, wie sie nach Stur in den obertriadischen Kalken des 
Wildangers auftreten. (Geol. d. Steiermark, pag. 304 und 305.) Es ist vielleicht 
für das (um mich so auszudrücken) psychologische Verständniss der älteren An- 
sichten nützlich, auch auf derartige Thatsachen aufmerksam zu machen, wobei 
es gar nicht darauf ankommt, wie heute die betreffenden Chemnitzien-Kalke ge- 
deutet werden. (Vergl. dazu übrigens Verhandl. geol. R.-A. i891, pag. 58.) 

ı) Vergl. Lipold, Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1-63, Verhandl. pag. 72, 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1865, pag. 1—165; Hertle, ibidem pag. 431— 553; 
Stelzner, ibidem pag. 425; Stur, ibidem, Verhandl. pag. 43. 


764 Dr. Emil Tietze. [86] 


Bekannt ist ferner, dass der erste directe Anstoss zu diesen 
speciell den Hallstätter Kalk betreffenden Auffassungen auf gewisse 
Funde globoser Ammoniten zurückzuführen ist, die am Ewigen Schnee- 
berge entdeckt und von Fötterle besprochen wurden !), sowie 
dass Stur im Jahre 1866 es zuerst mit Bestimmtheit hervorhob, 
dass der Hallstätter Kalk und der Hauptdolomit als Aequivalente zu- 
sammen gehören ?), und man weiss, dass derselbe Autor dann diese 
Ansicht in seiner Geologie der Steiermark noch weiter zu begründen 
bestrebt war °). 

Man weiss freilich auch, dass diese Bemühungen lange Zeit 
keinen durchschlagenden Erfolg zu erzielen im Stande waren. Viel- 
leicht lag das daran, dass Stur seine Ansichten nicht immer in eine 
sewinnende Form zu kleiden vermochte, vielleicht wussten andrer- 
seits manche (damals) jüngere Autoren durch Entschiedenheit und 
sicheres Auftreten mehr Eindruck hervorzurufen und sich dabei durch 
Anpassung an moderne Richtungen auch vielfach beliebter zu machen. 
Als aber dann endlich eine Reaction eintrat *) und die Anschauungen 
Stur’s in dem bewussten Punkte wieder zur Geltung gebracht wurden, 
da haben Einige die Autorität Hauer’s hervorgeholt und darauf hin- 
sewiesen, dass derselbe noch in seinen späteren Schriften ebenfalls 
an der älteren Annahme über die Stellung des Hallstätter Kalks fest- 
gehalten, dass also eigentlich auch er die Ansichten Stur’s zur Seite 
gestellt und damit das Vorgehen der wissenschaftlichen Gegner des 
Letzteren ermuthigt habe. 

Eigenthümlich ist indessen, dass beide bei dieser Angelegen- 
heit in Betracht kommenden Theile in der Lage zu sein glaubten, 
sich auf Hauer zu berufen. Das verlangt wohl eine Aufklärung. 

Bei einer Darstellung, wie die gegenwärtige, ist es ohnehin nicht 
immer thunlich, sich in fortlaufender Weise an die chronologische 
Reihenfolge der Arbeiten zu halten, in welchen Jemand die Ergeb- 
nisse seiner Studien veröffentlicht hat, namentlich wenn diese Arbeiten 
sich je nach dem darin behandelten Stoff sehr verschieden gruppiren 
lassen. Im Interesse jener Aufklärung möchte ich mich deshalb nicht 
darauf beschränken, auf die Natur einzelner Lücken hinzuweisen, 
welche das von Hauer und seinen ersten Mitarbeitern geschaffene 
Werk noch aufwies, als derselbe seine eigenen Untersuchungen über 
die alpinen Schichtglieder durch die besprochenen Studien in den 
Südalpen zu einem gewissen Abschluss gebracht hatte; ich will viel- 
mehr gleich jetzt mit einigen Worten auf die Stellung eingehen, 
welche derselbe später zu den Forschungen einnahm, durch welche, 
wie oben angedeutet, jenes Werk in einigen wesentlichen Punkten 
ergänzt wurde. Der Leser wird dann selbst beurtheilen, inwieweit 
in dem gegebenen Falle die Anrufung des Namens Hauer auf der 
einen oder der anderen Seite berechtigt war. 


‘) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1865, Verhandl. pag. 264. 
>) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1866, Verhandl. pag. 186. 
| hi (Geol. d. Steiermark, Graz 1871, pag. 304, eventuell von Seite 284 an zu 
vergleichen. 


‘) Eingeleitet durch Bittner Hernstein, 1882, pag. 129 und Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 113. 


or 


| 


[87] Franz v. Hauer. 765 


Den Werth, den die Ausführungen Stur’s für die richtige 
Deutung des Hallstätter Kalkes besassen, hat Hauer jedenfalls bei 
der ersten sich ihm bietenden Gelegenheit anerkannt. Er schrieb in 
seiner Erläuterung zur Karte der östlichen Alpenländer bereits im 
Jahre 1868’) wörtlich: „Den wichtigsten Anhaltspunkt zur Beurtheilung 
der Stellung der Hallstätter Marmore in der oberen Trias bieten uns 
die Beobachtungen Stur’s.“ Doch darf nicht verschwiegen werden, 
dass ihm damals diese Beobachtungen noch nicht im Widerspruch zu 
stehen schienen mit seiner „älteren Auffassung, der zufolge die Hall- 
stätter Marmore in das gleiche Niveau mit den oberen Triaskalken 
Nordtirols und der lombardischen Alpen zu stellen sind.“ So führt 
er denn auch in der That in derselben Abhandlung etliche Seiten 
später (1. ec. pag. 29) den Hallstätter und den Esinokalk als gleich- 
bedeutend an. Die etwas unklare Stellung der Cassianer Schichten, 
mit denen das Liegende des Hallstätter Kalkes von Stur zunächst 
verglichen wurde, konnte übrigens leicht zum Festhalten an dieser 
Ansicht führen, umsomehr als Hauer ja gerade in der Lombardei 
die dort unter dem Esinokalk auftretenden Gebilde, wenn auch nicht 
sanz zutreffend, als Cassianer Schichten bezeichnet hatte. 

Im Jahre 1872 indessen ?) sprach es Hauer unumwunden aus, 
dass man früher zu weit gegangen sei, wenn man unter dem 
Namen Hallstätter Kalk „so ziemlich alle Kalkstene der oberen 
Trias der Alpen“ aufgeführt habe, und er erklärte es für angezeigter, 
diesen Namen auf die echten Hallstätter Schichten zu beschränken, 
deren Vorkommen auf wenige Localitäten eingeengt schien. Das war 
jedenfalls eine vorsichtige Auffassung, die vor voreiligen genaueren 
Parallelisirungen zurückschreckte und die bereits unter dem Ein- 
drucke der rasch aufeinander folgenden Experimente stand, mit denen 
die neueste Forschung von damals gerade zu operiren begonnen hatte. 

Hauer hatte eben überhaupt bei seinen Bemühungen, die Trias 
der Alpen zu gliedern, in vielen Fällen wohl nur approximative Pa- 
rallelen im Auge gehabt, und er hütete sich sehr, jene Gliederung 
selbst zu weit ins Einzelne zu treiben. Als Forscher, der seine Resul- 
tate mehr auf Beobachtung gründete als auf Combinationen, die am 
Schreibtisch ersonnen werden, begnügte er sich in der Regel mit der 
Festsetzung der jeweiligen Reihenfolgen, wo solche nachweisbar waren, 
und mit dem Vergleich der Hauptsachen bei diesen Reihenfolgen. 
So mochte es kommen, dass er in früherer Zeit sich ganz berechtigt 
glaubte, in allgemeiner Weise Verwandtes zusammenzustellen, dass 
er jedoch von dem Augenblick an, wo der Versuch gewagt wurde, 
zahlreichere scharfe und zwar durchgehende Schnitte durch die ver- 
schiedenen, dabei räumlich von einander oft weit geschiedenen 
Schichtencomplexe zu legen, eine reservirtere Haltung einnalım. 


un 


!) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1868, pag. 16. Ebendort gibt Hauer den Grund 
der Schwierigkeit bezüglich der Einreihung der echten Hallstätter Kalke an. In 
ihrer Nähe fehlen nämlich „genauer charakterisirte Abtheilungen“ wie Cassianer 
und Raibler Schichten, während die von Mojsisovics aufgestellten Zlambach- 
schichten nur mit Zweifeln deutbar sind. 

?2) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 177. 


Jahrbuch d.k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. lleft. (Dr. E. Tietze.) 97 


766 Dr. Emil Tietze. [88] 


Besonders gegenüber so eigenartigen Bildungen, wie die Hallstätter 
Kalke dies sind, mochte eine derartige Zurückhaltung am Platze sein. 
Es schien ihm wohl überhaupt schwer, mit der apodictischen 
Sicherheit, die seine Nachfolger selbst bei der Vertretung wechselnder 
Meinungen zeigten, bei gewissen Bildungen an ganz striete Gleich- 
stellungen zu denken, und zu solchen Bildungen gehörten jedenfalls 
die mergeligen und schieferigen Lagen, welche, wie die Wengener, 
Cassianer und Raibler Schichten, bei allen genaueren Horizontirungs- 
versuchen des Hallstätter Kalkes selbst oder seiner angeblichen Ver- 
treter eine wichtige Rolle spielten. Sind dies ja doch Begriffe, die in 
der Literatur vielfach durcheinander flossen !) und die auch heute noch 
nicht in jedem Falle eine scharfe Trennung zuzulassen scheinen, wie 
das schon oben (Seite [76]) speciell bei Besprechung der Cassianer 
Schichten gesagt wurde. Zu jenen Bildungen gehörte aber, wenigstens 
anfänglich, auch der Lunzer Sandstein, dessen Gleichstellung mit den 
Raibler Schichten ursprünglich weniger definitiv und absolut ausge- 
sprochen wurde als später, insofern bekanntlich Lipold vornehm- 
lich in den über jenem Sandstein liegenden Opponitzer Schichten 
mit Corbis Mellingi eine Vertretung des Raibler Niveaus gesucht 
hatte 2). Auch später ist ja eine derartige Auffassung noch hervor- 
getreten, und es ist klar, dass dieselben Schichten nicht gleichzeitig 
“ einerseits mit einer anderen Ablagerung dasselbe Alter besitzen, 
andrerseits aber wieder älter als diese Ablagerung sein können?). 
So mochte sich bei Hauer eine mit mancherlei Zweifeln ver- 
bundene Unbestimmtheit und Unentschiedenheit bezüglich mancher in 
jener Zeit auftauchenden Fragen herausgebildet haben. Er gab zwar 
beispielsweise *) sehr bald ohne Weiteres zu, dass die Lunzer Schichten 
unter Anderem’) nebst den (von Hauer selbst mit Raibl verbundenen) 
Oarditaschichten „wohl in ein annähernd gleiches Niveau gehören“, 
aber er hielt dabei zur selben Zeit®) sein Urtheil darüber zurück, ob 
der Hallstätter Kalk wirklich über Schichten liege, die als gleich- 
alterig mit dem Lunzer Sandstein betrachtet worden waren, wie das 
Stur bezüglich der Zlambachschichten von Aussee gethan hatte. 
Da nun Stur nach dem Erscheinen seiner Geologie der Steier- 
mark darauf verzichtet hatte, mit der durch Mojsisovics vertre- 


i ‘) Nicht überall wird davon so unterscheidend gesprochen, wie z. B. später 
in Hauer's Geologie, 2. Aufl., pag. 340 u. 374. Man könnte übrigens in diesem 
Punkte auch in den verschiedenen Schriften Hauer’s selbst manche kleine In- 
congruenzen nachweisen. 

°) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1866, pag. 156. Vergl. dazu Hauer's Geologie, 
2. Aufl., pag. 383. Später ist man allerdings zu der Anschauung gelangt, dass 
die Opponitzer Kalke nur etwa dem oberen Theil der Raibler Schichten, also den 
sog. Torer Schichten correspondiren..(Vergl. z. B. die Tabelle in Verhandl. d. 
geol. R.-A. 1896, pag. 192 u. 19%.) 

°) Nach der Ansicht Einiger würde der Lunzer Sandstein allerdings nur 
dem unteren Theil der Raibler Schichten entsprechen. (Vergl. die vorige Anm.) 

‘) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 192. 

°) Es werden da auch die Cassianer Schichten genannt, die doch in anderen 
Fällen, wie z. B. in der „Geologie“ (vergl. das Vorstehende) wieder als tieferes Glied 
den Raibl-Carditaschichten gegenüber gestellt wurden. Das wäre gleich eine jener 
eben (Anm. 1) erwähnten Incongruenzen. 

*) Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 228. 


[89] Franz v. Hauer. 767 


tenen, damals neuen Richtung in der Triasgeologie zu polemisiren, 
so behielt diese letzterwähnte Richtung nach kurzer Zeit die Ober- 
hand und neben anderen Anschauungen der älteren Forscher wurde 
auch der Anlauf, den Stur zur Lösung der Hallstätter Frage ge- 
nommen hatte, unwirksam gemacht. So erklärt es sich zum Theil, 
dass Hauer schliesslich in seinem Lehrbuch der Geologie zwar 
den Standpunkt Stur’s insofern theilte, als er es für berechtigt hielt, 
die Lunzer Schichten mit der Lettenkohle zu vergleichen !), dass er 
aber andererseits die alpine Trias nach oben noch immer mit den 
Raibler und Oarditaschichten abschloss 2), ohne die echten Hallstätter 
Kalke darüber zu stellen. Gerade in diesem Punkte entsprach das ja 
seiner alten Ansicht und da er um jene Zeit bereits aufgehört hatte, 
seine eigenen Beobachtungen in der alpinen Triasregion fortzusetzen, 
so war ihm die Möglichkeit benommen, ähnlich, wie er das in früherer 
Zeit bezüglich des Dachsteinkalkes gethan hatte, auch in diesem Falle 
in selbständiger Weise seine früheren Vorstellungen zu berichtigen. 

Es giebt vielleicht Manche, die das beklagen. Wenn Derjenige, 
dem man den ersten Nachweis von der Existenz der Trias in den 
Nordostalpen und die wichtigsten Grundzüge der Gliederung der 
alpinen Triasschichten überhaupt verdankt, seine Stimme rechtzeitig 
im Sinne der durch Stur angedeuteten Richtung erhoben hätte, 
dann wäre uns, so meint man, manches spätere Missverständniss er- 
spart geblieben und die alpine Triasforschung, deren Anfänge so 
glänzend erschienen, hätte sich später mit ihren vielfach verschlun- 
genen Fäden nicht zu jenem gordischen Knoten verwickeln können, 
dessen Entwirrung auf subtilem Wege für manchen Forscher ein Ding 
der Unmöglichkeit schien. Vielleicht ist das richtig, mit Sicherheit 
lässt sich das jedoch nicht behaupten. 

Die Irrungen, von denen die gesammte Triasgeologie durch 
einige Jahrzehnte hindurch beeinflusst wurde, drehen sich zwar vielfach 
um die Frage des Hallstätter Kalkes und der Lunzer Sandsteine, und 
die Discussion darüber hat sich endlich gerade nach dieser Seite 
besonders zugespitzt, ausschliesslich darauf beschränkt waren sie aber 
bekanntermassen nicht, und da Hauer ja doch in anderer Beziehung 
mehrfach sich gegen die Neuerungen seiner Nachfolger ablehnend 
verhielt, ohne damit direeten Erfolg zu haben, so bleibt es fraglich, 
ob ihm dies in dem besagten Falle gelungen wäre. Es gibt Strömungen, 
die ihren Lauf haben, Processe, die sich abspielen müssen bei jedem 
Entwicklungsvorgang; ein glatter und gleichmässiger Fortschritt ist 
nicht allen Zweigen der Wissenschaft beschieden. 

Kehren wir indessen nach dieser Abschweifung, deren Gegenstand 
in einer dem wissenschaftlichen Wirken’Hauer’s gewidmeten Schrift 
nicht wohl zu umgehen war, wieder zur Betrachtung der älteren Zeit 
zurück, in der jenes Wirken sich so besonders fruchtbar gestaltet hat. 

Die wichtigen stratigraphischen Untersuchungen Hauer’s hätten 
namentlich in jenen ersten Zeiten der intensiveren geologischen For- 
schung in Oesterreich nicht die volle Bedeutung für die Gliederung 


1) Vergl. 2. Aufl., pag. 382. 
2) Vergl. z. B. 2. Aufl., pag. 411. 


768 Dr. Emil Tietze. [90] 


der betreffenden Sedimentbildungen erlangen können, welche denselben 
nach dem bisher Gesagten zukommt, wenn dieselben nicht durch mehr 
oder weniger umfassende palaeontologische Studien unterstützt worden 
wären. Mit dem Aufschwung der Geologie ging also damals auch eine 
lebhafte Bewegung auf dem Gebiete der Palaeontologie Hand in Hand, 
und unter den Männern, die sich dabei verdient gemacht haben, sah 
man, zumal was die mesozoischen Fossilien anlangt, wiederum Hauer 
selbst in erster Reihe thätig. 

Derselbe beschränkte sich übrigens in dieser Hinsicht keineswegs 
auf das blosse Bestimmen der Versteinerungen, wie die Zwecke der 
Deutung einzelner Ablagerungen dies mit sich brachten, er unternahm 
vielmehr jeweilig, wie theilweise schon angedeutet wurde, auch selb- 
ständige palaeontologische Arbeiten. Dazu lud schon die Fülle des 
neuen Materials ein, welches damals von ihm und Anderen allenthalben 
gesammelt wurde oder bei der Durchsicht der vorhandenen Samm- 
lungen zum Vorschein kam. 


Dass Hauer auf diese Weise schon in den ersten Jahren seiner 
Thätigkeit eine umfassende Grundlage für die Petrefactenkunde der 
alpinen Trias, und zwar insbesondere der Trias-Cephalopoden schuf, 
wurde bereits früher erwähnt. Hier mag nur noch nachgetragen 
werden, dass er auch später unablässig bemüht war, diese Grundlage 
zu verbreitern. Ausser verschiedenen kleineren Mittheilungen und der 
schon besprochenen, von 6 Tafeln begleiteten Arbeit über die Fauna 
der Raibler Schichten legen dafür seine Beiträge zur Kenntniss der 
Cephalopodenfauna der Hallstätter Schichten sammt den dazu gehö- 
rigen Nachträgen Zeugniss ab"). Ein ganz specielles Interesse aber 
beanspruchen wohl „die Cephalopoden der unteren Trias der Alpen“ 2), 
insofern hier neben Arten des Muschelkalkes auch solche Cephalo- 
poden beschrieben wurden, welche sicher dem Buntsandstein ange- 
hören, wodurch die wesentliche Lücke, die für den damaligen Zustand 
des Wissens zwischen den palaeozoischen und mesozoischen Cephalo- 


poden-Faunen bestand, wenigstens einigermassen ausgefüllt werden 
konnte?) 


Aber nicht blos bezüglich der Trias, auch bezüglich anderer 
Gebilde verdankt man Hauer die ersten umfassenden Bearbeitungen 
der für die Deutung jener Gebilde massgebenden organischen Reste. 


Ganz besonders gilt dies für den alpinen Lias und die Cephalo- 
podenfauna desselben. 


Der Lias als solcher war allerdings schon vor Hauer’s ersten 
Arbeiten in den Alpen bekannt. Als Partsch in einer längeren 
Anmerkung zum Texte seiner Arbeit über das Detonationsphänomen 
von Meleda einen Abriss der Alpengeologie nach damaliger Auffassung 


1) Denkschr. d. Wiener kais. Akad. dl. Wiss. 1855, Nachträge (mit 5 Tafeln) 
in den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. 1860, 41. Bd., pag. 113. 

?) Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 52. Bd., 1865. 
. ...) Die betreffende Arbeit bietet auch sonst noch einiges Interesse, nämlich 
in Bezug auf die Ansichten Hauer’s über die Schwierigkeit, im Muschelkalk der 
Alpen verschiedene locale Entwicklungen untereinander zu parallelisiren. 


en. 


) 


[91] Franz v. Hauer. 769 


gab !), erwähnte er bereits den Fundort Adneth, ohne allerdings dabei 
den Versuch einer Altersdeutung zu wagen. Auch Bou& in seinem 
geognostischen Gemälde von Deutschland 2) gedachte desselben Fund- 
ortes und ausserdem war ihm auch schon das Vorkommen von Ver- 
steinerungen bei Enzersfeld bekannt, allein er vermochte diese Punkte 
von anderen nicht hiehergehörigen Fundorten damals noch nicht zu 
trennen. Insofern nun etliche der älteren Autoren, wie schon Eingangs 
dieser geologisch geschichtlichen Darstellung gezeigt wurde, den Alpen- 
kalk überhaupt zum Lias stellten, waren freilich die später genauer 
als zum Lias gehörig erkannten Fundorte in diese Finreihung mit 
einbezogen gewesen, es war ja aber gerade das Irrthümliche der 
älteren Auffassung, dass durch Einbeziehung vieler nicht zum Lias 
gehöriger Schichteomplexe diese Formationsabtheilung einen ganz 
unzutreffenden Umfang erhielt, so dass der eigentliche Charakter 
dessen, was wirklich Lias war, nicht klar erkannt werden konnte. 

Besser wurde es in dieser Hinsicht erst um die Mitte des 
ablaufenden Jahrhunderts. In seinen Cephalopoden nahm damals 
Quenstedt Veranlassung®), auch von Adneth einige Ammoniten zu 
beschreiben und er schloss (]. e. pag. 263) diese Beschreibung mit den 
Worten: „Alle genannten Ammoniten deuten auf Lias mehr als auf 
irgend eine andere Formation hin. Doch kommt darunter wieder viel 
Fremdartiges *) vor, was ich unerwähnt lassen will“. AuchKudernatsch, 
Schafhäutl und Andere befassten sich bald darauf mit den be- 
treffenden Fossilien, denen jedoch auch schon Hauer um diese Zeit 
seine Aufmerksamkeit zugewendet hatte, wie aus dessen ersten Arbeiten 
senugsam hervorgeht. Diese Arbeiten ermöglichten zudem bereits 
die Ausscheidung vieler nicht zum Lias gehörigen Dinge aus jeder 
speciell diesem Theile der alpinen Faunen gewidmeten Betrachtung. 

Mit besonderen palaeontologischen Studien über die liassische 
Fauna ging Hauer aber erst im Jahre 1854 vor, als er seine Beiträge 
zur Kenntniss der Capricornier und der Heterophyllen der öster- 
reichischen Alpen, sowie eine Abhandlung über einige unsymmetrische 
Ammoniten aus den Hierlatzschichten veröffentlichte 5) und jeweilig durch 
beigegebene Tafeln illustrirte. Die Zeichnungen auf diesen Tafeln 
waren damals ausser 3—4 Arten, die Quenstedt und Schafhäutl 
abgebildet hatten, die einzigen, die man von Cephalopoden des alpinen 
Lias besass. Zwei Jahre später (1856) erschien dann bereits Hauer’s 
grosse Monographie „über die Cephalopoden aus dem Lias der nord- 
östlichen Alpen“ mit 25 Tafeln®). Nicht weniger als 71 Arten von 


!) Wien 1826. Die Anmerkung läuft von Seite 51—58, die Erwähnung 
Adneth’s geschieht darin auf Seite 54. 

2) Frankfurt a. M. 1829, pag. 75 u. 76. 

®) Tübingen 1849, pag. 260. 

*) Noch viel später (Epochen d. Natur 1864, pag. 546), als Quenstedt 
bereits das Ergebniss der hierher gehömgen Arbeiten Hauer’s anerkannte, kam 
der Erstgenannte auf diese Fremdartigkeit der Adnether Fossilien zurück, über 
die sich indessen, wie er hinzufügte, Hauer „hinweggesetzt“ habe. 

5) Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Cl., 12. Bd., pag. 816 und 
13. Bd., pag. 94 sowie pag. 401. 

*) Im 11. Bd. der Denkschriften d. math.-naturw. Cl. d. k. Akademie d. 
Wiss. Wien 1856. 


770 Dr. Emil Tietze. [92] 


Cephalopoden wurden daselbst beschrieben, die verschiedenen Fund- 
orte derselben wurden aufgezählt, dabei ziemlich eingehend geschildert 
und untereinander verglichen, diese Vergleiche aber wurden auch auf 
Toscana und die Apenninen ausgedehnt. Mit Recht hat man seither 
dieser Arbeit stets sowohl in palaeontologischer, wie auch in geo- 
logischer!) Beziehung hohe Bedeutung beigemessen. Dass sie zum 
Ausgangspunkt aller ferneren, inzwischen bereits ziemlich ausgedehnten 
Untersuchungen über die Liascephalopoden der Alpen und Karpathen 
wurde, ist selbstverständlich. Im Verein mit den schönen Arbeiten 
von E. Suess über die Brachiopoden des alpinen Lias und der 
demselben im Alter nahe stehenden Bildungen bildete sie in der That 
eine feste Basis für specialisirte Studien palaeontologischer Natur 
sowohl, als auch für allgemeinere stratigraphische Zwecke, bei denen 
es auf die Deutung neuer Fundstellen ankam. 

Bezüglich weiterer grundlegender Beschreibungen einzelner 
Faunen sei erwähnt, dass auch die Cephalopoden der cretacischen 
Gosauschichten, denen später bekamntlich Redtenbacher seine 
Aufmerksamkeit zuwendete, in Hauer ihren ersten Bearbeiter 
fanden ?). 

Kleinere palaeontologische Notizen endlich hat derselbe aus dem 
Bereich aller geologischen Formationen und der meisten Gruppen des 
zoologischen Systems gegeben, wie weiterhin aus dem Verzeichniss 
seiner Schriften ersehen werden mag. 

Wir kehren aber jetzt wieder zu der geologischen Thätigkeit 
Hauer’s zurück. 

Schon frühzeitig hatte derselbe sein Interesse für die geo- 
logischen Verhältnisse Ungarns bekundet, wozu ausser zufälligen Ver- 
anlassungen der Umstand, dass er einen Theil seiner Studienzeit in 
Schemnitz zugebracht hatte, das Seinige beitragen mochte. Auch ist 
nicht zu übersehen, dass schon Joseph v. Hauer, der Vater Franz 
v. Hauer’s sich zeitweilig mit ungarischen Verhältnissen befasst hatte, 
und ebenfalls zu Anregungen in dieser Richtung Veranlassung gab. 

Der letzterwähnte Fall gilt jedenfalls bezüglich der Abhandlung), 
die Hauer schon 1847 über die tertiären Fossilien der später vielfach 
in der Literatur genannten Localität Korod in Siebenbürgen verfasste, 
insofern das der Arbeit zu Grunde liegende Material durch die Auf- 
sammlungen seines Vaters zu Stande gekommen war ®). 

Aber auch sonst findet man schon in den ersten Jahren der 
publicistischen Thätigkeit Hauer’s verschiedene Mittheilungen des- 
selben über geologische und palaeontologische Einzelheiten aus Ungarn 


') Vergl. d’Archiac progres de la g6ologie. 7. Bd., pag. 398-401. 

*) Beiträge zur Palaeontographie von Oesterreich 1858. 1. Bd., 1. Heft. Nach- 
träge dazu 1866 in den Sitzber. d. Akad. d. Wiss. Bd. 53. 

°») Haidinger's Abhandl. Bd. I, pag. 349. 

‘) Die Sammlungen Joseph’s v. Hauer gingen dann 1851 in den Besitz 
der geologischen Reichsanstalt über, worüber Moriz Hoernes (Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. 1851, 1. Heft, pag. 147) besonderen Bericht erstattet hat. Uebrigens 
hatte Joseph v. Hauer stellenweise auch schon kleinere Mittheilungen über 
seine Studien veröffentlicht (vergl. z. B. Neues Jahrb. 1839, pag. 74 und 428) und 
in einer dieser Mittheilungen (l. c. pag. 75) geschieht speciell der Fossilien von 
Korod Erwähnung. 


[93] Franz v. Hauer. 7711 


in den damals dafür zur Verfügung stehenden Zeitschriften abgedruckt. 
Es seien davon nur diejenigen über die tertiären Fischreste von 
Poresesd (1846), über die Fossilien vom Berge Szallas bei Schemnitz 
(1850), über den Goldbergbau von Vöröspatak (1851) und über die 
geologische Beschaffenheit des Körösthales (1852) erwähnt. 

Als dann im Jahre 1858 die Aufnahmen der geologischen Reichs- 
anstalt durch eine Section derselben auch bezüglich Ungarns begonnen 
wurden, da fand Hauer Gelegenheit, in umfassender Weise seine 
Arbeitskraft dem Boden dieses Landes zuzuwenden. Ihm und Ferdinand 
v.Richthofen verdankt man aus jener Zeit die ersten eingehenderen 
Nachrichten über ungarische Geologie, die zu den wichtigsten gehören, 
welche die damalige Literatur der betreffenden Gegenden seit Beudant 
aufzuweisen hatte. In einem Gebiete des nordöstlichen Ungarn, welches 
aus krystallinischen Schiefern, verschiedenen Gesteinen der Trias und 
des Jura, verschiedenaltrigen Karpathensandsteinen, Eocän- und Miocän- 
gebilden, sowie aus Trachyten zusammengesetzt erschien, kartirten 
die genannten beiden Forscher während des Sommers 1858 einen 
Flächenraum von 663'2 deutschen Quadratmeilen )). 

In der geologischen Kartenaufnahme weit ausgedehnter Land- 
striche beruht überhaupt eines der wesentlichsten Verdienste Hauer’s 
und seiner Mitarbeiter bei deren Arbeiten in Ungarn. Zu ausführlichen 
Beschreibungen der dabei gemachten Beobachtungen hat in manchen 
Fällen die nöthige Zeit gefehlt. So machte Hauer derartige Auf- 
nahmen und Untersuchungen auch in dem weiten Gebiete zwischen 
Donau und Drau), bei welcher Gelegenheit unter Anderem auch die 
Grundzüge der in der späteren Literatur vielfach erörterten geologischen 
Verhältnisse des Bakonyer Waldes klargelegt wurden. Ueber die 
Petrefacten der dortigen Kreideformation schrieb er überdies eine 
besondere Abhandlung?). Im Wassergebiet der Waag und Neutra, 
über welches Stur 1860 eine vortreffliche Vorarbeit gelegentlich der 
ihm dort anvertrauten Uebersichtsaufnahme geliefert hatte, hat dann 
bald darauf Hauer ebenfalls gearbeitet, wobei es ihm gelang, die 
von Stur gewonnene Erkenntniss in manchen Stücken zu erweitern 
und zu ergänzen. Ausserdem treffen wir auf seine Spuren in den 
(regenden von Losoncz, Kövesd und Gran, wo im Anfang der sechziger 
Jahre ebenfalls bereits etwas mehr ins Einzelne gehende Aufnahmen 
vorgenommen wurden %). | 

Von ganz besonderer Bedeutung ist aber seine im Verein 
mit Stache verfasste Geologie Siebenbürgens, welche 1365 vom 
Verein für siebenbürgische Landeskunde herausgegeben wurde, ein 
636 Seiten starkes, heute schon ziemlich selten gewordenes Werk. 


!) Siehe Uebersichtsaufnahmen im nordöstlichen Ungarn. Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A. pag. 399—465 (davon pag. 399—436 der auf Hauer entfallende Theil). 

2) Vergl. dessen Bericht über die Uebersichtskarte des südwestl. Theiles 
von Ungam. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 12. Bd., Verhandl. pag. 110. 

3) Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Cl. 1861, 44. Bd., pag. 631--659. 
Es gelang hierbei für die betreffenden Kreidebildungen „eine Reichhaltigkeit der 
Gliederung“ nachzuweisen, von der man im Hinblick auf die vorher darüber vor- 
liegenden Angaben „überrascht“ sein konnte. 

*#) Specielle Nachweise über alle diese Untersuchungen ergeben sich. aus 
dem Verzeichniss der Schriften Hauer’s am Schluss dieser Abhandlung. 


172 Dr. Emil Tietze. [94] 


welches wohl noch auf sehr lange Zeit hinaus eine unschätzbare Grund- 
lage für die weitere Entwicklung der geologischen Forschung in jenem 
an Flächeninhalt grossen und in seiner Beschaffenheit sehr mannig- 
faltigem Lande bleiben wird. Die daselbst von Hauer, Stache 
und Stur ausgeführten Uebersichtsaufnahmen gaben zur Entstehung 
dieser Schrift Veranlassung, und die Fülle der darin mitgetheilten 
Beobachtungen gewährt uns einen Massstab für das, was wir an der- 
artigen Ergebnissen aus den übrigen von Hauer aufgenommenen 
Gebieten Ungarns noch zu erwarten gehabt hätten, wenn, wie schon 
angedeutet, unter dem Andrange der zu bewältigenden Aufgaben die 
Zeit für die genauere Verwerthung des bei den betreffenden Reisen 
gesammelten Materials nicht manchmal gemangelt hätte und wenn, 
wie man weiter hinzufügen darf, die Mittel zur Publication jener Er- 
gebnisse in genügendem Masse vorhanden gewesen wären). Nicht 
überall fand sich ein Verein, der im Stande gewesen wäre, solche 
Werke wie jenes über Siebenbürgen zum Druck zu befördern. 

Trotzdem genügt das Vorhandene und das von Hauer bei 
seinen Arbeiten in den Ländern der Stephanskrone Erreichte, um 
seinen Namen für immer mit der Geschichte der Geologie Ungarns 
zu verknüpfen als den eines der ersten und erfolgreichsten Pionniere 
auf diesem Gebiete. Nirgends ist auch das Verdienst 
Hauer’s neidloser anerkannt worden, als eben in 
Ungarn?). 

Auch in Bezug auf Dalmatien gehört Hauer zu den Ersten, 
denen man wissenschaftlich verwerthbare Nachrichten über den geo- 
logischen Bau dieses Landes verdankt. Bou&@'s Abhandlung über die 
illyrischen Provinzen (l. ec. vergl. oben) und desselben Autors Arbeiten 
in der europäischen Türkei hatten allerdings theilweise Nachbargebiete 
Dalmatiens zum Gegenstand, aber diese Küstenprovinz selbst betrafen 
sie nicht. So lagen denn ausser gewissen Notizen von Schlehan, 
Lanza und Lipold und der bei anderer Gelegenheit bereits er- 
wähnten Abhandlung von Partsch über Meleda fast keinerlei fremde 
Vorarbeiten vor, als Hauer seinen bekannten Aufsatz über Dalmatien 
veröftentlichte?), der bis heute die Grundlage aller weiteren Studien 
darüber geblieben ist, so knapp auch die betreffende Darstellung ge- 
halten sein mag. 

Diese Darstellung basirte auf einer im Jahre 1862 von Hauer 
im Verein mit Stache durchgeführten Uebersichtsaufnahme jenes 


') Es kann hier daran erinnert werden, dass die Aufnahmen der geologischen 
Reichsanstalt in Ungarn theilweise mit der kritischen Zeit zusammenfielen, in 
welcher die Existenz der Anstalt durch einen weniger von wissenschaftlichen 
Motiven geleiteten, als durch Machtbedürfniss hervorgerufenen Angriff bedroht 
schien, und in welcher (damit im Zusammenhange) auch die Publicationen des 
Instituts eine Verkürzung erfuhren. (Vergl. oben im Abschnitt über den Lebens- 
gang Hauer's das über jene Verhältnisse Gesagte.) 

’) Das lebhafte Dankgefühl, welches unsere ungarischen Fachgenosseu für 
die grundlegende Thätigkeit Hauer’s im Bereich der weiten Gebiete Ungarns 
empfanden, wurde übrigens beim siebzigsten Geburtstage des Meisters in voller 
Aufrichtigkeit offenbar (siehe Annalen d. naturh. Hofmuseums 1892, Notizen 
pag. 12—14) und es äusserte sich auch noch bei dessen Tode in verschiedenen 
den Hinterbliebenen zugegangenen Kundgebungen. 

°) Jahrb. geol. Reichsanst. 1868 pag. 431 —454. 


[95] Franz v. Hauer. 7713 


Küsten- und Inselgebietes, an welcher sich auch Zittel betheiliste. 
Wer Dalmatien oder auch nur die benachbarten verkarsteten Kalk- 
regionen persönlich kennen gelernt hat, wird die Schwierigkeiten zu 
ermessen im Stande sein, welche sich einer auch nur annäherungs- 
weise richtigen kartographischen Darstellung und einer für die meisten 
Fälle zutreffenden Deutung der dortigen Formationsglieder entgegen- 
stellen. So ist denn die Leistung der genannten Forscher, welche 
die das Land vorzugsweise zusammensetzenden Kalkmassen der Haupt- 
sache nach in triadische, eretacische und eocäne Bildungen gliederten, 
dabei auch auf die Anwesenheit jurassischer Schichten hinwiesen und 
wo solche auftauchen, auch den älteren, an der Basis des ganzen 
Kalkgebirges befindlichen Gesteinen sowie anderntheils dem Flysch 
und den tertiären Beckenausfüllungen ihre Aufmerksamkeit schenkten, 
eine sehr achtunggebietende zu nennen, namentlich wenn man in Be- 
tracht zieht, dass die Zeit, welche für diese Arbeit zur Verfügung 
stand, eine recht kurze war. Erst die in neuester Zeit durch Stache 
inaugurirten, bisher im Wesentlichen von Kerner und Bukowski 
besorgten Detailarbeiten werden im Stande sein, nach und nach die 
alte damals geschaffene Grundlage entbehrlich zu machen. 

Die Hauer’sche Darstellung Dalmatiens, die hier besonders 
genannt werden musste, weil sie eine wichtige Originalarbeit ist, bildet 
allerdings formell nur einen Theil einer grösseren Serie von Publi- 
cationen, welche vielfach wieder einen zusammenfassenden Charakter 
besitzen und auf welche ich jetzt mit einigen Worten einzugehen habe. 

Mit den im Jahre 1862 von den Mitgliedern der geologischen 
Reichsanstalt ausgeführten Bereisungen, welche, wie wir sahen, Hauer 
nach Dalmatien führten, hatten die von der Anstalt projectirten Ueber- 
sichtsaufnahmen ihren vorläufigen Abschluss gefunden, für verschiedene 
Gebiete lagen auch schon sogenannte Detailarbeiten vor. Man glaubte 
deshalb in der Lage zu sein, eine geologische Uebersichtskarte des 
ganzen Kaiserreiches zusammenstellen zu können, welche den Stand 
der erreichten Kenntniss in einem grossen Bilde vereinigen sollte. 
Eine Uebersichtskarte schien sogar, wie Haidinger sich ausdrückte, 
„der naturgemässe Schluss einer Uebersichtsaufnahme“!), und so geht 
denn die Idee, ein solches Werk zu schaffen, nachweislich mindestens 
bis auf das Jahr 1863 zurück, in welchem Jahre Haidinger in 
seiner am 3. November gehaltenen Jahresansprache bereits über die 
Vorarbeiten zur Ausführung einer solchen Karte berichtete?). 

Wem hätte diese Aufgabe mit besserem Rechte übertragen werden 
können als Demjenigen, der von allem Anfang an auf die Aufnahms- 
arbeiten der geologischen Reichsanstalt den massgebendsten Einfluss 
ausgeübt, der einen grossen Theil dieser Arbeiten in sehr verschiedenen 
Theilen der Monarchie selbst durchgeführt hatte und dem man über- 
dies die wichtigsten der bis dahin erzielten stratigraphischen Fest- 
stellungen verdankte, ohne welche-der wissenschaftliche Werth einer 
solchen Uebersichtskarte im Vergleich mit dem in anderen Ländern 
zu jener Zeit bereits Erreichten ein sehr bescheidener gewesen wäre ? 


!) Jahrb. geol. Reichsanst. 1864 pag. 182. 
®) Jahrb. geol. Reichsanst. 1863 Verh. pag. 101. 


Jahrbuch d. k. k. geol. lteichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 98 


774 Dr. Emil Tietze. [96] 


Hauer war aber auch insofern für jene Aufgabe gleichsam 
prädestinirt, als er, wie dies oben gezeigt wurde, von Zeit zu Zeit 
schon früher sich in zusammenfassenden Darstellungen mit besonderem 
Erfolg versucht hatte, und als er unablässig bemüht war, das von ihm 
selbst, wie das von Andern für die österreichische Geologie ge- 
wonnene wissenschaftliche Material zu sichten und durch Vergleiche 
unter gemeinsame Gesichtspunkte zu bringen. Sobald (um in einem 
Gleichniss zu sprechen) eine genügende Anzahl einzelner Bausteine 
hergerichtet war, pfleste er stets dieselben thunlichst zu einem Ganzen 
zu verbinden, wenn er dabei auch in der Anlage des Bauwerks selbst 
nie weiter ging, als es eben durch das verfügbare Material erlaubt 
wurde. Für ihn handelte es sich auch bei dieser Thätigkeit immer 
mehr um die Herstellung sicherer Fundamente als um den raschen Auf- 
bau luftiger Thürmchen oder um die Geltendmachung schöner Facaden. 

Jetzt war nun der Zeitpunkt gekommen, in welchem wissenschaft- 
liches Baumaterial aus allen Theilen der Monarchie vorlag, da konnte 
man also auch ohne Verzug daran gehen, einen einheitlich zusammen- 
hängenden Fundamentalbau in erweitertem Umfange zu schaffen. Es 
galt nunmehr das Wesentliche des Erreichten in markanten Zügen 
als Gesammtbild vorzuführen, um so die raschere ÖOrientirung beim 
weiteren Vorschreiten zu ermöglichen, ähnlich wie dies frühere Zu- 
sammenstellungen für einzelne Gebietscomplexe oder für bestimmte 
besonders wichtige Capitel der österreichischen Geologie ermög- 
licht hatten. 

‘Die Arbeit war, wie alle derartigen Darstellungen, gewiss Keine 
ganz leichte, wenn man in Rechnung bringt, dass dabei oft ungleich- 
artiges und ungleichwerthiges Material verwendet werden musste, dass 
die Kenntniss mancher Gegenden sowohl, wie auch mancher Theile 
der Stratigraphie vorgeschrittener war als die anderer Gegenden 
oder anderer Schichteomplexe. Die Karten, welche dem Ganzen zu 
Grunde gelegt wurden, waren, wie Hauer selbst sich ausdrückte, 
„zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Geologen, natur- 
gemäss nicht immer unter völlig übereinstimmenden Anschauungen 
bearbeitet worden“. Es musste eine gewisse Harmonie unter diesen 
Anschauungen hergestellt werden, „um die in den verschiedenen 
Ländern unterschiedenen Formationsabtheilungen in Parallele zu 
stellen“ !), 

Eine solche Arbeit erforderte indessen nicht allein die leichte 
Uebersicht über das Ganze, wie sie Derjenige besass, der das Werden 
und Wachsen der gewonnenen Erkenntniss von Anbeginn an verfolgt 
hatte, diese Arbeit konnte andrerseits auch nur von Jemandem durch- 
geführt werden, der sich dieselbe nicht durch allzu subtile Erwägungen 
erschwerte. Wer bei solchen Gelegenheiten den Ausgleich der unver- 
meidlich auftauchenden Schwierigkeiten jedesmal erst in der inten- 
siven weiteren Vertiefung der betreffenden Probleme suchen wollte, 
der würde ein derartiges Werk überhaupt nie oder doch nur sehr 
verspätet fertig bringen, und der Gegenstand, den er darstellen 
wollte, würde für ihn und Andere inzwischen ganz andere Formen 


') Jahrb. geol. Reichsanst. 1867, pag. 1. 


[97] Franz v. Hauer. 175 


angenommen haben. Rasches und frisches Zugreifen bleibt da eine 
Hauptbedingung zur Erreichung des gesteckten Zieles, und wer der 
Versuchung nicht widerstehen kann, die Fragen ganz oder theilweise 
lösen zu wollen, deren augenblicklichen Stand er nur skizziren soll, 
der wird vielleicht gut thun, an solche Aufgaben gar nicht heran- 
zutreten. 

Bereits in der Sitzung der k.k. geologischen Reichsanstalt vom 
19. April 1864 legte Hauer den Entwurf des hier in Rede stehenden 
Kartenwerkes vor, später wurde dieser Entwurf bei der internationalen 
landwirthschaftlichen Ausstellung in Köln im Juni 1865 und bei der 
landwirthschaftlichen Ausstellung in Wien im Mai 1866 zur öffent- 
lichen Anschauung gebracht und bei beiden Ausstellungen mit den 
höchsten, dort vertheilten Preisen ausgezeichnet. Mehr Zeit nahm 
natürlich die technische Ausführung dieses Entwurfs in Farbendruck 
und dessen Herausgabe in Anspruch. So erschien die „geologische 
Uebersichtskarte der österreichisch-ungarischen Monarchie“ in zwölf 
Blättern (Verlag von A. Hölder) in Wirklichkeit erst in den 
Jahren 1867—1871, also in den ersten Jahren nach dem Rücktritt 
Haidinger’s von der Direction der k. k. geologischen Reichsanstalt 
und nachdem Hauer selbst an die Spitze dieses Institutes be- 
rufen worden war. 

Des Maßstabes dieser Uebersichtskarte wegen (1 :576.000) 
konnten natürlich nicht sämmtliche Ausscheidungen, welche in den 
der Uebersicht zu Grunde liegenden Blättern (mit dem Maßstab 
1: 144.000) enthalten waren, zur Darstellung gelangen. Viele Einzel- 
heiten dieser Art mussten unter allgemeineren Begriffen zusammen- 
gefasst werden. Immerhin weist das Farbenschema der Uebersichts- 
karte mehr als hundert verschiedene Formationsabtheilungen auf, die 


hier nach den Grundzügen ihrer Verbreitung zur Geltung gebracht 


wurden. In augenfälligster Weise wird durch dieses Bild, namentlich 
wenn man es mit dem Bilde der alten Haidinger’schen Karte ver- 
gleicht, der immense Fortschritt klar, der in dem ersten Abschnitt 
des Bestehens der geologischen Reichsanstalt erzielt wurde, und so 
wird diese Karte für immer ein Denkmal bleiben der grossen geistigen 
wie physischen Arbeitsleistung, welche Hauer mit seinen (auf dem 
Titel der Karte sämmtlich genannten) Mitarbeitern in jenem Zeit- 
abschnitt vollbracht hatte, ein Denkmal zugleich des freudigen, durch 
keine Sonderbestrebungen gestörten und deshalb siegreichen Zu- 
sammenwirkens der Mitglieder des Instituts, für dessen Leistungen 
jene Arbeit einen wichtigen Merkstein bezeichnet auf dem Wege zu 
den weiteren Zielen. 

Trotz der vielfachen Erweiterung unserer Kenntnisse, die seit 
dem Erscheinen jener Uebersichtskarte gewonnen wurde, und trotz der 
Correctur, die einzelne Lehrmeinungen der damaligen Zeit seither er- 
fahren haben, ist übrigens das genannte Werk heute noch keineswegs 
als blosses historisches Document zu betrachten. Noch immer wird man, 
sobald es sich um eine allgemeine, dem Maassstabe dieser Karte 
angepasste Orientirung über die geologischen Verhältnisse der Gesammt- 
monarchie oder einzelner Theile davon handelt, in den meisten Fällen 
das besprochene Werk mit Nutzen zur Hand nehmen. 

98* 


Dr. Emil Tietze. [98] 


—] 
-] 
or) 


Für manche Zwecke (z. B. für den Gebrauch in Schulen) genügt 
auch die auf ein Blatt reducirte kleinere Ausgabe der Karte (im 
Maßstab 1: 2,016.000) für die sich bald ein Bedürfniss geltend machte, 
deren erste Auflage (ebenfalls Verlag von Hölder) 1875 erschien, 
und die seitdem im Ganzen 5 Auflagen erlebt hat, deren letzte noch 
zu Lebzeiten Hauer’s (1896) ich selbst besorgt habe }). 

Die Erläuterungen zur grossen Uebersichtskarte sollten nach dem 
ursprünglichen Plane in einem besonderen Bande veröffentlicht werden. 
Hauer zog es jedoch später vor, dieselben in einzelnen Heften im 
Jahrbuch derk k. geologischen Reichsanstalt erscheinen zu lassen. Neben 
finanziellen Gründen mag dazu auch die Erwägung beigetragen haben, dass 
auf diese Weise mit der successiven Fertigstellung der einzelnen Blätter 
der Karte auch das Erscheinen der zu den letzteren jeweilig gehörenden 
Aufsätze rascher ermöglicht wurde. Der erste dieser Aufsätze erschien 
1867, der letzte 1873. Es ist selbstverständlich, dass nach Thunlich- 
keit für die später erschienenen Aufsätze die wichtigeren Ergebnisse 
mitbenützt wurden, welche während der Zeit der Herausgabe des 
Werkes durch die fortlaufende Forschung zu Tage gefördert wurden. 

Eine nützliche Beigabe zu diesen Erläuterungen bildet ein (1872 
erschienener) Index der verschiedenen, in der österreichischen Geologie 
im Laufe der Zeit gebrauchten speciellen Schichtennamen und geo- 
logischen Localbenennungen, welcher Nachweis für Oesterreich unge- 
fähr dasselbe anstrebte, was Studer in seinem nur wenig früher 
erschienenen Index der Petrographie und Stratigraphie der Schweiz 
(Bern 1872) zu erreichen beabsichtigte. Eine weitere Ergänzung zu 
dem in den Erläuterungen Gesagten darf man endlich in der tabel- 
larischen Uebersicht erblicken, welche auf dem freien Raum der 
Karte selbst (vergl. die Blätter XI und XII) angebracht ist. Durch 
diese Tabelle sollte ein rascher Ueberblick über die in den ver- 
schiedenen Gegenden der Monarchie auftretenden Sedimentformationen, 
sowie über deren ungefähre Parallelisirung bezüglich der einzelnen 
Glieder vermittelt werden. 

Die erwähnten Erläuterungen, welche zusammengefasst ein statt- 
liches Buch bilden würden, stellen das erste grössere Compendium 2) 
österreichischer Geologie vor, welches die Literatur aufzuweisen hat, 
und sind schon aus diesem Grunde noch heute beachtenswerth, wenn 
sie auch in mancher Hinsicht durch das Fortschreiten der Forschung, 
namentlich aber auch durch das von Hauer selbst etwas später mit 
besonderer Berücksichtigung der österreichischen Verhältnisse ver- 
fasste Lehrbuch der Geologie mehr in den Hintergrund gedrängt 
wurden als die dazu gehörige Karte, für welche nicht so schnell ein 
Ersatz zu beschaffen war. 

Im Allgemeinen, dass heisst abgerechnet wenige Ausnahmen ?), 
sind die betreffenden Aufsätze bezüelich der darin wiedergegebenen 
Meinungen Anderer mehr referirend als kritisch gehalten und mit 


') Die Jahre des Erscheinens der 5 Auflasen sind die folgenden: 1875 (1. u. 
2. Aufl.), 1878 (3. Aufl.), 1884 (4. Aufl.), 1896 (5. Aufl.). 

°) Betreffs eines kleineren derartigen Versuchs vergl. oben 8. [73]. 

®) Wie z. B. in Betreff des südlichen Theiles des Banater Gebirges, wo 
Hauer mehrmals gegen meine darüber veröffentlichten Anschauungen polemisirt. 


[99] Franz v. Hauer. 777 


grösserer Zurückhaltung der eigenen Ansichten geschrieben, als dies 
vielleicht nöthig und als dies in früheren zusammenfassenden Arbeiten 
Hauer’s geschehen war. Theilweise war dabei wohl der bereits an- 
gedeutete Umstand massgebend, dass es sich bei dem ganzen Werke 
in erster Linie um die Darstellung dessen handelte. was als augen- 
blicklicher Stand des Wissens und Meinens über die geologischen 
Verhältnisse der Monarchie angesehen werden durfte, wodurch ein 
gewisses Zurückdrängen der Subjectivität des Verfassers geboten 
scheinen mochte. Theilweise lag es aber auch vielfach im Wesen 
Hauer’s, neuen Bestrebungen nicht den Weg zu verlegen und 
jüngeren Kräften, die nach Geltung rangen, Zeit zur Entwicklung 
zu lassen. 

Mit dem besprochenen grossen Kartenwerke war wiederum eine 
bedeutsame Periode der Thätigkeit des Meisters abgeschlossen, wenn 
man im Hinblik auf den Zeitpunkt dieser Publication nicht vorzieht zu 
sagen, dass damit die Periode seiner Thätigkeit als selbständiger Leiter 
der geologischen Reichsanstalt inaugurirt wurde. Abgeschlossen aber war 
jedenfalls die Zeit, in welcher Hauer durch regelmässig fortge- 
setzte Reisen in neu zu untersuchenden Gebieten, durch Aufnahmen 
im Felde intensiven Antheil nahm an der Erweiterung unserer Kenätniss 
vom Baue der österreichischen Länder. 


Die Führung der Directionsgeschäfte brachte naturgemäss andere 
Aufgaben mit sich. Der Director eines wissenschaftlichen Institutes, 
der dasselbe nach aussen zu vertreten, im Innern zu überwachen hat 
und auf welchem der ganze bureaukratische Apparat lastet, ohne 
welchen nun einmal die Wirksamkeit einer Anstalt nicht denkbar ist, 
hat in der Regel weniger Zeit und Gelegenheit, mit neuen selb- 
ständigen Forschungsresultaten die Wissenschaft zu bereichern, als 
das einfache Mitglied eines solchen Institutes. 

Die Ansprachen in den Jahressitzungen der Anstalt, sowie Nekro- 
loge verstorbener Fachgenossen bilden einen Hauptbestandtheil der 
publieistischen Verlautbarungen Hauer’s in dieser Zeit seiner Direc- 
tionsführung. Jene Ansprachen, unter welchen man die gelegentlich 
des 2djährigen Jubiläums der Reichsanstalt gehaltenen Reden besonders 
hervorheben darf, tragen in der Regel nur das Aussehen von Berichten 
über das Geschehene, wobei indessen lıie und da über Einzelnes auch 
ein Urtheil, in vorsichtiger und disereter Form ausgesprochen, Platz 
findet. Fast gänzlich aber vermied es der Sprecher, Zukunftspläne 
zu entwickeln, den Hörern Projeete zu unterbreiten oder darauf be- 
zügliche Versprechungen abzugeben. Höchstens findet man in jenen 
Reden die eine oder die andere Hoffnung bezüglich zu erwartender 
Fortschritte ganz im Allgemeinen und in unverbindlicher Form zum 
Ausdruck gebracht. Für die Oharakterisirung der auf das Positive 
und Reale gerichteten Natur Hauer’s scheint die Hervorhebung 
dieses Umstandes vielleicht von einigem Werthe. 

Unter den Aufgaben, welche die Thätigkeit Hauer’s zu jener 
Zeit in Anspruch nahmen, spielt auch die Betheiligung der Reichs- 


778 Dr. Emil Tietze. [100] 


anstalt an Ausstellungen eine gewisse Rolle. Namentlich die grossen 
Weltausstellungen in Paris (1867 und 1878) und ganz besonders die 
Wiener Weltausstellung von 1873 sind hier zu nennen, weil dieselben 
theilweise auch zu Veröffentlichungen Anlass boten, welche einerseits 
an sich nicht ganz ohne Interesse, andrerseits geeignet waren, das 
Verständniss für die Arbeiten und Ziele der Reichsanstalt vielfach 
zu fördern. 

Das wichtigste Werk Hauer’s jedoch aus dieser Epoche und 
zugleich dasjenige, welches ihn wahrscheinlich nebst der Uebersichts- 
karte der Monarchie am meisten in weiteren Kreisen bekannt gemacht 
hat, ist sein Lehrbuch, betitelt „Die Geologie und ihre Anwendung 
auf die Kenntniss der Bodenbeschaffenheit der österreichisch-unga- 
rischen Monarchie“ (Wien 1875 bei A. Hölder), welches bald (1878) 
auch in zweiter Auflage erschien. Seine Entstehung verdankte dieses 
Buch wohl zunächst dem Umstande, dass Hauer seit 1874 als Docent 
an der damals in Wien neu errichteten Hochschule für Bodencultur 
wirkte und das Bedürfniss empfand, seinen dort gehaltenen Vor- 
lesungen sozusagen eine feste Form zu verleihen, wie denn bekanntlich 
viele Lehrbüber aus ähnlichen Veranlassungen hervorgehen. Selten aber 
ist es einem Lehrbuch beschieden gewesen, eine so wesentliche und 
fühlbare Lücke in der Fachliteratur auszufüllen, wie diesem Werke, 
welches sich, nebenbei gesagt, ohne Vorrede dem Publikum vorstellte. 

Die bis dahin gebräuchlichen Lehrbücher der Geologie, so vor- 
trefflich und ausführlich sie in ihrer Art bisweilen sein mochten, 
gingen der Hauptsache nach von Verhältnissen aus, die mit denen in 
Oesterreich-Ungarn nicht immer leicht in unmittelbare Ueberein- 
stimmung zu bringen waren. Die alpinen und karpathischen Bildungen 
wurden darin in der Regel nur wenig berücksichtigt. In manchen 
Fällen scheint sogar eine gewisse Scheu davor geherrscht zu haben, 
sich in die österreichische Geologie einzuarbeiten, trotz der Bedeutung, 
die derselben doch schon aus rein sachlichen Gründen für die Geologie 
im Allgemeinen zukommt. Es mag sein, dass es für Fremde auch 
nicht gerade bequem war, die oft eigenartige Literatur über alpine 
und karpathische Sedimentärbildungen zu bewältigen, weil diese 
Literatur eine Zeit lang einen so raschen Entwicklungsprocess durch- 
gemacht hat, dass es besonderer Aufmerksamkeit bedurfte, wenn man 
sich das jeweilig Neue rechtzeitig assimiliren wollte. 

Selbst die oben erwähnten Kartenerläuterungen, von denen 
gesagt wurde, dass sie das erste wirkliche Compendium der öster- 
reichischen Geologie vorstellen, konnten da nur theilweise Abhilfe 
bringen, insofern die darin befolgte, durch die jeweilig besondere 
Beschreibung der einzelnen Kartenblätter beeinflusste Darstellungs- 
weise die Gewinnung eines Gesammtüberblickes noch immer nicht 
genügend erleichterte. ü 

So musste denn ein Werk, welches die wesentlichsten Ergebnisse 
der geologischen Forschung in Oesterreich in den für geologische 
Lehrbücher üblichen allgemeinen Rahmen einfügte, vom grössten 
Nutzen sein, nicht allein für diejenigen Gebildeten, die in Oesterreich 
selbst mit geologischen Fragen in Berührung kamen, und welche bei 
dem Versuche der Belehrung darüber von den bis dahin vorhandenen 


[101] Franz v. Hauer. 779 


Behelfen im Stich gelassen wurden, sondern auch für die Fachmänner 
(namentlich des Auslandes), denen dadurch wenigstens die Möglichkeit 
geboten wurde, ohne allzugrosse Mühe sich über österreichische Ver- 
hältnisse zu informiren, sofern sie nicht durch die specielle Richtung 
ihres Studiums damit vertraut geworden waren, wie das ja allerdings 
für verschiedene deutsche und Schweizer Geologen zutraf. 

Zugleich wurden durch diese Arbeit Hauer’s, der bei seinen 
Angaben vielfach (und zwar oft mit sehr bescheidener Zurückhaltung 
der eigenen Person) auf die entsprechenden Quellen zurückging, auch 
die Verdienste seiner älteren Mitarbeiter weiteren Kreisen verständlich 
gemacht und zum besseren Bewusstsein gebracht, was hier hervor- 
zuheben vielleicht noch erlaubt sein mag. 

In jedem Falle stellt sich die „Geologie“ Hauer’s als ein auf 
eigenen Grundlagen aufgebautes Lehrbuch besonderer Art dar und 
ist weit entfernt davon, zu jenen didactischen Büchern zu gehören, bei 
welchen der Inhalt sich nur durch die von dem Zeitpunkte des späteren 
Erscheinens abhängigen Neuerungen von dem Inhalt vorausgängiger, 
aber nach ähnlicher Schablone geordneter Werke unterscheidet. 

Man wird an dieser Stelle kein eingehendes Referat über das 
ohnehin so Vielen wohl bekannte Buch erwarten, von dem hier die 
Rede ist. Aber einige wenige Bemerkungen, die mir zur richtigeren 
Beurtheilung dieses Buches nöthig scheinen, will ich nicht unter- 
drücken. 

Es ist bereits gesagt worden, dass Hauer seit dem Zeitpunkte, 
wo er zum Director der k. k. geologischen Reichsanstalt berufen wurde, 
für selbständige eigene Forschungen nur mehr wenig Zeit fand. Bei 
der objectiven Betrachtungsweise, die ihm wenigstens im Hinblick 
auf seine eigenen Leistungen eigen war, bei der Rücksicht, die er 
so viel als möglich den Bemühungen Anderer zu Theil werden liess 
und bei seiner Abneigung gegen lange polemische Auseinander- 
setzungen !) konnte es leicht geschehen, dass er den jeweilig letzten 
Standpunkt in irgend einer Frage, wenn nicht für den besten hielt, 
so doch für den am Meisten in den Vordergrund zu rückenden. 
Eigene neue Beobachtungen, auf Grund welcher er sich für berechtigt 
hätte halten können, Dem oder Jenem zu widersprechen, standen ihm 
ja zumeist nicht mehr zur Verfügung. Was also schon bezüglich der 
Erläuterungen zur Uebersichtskarte gesagt werden durfte, dass er sich 
in vielen Fällen gegenüber den Meinungen Anderer mehr referirend 
als kritisirend verhielt, das gilt in beinahe noch erhöhtem Maße 
auch für die „Geologie“. Da es aber die diesem Werke gesteckten 
Grenzen weit überschritten hätte, jeweilig die geschichtliche Ent- 
wicklung der auf eine Frage bezüglichen Ansichten mitzutheilen und 
näher zu besprechen 2), so wurde in der Regel das als geltend hin- 


1) Hauer war übrigens in dieser Hinsicht, wie ich glaube, vielfach von 
Stimmungen abhängig. Die Abneigung gegen Polemik überhaupt war wohl keine 
prineipielle, sonst hätte er in vereinzelten Fällen nicht doch sich auf Wider- 
legung gewisser von ihm nicht getheilter Ansichten eingelassen, aber im Allgemeinen 
scheute er jedenfalls den Streit, namentlich wenn dessen Ausgang nicht in Bälde 
zu erwarten war. 

?) Siehe Geologie, 2. Auflage, pag. 368. 


780 Dr. Emil Tietze. [102] 


oestellt, was die neuesten Untersuchungen darüber zu Tage gefördert 
hatten. 

Mag also auch der Verfasser der „Geologie“ sich bisweilen in 
einigen verblümten Aeusserungen gegen die „rüstigen Nachfolger“ 
wenden !), welche theilweise die von ihm und Anderen erzielten Resultate 
in Frage stellen wollten, mag er auch in einzelnen Fällen, wie dort, 
wo er bezüglich der Lunzer Sandsteine und der Aonschiefer sich zu 
Gunsten Stur’s äussert, die Ansichten der älteren Forscher in Schutz 
nehmen 2). im Allgemeinen bleibt er auf dem Standpunkte der Nicht- 
intervention gegenüber der sich vollziehenden Weiterentwicklung der 
Meinungen. 

Nur ein Beispiel sei angeführt, um dieses Verhalten zu charak- 
terisiren. Wie bereits früher in Erinnerung gebracht werden konnte, 
hatte Hauer schon in den ersten Jahren seiner Thätigkeit den 
alpinen Salzlagerstätten ihren Platz in der unteren Trias angewiesen, 
wie das auch jetzt wieder?) für wahrscheinlich ganz richtig gilt. In 
der ersten Auflage der „Geologie“ (pag. 350) heisst es nun aber, dass 
diese Salzlagerstätten, „wie man annimmt“, der oberen Trias angehören, 
ohne dass dabei der früheren, von dieser Annahme abweichenden Dar- 
legungen Hauer’s Erwähnung geschehen würde. In der zweiten Auf- 
lage desselben Buches dagegen (pag. 389) wird zwar der älteren An- 
sicht des Verfassers wieder gedacht, aber es geschieht dies sehr 
bescheiden in einer Anmerkung und auch nur deshalb, weil inzwischen 
Gümbel diese Ansicht wieder zur Geltung zu bringen versucht hatte. 

Ob nun gerade dieses System der Selbstverleugnung in jeder Hin- 
sicht ein Vorzug war, darüber lässt sich streiten. Keineswegs war es 
durchwegs ein Vortheil. 

Immerhin wäre es ungerecht, einen etwa aus dieser Erwägung 
abzuleitenden Vorwurf bei der Bewerthung des ganzen Werkes zu 
stark in Anschlag zu bringen. Dieses Werk ist und bleibt ähnlich der 
früher besprochenen Uebersichtskarte ein weithin sichtbares Wahr- 
zeichen auf dem \Wege, den die österreichische geologische Forschung 
unter Hauer’s Vorantritt mit so viel Erfolg eingeschlagen hatte und 
den sie hoffentlich, theilweise wenigstens, auch in Zukunft weiter 
wandeln wird, mögen auch Abzweigungen davon sich mit der Zeit 
als erforderlich herausstellen. 

Es ist auch keine Abschwächung dieses Ausspruches, wenn ich 
noch das Folgende bemerke. 
| In manchen Kreisen, und zwar vornehmlich in den nicht eigentlich 
fachmännischen, theilweise vielleicht auch bei solehen Geologen, welche 
wenig Veranlassung haben, die Wurzeln des Baumes zu betrachten, 
zu dem unsere geologische Erkenntniss bereits angewachsen ist, be- 
segnet man mitunter der Vorstellung, als ob Hauer’s Lehrbuch der 
Geologie im Verein mit »der geologischen Uebersichtskarte der 


‘) 2. Auflage, pag. 368. 

.) 2. Auflage, pag. 382. Als weiteres Beispiel dieser Art können auch die 
allerdings sehr zart gehaltenen Worte (2. Auflage, pag. 377) dienen, mit welchen 
gegen die von Anderen zu weit getriebene Sonderung der Trias-Cephalopoden 
Stellung genommen wird. 


°) Vergl. oben Seite [68] dieser gegenwärtigen Schrift. 


— u > 


[103] Franz v. Hauer. 781 


Monarchie nicht allein zu dem Wichtigsten gehören würde, was wir 
dem verstorbenen Altmeister verdanken, sondern dass in diesen 
Werken überhaupt der Schwerpunkt seiner Bedeutung gesucht werden 
müsse. Wer unsere ältere Fachliteratur kennt oder wer auch nur die 
Geneigtheit gehabt hat, die vorangehenden Seiten mit einiger Theil- 
nahme zu lesen, der wird leicht beurtheilen, in welchem Sinne jene 
Vorstellung eine Einschränkung erfahren muss, denn er wird vor Allem 
verstehen, dass solche Zusammenstellungen, wie sie in jenen beiden 
Werken vorliegen, erst möglich wurden nach einer ausgedehnten 
Arbeit im Sammeln und Vergleichen von Beobachtungen und er wird 
wissen, welchen massgebenden Antheil gerade Hauer an dieser 
Arbeit des Sammelns und Sichtens gehabt und in wie glücklicher, ich 
darf wohl auch sagen, in wie genialer Weise er durch Vergleiche des 
Zusammengehörigen Ordnung in das Chaos gebracht hat, welches er 
bei den Anfängen seiner Laufbahn vorfand. 

Auf die kleineren Mittheilungen vermischten Inhalts, welche 
Hauer nach dem Erscheinen der besprochenen beiden Werke noch 
verlautbarte, braucht hier im Ganzen nicht näher eingegangen zu 
werden. Ein gewisses Interesse unter diesen Mittheilungen beansprucht 
sein Aufsatz über die Kesselthäler in Krain, dessen Entstehen mit 
der Thätigkeit des Verfassers in der Section für Naturkunde !) des 
österreichischen Touristen-Clubs zusammenhängt. 

Nicht ganz belanglos ist vielleicht auch das Gutachten, welches 
Hauer in der Frage des Schutzes der Heilquellen von Karlsbad 
abgab, obschon dasselbe nur als Manuscript für die Protokolle der 
betreffenden Verhandlungen gedruckt ist. Da die darin niedergelegten 
Ansichten Widerspruch hervorriefen bei Denjenigen, welche den vor- 
geschlagenen Quellenschutz als Beeinträchtigung ihrer Rechte empfanden, 
so war Hauer überdies genöthigt, seinen Standpunkt auch öffentlich 
zu vertreten. Dies geschah durch einen Artikel im „Karlsbader Wochen- 
blatt“ (Nr. 5 vom 29. Jänner 1881). Man ersieht aus den betreffenden 
Ausführungen, dass ihr Autor sich gut zu wehren verstand, wenn er dies 
gerade wollte. Der Angreifer aber, ein Advocat aus der Provinz, hatte 
vermuthlich keine Ahnung von der Bedeutung seines Gegners. 

Vom geologischen Standpunkte aus wichtiger ist ein Theil der 
schon bei früherer Gelegenheit erwähnten zahlreichen Literatur- 
referate, welche Hauer, so wie das vorher schon seine Gepflogenheit 
war, so auch zur Zeit seiner Direetionsführung in den Verhandlungen 
der k. k. geol. Reichsanstalt veröffentlichte, weil ihm dieselben trotz 
der grossen Reserve, die er sich auch hierin auferlegte, doch Gelegen- 
heit gaben, wenigstens in Andeutungen seine Urtheile über Manches 
einfliessen zu lassen. 

Die letzten grösseren Publicationen Hauer’s fallen in die Zeit, 
in welcher er bereits von der Direction der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt zurückgetreten war und-die Leitung des naturhistorischen 
Hofmuseums übernommen hatte. 

Die oft umfangreichen Jahresberichte, die er in dieser neuen 
Stellung in den von ihm in’s Leben gerufenen Annalen des natur- 


!) Ursprünglich Section für Höhlenkunde genannt. 
Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 99 


782 Dr. Emil Tietze. [104] 


historischen Hofmuseums veröffentlichte, und welche ein beredtes 
Zeugniss ablegen für den Aufschwung, den dieses grossartige Institut 
in den ersten Jahren seines Bestandes genommen hat, die Präsidial- 
referate, die er in den seiner Leitung anvertrauten Vereinen zu er- 
statten hatte, wie sie z. B. in den Jahressitzungen der K. k. geo- 
graphischen Gesellschaft üblich sind, alle diese an sich nicht zu unter- 
schätzenden Arbeiten sind jedenfalls nicht die einzigen Zeugen publi- 
cistischer Bethätigung aus dieser letzten Epoche seines langen, im 
Dienste der Wissenschaft verbrachten Lebens geblieben }). 

On revient toujours ä ses premiers amours. So wie 
Hauer seine Laufbahn mit der Beschreibung von Trias-Cephalopoden 
begonnen hatte, so waren es wiederum Trias-Cephalopoden, denen er am 
Schluss dieser Laufbahn seine besondere Aufmerksamkeit zuwendete. 

Die geologische Recognoscirung von Bosnien und der Hercegowina, 
welche Hauer bald nach der Occupation dieser Länder durch Oester- 
reich-Ungarn veranlasst hatte, hatte den Nachweis einer ziemlich aus- 
sedehnten Verbreitung triadischer Ablagerungen daselbst erbracht. 
Bald gelang es, auch versteinerungsreiche Fundorte im Bereiche dieser 
Ablagerungen aufzufinden und Hauer entschloss sich, einige wichtige 
Theile der betreffenden Aufsammlungen selbst zu bearbeiten. 

Die Anfänge dazu wurden noch während der Zeit der Amts- 
thätigkeit Hauer’s an der k. k. geol. Reichsanstalt gemacht ?), aber 
erst 1887 erschien die Abhandlung über „die Cephalopoden des bos- 
nischen Muschelkalkes von Han Bulog bei Sarajewo“ ?). Einige Jahre 
später kamen die „Beiträge zur Kenntniss der Cephalopoden aus der 
Trias von Bosnien“ mit ihrem ersten Theil in die Oeffentlichkeit. 
Diese Abhandlung) stellt sich als eine Fortsetzung und Ergänzung 
der vorgenannten dar, insofern sie neue Funde aus dem Muschelkalk 
von Han Bulog behandelt. Im Jahre 1896 folgte der zweite Theil 
dieser Arbeit, welcher der Beschreibung von Nautilen und Ammoniten 
mit Ceratitenloben aus dem Muschelkalke von Haliluei bei Sarajewo 
gewidmet war). 

Eine sehr grosse Anzahl neuer Formen wird hier bekannt- 
gemacht, wobei sich Hauer bezüglich der Gattungsbezeichnungen 
der seit der Zeit seiner ersten Arbeiten wesentlich mehr gegliederten 
Systematik der Cephalopoden anschloss. Die Fauna, welche da be- 
schrieben wurde, ist jedenfalls eine der reichsten des Muschelkalkes 
von alpinem Charakter und ist durch das in den drei.genannten Ab- 
handlungen Gebotene noch keineswegs erschöpfend behandelt. Zu 


!) Betreffs jener Präsidialreferate und Jahresberichte ist allerdings zu be- 
merken, dass ihre Abfassung nicht ausschliesslich das Verdienst Hauer s ist, in- 
soferne dieselben jeweilig Mittheilungen enthalten, welche theilweise auch von 
anderer Seite für den Abdruck ‚in diesen Berichten vorbereitet waren und die 
dann von dem Autor der Berichte nach vorgenommener Anpassung an das Ganze 
= Ne wurden, wie das bei der’ Herstellung von dergleichen Ders 
üblich ist 

?) Vergl. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1884, pag. 217. 

®) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. 54. Bd. 50 Seiten Text mit 8 Tafeln. 

Ä *) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. 59. Bd., 1892, pag. 232—296 mit 
15 Tafeln.  Tar 
‘) Denkschriften d. kais. Akad. d. Wiss. 63. Bd., pag. 238—270 mit 13 Tafeln. 


[105] Franz v. Hauer. 183 


weiteren Fortsetzungen dieser Arbeit kam es aber nicht mehr. Die 
Beschreibung der bei Haliluei gefundenen Arten und der dabei ent- 
deckten neuen Gattung Bosnites ist (wenigstens in wissenschaftlicher 
Hinsicht) das Letzte, was wir in der Literatur aus der Feder Hau er’s 
besitzen. Immerhin ist das, was mitgetheilt wurde, so inhaltsreich, 
dass damit die palaeontologischen Studien über bosnische Funde in 
würdigster Weise inaugurirt wurden. 

So ist also Hauer schliesslich nicht nur zu seiner ersten 
Lieblingsbeschäftigung zurückgekehrt, sondern es ist ihm, als altem 
Oesterreicher auch noch beschieden gewesen, den von ihm bevor- 
zugten Zweig der Forschung auch für Neu-Oesterreich zur Geltung 
zu bringen, mit welchem Namen man ja bisweilen das Occupations- 
gebiet belegt hat. 


Man pflegt den Bau eines Hauses nicht mit der Errichtung des 
Dachstuhles zu beginnen, so ungeduldig auch bisweilen der Eigen- 
thümer des zu errichtenden Gebäudes auf diesen Abschluss warten 
mag. Auch in der Wissenschaft braucht man Geduld; jedenfalls wird 
man sich nicht blos bei der Beantwortung der an die scheinbaren 
Grenzen unseres Erkennungsvermögens reichenden Fragen, sondern 
auch schon bei Problemen von nur etwas allgemeinerer Art sehr oft 
mit dem Gedanken bescheiden müssen, dass diese Antwort jeweilig 
einer mehr oder weniger fernen Zukunft vorbehalten bleibt. 

Das mag eine sehr banale Wahrheit sein, aber sie bleibt darum 
nicht weniger richtig, und häufig genug wird man durch den Verlauf 
der Dinge an dieselbe erinnert. Die Geduldproben wiederholen sich 
eben immer wieder, sowohl für das gewöhnliche Leben, als für die 
Wissenschaft und sind oft um so schmerzlicher, je grösser der Eifer 
betreffs des zu erreichenden Zieles ist. 

Junge Wissenschaften besonders, und vor 50 Jahren gehörte die 
Geologie noch zu diesen, befinden sich da oft in einer peinlichen 
Lage. Die Probleme sind da, aber die Antworten fehlen, und doch 
möchte man gar bald mit gewissen interessanten Resultaten auftreten 
können. Da stellt sich nicht selten das Bedürfniss ein, durch Specu- 
lation rasch Einiges von dem zu ersetzen, was man durch vorsichtige 
Forschung noch nicht gewinnen konnte, um auf diese Weise wenigstens 
den nöthigsten Hausrath für die Einrichtung eines Lehrgebäudes zu 
beschaffen. 

Es wäre nun freilich höchst ungerecht, wollte man behaupten, 
dass die Arbeiten der ältesten Geologen durchwegs oder auch nur 
vorwiegend in dem zuletzt angedeuteten Sinne aufzufassen seien. Das 
aber ist doch nicht zu leugnen, dass die Geologie in ihrem ersten Ent- 
wicklungsstadium schon an Fragen herangetreten ist, die man mit den 
damaligen Mitteln noch nicht bewältigen konnte und die man zum 
Theil selbst heute noch nicht bewältigt hat. 

Fs war das in gewissem Sinne kein Unglück, aber der Erfolg 
davon war, dass man im Publicum vielfach die ganze geologische 

99° 


784 Dr. Emil Tietze. [106] 


Wissenschaft für ein blosses Gewebe von Hypothesen hielt '), eine 
Vorstellung, die leider noch anhielt, als schon längst der reiche 
positive Inhalt der geologischen Forschungsergebnisse eine Reihe 
jener Hypothesen entbehrlich gemacht hatte. 

So schrieb Hauer?) noch im Jahre 1861: „Es ist eine unter 
Laien, ja selbst unter Fachgelehrten, die ihre Thätigkeit anderen 
Zweigen der Naturkunde zugewendet haben, vielfach verbreitete 
Meinung, die allgemeinen theoretischen Lehrsätze der Geologie ruhten 
auf minder sicherem Fundament als jene der übrigen inductiven 
Wissenschaften. Ich will es nicht in Abrede stellen, dass namentlich 
in früherer Zeit und theilweise auch jetzt noch das dem menschlichen 
Geiste so natürliche Streben, aus den beobachteten Thatsachen weiter 
reichende Folgerungen zu ziehen, häufig zu Trugschlüssen, mitunter 
auch zu abenteuerlichen Hypothesen verleitet habe; von solchen ist 
aber die Geschichte keines Zweiges der Naturgeschichte ganz frei; 
ist doch z. B. auch der Astronomie die Astrologie und der Chemie 
die Alchemie verausgegangen. Der Weg aber, auf welchem der heutige 
Geologe zu einer fortschreitenden Ausbildung und Vervollkommnung 
seiner Wissenschaft zu gelangen strebt, ist genau derselbe, den alle 
übrigen Naturforscher wandeln, der der Induction“. Nach einigen 
hierfür gegebenen Beispielen fährt Hauer fort: „Je öfter die Beobach- 
tungen wiederholt, je genauer und sorgsamer sie angestellt und ver- 
glichen werden, um so grössere Zuverlässigkeit erlangen auch die 
aus ihnen abgeleiteten Schlüsse, und schon jetzt zählt die Geologie 
gleich jeder anderen Naturwissenschaft eine Reihe von Fundamental- 
gesetzen auf, „deren Bestand nicht mehr erschüttert werden wird, so 
lange nicht das menschliche Auffassungs- und Denkvermögen selbst 
sich ändert“. 

Wie man sieht, galt es auch damals noch, das Vorurtheil zu 
überwinden, als ob die Geologie keine als vollwerthig anzusehende 
Wissenschaft sei, ein Vorurtheil. welches ja wohl auch die Errichtung 


') Damit im Zusammenhange stand es augenscheinlich, dass vielfach auch 
die praktische Verwerthbarkeit der Geologie noch bezweifelt wurde. Morlot hielt 
es deshalb für angezeigt, seiner Schrift über die nordöstlichen Alpen ein besonderes 
Capitel über den Nutzen der Geologie für das materielle Leben beizufügen (l. c. 
pag. 178), und etwas später sah sich beispielsweise auch Ami Bou& veranlasst, 
sogar in einer besonderen, 127 Druckseiten starken Schrift auf diesen Nutzen 
aufmerksam zu machen. („Der ganze Zweck und der hohe Nutzen der Geologie 
in allgemeiner und in specieller Rücksicht auf die österreichischen Staaten und 
ihre Völker“, Wien 1851, bei Braumüller.) Diese Schrift bietet durch die Viel- 
seitigkeit der darin entwickelten Gedanken auch heute noch mannigfache Unter- 
haltung und Belehrung. 

Eine ähnliche Absicht verfolgte auch der Aufsatz des Baron Hingenau: 
„Die geologische Reichsanstalt in Wien‘, Brünn 1850. 

Man darf nun zwar behäupten, dass das Verständniss speciell für die 
praktische Bedeutung der Geologie seither wie überhaupt, so auch bei uns wesent- 
lich zugenommen hat. Die oft kaum zu bewältigende Menge der aus den Kreisen 
vieler Interessenten an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangenden Wünsche 
um Rath und Auskunft liefert dafür ja den besten Beweis. Zum Allgemeingut 
ist jenes Verständniss indessen vielleicht auch heute noch nicht geworden. 


*) Die Geologie und ihre Pflege in Oesterreich. Rede gehalten in der feier- 
lichen Sitzung d. kais. Akademie der Wissenschaften am 31. Mai 1861, pag. 5. 


De E e 


a U A 


[107] Franz v. Hauer. 185 


einer ordentlichen Lehrkanzel für Geologie an der Wiener Universität 
bis dahin verzögert hatte !), 


!) Vergl. oben die Seite [23] dieser Abhandlung, wo von den Bestrebungen 
zu Gunsten einer solchen Professur die Rede ist. Siehe auch Seite [21] einschliesslich 
der Anmerkung. 

Vielleicht ist es nicht ohne Interesse, das eben Gesagte noch durch ein 

specielles Beispiel zu beleuchten, welches überdies auf gewisse Verhältnisse ein 
Streiflicht werfen kann, welche den Hintergrund einiger in diesem Nekrolog zur 
Sprache gebrachten Vorgänge bilden. : 
Im Jahre 1862 erschien eine kleine Flugschrift, betitelt „Die Geologie und 
der Unterricht in Oesterreich, ein Beitrag zur Lösung der Frage über natur- 
wissenschaftlichen Unterricht an den Mittelschulen“ (Gerold’s Verlag). In dieser 
Schrift wurden heftige Anschuldigungen laut gegen die Art, wie an der Wiener 
Universität der geologische und mineralogische Lehrstoff behandelt wurde, eine 
Art, die zur Folge habe, dass die daselbst für Gymnasien und Realschulen heran- 
gebildeten Lehrkräfte in den genannten Fächern ihrer Aufgabe nicht ge- 
wachsen seien. 

Man konnte es Professor Zippe, der bis dahin jene Fächer an der Wiener 
Hochschule gelehrt hatte, gewiss nicht verargen, dass derselbe gegen den unge- 
nannten Verfasser jener Flugschrift Stellung nahm, um sich gegen einige der 
darin enthaltenen, vielleicht nicht völlig berechtigten Angriffe zu wehren. Man 
konnte ihm vielleicht auch nicht verübeln, dass er gegen eine ausgiebige Berück- 
sichtigung der Geologie in den Schulen gestimmt war. Das ist eine Frage, bei 
der man allerdings sehr vorsichtig zu Werke gehen muss, wie ich selbst erst 
kürzlich in meinem Bericht über den Petersburger Congress mir auseinander zu 
setzen erlaubte. (Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1897, pag. 290—293.) Aber eigen- 
thümlich wird man denn doch berührt, wenn man in jener Abwehr liest, wie 
geringschätzig Zippe, der von Haus aus Mineraloge war, über die seiner 
akademischen Obhut lange Zeit zugleich anvertraut gewesene Geologie als Wissen- 
schaft dachte. 

Die Zip pe’sche Schrift betitelt sich: „Die Lehramtsprüfungen der Candidaten 
für das Lehrfach der Naturgeschichte an Oberrealschulen“ (Wien 1862) und er- 
schien im 6. Jahrgange der „Zeitschrift für Realschulen und Gymnasien.“ Sie 
trug als erstes Motto am Titelblatt den Satz: „Ote toi, que je m’y mette. 
(Altes Lied.)“ Als zweites Motto aber figurirte ein englisches Citat aus einem Roman 
von Walter Scott, in welchem, wie Zippe weiterhin (Seite Il seiner Schrift) 
bemerkt, „sehr treffend“ das „Treiben so mancher geologischen Touristen, welche 
blos Phantasiegebilden nachjagen“ bezeichnet wird. Das Citat (bei Walter 
Scott sind es die Worte einer „launigen“ Gastwirthin) lautet in der ‚Ueber- 
setzung: „Einige rennen bergauf und thalab, klopfen die Kiesel mit Hämmern 
entzwei wie toll gewordene Strassenarbeiter; sie sagen, es wäre, um zu sehen, 
wie die Welt entstand.“ Im Anschluss an die Erläuterung dieses Motto’s erzählt 
sodann Zippe mit Behagen, dass ein Engländer seiner Bekanntschaft die Geologie 
scherzweise nur „poetry of rocks“ genannt habe und fügt hiezu: „Ein 
grosser Theil ihrer gegenwärtigen Gestaltung verdient noch 
immer diese Benennung.“ 

Er fährt dann fort: „So lange eine in der oben bezeichneten Richtung 
betriebene Wissenschaft sich in der Sphäre des Dilettantismus bewegt, mag sie 
immerhin als eine angenehme Geistesbeschäftigung, welche sogar nützlich werden 
kann, betrachtet werden. Anders aber dürfte es sich mit der Verpflanzung dieser 
Richtung in die Schule verhalten; hier kann sie sehr leicht die Grundlage zu 
einer schiefen Geistesrichtung werden, welche bei ihrer weiteren Ausbildung 
mit der Benennung geologischer Schwindel (die Worte sind im Original 
gross gedruckt) bezeichnet wird und als solcher die Wissenschaft gewiss nicht 
fördert, im Gegentheil mancherlei Unheil zu veranlassen geeignet ist.“ 

So dachte und schrieb Zippe also noch in demselben Jahre, in welchem 
(wie es scheint sehr gegen seinen Wunsch) eine besondere Lehrkanzel für Geologie 
an der Wiener Universität gegründet und an Eduard Suess übertragen wurde. 
Er war offenbar nicht disponirt gewesen, davon Kenntnis zu nehmen, dass die 
Geologie (die er übrigens gern von der ihm sympathischeren Geognosie unter- 
schied) zu jener Zeit bereits eine ziemlich solide Basis gewonnen hatte, zu deren 


786 Dr. Emil. Tietze. [108] 


Will man also Hauer’s Wirken als Forscher und auch als. 
Leiter wissenschaftlicher Untersuchungen richtig beurtheilen, so wird 
man berücksichtigen müssen, dass in dem Zeitabschnitt, in welchem 
er seine Laufbahn eröffnete, das Bedürfniss nach einer Erweiterung 
der festen Basis unserer Erkenntniss im Hinblick auf das viele Hypo- 
thetische in der damaligen Geologie als ein besonders dringendes er- 
schien. Man wird bei jenem Urtheil den Gesichtspunkt voranstellen 
müssen, dass Hauer der Mann der nüchternen positiven Arbeit ge- 
wesen ist. Hierbei wird man allerdings auch nicht übersehen dürfen, 
dass ihn ausser jenem fachlichen Bedürfniss auch wohl eine angeborene 
Disposition in diese Bahn gebracht hat, mit anderen Worten, dass er 
die Eigenschaften eines richtigen, überdies durch eine besonders 
glückliche Begabung ausgezeichneten Naturforschers besass. Genial 
ist ja nicht gleichbedeutend mit dem Gegentheil von Nüchtern, und 
eine dem Realen zugewendete Auffassung schliesst das Vorhandensein 
schöpferischer Kraft nicht aus. 

Es mag sein, dass Einigen unter uns nach heutigen Begriffen 
Manches in den früheren Arbeiten Hauer’s schon etwas altmodisch 
vorkommt). Aber wir dürfen nicht vergessen, dass eben seine Art 
zu arbeiten damals die moderne war. Es war die Methode, mit der 
auch andere seiner unmittelbaren Zeitgenossen, wie z.B. Beyrich, 
Römer, Gümbel ihre für das Ganze so wichtigen Erfolge er- 
reichten. Das Meiste, was auf Grund dieser Methode von Hauer 
oder Anderen ermittelt wurde, ist in den unveräusserlichen Besitz- 
stand der Wissenschaft übergegangen, ein Besitzstand, dessen die 
Epigonen sich freuen, mit dem sie täglich zu thun haben, ohne dabei 
jedesmal an die Zeit und an die Männer zu denken, denen sie dieses 
Erbe verdanken, wie das nun einmal in solchen Dingen der Lauf der 
Welt ist. 

Es ist ja nicht zu leugnen, dass die Namen gerade solcher 
Männer bei der Discussion über schwebende Probleme oft weniger 
genannt werden, als diejenigen von Forschern. die in dem Aufwerfen 
derartiger Probleme geistige Befriedigung finden. Das Ungewisse pflegt 
erörtert zu werden, und zwar um so länger, je länger die definitive 
Lösung der betreffenden Räthsel auf sich warten lässt; das Feststehende 
wird erlernt oder gewusst, aber zu einem Austausch der Meinungen 
gibt es selbstverständlich keine Veranlassung mehr, und die Anstren- 
gungen, die gemacht wurden, um dazu zu gelangen, gehören nach 
Erreichung des Zieles bald der Vergangenheit an. Der Historiker 
der Wissenschaft aber hat die Pflicht, an das Verdienst zu erinnern, 
welches mit diesen Anstrengungen verbunden war, und er wird die- 


Aufbau speciell für Oesterreich die Arbeiten der geologischen Reichsanstalt in 
wirksanıster Art beigetragen hatten. So wird es auch verständlich, dass der ge- 
nannte Mineraloge und damalige Akademiker in Hinsicht auf die der Reichsanstalt 
feindlichen Tendenzen, die zu der früher erwähnten Krisis des Jahres 1860 führten, 
nicht gerade zu den Freunden dieses Institutes gerechnet werden durfte. Vergl. 
Seite [14] bis [22] dieser Abhandlung. 

..') Umfassende tektonische Betrachtungen sind beispielsweise in jenen 
Arbeiten nicht zu finden. Das ist vielleicht schade. In der Erfindung neuer Namen 
für bereits bekannte Dinge und überhaupt in formalistischer Richtung war Hauer 
ziemlich unfruchtbar. Das ist eben kein Unglück. 


[2 


[109] Franz v. Hauer. 17187 


selben nicht deshalb geringer bewerthen, weil sie statt zw viel- 
umstrittenen Ansichten zu wirklichen Ergebnissen geführt haben '). 

Die Errungenschaften Hauer’s liegen ganz wesentlich auf dem 
Gebiete der Stratigraphie, wo seine Studien, wie schon früher .ange- 
deutet werden konnte, durch mehr oder weniger umfassende palaeon- 
tologische Untersuchungen unterstützt wurden. Auf diesem Gebiete 
haben er und ein Theil seiner Mitarbeiter die Kenntniss. unserer 
Gebirge soweit gefördert, dass man später versuchen konnte, auch 
weiter gehende Folgerungen aus der Art der Vertheilung und Ver- 
breitung der bekannt gewordenen Gebilde abzuleiten. Speciell die 
tektonischen Auffassungen, zu denen dann Suess und Andere ge- 
langten und die seitdem ein viel versprechendes Feld der. Unter- 
suchung bilden, mussten und müssen ja stets auf jene stratigraphischen 
Errungenschaften zurückgehen, soweit eben die Gebirge Oesterreich- 
Ungarns dabei in Betracht kommen. 

So wie es nun überhaupt irrig wäre zu ‚glauben, : dass ein auf 
die Ermittlung von Thatsachen gerichtetes Bestreben unvereinbar sei 
mit dem Interesse an der Erkenntniss des Zusammenhanges dieser 
Thatsachen, so irrig wäre es auch anzunehmen, dass Hauer selbst 
ein princeipieller Gegner solcher Conclusionen gewesen wäre. 

Es hat im Gegentheil wenig Geologen gegeben, welche so emsig 
wie er an der Verbindung von Einzelbeobachtungen zu einem je- 
weiligen Ganzen gearbeitet haben. 

Schon bei der Feststellung der stratigraphischen Verhältnisse 
der von ihm untersuchten Regionen wusste er ja, wie das schon 
Leopold v. Buch als bezeichnend für ihn hervorhob, durch Vergleiche 
zu den wichtigsten Erkenntnissen zu gelangen, und Vergleiche setzen 
doch eben, wenn sie von Nutzen sein sollen, auch Folgerungen vor- 
aus. Aber auch, was sich sonst unter weiteren Gesichtspunkten bei 
einem Gesammtüberblick seiner Erfahrungen als unmittelbare Con- 
sequenz derselben ergab, das hat er darzulegen nicht gezögert 

So hat beispielsweise die Lehre von den faciellen petrographischen 
und palaeontologischen Verschiedenheiten, die bei gleichzeitigen Ab- 
lagerungen vorkommen können, an ihm : einen eifrigen Vertreter ge- 
funden, wenn es ihm auch nicht zusagte, solche Verschiedenheiten 
gerade jedesmal mit sogenannten Provinzen in Verbindung zu bringen ?). 


!) Die Geologen von München sagten vor einigen Jahren in einer an 
Hauer gerichteten "Adresse unter Anderem: „Wer hat, wie Sie, einen so reichen 
Schatz erundlegender Darstellungen auf fast allen Gebieten der geologischen 
Wissenschaften aufzuweisen, an welchen selbst die findigste Kritik 
nicht zu rütteln vermag? Das ist das unverkennbare Merkmal der vollen- 
deten Meisterschaft, worauf Sie wie Wenige stolz sein dürfen.“ So ganz absolut 
darf man nun allerdings von einer, Fehlerlosiskeit der Hauer ’schen Arbeiten 
nicht sprechen, und im "Verlaufe der vorstehenden Auseinandersetzungen musste 
ja auch auf Einzelheiten hingewiesen. werden, welche zu Bedenken Anlass. gaben 
oder geben könnten. Kein Menschenwerk ist eben vollkommen. In der Hauptsache 
jedoch dürfte sich gegen jenes Urtheil’der Münchener Geologen, an deren Spitze 
Gümbel und Zittel unterzeichnet stehen, sehr wenig einwenden lassen. (Vergl. 
Annalen des naturhist.. Hofmuseums 1892. Notizen, pag. 18.) 

?) Hierüber mag das Capitel „Facies- Unterschiede und aäsibihae Pro- 
vinzen“ in dem Werke „Die Geologie“ (1. Auflage 1875, pag. 157, 2. Auflage, 
pag. 181) nachgeschlagen werden. Desgleichen siehe ebendort 1. e. 1. Auflage, 


188 Dr. Emil Tietze. [110] 


So hat Hauer ferner auch tektonischen Betrachtungen sich nicht ab- 
geneigt gezeigt und er war es, der zuerst den Satz von dem ein- 
seitigen, bezüglich unsymmetrischen Bau der Karpathen klar und 
unumwunden ausgesprochen hat!), wenn er auch an der Symmetrie 
der Alpen festhielt, eine Ansicht, der man ja ganz neuerdings sich 
wieder zu nähern scheint?). 

Wenn. aber Andere in gewissen Conclusionen weiter gingen als 
er selbst, wenn sie Perspectiven eröffneten auf Probleme, deren 
Lösung der Forschung als weitere Aufgaben gestellt wurden, dann 
war Hauer stets bereit, diese anregenden Bestrebungen zu würdigen 
und in ihrer Bedeutung anzuerkennen. Man lese beispielsweise die 
Worte, mit denen er „die Entstehung der Alpen“ von Ed. Suess 
begrüsste. In dem betreffenden Referate?) heisst es: „Hat unsere 
Wissenschaft in den Jahren ihrer Kindheit durch die zu kühne An- 
wendung von weittragenden Hypothesen, die oft nur aufgar bescheidenes 
Beobachtungsmaterial sich stützten, einen sehr zweideutigen Ruf er- 
langt und hat sie durch eine weise Beschränkung in ihren Lehrjahren 
durch das Voranstellen wirklich exaeter Forschung nunmehr doch 
wieder ein grösseres Vertrauen sich zu erwerben gewusst, so mag 
gegenwärtig ein Meister des Faches wohl schon berechtigt erscheinen, 
die zahlreichen, aller Orts gesammelten Thatsachen durch mehr 
theoretische Betrachtungen in Zusammenhang zu bringen und den 
letzten ihnen zu Grunde liegenden Ursachen nachzuspüren.“ 

Im Hinblick auf solche Aeusserungen muss indessen stets in 
Anschlag gebracht werden, dass Hauer Werth darauf legte, in jedem 
Falle das Hypothetische von dem sicher Erkannten zu trennen. So 
schrieb er, als er an einer anderen Stelle die in dem eitirten Buche 
ausgesprochenen Meinungen zu discutiren hatte ), bezüglich der An- 
sicht, dass die Alpen durch ein Zusammenschieben mehrerer ursprünglich 
einseitig gebauter Gebirge entstanden seien, das Folgende: „Ich muss 
bezüglich weiterer Details über die so ansprechende, aber zweifellos 
kühne Suess’sche Theorie auf dessen Arbeit selbst verweisen. Voller 
Anerkennung, ja ich gestehe selbst einem vollen Verständniss, wird 
dieselbe, wie mir scheint, erst dann begegnen, wenn es dem berühmten 
Verfasser gelingen sollte, die wahren Ursachen der gewaltigen dyna- 
mischen Bewegungen, die er voraussetzt, genauer zu bezeichnen“. 


pag. 295, 2. Auflage, pag. 331. Aus den eitirten Stellen ergibt sich, welchen 
thatsächlichen Werth Hauer den betreffenden Annahmen beilegte. Nur gegen- 
über solchen Begriffen, wie die sogenannte juvavische Provinz von Mojsisovies, 
verhielt er sich misstrauisch (Geologie 1. Aufl., pag. 338, 2. Aufi., pag. 375) und 
zwar, wie sich herausgestellt hat, mit Recht. 


‘) Vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1869, page. 3, 497, 506, eventuell auch 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1872, pag. 389 und ganz besonders Jahrb. 1873, 
pag. 73. Auch das hierauf bezügliche Zeugniss von Suess (Enstehung d. Alpen 
1875, pag. 37) kann da erwähnt werden.” 

2) Vergl Diener, Grundlinien und Structur der Ostalpen in Petermann’s 
Mitth. 18.19 pag. 214. Diener möchte dort zwar an eine ursprünglich symme- 
trische Anlage dieses Gebirges nicht glauben, bestreitet indessen, dass der Falten- 
wurf der Alpen durch einseitigen Schub bedingt worden sei. 

°») Verhandl. geol. Reichsanst. 1875, pag. 181. 

*) (reologie 2. Auflage 1875, pag. 203. 


> Se 


[111] Franz v. Hauer. 7189 


In ähnlicher Weise sagte er am Eingang seines ausführlichen 
Referates !) über die erste Abtheilung des „Antlitzes der Erde“, 
„Wohl erst nach Vollendung des Werkes, welches schon vor seinem 
Erscheinen die lebhaftesten Erwartungen erregte, wird es möglich 
sein, die Ideen, welche der bewährte Meister in demselben zur Gel- 
tung zu bringen versucht, in vollem Umfange zu erfassen und zu 
würdigen. Heute aber schon dürfen wir sagen, dass es schwer hält, 
zu entscheiden, was wir mehr an den vorliegenden Ausführungen 
bewundern sollen den Reichthum der eigenen Erfahrungen des Ver- 
fassers, seine umfassende Literaturkenntniss, die es ihm ermöglicht, 
aus allen Theilen der Erde die Belege für seine Anschauungen bei- 
zubringen, die geistvolle Kühnheit dieser letzteren selbst, oder endlich 
die fesselnde Art der Darstellung, welche auch die nüchternsten 
Leser über Bedenken hinwegschmeichelt, welche der schein- 
bare Conflict mancher der supponirten dynamischen 
Bewegungen ganzer Gebirge und Erdtheile mit seinen 
gewohnten Anschauungen und physikalischen Begriffen 
hervorrufen mag“. 

Diese wenigen Beispiele werden deutlicher als lange Auseinander- 
setzungen die Stellung kennzeichnen, die Hauer in diesen Fragen 
einnahm und welche bei einer Darstellung seiner wissenschaftlichen 
Thätigkeit wohl nicht ausser Acht gelassen werden durfte. 

Es war dies aber nicht etwa ein reaktionärer Standpunkt. Die 
lebhafte Empfänglichkeit für Alles, was zu einem wahren Fortschritt 
führen konnte, hätte Hauer sicherlich verhindert, einen solchen zu 
befürworten, und gewiss hätte er jeder Zeit die Worte unterschrieben, 
die Cotta in seiner Abhandlung über Geologie und Philosophie ?) 
bezüglich des eventuellen Nutzens und der theilweisen Nothwendigkeit 
von Hypothesen verlautbart hat. Aber es lag trotzdem ein conserva- 
tiver Zug in ihm, der ihn abhielt, ohne Weiteres jeden Vorstoss der 
speculativen Richtung mitzumachen. 

In dieser Weise hat er ja auch einerseits nicht versäumt, sich 
von seinem palaeontologisch-geologischen Standpunkte aus der Des- 
cendenzlehre ganz unbedingt anzuschliessen, aber er verhehlte sich 
doch auch andererseits nicht die Schwierigkeiten, welche gerade von 
demselben Standpunkte aus einer vollständigen Klarstellung jener 
Lehre noch entgegenstehen). Deshalb blieb ihm auch das nicht von 
jedem Anhänger Darwin’s vermiedene Missgeschick erspart, Ab- 
stammungsverhältnisse anzunehmen oder vermuthen zu lassen für 
Faunen und Formen, deren zeitliche Aufeinanderfolge sich später 
vielleicht mit den ursprünglichen, dabei nothwendigen stratigraphischen 
Voraussetzungen als nicht übereinstimmend erwies, so dass Ahnen 
und Epigonen ihre Rolle zu wechseln gezwungen waren. 

Der Vorsicht gegenüber allem Hypothetischen, die wir bei Hauer 
antreffen, entsprach auch seine Zwtückhaltung gegenüber allzu genauen 


1) Verhandl. geol. Reichsanst. 1883 pag. 181. Vergl. hiezu in demselben 
Referat (pag. 184 und 185) die kritischen Bemerkungen zu einigen der von E. Suess 
vorgetragenen Ansichten. 

2) Geologie der Gegenwart, Leipzig 1866, pag. 319. 

3) Die Geologie, 2. Auflage, pag. 174—177. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft (Dr. E. Tietze.) 100 


790 Dr. Emil Tietze. [112] 


oder allzu raschen Parallelisirungen in der Stratigraphie. Da er, wohl 
in Uebereinstimmung mit der überwiegenden Mehrzahl der Fach- 
genossen, der Meinung war, dass eine ganz allgemeine und überall 
durehgreifende Trennung zwischen den verschiedenen Formationen 
und Formationsabtheilungen nicht bestehe, so hatten diese Abtheilungen 
für ihn immer nur bedingten Werth und er wollte den darauf bezüg- 
lichen Namen keinen allzu starren Sinn unterlegen. Die sogenannte 
Gleichzeitigkeit gewisser Bildungen erschien ihm demzufolge immer 
nur als eine ungefähre), ein Standpunkt, der natürlich Denjenigen nicht 
zusagen kann, welche die Natur allenthalben im Sinne ihrer forma- 
listischen Anschauungen in die spanischen Stiefeln einer bis in’s Kleinste 
ausgebildeten Systematik einzwängen wollen (ein Fehler, der begreif- 
licher Weise bei Lehrern mehr vorkommt als bei Praktikern, die kein 
so starkes Classifications - Bedürfniss empfinden). Alle Eintheilungen 
waren ihm nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zur Verständigung. 
Wollte man die Erdgeschichte, schreibt er einmal?), „überhaupt in 
Perioden eintheilen“, so war es ziemlich gleichgiltig, „welche Gegend 
man hierzu zum Ausgangspunkte wählte, und sehr natürlich ist es, dass 
man bei jener blieb, welche eben zuerst genauer studirt worden war“. 

Wie wenig Hauer trotz alledem die unter Umständen in hohem 
Grade befruchtende Rückwirkung der rein theoretischen Entwicklung 
von Vorstellungen auf die den näheren Zielen zugewendete Arbeit von 
vornherein leugnete, ergibt sich aus folgenden Bemerkungen seiner 
akademischen Antrittsrede: „Wo unmittelbare Schlussfolgerungen aus 
direeten Beobachtungen nicht ausreichen, da helfen auch in der Geo- 
logie wie in den anderen Wissenschaften Hypothesen aus, deren Ver- 
theidigung und Bekämpfung oft gerade wieder die erfolgreichsten 
Fortschritte anbahnt. Die von den meisten Geologen angenommene 
Hypothese, die ganze solide Masse unseres Planeten habe sich ehe- 
mals in feurig flüssigem Zustande befunden, ist z. B. für die Ent- 
wicklung unserer Wissenschaft wohl ebenso erfolgreich geworden, wie 
etwa die Annahme der Existenz des Aethers und die darauf basirte 
Undulationstheorie für einen der interessantesten Theile der Physik, 
die Lehre vom Licht und der Wärme?3).“ Allein so sehr Hauer auch 
von der Nothwendigkeit eines sich ergänzenden Nebeneinandergehens 
der theoretischen und der empirischen Richtung in der Geologie über- 


!) Geologie, 2. Auflage, pag. 180. 

‘) ibidem. 

°) Die Geologie und ihre Pflege in Oesterreich. Wien 1861, pag. 7. In dem 
Zusammenhange, in dem diese Worte mit den übrigen Ausführungen des Redners 
standen, bedeuteten sie, nebenbei bemerkt, wohl auch eine diserete Mahnung zu 
einer auf Gegenseitigkeit begründeten Rücksicht für Diejenigen, welche damals 
speciell die Geologie wegen ihres angeblich zu hypothetischen Inhaltes als eine 
den übrigen exacten Wissenschaften ebenbürtige Diseiplin nicht anerkennen wollten 
und die dabei übersahen, dass auch bei den als exacter geltenden Zweigen der 
Naturwissenschaft Annahmen gemacht weiden müssen, die zwar die bekannten 
Thatsachen zu erklären vermögen und deshalb eine wichtige Stütze für die Er- 
läuterung der letzeren bilden, die aber doch in letzter Linie auch eben nur An- 
nahmen und nicht direet erweisbare, bezüglich in conereter Form vorstellbare 
Thatsachen sind. Der imponderable Aether als Materie gehört wohl zu diesen 
Annahmen oder Hypothesen. Aus der Verwendung derselben wird aber doch 
Niemand für die Physiker einen Vorwurf ableiten. 


Se A 


[113] Franz v. Hauer. 791 


zeugt sein mochte !), so wünschte er doch (eben deshalb), die letztere 
nicht zurückgesetzt zu sehen. 

Deshalb betonte er auch immer wieder die Pflege der Be- 
obachtung und den unmittelbaren Contact mit der Natur selbst als 
unabweisbares Erforderniss für den weiteren Fortschritt unseres Faches 
und deshalb trat er auclı der Ansicht entgegen, als ob die Thätigkeit, 
wie sie von den geologischen Aufnahmsinstituten ausgeübt wird, einen 
wissenschaftlich geringeren Werth besitze 2) als die rein idealen Be- 
strebungen, welche direct an die höchsten Probleme herantreten. 

Zu dieser Auffassung war er mit zwingender Nothwendigkeit 
durch seine Vergangenheit, durch den Entwicklungsprocess, den er 
durchgemacht hatte, hingedrängt, aber er hatte wohl auch sonst ein 
gewisses Recht, so zu denken, wenn er rückschauend sein Arbeitsfeld 
überblickte, wie er das in jener Ansprache that, mit der das 25 jährige 
Jubiläum der geologischen Reichsanstalt eröffnet wurde?®). Weitaus 
das Meiste, was bezüglich der geologischen Verhältnisse Österreich- 
Ungarns thatsächlich bekannt war, verdankte man der Thätigkeit 
dieses Instituts, mit dessen Emporblühen sein Name so innig verknüpft 
bleibt, desselben Instituts, welches schon in seinen Anfängen dem 
grossen Alexander von Humboldt als ein „schwer erreichbares 
Muster“ erschienen war *) und welches sich dann ungeachtet zeitweilig 


!) Er sagte z. B. in einem Briefe an den Siebenbürger Naturforscher Bielz 
(26. Dec. 1863), man dürfe es nicht zu streng tadeln, wenn ein geistvoller Forscher 
bisweilen die Theorie ein wenig über die Erfahrung stelle, „denn beide Richtungen, 
die des emsigen, gewissenhaften Forschers und die des kühnen, oft weiter 
blickenden Theoretikers ergänzen sich wechselweise und sind wohl beide für 
den gedeihlichen Fortschritt der Wissenschaft gleich unentbehrlich“. 

?) Geologische Aufnahmen, schrieb er einmal (Verhandl. geol. R.-A. 1875, 
pag. 3—4), welche den Anforderungen, die man an sie zu stellen berechtigt ist, 
entsprechen und welche die beabsichtigten praktischen Zwecke wirklich zu er- 
füllen geeignet erscheinen, sind immer Leistungen, welche das Gebiet der Wissen- 
schaft selbst erweitern, und wer sie ausführen will, muss das Fach vollkommen 
beherrschen.“ 


®) Vergl. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1875, pag. 2 etc. 


*) Brief Humboldt'’s vom 3. Nov. 1856 an den damaligen Bürgermeister 
von Wien v. Seiller. Vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1856, pag. 834, u. 1859, 
Verhandl. pag. 172. 

Hier ist vielleicht auch der Platz, eines Urtheils von Beyrich zu gedenken, 
welches ich einem Schreiben desselben an Hauer (de dato Berlin 27. Nov. 1851) 
entnehme. Der Genannte sagt dort unter Anderem: „Die grossartige Thätigkeit, 
welche Sie jetzt in Wien entwickeln, der rege und so wohl geleitete Eifer, mit 
welchem so viele edle und frische Kräfte an der grossen Aufgabe, welche Sie 
sich gestellt haben, arbeiten, die vielen und schönen, schon jetzt erzielten Resul- 
tate, — wer von uns, dem das Fortschreiten unserer Wissenschaft im deutschen 
Vaterlande am Herzen liegt, sollte nicht mit Stolz darauf hinblicken. Sie werden 
auf Ihrer Bahn fortschreitend, sehr bald die Führer der Wissenschaft in Deutsch- 
land sein.“ 

Wie immer man nun über diese „Worte, soweit sie einen Ausblick in die 
Zukunft enthielten, denken möge, so*ersieht man daraus wenigstens, dass nach 
der Ansicht eines Mannes wie Beyrich gerade in der von Hauer und der 
Anstalt verfolgten Richtung die meisten Erfolge zu erwarten waren. 

Dass übrigens die geologische Reichsanstalt zum mindesten einen Theil der 
damals in sie gesetzten grossen Erwartungen erfüllt, dass sie einen befruchtenden 
Einfluss auf die Entwicklung der Geologie im Allgemeinen und speciell auch auf 
das geologische Kartenwesen in Deutschland ausgeübt hat, das ist deutlich in 

100* 


799 Dr. Emil Tietze. [114] 


ungünstiger Gegenströmungen zu einem wichtigen und geradezu un- 
entbehrlichen Mittelpunkte der geologischen Forschung entwickelt 
hatte. 


Es ist natürlich nicht möglich, in einer Darlegung von dem 
relativ immerhin beschränkten Umfange der voranstehenden Aus- 
führungen allen Beziehungen gerecht zu werden, die in dem gege- 
benen Falle hätten erörtert werden können. Mein Wunsch ging eben 
nur dahin, wenigstens in der Hauptsache ein zutreffendes Bild zu ent- 
werfen von dem, was Hauer für das wissenschaftliche Leben in -» 
Oesterreich und speciell für die Begründung der österreichischen 
Geologie geleistet hat, und mein Bestreben war, zu zeigen, was sein 
nunmehr der Vergangenheit angehöriger Name für uns bedeutet. 

Dieser Name ist ein glänzendes Symbol des Strebens nach Er- 
kenntniss der Wahrheit und er bedeutet, worin wohl alle competenten 
Kreise übereinstimmen werden, eine ruhmreiche Tradition, die hoffent- 
lich auch bei den kommenden Generationen hochgehalten werden wird. 

Wir leben freilich in einer unruhigen Zeit, in der man oft vor- 
schnell geneigt ist, mit Traditionen zu brechen. Das hastige Streben, 
Neues geltend zu machen, lässt dabei oft für die Empfindung der 
Pietät keinen Raum. Ein Schlagwort jagt das andere in der Kunst, 
wie im Leben, was man heute bewundert, wird morgen missachtet; 
die Ziele aber sind ungewiss, ob destructiv oder aufbauend, lässt sich 
nicht immer deutlich erkennen. Die Wissenschaft allein, sofern nicht 
auch sie zum Spielball persönlichen Ehrgeizes und menschlicher Leiden- 
schaften gemacht wird, kann eine ruhigere Haltung bewahren. 

Für den heutigen Geologen wenigstens, der die kataklysmatischen 
Theorien der alten Schule überwunden hat, die noch zur Jugendzeit 
Hauer’s in voller Blüthe standen, für diesen Geologen ist die Nutz- 
anwendung, die er aus seinen Studien für alle Zweige des Lebens 
zieht, die, dass der wahre Fortschritt nur in der Entwicklung liegt, 
und diese Anschauung darf er wohl auch in seinem Fache selbst zur 
Geltung bringen. Jede Entwicklung aber, auch die rascheste, setzt das 
Anknüpfen an Gegebenes voraus. 

Ich schliesse deshalb mit dem Worte Hauer’s, mit welchem 
er in seiner vorangehend mehrfach genannten akademischen Antritts- 
rede (pag. 5) die Besprechung der Verdienste seiner Vorgänger ein- 
leitet: man solle über der Gegenwart nie der Vergangenheit vergessen, 
in der jene wurzelt. 

Dieses Wort sei eine Mahnung uns und Allen, die es ehrlich 
meinen mit dem Gedeihen der Forschung. 


den Bene Worten ausgesprochen, mit welchen sie am 5. Jänner 1875 
von dem Vorstande der geologischen Landesanstalt in Berlin ‚begrüsst wurde 
(Verhandl. geol. R.-A. 1875, pag. !7) und dafür haben auch noch in neuerer Zeit 
hochehrenvolle Kundgebungen des Auslandes Zeugniss abgelegt. A Annalen 
des Naturh. Hofmuseums 1892 diejenigen Zuschriften zu Hauer's 70. Geburtstag, 
in welchem von der Thätigkeit der Anstalt die Rede ist.) ö 


- 11151 Franz v. Hauer. 193 


Verzeichniss der Publicationen Franz v. Hauer’s. 


Bei der Zusammenstellung dieses Verzeichnisses sind .die Register 
der Mittheilungen der Freunde der Naturwissenschaften und der Druck- 
schriften der k. k. geologischen Reichsanstalt vielfach als Anhalts- 
punkte benützt worden, da Hauer einen grossen Theil seiner Arbeiten 
und kleineren Mittheilungen in den genannten Zeitschriften veröffent- 
licht hat. Doch genügten jene Anhaltspunkte nicht, um das Nach- 
schlagen der betreffenden Arbeiten im Original zu ersparen. Die in 
jenen Registern enthaltenen Angaben erwiesen sich nämlich nicht immer 
als unmittelbar benutzbar, insofern in nicht seltenen Fällen unter dem 
Namen Hauer’s daselbst Mittheilungen erwähnt sind. welche eigentlich 
von anderen Autoren herrühren und von Hauer in den Sitzungen 
- der Freunde der Naturwissenschaften oder der geologischen Reichs- 
anstalt nur zur Vorlage gebracht wurden, ohne dass derselbe in einer 
uns durch den Druck überlieferten Weise seine eigenen Ansichten 
über die in Frage kommenden Gegenstände zur Geltung gebracht 
hätte. Diese Angaben wurden demnach in dem folgenden Verzeichnisse 
weggelassen. 

Desgleichen wurden die meisten Literaturreferate, die Heuer 
in jenen Zeitschriften veröffentlichte, hier nicht aufgenommen. Bei 
einigen dieser Referate jedoch elaubte ich, eine Ausnahme von dieser 
Ausschliessung rechtfertigen zu "können, insofern Hauer in denselben 
selbstständige Ansichten über verschiedene Fragen entwickelte oder 
doch in kritischen Bemerkungen andeutete. 

Aus einem ähnlichen Grunde wurden auch manche kurze Be- 
sprechungen von Einsendungen an das Museum der Reichsanstalt hier 
berücksichtigt, insofern es sich dabei nicht seiten um damals neue 
oder weniger bekannte Einzelheiten handelt. | 

Da viele der Mittheilungen in den Schriften der Freunde der 
Naturwissenschaften und auch nicht wenige der kleineren Notizen in 
den älteren Jahrgängen der Druckschriften der k. k. geol. Reichs- 
anstalt keinen bestimmten Titel an ihrem Kopf tragen, die in den 
Registern dafür angegebenen Schlagworte aber nicht in jedem Falle 
zu “dem vollständigen Inhalt jener ] Mitthelungen passen, so habe ich 
mir stellenweise eine Abweichung von der in den Registern an- 
gewendeten Bezeichnungsweise erlaubt. 

Selbstverständlich sind übrigens für die in dem folgenden Ver- 
zeichniss gelieferten Daten die Nachweise jener Register nicht aus- 
reichend gewesen, da Hauer’s Publicationen in sehr mannigfacher 
Weise zerstreut sind. Für die älteren Jahrgänge der folgenden Zu- 
sammenstellung wurden dann später noch der bis 1863 reichende 
Catalogue of seientific papers de» royal society of London (vol. III, 
London 1863, pag. 215-218), sowie Wurzbach’s biographisches 
Lexikon (8. Th., 1862, pag. 60—63) und zum Theil auch Haidinger’s 
aus dem Jahre 1857 stammendes Sendschreiben an die Wiener Akademie 
verglichen. Doch musste dies mit einiger Vorsicht geschehen, da in 
diesen einerseits nicht ganz completen Verzeichnissen (namentlich bei 


794 Dr. Emil Tietze. [116] ; 


Haidinger) sich andererseits die Angabe von Schriften eingeschlichen 
hat, welche, wie oben bereits gesagt, nicht von Hauer selbst herrühren. 

In das hier gegebene Verzeichniss glaubte ich indessen die von 
Hauer in leitenden Stellungen jeweilig verfassten Jahresberichte und 
endlich auch versehiedene Ansprachen aufnehmen zu sollen, die zum 
grössten Theil aus seiner späteren Zeit herrühren, da derartige Ver- 
lautbarungen denn doch im unmittelbarem Zusammenhange mit seiner 
Thätigkeit standen, wenn sie auch nicht in jedem Falle gerade als 
wissenschaftliche Originalarbeiten oder Mittheilungen gelten können. 

Absolute Vollständigkeit bei einem Versuche, wie der vorliegende, 
zu erreichen, ist wohl schwer. Doch hoffe ich, dass nur Weniges und 
vor Allem nichts Wesentliches übersehen worden ist. 

Um bei der Menge der angeführten Titel eine leichtere Ueber- 
sicht über die Hauptsachen zu ermöglichen, wurden die Titel der- 
jenigen Arbeiten und Mittheilungen, welche mir, gleich- 
viel ob die letzteren umfangreich sind oder nicht, zu den wichtigeren 
zu gehören scheinen, vorne mit einem Sternchen * versehen. 
Eine unbedingt zutreffende Classification ist in dieser Hinsicht natür- 
lich nicht durchführbar. 

Die Reihenfolge bei der Aufzählung ist chronologisch nach den 
Jahren des Erscheinens: der Arbeiten geordnet. 


1846. 


Zusammengewachsener Orthoceratit und Ammonit '). — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw.. 1. Bd., pag. 1—2. (Vergl. Seite [52] dieser Abhandlung.) 

Anwendung des Wasserglases um fossilen Resten grössere Festigkeit 
zu geben. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 25. 

Petrefacten des Aninger Berges bei Mödling. — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw., 1, Bd., pag. 34. 

ÖCephalopoden von Halistatt aus der Sammlung des Fürsten 
Metternich. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 59 - 62. 

*Gebirgsschichten von Guttarring und Althofen. — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw., 1. Bd., pag. 152—134. (Wichtig für den Nachweis des 
Eocän in den österreichischen Alpen.) 

Fusus scalarıs von Gran in Ungarn. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 
l. Bd., pag. 134. (Ebenfalls Hinweis auf das Eocän, dessen sicherer 
Nachweis damals auch in Ungarn noch fehlte.) 

Caprinen der Gosauformation in Oesterreich. — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw., 1. Bd., pag. 142—144. 

Ueber das Werk: „Die fossilen Foraminiferen des tertiären Beckens 
von Wien, entdeckt von Sr. Excellenz Ritter Joseph v. Hauer und 
beschrieben von A. d’Orbigny. — Mitth. d. Freunde d Naturw., 
1. Bd., pag. 144—147. 

') Ueber diese Notiz, sowie überliaupt über die ersten Mittheilungen 

Hauer's finden sich ziemlich eingehende Referate in dem bulletin de la societe 

geologique de France (Paris 1847, vergl. die Seiten 155, 158, 159, 163, 165, 166, 

422, 583). Diese Referate wurden von Ami Bou& gegeben, der damals einen 

besonderen Werth darauf legte, über das in Wien mit der Vereinigung der 


Aka der Naturwissenschaften“ erwachte geistige Leben nach Parıs zu be- 
richten. 


(1 1 7] Franz v. Hauer. 795 


Monotis in den’ österreichischen Alpen. — Mitth. ‘d. Freunde d. 
Naturw., 1. Bd., pag. 160— 162. 

Cephalopoden aus dem Bleiberger Muschelmarmor. — Mitth. d. 
Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 174—175. 

*Versteinerungen von Dienten in Salzburg. — Mitth. d. Freunde d. 


Naturw., 1. Bd., pag. 187—189. (Erster Nachweis des Silur in den 
Alpen ) 

*Die bei der Bohrung des artesischen Brunnens im Bahnhofe der 

- Wien-- Raaber Eisenbahn durchfahrenen Tertiärsehichten. — Mitth. 
d. Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 201—206, zuerst in der Wiener 
Zeitung vom 11. April 1846 abgedruckt, älteste Publication Hauer'’s. 
(Vergl. Seite [57] der gegenwärtigen Abhandlung. Erste zutreffende 
Gliederung des Wiener -Neogens.) 

Neuer Fundort tertiärer Fischreste bei Porcsesd in Siebenbürgen. 
— Mitth. d. Freunde d. Naturw., 1. Bd., pag. 206—209, vergl. 
Wiener Zeitung vom 13. April 1846, ebenfalls zu den ältesten 
Publieationen Hauer’s gehörig. 

*Die Cephalopoden des Salzkammergutes aus der Sammlung Seiner 
Durchlaucht des Fürsten Metternich. — Wien 1846. Selbst- 
ständig erschienen, 44 Seiten Quartf. mit 11 Tafeln. 


*Ueber die Cephalopoden des Muschelmarmors von Bleiberg in 
Kärnten. — In Haidinger’s naturw. Abhandl., I. Bd., Seite 21—30 
mit einer Tafel. 


1847. 


Ueber Haidinger’s geologische Uebersichtskarte der Österreichischen 
Monarchie. — Vortrag in der Seetion für Mineralogie der VI. 
Versammlung ungarischer Naturforscher und Aerzte in Oedenburg. 

Ueber Haidinger’s naturwissenschaftliche Abhandlungen. — Vortrag 
in der Section für Mineralogie der VIII. Versammlung ungarischer 
Naturforscher und Aerzte in Oedenburg. 

Ueber das Meteoreisen von Arva. — Vortrag in der Section für 
Mineralogie der VIII. Versammlung ungarischer Naturforscher und 
Aerzte in Oedenburg. 


Ueber die Ammoniten von Hallstatt. — Vortrag beim IX. Congresse 
italienischer Gelehrten in Venedig 1847. Diario, pag. 49. 

Ueber Wiener Sandstein. — Vortrag beim IX. Congresse italienischer 
Gelehrten in Venedig 1847. Diario, pag. 90. 

Fossilien im Kalkstein von Poresesd in Siebenbürgen. — Mitth. d. 
Freunde d. Naturw., 2. Bd., pag. 47 -49, (Eocän ) 

Hamites Hampeanus von Neuberg. — Mitth. d, Freunde d. Naturw., 
2. Bd., pag. 75—TT, (Gosau.) * 

Mastodon aus der Braunkohle vow Parschlug,. — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw., 2. Bd., pag. ıT. 

Mineralien von Pregratten. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 2. Bd., 
pag. 192--19. | 

Cephalopoden von Aussee. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 2. Bd., 


pag. 227—229. 


796 Dr. Emil Tietze. [115] 


Elephas primigenius von Nussdorf. -- Mitth. d. Freunde d. Naturw., 
2. Bd., pag. 302. 

Nautilus plicatus von Tichau. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 2. Bd., 
pag. 316- 318. (Cretaeischer Karpathensandstein.) 

Fossilien von Korod in Siebenbürgen. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 
2. Bd., pag. 421. 

Kreideversteinerungen von Nagorzany bei Lemberg. — Mitth. d. 


Freunde d. Naturw., 2. Bd., pag. 435 — 440. 
Besprechung von Barrande’s Arbeit über die silurischen Brachio- 


poden von Böhmen. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 2. Bd., 
pag. 4535 —455. 

Mastodon-Knochen aus der Sandgrube nächst St. Marx. — Mitth. d. 
Freunde d. Naturw., 2. Bd., pag. 468—470. 

Geologische Beschaffenheit der Umgebungen von Hörnstein. — Mitth. 


d. Freunde d. Naturw., 3. Bd., pag. 69—69. 


Ueber die durch die Herren Freyer und Kohl v. Kohlenegg 
in Krain gemachten geologischen Untersuchungen. — Mitth. d. 
Freunde d. Naturw., 3. Bd., pag. 112—114. 


Bericht über die Verhandlungen der Section für Mineralogie etc. der 
VIII. Versammlung ungarischer Naturforscher und Aerzte (sehr 


kurze Mittheilung). — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 3. Bd., 
‘pag. 198. | | 
Ueber die Arbeiten der mineralogisch - geognostischen Section des 
italienischen Gelehrten-Congresses zu Venedig. — Mitth. d. Freunde 


d. Naturw., 3. Bd., pag. 311—319. (Enthält unter Anderem 
einen kurzen Abriss der Geologie der Venetianer Alpen nach dem 
damaligen Stande der Kenntnisse, sodann Mittheilungen über 
Brunenbohrungen in Venedig und die Massregeln zum dortigen 
Küstenschutz.) 


Fossilien aus den österreichischen Alpen. -- Mitth. d. Freunde d. 
Naturw., 3. Bd. (Bezieht sich nur auf die palaeontologischen Zusätze 
zu Haidinger’s Aufsatz über Beobachtungen in den österreichi- 
schen Alpen, ibidem pag. 347 —5368.) 

*Cephalopoden vom Rossfeld. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 3. Bd., 
pag. 476—480. (Erster Nachweis von Neocom in den Ostalpen, zu- 
gleich Hinweis auf das Vorkommen der Trias daselbst.) 


Caprina Partschi aus den Gosauschichten. — In Haidinger’s naturw. 

 Abhandl., 1. Bd., pag. 109—114 mit 1 Tafel. 

"Neue Cephalopoden aus dem rothen Marmor von Aussee. — In 
Haidinger’s naturw. Abhandl.. 1. Bd., pag. 257—278 mit 3 Tafeln, 

Die Fossilien von Korod in Siebenbürgen. — In Haidinger’s naturw. 


Abhandl., 1. Bd., pag. 349— 356, mit 1 Tafel. | 

“Note sur la geologie des Alpes, lettre & monsieur de Verneuil. bull 
de la soc. geol. de France, 2 serie, vol. V, 1847—1848, pag. 88: 
(Enthält neben der oben erwähnten Arbeit über die Cephalopoden 
von Rossfeld den ersten bestimmt ausgesprochenen Hinweis auf die 
Existenz der Trias in den österreichischen Alpen.) 


[119] Franz v. Hauer. 7197 


1848. 

Die von Russegger aus Afrika und Asien mitgebrachten Fossilien von 
Mokkatam, Suedie, Thor Oglu und Hudh. — Mitth. d. Freunde d. 
Naturw., 4. Bd., pag. 308—313. 

Versteinerungen aus den venetianischen Alpen. — Mitth. d. Freunde 
d. Naturw., 4. Bd., pag. 373—-377. 

Neue Cephalopoden von Hallstatt und Aussee. — Mitth. d. Freunde 


d. Naturw., 4. Bd., pag. 377—379. 
Bericht über Morlot’s Auffindung neuer Fossilienfundorte im Cillier 


Kreise. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 5. Bd., pag. 39-42. 
(Focänfossilien aus Südsteiermark.) 
Ueber Cardium spondyloides von Steinabrunn. — Mitth. d. Freunde 


d. Naturw., 5. Bd., pag. 69. 

Bericht über die von Hauer und Dr. Hörnes unternommene Reise 
nach England. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. 
Classe, Wien 1848, 1. Bd., pag. 583. (Vorläufige Mittheilung.) 


1849. 
Bericht über die Verhandlungen der geologischen Section der British 
Association for the advancement of sciences in Swansea. -— Mitth. 


d. Freunde d. Naturw., 5. Bd., pag. 91-—98. 

*Ueber die Ausläufer der Alpen westlich von Neustadt und Neun- 
kirchen. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 6. Bd., pag. 10—17. 
*Unter-Oolith von Gumpoldskirchen. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 

6. Bd., pag. 20— 22. (Vergl. Seite [58] dieser Abhandlung.) 
Bericht über die Versammlungen von Freunden der Naturwissenschaften 
in Laibach. — Mitth. d. Freunde d. Naturw., 6. Bd., pag. 174— 184. 


Ueber Fossilien der Venetianer Alpen. — Sitzb. d. kais. Akad. d. 
Wiss., math.-naturw. Classe, Wien 1849, 2. Bd., pag. 15. 

Bericht über die von den Regierungen verschiedener Staaten unter- 
nommenen Arbeiten zur geologischen Durchforschung des Landes. — 
Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, 2. Bd., 
pag: 57-— 70 (betrifitt England) 98—122 (betrifft Frankreich und 
Russland), 131—155 (betrifft Preussen, Sachsen, Belgien, Spanien, 
Sardinien, Nord-Amerika und die in Oesterreich gemachten Anfänge). 
Der Bericht bezieht sich auf eine im Auftrag der Akad. d. Wiss. 
im Verein mit M. Hörnes unternommene Reise nach Deutschland, 
England, Frankreich und der Schweiz (vergl. dazu oben Seite [11] 
dieses Nachrufs). Dieser Bericht ist vollständig reprodueirt in der 
„Berg- und Hüttenmännischen Zeitung“, Freiberg 1849, siehe die 
Nummern 42—52. 

"Ueber die richtige Deutung den,Schichten, welche Nummuliten ent- 
halten. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, 
2. Bd., pag. 261—266. (Vergl. oben Seite [56].) 

Ueber Barrande’s Entdeckung der stufenweisen Entwicklung der 
Trilobiten. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, 
2. Bd., pag. 358— 564. 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Tleft. (Dr. E. Tietze.) 101 


800 Dr. Emil Tietze. [122] 


>ericht über die Arbeiten der geographischen Karten-Commission. — 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 2. Heft, pag. 161—163. (Behufs Be- 
schleunigung der Arbeiten für die Erweiterung der geographischen 
Grundlagen der von der geol. Reichsanstalt anzufertigenden geolo- 
gischen Karten hatte die Anstalt Schritte gethan, welche die Ein- 
setzung einer gemischten Commission zur Folge hatten. Die An- 
träge der letzteren erhielten die Allerhöchste Genehmigung, die 
Dotation des k. u. k. militär-geographischen Institutes wurde um 
50.000 fl. erhöht und ein eigenes Corps von Ingenieur-Geographen 
errichtet.) Vergl. dazu Jahrb. d. k. k. geol. R-A. 1850, pag. 380. 

Quarzkrystalle aus dem Bititzer Walde bei Pribram. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., 4. Heft, pag. 170. 

Ueber den gegenwärtigen Zustand des Museums der k. K. geologischen 
Reichsanstalt. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., 7. Bd., 1851, pag. 
571—586. 


1852. 
Ueber die geologische Beschaffenheit des Körösthales im östlichen 
Theile des Biharer Comitats in Ungarn. — Jahrb. d. k. k. geol. 


R.-A., 1. Heft, pag. 15—35 mit 1 Karte. 

Ueber Taylor’s Kohlenstatistik. — Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., 1. Heft, 
pag. 104—140. 

Das neu entdeckte Goldvorkommen in Australien. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., 1. Heft, pag. 148—152. 

Verzeichniss der an die k. k. geologische Reichsanstalt gelangten 
Einsendungen. — Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., 1. Heft, pag. 166. 
*Fossilien von der Dürrn- und Klausalpe bei Hallstatt. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., 1. Heft, pag. 184—186. (Vergl. Seite [72] dieses 

Nachruf). ® 

Gebirgsarten und Fossilien aus Dalmatien. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., 1. Heft, pag. 192—194. (Enthält die Bestimmung von Fossilien 
des Monte Promina und den Nachweis des eocänen Alters der be- 
treffenden Absätze. Vergl. Neues Jahrb. 1853, pag. 331.) 

Bericht über die Arbeiten der Section I. — In Gemeinschaft mit 
Franz Foetterle, Jahrb. d. k. k. geol. R-A., 4. Heft, pag. 56—-62. 

3ericht über die Reise des Herrn Czarnotta nach Teheran. — 
Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 9. Bd., pag. 35—38, 

Brief an Beyrich (vom 2. Nov. 1852). — Zeitschr. d. deutschen 
geol. Ges. 1852, pag. 517 —520. (Abwehr gegen Schafhäutl, betrifft 
Nummuliten und rothe Marmore in den Alpen.) 

Ueber die von der k. k. geologischen Reichsanstalt ausgeführte Karte 
von Unter-Oesterreich. — Zeisschr. d. deutschen geol. Ges. 1852, 
pag. 657 —667. 

Vorlage der ersten Hefte des Hörnes’schen Werkes über die 
Mollusken des Tertiärbeckens von Wien. -— Zeitschr. d. deutschen 
geol. Ges. 1852, pag. 631—633. (Enthält eine Begründung des 
Begriffes Neogen.) 


[123] Franz v. Hauer. 801 


1853. 


Geologische Verhältnisse der Umgebung von Luhatschowitz in Mähren. 
— Jahrb. d. K. k. geol. R.-A., pag. 193— 194, (Enthält unter Anderem 
Angaben über die erloschenen Vulkane von Banow, durch welche 
später der bekannte Astronom J. Schmidt auf diese Gebilde auf- 
merksam wurde. Vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1858, Verhandl. 
pag. 33—54 und dasselbe Jahrb. pag. 2; vergl. ferner Tscher- 
mak’s Aufsatz ebendort, pag. 77.) 

Bericht über die Generalversammlung des geognostisch-montanistischen 
Vereines in Graz. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 428. 

*Ueber die Gliederung der Trias-, Lias- und Juragebilde in den nord- 
östlichen Alpen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 715— 784, 

Das Alter der jüngeren Kohlen in Oesterreich. — Neues Jahrb. für 
Miner. 1853, pag. 330—332. Briefliche Mittheilung an Bronn. 
(Bespricht das Vorkommen miocäner, eocäner, cretacischer und 
liassischer Kohle.) Der Aufsatz steht im Index des Neuen Jahrb. 
nicht ganz zutreffend unter dem Schlagwort Alter der österreichischen 
Tertiärbildungen. 


1854. 
Geologische Gliederung der Nordostalpen. — Verhandl. d. zool.-botan. 
Vereines in Wien, 4. Bd., 1854, pag. 48. 
Bernstein im Karpathensandstein. — Verhandl. d. zool.-botan. Vereines 


in Wien, 4. Bd., 1854, pag. 77. 
Bericht über Theodori’s Werk über Ichthyosaurus trigonodon. — 
Verhandl. d. zool.-botan. Vereines in Wien, 4. Bd., pag. 78. 


Abdrücke im Liassandstein von Banz. — Verhandl. d. zool.- botan. 
Vereines in Wien, 4. Bd., pag. 117. 

Ueber neue Ammoniten der Adnether Schichten. — Vortr. in d. Vers. 
d. allg. Schweiz. Ges. in St. Gallen 1854, Verhandl. dieser Vers., 
pag. 38. 

Geologische Karte des Erzherzosthums Oesterreich. — Vortr. ind. 


Vers. d. allg. Schweiz. Ges. in St. Gallen 1854, Verhandl. dieser 
Vers., pag. 40. 

*Beiträge zur Kentniss der Heterophyllen der österreichischen Alpen. 
— Sitzb. d. kais Akad. d. Wiss., 12. Bd., 1854, pag. 861—911 
mit 4 Tafeln. 

*Beiträge zur Kenntniss der Capricornier der österreichischen Alpen. 
— Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, 13. Bd., 
‚1854, pag. 94—121 mit 3 Tafeln. 

Ueber einige unsymmetrische Ammoniten aus den Hierlatzschichten. — 
Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Classe, 13. Bd., 1854, 
pag. 401—410 mit 1 Tafel. Vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 1854, 
pag. 881. N 

Canaval’s Mittheilung über den Bleierz führenden Kalkstein und 
Muschelmarmor in Kärnthen, — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 
212—214. (Im Wesentlichen von Canaval herrührend. Mitth., die 
hier nur deshalb erwähnt wird, weil Hauer bei deren Besprechung 
die Ansicht äusserte, dass der erzführende Kalkstein in Kärnthen 


804 Dr. Emil Tietze. [126] 


Ausflug in das Tragöss-Thal bei Bruck in Steiermark. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 365—366 (betrifft Eisenerze). 

Ueber Arbeiten in Tirol. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 785 —787, 
795, 801. 

Ueber die im Jahre 1855 in der Wallachei und in der Dobrudscha 
von dem k. k. Militär - Ingenieur - Geographen - Corps ausgeführten 
astronomisch-trigonometrischen und geodätischen Operationen. — 
Mitth. d. geogr. Ges. in Wien 1857, pag. 34. 


1858. 


Das Buch-Denkmal. — Wien bei Zamarski, 34 Seiten, mit 1 Karte 
und 2 Bildern, verfasst von F. v. Hauer und M. Hörnes. Vergl. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1857, pag. 179 und 185. Bei Gross- 
raming zwischen Steyer und Weyer in Oberösterreich wurde ein 
riesiger exotischer Block mit einer Lapidar-Inschrift zu Ehren 
Leopold v. Buch’s versehen und mit einer kleinen Parkanlage 
umgeben. Die Kosten dieser Veranstaltung wurden durch eine Sub- 
seription aufgebracht, an der sich auch viele ausserösterreichische 
Geologen betheiligten. Der über das Unternehmen erstattete Be- 
richt enthält unter Anderem eine Beschreibung der Localität und 
am Schlusse eine Biographie Buch’s von Haidinger. 

*Ueber die Cephalopoden der Gosauschichten. — In Hauer’s Bei- 
trägen zur Palaeont. Oesterreichs, 1. Bd., 1. Heft, pag. 7—14 mit 
3 Tafeln. Vergl. Anzeige davon im Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 75. | 

*Ueber die Eocängebilde im Erzherzogthum Oesterreich und in Salzbureg. 
— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 103 —137. (Enhält nebenbei 
auch Angaben über exotische Blöcke, pag. 109.) 

*Erläuterungen zu einer geologischen Uebersichtskarte der Schicht- 
gebilde der Lombardei. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 445 bis 
496 mit einer Karte. Vergl. oben Seite [77] bis [83]. 


Ammoniten aus dem Jura der Südalpen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 47. 
Mittheilung über die Trias bei Weimar (nach v. Seebach). — Jahrb. 


d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 17. 
Ueber die Gegend von Reutte in Tirol. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 16. 


Vorlage der geologischen Uebersichtskarte von Tirol. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 74. 

Reisebericht über die Gegend von Kaschau. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag: 83. 

Ueber Exeursionen im Saroser Comitate in Ungarn. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 96—98. 

Untersuchungen in der Marmaros.„— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 


Verhandl. pag. 130. 
Vorlage einer geologischen Uebersichtskarte des nordöstlichen Ungarn. 
— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl., pag. 143—144. 
Exeursionen in den Comitaten Ungh und Marmaros. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag. 115. 


[1 27] Franz v. Hauer. 805 


*Ueber' Arbeiten Stoppani’s und Ourioni’s in der Lombardei. — 
‚Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 31—33.. (Zum Theil 
Abwehr gegen Stoppani.) Betrifft dabei das Verhältniss der 
Raibler, Cassianer, Cardita- und Partnachschichten und bezieht 
sich auf die Vertheidigung der Ansichten, die in der Arbeit über 
die Raibler Schichten und in den palaeontologischen Notizen mit- 
getheilt wurden. 

*Ueber Bronn’s Arbeit, betreffend die Schiefer von Raibl. — Jahrb. 
id. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 40. Enthält einen bemerkens- 
werthen Ausspruch über die Gleichstellung der Raibler und der 
Carditaschichten, ein Umstand, der hier und in der vorerwähnten 
Abwehr gegen Stoppani zum ersten Male bestimmt zur Sprache 
kam (vergl. dazu pag. 33 in der voranstehenden Notiz und oben 
Seite [32] dieser Abhandlung.) 


1559. 


Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn. — Mitth. d. k. k. geogr. 
Ges. in Wien, 3. Bd., pag. 71—103. 

*Bericht über die geologische Uebersichtsaufnahme im nordöstlichen 
Ungarn im Sommer 1858 von Fr. v. Hauer und Eerd. Freih. v. 
Richthofen. — Jahrb. d. k.«k. geol. R.-A., pag. 399—-465. (Erster 
Theil davon von Hauer verfasst.) 


Ueber die Liasgebilde im nordöstlichen Ungarn. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag 21—23. 

Ueber Jurakalke im nordöstlichen Ungarn. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 46. | 

Ueber Karpathensandstein im nordöstlichen Ungarn. — Jahrb. d: k. k. 


seol. R.-A., Verhandl. pag. 67. 

Reisebericht aus Hermannstadt. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. 
pag. 87—88. (Gemeinsam mit v. Richthofen erstattet.) 

Reisebericht aus Kronstadt. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. 
pag. 105—108. 

Berichte aus dem südöstlichen Theil der siebenbürgischen N 
— Jahrb. d. k. k: geol. R.-A., Verhandl. pag. 130 und 132. 

Vorlage der geologischen Uebersichtskar te des östlichen Siebenbürgen. 
— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 180-183. 

Besprechung von Stopp anis Rivista seologica della Lombardia. 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 191—193. se 
Antwort auf 'Stoppanis Angriffe segen’ Hauer’s Arbeit über die 
Lombardei.) 

Ueber Tertiärversteinerungen von Reps in Siebenbürgen. — Jahrb: d. 
k. k. geol R.-A., Verhandl. pag. 191. (Betrifft Congerienschichten 
in Verbindung mit Basalttuffen.) 


4 


1860. 

*Ueber die Verbreitung der Inzersdorfer Schichten in Oesterreich. — 
Jahrb. d. k. k. geol.' R.-A., 11. Bd., pag. 1—10. Vergl. dazu die 
kürzere Anzeige ebenda in Verhandl. pag. 44. 

Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tieize.) 109 


u 


806 Dr. Emil Tietze. [128] 


Ueber neue Mineralvorkommen von Kovaszna und Ditro in Sieben- 
bürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 85—87. 
(Betrifft Schwefel, Realgar und Lasurstein.) 

Ueber Petrefaetenfunde bei Kronstadt in Siebenbürgen. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 87. (Betrifft oberen Jura und Lias.) 

Ueber die Aufnahme der Gegend von Zalathna und Torotzko in Sieben- 
bürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 108. 

Ueber die Aufnahme bei Abrudbanya und im oberen Körösthal in 


Siebenbürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 113. 
Ueber die geologische Uebersichtskarte von Siebenbürgen. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 137. 
Erinnerungen an geologische Streifzüge in Siebenbürgen. — Wiener 


Zeitung 1860 von Nr. 3, 4, 6, 11, 12, 13, 20, 23, 27, 30, 31, 34, 
35, 36. (Sind populär gehaltene Feuilletons.) 
*Nachträge zur Kenntniss der Cephalopoden -Faunen der Hallstätter 


Schiehten. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Classe, 
41. Bd., pag. 113—150 mit 5 Tafeln. 
Höhenmessungen in Siebenbürgen. — Mitth. d. k. k. geogr. Ges., 


4, Bd., pag. 7—36. 

Die Geschäftsgebahrung der k. K. geologischen Reichsanstalt. — 
Publieirt im Verein mit Franz Foetterle als selbständiges Pro- 
memoria. (Bezieht sich auf die über die Anstalt hereingebrochene 
Krisis in jenem Jahre.) 


1861. 


Das Fogarascher Gebirge in Siebenbürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., 12. Bd., Verhandl. pag 1. y 

Ueber die bei der Reconstruction eines Theiles des Stephansthurmes 
zu verwendenden Bausteine. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A, 12. Bd., 
Verhandl. pag. 2. 

Höhenmessungen im westlichen Siebenbürgen. -- Mitth. d. k. k. geogr. 
Ges. in Wien 1861, pag. 1—23. 

*Ueber die Ammoniten aus dem sogenannten Medolo der Berge Domaro 
und Guglielmo im Val Trompia. — Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. 
math.-naturw. Classe, Jahrg. 1861, 44. Bd., Wien 1862, pag. 403 
bis 422 mit 1 Tafel. 

Ueber das Burzenländer Gebirge. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., 
Verhandl. pag. 20. 

Der Dachschiefer von Mariathal bei Stampfen. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., 12. Bd., Verhandl. pag. 46. (Die betreffenden früher zur 
Grauwacke gerechneten Schiefer werden auf Grund eines zuerst 
von E. Suess bestimmten Ammoniten dem Lias ee 

Petrefacten aus dem Bakonyer Wald. — BRhen. d. K. k. geol. R-A, 
12. Bd., Verhandl. pag. 67. 

Referat über Gümbel’s Werk über die Bienen Ana — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., Verhandl. 1861, pag. 39—45, Fort- 
setzung davon in demselben Bande, Verhandl. 1862, pag. 280 -- 284. 

Referat über Gümbel’s Arbeit über die Dachsteinbivalve. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., Verhandl. 1861, pag. 130. 


PP" 
[129] Franz v. Hauer, 807 
Kurzer Bericht aus Raab. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., 
Verhandl. pag. 73. 
Bericht über das Vertesgebirge und den Bakonyer Wald. -- Jahrb. 


d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., Verhandl. page. 76 

Weiterer Bericht über den Bakonyer Wald. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., 12. Bd., Verhandl. pag. 83. 

Vorlage der geologischen Uebersichtskarte des südwestlichen Ungarn 
zwischen Donau und Drau. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., 
Verhandl. pag. 110. 

Das Eisenwerksproject von Kovaszna. — Oesterr. Zeitschr. für Berg- 
und Hüttenwesen 1861, pag. 49—50. (Abfälliges Urtheil.) 

*Die Geologie und ihre Pflege in Oesterreich. — Rede in der feier- 
lichen Sitzung der kais. Akademie der Wissenschaften am 31. Mai 
1861, 32 Seiten. Almanach d. kais. Akad. 1861, pag. 199-230. 

*Ueber die Petrefacten der Kreideformation des Bakonyer Waldes. 
— Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Olasse, 44. Bd., 
pag. 651—659 mit 3 Tafeln. 

Geologische Uebersichtskarte von Siebenbürgen, veröffentlicht in 
Hermannstadt 1861. (In Wien in Commission gewesen bei der Kunst- 
handlung Artaria.) 


1862. 


Ueber Triaskalke im Vertesgebirge und im Bakonyer Walde. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., Verhandl. pag. 164—166. 


Ueber Medolo-Ammoniten. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., 
Verhdl. pag. 166. (Vergl. Sitzb. d. kais. Akad., 44. Bd., pag. 403.) 

Ueber das Vorkommen des Phosphorits in Oesterreich. -— Prag, 
Centralblatt, XIIL, 1862, pag. 185—186. 

Das Vorkommen von Phosphorverbindungen im Mineralreich. — Jahrb. 


d. k. k. geol. R-A., 12. Bd., Verhandl. pag. 190—192. (Hervor- 
gerufen durch die Frage der künstlichen Düngmittel.) 

Reisebericht aus Dalmatien. — Jahrb. d. k. k. geol. R-A., 12, Bd., 
Verhandl. pag. 240. (Betrifft die Gegend von Sebenico, Sign, 
Spalato.) Vergleiche dazu noch die gemeinsam mit Stache ver- 
fassten Berichte (pag. 257 und 271). 

Paralleltafeln für die Farbenschemata der Karten der k. k. geo- 

' logischen Reichsanstalt. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 12. Bd., 
Verhandl. pag. 287. 


1863. 


*Geologie Siebenbürgens. — Wien 1863, verlegt bei W. Braumüller, 
herausgegeben von dem Vereine für siebenbürgische Landeskunde. 
Verfasst in Gemeinschaft mit G. Stache. 636 Seiten starker Band. 
Ueber die Theilung der Arbeit zwischen beiden Autoren vergl. 
Vorrede pag. \V. 

Vorlage der geologischen Uebersichtskarte von Dalmatien. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A. 1863, 13. Bd., Verhandl. pag. 14—15. 

102* 


808 Dr. Emil Tietze. [130] 


Bemerkungen zu einer Mittheilung Madelung’s über krystallinische 
Gesteine Westsiebenbürgens. — "Jahrb. d. K. k. geol. R.-A., Verhandl., 
ae, FT: 

br bei Polnisch-Ostrau gefundenen Bernstein. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag. 41. 

Vorlage von Geschenken an die k. k. geologische Reichsanstalt. — 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 133—134. (Betrifft 
Lithodendronkalk aus den "Adnether Steinbrüchen, Bhynchonella 
pedata aus der Gegend von Werfen, sodann Congerien und Palu- 
dinen aus Siebenbürgen.) 


Ueber Eocän auf der Puszta Forma bei Stuhlweissenburg. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 145. 

Ueber Fossilien vom Margarethenkapf bei Feldkirch. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 146. (Betrifft Kreide.) 

Ueber die Schiehtenfolge bei Trenesin-Teplitzz. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag. 146. 

Kurzer Bericht über die Gegend zwischen Waag und Neutra. — Jahrb. 


d. k.k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 74. 


1864. 


Vorlage der geologischen Karte der Umgebung von Trenesin, Pistyan, 
Neutra. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 14. Bd., Verhandl. pag. 67. 

Mittheilung über den weiteren Fortgang der Vorarbeiten für eine 
geologische Uebersichtskarte der österreichischen Monarchie... — 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 78. Vergl. dazu Jahrb. 
d. k.k. geol. R.-A., 12. Bd., Verhandl. pag. 2857 und Haidinger’s 
hierauf bezügliche Angaben im Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., 13. Bd., 
Verhandl. pag. 100. 

Ueber antiquarische Funde bei Moravan im Waagthal. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 104. (Betrifft Objecte, die als der 
Bronzeperiode, zum Theil als noch älterer Zeit angehörig gedeutet 
wurden.) 2 Tr 

Ueber Fossilreste aus Radoboy in Croatien. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 105. 

Ueber Petrefacten aus dem Eisenburger Comitat. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag. 114. (Kurze Notiz, betreffend VOrRsluBE 
lich Fossilien der Congerienschichten.) 

Untersuchung des Neutraer Gebirges. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 129—130. 

Die geologische Aufnahme der Gegend nordöstlich von Neutra. — 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 209. 

Petrefacten aus der Gegend von W aag—Neustadtl. — Jahrb. d. k.k. 
geol. R.-A., Verhandl. pag. 210. (Betrifft Rhätisches und Liassisches.) 

Gebirgsarten und Petrefacten aus Steierdorf im Banat. — Jahrb. d. 
K. k. geol. R.-A.,, Verhandl. pag. 237. (Betrifft unter Anderem Lias- 
pflanzen und Lias- -Süsswasserschnecken.) 

Ueber verschiedene Marmormuster. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A,., 
Verhandl. pag. 237. (Sehr kurze Notiz.) 


[131] Franz v. Hauer. 809 


Aufnahme der Gegend von Kis-Tapolesan. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 142. 

Die Goldlagerstätten Siebenbürgens. — Oesterr. Revue, Wien, Verlag 
von Carl Gerold’s Sohn, 2. Jahrg. 1864, .1. Bd., .pag. 198—211. 

Die k. k. geologische Reichsanstalt. — Oesterr. Revue 1864, 1. Bd., 


pag. 255— 256. 
1865. 


*Ueber die Gliederung der oberen Trias der lombardischen Alpen. — 
Sitzb. d. kais, Akad. d. Wiss, math.-naturw. Cl., 51. Bd. 1865, 
pag. 33 —48. | 

*Die Cephalopoden der unteren Trias der Alpen. — Sitzb. d. kais. 
Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 52. Bd., page. 605-640 mit 
3 Tafeln. Vergl. hierzu Seite [90] dieser Abhandlung. 

Choristoceras, eine neue Cephalopoden-Sippe aus den Kössener Schichten. 
Sitzb. .d. kais..Akad. d. Wiss., math.-naturw. Cl., 52. Bd., pag. 654 
bis 660 mit 1 Tafel. (Betrifft Formen, die früher zu Crioceras gestellt 
worden waren.) 


Die geologischen Verhältnisse der Umgegend von Neutra. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., 15. Bd., Verhandl. pag. 38—40. . 
Bericht über die. Gegend östlich von Gran: — Jahrb. d. k. k. geol. 


R.-A., Verhandl. pag. 121. (Gemeinschaftlich mit Stache erstatteter 
\ Bericht.) . 

Die Versammlung ungarischer Aerzte und Naturforscher in Pressburg. 
— Jahrb. d.k.k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 195—198. Vergl. den 
direeten Bericht über die XI. Versamml. ung. Aerzte und Naturf. 
1865, pag. 73—78, und einen in Pressburg gehaltenen Vortrag 
Hauer’s über die Aufnahmen der geol. Reichsanstalt in Ungarn 
der daselbst abgedruckt ist. Zur Erläuterung dieses Vortrags diente 

eine Sammlung von 579 Belegstücken, welche durch einen von 
Hauer zusammen mit Paul verfassten 13 Quartseiten langen 
Catalog erläutert wurde. 

Die. Aufnahme der Gegend von Dorog, Piszke und Almas. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 150. 

Die. Umgebungen von Levencez und Verebely. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 151. 

Die Trachytgebirge zwischen Kövesd und Gross-Marosch. -— Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 131—132. 

Petrefacten aus Siebenbürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. 
pag. 255—258. Betrifft Bestimmungen, die auf Grund von Ein- 
sendungen von Herbich und Meschendörfer gemacht wurden. 
Unter anderen Dingen verdient eine Liste mitteljurassischer Ver- 
steinerungen vom Bucsces bei Kronstadt Interesse. Auch wird hier 
der.Nachweis für das a = von Werfener Schichten in Sieben- 
'bürgen gegeben. 

Ueber Myophoria Kefersteini \ von Hüllenheim. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 259—260. ve sich auf eine Einsendung 
Sandberger $.) 

Notiz über die k. k. geologische Reichsanstalt.: — Oesterr. Revue 1865, 
Il., pag. 256 —258. 


810 Dr. Emil Tietze. [132] 


1866. 


Zur Erinnerung an Graf Emil Dessewffy. — Jahrb. d. k.k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 1. 

Myophoria Raibeliana aus Franken. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 6. (Enthält eine Berichtigung zu Jahrbuch 1865, 
Verhandl. pag. 260.) 

Vulkanische Erscheinungen in Santorin. — Jahrb. d.k k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 20—23. (Betrifft hauptsächlich einen Brief des 
Astronomen Schmidt.) 


Ausströmen brennbarer Luft zu Lipowec. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 30. 
*Neue Cephalopoden aus den Gosaugebilden der Alpen. — Sitzb. d. 


kais. Akad. d. Wiss. math.-naturw. Olasse, 53. Bd., pag. 300— 308 
mit 2 Tafeln. 

Die vulkanischen Erscheinungen in Santorin. — Jahrb. d. k.k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 35— 54. (Gibt eine auf verschiedene briefliche 
Mittheilungen gestützte Darstellung jener Erscheinungen.) 

Hauynfels von Ditroe. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl, 
pag. 59. 

Graphit von Mugrau. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 
59—60 


Fossile Fische von Szotkowa in Galizien. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 60. 

Zur Erinnerung an A. Madelung. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 61. 

Nochmals die vulkanischen Erscheinungen in Santorin. — Jahrb. d. 


k. k. geol. R.-A, Verhandl. pag. 62—65. (Ergänzung des früher 
daruber Gesagten durch Benützung weiterer brieflicher Mittheilungen.) 
Vergl. dazu noch ebendort Verhandl. pag. 105—107. 

Wasserausbruch bei einem artesischen Brunnen in Venedig. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 65. 

Die Gegend östlich von Erlau. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Ver- 
handl. pag. 94. 

Der Meteorsteinfall von Knyahinya. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
Verhandl. pag. 105. 

Schwefel- und Antimonerze aus Siebenbürgen. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 114. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 123—135. (Dieser 
Bericht wurde am 6. November 1866 erstattet, als Hauer nach 
dem kurz vorher erfolgten Rücktritt Haidinger’s mit der pro- 
visorischen Leitung der ‘Anstalt betraut war.) 

Fossile Pflanzen und Fische von Korniezel in Siebenbürgen. — Jahrb. 
d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 142. Bezieht sich auf eine 
Mittheilung des Grafen Schweinitz. - Es wurden hier die be- 
treffenden Ablagerungen als wahrscheinliche Fortsetzung der Pflanzen 
führenden Absätze von Szakadat und Thalheim angesprochen, welche 
nach einer früheren Bestimmung Hauer’s (vergl. Jahrb. d. geol. 
R.-A. 1860, pag. 102—103) sich den Cerithienschichten anreihen. 


[133] Franz von Hauer, 811 


Alte Eisensteinbaue bei Moste in Ober-Krain. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 143. (Bespricht die Angaben eines Herrn 
Müller über diesen Gegenstand.) 


Neocompetrefacte von Klien bei Dornbirn. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 143. 
Fossile Fische aus Ungarn. — Jahrb. d. k.k. geol. R.-A., Verhandl. 


pag. 143—145. (Bezieht sich auf gewisse von Kner untersuchte 
Fische, unter denen die Meletta sardinitis wegen ihres Vorkommens 
in den sarmatischen Schichten von Tallya besonders besprochen 
wird im Hinblick auf die Controversen über Radoboj.) 

Ansprache bei Gelegenheit der Beendigung der Verwendungszeit der 
an die Anstalt einberufenen Montanisten. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 146. 

Ueber von Herrn Herbich aus Siebenbürgen gesendete Petrefacten. 
— Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. pag. 191—195. (Betrifft 
hauptsächlich Jurassisches und auch Neocomes.) 

Gesteine und Petrefacten aus der Marmaros. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A., Verhandl. pag. 195. (Zum Theil jurassische Funde.) 


Beobachtungen bei Boryslaw. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., Verhandl. 
pag. 196. (Auf Grund von Einsendungen und brieflichen Mitthei- 
lungen verfasste Notiz.) Auf derselben Seite und theilweise vorher 
sind auch noch einige andere Notizen über eingesendete Stücke 
zu finden, z. B. über Fahlerz von Langenbach bei Hüttau etc. 

Antwort auf eine Frage aus Ungarn. — Allgemeine land- und forst- 
wissenschaftliche Zeitung, Wien, 16. Jahrg., pag. 1139--1140. (Be- 
trifft die bereits 1862 erörterte Frage des Vorkommens von Phos- 
phoriten und ist polemischen Inhaltes.) 


1867. 
L’institut geologique imp. et roy. d’Autriche ä l’exposition universelle 
de Paris. — Vienne 1867. 28 Seiten. (Enthält ausser der Auf- 


zählung der zur Ausstellung gebrachten Objecte eine kurze Dar- 
stellung bezüglich der Gründung der Anstalt und deren Aufgaben.) 
Vergl. Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1867, pag. 156. 

Nachruf für Eudes-Deslongehamps und Alberto Parolini. — 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 25. 

Ueber fossile Wirbelthierreste in der Braunkohle von Eibiswald. — 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, pag. 36—38. 

Sphaerosideritkugel von der Studentalpe bei Graz. — Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 38. 

Gosaupetrefacte aus Abtenau und Gyps von der Ennsalpe im Pongau. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 38. (Der Gyps wird als 
wichtig für die Zureehnung der Radstädter Tauerngebilde Stur’s 
zur unteren Trias angesehen. . 

Fossile Pflanzen von Vale Scobinos bei Korniczel in Siebenbürgen. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.;-A., pag. 40. (Enthält die Bestim- 
mungen der oben unter 1866 erwähnten Reste, welche Graf 
Schweinitz auffand, und welche das sarmatische Alter der 
betreffenden Absätze zu erweisen scheinen. 


812 Dr. Emil ‚Tietze.)’ [134] 


Petrefaecten aus den Fischschiefern von Raibl, ‚den lithographischen 
Sehiefern von Solenhofen und Ammoniten aus den Dachschiefern 
von Mariathal. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 63. (Bezüglich 
Mariathal vergl. d. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 16. Bd., Verhandl. 
pag. 139, 12. Bd. Verhandl. pag. 46 und eine so eben im Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. 1899, 4. Heft erscheinende Arbeit von Schaffer.) 

Cidaritenstacheln von der Isola dei cavalieri bei Makri in Kleinasien. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 64. (Bezieht sich auf eine 
der ©. glandifera des Berges Carmel verwandte Form.) 

Fossilien aus dem Kalk des eocänen Flysch von Thüringen bei Bludenz. 
— Verhandl. :d. k. k. geol. R.-A., pag. 64. ie 

Nachruf für Se. kais Hoheit Erzherzog Stephan. — Verhandl.rd. 
k. k. geol. R.-A., pag. 69— 10. Yale 

Nachruf für A.v. Morlot. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 7O— 71: 

Ueber Prehnit von Comisa aus der Insel Lissa und .über Eruptiv- 
gesteine von Dalmatien. — Verhandl.d.k.k.geol. R.-A., pag. 89—91. 

Referat über einige Arbeiten von A. Sismonda und M. Marcou. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. pag. 92—93. .(Bezieht sich- auf 
die Altersdeutung der Schichten der. Maurienne und Tarentäise. 
Hauer bedauert, dass man den Österreichischen Vorkommnissen 
der Stangalpe etc. bei der Discussion jener Frage keine Aufmerk- 
samkeit schenkte.) 

Petrefacten aus dem braunen Jura von Buesees bei. Kronstadt in 
Siebenbürgen. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 126. Di 

Notiz.über Beauxit aus der Wochein. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 126. (Vergl. Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 16. Bd., Verhandl. 
pag. 11.) IRRE AN 

Bericht über das Jubiläum der mineralogischen Gesellschaft in Peters- 
burg. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A.. pag. 131-132. 

Ueber Halianassa Collini aus einer Sandgrube bei Hainburg. 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 140—141. (Betrifft das bis jetzt 
im Museum der k. k. geol. Reichsanstalt aufbewahrte Skelett dieser 
Uetacee.) 

Die Lagerungsverhältnisse der Gosauschichten bei Grünbach: — 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A,, pag. 184—187. 


Das Scheiden Lipold’s aus dem Verbande der k. k. geologischen 


Reichsanstalt. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 203204. 
(Enthält den Dank und die Anerkennung des Genamnten.) STE 
Todesanzeige von Dr. Johann Auerbach. — Verhandl. d. k..k. 


geol. R.-A., pag. 349. 
Palaeontologische Mittheilungen aus dem ungarischen Nationalmuseum. 
— Verhandl. d. k. k. geol, R.-A., pag. 234. (Enthält Notizen über 
Hierlatzschichten von Totis, Neocom von Labatlan und über. ein 
neues Tertiärfossil von Beocsin in Syrmien, augenscheinlich die 
später von dort näher bekannt gewordene Valenciennesia betreffend.) 
Diluvialer Hirsch aus Pitten. — Verhandl. d. k.. k. geol. R.-A., :pag. 
268. (Vergl. über die Lagerstätte und andere Reste ‚von .dort, 
Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 1865, pag. 397.) | 


[135] Franz von Hauer. 813 


Bericht über die geologischen Karten verschiedener Länder auf der 
Pariser Weltausstellung. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 281 
bis 285. 

Rhinoceros-Reste von Döbling. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 293. 

Referat über Meneghini’s Monographie der Fossilien des rothen 
Ammonitenkalks der Lombardei. — Verh. d. k. k. geol. R.-A., pag. 295. 
(Enthält Bemerkungen bezüglich der früheren Controverse Hauer’s 
mit Stoppani und begrüsst das Aufgeben der früher von einigen 
italienischen Forschern festgehaltenen Untheilbarkeit des rothen 
Ammonitenkalks ) 

Referat über Stache’s Bakonyer-Wald. — Verhandl. d.k.k. geol. R.-A., 
pag. 301—302. (Bezieht sich auf eine von Stache in der Oesterr. 
Revue veröffentlichte Abhandlung und mag hier erwähnt werden, 
weil die von Hauer im Verein mitStache und Paulim Bakonyer- 
‚Walde gemachten Beobachtungen ohnehin nur theilweise zur publi- 
eistischen Verwerthung gelangten.) 


Jurakalk-Petrefacte aus der Umgegend von Verespatak. — Verhandl. 
d. k. k. geol. R.-A., pag. 338. 
Gebirgsarten und Erze aus der Marmarosch. — Verhandl. d. k. k. 


geol. R.-A., pag. 339. (Bezieht sich auf eine Einsendung Göttmann’s 
und enthält auch Nachweise über Versteinerungen aus der Kreide, 
aus Crinoidenkalken, Salzthon etc.) 

Referat über Beyrich’s Arbeit, betreffend Cephalopoden aus dem 
Muschelkalk der Alpen. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 268. 
(Bezieht sich auf Formen von Reutte und dem Himalaya und die 
Frage der Trennbarkeit des alpinen Muschelkalks. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, pag. 305— 314. 

Neue Triaspetrefacten aus Tirol. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 381—382. (Bezieht sich vornehmlich auf Bactryllien und Amm. 
Heaidinger: aus den Carditaschichten eingesendet von Pichler.) 

*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichischen 
Monarchie. Blatt V, Westliche Alpenländer. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1867, pag. 1—20. (Enthält auch die kurze Einleitung zu den 
sesammten Erläuterungen.) 

Die geologische Uebersichtskarte der österreichischen Monarchie nach 


den Aufnahmen der k. k. geologischen Reichsanstalt. — Oesterr. 
Revue 1867, 5. Bd., pag. 131— 144. 
Notiz über die k. k. geologische Reichsanstalt. — Oesterr. Revue 


1867, 5. Bd., pag. 146—148. 


1868. 


Die Section für Mineralogie, Geologie, und Palaeontologie bei der 
42. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Dresden. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 340 — 543. 

Ueber die Ergebnisse der Aufnahmen der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt im Sommer 1868. -— Vortrag in d. Section für Min. u. Geol. 
in d. 42. Vers. deutsch. Naturf. u. Aerzte in Dresden am 22. Sept. 1868, 
pag. 27—-31 des betreffenden Tagblattes. 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) ]03 


814 Dr. Emil Tietze. [136] 


Referat über Gümbel’s Beschreibung des ostbairischen Grenzgebirges. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 269—267. 

Referat über Suess, die Aequivalente des Rothliegenden in den 
Südalpen. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 268—269 und 
356—357. 

Jahresbericht über die Thätigekeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k k. geol. R.-A., pag. 367—380. (Enthält am Ein- 
gange die Todesanzeige von Moritz Hoernes.) 

Fossilien von Metmach bei Ried in Oberösterreich. — Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 387. (Betrifft unter Anderem Psephophorus, 
Delphinreste und Fischzähne.) 

*Frläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichischen 
Monarchie. Blatt VI, Oestliche Alpenländer. — Jahrb. d. k. k. geol. 
R.-A. 1868, pag. 1—44. 

*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichischen 
Monarchie. Blatt X, Dalmatien. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 431—454. SIE Ns 


1869. 


Nachruf an Liebener v. Monte Cristallo. — Verhandl. d. K.k. 
geol. R.-A., pag. 44. 

Zur Erinnerung an Hermann v. Meyer und T. A. Catullo. — 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 130—131. (Enthält ein Ver- 
zeichniss der Mittheilungen Meyer’s über österr. Fossilien.) 

Das Kohlenvorkommen von Berszaszka und die Fundstelle der Am- 
moniten von Swinitza im Banat. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 167—169. a 

*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie. Blatt Nr. I und II, Böhmen. — Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 1—58. 

*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie. Blatt III, Westkarpathen. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 485—566. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol R-A., pag. 323--343. Dieser Bericht 
enthält (siehe Anfang und Schluss desselben) eine Verwahrung gegen- 
über gewissen Ueberhebungen, welche auf anderer Seite bezüglich 
der Wirksamkeit der Reichsanstalt und derjenigen der „Freunde 
der Naturwissenschaften“ zu Tage getreten waren. (Vergl. hierzu 
theilweise Seite [9] dieses Nachrufes, sammt Anmerkung 2 daselbst.) 


1870. 
*Erläuterungen zur geologischen Vebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie, Blatt Vil, Ungarisches Tiefland. — Jahrb. 


d. k. k. geol. R.-A., pag. 463 —500. 
Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, pag. 289—303. (Erster Bericht 
seit Unterstellung der Anstalt unter das Unterrichts-Ministerium.) 


[137] Franz v. Hauer. 815 


Zur Erinnerung an Franz Unger. — Verhandl. d. k.k. geol. R.-A., 
pag. 57. 
Anzeige von Schlönbach’s Tod. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 


pag. 199. (Kurzer Nachruf. Vergl. Jahrb. d. geol. R.-A. 1870, pag. 59). 

Referat über Johann Grimm’s Arbeit, betreffend den höheren Berg- 
wesens-Unterricht in Oesterreich. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 310—311. Polemischen Inhalts. Die Frage über Mängel im 
Bergwesens-Unterricht war anlässlich einer Wassereinbruchs-Kata- 
strophe [1868] in Wieliczka aufgetaucht und hatte zu vielfachen 
Erörterungen Veranlassung gegeben, an welchen sich Montanisten, 
wie Geologen theils in wissenschaftlichen Zeitschriften, theils in den 
Tagesblättern betheiligten. Insbesondere hatte E. Suess (Verhandl. 
geol. R.-A. 1868, pag. 428) eine sehr ausgesprochene Stellung bei 
dieser Discussion eingenommen, während Hauer nur gelegentlich 
behufs Abwehr von Angriffen auf die Geologen in dieselbe eingegriffen 
hatte (vergl. die Presse vom 25. Dec. 1868 und die Neue Freie 
Presse vom 31. Dec. 1868). Die oben erwähnte Arbeit Grimm’s, 
damaligen Directors der Pfibramer Bergakademie, nahm die Vor- 
würfe gegen diejenigen Geologen, welche eine Verbesserung des 
bergmännischen Unterrichts verlangt hatten, wieder auf und erklärte 
sich vor Allem auch gegen die von Einigen verlangte Errichtung 
einer Bergakademie in Wien. In dem citirten Referat protestirte 
Hauer gegen die Unterschiebung; dass die Geologen bei jenen 
Discussionen selbstsüchtige Motive gehabt hätten. 


Psephophorus polygonus aus dem Sandstein von Neudörfl. — Verhandl. 
d. k. k. geol. R.-A., pag. 342. 
Vorlage von prähistorischen Culturresten. — Vortrag in der Plenar- 


versammlung der antropologischen Gesellschaft in Wien. 8 Seiten 
Text. In den Mitth. dieser Ges. Bd. I, Nr. 2. (Enthält Mittheilungen 
über Reste aus Mähren, Ungarn, den Alpenländern und theilweise 
auch aus dem Ausland. Die betreffenden Objecte sollten den Grund- 
stock einer Sammlung der Gesellschaft bilden. Später wurde be- 
kanntlich diese Sammlung mit der entsprechenden Abtheilung des 
naturhistorischen Hofmuseums vereinigt. 


1871. 


Referat über Taramelli’s Studien bezüglich des Eocäns in Friaul. 
— -Verhandl. pag. 121. 

Flussspath von der Gams. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 159. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 289—301. 

Ueber die Eisenerzlagerstätte der Donnersalpe. — Verhandl. d. k. k 
geol. R.-A., pag. 358. (Vorläufige Mittheilung. Siehe unter 1872.) 
Zur Erinnerung an Wilhelm Haidinger. —allahrhr d.., K.k. zeol: 

R.-A., pag. 31—40. 

*Geologische Uebersichtskarte der österreichisch-ungarischen Monarchie, 
— In 12 Blättern, Maßstab 1:576.000, Verlag von A. Hölder. Vergl. 
hierzu Seite [95] der vorstehenden Abhandlung.) 

103* 


316 Dr. Emil Tietze. [138] 


1872. 


Referat über Stur’s Geologie der Steiermark. — Verhandl. d.K.k. 
eol. R.-A., pag. 17. (Würdigung und Anerkennung des Verdienstes 
jenes Werkes namentlich in Bezug auf den „reichen Schatz wirk- 
licher Beobachtnngen“, die darin niederge!"gt wurden.) 

Die Eisensteinlagerstätten der steirischen Eisenindustrie-Gesellschaft 
bei Eisenerz. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., pag. 27—34. Mit 
1 Karte. Dieser Aufsatz ist (wenngleich nur als Auszug) dem wesent- 
lichen Inhalt nach gleichbedeutend mit einem Gutachten, welches 
bereits im Jahre 1871 als Manuscript gedruckt worden ist, in dem 
Bericht über die am 28. März 1871 abgehaltene Generalversamm- 
lung d. steir. Eisenindustrie-Gesellsch. Wien, 1871, pag. 9—20. 

*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie. Blatt IX, XI und XII. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 149—228. 

Die betreffenden Blätter enthalten grossentheils freie, das 
heisst nicht von kartographischen Darstellungen bedeckte Flächen, 
und nur kleinere Gebietstheile sind daselbst zur Anschauung ge- 
bracht, deren Erläuterung schon bei früheren Gelegenheiten gegeben 
worden war, gelegentlich der Besprechung der daran angrenzenden 
Gebiete. So konnte Blatt IX für das Farbenschema der Gesammt- 
Uebersichtskarte benützt werden, während der freie Raum auf den 
Blättern XI und XII für eine tabellarische Uebersicht geeignet 
schien, durch welche die Gliederung und die ungefähre Paralleli- 
sirung der in verschiedenen Gebieten auftretenden Schichtgesteine 
verdeutlicht werden sollte. Besondere Erläuterungen gerade hierzu 
durften entfallen. Dafür schien es wünschenswerth, die in jener 
Tabelle und im Farbenschema erwähnten Localnamen näher zu 
erklären, wodurch die Veranlassung zu einem besonderen Hefte der 
Kartenerläuterungen gegeben erschien. Diese Erklärung der Local- 
namen wurde dann auch auf solche, theils von Localitäten ent- 
nommene, theils anderweitige Beziehungen andeutende Namen aus- 
gedehnt, die nicht gerade in der tabellarischen Uebersicht vorkamen, 
die aber in den Druckschriften der k. k. geologischen Reichsanstalt 
überhaupt bezüglich österreichischer Schichtgebilde gebraucht worden 
waren. Die Aufzählung der Namen geschieht in alphabetischer 
Ordnung. Sie beginnt mit den Actaeonellen-Schichten und schliesst 
mit den Zlambacher Schichten. (Vergl. dazu noch Verhandl. d.k.k. 
geol. R.-A. 1872, pag. 102.) 


Paralleltafel und Index der Schichtgesteine von Oesterreich-Ungarn. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 102—103. (Anzeige der vor- 
besprochenen Arbeit.) 

“Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie. Blatt IV, Ostkarpathen. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 389—400. 

Ueber neue Beobachtungen aus dem östlichen Siebenbürgen von Franz 
Herbich. — Verhandl. d. k.k. geol. R.-A., pag. 26—29. (Enthält 
im Wesentlichen briefliche Mittheilungen Herbich’s.) 


[139] Franz v. Hauer. 817 


Ueber die bevorstehende Betheiligung der k. k. geologischen Reichs- 


anstalt an der Weltausstellung in Wien 18753. — Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A, pag. 48—D52. 
Todesanzeige von Baron Otto v. Hingenau. — Verhandl. d.k.k. 


geol. R.-A., pag. 224. 

Jahresbericht über die ""hätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 305—313 (Vergl. Revue 
scientifique Paris 1873, Nr. 40 vom 5. April, pag. 949 — 951.) 


1875. 
*Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie, Blatt VIII, Siebenbürgen. — Jahrb. d. k. k. 


geol. R.-A., pag. TI 116. 

Katalog der Ausstellungsgegenstände der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt bei der Wiener Weltausstellung 1875, Wien 1873, 200 
Seiten Text. 

Die Geologie auf der Wiener Weltausstellung. — Internationale Aus- 
stellungszeitung als Beilage zur Neuen freien Presse. Nummern vom 
10. Mai, 15. Juni, 26. Juni, 11. Juli, 13. August und 31. August 1873. 

Ueber die Geschenke an das Museum der Anstalt aus der Wiener 
Weltausstellung. — Verhandl. d. k. k. geol. R-A., pag. 259—260. 

Ansprache aus Anlass des 25 jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät 
des Kaisers. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 279. 


1874. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k.k. geol. R.-A., pag. 1—14. (Mit diesem Bericht 
wird die Reihe derjenigen Jahresberichte an der Anstalt eröffnet, 
welche nach Abschluss des Kalenderjahres erstattet werden, während 
früher als Zeitpunkt der Berichte stets der Beginn der Winter- 
saison gewählt wurde. Im Hinblick auf diesen, Anfang 1874 ge- 
gebenen Bericht war im Herbst 1873 kein Jahresbericht vorgetragen 
worden, weshalb in den Verhandlungen 1873 ein solcher überhaupt 
fehlt.) 


1875. 
Bericht über die Festsitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt bei 
der Feier des 25 jährigen Jubiläums derselben. — Verhandl. d. k. k. 


geol. R.-A., pag. 1—22. (Die Festrede Hauer’s enthält treffende 
Bemerkungen über die verschiedenen Richtungen in der Geologie 
und über die Aufgaben geologischer Anstalten. 

Geologische Karte von Oesterreich - Ungarn (Kleine Ausgabe) — in 
1 Blatt. Wien bei A. Hölder. Maßstab 1:2,016.000. 1. u. 2. Aufl. 
in demselben Jahr. (Ist eine Reduction der grossen, in 12 Blättern 
erschienenen Uebersichtskarte.) 

*Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntniss der Boden- 
beschaffenheit der österreichisch-ungarischen Monarchie. Verlag von 
A. Hölder. 681 Seiten Text. Vergl. dazu Seite [98]—[102] der vor- 
stehenden Abhandlung. 


318 Dr. Emil, Tietze. [140] 


Todesanzeige von Ch. Lyell. — Verhandl. d. K. k. geol. R.-A. pag. 63. 
Referat über das Werk von E. Suess: Die Entstehung der Alpen. 
-— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1875, pag. 181—182. 


1876. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 1—27. 


Todesanzeige von Joseph Nuchten. — Verhandl. d. k. k. geol. 
R.-A., pag. 89. 
Sammlung von Nummuliten aus Ungarn. — Verhandl. d. k. k. geol. 


R.-A., pag. 161—162. 

Referat über Judd’s Studie betreffs des „alten Vulkans von Schemnitz“, 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 399— 360. (Vergl. dazu das 
Referat Hauer’s über Judd in Verhandl. 1877, pag. 107.) 

3egrüssungs - Ansprache beim 25jährigen Jubiläum der zoologisch- 
botanischen Gesellschaft. — Verhandl. d. zool. bot. Ges. Jahrgang 
1876, 26. Bd., pag. 35, Versammlung vom 8. März 1876. 


1877. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der K. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A,, pag. 1—23. 

Führer zu den Excursionen der deutschen geologischen Gesellschaft 
nach der allgemeinen Versammlung derselben in Wien, heraus- 
gegeben von Hauer und Neumayr. Wien 1877. (Die Arbeit 
Hauer’s beschränkte sich hierbei auf seinen Theil an der Ver- 
anstaltung der Herausgabe dieses Führers und auf die Vorrede. 
Einen Beitrag zu den in dieser Publication enthaltenen wissen- 
schaftlichen Aufsätzen hat er nicht geliefert.) 

Todesanzeige von A. Schlönbach. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 73 (betrifft den Vater U. Schlönbach’s). 

Referat über E. Suess, die Zukunft des Goldes. — Verhandl.d. k.k. 
geol. R.-A., pag. 121—122. 

Nachruf für F. v. Rosthorn. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 
161—.162. 

Referat über Curioni’s Geologie der Lombardei. — Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 305—306. 


1878. 
Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— 'Verhandl. d. k. k. geol.R -A,., pag..1—27, 
*Die Geologie und ihre Anwendung’ auf die Kenntniss der. Boden- 
beschaffenheit der österreichisch-ungarischen Monarchie. — Verlag 
von A. Hölder. 2. Aufl., 764 Seiten stark. 


(seologische Karte von N. Ungarn (Kleine Ausgabe) — ın 
1 Blatt, Maßstab 1:2,016.000. 3. Auflage. 


[141] Franz v. Hauer. 819 


1879. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 1—14. 


Ueber die Katastrophe in Teplitz und Osseg. — Verhandl. d. k. k. 
seol. R.-A., pag. 96—98. 

Wiederauffindung des Teplitzer Thermalwassers. — Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 103. 

Miemit von Zepce in Bosnien. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 121—123. 

Rogengyps von Berchtesgaden. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 123. 

Verwerfungen von Geschieben aus der Umgebung von Schleinz und 
Pitten am Nordwestfusse des Rosaliengebirges. — Verhandl. d. k.k. 


geol. R.-A., pag. 145 —149. 

Einsendungen aus Bosnien. — Verhandl. d. k k. geoi. R.-A. pag. 170. 

Ein neues Vorkommen von Coelestin im Banate. — Verhandl. d. k.k. 
geol. R.-A., pag. 215— 216. 

Referat über Baron Petrino’s Abhandlung über die Entstehung 
der Gebirge. — Verhandl. d. k k. geol. R.-A., pag. 211. (Petrino 
war durch die Schrift von Suess über die Entstehung der Alpen 
zu seinen Ausführungen angeregt worden.) 

Melaphyr vom Hallstätter Salzberge. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 252— 254. 

Vorlage des ersten im Druck vollendeten Blattes der geologischen 
Gruben-Revierkarte von Teplitz—Dux—Bilin. — Verhandl. d. k.k. 
geol. R.-A., pag. 351. (Einführung einer von H. Wolf unternom- 
menen Arbeit.) 


1880. 


Die geologische Aufnahme von Bosnien. ‘Vortrag, gehalten im wissen- 
schaftlichen Club in Wien am 26. April 1880. — Monatsbl. d. Wiss. 
Club 1879/80, pag. 103 —104. Vergl. Wiener Allgemeine Zeitung 
vom 13. März 1880. 

Vorwort zu den Grundlinien der Geologie von Bosnien und Hercegowina. 
— Jahrb. d. k k. geol. R.-A. 1880, pag. 159— 166. 

Niekelgymnit von Pregatten. — Verhandl. d. k. k. geol. R-A., pag. 66. 

Bouteillenstein von Trebitsch. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 282— 284. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 1—16. 

Gutachtliche Aeusserungen über den Schutz der Karlsbader Thermen. 
— Nur als Manuseript gedruckt in den Commissions-Protokollen 
der betreffenden in Karlsbad stattgehabten Verhandlungen vom 
20. und 21. Mai, sowie vom ‘3, und 5. November 1880. 


1531. 


Jahresbericht über die Thätiekeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k.. k. geol. R.-A., pag. 1—22. 


820 Dr. Emil Tietze. [142] 


Ueber den Karlsbader Quellenschutz. — Im Karlsbader Wochenblatt 
vom 29. Jänner 1881. 

Ueber die Arbeiten am Arlberg-Tunnel. Vortrag, gehalten am 3. No- 
vember 1881. — Auszug in den Monatsblättern d. Wissenschaftlichen 
Club in Wien 1881/82, 3. Jahrgang, pag. 14—15. 

Bibliographische Notizen. — Beitrag zum Generalregister der Bände 
2]—30 des Jahrb. und der Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 22 Seiten. 

Nachruf für Karl Peters. — Verhandl.d.k.k. geol. R.-A., pag. 309 
bis 310, 


1882. 
Zur Erinnerung an Ami Boue. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 32. Bd., 


pag. 1—6. 

Nachruf für Heinrich Wolf. — Verhandl. d k. k. geol. R.-A., 
pag. 253—25. 

Der Scoglio Brusnik bei St. Andrea in Dalmatien. — Verhandl. d. 
k. k. geol. R.-A., pag. 75— 77. 

Der Meteorsteinfall bei Klausenburg. — Verhandl. d.k.k. geol. R.-A., 
pag. 77—78. 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k.k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 1—18. 

Adresse der k. k. geologischen Reichsanstalt zur Feier des 25jährigen 
Bestehens der k. k. geographischen Gesellschaft. — Mitth. d. geogr. 
Ges. in Wien 1882, pag. 31. (Diese Adresse wurde von Hauer 
verfasst und mit einer Ansprache übergeben ) 


1383. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 1—16. 

Nachruf an J. Barrande. — Verhandl. d. k. k. geol. R. -A., 
pag. 223— 225. 

Bericht über die Wasserverhältnisse in den Kesselthälern von Krain. 
-— ÖOesterr. Touristenzeitung 1883, Nr. 3 u. 4. 9 Seiten Text. 
Referat über den ersten Theil des Werkes von E. Suess: Das Antlitz 
der Erde. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A. 1383, pag. 181—186. 


1884. 


Zur Erinnerung an Ferdinand v. Hochstetter. — Jahrb. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 601—608. . 

Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. .k. geol'R.-A., pag. 1-16. 

Ueber Erze und Mineralien aus Bosnien. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 
pag. 751—758. (Vergl. dazu Verhandl. d. k.k. geol. R.-A., pag. 331. 

Barytvorkommen in den kleinen Karpathen. — Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 387—388. 

Cephalopoden der unteren Trias von Han Bulog in Bosnien. — 
Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 217—219. (Vorläufiger Bericht.) 


[143] Franz v. Hauer. 891 


Ueber geologische und montanistische Karten aus Bosnien. — Verhandl. 
d. k. k. geol. R.-A., pag. 355. 


Palaeophoneus nuneius. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 355. 


Geologische Karte von Oesterreich-Ungarn. (Kleine Ausgabe.) 4. Auf- 
lage. (Verlag A. Hölder.) (Bosnien und die Hercegovina sind hier 
in die Darstellung schon einbezogen.) 


1885. 


Die Krausgrotte bei Gams in Steiermark. Oesterr. Touristenzeitung, 
4. Bd., Nr. 2 u. 3. 6 Seiten Text. 


Jahresbericht über die Thätigkeit der k. k. geologischen Reichsanstalt. 
— Verhandl. d. k. k. geol. R.-A, pag. 1—19. 

Die Gypsbildung in der Krausgrotte bei Gams. — Verhandl. d. k. k. 
geol. R.-A., pag. 21—24. 

Trinkspruch bei dem anlässlich der Ernennung Hauer’s zum Inten- 
danten des naturhistorischen Hofmuseums am 26. Februar 1885 
gegebenen Festmahl. — Monatsbl. d. Wiss. Club in Wien, 6. Jahrg., 
pag. 63. 

Antwort auf eine Adresse der Mitglieder der geologischen Reichs- 
anstal. — Verhandl. d. k. k. geol. R.-A., pag. 159—140. (Die 
Adresse wurde Hauer bei seinem Scheiden von der Anstalt über- 
reicht. In der Antwort betonte Hauer, dass es sein Bestreben ge- 
wesen sei, der selbständigen Thätigkeit der Mitglieder „möglichst 
freien Spielraum zu gewähren und jedem einen Wirkungskreis ein- 
zuräumen, der seinen eigenen Neigungen am Besten zu entsprechen 
schien.“ Vergl. oben Seite [31].) 


1886. 


Die Arbeiten des Karst-Comites im Jahre 1885. — Oesterr. Touristen- 
zeitung 1886, Nr. 7, vom 1. April, pag. 73— 17. 

Bemerkungen zu Brezina’s Abhandlung über die Meteoritensamm- 
lung. — Jahrb. d. k. k. geol. R.-A., 36. Bd., pag. 327. 

Das k. k. naturhistorische Hofmuseum in Wien. — ‚Vortrag gehalten 
am 4. November 1836. Monatsbl. d. Wiss. Club in Wien 1886/87, 
8. Jahrg., pag. 11—18. 

Die Annalen des k. k. naturhistorischen Hofmuseums in Wien. — 
Verhandl. d. k.k. geol. R.-A., pag. 67. 

Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1885. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., 1. Bd., pag. 1—46. . 

Ansprache anlässlich der Eröffnung der Vortragssaison des Wissen- 
schaftlichen Club, gehalten am 4. November 1886. — Monatsbl. d. 
Wiss. Club, 8. Jahrg., pag. 10. 

Ansprache bei der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft 
am 28. December 1886. — Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in Wien 
1886, pag. 689. (Enthält auch einen Nachruf an den Astronomen 
Oppolzer.) 


Jahrbuch d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. (Dr. E. Tietze.) 04 


899 Dr. Emil Tietze. [144] 


1887. 


*Die Cephalopoden des bosnischen Muschelkalkes von Han Bulog 
bei Sarajewo. — Denkschr. d. k. Akad. d. Wiss., 54. Bd., 50 Seiten 
Text mit 8 Tafeln. 

Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1886, 2. Bd., 
Notizen pag. 1— 70. 

Ansprache bei der ausserordentlichen Versammlung der k. k. geo- 
graphischen Gesellschaft am 19. April 1887. — Mitth. d. k. k. 
geogr. Ges. in Wien 1887, pag. 254. (Bezieht sich auf die Begrüssung 
von Lenz, der damals über seine Congo-Expedition den ersten 
Bericht erstattete.) 

Geologische Uebersicht von Oesterreich-Ungarn in dem Werke: Die 
österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild. Uebersichts- 
band, Wien 1887, pag. 87—135. Gehört zu der Einleitung des 
grossen von weiland Se. kais, Hoheit dem Kronprinzen Rud olf 
inaugurirten Werkes. 


1888. 


Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1887, 3. Bd., 
Notizen pag. 1—80. 

Das k. k. naturhistorische Hofmuseum in Wien. — Vortrag, gehalten 
am allgemeinen Bergmannstage in Wien 1888, 4 Seiten Text mit 
1 Tafel. 


1889. 


Allgemeiner Führer durch das k. k. naturhistorische Hofmuseum. — 
Wien 1889. Im Selbstverlage d. Museums. Verfasst unter Mitwirkung 
der Sammlungsvorstände. 

Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1888. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., Notizen pag. 1—78. 

Ansprache bei der gemeinsamen Versammlung der deutschen und 
der Wiener anthropologischen Gesellschaft. — Mitth. d. anthropol. 
Ges. in Wien 1889, pag. 56—5”7. (Eine im Namen des naturh. Hof- 
museums erfolgte Begrüssung der vereinigten deutschen und österr. 
Anthropologen.) 

Ansprache in der Monatsversammlung der k. k. geographischen Gesell- 
schaft am 23. April 1889. — Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in. Wien 
1889, pag. 177. (Bezieht sich auf stattgehabte Wahlen.) 

Eröffnungsansprache der ausserordentlichen Versammlung der K. k. 
geographischen Gesellschaft am 27. November 1889. — Mitth. d. 
k. k. geogr. Ges. 1889, pag. 602. (Die Rede bezieht sich auf die 
Afrikaforscher Graf Teleki und v. Höhnel und ist nur in kurzem 
Auszug mitgetheilt. 


1896. 


Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1389. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., Notizen pag. 1—76. 

Jahresbericht der k. k. geographischen Gesellschaft für 1889. — 
Mitth. d. k. k. geogr. Ges. 1890, pag. 178—181. 


[145] Franz v. Hauer. 893 


1891. 

Ansprache bei Eröffnung des deutschen Geographentages. — Mitth. 
d. k. k. geogr. Ges, 34. Bd., pag. 228, etwas vollständiger in Ver- 
handl. d. 9. deutschen Geographentages, Berlin 1891, pag. 3—5. 

Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1890. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., Notizen pag. 1—87. 

Nachruf für Dr. J. E. Polak. — Ann. d. naturh. Hofm., 6. Bd., 
Notizen pag. 121—122. (Betrifft den verdienten Kenner Persiens.) 

Jahresbericht der k. k. geographischen Gesellschaft für 1890. — 
Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in Wien 1891, pag. 146—148. 

Ansprache bei Eröffnung der Vortrags-Saison des Winters 1891/92 
des Wissenschaftlichen Club, gehalten am 5. November 1891. — 
Monatsblätter d. Wiss. Club, 13. Jahrgang, Nr. 2, page. 16—17. 
(Nicht ohne Interesse wegen verschiedener allgemeiner Bemer- 
kungen, insbesondere bezüglich eines von dem damaligen Rector 
der Wiener Universität Prof. A. Exner erhobenen Vorwurfs, wo- 
nach in unserer Zeit die naturwissenschaftliche Bildung ein unge- 
bührliches Uebergewicht über die politische und ästhetische Bil- 
dung gewonnen haben sollte.) 


1892. 


Jahresbericht der k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1891. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm. 1892, Notizen pag. 27—9. 

Franz v. Hauer’s siebzigster Geburtstag. — Ann. d. k. k. naturh. 
Hofm. 1892, pag. 1--26. (Wurde auf Wunsch der Freunde Hauer’s 
von ihm zusammengestellt und enthält insbesondere auch den Wort- 
laut der Adressen und Zuschriften, mit welchen der Jubilar von 
Seiten zahlreicher gelehrter Gesellschaften und Vereine begrüsst 
wurde.) 

Rede bei der vom Wissenschaftlichen Club in Wien zu Ehren Franz 
v. Hauer’s veranstalteten Festfeier, gehalten am 4. Februar 1892. 
— Monatsbl. d. Wiss. Club 1891/92, 13. Jahrg., pag. 62—64. Diese 
Rede, die übrigens auch in die vorstehend erwähnte Publication 
übergegangen ist, erscheint nicht unwichtig wegen der darin vor- 
kommenden geschichtlichen Rückblicke auf die Entwicklung des 
naturwissenschaftlichen Lebens in Wien.) 

Ansprache bei Beginn des 17. Vereinsjahres des Wissenschaftlichen 
Club. — Monatsbl. d. Wiss. Club 1892/93, 14. Jahrg., pag. 22. 
(Bei dieser Gelegenheit wurde Hauer, von den Club-Mitgliedern 
anlässlich seiner Berufung in das Herrenhaus eine ehrenvolle 
Ovation bereitet.) 

Jahresbericht der k. k. geographischen Gesellschaft für 1891. — 
Mitth. d. k. k. geogr. Ges, in Wien 1892, pag. 213—215. 

*Beiträge zur Kenntniss der Cephalopoden aus der Trias von Bosnien. 
I. Neue Funde aus dem Muschelkaik von Han Bulog. — Denkschr. 
d. kais. Akad. d. Wiss., 59. Bd., pag. 232—296 mit 15 Tafeln. 

Rede bei der Columbusfeier der k. k. geographischen Gesellschaft. 
— Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in Wien 1892, pag. 540. (Auszug.) 

104* 


894 Dr. Emil Tietze. [146] 


1895. 
Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1892. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., 8. Bd., Notizen pag. 1—76. 


Nachruf an Schmerling. — Monatsbl. d. Wiss. Club in Wien 1893/94, 
15. Jahrg., pag. 12. (Kurzer Auszug aus dem in der ausserordent- 
lichen Generalversammlung des Clubs gehaltenen Nachruf. Der 
frühere Staatsminister v. Schmerling war durch lange Jahre 
hindurch Präsident des Clubs, während Hauer Vice-Präsident des 
letzteren war.) 


1894. 


Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1893. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., 9. Bd., Notizen pag. 1—51. 


Jahresbericht der k. k. geographischen Gesellschaft. — Mitth. d.k. k. 
geogr. Ges. in Wien 1894, pag. 277—279. 

Ansprachen in der Festversammlung der k. k. geographischen Gesell- 
schaft am 23. Jänner 1894. — Mitth. d. k. k. geogr. Ges., pag. 
29 u. 46. (Die Versammlung fand zu Ehren der Rückkehr Sı. kais. 
Hoheit des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este 
von dessen Weltreise statt.) 


1895. 


Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1894. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., 10. Bd., Notizen pag. 1—53. 

Jahresbericht der k. k. geographischen Gesellschaft. — Mitth.d.k k. 
geogr. Ges. in Wien 1895, pag. 152—154 

Ansprache in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft 
vom 22, October 1895. — 'Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in Wien 1895, 
pag. 566. (Die Versammlung fand zu Ehren des aus dem Sudan 
zurückgekehrten Slatin Pascha statt.) 


Rede bei der 2Ö5jährigen Jubelfeier der Wiener anthropologischen 
Gesellschaft. — Mitth. d. anthrop. Ges. in Wien 1895, pag. 29—30. 


1896. 


Jahresbericht des k. k. naturhistorischen Hofmuseums für 1895. — 
Ann. d. k. k. naturh. Hofm., 11. Bd., Notizen pag. 1—52. Dieser 
Bericht bietet ein besonderes Interesse, weil in demselben (pag. 1 
bis 10) ein historisch-statistischer Rückblick auf die vorangegangenen 
zehn Jahre der Entwicklung des Museums gegeben wurde, d.h. auf 
diejenige Zeit, welche durch ‘die Leitung der Anstalt durch Hauer 
bezeichnet wurde. Mit dieser knappen, aber den erzielten Fort- 
schritt sehr gut illustrirenden Darlegung nahm Hauer gewisser- 
massen von dem Hofmuseum Abschied. 

Nachruf für Custos Karl Koelbel. — Ann. d. k. k. naturh. Hofm, 
11. B., Notizen pag. 53—54. 


[147] Franz v. Hauer. 725 


*Beiträge zur Kenntniss der Cephalopoden aus der Trias von Bosnien. 
II. Nautilen und Ammoniten mit Ceratitenloben aus dem Muschel- 
kalk von Haliluei bei Sarajewo. — Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss., 
63. Bd., pag. 238—270 mit 13 Tafeln. 


Jahresbericht der k. k geographischen Gesellschaft für 1895. — 
Mitth. d. k. k. geogr. Ges. in Wien 1896, pag. 311—317. 

Ansprache, gehalten am 26. Mai 1896. — Mitth. d. k. k. geogr. Ges. 
in Wien 1896, pag. 248. (Bezieht sich auf die Trauerkundgebung 
der k. k. geogr. Gesellschaft anlässlich des Hinscheidens ihres 
Protectors des Erzherzogs Carl Ludwig, kais. Hoheit.) 


Geologische Karte von Oesterreich-Ungarn. (Kleine Ausgabe.) 5. Auf- 
lage. (Verlag A. Hölder) besorgt von E. Tietze. 


1897. 


Eröffnungsrede bei der Vasco da Gama-Feier der k. k. geographischen 
Gesellschaft, gehalten am 27. April 1897. — Mitth. d. k. k. geogr. 
Ges. in Wien 1897, pag. 310. (Kurzer Auszug.) 


Jahresbericht der k. k geographischen Gesellschaft für 1896. — 
Mitth, d. k. k. geogr. Ges. in Wien 1897, pag. 556 —589. 


Nachtrag. 


Bezüglich der Hauer von Seite gelehrter Corporationen erwiesenen und 
grösstentheils bereits von Böhm zusammengestellten Ehrungen (vergl. Seite [36] 
der vorstehenden Abhandlung) ist noch zu erwähnen, dass auch die naturwissen- 
schaftliche Gesellschaft in Cherbourg Hauer 1867 zu ihrem correspondirenden 
Mitgliede gewählt hat. 


Bemerkung. 


Das dieser Abhandlung beigegebene Bild Hauer's ist nach einer aus dem 
Jahre 1839 stammenden photographischen Aufnahme hergestellt worden. 


0 


26 Dr. Emil Tietze. 


Inaalt'! 


Einleitung! 2) 2. a ALL IST DR EEE ISHEERERE: 


Der. Lebensgang Hauer's.\\ aan... N ER RE ER Eee 


Abstammung, Geburt und Erziehung - £ 

Eintritt in den Staatsdienst, Verbindung ib Halsiweer am mon- 
tanısaschen Museum u . nt eur". 

Gründung des Vereins der ER der ahnen Eutstshunie 
der Akademie der Wissenschaften 

Gründung der k. k. geologischen Röichinastalst ; 

Schwierigkeiten. Bestrebungen, die Reichsanstalt ihrer Seibstrtändiet 
keit zu berauben und unter die ein wissenschaftliches Monopol be- 
zweckende Aufsicht der Akademie der Wissenschaften zu bringen 

Einflussnahme Haidinger’'s und Hauer's auf das naturwissenschaft- 
liche Leben in Wien und Oesterreich überhaupt, auf die Gründung 
einer Lehrkanzel für Geologie und das Entstehen wissenschaftlicher 
Vereine . , 

Hauer Director der senloniereN Reichantetait 

Grundsätze und Gewohnheiten bei der Leitung dieses Instituts 

Hauer als oberster Leiter des naturhistorischen Hofmuseums, sein 
Rücktritt, seine Krankheit und sein Tod 

Angaben über persönliche Beziehungen und über die Hai, zu u Theil 
gewordenen Auszeichnungen 


Die wissensehaftliehe Thätigkeit Hauer’ . 


Zustand der geologischen Kenntnisse über das Gebiets von Oeiterreich 
Ungarn in der Zeit vor dem Eingreifen Hauer's ... ne 

Erste Periode dieses Eingreifens in der Zeit von 1846 bis zur Ördndiug 
der geologischen Reichsanstalt . 

Arbeiten über Hallstätter und Bleiberger Ver Erste E 
nelle Gliederung des Alpenkalkes . 3 

Erster Nachweis von Neocom in den österreichiae hen Kipa 

Erster Nachweis der Trias in den nordöstlichen Alpen . 

Erster Nachweis von Silur und Eocän daselbst . 

Trennung des Eocäns von der Gosaukreide ale 

Die ersten Anfänge einer zutreffenden Gliederung des neh Nasen 

Erste Hervorhebung der später ls Kössener Schichten bekannt ge- 
wordenen Gebilde . EFT N Er 

Zuweisung der Werfener Slfschten zum Bentssuikten und Ser Nach- 
weis von dem Vorkommen der Trias in den karpathischen Gebirgen 


[148] 
Seite 
1—4 
5—37 
5—7 
7—)9 
9—12 

11—13 

14—22 

22—27 

238—30 

31—33 

33—35 

35—37 

37—114 

37—52 

52—63 

52—54 

54 
54—55 
55—56 

56 

56--58 
58 
59 


!) Die Seitenzahlen sind nur nach den Seiten der vorstehenden Abhandlung 
angegeben, nicht nach der fortlaufenden Paginirung des Jahrbuchs. 


a Are an" u LU 2 il an SU 0 SS 


a a 


[149] Franz v. Hauer, 897 


Seite 
Trennung der rothen Ammonitenkalke der Alpen in verschiedene 
Glieder I. 2. a a... DI] 
Palaeontologische Betten über re ia EEE, 5 < 61 
Würdigung der ersten grossen Erfolge . . K 62—63 
Wirksamkeit Hauer’s von der Zeit der Grunde Es Felbeiec hen 
Reichsanstalt bis kurz nach dem Rücktritt Haidinger’s von deren 
Leitung. Zusammenwirken Hauer’s mit Anderen . .. . 63-99 
Zusammenfassende Schilderungen, Vertretung der Boeing dr 
Anstalt nach aussen . . . en. 
Devon bei Graz. Genauere Aiederune or inealkalles EZ TOTER aba 65 
Trennung des Wiener Sandsteins in verschiedene Glieder... . . . 66 
Weitere Gliederung der Trias-, Lias- und Jurabildungen .. .. .. 67-7 
Die Werfener Schichten und die alpinen Salzlagerstätten . . . . . 67-68 
Güttensteimer ündcheitunper Kal nn. ; 2a ne are. 68 
Hallstäatter, Ralk N 29% en a ER. 2 
Kössener Schichten und De beböinkali US Nasa u pen ae 70 
Grestener Schichten . . . . ne se ie 7 
Klausschichten und Vilser Schtähten: a ee. oa a. 72 
Darab je ao Monarchie, een a 73 
Enrebschnies r assau =Duimd-: ı. 1.2 74 
AR sone Eetensten N ee ran 75 
Raibler Schichten . . . . BAT TE RE a N an a 5 DO 
Arbeiten in der rer ET? . 77—84 
Die Stellung des Hallstätter Kalkes nach den faheren Auffossingen 
Hauer’si,...%s; Se ae EL >. 
Palaeontologische Khailen üben Tees le... 90 
Palaeontologische Arbeiten über Liasfossilien und andere Wer enden 90—92 
Bauer, Arbeiten. über Ineam ser in. ee: 92-94 
Geologie Biebenbürgens .... ar u ee. 93 
Hauerin Dalmatien . .. . 94—95 
Die geologische en da Mohaschie Fkla Ave Erläute- 
TIngenn...r . 95—99 
Die sense Thätigkeit a er's and der Zeh seiner 
Direction an der Reichsanstalt und während der Zeit seiner Leitung 
des naturhistorischen Hofmuseums . .. .. 99—105 
Sein Lehrbuch der Geologie in Bezug auf die een Wiexhälliinge 
von Oesterreich-Ungarmn .. . BE 2 PO0S 
Arbeiten über Cephalopoden der bo hen Trias er Er 2, EIG 
Hauer als exacter Forscher und sein Verhältniss zu der speculativen 
Richtung, sowie.zu allgemeinen Eragen. .. :....*%. ...105—114 
Behlussbemerkungen. . „or nn on „10a 
Verzeichniss der Publieationen Hauer’s . .: . 2222.22... .115—147 
Inhaltswrerzeichniss . .% SU sn: 2.2 148149 


Verlag der k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien, III., Rasumoffskygasse 23. 


Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, IlI., Erdbergstrasse 3. 


FARBEN-ERKLÄRUNG: 


Schuttdecken 


Obere Phyllitformation 


Hornblende - Schiefer 
und -Fels 


Schwarze 
Quarzitschiefer 


Helle Quarzitschiefer 


Untere Phyllitformation 


Fruchtschiefer der 
unteren Phyllitformation 


Carl Gäbert. Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen Erzgebirge Tafel XV. 


II E 
IE > I 


S 78 IE 
2 Y i 


Turmalinführende 
Granite des Eibenst. 
Massivs in ihren 
verschiedenen Modi- 
ficationen: 


ee 


Nur in der Um- 
randung des Schiefer- 
gebirges wurden 
von einander getrennt 
und kartographisch 
markiert: 


Grobkörnige 


Mittelkömige 


Mittelkörnig 
porphyrartige 


Kleinkörnig 
porphyrartige 


Feinkörnige 


"Granitporphyr 


Granit-Intrusionen 
im Schiefergebirge 


Modifieation 


Bi DE VL ae? N a S 
- Ara RA SEN. 
Na aa eV 
a E 


® 


1 Obere Phyllitformation Mittelkörnige 


[= 

° 

ri 

N un. Far, Fre} 

Hornblende-8 IN Y 8 Oo ° f FIR AETTER ee Ch 2 

ornblende-Schiefer / Fake \ . & / NN Y N, aan 3 AZ Mittelkörnig ; 

und -Fels IR N 4 SER SEN Z : \ = | KL NZ PINITIN A N en E71: - ö porphyrartige = 
NS e /, ® ° \ er‘ E br N 3 $ 7 4 N EN }, ln Y ee u 

y $ \ 5 ie) 

[eo] 

g0 s 


Schwarze 
Quarzitschiefer 


Kleinkömig 
porphyrartige 


Feinkörnige 


"Granitporphyr 


Granit-Intrusionen 
im Schiefergebirge 


Helle Quarzitschiefer 


2 


Fruchtschiefer der 
unteren Phyllitformation 


Andalusit-Glimmerschiefer der 
unteren Phyllitformation 


Kersantit 


CH 


(& 


Verbreitungsbezirk 


Basalt, anstehend 
der Turmalin — und in Blöcken 
Quarzitschiefeor 
Blöcke 2 RK} 7 NEON) u 5 Spuren alten 
von Quarzitschiefer Veh — s a : er in = ; B 


& A Bergbaues 
im Gebiete von zu, 


—— 


Geologische Speeialkarte der Umgebung von Graslitz im Böhmischen Erzgebirge. 


1:25.000. 


JaıIaee I 


c 
— 
Meter 1000 80 000 #0 200 o 1 Kilometer 


Re 
en Per ee 


III 
a 


T i E 
Een Zeichen für Streichen und Fallen: 
otolithographische Reproduction aus \ Aufeenommen“im Jahre 1898 
« der Section Aschberg (Nr. 153) der topo- 8 E 
graphischen Karte des Königreiches 1 1l T = " —— =# von 
Sachsen. (Mit Genehmigung des königl. 
sächsischen Finanzministeriums). 


0—5° 5—10° 10—20° 20-30° 30—50° 50—70° ‚70—90° 90° ; Carl Gäbert. 


Einfallen der Schichten. 


Alle Rechte vorbehalten. | h Ausgeführt im k. und k. militär-geographischen Institute. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt, Band XLIX, 1899. | | 
Verlag der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien, III., Rasunoffskygasse 23. 


Tafel XVi. 


Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal bei Presburg 
(Ungarn). 


Jahrbuch d. k.k. geol. Reichsanstalt, 1899, 49. Band, 4. Heft. 


Erklärung zu Tafel XVI. 


Belemniten aus dem Dachschiefer von Mariathal (Lias e). 


Fig. 1 und 2. Querschnitte. 

Fig. 3 und 4. Längsschnitte gezerrter Belemniten. 
Fig. 5, 6 und 7. Gezerrte Belemniten. 

Fig. 8. Gezerrter und seitlich verschobener Belemnit. 


Die Figuren 3—7 sind in Schiefer eingebettet, aber ohne das Muttergestein 
abgebildet. Die Zwischenräume sind von weissem, theilweise durchsichtigem Kalk- 
spath erfüllt. 


Sämmtliche Abbildungen sind in natürlicher Grösse der im k. k. natur- 
historischen Hofmuseum in Wien aufbewahrten Originale gezeichnet. 


F.Schaffer, Die Fauna des Dachschiefers von Mariathal, 
5 ). 


„”. 


A.Swoboda nd.Nat gezaulith. Litlı Anst v.Th.Bannwarth, Wien. 


Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX. 1899. 
= Verlagderkk.Beologischen Reichsanstalt Wien]. Rasumoffskygasse 23. 


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£ [2 


Taf. XV. 


Die Fauna des glaukonitischen Mergels vom Mte. Brione. 


Erklärung zu Tafel XVII. 


Pecten Fasini Menegh. 
Fig. 1. Unterklappe. 
‚Fig. 2. Oberklappe von innen. 
Fig. 3a. Oberklappe. 
Fig. 35. Seitenansicht der Oberklappe. 
Das in Fig. 3a und 5 abgebildete en acalnı von 


Thracia Benasensiä 'nov spec. 
Fig. 4. Rechte Klappe. 
Fig. 5a. Rechte Klappe. 
Fig. 5b. Dasselbe Exemplar von oben. 


Cardita Brionensis nov. spec. 
Fig. 6«@. Rechte Klappe . 


Fig. 6b. Dasselbe Exemplar von oben. 
Fig. 7. Rechte Klappe. 


(Fig. 9) hefndlichen. orale BR: 


Y 


F.Schaffer , Die Fauna des glaukonilischen Mergels vom M'“ Brione. Taf.XVI. 


A.Swobodan.d.Nat.gez.ulith. TitlıAnst v.Th.Bannwarth, Wien. 
Jahrbuch der k.k.Geologischen Reichsanstalt. Band XLIX. 1899. 
Verlagderkk.6eologischen Reichsanstalt.Wien.IIl.Rasumoffskygasse 23. 


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Inham 6 


Heft 4. | Hr Kal 

Die geologische Umgebung von Graslitz im böhmischen ER ‚a y u 
‚einer geologischen Karte in Farbendruck (Taf. Nr. nr md aD 
Zinkotypien im: Text. Von Carl Gäbert‘ Sue ae here er 


Versuch einer Gliederung der ee im nordbohmischen, Bitte 1,7 
Von 3. E. aRedh ni a ER ” . =: Be 


Dr. Franz Schaffer. Mit einer a Tafel 
Die Fauna des glaukonitischen Mergels vom Monte Brione bei ‚Riva am 
Gardasee. Von Franz Schaffer. Mit einer Jithographirten Tafel: 
RENTEN. Nina a ; Se I 
Die:Kreide des Görtschitz- und : ‚Von Dr. Karl A 
in Leoben. Mit 9 Zinkotypien im Text RE 


RR 

Franz von -Hauer. Sein Debensgang na seine en F 
Thätigkeit. Ein Beitrag zur Geschichte der ‚österreichischen 980; 
logie. Von Dr. E, Tietze. Nit einem BROADn Pr 


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